Biomasse Kraft-Wärmekopplung Leoben mit ORC- Prozess ...
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<strong>Biomasse</strong> <strong>Kraft</strong>-Wärmekopplung <strong>Leoben</strong> <strong>mit</strong> <strong>ORC</strong>-<br />
<strong>Prozess</strong><br />
Ausgangssituation<br />
Ing. Gerhard Kaufmann<br />
Steirische Gas-Wärme GmbH<br />
Gaslaternenweg4<br />
A-8010 Graz<br />
Mit einer Einschnittkapazität von mehr als 1,2 Mio. Festmeter Holz pro Jahr zählt die Mayr-Melnhof<br />
Holz GmbH in <strong>Leoben</strong> Göss zu den größten holzverarbeitenden Betrieben in Österreich. Bei der<br />
Verarbeitung des Holzes fallen jährlich etwa 350.000 Srm Rinde, 1,2 Mio. Srm Hackgut und 0,5<br />
Mio. Srm Sägespäne an. Die Rinde wird derzeit zum Teil in 2 <strong>Biomasse</strong>kesselanlagen (10 MWth<br />
und 7,5 MWth) verfeuert. Diese Kesselanlagen produzieren Warmwasser (ca. 100 – 105 °C) zum<br />
Betrieb der Trockenkammern für Holz. Das anfallende Hackgut und die Sägespäne werden derzeit<br />
großteils in der benachbarten Spanplattenfabrik Novopan verwertet.<br />
In un<strong>mit</strong>telbarer Nähe des <strong>Kraft</strong>werkes wird ein Pelletierungswerk durch die Firma Leitinger<br />
errichtet. Die Spänetrockner dieser Anlage sind der zweite Wärmeabnehmer für die <strong>Biomasse</strong>-<br />
KWK-Anlage. Durch eine abgestimmte Betriebsweise der beiden Wärmeabnehmer wird erreicht,<br />
dass eine nahezu ganzjährig konstante Wärmeabnahme gewährleistet werden kann.<br />
Die Beschickung der Schubböden erfolgt über entsprechende Fördersysteme online von den<br />
Entrindungsanlagen von Mayr-Melnhof Holz.<br />
Auf Basis von neuen gesetzlichen und technischen Randbedingungen und unter dem Aspekt der<br />
notwendigen Substitution der beiden bestehenden <strong>Biomasse</strong>feuerungen, <strong>mit</strong> denen aufgrund<br />
zunehmender technischer Probleme die Wärmeversorgung des Sägewerkes bzw. die Versorgung<br />
einer neu errichteten Pelletierungsanlage nicht mehr sichergestellt werden kann, hat sich die<br />
<strong>Biomasse</strong>-KWK-<strong>Leoben</strong> Betriebsgesellschaft mbH das Ziel der thermischen Verwertung der im<br />
Sägewerk der Mayr-Melnhof Holz GmbH anfallenden Sägenebenprodukte gesetzt.<br />
Abbildung 1: Projektzeitplan<br />
Die neu errichtete <strong>Kraft</strong>-Wärme-Kopplung auf Basis eines Organic Rankine Cycle-<strong>Prozess</strong>es<br />
besteht aus drei baugleichen KWK-Module, <strong>mit</strong> einer Kesselnennleistung (Thermoölkessel inkl.<br />
Thermoöleconomiser) von je 8,7 MW. Die gesamte elektrische Nennleistung beträgt rund 4.500<br />
kW. Die Anlagen sind <strong>mit</strong> Wärmerückgewinnungen ausgestattet, wodurch ein Teil der noch im<br />
Rauchgas enthaltenen Energie rückgewonnen werden kann, was wiederum zu einer deutlichen<br />
Wirkungsgradsteigerung der Gesamtanlage führt (Brennstoffwirkungsgrad 88%).
Mit der geplanten Rauchgasreinigungstechnologie kann ein Reststaubgehalt von kleiner 25<br />
mg/Nm_ (bezogen auf 13% O 2 ) eingehalten werden.<br />
Als ein wesentliches Ziel dieses Projektes kann die Substitution der bestehenden Kesselanlage<br />
durch eine moderne <strong>Biomasse</strong>-KWK-Anlage <strong>mit</strong> effizienter Rauchgasreinigung und<br />
Emissionsminderung gesehen werden. Zusätzlich stellt die substituierte Menge an konventionell<br />
erzeugtem Strom (ca. 36,0 GWh/a) durch Ökostrom einen weiteren wirtschaftlichen und<br />
ökologischen Vorteil dar.<br />
Die Nutzung von regionalen Rohstoffen als Brennstoff trägt weiters zur Stärkung der heimischen<br />
Wirtschaft bei. Durch die Verfeuerung regenerativer Energieträger unterstützt man ein erklärtes<br />
umwelt- und energiepolitisches Ziel der österreichischen Bundesregierung bzw. der Europäischen<br />
Union und leistet so<strong>mit</strong> einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Verringerung der CO2 Emissionen<br />
(Treibhauseffekt).<br />
Anlagenkonzept<br />
Das Anlagenkonzept wurde auf die erforderlichen Rahmenbedingungen sowie auf die in den<br />
Richtlinien des Ökostromgesetzes definierten Vorgaben abgestimmt. Das betrifft vor allem die<br />
geforderten technischen und ökologischen Standards, die nach Prüfung der technischen und<br />
wirtschaftlichen Machbarkeit festgelegt wurden.<br />
Im Sägewerk (Mayr-Melnhof Holz) wird die Wärme zum Betrieb der Trockenkammern sowie zur<br />
Vortrocknung des Holzes durch Niedertemperaturwärme benötigt. Zusätzlich muss Wärme für die<br />
Bandtrocknung der Pelletierungsanlage bereitgestellt werden. In Tabelle 1 sind die Daten<br />
bezüglich Leistungen und Wirkungsgrade je neu zu errichtender Anlage zusammengefasst.<br />
Brennstoffwärmeeinsatz Thermoölkessel 10610 kW Br<br />
Thermische Leistung Thermoölinput <strong>ORC</strong> <strong>Prozess</strong> 8700 kW th<br />
Nutzbare thermische Leistung TÖ-WW-Wärmetauscher 7149 kW th<br />
Nutzbare thermische Leistung WW-Economiser 700 kW th<br />
Gesamt nutzbare thermische Leistung 7849 kW th<br />
Nutzbare elektrische Leistung 1490 kW el<br />
Thermischer Gesamtwirkungsgrad 74 %<br />
Elektrischer Gesamtwirkungsgrad 14 %<br />
Brennstoffnutzungsgrad 88 %<br />
Tabelle 1: Leistungen und Wirkungsgrade je neu zu errichtender Anlage<br />
Die zur Versorgung des Sägewerks und der Pelletierungsanlage benötigte Energie wird <strong>mit</strong> drei<br />
baugleichen <strong>Biomasse</strong>feuerungen <strong>mit</strong> einer Kesselnennleistung von 8,7 MW (Thermoölkessel<br />
inkl. Thermoöleconomiser) je Anlage bereitgestellt. Die beiden bestehenden<br />
<strong>Biomasse</strong>feuerungen bleiben zusätzlich als Ausfallreserve weiter bestehen.<br />
Die <strong>Biomasse</strong>feuerungen werden primär <strong>mit</strong> Rinde, zusätzlich bei Bedarf <strong>mit</strong> Sägespänen und<br />
wenn notwendig auch <strong>mit</strong> Hackgut befeuert. Der <strong>Biomasse</strong>brennstoff wird zur Gänze aus dem<br />
Sägewerk der Mayr-Melnhof Holz GmbH zur Verfügung gestellt. Der Brennstoff wird über<br />
Schubböden und <strong>mit</strong> Schubstangen der jeweiligen Feuerung zugeführt. Als Notfallreserve ist die<br />
Beschickung der der Schubböden auch <strong>mit</strong>tels Radlader möglich. Die Produktionsdaten und die<br />
Brennstoffmengen für die gesamte <strong>Biomasse</strong>-KWK-Anlage (Neu) unter Zugrundelegung einer<br />
realistischen Entwicklung der Wärmeabnahme sind der Tabelle 2 dargestellt.
Jahreswärmeproduktion gesamt 192 GWh th /a<br />
Wärmeverkauf Trockenkammern MM GmbH 140 GWh th /a<br />
Wärmeverkauf Pelletierwerk 32 GWh th /a<br />
Lieferung NT Wärme für Trockentunnel MM GmbH 20 GWh th /a<br />
188,7 MWh th /a<br />
Jahresbrennstoffeinsatz gesamt <strong>Biomasse</strong>-KWK-Anlage<br />
(Neu); 100 % Rinde<br />
365.000 Srm/a<br />
Tabelle 2: Produktionsdaten und Jahresbrennstoffeinsatz<br />
Der jeweilige Feuerraum ist durch ein Zwischengewölbe in zwei getrennte Zonen, die Primär- und<br />
Sekundärverbrennungszone, geteilt, welche durch einen schmalen Strömungskanal <strong>mit</strong>einander<br />
verbunden sind. Voneinander unabhängige, drehzahlgeregelte Ventilatoren erlauben die<br />
Einstellung unterschiedlicher Verbrennungsluftverhältnisse in den beiden Verbrennungszonen.<br />
Die Verbrennung der <strong>Biomasse</strong> erfolgt in zwei aufeinanderfolgenden Schritten. Im ersten Schritt<br />
(Primärzone) wird bei einem Verbrennungsluftverhältnis zwischen 0,7 und 0,9 vergast bzw. die<br />
Holzkohle verbrannt. In der zweiten Zone erfolgt dann der Ausbrand des Rauchgases bei<br />
Sauerstoffüberschuss. Durch die unterstöchiometrische Verbrennung in der Primärzone kann die<br />
Bildung von Stickoxiden aus dem im Brennstoff enthaltenen Stickstoff verringert werden.<br />
Abbildung 2: Anlageschema<br />
Bei der Feuerung <strong>mit</strong> Thermoölkessel erfolgt der Wärmeaustausch zwischen dem Rauchgas und<br />
dem Thermoöl. Das Thermoöl, welches den Energielieferanten für den <strong>ORC</strong>-<strong>Prozess</strong> darstellt,<br />
wird dabei auf rund 300 °C erhitzt. Die Rauchgastemperatur nach den Thermoölkesseln beträgt<br />
ca. 370 °C. Dem jeweiligen Thermoölkessel ist ein Thermoöleconomiser (Taus = 280 °C)<br />
nachgeschaltet, wodurch ein Teil der nutzbaren Wärme zusätzlich dem Thermoölkreislauf und
so<strong>mit</strong> dem <strong>ORC</strong>-<strong>Prozess</strong> zugeführt wird und so<strong>mit</strong> eine Steigerung des elektrischen<br />
Wirkungsgrades der Gesamtanlage erzielt wird. Nach dem Thermoöleconomiser folgt ein<br />
Warmwassereconomiser (Taus = 220°C), dem ein Verbrennungsluftvorwärmer (Taus = 160 °C)<br />
nachgeschaltet ist. Der Thermoölkessel ist in stehender Bauweise auf der Feuerbox angebracht.<br />
Der Thermoölkreislauf selbst ist ein offenes Primärkreissystem <strong>mit</strong> je zwei Umwälzpumpen,<br />
sodass bei Ausfall einer Pumpe, die zweite Pumpe die Umwälzung des Wärmeträgers übernimmt<br />
und der Betrieb der Anlage normal weiter geführt werden kann. Der Volumensausgleich in den<br />
verschiedenen Temperaturbereichen erfolgt über ein Ausdehnungsgefäß <strong>mit</strong> offener<br />
Außenluftverbindung welches sich an der höchsten Stelle des Thermoölkreislaufes befindet. Die<br />
Thermoölsammelgefäße befinden sich in einem ummauerten Öllagerraum. Die Thermoölerhitzer<br />
selbst sind ein Zwangsdurchlaufsystem in 3-Zugbauweise in stehender Ausführung. Die<br />
Erhitzung des Thermoöls erfolgt in einem Rohrschlangensystem welches zylindrisch ausgeführt<br />
ist.<br />
Zur Vorentstaubung wird der Rauchgasstrom nach dem Verbrennungsluftvorwärmer durch einen<br />
Multizyklon und anschließend durch einen Elektrofilter geleitet. So<strong>mit</strong> werden Reststaubgehalte<br />
im Rauchgas von kleiner 25 mg/Nm_ (bezogen auf trockenes Rauchgas und 13 Vol.% O2)<br />
erreicht. Die abgeschiedene Elektrofilterasche wird vom Boden des Elektrofilters <strong>mit</strong>tels einer<br />
Zellradschleuse ausgetragen und von der übrigen Asche getrennt gesammelt.<br />
Abbildung 3: Anlagenschema <strong>ORC</strong> <strong>Prozess</strong><br />
Zur Erzeugung von elektrischer Energie ist ein <strong>ORC</strong>-<strong>Prozess</strong> (Organic Rankine Cycle) <strong>mit</strong> einer<br />
elektrischen Bruttonennleistung von je 1.490 kWel vorgesehen. Der elektrische Strom wird ins<br />
öffentliche Netz des lokalen Elektrizitätsunternehmens Steweag Steg (SSG) eingespeist. Das<br />
Prinzip der Stromerzeugung <strong>mit</strong>tels eines <strong>ORC</strong>-<strong>Prozess</strong>es entspricht dem des konventionellen<br />
Wasser-Dampf-<strong>Prozess</strong>es, <strong>mit</strong> dem Unterschied, dass statt Wasser ein organisches Arbeits<strong>mit</strong>tel<br />
verwendet wird.<br />
Im <strong>ORC</strong>-<strong>Prozess</strong>, welcher als geschlossener Kreislauf ausgeführt ist, wird das organische<br />
Arbeits<strong>mit</strong>tel (in diesem Fall DOW CORNING ® 200 FLUID, 1 CST) durch Wärmeaustausch <strong>mit</strong><br />
dem Thermoöl in einem Verdampfer (heiße Seite des <strong>ORC</strong>) verdampft und anschließend über<br />
eine Turbine entspannt.<br />
Die Turbine treibt einen Generator an, <strong>mit</strong> dem elektrischer Strom erzeugt wird. Das aus der<br />
Turbine austretende dampfförmige Arbeits<strong>mit</strong>tel wird in einem Regenerator soweit abgekühlt,<br />
dass es gerade noch nicht kondensiert. Im nachgeschalteten Kondensator erfolgt durch<br />
Wärmeaustausch <strong>mit</strong> dem Wasser des <strong>Prozess</strong>wärmenetzes (kalte Seite des <strong>ORC</strong>) die<br />
vollständige Kondensation. Die gesamte im Kondensator abgegebene Kühlwärme steht als<br />
Nutzwärme für die Trocknungsprozesse zur Verfügung. Das kondensierte Arbeits<strong>mit</strong>tel wird<br />
anschließend <strong>mit</strong>tels einer Umwälzpumpe wieder auf das für den Turbinenbetrieb notwendige
Druckniveau gebraucht. Danach wird das Arbeits<strong>mit</strong>tel zur Vorwärmung durch den Regenerator<br />
geleitet und gelangt anschließend wieder zum Verdampfer.<br />
Zusammenfassung<br />
Die derzeit am Markt befindlichen <strong>ORC</strong>-Anlagen erreichen eine maximale elektrische Leistung<br />
von rund 1,5 MW. Das Projekt <strong>Biomasse</strong>-KWK-<strong>Leoben</strong> stellt durch den Einbau dreier derartiger<br />
<strong>ORC</strong>-Module <strong>mit</strong> einer elektrischen Gesamtleistung von 4,5 MW das derzeit größte realisierte<br />
Projekt unter Verwendung der <strong>ORC</strong>-Technologie dar. Die Entscheidung für das modulare<br />
Anlagenkonzept wurde primär aus Gründen der Betriebssicherheit bzw. Anlagenverfügbarkeit<br />
gewählt.<br />
Der Baubeginn für diese Anlage erfolgte Anfang Juni 2004. Nach nur sechseinhalb Monaten<br />
Bauzeit ging am 2. Dezember der erste Kessel planmäßig in Betrieb und nahm am 17. Dezember<br />
bereits den Leistungsbetrieb auf. Kessel 2 und 3 werden planmäßig Ende Jänner in Betrieb<br />
gehen. Mit der Öko-Stromeinspeisung wird ab Mai 2005 begonnen.<br />
Abbildung 4: Gesamtansicht KWK-Anlage aus Richtung Nord<br />
Durch den weitgehend automatisierten Betrieb der Brennstoffbeschickung der Verbrennungs- und<br />
<strong>ORC</strong>-Anlagen, wird ein Industriekraftwerk realisiert das <strong>mit</strong> minimalem Aufwand an<br />
Betriebspersonal eine Auslastung von rund 8.000 Volllaststunden erreichen wird.