GUTACHTEN - O-sp.de
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<strong>GUTACHTEN</strong><br />
Titel:<br />
Betrachtung <strong>de</strong>r Fauna (insb. Insekten) bezüglich <strong>de</strong>r<br />
Lichtimmission bei <strong>de</strong>r Aufstellung <strong>de</strong>s<br />
Bebauung<strong>sp</strong>lanes Nr. 253 für <strong>de</strong>n Bereich Düsseldorfer<br />
Str./ Itterbach/ Stadtgrenze<br />
Datum: 16. Dezember 2008<br />
Auftraggeber:<br />
An<strong>sp</strong>rechpartnerin:<br />
Planungs- und Vermessungsamt <strong>de</strong>r Stadt Hil<strong>de</strong>n<br />
Frau Iris Holsträter<br />
Auftragnehmer:<br />
Dr. Ludger Wirooks<br />
Dr. rer. Nat. Ludger Wirooks<br />
Steinkaulstr. 46, 52070 Aachen<br />
Tel.: 0241/503438 o<strong>de</strong>r 0241/8023626<br />
e-mail: Ludger.Wirooks@bio7.rwth-aachen.<strong>de</strong>
Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
1. Veranlassung<br />
Die Stadt Hil<strong>de</strong>n plant <strong>de</strong>n Bau einer Soft- und Baseballanlage und hat zu diesem Zweck<br />
<strong>de</strong>n Bebauung<strong>sp</strong>lan Nr. 253 neu aufgestellt. Es sind zwei Spielfel<strong>de</strong>r mit jeweils einer<br />
Flutlichtanlage geplant, sowie die dazugehörige Erschließung, eine Tribüne für max. 500<br />
Personen und ein Vereinsgebäu<strong>de</strong> mit evt. Außengastronomie.<br />
Der Autor wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Stadt Hil<strong>de</strong>n beauftragt, eine gutachterliche Stellungnahme<br />
bezüglich <strong>de</strong>r möglichen Auswirkungen <strong>de</strong>r Lichtimmission auf die Fauna im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Aufstellung <strong>de</strong>s Bebauung<strong>sp</strong>lans Nr. 253 zu erstellen. Dabei war beson<strong>de</strong>rs zu<br />
untersuchen, welche Auswirkungen die Flutlichtanlage und eine evtl. Beleuchtung <strong>de</strong>r<br />
Erschließungsstraße auf die umgeben<strong>de</strong> Fauna (insbeson<strong>de</strong>re auf die nachtaktiven<br />
Insekten) haben kann.<br />
2. Einleitung<br />
Innerhalb <strong>de</strong>r artenreichen und naturschutzfachlich be<strong>de</strong>utsamen Gruppe <strong>de</strong>r Insekten gibt<br />
es eine Vielzahl nachtaktiver Arten. Diese Tiere können durch künstliche Lichtquellen wie<br />
die geplanten Stadionscheinwerfer o<strong>de</strong>r durch die Beleuchtung <strong>de</strong>r Zufahrtsstraßen<br />
angelockt wer<strong>de</strong>n und dadurch in Ihrer Überlebenswahrscheinlichkeit nachhaltig<br />
beeinträchtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine be<strong>de</strong>utsame Gruppe nachtaktiver Insekten stellen die Nachtfalter (=<br />
Makroheterocera) dar, die in NRW mit immerhin 839 rezenten Arten vertreten sind<br />
(DUDLER et al. 1999). Sie besie<strong>de</strong>ln nahezu alle Landlebensraumtypen, weisen häufig<br />
enge Bindungen an bestimmte ökologische Faktoren auf und sind im Gegensatz zu<br />
manchen an<strong>de</strong>ren Insektengruppen relativ gut erforscht, weshalb sie bei bestimmten<br />
naturschutzfachlichen Fragestellungen häufig als Indikatorgruppe gewählt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Nachtfalter reagieren bekanntermaßen in sehr starkem Maße auf Lichtquellen was<br />
man sich ent<strong>sp</strong>rechend bei Kartierungen zunutze macht, in<strong>de</strong>m man sie mittels Licht<br />
anlockt. Da es im konkreten Fall darum geht, <strong>de</strong>n möglichen Einfluss von künstlichen<br />
Lichtquellen auf die Insektenfauna zu untersuchen, eignen sie sich sogar in<br />
hervorragen<strong>de</strong>r Weise als Indikatorgruppe. Daher beschränkt sich die vorliegen<strong>de</strong><br />
Untersuchung auf die Erfassung dieser Gruppe.<br />
3. Vorhaben<strong>sp</strong>lanung im Untersuchungsgebiet<br />
Die geplanten Sportstadien sollen auf einer momentan noch als Acker genutzten<br />
dreieckigen Fläche am östlichen Rand eines Sees erfolgen. Das Seeufer ist von einem<br />
schmalen Gehölzgürtel aus alten Pappeln und an<strong>de</strong>ren Laubgehölzen umgeben und weist<br />
eine sehr schmale Röhrichtzone am Ufer auf. Das Plangebiet grenzt im Sü<strong>de</strong>n an einen<br />
begradigten Bach, gegen <strong>de</strong>n es durch einen mit Bäumen und Büschen bestan<strong>de</strong>nen<br />
Wall abgegrenzt ist. Im Nordosten liegen hinter einer schmalen Hecke großflächige<br />
Wei<strong>de</strong>n. Unmittelbar im Nor<strong>de</strong>n grenzt eine Gärtnerei an das Eingriffsgebiet. Die Zufahrt<br />
soll über die Düsseldorfer Str. erfolgen, und zwar durch Ausbau und Verlängerung einer<br />
jetzt schon vorhan<strong>de</strong>nen kleinen Straße, die momentan nur bis zur Gärtnerei a<strong>sp</strong>haltiert<br />
ist.<br />
1
Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
4. Das Problem "Lichtverschmutzung"<br />
Noch vor wenigen Jahrzehnten waren künstliche Lichtquellen in <strong>de</strong>r Landschaft, wie z. B.<br />
Beleuchtungsanlagen von Straßen, Industrie- und Gewerbegebieten etc. bei<br />
Schmetterlingsfreun<strong>de</strong>n einfach nur ein beliebtes Exkursionsziel, wo sie am frühen<br />
Morgen interessante Fun<strong>de</strong> tätigen konnten. Mittlerweile hat man jedoch erkannt, dass die<br />
zunehmen<strong>de</strong> „Lichtverschmutzung“ <strong>de</strong>r Landschaft durchaus auch zu einem ernst zu<br />
nehmen<strong>de</strong>n Problem für <strong>de</strong>n Naturschutz gewor<strong>de</strong>n ist, da unzählige Insekten durch die<br />
mo<strong>de</strong>rnen Lampen angelockt und zu einem großen Teil direkt o<strong>de</strong>r indirekt getötet<br />
wer<strong>de</strong>n. So lockte z.B. eine einzige Leuchtschrift innerhalb eines Jahres allein 350.000<br />
Insekten an (GEPP 1977).<br />
Die vom Licht aus ihrer natürlichen Umgebung herausgelockten Tiere wer<strong>de</strong>n zum Teil<br />
schon direkt von <strong>de</strong>n heißen Lampen getötet, doch auch die morgens noch leben<strong>de</strong>n Tiere<br />
haben kaum eine Überlebenschance. So berichtet z.B. HAUSMANN (1992), dass an einer<br />
zur Beleuchtung einer Statue eingesetzten 2000-W-Quecksilberdampflampe von ca. 2000-<br />
3000 am frühen Morgen in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Lampe ungeschützt herumsitzen<strong>de</strong>n Nachtfaltern<br />
allein in <strong>de</strong>n ersten Morgenstun<strong>de</strong>n schon 1/4 bis 1/3 von Vögeln, We<strong>sp</strong>en o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Räubern erbeutet wur<strong>de</strong>n.<br />
Auch das Paarungs- und Eiablageverhalten von durch Lichtquellen angelockten Faltern<br />
kann nachweislich gestört sein. Manche Autoren gehen sogar davon aus, dass je<strong>de</strong>r von<br />
Licht angezogene Falter <strong>de</strong>r Population dauerhaft entzogen ist. Es verwun<strong>de</strong>rt also nicht,<br />
dass durch solche Verluste die Populationen von Nachtfaltern u. U. merklich geschädigt<br />
wer<strong>de</strong>n können und schon MALICKY (1965) bemerkte, dass an hell erleuchteten<br />
Tankstellen nur in <strong>de</strong>n ersten 1–2 Jahren <strong>de</strong>s Betriebs ein starker Insektenflug zu<br />
beobachten war. Durch Markierungsexperimente konnten VIASANEN & HUBLIN (1983)<br />
schließlich zeigen, dass in bestimmten Fällen kleine und lokale Populationen von<br />
Nachtfaltern durch kontinuierlichen Lichtfallenbetrieb theoretisch sogar ausgerottet wer<strong>de</strong>n<br />
können.<br />
Die Anlockwirkung <strong>de</strong>s Lichtes hängt von vielerlei Faktoren ab, wie z. B. <strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>ten<br />
Wellenlänge, <strong>de</strong>r Lichtstärke, <strong>de</strong>r Höhe über <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n u. v. m. Eine Erhöhung <strong>de</strong>r<br />
Wattzahl führt z. B. bei gleich bleiben<strong>de</strong>r Wellenlänge zu einer <strong>de</strong>utlichen Erhöhung <strong>de</strong>r<br />
Anflugzahlen, wobei <strong>de</strong>r Anflug nach CLEVE (1964) allerdings nicht proportional son<strong>de</strong>rn in<br />
geringerem Maße zunimmt. Dement<strong>sp</strong>rechend schwanken auch die Literaturangaben zur<br />
Reichweite <strong>de</strong>r Lichtwirkung. BAKER & SADOVY (1978) ermittelten für <strong>de</strong>n häufigen<br />
Eulefalter Hausmutter (= Noctua pronuba) bei einer in 60 cm Höhe postierten 125-W-<br />
Quecksilberdampflampe eine effektive Lockwirkung von nur 3 m. Je höher die Lichtquelle<br />
postiert wird, <strong>de</strong>sto weiter reicht allerdings ihre Wirkung, <strong>de</strong>nn in 9 m Höhe ermittelte die<br />
Autoren schon eine Reichweite von 10–17 m. Die Reichweite hängt zu<strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r<br />
Hintergrundhelligkeit ab, wie BOWDEN & MORRIS (1975) errechnen konnten. Sie geben für<br />
<strong>de</strong>n selben Lampentyp Einzugsbereiche von 35 m bei Vollmond und 520 m bei Neumond<br />
an.<br />
5. Metho<strong>de</strong>n<br />
Die Erfassung <strong>de</strong>r Nachtfalter erfolgte schwerpunktmäßig durch Lichtfang. Darüber hinaus<br />
wur<strong>de</strong>n auch Nahrungs-Kö<strong>de</strong>r ausgebracht und es wur<strong>de</strong> nach Raupen gesucht. Alle<br />
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Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
notwendigen Ausnahmegenehmigungen und eine Betretungserlaubnis für das<br />
Untersuchungsgebiet lagen selbstverständlich vor.<br />
5.1 Lichtfang<br />
Die gängige Metho<strong>de</strong> zur Kartierung von Nachtfaltern ist <strong>de</strong>r Lichtfang. Durch diese<br />
Metho<strong>de</strong> lässt sich <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r heimischen Nachtfalterarten gut nachweisen. Dabei<br />
macht man sich die Tatsache zu nutze, dass die Tiere nachts helle Lichtquellen anfliegen<br />
und lockt sie mit ent<strong>sp</strong>rechen<strong>de</strong>n Apparaturen an.<br />
Zum Lichtfang diente ein so genannter "Leuchtturm", eine mit einem Gazenetz um<strong>sp</strong>annte<br />
Apparatur, die im konkreten Fall mit einer 160 W–Mischlichtbirne, einer 18 W–<br />
Schwarzlichtröhre und einer 30 W–superaktinischen Röhre bestückt war (Abb.1). Der<br />
Leuchtturm wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n jeweiligen Fangterminen abends aufgebaut und von Beginn <strong>de</strong>r<br />
Dämmerung an mehrere Stun<strong>de</strong>n lang bis in die Nacht hinein betrieben. Durch die starken<br />
Lichtquellen wur<strong>de</strong>n die in <strong>de</strong>r näheren und weiteren Umgebung fliegen<strong>de</strong>n Falter<br />
angelockt und konnten am Leuchtturm dann per Hand erfasst, bestimmt und ausgezählt<br />
wer<strong>de</strong>n. Anschließend konnten die meisten Falter wie<strong>de</strong>r frei gelassen wer<strong>de</strong>n. Von<br />
einigen, wenigen nicht vor Ort zu bestimmen<strong>de</strong>n Arten mussten allerdings<br />
Belegexemplare entnommen wer<strong>de</strong>n, welche im Zuge <strong>de</strong>r Artbestimmung zum Teil auch<br />
einer Genitalpräparation unterzogen wer<strong>de</strong>n mussten.<br />
Als Standort für <strong>de</strong>n Leuchtturm wur<strong>de</strong> die nördliche Grenze <strong>de</strong>s Ackers gewählt, da dort<br />
alle unmittelbar angrenzen<strong>de</strong>n Biotoptypen von <strong>de</strong>r Lichtquelle <strong>de</strong>s Leuchtturms<br />
beschienen wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
5.2 Kö<strong>de</strong>rfang<br />
Der Lichtfang allein reicht allerdings nicht aus, um ein Nachtfalterarten<strong>sp</strong>ektrum komplett<br />
zu erfassen. So fliegen manche Nachtfalterarten, u. a. die Or<strong>de</strong>nsbän<strong>de</strong>r (= Gattung<br />
Catocala), zwar durchaus bestimmte Lichtquellen an, wer<strong>de</strong>n aber mittels <strong>de</strong>r üblichen<br />
Lichtfangmetho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>nnoch kaum nachgewiesen, weil sie zu scheu sind o<strong>de</strong>r sich bereits<br />
in weiterer Entfernung vom Licht nie<strong>de</strong>rlassen. Viele dieser am Licht selten zu<br />
beobachten<strong>de</strong>n Arten lassen sich aber an <strong>de</strong>n Nahrungs-Kö<strong>de</strong>rn gut nachweisen. Dabei<br />
macht man sich die Tatsache zu nutze, dass viele Nachtfalter zur Nahrungsaufnahme<br />
stark riechen<strong>de</strong>, gären<strong>de</strong> süße Substanzen anfliegen. Ein solcher Kö<strong>de</strong>r ist für manche<br />
Arten sogar die einzige adäquate Nachweismetho<strong>de</strong> und dient darüber hinaus auch zur<br />
Ergänzung <strong>de</strong>s Arten<strong>sp</strong>ektrums, da manche Arten damit effektiver nachgewiesen wer<strong>de</strong>n<br />
können als mittels Licht.<br />
Zum Kö<strong>de</strong>rfang wur<strong>de</strong>n <strong>sp</strong>ät nachmittags mehrere mit Zucker-Rotwein-Mischung<br />
getränkte Kö<strong>de</strong>rschnüre an Büsche und Bäume gehängt. Des Weiteren wur<strong>de</strong> auch eine<br />
gären<strong>de</strong> Dunkelbier-Honigmischung auf einige Baumstämme aufgetragen. Diese<br />
Kö<strong>de</strong>rstellen wur<strong>de</strong>n dann ab Beginn <strong>de</strong>r Dämmerung ca. halbstündlich kontrolliert und die<br />
daran saugen<strong>de</strong>n Nachtfalter protokolliert.<br />
5.3 Kartieraufwand<br />
Der Großteil <strong>de</strong>r Nachtfalter fliegt in <strong>de</strong>n Sommermonaten. Es gibt unter ihnen aber auch<br />
viele Frühjahrs- und Herbstarten und sogar solche, die mitten im Winter fliegen. Die<br />
Flugzeit <strong>de</strong>r meisten Arten ist außer<strong>de</strong>m relativ kurz und beträgt allenfalls einige Wochen –<br />
bei vielen Arten sogar nur etwa zwei Wochen. Um die einzelnen jahreszeitlichen A<strong>sp</strong>ekte<br />
einer Nachtfalterzönose also einigermaßen ab<strong>de</strong>cken zu können, setzt MEIER (1992)<br />
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Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
<strong>de</strong>shalb 5–6 Lichtfangtermine als Min<strong>de</strong>ststandard an. Dass es sich selbst dabei nur um<br />
eine Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rung han<strong>de</strong>lt zeigt die Angabe von HABELER (1979), wonach man an<br />
wärmeexponierten Hangstufen selbst mit 20 Terminen erst ca. 90 % <strong>de</strong>s gesamten<br />
Arten<strong>sp</strong>ektrums nachweisen könne.<br />
Die Kartiertermine sollten optimalerweise im Sommer liegen, da erfahrungsgemäß ca. 2/3<br />
aller Nachfalterarten in <strong>de</strong>n Sommermonaten von ca. Mitte Mai bis Mitte August fliegen.<br />
Da bei Auftragserteilung <strong>de</strong>r Sommer - und damit <strong>de</strong>r optimale Zeitpunkt für<br />
Nachtfaltererfassungen - bereits annähernd verstrichen war, musste sich die Erfassung<br />
notgedrungen auf <strong>de</strong>n Spätsommer- und Herbsta<strong>sp</strong>ekt <strong>de</strong>r Nachtfalterfauna beschränken.<br />
Daraus ergibt sich, dass im Rahmen dieser Erhebung nur ein Teila<strong>sp</strong>ekt <strong>de</strong>s insgesamt<br />
vorhan<strong>de</strong>nen Arten<strong>sp</strong>ektrums erfasst wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
Es wur<strong>de</strong>n zwei nächtliche Erfassungen mit Lichtfang und parallelem Kö<strong>de</strong>rfang<br />
durchgeführt, sie fan<strong>de</strong>n am 26.08. und 21.09.2008 statt. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund, dass <strong>de</strong>r<br />
optimale Fangzeitpunkt ohnehin bereits vorbei war, kann die Zahl von nur zwei<br />
Fangterminen im Spätsommer/Herbst als durchaus ausreichend angesehen wer<strong>de</strong>n um<br />
zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>n ent<strong>sp</strong>rechen<strong>de</strong>n phänologischen A<strong>sp</strong>ekt <strong>de</strong>r Falterfauna hinreichend genau<br />
bewerten zu können.<br />
Dennoch muss angemerkt wer<strong>de</strong>n, dass unter diesen Vorraussetzungen selbst im<br />
Optimalfall allenfalls 1/5–1/4 <strong>de</strong>r gesamten im Eingriffsgebiet bo<strong>de</strong>nständigen<br />
Nachtfalterarten erfasst wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
5.4 Raupensuche<br />
Um das Fehlen <strong>de</strong>s für eine Bewertung <strong>de</strong>r Falterfauna wichtigen Sommera<strong>sp</strong>ektes<br />
zumin<strong>de</strong>st zum Teil zu kompensieren, wur<strong>de</strong> zusätzlich zur Erfassung <strong>de</strong>r Falter selbst<br />
auch nach Raupen gesucht. Viele <strong>de</strong>r im Sommer fliegen<strong>de</strong>n Arten lassen sich noch im<br />
Herbst in diesem Stadium nachweisen. Die wichtigste Metho<strong>de</strong> dabei ist das so genannte<br />
"Raupenklopfen", darüber hinaus fand an manchen Pflanzen auch eine gezielte optische<br />
Suche bei Tage statt.<br />
Viele an Bäumen und Sträuchern sowie an Hochstau<strong>de</strong>n leben<strong>de</strong> Raupenarten lassen<br />
sich gut durch das "Raupenklopfen" nachweisen. Dazu wur<strong>de</strong>n in dieser Untersuchung ein<br />
rechteckiger, 45 x 60 cm großer, mit Baumwollstoff be<strong>sp</strong>annter Klopfschirm und ein mit<br />
Schaumstoff isolierter Holzknüppel verwen<strong>de</strong>t. Das Klopfen erfolgte <strong>de</strong>rart, dass an einer<br />
<strong>de</strong>finierten Stelle mit <strong>de</strong>m Knüppel harte Schläge auf die zu beklopfen<strong>de</strong> Pflanze<br />
durchgeführt wur<strong>de</strong>n, wodurch die daran sitzen<strong>de</strong>n Raupen in <strong>de</strong>n darunter gehaltenen<br />
Klopfschirm fielen.<br />
Das Klopfen wur<strong>de</strong> tags durchgeführt, und zwar hauptsächlich an Bäumen und<br />
Sträuchern, aber auch an gewissen Hochstau<strong>de</strong>n, wie z. B. Brennnesseln, Hohlzahn,<br />
Johanniskraut, Wei<strong>de</strong>nröschen u. v. a. Zeitpunkt und Anzahl <strong>de</strong>r Klopfproben ebenso wie<br />
die Intensität <strong>de</strong>r optischen Suche richtete sich grundsätzlich danach, wie viele und welche<br />
Raupenarten sich an <strong>de</strong>r jeweiligen Pflanze entwickeln können und wann sie daran<br />
vorkommen. Die Raupen wur<strong>de</strong>n nach Möglichkeit vor Ort bestimmt und wie<strong>de</strong>r<br />
freigelassen, doch mussten wegen <strong>de</strong>r schweren Bestimmbarkeit einige Raupen<br />
mitgenommen und gezüchtet wer<strong>de</strong>n um die Artzugehörigkeit genau bestimmen zu<br />
können.<br />
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Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
Die Raupensuche fand nur im Eingriffsgebiet selbst und an <strong>de</strong>ssen Rän<strong>de</strong>rn statt. Es<br />
wur<strong>de</strong>n dabei v. a. ein Großteil <strong>de</strong>s Seeufers untersucht sowie die Hecke zu <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>r das Bachufer begleiten<strong>de</strong> Wall. Ferner wur<strong>de</strong>n auch die unmittelbaren Wegsäume<br />
<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>m Wohnhaus <strong>de</strong>r Gärtnerei gelegenen Vorhölzer und <strong>de</strong>r Trockenbrache mit<br />
berücksichtigt.<br />
6. Arten<strong>sp</strong>ektrum<br />
Im Untersuchungsgebiet konnten insgesamt 117 Nachtfalterindividuen sowie 56<br />
Nachtfalteraupen und ein Eigelege nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Diese Tiere gehörten 47 Arten<br />
an, von <strong>de</strong>nen 34 nur als Falter gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n, 8 nur als Raupe, 5 Arten wur<strong>de</strong>n in<br />
bei<strong>de</strong>n Entwicklungsstadien angetroffen.<br />
Die absolute Zahl von 47 Arten erscheint zunächst ziemlich niedrig im Vergleich zu vielen<br />
an<strong>de</strong>ren Nachtfaltererhebungen, doch muss man bei <strong>de</strong>r Interpretation dieser Zahl<br />
natürlich berücksichtigen, dass die Erfassung auf lediglich zwei Termine im<br />
Spätsommer/Herbst beschränkt wer<strong>de</strong>n musste. Für diesen Erfassungsaufwand ist diese<br />
Artenzahl dann durchaus min<strong>de</strong>stens als durchschnittlich zu bewerten.<br />
Tab. 1: Gesamtartenliste <strong>de</strong>r im Untersuchungsgebiet erfassten Nachtfalter<br />
Abkürzungen und Erläuterungen:<br />
Die wissenschaftlichen Namen richten sich nach KARSHOLT & RAZOWSKI (1996).<br />
Schutzstatus nach <strong>de</strong>r BArtSchV (25.3.2002) und/o<strong>de</strong>r FFH-Richtlinie<br />
Gefährdungskategorien nach <strong>de</strong>r Roten Liste BRD 1998 (PRETSCHER 1998)<br />
- Art nicht erwähnt<br />
Gefährdungskategorien nach <strong>de</strong>r Roten Liste Nordrhein-Westfalen und <strong>de</strong>r Eifel (DUDLER ET AL. 1999):<br />
3 gefähr<strong>de</strong>t<br />
V Vorwarnliste (Bestand zurückgehend)]<br />
* Nicht gefähr<strong>de</strong>t<br />
M Migrant<br />
Nachweise: 1Eg = 1 Eigelege<br />
Artname Nachweise §<br />
§<br />
Rote Liste-<br />
Status<br />
Falter am<br />
Leuchtturm<br />
Falter am<br />
Kö<strong>de</strong>r<br />
sonstige<br />
Falterfun<strong>de</strong><br />
Raupen<br />
Schutzstatus<br />
BRD<br />
NRW<br />
Nie<strong>de</strong>rrheinische<br />
Bucht<br />
Abrostola triplasia (Hufnagel, 1766) 0 0 0 1 - - * *<br />
Acronicta rumicis (Linnaeus, 1758) 0 0 0 1 - - V *<br />
Actinotia polyodon (Clerck, 1759) 0 0 0 1 - - * *<br />
Agrochola circellaris (Hufnagel, 1766) 1 0 0 0 - - * *<br />
Amphipyra berbera Rungs, 1949 0 2 0 0 - - * *<br />
Amphipyra pyrami<strong>de</strong>a (Linnaeus, 1758) 1 2 0 0 - - * *<br />
Autographa gamma (Linnaeus, 1758) 1 0 0 0 - - M M<br />
Cabera exanthemata (Scopoli, 1763) 1 0 1 3 - - * *<br />
Calliteara pudibunda (Linnaeus, 1758) 0 0 0 1 - - * *<br />
Campaea margaritata (Linnaeus, 1767) 9 0 0 2 - - * *<br />
Chloroclysta truncata (Hufnagel, 1767) 2 0 0 0 - - * *<br />
Colostygia pectinataria (Knoch, 1781) 4 0 0 0 - - * *<br />
5
Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
Artname Nachweise §<br />
§<br />
Rote Liste-<br />
Status<br />
Falter am<br />
Leuchtturm<br />
Falter am<br />
Kö<strong>de</strong>r<br />
sonstige<br />
Falterfun<strong>de</strong><br />
Raupen<br />
Schutzstatus<br />
BRD<br />
NRW<br />
Nie<strong>de</strong>rrheinische<br />
Bucht<br />
Diachrysia chrysitis (Linnaeus, 1758) 0 0 0 4 - - * *<br />
Earias clorana (Linnaeus, 1791) 0 0 0 4 - - * *<br />
Eupithecia virgaureata Doubleday,1861 1 0 0 0 - - * *<br />
Gymnoscelis rufifasciata (Haworth, 1809) 2 0 0 0 - - * *<br />
Habrosyne pyritoi<strong>de</strong>s (Hufnagel, 1766) 0 1 0 0 - - * *<br />
Herminia grisealis ([Denis & Schiffermüller], 1775) 4 0 0 0 - - * *<br />
Hoplodrina ambigua ([Denis & Schiffermüller], 0 1 0 0 - - * *<br />
1775)<br />
Hypena proboscidalis (Linnaeus, 1758) 3 0 2 17 - - * *<br />
Lacanobia oleracea (Linnaeus, 1758) 1 0 0 3 - - * *<br />
Macaria alternata ([Denis & Schiffermüller], 1775) 0 0 0 2 - - * *<br />
Macdunnoughia confusa (Stephens, 1850) 1 0 0 0 - - * *<br />
Mamestra brassicae (Linnaeus, 1758) 1 2 0 0 - - * *<br />
Mesapamea secalis (Linnaeus, 1758) 2 0 0 0 - - * *<br />
Mesoligia furuncula ([Denis & Schiffermüller], 1775) 2 2 0 0 - - * *<br />
Mythimna albipuncta ([Denis & Schiffermüller], 0 1 0 0 - - * *<br />
1775<br />
Mythimna l-album (Linnaeus, 1767) 0 1 0 0 - - * *<br />
Noctua comes (Hübner, 1813) 3 0 0 0 - - * *<br />
Noctua janthe (Borkhausen, 1792) 2 0 0 0 - - * *<br />
Noctua janthina ([Denis & Schiffermüller], 1775) 2 0 0 0 - - * *<br />
Noctua pronuba (Linnaeus, 1758) 10 5 0 1Eg - - * *<br />
Ochropleura plecta (Linnaeus, 1761) 6 0 0 0 - - * *<br />
Omphaloscelis lunosa (Haworth, 1809) 2 0 0 0 - - * *<br />
Opisthograptis luteolata (Linnaeus, 1758) 3 0 0 0 - - * *<br />
Perizoma alchemillata (Linnaeus, 1775) 0 0 0 7 - - * *<br />
Phlogophora meticulosa (Linnaeus, 1758) 5 0 0 0 - - * *<br />
Scoliopteryx libatrix (Linnaeus, 1758) 0 1 0 0 - - * *<br />
Thera variata ([Denis & Schiffermüller],<br />
1 0 0 0 - -/- */* */*<br />
/-<br />
1775)/Thera britannica (Turner,1925) agg.<br />
Timandra griseata (W,Petersen, 1902) 1 0 0 0 - - * *<br />
Triodia sylvina (Linnaeus, 1761) 0 1 0 0 - - * *<br />
Watsonalla cultraria (Fabricius, 1775) 1 0 0 0 - - * *<br />
Xanthia citrago (Linnaeus, 1758) 1 0 0 0 - - 3 V<br />
Xanthia icteritia (Hufnagel, 1766) 0 1 0 0 - - * *<br />
Xestia c-nigrum (Linnaeus, 1758) 9 4 0 10 - - * *<br />
Xestia sexstrigata (Haworth, 1809) 1 0 0 0 - - * *<br />
Xestia xanthographa ([Denis & Schiffermüller], 1 6 0 0 - - * *<br />
1775)<br />
Summe 84 30 3 56<br />
+<br />
1Eg<br />
- - - -<br />
6
Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
7. Artenschutzrechtlich-naturschutzfachliche Bewertung und<br />
Konfliktabschätzung<br />
7.1 Artenschutzrechtlich-naturschutzfachliche Bewertung <strong>de</strong>r<br />
Nachtfalterfauna <strong>de</strong>s Eingriffsgebiets<br />
Keine <strong>de</strong>r in dieser Untersuchung erfassten Arten ist nach <strong>de</strong>r BArtSchV und/o<strong>de</strong>r FFH-<br />
Richtlinie beson<strong>de</strong>rs o<strong>de</strong>r streng geschützt, so dass auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Daten<br />
also keine artenschutzrechtlichen Verfahren anstün<strong>de</strong>n.<br />
Auch naturschutzfachlich gesehen kann <strong>de</strong>r konkret erfassten<br />
Nachtfalterartengemeinschaft keine beson<strong>de</strong>rs hohe Be<strong>de</strong>utung zuge<strong>sp</strong>rochen wer<strong>de</strong>n, da<br />
nur eine einzige Art (ent<strong>sp</strong>rechend 2,1% <strong>de</strong>r nachgewiesenen Fauna) nach <strong>de</strong>n Roten<br />
Listen gefähr<strong>de</strong>t ist. Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um die Herbsteulenart Xanthia citrago, die<br />
NRW-weit als gefähr<strong>de</strong>t gilt (= Kategorie 3), im betroffenen Naturraum Nie<strong>de</strong>rrheinische<br />
Bucht allerdings nur auf <strong>de</strong>r Vorwarnliste steht (= Kategorie V). Daraus darf man mit<br />
gewissen Einschränkungen folgern, dass <strong>de</strong>r relative Anteil naturschutzfachlich<br />
be<strong>de</strong>utsamen Arten im Untersuchungsgebiet auch insgesamt nicht hoch sein dürfte.<br />
Das Vorkommen weiterer naturschutzfachlich be<strong>de</strong>utsamer Arten kann und darf allerdings<br />
ohne Berücksichtigung <strong>de</strong>s Sommera<strong>sp</strong>ekts nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Dass es<br />
solche Art gibt, zeigen die Ergebnisse eines Licht- und Kö<strong>de</strong>rfangabends, <strong>de</strong>n Herr Armin<br />
Dahl am 14.8.2008 im Untersuchungsgebiet durchgeführt hat. Neben einigen <strong>de</strong>r auch<br />
hier erfassten Arten konnte DAHL (schriftliche Mitt.) dabei noch weitere 4 Arten<br />
nachweisen, von <strong>de</strong>nen zumin<strong>de</strong>st eine, das Schwarze Or<strong>de</strong>nsband (= Mormo maura)<br />
naturschutzfachlich beachtenswert ist. Diese Art steht bun<strong>de</strong>sweit auf <strong>de</strong>r Vorwarnliste, in<br />
NRW gilt sie im betroffenen Naturraum als stark gefähr<strong>de</strong>t (= Kategorie 2).<br />
7.2 Flugdistanzen und Fernwirkung <strong>de</strong>s Lichts<br />
Nachtfalter sind im Imaginalstadium nicht unbedingt eng an Ihren jeweiligen<br />
Entwicklungsbiotop gebun<strong>de</strong>n und fliegen mehr o<strong>de</strong>r weniger gezielt auch in<br />
Nachbarbiotope ein. Ein konkretes Bei<strong>sp</strong>iel dafür lieferte im Rahmen dieser Erhebung die<br />
einzige nachgewiesene Art <strong>de</strong>r Roten Listen, die Herbsteule Xanthia citrago. Die Raupe<br />
dieser Art lebt ausschließlich an Lin<strong>de</strong> – einer Baumart, die im unmittelbaren<br />
Eingriffsgebiet und <strong>de</strong>ssen nächstem Umfeld nicht vorkommt, sie tritt erst in <strong>de</strong>m<br />
nordöstlich davon gelegenen Waldgebiet auf. Der Falter muss sich also außerhalb <strong>de</strong>s<br />
Eingriffsgebiets entwickelt haben und gehört <strong>de</strong>mzufolge im engeren Sinne nicht zur<br />
Indigenfauna dieses Gebiets.<br />
Die Tatsache, dass diese Art <strong>de</strong>nnoch im Untersuchungsgebiet am Licht nachgewiesen<br />
wur<strong>de</strong>, zeigt nun aber, dass die Falter offenbar weit genug umherstreunen um im Zuge<br />
ihrer Flugaktivitäten zumin<strong>de</strong>st gelegentlich auch in <strong>de</strong>n Einflussbereich <strong>de</strong>r im<br />
Eingriffsgebiet zu erwarten<strong>de</strong>n Lichtquellen geraten zu können – und zwar unabhängig<br />
von <strong>de</strong>ren eventueller Fernlockwirkung (das Licht <strong>de</strong>s Leuchtturms war von <strong>de</strong>r<br />
a<strong>sp</strong>haltierten Zufahrtsstraße und <strong>de</strong>m Wohnhaus <strong>de</strong>r Gärtnerei aus nicht sichtbar). Diese<br />
"trivial movement" genannte Flugaktivität kann sich bei vielen Arten durchaus über<br />
mehrere Hun<strong>de</strong>rt Meter erstrecken, beson<strong>de</strong>rs wenn die ten<strong>de</strong>nziell biotoptreueren<br />
Waldarten dabei ihre angestammte Formation – also Gehölzstrukturen – nicht verlassen<br />
müssen (vgl. HAUSSMANN 1990). Im konkreten Fall kann offenbar <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Teich<br />
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Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
umschließen<strong>de</strong> Gehölzgürtel als Trittsteinbiotop für solche di<strong>sp</strong>ergieren<strong>de</strong>n Waldarten<br />
dienen.<br />
Bezüglich einer eventuellen Fernlockwirkung <strong>de</strong>s Lichtes ist zu berücksichtigen, dass die<br />
Stadionscheinwerfer ja in großer Höhe (= 20 m) angebracht wer<strong>de</strong>n und somit eine viel<br />
größere Fernlockwirkung erzielen können als <strong>de</strong>r in dieser Untersuchung verwen<strong>de</strong>te<br />
Leuchtturm (vgl. auch Kapitel 4). Bei<strong>de</strong> Faktoren – also die Mobilität <strong>de</strong>r Falter sowie die<br />
Fernlockwirkung <strong>de</strong>r Scheinwerfer – bewirken, dass damit zu rechnen ist, dass auch die<br />
Falterpopulationen weiter entfernter Biotope durch <strong>de</strong>n Betrieb <strong>de</strong>r Scheinwerfer<br />
beeinträchtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine Beeinflussung von Falterpopulationen in vom Eingriffsgebiet weiter entfernten<br />
Biotopen kann auch durch die geplante Ausleuchtung <strong>de</strong>r Erschließungsstraße erfolgen.<br />
Diese führt direkt an einer Trockenbrache vorbei, und die dort aufzustellen<strong>de</strong>n Lampen<br />
können und wer<strong>de</strong>n grundsätzlich auch Falter dieses Biotoptyps anlocken.<br />
Insgesamt muss festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass eine abschließen<strong>de</strong> Betrachtung <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n<br />
Stadionbau hervorgerufenen möglichen Beeinträchtigungen ohne genauere Kenntnis <strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>n weiter entfernt liegen<strong>de</strong>n Nachbarbiotopen ansässigen Nachtfalterfauna nur bedingt<br />
möglich ist. Von <strong>de</strong>r Biotopstruktur her ist es je<strong>de</strong>nfalls sehr wahrscheinlich, dass die<br />
Falterpopulationen <strong>de</strong>s erwähnten Wal<strong>de</strong>s sowie <strong>de</strong>r Trockenbrache noch weitaus mehr<br />
naturschutzfachlich wertvolle Arten aufweisen als die bisher nachgewiesene Xanthia<br />
citrago.<br />
7.3 Abschätzung <strong>de</strong>r Eingriffserheblichkeit<br />
Im Fall <strong>de</strong>s Stadionbaus und <strong>de</strong>r damit einhergehen<strong>de</strong>n Anbringung von<br />
Beleuchtungsanlagen muss unter Berücksichtigung aller Faktoren insgesamt mit einem<br />
negativen Einfluss auf die Nachtfalterpopulationen gerechnet wer<strong>de</strong>n. Das größte<br />
Gefährdung<strong>sp</strong>otential besteht dabei naturgemäß für die Nachtfalterzönosen <strong>de</strong>s<br />
unmittelbaren Eingriffsgebiets, die nach <strong>de</strong>m bisherigen Kenntnisstand allerdings<br />
naturschutzfachlich nicht als beson<strong>de</strong>rs wertvoll einzustufen sind (siehe aber auch Kap.<br />
7.1). Es ist allerdings auch klar von <strong>de</strong>r Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Nachtfalterzönosen weiter<br />
entfernter Biotope, wie z. B. <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Trockenbrache, auszugehen.<br />
8. Maßnahmen zur Vermeidung von negativen projektbedingten Wirkungen auf<br />
die Nachtfalterfauna<br />
Um die möglichen projektbedingten negativen Wirkungen auf die Nachtfalterfauna<br />
zumin<strong>de</strong>st zu begrenzen, sollte die "Lichtverschmutzung" insgesamt auf das unbedingt<br />
nötige Maß minimiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Bezüglich <strong>de</strong>r Stadionscheinwerfer wäre es zur Minimierung solcher Wirkungen am<br />
günstigsten, wenn diese möglichst lichtschwach wären und in niedriger Höhe angebracht<br />
wür<strong>de</strong>n. Da dies aber <strong>de</strong>ren Sinn (= Ausleuchtung <strong>de</strong>r Sportstätten) diametral<br />
entgegensteht und es <strong>de</strong>shalb kaum sinnvolle Alternativen gibt, bleibt festzuhalten, dass<br />
sich negative Auswirkungen auf die Tierwelt wohl kaum gänzlich vermei<strong>de</strong>n lassen. Aus<br />
Sicht <strong>de</strong>r Tiere wäre es <strong>de</strong>shalb am günstigen, wenn auf <strong>de</strong>ren Bau und Einsatz gänzlich<br />
verzichtet wür<strong>de</strong>. Ansonsten gilt: je seltener das Flutlicht eingeschaltet wird, <strong>de</strong>sto geringer<br />
die negativen Wirkungen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass wegen <strong>de</strong>r größeren Zahl<br />
vorhan<strong>de</strong>ner Insekten beson<strong>de</strong>rs im Sommerhalbjahr auf <strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>r Scheinwerfer<br />
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verzichtet wer<strong>de</strong>n sollte, was z. B. möglich wäre durch Spielansetzungen am Nachmittag<br />
statt abends.<br />
Da es zu <strong>de</strong>n geplanten Scheinwerfern als solchen keine sinnvollen Alternativen gibt,<br />
müssten sich Maßnahmen zur Minimierung negativer Auswirkungen auf die sonstigen<br />
Beleuchtungsinstallationen fokussieren. Eine Variante dabei ist die Verwendung von<br />
Lampentypen, die ein für Insekten weniger attraktives Licht aussen<strong>de</strong>n. Das Maximum <strong>de</strong>r<br />
Lichtempfindlichkeit liegt bei Nachtfaltern um 410 nm, also im violetten Bereich <strong>de</strong>s<br />
Spektrums (CLEVE, 1964). Lampentypen mit einem hohen Anteil von solchem<br />
kurzwelligem Licht, wie z.B. die häufig verwen<strong>de</strong>ten Quecksilberdampf-Hochdrucklampen<br />
sind folglich beson<strong>de</strong>rs attraktiv für Nachtfalter. FREUND & SCHANOWSKI (1991) testeten<br />
verschie<strong>de</strong>ne in <strong>de</strong>r Außenbeleuchtung gebräuchliche Lampentypen und empfehlen die<br />
Verwendung von Natriumdampf-Nie<strong>de</strong>rdrucklampen, die sich als weitaus<br />
umweltverträglicher erwiesen haben als z.B. Quecksilberdampf-Hochdrucklampen.<br />
FREUND & SCHANOWSKI (1991) empfehlen <strong>de</strong>s Weiteren die Verwendung von so genannten<br />
Leuchtenkoffern, welche das Licht nur zu einer Seite abstrahlen sowie die Verwendung<br />
von Glas statt Plexiglas als Ab<strong>de</strong>ckung, da echtes Glas einen Teil <strong>de</strong>r kurzwelligen<br />
Strahlung herausfiltert. Ferner sollten Leuchten nach Möglichkeit waagerecht und so<br />
niedrig wie möglich installiert wer<strong>de</strong>n, um die Fernwirkung <strong>de</strong>s Lichts gering zu halten. Die<br />
Konstruktion <strong>de</strong>r Leuchte sollte ferner ein Eindringen von Insekten unmöglich machen. Für<br />
die Ausleuchtung größerer Flächen sollten so genannte Planflächenstrahler verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Auch durch Reduzierung <strong>de</strong>r Brenndauer auf das unbedingt notwendige Maß lassen sich<br />
negative Effekte minimieren. So sollte die Erschließungsstraße z. B. nur an Tagen mit<br />
Spielbetrieb ausgeleuchtet sein.<br />
Zusammengefasst kann bezüglich <strong>de</strong>r Beleuchtungsinstallationen folgen<strong>de</strong>s empfohlen<br />
wer<strong>de</strong>n:<br />
1) Vermeidung unnötiger Beleuchtung und Beschränkung auf die wirklich absolut notwendige<br />
Beleuchtung<br />
2) Einsatz von Lampen mit insektenfreundlichem Licht (sofern verfügbar so genannte Natriumdampf-<br />
Nie<strong>de</strong>rdrucklampen, o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st Natriumdampf-Hochdrucklampen).<br />
3) Anbringung von Lampen mit bevorzugter Lichtabstrahlung nach unten und so wenig wie möglich zur<br />
Seite und nach oben.<br />
4) Anbringung von Lampen in möglichst niedriger Höhe über <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n (bzw. möglichst niedrige<br />
"Lichtpunkthöhe")<br />
5) Reduzierung <strong>de</strong>r Leuchtdauer auf das unbedingt notwenige Maß<br />
6) Da es bezüglich <strong>de</strong>r Stadionscheinwerfer keine sinnvollen Alternativen zur geplanten Konstruktion<br />
gibt, sollte aus Sicht <strong>de</strong>s Naturschutzes <strong>de</strong>ren Einsatzhäufigkeit und – dauer zumin<strong>de</strong>st möglichst<br />
gering gehalten wer<strong>de</strong>n (bzw. ganz auf das geplante Projekt verzichtet wer<strong>de</strong>n).<br />
Für weitere Details siehe u. a. auch im Internet unter www.hellenot.com/hellenot.pdf.<br />
9. Verwen<strong>de</strong>te Literatur<br />
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HABELER, H. (1979): Faunisten-Arithmetik – Statistische Unterlagen über Lichtfänge von<br />
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Dr. Ludger Wirooks Naturschutzfachliche Bewertung Bebauung<strong>sp</strong>lan 253<br />
Aachen, <strong>de</strong>n 15.12.2008<br />
Dr. Ludger Wirooks<br />
52070 Aachen<br />
Tel.: 0241/503438 o<strong>de</strong>r 0241/8023626<br />
e-mail: Ludger.Wirooks@bio7.rwth-aachen.<strong>de</strong><br />
Internet:<br />
http://www.bio2.rwth-aachen.<strong>de</strong>/users/wirooks/html/ludger.htm<br />
https://www.xing.com/profile/Ludger_Wirooks<br />
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