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Prof. Dr. Oskar Simony - Alpenverein Austria

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong><br />

Auf dem Gipfel des Pico de Teide, Teneriffa, Kanarische Inseln. Der 3718 m hohe Vulkanberg fordert sowohl den<br />

bergsteigerischen als auch naturwissenschaftlichen Ehrgeiz des jungen <strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong>s. "Er wanderte auf den höchsten<br />

Berg von Teneriffa, um Untersuchungen über das Sonnenspektrum zu machen. Das 40 Kilo schwere Instrument<br />

(im Vordergrund), das er dazu benötigte, trug er selbst auf dem Rücken die 3700 Höhenmeter hinauf".<br />

<strong>Prof</strong>essor <strong>Dr</strong>. <strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong><br />

Bergsteiger, Weltreisender<br />

und Wissenschaftler<br />

Teil 1<br />

von Robert Pils und <strong>Dr</strong>. Robert Seemann<br />

(Naturhistorisches Museum Wien)<br />

<strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong> wird am 23.4.1852 in Wien als<br />

Sohn von Friedrich <strong>Simony</strong>, dem berühmten<br />

Dachsteinforscher und ersten Geografieprofessor<br />

an der Universität Wien, geboren.<br />

Seine Mutter ist Amalie <strong>Simony</strong>, geborene<br />

Krakowitzer, Tochter des Auersperg'schen<br />

Oberpflegers in Wels. Er hat noch einen<br />

Bruder, Arthur <strong>Simony</strong>, der aber schon in<br />

jungen Jahren stirbt. (1)<br />

Die Erziehung des Sohnes leiten Vater und<br />

Mutter mit besonderer Umsicht und<br />

Konsequenz. Schon in seinem dritten<br />

Lebensjahr bekommt <strong>Oskar</strong> Bleistift und<br />

Pinsel in die Hand und bald ist kein Blatt<br />

Papier, keine Zeitung vor seinen Zeichenund<br />

Malversuchen sicher. Er malt Käfer,<br />

Schmetterlinge und Pflanzen. Im Winter<br />

werden fleißig die verschiedenen Museen<br />

Wiens besucht, in der warmen Jahreszeit<br />

macht die Familie an jedem freien Tag<br />

Ausflüge in die nähere Umgebung Wiens". (2)<br />

Im Schuljahr 1863/64 tritt er in die zweite<br />

Klasse des Schottengymnasiums ein. 1870<br />

inskribiert er an der Universität Wien die<br />

Fächer Mathematik und Physik. Bereits 1875<br />

bekommt er einen Lehrauftrag an der<br />

Hochschule für Bodenkultur. 1880 erfolgt die<br />

Anstellung als besoldeter <strong>Prof</strong>essor an dieser<br />

Hochschule in den Fächern Mathematik,<br />

Physik und Mechanik. (3)<br />

Außer einem von <strong>Oskar</strong> eigenhändig verfassten<br />

Curriculum Vitae und Hinweise auf<br />

Vorlesungsbesuche sowie viele offizielle<br />

Dokumente haben sich bis jetzt kaum aufschlussreichere<br />

Unterlagen oder Details aus<br />

seiner Jugendzeit gefunden. Ausnahme bildet<br />

ein detaillierter Bericht über die Besteigung<br />

der Spitzmauer (2446 m) im Toten Gebirge,<br />

die die Brüder <strong>Oskar</strong> und Arthur 1871<br />

durchgeführt hatten. Sie waren damals 17<br />

und 19 Jahre alt. In einem eigenen Artikel (im<br />

AV-Jahrbuch 1873) berichten die beiden<br />

über ihre abenteuerliche Tour.<br />

Die ersten großen Reisen führen <strong>Oskar</strong><br />

<strong>Simony</strong> auf die Kanarischen Inseln. Er nützt<br />

dafür jeweils die Sommerferien der<br />

Universität (August - 10. Oktober 1888;<br />

Mitte Juli - 8. Oktober 1889 und August 1890<br />

- 4. November 1890). Die erste Fahrt finanziert<br />

er aus eigener Tasche, für die beiden<br />

anderen erhält er staatliche Unterstützungen.<br />

Diese Expeditionen auf die<br />

damals noch weitgehend unbekannten vulkanischen<br />

Inseln im Atlantik sind in erster Linie<br />

physikalisch-geographischen und erst in<br />

zweiter Linie herpetologisch und entomologischen<br />

Forschungen gewidmet. (4)<br />

<strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong>s Publikationen beschäftigen sich<br />

hauptsächlich mit Mathematik, Physik, Astronomie<br />

und Mythologie, zudem gibt es aber<br />

auch etliche Beschreibungen und Veröffentlichungen,<br />

die für Alpinisten interessant sind.<br />

"Wer auf einem der großen Passagierdampfer,<br />

welche von Le Havre und Buenos Ayres verkehren,<br />

im Sommer eine überseeische Reise angetreten<br />

hat, kann nach fünf- bis siebentägiger<br />

Fahrt bei klarem Wetter eines Schauspieles voll<br />

fremdartiger Schönheit teilhaftig werden; da<br />

taucht im Südosten, vom scheinbaren Rande<br />

des Oceans noch durch weite, unter dem<br />

Horizont liegende Wasserwüsten geschieden,<br />

ein sanft geböschter, blaugrauer Kegel auf. Eine<br />

ausgedehnte, fast ebene Wolkenbank bildet<br />

anfänglich seine Basis und wird erst bei weiterer<br />

Annäherung zu einem blendend weißen<br />

Gürtel, der auf die tieferen Gehänge des immer<br />

mächtiger emporwachsenden Berges breite<br />

Schatten wirft: es ist der Pico de Teyde".<br />

<strong>Austria</strong> Nachrichten 5/03<br />

5


<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong><br />

In ähnlicher Weise wie der Dachstein das<br />

Leben seines Vaters geprägt hatte, wird<br />

dieser Pico de Teide für den knapp über<br />

35- jährigen <strong>Oskar</strong> zum "Schicksalsberg". So<br />

fordert dieser mächtige, 3718 m hohe<br />

Vulkanberg mit seiner jungen geologischen<br />

Geschichte sowohl den bergsteigerischen als<br />

auch naturwissenschaftlichen Ehrgeiz des<br />

jungen Forschers.<br />

"Er wanderte auf den höchsten Berg von<br />

Teneriffa den Pico de Teyde, um<br />

Untersuchungen über das Sonnenspektrum zu<br />

machen. Das 40 Kilo schwere Instrument, das<br />

er dazu benötigte, trug er selbst auf dem<br />

Rücken die ca. 3700 Höhenmeter hinauf". (5)<br />

Aber nicht nur wissenschaftlich, sondern<br />

auch religiös sollte ihn dieser Berg in den<br />

Bann ziehen. "Ein persönlich - geistiges<br />

Erlebnis in der Hochgebirgsregion des Teide<br />

soll den Ausschlag gegeben haben, dass er<br />

alle äußerlichen Lebenswünsche und -ziele<br />

von sich tat und - in der Umhegung einer fast<br />

asketischen Lebensführung - den Sinn des<br />

Erdendaseins in geistiger Arbeit, menschlicher<br />

Hilfeleistung und mystischer Vertiefung<br />

zu erfüllen sucht. Nur von Zeit zu Zeit findet<br />

er das Bedürfnis, zumeist in der Form von<br />

Zitaten, einzelnen Menschen einen Blick zu<br />

gewähren in die beglückenden Gebiete seines<br />

innersten Strebens, das er an Plato, den<br />

Buddhismus und an die christlichen Mystiker<br />

anlehnt. (6)<br />

Noch ein Erlebnis, das er übrigens seinen<br />

Studenten an der Hochschule für Bodenkultur<br />

während seiner Vorlesungen zum Besten gab,<br />

soll einen anderen Charakterzug seines bergsteigerischen<br />

und naturverbundenen Wesens<br />

demonstrieren: "Und denken Sie sich, erzählte<br />

<strong>Oskar</strong>, ich hatte meine Untersuchungen für diesen<br />

Tag gerade beendet und wollte mich eben<br />

zum Abstieg vom Pico de Teide rüsten, als ich auf<br />

einer überhängenden Felsplatte eine große<br />

Eidechse, eine seltsame Abart des Leguans,<br />

gewahrte. Behutsam und auf Umwegen näherte<br />

ich mich dem Reptil bis auf eine Armlänge und<br />

wollte es eben erfassen, als es mit blitzartiger<br />

Geschwindigkeit enteilte. Im letzten Augenblick<br />

wollte ich es noch erhaschen, verlor aber dabei<br />

den Halt und stürzte einige fünfzehn Meter tief<br />

auf einen Felsvorsprung. Nun, den Leguan hatte<br />

ich nicht, jedoch einen Arm und zwei Rippen<br />

gebrochen, aber sonst ist mir nichts passiert".<br />

Über das äußere athletische Erscheinungsbild<br />

<strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong>s und über seine sehr konsequente<br />

Einstellung zu Leistung und Schmerz<br />

schreibt Friedrich Eckstein recht trefflich:<br />

"Es war ein trüber Nachmittag im Spätsommer<br />

des Jahres 1880, als ich, ein kaum zwanzigjähriger<br />

Jüngling, durch die Felswände des<br />

großen Wetterkogels im steirischen Raxgebiet<br />

emporkletterte. Ein scharfer Wind wehte, und<br />

schwere Nebelfetzen verhüllten mir immer wieder<br />

den Ausblick so, dass ich mitunter die<br />

Orientierung völlig verlor. Als die Dunstschleier<br />

endlich für einen Augenblick zerrissen, gewahrte<br />

ich, hoch über mir, in einer steilen, von<br />

Schnee erfüllten Geröllschlucht, einen Mann,<br />

der anscheinend gleich mir mit dem<br />

Einsammeln von Alpenpflanzen beschäftigt war.<br />

Als er mich erblickte, rief er mich an, sprang<br />

mit einigen mächtigen Sätzen zu mir herab und<br />

Ansichten (Fotografie) der mittleren und unteren Zone des Schladminger Gletschers einschließlich dessen Zunge<br />

und Randmoräne von einer mit Geröll bedeckten Felskanzel im Nordabsturze des kleinen Koppenkarsteines. Im<br />

Hintergrund der Rücken vom Hohen Gjaidstein bis zum Taubenkogel. Aufgenommen von <strong>Dr</strong>. <strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong>, am 20.<br />

September 1893.<br />

begrüßte mich: "Welch herrliches Wetter! Eine<br />

besonders schöne Hutchinsia haben sie da<br />

gefunden, auch die Saxifragen scheinen nicht<br />

schlecht zu sein. Lassen Sie sehen! Also auch<br />

ein Pflanzenfreund? Wo wollen Sie den eigentlich<br />

hin? Bald gab es zwischen uns ein angeregtes<br />

Gespräch, und wir legten die letzte Strecke<br />

bis zur Gipfelpyramide gemeinsam zurück.“<br />

Mein Begleiter war ein noch nicht dreißigjähriger<br />

Mann von hoher Gestalt, breitschultrig,<br />

mit gewaltigem Brustkorb. Sein<br />

etwas olivbraunes, fein geschnittenes Antlitz<br />

war von einem mächtigen, im Winde flatternden<br />

Vollbart umrahmt, die breite faltige<br />

Stirn über einem paar feucht-brauner Augen<br />

und die langen, dunklen Haare, glatt nach<br />

rückwärts gestrichen, gaben dem Gesicht<br />

etwas eigenartig Sinnendes. Unterwegs war<br />

er unablässig mit dem Einsammeln von<br />

Pflanzen und Insekten beschäftigt, und ich<br />

begann zu vermuten, dass ich einen<br />

Naturforscher vor mir habe. Schließlich<br />

nannte er mir seinen Namen: <strong>Dr</strong>. <strong>Oskar</strong><br />

<strong>Simony</strong>, Dozent an der Wiener Universität,<br />

<strong>Prof</strong>essor der Mathematik und Physik an der<br />

Hochschule für Bodenkultur". (7)<br />

Friedrich Eckstein wird ein enger Freund von<br />

<strong>Oskar</strong> <strong>Simony</strong>. Er bewundert ihn auch seiner<br />

vielfältigen geistigen Leistungen wegen. „Wie<br />

bringst du es fertig,“ fragte Eckstein <strong>Oskar</strong><br />

erstaunt „solche verborgenen Dinge (mathematische<br />

Lösungen) zu entdecken und in solche<br />

Tiefen einzudringen?“. „Das will ich Dir lieber<br />

Eckstein erklären,“ sagte er nach langem<br />

Zögern. "Von früher Kindheit an bin ich von<br />

meinem Vater dazu angehalten worden, körperliche<br />

Schmerzen mit Gleichmut zu ertragen und<br />

mit keiner Wimper zu zucken, auch wenn mir<br />

der Zustand schier unerträglich scheinen wollte.<br />

Nun gibt es wenig Dinge, die so weh tun wie<br />

das intensive Nachdenken, wenn es über einen<br />

gewissen Punkt hinaus getrieben wird. Dies ist<br />

der Augenblick, wo die meisten die Sache aufgeben.<br />

Mir aber ist die Fähigkeit anerzogen<br />

worden, auch diese Art von Schmerz zu verbeißen,<br />

und so komme ich mitunter über den<br />

Punkt hinüber, an welchem die anderen alles<br />

hinwerfen, nur um Ruhe zu finden. Aber gerade<br />

einen kleinen Schritt weit eben über diesen<br />

Punkt hinaus liegen oft die neuen<br />

Erkenntnisse". (7)<br />

Den letztgenannten Erklärungen <strong>Oskar</strong>s ist<br />

der deutliche Hinweis zu entnehmen, dass er<br />

sehr stark und - weit über die Kindheit hinaus<br />

- von seinem Vater beeinflusst und geprägt<br />

wird. Übrigens sind die vielen Briefe, die<br />

<strong>Oskar</strong> an seinen Vater geschrieben hat, immer<br />

mit: "Dein treuer <strong>Oskar</strong>" unterschrieben.<br />

Um von der Rax noch einmal zurückzukommen<br />

auf die Kanarischen Inseln, wäre zu<br />

erwähnen, dass er ebenso wie in den österreichischen<br />

Bergen, auch auf diesen Inseln<br />

beim Bergsteigen und Wandern enorme<br />

Probenmengen mitgenommen hat: -<br />

"Im Laufe der drei Reisen angelegte<br />

Sammlungen (eine Guanchenmumie, neun<br />

Guanchenschädel, circa 160 teilweise neue<br />

Arten von Reptilien und Fischen in circa 1200<br />

Exemplaren, etwa 600 Species von Insecten<br />

aller Ordnungen in circa 4000 Exemplaren,<br />

sowie eine umfangreiche Collection vulcanischer<br />

Gesteine, namentlich merkwürdiger - bis<br />

zu 50 kg schwere - vulcanischer Bomben)<br />

schenkte <strong>Oskar</strong> dem k. k. naturhistorischen<br />

Hofmuseum. Auch 413 photographische Aufnahmen<br />

im Größenverhältnis von 21 zu 16 cm<br />

ausgeführt". (8)<br />

So wie sein Vater beherrscht auch <strong>Oskar</strong><br />

perfekt das Fotografieren .<br />

Friedrich <strong>Simony</strong> hatte zwei ausgezeichnete<br />

Lehrer auf diesem Gebiet. Es waren dies<br />

Elsenwenger und der berühmte Wilhelm<br />

Burger. In diesem Zusammenhang erwähnt<br />

<strong>Oskar</strong> 1887 - also noch vor seinen großen<br />

Expeditionen - in einem Brief an seinen<br />

Vater: "- bis ich Dich in Radstadt besuche, ich<br />

entschieden auch schon so gut mit<br />

Trockenplatten photographieren kann, wie<br />

irgend ein Handwerker Photograph". (9)<br />

Dies ist um so wichtiger, da wir nicht vergessen<br />

dürfen, dass <strong>Oskar</strong> dem dann bereits<br />

hochbetagten Vater bei seinem großen<br />

Dachsteinwerk fotografisch und auch als<br />

Begleiter in den übrigen österreichischen<br />

Alpen zur Verfügung steht. Mit tatkräftiger<br />

Unterstützung <strong>Oskar</strong>s erscheint 1889 die<br />

erste Lieferung der Dachsteinmonographie,<br />

1893 folgt die zweite Lieferung und 1895 die<br />

Schlusslieferung.<br />

Teil 2 mit den Literaturhinweisen in den<br />

nächsten <strong>Austria</strong> Nachrichten 6/03<br />

6 <strong>Austria</strong> Nachrichten 5/03

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