Neues aus der Epileptologie - Ãsterreichische Gesellschaft für ...
Neues aus der Epileptologie - Ãsterreichische Gesellschaft für ...
Neues aus der Epileptologie - Ãsterreichische Gesellschaft für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Die Gesundheitspolitik o<strong>der</strong><br />
Die Abschaffung des freien Berufes Arzt<br />
„Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte ...“ ob <strong>der</strong> österreichischen Gesundheitspolitik mit<br />
<strong>der</strong> unsäglichen Gesundheitsreform 2012. Mit diesem politisch inkorrekten und unflätigen Statement möchte<br />
ich die Aufmerksamkeit nochmals auf das lenken, was sich in den letzten Monaten im Staate Österreich (jenem,<br />
in dem mittlerweile mehr als nur etwas faul ist) zentral politikgesteuert im Dienstleistungssektor Gesundheit tut<br />
und welche realpolitischen Auswirkungen das auf uns alle haben wird.<br />
IIch denke, dass gerade die Neurologie als in<br />
<strong>der</strong> Geriatrie im Alltag fe<strong>der</strong>führendes Fach<br />
bedingt durch die unaufhaltsame demographische<br />
Entwicklung beson<strong>der</strong>s von diesen<br />
sozioökonomischen Untaten <strong>der</strong> „Herrschenden“<br />
betroffen sein wird, und wir alle schon<br />
über kurz o<strong>der</strong> lang darunter massiv leiden<br />
werden. Mehr noch werden unsere PatientInnen<br />
unter dem endgültigen Bruch des<br />
<strong>Gesellschaft</strong>svertrages zwischen Politik und<br />
einer <strong>der</strong> führenden staatstragenden Gruppierungen,<br />
<strong>der</strong> Ärzteschaft, leiden. Wenige<br />
davon aber werden sich dagegen wehren<br />
können, denn eben die geriatrische Patientengruppe<br />
wie auch alle neurologisch chronisch<br />
Kranken sind definitv jene, die keine<br />
wirkliche Lobby haben. Dies schon allein<br />
aufgrund <strong>der</strong> krankheitsbedingten „Kommunikationsunfähigkeit“<br />
beim Gros <strong>der</strong> PatientInnen<br />
1 .<br />
ÖSG 2012<br />
Irgendwie begann alles mit <strong>der</strong> Aussendung<br />
des Österreichischen Strukturplans Gesundheit<br />
2012 (ÖSG 2012). Eigentlich ohne wesentliche<br />
Neuerungen wurde darin wie<strong>der</strong><br />
die „Bündelung <strong>der</strong> ambulanten fachärztlichen<br />
Leistungserbringung in Behandlungszentren<br />
an geeigneten Standorten (innerhalb<br />
und außerhalb <strong>der</strong> Akutkrankenanstalten)“<br />
gefor<strong>der</strong>t. An sich eine For<strong>der</strong>ung, die im<br />
Sinne <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong> extramuralen Versorgung<br />
ja von <strong>der</strong> Ärztekammer mitgetragen<br />
werden kann, ist es doch seit Jahren durch<br />
Studien belegt, dass die Routinemedizin in<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung günstiger erbracht werden<br />
kann als in großen organisatorischen Einheiten,<br />
genannt Krankenhäusern. Dies bestätigt<br />
sogar <strong>der</strong> sonst <strong>der</strong> Gesundheitsreform positiv<br />
gesinnte Gesundheitsökonom Dr. Ernest<br />
Pichlbauer in den Mitteilungen <strong>der</strong> Ärztekammer<br />
für Tirol 4/2012. Der Vorsitzende <strong>der</strong><br />
Ausbildungskommission <strong>der</strong> ÖÄK, Dr. Stefan<br />
Kastner, vertritt studienbasiert sogar die<br />
Meinung, dass bei Besetzung <strong>der</strong> 1.300<br />
fehlenden Kassenstellen in Österreich 300<br />
Millionen Euro jährlich eingespart werden<br />
könnten und dabei die Ambulanzen um 50<br />
% entlastet würden.<br />
Allein, beginnt man zwischen den Zeilen des<br />
143-seitigen ÖSG-2012-Konvoluts zu lesen,<br />
dann bemerkt man, dass man hier einem<br />
„Neusprech“ à la George Orwell begegnet.<br />
Der Tiroler ÄK-Vizepräsident Dr. Momen Radi<br />
spricht von einem „Paradigmenwechsel weg<br />
von Ethik, Moral und sozialem Engagement<br />
und persönlicher Verantwortungsbereitschaft<br />
hin zu Materialismus mit Umsatzsteigerungen<br />
als höchstem Ziel und einer Ratio, die glaubt,<br />
Wahrheiten durch statistische Methoden und<br />
durch Kontrollwahn zu sichern.“ Gemeint ist<br />
damit nichts weniger als die Kontrolle <strong>der</strong><br />
Gesundheitsversorgung AUCH im nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Bereich durch die Finanzakteure<br />
Bund, Hauptverband <strong>der</strong> Sozialversicherungsträger<br />
und Län<strong>der</strong>.<br />
Abschaffung <strong>der</strong><br />
freien Nie<strong>der</strong>lassung?!<br />
Dr. Heinrich K. Spiss<br />
Bundesfachgruppenobmann<br />
Neurologie<br />
Denn keineswegs kommt <strong>aus</strong> dem ÖSG 2012<br />
lesbar hervor, dass es in <strong>der</strong> Reform um eine<br />
Stärkung <strong>der</strong> freien Nie<strong>der</strong>lassung ginge,<br />
son<strong>der</strong>n eigentlich um eine Zentralisierung<br />
aller Bereiche. Auch <strong>der</strong> Vergabe von Kassenstellen.<br />
Am besten direkt als Annex von<br />
Akutkrankenhäusern o<strong>der</strong> unter ungünstigen<br />
lokalen Gegebenheiten vielleicht als „Departments“<br />
von Primariaten an<strong>der</strong>norts. De facto<br />
läuft das Konzept auf das hin<strong>aus</strong>, was man<br />
schon vor etwa 10 Jahren andiskutiert, nach<br />
katastrophalen wirtschaftlichen Misserfolgen<br />
in Län<strong>der</strong>n wie Holland aber wie<strong>der</strong> verworfen<br />
hatte: nämlich die Abschaffung <strong>der</strong><br />
freien Nie<strong>der</strong>lassung und <strong>der</strong> Bündelung <strong>der</strong><br />
Fachärzte in zentral gesteuerten und zentral<br />
finanzierten Zentren, aufbauend auf nur<br />
noch angestellten Ärzten.<br />
Dr. Erwin Rasinger, Gesundheitssprecher <strong>der</strong><br />
ÖVP – also maßgeblicher Mann <strong>der</strong> Gesundheitspolitik<br />
einer <strong>der</strong> Parteien, die diese<br />
Gesundheitsreform auf den Weg gebracht<br />
haben –, geht davon <strong>aus</strong>, dass es den nie<strong>der</strong>gelassenen<br />
Facharzt nicht mehr geben<br />
wird und fragt sich, ob ein freier, nie<strong>der</strong>gelassener<br />
Arzt nicht ein Wert per se sein<br />
müsste, was in <strong>der</strong> Gesundheitspolitik nicht<br />
einmal thematisiert würde. Wer, bitte, macht<br />
denn die Gesundheitspolitik in <strong>der</strong> ÖVP,<br />
wenn er es auch nicht war und nicht gefragt<br />
wird? Aber hallo!<br />
Volksverdummende Bezeichnungen für die<br />
Zentralisierung à la „Ambulanzzentrum“<br />
o<strong>der</strong> „Facharztzentrum“ o<strong>der</strong> „Gesund-<br />
1 Ich erlaube mir im Weiteren das Auslassen des Binnen-I und spreche beide Geschlechter an, wie dies die deutsche Sprache über Jahrhun<strong>der</strong>te auch ohne Binnen-I konnte.<br />
62