Tox-Fibel - OFD Hannover

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Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie Seite 5 von 40 Teilgebiet Öko- (Umwelt-) toxikologie Toxikologie der Bedarfsgegenstände Nahrungsmitteltoxikologie Aufgabenbereich / Inhalt • Aufdeckung und Aufklärung der Schadwirkungen von Stoffen auf Ökosysteme (Luft, Wasser, Boden, Pflanzen, Tiere) und deren Rückwirkung auf den Menschen (Feststellung der Art und Menge bzw. Konzentration von Schadstoffen, deren Ausbreitung und Persistenz, von Konzentrations/Wirkungs-Beziehungen, Festlegung von Emissions- und Immissionsgrenzwerten, Präventivmaßnahmen, Deponie- und Entgiftungsverfahren, Überwachungsregimes) • Feststellung toxischer Komponenten in Gegenständen des täglichen Bedarfs (z.B. Haushaltwaren, Kosmetika) • Analytik und Wirkuntersuchungen dieser Schadstoffe • Feststellung toxischer Komponenten (natürliche Bestandteile, Zersetzungsprodukte, Zusatzstoffe, Kontaminanten) von Lebensmitteln • Untersuchung der toxischen Wirkung dieser Bestandteile • Festlegung von Konzentrations-Grenzwerten und Kontrollverfahren sowie technologischen Alternativen Zur Bearbeitung toxikologischer Fragestellungen benötigt man eine Vielzahl von Informationen aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Sie reichen von der analytischen Chemie über die Biochemie, Molekularbiologie, Genetik, Physiologie bis zu den spezialisierten Fachrichtungen der Medizin und Veterinärmedizin. Die Toxikologie nutzt zur Kenntnisgewinnung Methoden und Erfahrungen aus allen diesen Disziplinen, um toxikologisch relevante Stoffeigenschaften von Chemikalien zu beschreiben und die aus deren Verhalten resultierenden gesundheitlichen Risiken abzuschätzen. Abbildung 2 stellt die Verbindungen zu den anderen Fachrichtungen schematisch dar. Pathologie Pathologie Physiologie Physiologie Pharmakologie Pharmakologie Rechtsmedizin Rechtsmedizin Beschreibung von Veränderungen in Körperform u. -struktur Wirkungsorte, Mechanismen auf Organ- und Zellebene Vergiftungsursachen Giftnachweis Chemie Synthetika Naturstoffe Toxikologie Akute Vergiftungen Therapie Giftinformation Innere Medizin Kinderheilkunde Intensivtherapie Stoffkonzentrationen Metabolite Molekulare Wirkungsmechanismen, Metabolismus Chemische Auslösung von Mutationen Analytische Analytische Chemie Chemie Biochemie Biochemie Genetik Genetik Abbildung 2: Verbindungen der Toxikologie zu anderen Fachrichtungen Mai 1998

Seite 6 von 40 Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie 2 Humantoxikologische Grundlagen 2.1 Bedeutung physikalisch-chemischer Eigenschaften von Schadstoffen für ihre toxische Wirkung Die Kenntnis der physikalisch-chemischen Eigenschaften eines Schadstoffes ermöglicht bereits eine grobe Abschätzung seines zu erwartenden Verhaltens und seiner toxischen Auswirkungen im Organismus. Zu den physikalisch-chemischen Eigenschaften, die bei einer derartigen Einschätzung eine Rolle spielen, gehören die Löslichkeit, der Verteilungskoeffizient, der Dissoziationsgrad und die Oberflächenaktivität. Das Lösungsverhalten einer Verbindung gibt Anhaltspunkte für ihre Verteilung im Körper. Polare bzw. wasserlösliche (hydrophile) Stoffe werden kaum aktiv aus dem Magen-Darm- Trakt resorbiert, sondern unterliegen wie Wasser den Prinzipien der passiven Diffusion. Wenn sie in die Blutbahn gelangt sind, werden sie als polare Verbindungen meist relativ schnell über die Nieren und mit dem Urin ausgeschieden. Sollten sie die Blutbahn verlassen, werden sie in Abhängigkeit von ihrer Ladung überwiegend außerhalb der Zellen verbleiben und kaum die Lipidmembranen der Zellen durchdringen. Unpolare, wasserunlösliche (hydrophobe) bzw. fettlösliche (lipophile) Verbindungen werden im Magen-Darm-Trakt sehr gut resorbiert. Sie gelangen mit dem Blut in den Raum zwischen den Zellen (Extrazellulärraum), können die Fettmembranen der Zellen durchdringen und somit in das Innere einer Zelle gelangen. Die Löslichkeitsverhältnisse spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Überwindung natürlicher Schutzbarrieren im Organismus. So können fettlösliche Verbindungen im Gegensatz zu polaren Stoffen die Blut-Hirn-Schranke oder die Blut(Mutter)-Plazenta- Blut(Embryo)-Schranke überwinden und nahezu ungehindert in jeden Zellbereich gelangen. Es besteht die Möglichkeit, die biologische Wirksamkeit einer Verbindung anhand ihres Verteilungskoeffizienten zwischen polaren und unpolaren Lösungsmitteln einzuschätzen. So wird in der Regel die Verteilung einer Verbindung zwischen Öl (Octanol) und Wasser geprüft und als Octanol/Wasserverteilungs-Quotient bzw. als dessen dekadischer Logarithmus als Verteilungskoeffizient log P OW angegeben. Viele biologisch wirksame Verbindungen weisen positive oder negative Ladungen auf. In Abhängigkeit vom pH-Wert des umgebenden Milieus können diese chemischen Verbindungen in Bruchstücke mit freien Ladungen, in Ionen, aufgespalten (dissoziiert) oder weiter als polare Gesamtverbindung (undissoziiert) vorliegen. Als Grundprinzip kann hier erkannt werden, daß sich dissoziiert vorliegende Verbindungen wie polare und undissoziierte Verbindungen wie unpolare Stoffe verhalten. Vereinigt eine nicht mehr einfach strukturierte chemische Verbindung polare und unpolare Eigenschaften, kann in Abhängigkeit davon, in welchem Verhältnis und in welchen Abständen die polaren und unpolaren Gruppen in dieser Verbindung zueinander stehen, das oberflächenaktive Verhalten stark variieren. So können unpolare Strukturanteile in die Fett(Lipid)schicht von Membranen eindringen, während die polaren Strukturen oder funktionellen Gruppen in den Extrazellulärraum ragen. Durch diese Grenzflächenaktivität können Änderungen in der äußeren Ladung und Durchlässigkeit der Zellmembran eintreten, die mit weitreichenden Folgen für den Zellstoffwechsel verbunden sind. Der Zusammenhang zwischen den physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften und dem daraus abzuschätzenden Verhalten ist zusammenfassend in Tabelle 2 dargestellt. Mai 1998

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Grundlagen der Human- und Ökotoxikologie<br />

2 Humantoxikologische Grundlagen<br />

2.1 Bedeutung physikalisch-chemischer Eigenschaften von Schadstoffen für<br />

ihre toxische Wirkung<br />

Die Kenntnis der physikalisch-chemischen Eigenschaften eines Schadstoffes ermöglicht<br />

bereits eine grobe Abschätzung seines zu erwartenden Verhaltens und seiner toxischen<br />

Auswirkungen im Organismus. Zu den physikalisch-chemischen Eigenschaften, die bei einer<br />

derartigen Einschätzung eine Rolle spielen, gehören die Löslichkeit, der Verteilungskoeffizient,<br />

der Dissoziationsgrad und die Oberflächenaktivität.<br />

Das Lösungsverhalten einer Verbindung gibt Anhaltspunkte für ihre Verteilung im Körper.<br />

Polare bzw. wasserlösliche (hydrophile) Stoffe werden kaum aktiv aus dem Magen-Darm-<br />

Trakt resorbiert, sondern unterliegen wie Wasser den Prinzipien der passiven Diffusion.<br />

Wenn sie in die Blutbahn gelangt sind, werden sie als polare Verbindungen meist relativ<br />

schnell über die Nieren und mit dem Urin ausgeschieden. Sollten sie die Blutbahn verlassen,<br />

werden sie in Abhängigkeit von ihrer Ladung überwiegend außerhalb der Zellen verbleiben<br />

und kaum die Lipidmembranen der Zellen durchdringen. Unpolare, wasserunlösliche (hydrophobe)<br />

bzw. fettlösliche (lipophile) Verbindungen werden im Magen-Darm-Trakt sehr gut<br />

resorbiert. Sie gelangen mit dem Blut in den Raum zwischen den Zellen (Extrazellulärraum),<br />

können die Fettmembranen der Zellen durchdringen und somit in das Innere einer Zelle<br />

gelangen. Die Löslichkeitsverhältnisse spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der<br />

Überwindung natürlicher Schutzbarrieren im Organismus. So können fettlösliche Verbindungen<br />

im Gegensatz zu polaren Stoffen die Blut-Hirn-Schranke oder die Blut(Mutter)-Plazenta-<br />

Blut(Embryo)-Schranke überwinden und nahezu ungehindert in jeden Zellbereich gelangen.<br />

Es besteht die Möglichkeit, die biologische Wirksamkeit einer Verbindung anhand ihres<br />

Verteilungskoeffizienten zwischen polaren und unpolaren Lösungsmitteln einzuschätzen. So<br />

wird in der Regel die Verteilung einer Verbindung zwischen Öl (Octanol) und Wasser geprüft<br />

und als Octanol/Wasserverteilungs-Quotient bzw. als dessen dekadischer Logarithmus als<br />

Verteilungskoeffizient log P OW angegeben.<br />

Viele biologisch wirksame Verbindungen weisen positive oder negative Ladungen auf. In<br />

Abhängigkeit vom pH-Wert des umgebenden Milieus können diese chemischen Verbindungen<br />

in Bruchstücke mit freien Ladungen, in Ionen, aufgespalten (dissoziiert) oder weiter als<br />

polare Gesamtverbindung (undissoziiert) vorliegen. Als Grundprinzip kann hier erkannt<br />

werden, daß sich dissoziiert vorliegende Verbindungen wie polare und undissoziierte Verbindungen<br />

wie unpolare Stoffe verhalten.<br />

Vereinigt eine nicht mehr einfach strukturierte chemische Verbindung polare und unpolare<br />

Eigenschaften, kann in Abhängigkeit davon, in welchem Verhältnis und in welchen Abständen<br />

die polaren und unpolaren Gruppen in dieser Verbindung zueinander stehen, das<br />

oberflächenaktive Verhalten stark variieren. So können unpolare Strukturanteile in die<br />

Fett(Lipid)schicht von Membranen eindringen, während die polaren Strukturen oder funktionellen<br />

Gruppen in den Extrazellulärraum ragen. Durch diese Grenzflächenaktivität können<br />

Änderungen in der äußeren Ladung und Durchlässigkeit der Zellmembran eintreten, die mit<br />

weitreichenden Folgen für den Zellstoffwechsel verbunden sind.<br />

Der Zusammenhang zwischen den physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften und dem<br />

daraus abzuschätzenden Verhalten ist zusammenfassend in Tabelle 2 dargestellt.<br />

Mai 1998

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