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"25 Jahre Naturwaldreservate in Hessen" als PDF

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01089<br />

16. Dezember 2013<br />

www.forstpraxis.de<br />

24<br />

<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen<br />

Baumpflege


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Ziele, Forschungskonzept und Stand der Forschung<br />

<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Marcus Schmidt, Peter Meyer und Michelle Sundermann<br />

Anlässlich des <strong>25</strong>-jährigen Bestehens von <strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong> Hessen<br />

hat die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) geme<strong>in</strong>sam<br />

mit dem Landesbetrieb Hessen-Forst und dem Hessischen M<strong>in</strong>isterium<br />

für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

(HMUELV) e<strong>in</strong>e Fachtagung mit Exkursion am 5. und 6. September 2013<br />

<strong>in</strong> Hofgeismar ausgerichtet. Die Hauptergebnisse werden <strong>in</strong> diesem Heft<br />

vorgestellt.<br />

Ziele des<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms<br />

Das <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm hat<br />

die folgenden Ziele und Aufgaben:<br />

• Erforschung sich selbst überlassener Waldlebensgeme<strong>in</strong>schaften,<br />

ihrer Böden, Vegetation,<br />

Waldstruktur und Fauna,<br />

• Erforschung der biologischen Vielfalt und<br />

ihrer Entwicklung <strong>in</strong> Totalreservat und bewirtschafteter<br />

Vergleichsfläche,<br />

• angewandte Waldbauforschung zu den<br />

Themen Waldverjüngung, Waldpflege, Altund<br />

Totholz sowie Folgen von Klimaveränderungen,<br />

• Bereitstellung von Weiserflächen (Referenzflächen)<br />

für Naturnähe und Umweltmonitor<strong>in</strong>g<br />

(Umweltverträglichkeitsprüfungen,<br />

Monitor<strong>in</strong>g nach der FFH-Richtl<strong>in</strong>ie),<br />

• Erhaltung, Schutz und Wiederherstellung<br />

natürlicher Waldlebensgeme<strong>in</strong>schaften (Umsetzung<br />

der Naturschutzleitl<strong>in</strong>ie für den hessischen<br />

Staatswald),<br />

• Erhalt und Verbesserung der Biodiversität<br />

(Umsetzung der Hessischen Biodiversitätsstrategie).<br />

Damit vere<strong>in</strong>t das hessische <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

Forschungs- und<br />

Schutzziele. Aufgrund des großen Anteils<br />

der Buche <strong>in</strong> Hessen wurden mehrheitlich<br />

Buchenwälder <strong>als</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

ausgewiesen (Abb. 1, Tab. 1) [1].<br />

Dr. M. Schmidt und M. Sundermann arbeiten<br />

im Sachgebiet<br />

Waldnaturschutz/<br />

Naturwaldforschung<br />

der Nordwestdeutschen<br />

Forstlichen<br />

Versuchsanstalt<br />

(Gött<strong>in</strong>gen), das von Dr.<br />

P. Meyer geleitet wird.<br />

Marcus Schmidt<br />

Marcus.Schmidt@nw-fva.de<br />

Forschungskonzept<br />

Die hessische <strong>Naturwaldreservate</strong>forschung<br />

stellt e<strong>in</strong> langfristig orientiertes<br />

Monitor<strong>in</strong>gprogramm zur Entwicklung<br />

von Waldstruktur, Vegetation und Flora<br />

(Gefäßpflanzen, Moose und Flechten) sowie<br />

Fauna (sieben Standard-Tiergruppen,<br />

Fledermäuse, gebietsweise weitere Tiergruppen)<br />

<strong>in</strong> nutzungsfreien Waldgebieten<br />

dar. Häufig werden parallel auch die<br />

weiterh<strong>in</strong> bewirtschafteten Vergleichsflächen<br />

mit gleicher Methodik erfasst. Die<br />

<strong>in</strong>tensiven Biodiversitätsuntersuchungen<br />

und der Vergleichsflächenansatz s<strong>in</strong>d im<br />

bundesweiten Maßstab besondere Merkmale<br />

des hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>-<br />

Programms [1, 2, 3, 4].<br />

Für die Waldstruktur- und Vegetationsaufnahme<br />

wird e<strong>in</strong> Wiederholungszeitraum<br />

von 10 bis 15 <strong>Jahre</strong>n angestrebt.<br />

Beide Aufnahmen erfolgen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dauerhaft<br />

vermarkten Probekreisraster im Abstand<br />

von 100 x 100 m (Abb. 2). So können<br />

die Daten leicht mite<strong>in</strong>ander verschnitten<br />

und <strong>in</strong> Beziehung zu weiteren Informationen<br />

(Ausgangsgeste<strong>in</strong>, Trophie, Wasserhaushalt,<br />

Höhenlage etc.) gesetzt werden.<br />

Für die faunistischen Daten ist dies nur<br />

teilweise möglich, da diese überwiegend<br />

struktur- und nicht probekreisbezogen<br />

erhoben werden. Um bei der Auswertung<br />

der zoologischen Daten Kausalzusammenhänge<br />

besser zu erkennen, ist <strong>in</strong> den letzten<br />

<strong>Jahre</strong>n von NW-FVA und Senckenberg<br />

e<strong>in</strong> Verfahren für e<strong>in</strong>e komb<strong>in</strong>ierte Struktur-<br />

und Biotopkartierung der <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

entwickelt worden.<br />

Für die Interpretation und Bewertung<br />

der Ergebnisse ist neben den biotischen<br />

und abiotischen Standortfaktoren die<br />

Wald- und Nutzungsgeschichte von besonderer<br />

Bedeutung. Informationen hierzu<br />

werden über die Auswertung historischer<br />

Unterlagen und Karten sowie mithilfe von<br />

aus Laserscannerdaten abgeleiteten hoch<br />

aufgelösten digitalen Geländemodellen<br />

gewonnen (Abb. 3).<br />

Forschungsstand<br />

Den Stand der Untersuchungen nach <strong>25</strong><br />

<strong>Jahre</strong>n gibt Tab. 1 wieder. Die umfangreichsten<br />

Daten liegen für die Waldstruktur<br />

vor [5]. Die Vegetationserfassung<br />

musste ab 2006 methodisch neu konzipiert<br />

werden, um die Probeflächengröße und<br />

die Aufnahmezeitpunkte den aktuellen<br />

fachlichen Standards anzupassen [6, 7]. Da<br />

die Intensität der durch das Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Senckenberg vorgenommenen faunistischen<br />

Erfassung sehr hoch ist, konnte<br />

bisher nur e<strong>in</strong> Teil der <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

erstmalig bearbeitet werden [8, 9]. Methodisches<br />

Neuland wird zurzeit mit der<br />

Tab. 1: Untersuchungsstand für Waldstruktur, Vegetation und Fauna <strong>in</strong> den hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n (NWR) zum Stichjahr 2013<br />

(Anzahl Vergleichsflächen bzw. wiederholte Aufnahmen <strong>in</strong> Klammern)<br />

Anzahl NWR Waldstruktur Vegetation Fauna<br />

Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald 9 (7) 8 (6) 6 (0) 4 (1)<br />

Waldmeister-Buchenwald 7 (7) 7 (3) 2 (0) 1 (0)<br />

Waldgersten-Buchenwald 5 (3) 5 (5) 2 (1) 3 (0)<br />

Stieleichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald 2 (1) 2 (1) 1 (0) 1 (0)<br />

Eichen-Ulmen-Auenwald 1 (0) 1 (1) 1 (0) 0 (0)<br />

Felsenahorn-Traubeneichenwald 1 (0) 1 (0) 0 (0) 0 (0)<br />

Fichtenwald 2 (0) 2 (0) 0 (0) 0 (0)<br />

Kiefernwald 3 (3) 3 (1) 0 (0) 0 (0)<br />

Weiden-Auenwald 1 (1) 0 (0) 0 (0) 0 (0)<br />

4 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


ersten Wiederholungsuntersuchung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em bodensauren Buchenwald beschritten.<br />

Damit wird es erstm<strong>als</strong> möglich se<strong>in</strong>,<br />

die Entwicklung der Tierartenvielfalt <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von der forstlichen Bewirtschaftung<br />

zu analysieren.<br />

Die Ergebnisse der hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>forschung<br />

werden laufend<br />

und mit steigender Tendenz publiziert<br />

(Abb. 4). Hervorzuheben ist, dass der Wert<br />

der Untersuchungen mit zunehmender<br />

Dauer stark ansteigt, da auch <strong>in</strong>ternational<br />

kaum waldbezogene Forschungen<br />

über vergleichbar lange Zeiträume und<br />

mit e<strong>in</strong>er ähnlichen Untersuchungstiefe<br />

und -breite durchgeführt werden. Daher<br />

verfolgt die NW-FVA mit ihren Forschungspartnern<br />

das Ziel, die In-Wertsetzung der<br />

Forschungsergebnisse <strong>in</strong> der Forst- und<br />

Naturschutzpraxis sowie <strong>in</strong> der Fachöffentlichkeit<br />

weiter voranzubr<strong>in</strong>gen. Um<br />

dieses Ziel zu erreichen, wurden <strong>in</strong> den<br />

vergangenen <strong>Jahre</strong>n die folgenden Vorhaben<br />

umgesetzt:<br />

• Aufbau von Datenbanken zu den Teilbereichen<br />

Waldstruktur, Vegetation und Fauna<br />

e<strong>in</strong>schließlich entsprechender Datenkonsolidierung,<br />

• verstärkte Publikation <strong>in</strong> begutachteten<br />

Zeitschriften,<br />

• verbesserter Zugriff (open access) und weitere<br />

Standardisierung der Inhalte der zoologischen<br />

Publikationen <strong>in</strong> der Reihe „<strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen“,<br />

• populärwissenschaftliche Darstellung der<br />

Hauptergebnisse <strong>in</strong> der Reihe „Hessische<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait“.<br />

Ergebnisse<br />

Aus dem hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>-<br />

Programm liegen auf der Grundlage landesweiter<br />

wie auch länderübergreifender<br />

Auswertungen unter anderem zu den<br />

folgenden Themen Ergebnisse vor, die für<br />

die Forst- und Naturschutzpraxis von Bedeutung<br />

s<strong>in</strong>d:<br />

• Entwicklung der Baumartenzusammensetzung:<br />

In vielen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

nimmt der Buchenanteil auf Kosten<br />

der Mischbaumarten und <strong>in</strong>sbesondere<br />

der e<strong>in</strong>heimischen Eichenarten zu. So ist<br />

der Eichenanteil <strong>in</strong> Buchenwäldern, aber<br />

auch im Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald rückläufig.<br />

Dies erfolgt jedoch über sehr lange<br />

Zeiträume. Auf Störungsflächen und/oder<br />

im Zaun zeigen Mischbaumarten jedoch<br />

häufig e<strong>in</strong> erstaunliches Entwicklungspotenzial<br />

[10].<br />

• Waldverjüngung nach großen Störungen:<br />

Die Untersuchungen [11, 12] zeigen,<br />

dass die Wiederbewaldung auch ohne<br />

forstliche Maßnahmen gesichert ist, jedoch<br />

große Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

zeitlichen Fortschritts und der Qualität der<br />

Abb. 1: Lage der <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen (Nähere Informationen zu den Gebieten unter<br />

www.naturwaelder.de)<br />

Abb. 2:<br />

Naturwaldreservat<br />

„Goldbachs- und<br />

Ziebachsrück“ (Kreis<br />

Hersfeld-Rotenburg)<br />

mit Totalreservat (TR)<br />

und e<strong>in</strong>er zweiteiligen<br />

Vergleichsläche<br />

(VF). Dargestellt<br />

s<strong>in</strong>d das Probekreisraster<br />

sowie die<br />

Fallenstandorte des<br />

Forschungs<strong>in</strong>stituts<br />

Senckenberg.<br />

1 – Niestehänge<br />

2 – Goldbachs– und<br />

Ziebachsrück<br />

3 – Schönbuche<br />

4 – Wattenberg und Hundsberg<br />

5 – Meißner<br />

6 – Niddahänge östlich<br />

Rud<strong>in</strong>gsha<strong>in</strong><br />

7 – Ru<strong>in</strong>e Reichenbach<br />

8 – Hoheste<strong>in</strong><br />

9 – Hasenblick<br />

10 – Waldgebiet östlich<br />

Oppershofen<br />

11 – Hegbach<br />

12 – Weiherskopf<br />

13 – Kreuzberg<br />

14 – Kniebrecht<br />

15 – Schloßberg<br />

16 – Zellhäuser Düne<br />

17 – Zackenbruch<br />

18 – Wispertal<br />

19 – Bodenthal<br />

20 – Karlswörth<br />

21 – Bruchköbel<br />

22 – Locheiche<br />

23 – Hohehardt und Geiershöh/<br />

Rothebuche<br />

24 – Eichberg<br />

<strong>25</strong> – K<strong>in</strong>zigaue<br />

26 – Hundsrück<br />

27 – Weserhänge<br />

28 – Stirnberg<br />

29 – Alsberger Hang<br />

30 – Jossa-Aue bei Mernes<br />

31 – Langenstüttig<br />

Naturverjüngung bestehen. Vor allem das<br />

Vorhandense<strong>in</strong> von Vorausverjüngungen<br />

und der Standort entscheiden über die<br />

Reaktionsfähigkeit des Baumjungwuchses<br />

auf Störungen.<br />

• Alters- und Zerfallsphase: In mittleren<br />

Zeitspannen entwickeln sich <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

naturschutzfachlich wichtige<br />

Kle<strong>in</strong>habitate und akkumuliert sich Totholz<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er signifikanten Höhe [13]. Mit<br />

der Dokumentation und Analyse dieser<br />

Entwicklung und der von ihnen abhängigen<br />

Biodiversität hat die <strong>Naturwaldreservate</strong>forschung<br />

wesentlich dazu beigetragen,<br />

dass die Naturnähe von Wäldern<br />

<strong>in</strong>zwischen umfassender betrachtet wird<br />

und <strong>als</strong> Leitidee <strong>in</strong> Waldnaturschutzkonzepten<br />

wie der Naturschutzleitl<strong>in</strong>ie für<br />

den Hessischen Staatswald starke Berücksichtigung<br />

f<strong>in</strong>det. Insbesondere der Wert<br />

reifer Laubwälder wurde überzeugend<br />

herausgestellt [14, 15, 16].<br />

• Vegetation: Ohne forstliche Nutzung<br />

bildet sich <strong>in</strong> Buchenwäldern e<strong>in</strong>e arten-<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 5


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Anzahl<br />

Publikationen Versuchsanstalt und Senckenberg<br />

Publikationen Senckenberg<br />

Publikationen Versuchsanstalt<br />

Abb. 3:<br />

Naturwaldreservat<br />

„Goldbachs- und<br />

Ziebachsrück“,<br />

Ausschnitt aus<br />

dem Totalreservat:<br />

Mithilfe e<strong>in</strong>es aus<br />

Laserscandaten<br />

abgeleiteten<br />

Digitalen<br />

Geländemodells<br />

(DGM1) können<br />

historische<br />

Nutzungsspuren<br />

sichtbar gemacht<br />

und kartiert werden.<br />

ärmere, aber typischere Krautschicht heraus.<br />

Die Deckung der Baumschicht steigt<br />

zunächst an, während Bodenstörungen<br />

zurückgehen, sodass lichtbedürftige und<br />

störungsabhängige Gefäßpflanzen- und<br />

Moosarten abnehmen. Dabei gehen die<br />

lebensraumtypischen Arten allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht verloren. In Wirtschaftswäldern entwickelt<br />

sich e<strong>in</strong>e artenreichere, aber weniger<br />

typische Krautschicht <strong>als</strong> <strong>in</strong> ungenutzten<br />

Wäldern [6, 7].<br />

• Fauna: Die Tierartenvielfalt <strong>in</strong> Buchenwäldern<br />

ist wesentlich höher <strong>als</strong> zuvor<br />

vermutet wurde [8, 9]. Dies stellt jedoch<br />

bestehende Gefährdungse<strong>in</strong>schätzungen,<br />

<strong>in</strong>sbesondere im Bereich der holzbewohnenden<br />

Arten, nicht <strong>in</strong>frage [14, 17]. Diese<br />

s<strong>in</strong>d häufig eng an das Vorkommen und<br />

die Kont<strong>in</strong>uität von Alt- und Totholzstrukturen<br />

gebunden, die sich <strong>in</strong> den vergleichsweise<br />

jungen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

erst allmählich herausbilden.<br />

• Waldgeschichte: Es zeigt sich, dass viele<br />

heute naturnah wirkende Laubwaldbestände<br />

e<strong>in</strong>e vielfältige Nutzungsgeschichte<br />

bis h<strong>in</strong> zur vollständigen Entwaldung<br />

und Ackernutzung aufweisen. Die Analyse<br />

historischer Nutzungse<strong>in</strong>flüsse auf der<br />

Grundlage von Archivmaterial und hoch<br />

aufgelösten digitalen Geländemodellen<br />

br<strong>in</strong>gt die Naturnähediskussion <strong>in</strong> Wäldern<br />

deutlich voran [18].<br />

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012<br />

Abb. 4: Publikationen der hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>forschung von 1989 bis 2012. Die umfangreichen<br />

zoologischen Gebietsmonographien werden hier nur e<strong>in</strong>fach gezählt. E<strong>in</strong> Großteil der<br />

Veröffentlichungen ist unter www.nw-fva.de <strong>als</strong> Pdf verfügbar.<br />

Folgerungen und Ausblick<br />

Die knappe Zusammenschau e<strong>in</strong>iger wichtiger<br />

Ergebnisse zeigt, dass das hessische<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm bereits heute<br />

e<strong>in</strong> beachtliches Anwendungspotenzial<br />

besitzt. Viele Erkenntnisse zur Struktur, Biodiversität<br />

und Dynamik von Wäldern nach<br />

der Aufgabe forstlicher Nutzung wurden <strong>in</strong><br />

den letzten Jahrzehnten <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

gewonnen. Mit der <strong>Naturwaldreservate</strong>forschung<br />

werden die forstlichen und<br />

naturschutzfachlichen Vorstellungen über<br />

naturnahe und natürliche Waldzustände<br />

und -entwicklungen objektiviert, und damit<br />

e<strong>in</strong>e von verschiedenen Interessengruppen<br />

akzeptierte Diskussionsgrundlage geschaffen.<br />

In Zukunft dürfte der Wert dieser Untersuchungsergebnisse<br />

z. B. im Kontext der<br />

erwarteten Klimaänderungen oder kontroverser<br />

Diskussionen um den Naturschutz im<br />

Wald weiter stark steigen.<br />

Nach zweie<strong>in</strong>halb Jahrzehnten hessischer<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>forschung fußen<br />

die meisten relevanten Ergebnisse noch<br />

auf der Gegenüberstellung bewirtschafteter<br />

und unbewirtschafteter Wälder im<br />

Rahmen des Vergleichsflächenansatzes.<br />

Mit zunehmender Dauer e<strong>in</strong>er ungesteuerten<br />

Dynamik und e<strong>in</strong>em längeren Beobachtungszeitraum<br />

werden die Untersuchungen<br />

auf der Basis von echten Zeitreihen<br />

stark an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] SCHMIDT, M.; MEYER, P. (2012, Red.): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

im Portrait: Das <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm. 39 S.<br />

[2] SCHMIDT, M.; MEYER, P.; SPELLMANN, H. (2012): Waldnaturschutz-<br />

und Naturwaldforschung an der Nordwestdeutschen Forstlichen<br />

Versuchsanstalt (NW-FVA). Jahrbuch Naturschutz <strong>in</strong> Hessen<br />

14: 7-15. [3] WILLIG, J. (2003): Biodiversität <strong>in</strong> hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n.<br />

Forst und Holz 58: 445-449. [4] DOROW, W. H. O.;<br />

FLECHTNER, G.; KOPELKE, J.-P. (1992): Zoologische Untersuchungen<br />

– Konzept. <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 3. Mitteilungen der<br />

Hessischen Landesforstverwaltung 26: 1-159. [5] MEYER, P. (2013):<br />

Wie schnell werden Wirtschaftswälder zu Urwäldern? AFZ-DerWald Nr.<br />

24, S. 11-13. [6] SCHMIDT, M.; SCHMIDT, W. (2007): Vegetationsökologisches<br />

Monitor<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n. Forstarchiv 78: 205-214<br />

[7] SCHMIDT, M. (2013): Vegetationsentwicklung <strong>in</strong> Buchenwäldern<br />

nach Aufgabe der forstlichen Nutzung. AFZ-DerWald, Nr. 24, S. 14-15.<br />

[8] DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P.; FLECHTNER, G. (2007): Wichtigste<br />

Ergebnisse aus 17 <strong>Jahre</strong>n zoologischer Forschung <strong>in</strong> hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n. Forstarchiv 78: 215-222. [9] DOROW, W. H.<br />

O.; BLICK, T.; KOPELKE, J.-P. (2010): Zoologische Forschung <strong>in</strong> hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n. Forstarchiv 81(2): 61-68. [10] MEYER,<br />

P. (2013): <strong>Naturwaldreservate</strong> und ihre Erforschung <strong>in</strong> Deutschland:<br />

Erreichtes und Erwartungen. Schriftenreihe der Landesforstverwaltung<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, 23, 124-129. [11] WILLIG, J. (Wiss. Koord.)<br />

(2002): Natürliche Entwicklung von Wäldern nach Sturmwurf – 10<br />

<strong>Jahre</strong> Forschung im Naturwaldreservat Weiherskopf. <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen 8: 1-185. [12] FELDMANN, E., MEYER, P., BARTSCH, N.<br />

(2009): Umgang mit Sturmwurfflächen. – Nutzen oder Belassen? AFZ-<br />

DerWald 10/2009: 518-519. [13] MEYER, P., SCHMIDT, M. (2011):<br />

Dead wood accumulation <strong>in</strong> abandoned beech (Fagus sylvatica)<br />

forests <strong>in</strong> northwestern Germany. Forest Ecology and Management,<br />

261, 342-352. [14] MEYER, P.; SCHMIDT, M. (2008): Aspekte der<br />

Biodiversität von Buchenwäldern – Konsequenzen für e<strong>in</strong>e naturnahe<br />

Bewirtschaftung. Beitr. Nordwestdt. Forstl. Versuchsanst. 3: 159-192.<br />

[15] MEYER, P. (2009): Naturnahe Buchenwirtschaft – Ableitungen<br />

aus der Naturwaldforschung. 2. Hessisches Naturwaldform Buche:<br />

90-94. [16] MEYER, P.; SCHMIDT, M.; SPELLMANN, H.; BEDARFF, U.;<br />

BAUHUS, J.; REIF, A.; SPÄTH, V. (2011): Aufbau e<strong>in</strong>es Systems nutzungsfreier<br />

Wälder <strong>in</strong> Deutschland. Natur & Landschaft 86(6): 243-249.<br />

[17] DOROW, W. H. O.; BLICK, T. (2013): <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen. Die Fauna hessischer <strong>Naturwaldreservate</strong>. AFZ-DerWald, Nr.<br />

24, S. 16-18. [18] SCHMIDT, M., MEYER, P. (2013, Red.): Hessische<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Meißner. 40 S.<br />

6 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Entstehung des<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-<br />

Programms<br />

Marcus Schmidt und Michelle Sundermann<br />

Im September 1988 beschloss der Hessische Landtag die Ausweisung von<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong> Hessen. Das <strong>in</strong> der Anfangsphase von der Hessischen<br />

Forste<strong>in</strong>richtungsanstalt (Gießen) betreute Programm [1] wird seit<br />

2006 von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchanstalt weitergeführt.<br />

Die Vorgeschichte<br />

Erste Überlegungen zur Ausweisung so<br />

genannter Wald-Naturschutzgebiete<br />

(auch <strong>als</strong> Bannwaldgebiete oder Naturwaldzellen<br />

bezeichnet) f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Aktenvermerk der Hessischen Forste<strong>in</strong>richtungs-<br />

und Versuchsanstalt vom<br />

April 1969. Dar<strong>in</strong> wurde unter Bezugnahme<br />

auf vergleichbare Aktivitäten <strong>in</strong> anderen<br />

Bundesländern (Baden-Württemberg,<br />

Niedersachsen, Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen und<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz) sowie auf die UNESCO-<br />

Biosphärenkonferenz <strong>in</strong> Paris angeregt,<br />

„auf allen <strong>in</strong> Hessen typischen und verbreiteten<br />

Waldgesellschaften und Standortstypen<br />

ausreichend große Banngebiete<br />

zu schaffen“ und diese wissenschaftlich zu<br />

untersuchen.<br />

Mit Erlass vom Juni 1969 wies kurz darauf<br />

das Hessische M<strong>in</strong>isterium für Landwirtschaft<br />

und Forsten die Forste<strong>in</strong>richtungs-<br />

und Versuchsanstalt an, 15 von<br />

Prof. Dr. ARTHUR RÜHL (Gött<strong>in</strong>gen) auf Bitten<br />

des M<strong>in</strong>isteriums vorgeschlagene Waldschutzgebiete<br />

(Naturwaldzellen) auf ihre<br />

Die Kalkbuchenwälder des heutigen Naturwaldreservats<br />

„Ru<strong>in</strong>e Reichenbach“ (Werra-<br />

Meißner-Kreis) gehören zu den bereits 1969<br />

von Prof. RÜHL vorgeschlagenen „Waldschutzgebieten“.<br />

Foto: G. Zimmermann<br />

Realisierbarkeit und mögliche Abgrenzung<br />

zu prüfen. Dabei wurde Bezug genommen<br />

auf konzeptionelle Überlegungen<br />

von HESMER [2], TRAUTMANN [3] und SCHEI-<br />

FELE [4] sowie auf Vorarbeiten RÜHLS [5]. Die<br />

Waldschutzgebiete sollten aus e<strong>in</strong>em 2 bis<br />

5 ha großen unbewirtschafteten Teil (Totalreservat)<br />

und e<strong>in</strong>er bis zu 10 ha großen<br />

bewirtschafteten Pufferzone bestehen.<br />

Die Untersuchung von Dauerbeobachtungsflächen<br />

<strong>in</strong> diesen Gebieten sollte der<br />

Beantwortung floristischer, vegetationskundlicher,<br />

ökologischer und waldbaulichforsttechnischer<br />

Fragen dienen.<br />

Nachdem die vorgeschlagenen Waldgebiete<br />

von den Forste<strong>in</strong>richtern geprüft<br />

worden waren und bereits konkrete Abgrenzungsvorschläge<br />

vorlagen, wurde <strong>als</strong><br />

Ergebnis e<strong>in</strong>er vom M<strong>in</strong>isterium anberaumten<br />

Besprechung im März 1972 die<br />

E<strong>in</strong>berufung e<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe gefordert,<br />

die den „Entwurf e<strong>in</strong>er großen Konzeption<br />

für e<strong>in</strong> System von Waldschutzgebieten“<br />

erarbeiten sollte. Der zugehörige<br />

Dr. M. Schmidt und<br />

M. Sundermann<br />

arbeiten im Sachgebiet<br />

Waldnaturschutz/<br />

Naturwaldforschung<br />

der Nordwestdeutschen<br />

Forstlichen<br />

Versuchsanstalt<br />

(Gött<strong>in</strong>gen).<br />

Michelle Sundermann<br />

michelle.sundermann@nw-fva.de<br />

Meldung des Wiesbadener Kuriers vom 21. Februar 1974<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 7


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Besprechungsvermerk enthält u. a. ausführliche<br />

Überlegungen zur Zielsetzung,<br />

Größe, Anzahl und rechtlichen Sicherung<br />

der geplanten Waldschutzgebiete.<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> oder<br />

Naturschutzgebiete?<br />

E<strong>in</strong> solches Konzept kam jedoch nicht zur<br />

Umsetzung, denn das M<strong>in</strong>isterium für<br />

Landwirtschaft und Umwelt legte am 5.<br />

Februar 1974 fest: „Die Ausweisung von<br />

Naturwaldzellen ist <strong>in</strong> Hessen derzeit<br />

nicht vorgesehen“. Stattdessen sollte geprüft<br />

werden, ob e<strong>in</strong>ige der vorgeschlagenen<br />

Gebiete die Voraussetzungen zur<br />

Sicherung <strong>als</strong> Naturschutzgebiet erfüllen.<br />

Der Schriftwechsel der Folgejahre, immer<br />

wieder angestoßen durch Aktivitäten der<br />

damaligen Bundesanstalt für Vegetationskunde,<br />

Naturschutz und Landschaftspflege<br />

(Bonn), zeigt, dass vonseiten der<br />

Hessischen Landesanstalt für Umwelt die<br />

Ausweisung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n bevorzugt<br />

wurde, während die Forstverwaltung<br />

Naturschutzgebiete befürwortete.<br />

Mitte der 1970er-<strong>Jahre</strong> gab es <strong>in</strong> Hessen<br />

nur drei Naturschutzgebiete, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e<br />

forstliche Nutzung durch Verordnung<br />

ausgeschlossen war [6]. Um dem seit 1974<br />

verstärkten Drängen des ehrenamtlichen<br />

Naturschutzes auf Stilllegung von Waldflächen<br />

entgegenzukommen, wurde ab<br />

Juli 1977 im Rahmen e<strong>in</strong>er Kooperation<br />

zwischen der Forstverwaltung und der<br />

Hessischen Gesellschaft für Ornithologie<br />

und Naturschutz (HGON) das „Altholz<strong>in</strong>selprogramm“<br />

<strong>in</strong>s Leben gerufen [7, 8].<br />

Dabei wurden vorrangig 0,5 bis 5 ha große<br />

Altbuchenbestände aus der Nutzung<br />

genommen. In e<strong>in</strong>er Veröffentlichung zu<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />

Deutschland [9] begründete 1980 die<br />

Hessische Landesanstalt für Umwelt das<br />

Fehlen von <strong>Naturwaldreservate</strong>n damit,<br />

dass „e<strong>in</strong>e weitere ‚Anreicherung’ der<br />

Schutzbegriffe“ vermieden werde solle.<br />

„Wegen der Fülle sehr drängender Naturschutzaufgaben“<br />

sei es bisher nicht möglich<br />

gewesen, <strong>in</strong> den stattdessen e<strong>in</strong>gerichteten<br />

Wald-Naturschutzgebieten „e<strong>in</strong> Programm<br />

für die waldkundlich-naturwissenschaftliche<br />

Untersuchung“ aufzustellen.<br />

„Urwüchsige Waldbestände“ und<br />

„Laubwaldforschungsprogramm“<br />

Ab 1986 verlief die Entwicklung dann jedoch<br />

sehr schnell. Im Juni 1986 wurde die<br />

Hessische Forste<strong>in</strong>richtungsanstalt durch<br />

das M<strong>in</strong>isterium für Landwirtschaft und<br />

Forsten angewiesen, e<strong>in</strong>e von der Botanischen<br />

Vere<strong>in</strong>igung für Naturschutz <strong>in</strong> Hessen<br />

(BVNH) ausgearbeitete Liste „urwüchsiger<br />

Waldbestände“ auf ihre Schutzwürdigkeit<br />

zu prüfen. Vorausgegangen war<br />

e<strong>in</strong>e von Prof. Dr. GISBERT GROSSE-BRAUCK-<br />

MANN (Darmstadt) für die BVNH und den<br />

Landesverband Hessen des BUND verfasste<br />

„Denkschrift über die E<strong>in</strong>richtung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

<strong>in</strong> Hessen“ [10], <strong>in</strong> der<br />

kritisiert wurde, dass Hessen das e<strong>in</strong>zige<br />

Flächen-Bundesland sei, <strong>in</strong> dem noch ke<strong>in</strong><br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm existiere.<br />

Die Denkschrift, <strong>in</strong> der betont wurde,<br />

es gehe „ke<strong>in</strong>eswegs nur um Naturschutzfragen,<br />

sondern auch um allgeme<strong>in</strong>e ökologische<br />

und selbst (forstwirtschaftlich-)<br />

ökonomische Probleme“ war dem M<strong>in</strong>isterium<br />

im Mai 1986 übersandt worden.<br />

Die Prüfung von <strong>in</strong>sgesamt 79 Waldflächen<br />

durch die Hessische Forste<strong>in</strong>richtungsanstalt<br />

bis zum August 1986 ergab,<br />

dass alle von der BVNH vorgeschlagenen<br />

sowie e<strong>in</strong>e Anzahl weiterer begutachteter<br />

Flächen (von der Bundesforschungsanstalt<br />

für Naturschutz und Landschaftsökologie<br />

vorgeschlagene <strong>Naturwaldreservate</strong> und<br />

von Prof. RÜHL vorgeschlagene Waldschutzgebiete)<br />

<strong>als</strong> schützwürdig e<strong>in</strong>zustufen<br />

seien. Das M<strong>in</strong>isterium bat daraufh<strong>in</strong> im<br />

Februar 1987 um konkrete Abgrenzungsvorschläge<br />

für zunächst zehn ausgewählte<br />

Waldgebiete. Diese sollten jeweils 50 ha<br />

groß se<strong>in</strong> und im Rahmen e<strong>in</strong>es „Laubwaldforschungsprogrammes“<br />

geme<strong>in</strong>sam<br />

mit e<strong>in</strong>er gleich großen bewirtschafteten<br />

Vergleichsfläche zu Forschungszwecken<br />

aus der Nutzung genommen werden.<br />

Zusammen mit anderen forstpolitischen<br />

Maßnahmen wurde das noch unter der<br />

rot-grünen Vorgängerregierung auf den<br />

Weg gebrachte Laubwaldforschungsprogramm<br />

im September 1987 von Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

IRMGARD REICHHARDT (CDU) der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt [11, 12].<br />

Das <strong>Naturwaldreservate</strong>-<br />

Programm<br />

Mit dem e<strong>in</strong>gangs erwähnten Landtagsbeschluss<br />

g<strong>in</strong>g das Hessische Laubwaldforschungsprogramm<br />

nur e<strong>in</strong> Jahr später<br />

im <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm auf.<br />

Die Ziele dieses Programms wurden durch<br />

M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> REICHHARDT anlässlich e<strong>in</strong>er Informationsveranstaltung<br />

am 14. September<br />

1988 am künftigen Naturwaldreservat<br />

„Bodenthal“ bei Rüdesheim vorgestellt<br />

[13]. Neben dem Waldbestand (Waldstruktur)<br />

sollten <strong>in</strong> den Waldgebieten der<br />

Bodenzustand und die Bodenvegetation<br />

erfasst werden. Faunistische Untersuchungen<br />

wurden für die Zukunft <strong>in</strong> Aussicht gestellt.<br />

Die bis zu diesem Zeitpunkt ausgewiesenen<br />

15 Laubwaldforschungsflächen<br />

wurden nun zu <strong>Naturwaldreservate</strong>n. Beibehalten<br />

wurden der Vergleichsflächenansatz<br />

sowie die Schwerpunktsetzung im<br />

Bereich von Buchenwäldern.<br />

Mit dem Aufbau e<strong>in</strong>es <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms<br />

wurden durch die<br />

schwarz-gelbe Landesregierung zugleich<br />

die seitens der roten bzw. rot-grünen Vorgängerregierung<br />

seit 1984 bestehenden<br />

Pläne zur E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Buchenwald-<br />

Nationalparks <strong>in</strong> Hessen zunächst aufgegeben<br />

[14].<br />

Folgerungen<br />

Wie <strong>in</strong> den meisten westdeutschen Bundesländern<br />

gab es auch <strong>in</strong> Hessen bereits<br />

Ende der 1960er-<strong>Jahre</strong> Bestrebungen<br />

zur Ausweisung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n.<br />

Obwohl die Flächenauswahl und das<br />

Forschungskonzept bereits Anfang der<br />

1970er-<strong>Jahre</strong> sehr konkrete Formen angenommen<br />

hatten, wurden erst ab 1986<br />

gezielte Schritte zu e<strong>in</strong>er Umsetzung e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Mit dem „Laubwaldforschungsprogramm“<br />

existierte faktisch ab 1987 <strong>in</strong> Hessen<br />

e<strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm,<br />

auch wenn der Begriff „Naturwaldreservat“<br />

noch nicht benutzt wurde. Der<br />

Vergleichsflächenansatz wie auch die <strong>in</strong>tensive<br />

faunistische Erfassung der unbewirtschafteten<br />

Waldflächen s<strong>in</strong>d im bundesweiten<br />

Kontext bis heute besondere<br />

Alle<strong>in</strong>stellungsmerkmale des hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms, die bereits<br />

im Konzept des Laubwaldforschungsprogramms<br />

verankert waren. Das dort<br />

ebenfalls formulierte Ziel e<strong>in</strong>er langfristig<br />

konzipierten Ökosystemforschung konnte<br />

trotz wechselnder politischer Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

erfreulicherweise bis heute erreicht<br />

werden.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] WILLIG, J. (2013): Rückblick auf die Startphase des Hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>programms 1988-2005. AFZ-DerWald, Nr. 24,<br />

S. 9-10. [2] HESMER, H. (1934): Naturwaldzellen. Der Deutsche<br />

Forstwirt 16(13): 133-135, 16(14): 141-143. [3] TRAUTMANN, W.<br />

(1969): Zur E<strong>in</strong>richtung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />

Deutschland. – Natur & Landschaft 44(4): 88-89. [4] SCHEIFELE,<br />

M. (1969): Waldschutzgebiete <strong>in</strong> Baden-Württemberg. Der Forst- und<br />

Holzwirt 24(9): 193-197. [5] RÜHL, A. (1967): Das Hessische Bergland.<br />

E<strong>in</strong>e forstlich-vegetationsgeographische Übersicht. Forschungen<br />

zur deutschen Landeskunde 161: 1-164. [6] TRAUTMANN, W. (1976):<br />

Stand der Auswahl und E<strong>in</strong>richtung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong><br />

der Bundesrepublik Deutschland. Natur & Landschaft 51(3): 67-72.<br />

[7] FRANKE, N. M. (2013): Die Geschichte des Naturschutzes <strong>in</strong><br />

Hessen. Wiesbaden. <strong>25</strong>6 S. [8] STEIN, J. (1978): Altholz<strong>in</strong>seln – e<strong>in</strong><br />

neuartiges Biotopschutzprogramm im hessischen Wald. Naturschutz<br />

<strong>in</strong> Nordhessen 2: 15-30. [9] Diverse Autoren (1980): Berichte aus<br />

den Bundesländern zur Auswahl, E<strong>in</strong>richtung und Bestandeserfassung<br />

der <strong>Naturwaldreservate</strong>. Natur und Landschaft 55(4): 134-139.<br />

[10] GROSSE-BRAUCKMANN, G. (1987): E<strong>in</strong>e Denkschrift über die<br />

E<strong>in</strong>richtung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n <strong>in</strong> Hessen. Botanik und Naturschutz<br />

<strong>in</strong> Hessen 1: 19-27. [11] BAUER, F. (1987): Ziele und Maßnahmen<br />

der künftigen Regierungspolitik für die Forstwirtschaft <strong>in</strong> Hessen.<br />

AFZ 43: 1099-1104. [12] Hessisches M<strong>in</strong>isterium für Landwirtschaft,<br />

Forsten und Naturschutz; Landesforstverwaltung (1988): Das Hessische<br />

Laubwald- und Sukzessionsforschungsprogramm. Wiesbaden.<br />

43 S. [13] STRELETZKI (1988): Laubwald-Forschungsprogramm <strong>in</strong><br />

Hessen. Forst und Holz 19: 491. [14] „<strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Planung“. Bericht <strong>in</strong> der Gießener Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung vom<br />

5. Februar 1988.<br />

8 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Abb. 1: Typischer Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald im NWR „Hasenblick“<br />

Abb. 2: Montaner Waldmeister-Buchenwald im NWR „Niddahänge“<br />

Rückblick auf die Startphase des Hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms 1988 bis 2005<br />

Jürgen Willig<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> (NWR) s<strong>in</strong>d vorm<strong>als</strong> bewirtschaftete Waldgebiete,<br />

<strong>in</strong> denen seit der Ausweisung ke<strong>in</strong>e Nutzungen mehr stattf<strong>in</strong>den. In<br />

Deutschland wurden zu Beg<strong>in</strong>n des vorigen Jahrhunderts im Schwarzwald<br />

(Wilder See, 1911) und im Bayerischen Wald (Höllbachgspreng,<br />

1914) erstm<strong>als</strong> Waldflächen zu <strong>Naturwaldreservate</strong>n erklärt. 1934 veröffentlichte<br />

HERBERT HESMER, e<strong>in</strong> weitblickender Forstwissenschaftler, se<strong>in</strong>en<br />

Aufruf, landesweit e<strong>in</strong> Netz von Naturwaldzellen zu errichten. Nachdem<br />

seit dem Europäischen Naturschutzjahr 1970 e<strong>in</strong>ige Bundesländer verstärkt<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> ausgewiesen hatten, beschloss der hessische<br />

Landtag 1988 e<strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm. Von 1988 bis 2005 war<br />

die Hessische Forste<strong>in</strong>richtungsanstalt (heute: Hessen-Forst, Servicezentrum<br />

Forste<strong>in</strong>richtung und Naturschutz) für das Management des <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms<br />

zuständig.<br />

Wichtigste Aufgaben <strong>in</strong> dieser Phase waren<br />

die Auswahl von geeigneten Waldflächen<br />

und die Aufstellung von Forschungskonzepten,<br />

um die gesetzten Ziele<br />

des <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms zu<br />

erreichen (siehe Kasten). Bei der Flächenauswahl<br />

konnte auf elf Waldflächen des<br />

nur kurzlebigen Vorgängers „Hessisches<br />

Laubwaldforschungsprogramm“ zurückgegriffen<br />

werden, die im Verlauf der ersten<br />

<strong>Jahre</strong> bis zum heutigen Ausweisungsstand<br />

ergänzt wurden (31 NWR mit e<strong>in</strong>er<br />

Gesamtfläche von 1 228 ha).<br />

Wesentliches Bestreben der Gebietsausweisung<br />

war, die <strong>in</strong> Hessen vorkommenden<br />

natürlichen Waldgesellschaften auf<br />

ihren korrespondierenden geologischen<br />

Ausgangsgeste<strong>in</strong>en repräsentativ im <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

abzubilden.<br />

Da Buchenwälder nahezu 90 % der natürlichen<br />

Waldgesellschaften bilden, war hier<br />

e<strong>in</strong> Schwerpunkt von vornehere<strong>in</strong> vorgegeben.<br />

Zu gleichen Teilen wurden meist<br />

ältere Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwälder und<br />

Waldmeister-/Waldgersten-Buchenwälder<br />

ausgewiesen (Abb. 1 bis 3). H<strong>in</strong>zu kamen<br />

Dr. J. Willig ist Sachbereichsleiter Forste<strong>in</strong>richtung bei<br />

Hessen-Forst, Servicezentrum Forste<strong>in</strong>richtung und<br />

Naturschutz <strong>in</strong> Gießen.<br />

Von 1990 bis 1994<br />

war er Mitarbeiter im<br />

hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

und<br />

von 1999 bis 2005 Projektverantwortlicher.<br />

Jürgen Willig<br />

WilligJ@forst.hessen.de<br />

Flächenauswahl<br />

Ziele des hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms:<br />

1. Erforschung sich ungestört entwickelnder<br />

Waldökosysteme<br />

2. Forschungsgebiete zur Verbesserung naturnaher<br />

Waldbauverfahren<br />

3. Erhaltung, Schutz und Wiederherstellung<br />

natürlicher Waldlebensgeme<strong>in</strong>schaften<br />

4. Anschauungsobjekte für Umweltbildung<br />

und Naturerlebnis<br />

5. Weiserflächen <strong>als</strong> Maßstab für Naturnähe<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 9


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Natürliche Waldgesellschaften<br />

nach BOHN und SCHRÖDER<br />

NWR-Programm<br />

Abb. 3:<br />

Anteile natürlicher<br />

Waldgesellschaften<br />

an der hessischen<br />

Landesfläche und<br />

an der NWR-Fläche<br />

Tab. 1: Fachtagungen zu hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n (1988 bis 2005)<br />

Thema Zeit Ort<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen 1991 Frankfurt,<br />

Senckenberg-<br />

Museum<br />

Natürliche Entwicklung von 2001 Schlüchtern<br />

Wäldern nach Sturmwurf<br />

Zoologische Vielfalt<br />

<strong>in</strong> Buchenwäldern – 15 <strong>Jahre</strong><br />

faunistische Forschung <strong>in</strong><br />

hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

2005 Fulda<br />

0<br />

Abb. 4: Band 8 der Schriftenreihe NWR <strong>in</strong> Hessen<br />

Ha<strong>in</strong>simsen-<br />

Buchen-<br />

Wälder<br />

Waldmeister-<br />

/Waldgersten-<br />

Buchenwälder<br />

Eichenwälder, Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwälder<br />

und Auenwälder. Um auch die ungestörte<br />

Entwicklung von Nadelholzforsten zu<br />

beobachten, wurden e<strong>in</strong>ige Fichten- und<br />

Kiefernbestände <strong>in</strong> das <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

aufgenommen.<br />

Die ausgewählten <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

wurden entweder durch Verordnung zum<br />

Bannwald (Forstgesetz) oder zum Naturschutzgebiet<br />

(Naturschutzgesetz) rechtlich<br />

gesichert.<br />

Forschungsprogramm<br />

Im Vergleich zu Forschungskonzepten<br />

anderer Bundesländer fällt das Hessische<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm vor allem<br />

durch zwei Besonderheiten auf:<br />

1. Vergleichsflächenansatz: Von Beg<strong>in</strong>n an<br />

wurden benachbart zu den Totalreservaten<br />

zusätzlich naturnah weiter bewirtschaftete<br />

Vergleichsflächen mit möglichst ähnlichem<br />

Ausgangsbestand ausgewiesen. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen f<strong>in</strong>den grundsätzlich<br />

mit der gleichen Methodik auf beiden<br />

Flächen statt.<br />

2. Zoologische Untersuchungen: Seit 1990<br />

werden <strong>in</strong> ausgewählten NWR große Teile<br />

der Fauna erfasst. Die <strong>in</strong> ihrer Intensität europaweit<br />

e<strong>in</strong>zigartigen zoologischen Untersuchungen<br />

werden vom Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Senckenberg durchgeführt.<br />

Neben den oben genannten Erhebungen<br />

werden <strong>in</strong> den Reservaten Waldstrukturuntersuchungen<br />

(permanente Stichprobekreis<strong>in</strong>venturen),<br />

vegetationskundliche<br />

Aufnahmen sowie Untersuchungen zur<br />

Wald- und Forstgeschichte durchgeführt.<br />

Durch die Stürme „Vivian“ und „Wiebke“<br />

wurden 1990 auch <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

zum Teil <strong>in</strong> großem Ausmaß Bäume<br />

<strong>in</strong> Waldbeständen geworfen. Besonders<br />

das Naturwaldreservat Weiherskopf im<br />

Forstamt Schlüchtern war durch großflächige<br />

Flächenwürfe (20 ha) betroffen.<br />

Hier begriff man die „Katastrophe“ <strong>als</strong><br />

Chance für die Naturwaldforschung: E<strong>in</strong><br />

umfangreiches Untersuchungsprogramm<br />

wurde gestartet. Länger <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Jahrzehnt<br />

Eichen- und<br />

Eichen-Ha<strong>in</strong>buchenwälder<br />

Auenwälder<br />

Nadelholz-<br />

Ersatzgesellschaften<br />

wurden die Sukzession von Bodenvegetation<br />

und Waldverjüngung, Abbauprozesse<br />

des Holzes durch physikalische Untersuchungen<br />

<strong>in</strong> jährlichen Abständen sowie<br />

die Rolle von Tieren und Pilzen an der<br />

Zersetzung von Buchenholz wissenschaftlich<br />

beobachtet. Die Ergebnisse wurden <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Forschungsbericht (Abb. 4) veröffentlicht.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Alle Forschungsergebnisse des <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programms<br />

wurden <strong>in</strong> der Schriftenreihe<br />

„<strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen“<br />

veröffentlicht. Bis 2005 wurden 15 Bände<br />

mit waldökologischen und zoologischen<br />

Schwerpunkten herausgegeben. Außerdem<br />

wurden zahlreiche Artikel <strong>in</strong> Fachzeitschriften<br />

und der Tagespresse veröffentlicht.<br />

Alle<strong>in</strong> die Veröffentlichungen über<br />

die zoologischen Untersuchungen des Forschungs<strong>in</strong>stituts<br />

Senckenberg füllen e<strong>in</strong>e<br />

lange Publikationsliste.<br />

E<strong>in</strong>en Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit<br />

bildeten Fachtagungen, die anlassbezogen<br />

zu bestimmten Themen der<br />

Naturwaldforschung veranstaltet wurden<br />

(Tab. 1). Darüber h<strong>in</strong>aus wurden zahlreiche<br />

Exkursionen für unterschiedliche Zielgruppen<br />

<strong>in</strong> den <strong>Naturwaldreservate</strong>n angeboten.<br />

Als Besonderheit ist der Film „<strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen“ (ZIMMERMANN,<br />

2001) zu nennen. Er wurde <strong>als</strong> Unterrichtsmaterial<br />

für die Landesbildstellen produziert.<br />

Rückblick und Ausblick<br />

Das hessische <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

konnte <strong>in</strong> den ersten Jahrzehnten<br />

erfolgreich arbeiten, weil<br />

• die Erforschung unbee<strong>in</strong>flusster Wälder e<strong>in</strong><br />

wichtiger Beitrag für Forstwirtschaft und<br />

Naturschutz ist,<br />

• durch das Vergleichsflächen-Konzept und<br />

die zoologische Forschung neue Impulse <strong>in</strong><br />

der Naturwaldforschung gesetzt wurden,<br />

• die hessische Forstpolitik das Konzept mit<br />

langem Atem unterstützt hat,<br />

• engagierte Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Verwaltung<br />

bei Hessen-Forst das Projekt vorangetrieben<br />

haben,<br />

• kompetente und begeisterte Partner <strong>in</strong> Forschungs<strong>in</strong>stituten<br />

und Universitäten sich<br />

e<strong>in</strong>gebracht haben, an erster Stelle s<strong>in</strong>d hier<br />

die langjährigen Projektmitarbeiter des Forschungs<strong>in</strong>stituts<br />

Senckenberg, Dr. WOLFGANG<br />

DOROW und GÜNTER FLECHTNER, zu nennen,<br />

• die hessischen Förster trotz anfänglicher<br />

Skepsis alle denkbare Unterstützung geleistet<br />

haben.<br />

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt<br />

(NW-FVA) hat seit 2006 die<br />

Zuständigkeit für das hessische <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm<br />

übernommen.<br />

Neben den hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

werden von dort auch die Reservate<br />

der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Schleswig-Holste<strong>in</strong> betreut. Seit 2006<br />

werden mit großem Engagement Untersuchungsprogramme<br />

weitergeführt und<br />

Methoden neu entwickelt. Wenn die forstpolitische<br />

Unterstützung erhalten bleibt,<br />

hat die Naturwaldforschung <strong>in</strong> Hessen e<strong>in</strong>e<br />

hervorragende Zukunftsperspektive. ◀<br />

10 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Wie schnell werden<br />

Wirtschaftswälder zu Urwäldern?<br />

Peter Meyer<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> sollen sich zu „Urwäldern von morgen“ entwickeln<br />

können. Zwar ist die Wiederherstellung echter Urwälder wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

nicht vollständig möglich, jedoch ist zu erwarten, dass sich <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

die wesentlichen Kennzeichen von Urwäldern im Laufe der<br />

Zeit immer stärker ausprägen. Im vorliegenden Beitrag wird untersucht,<br />

wie weit dieser Prozess <strong>in</strong> hessischen Buchen-<strong>Naturwaldreservate</strong>n bereits<br />

fortgeschritten ist und <strong>in</strong> welcher H<strong>in</strong>sicht diese sich mittlerweile<br />

von bewirtschafteten Waldbeständen strukturell unterscheiden.<br />

Dr. P. Meyer ist Leiter<br />

des Sachgebiets<br />

Waldnaturschutz/<br />

Naturwaldforschung<br />

der Nordwestdeutschen<br />

Forstlichen<br />

Versuchsanstalt<br />

(Gött<strong>in</strong>gen).<br />

Peter Meyer<br />

peter.meyer@nw-fva.de<br />

Old-Growth<br />

E<strong>in</strong>en Bewertungsrahmen für den Transformationsprozess<br />

vom Wirtschaftswald zu e<strong>in</strong>em<br />

natürlichen Wald bietet das <strong>in</strong>ternational<br />

vielfach verwendete Old-Growth-Konzept<br />

[1]. Als „Old-Growth“ werden reife,<br />

natürliche Wälder bezeichnet, die sich bei<br />

e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>räumigen Regime natürlicher<br />

Störungen entwickeln. Da e<strong>in</strong> solches Störungsregime<br />

für unsere Breiten anzunehmen<br />

ist, entsprechen Old-Growth-Wälder<br />

<strong>in</strong> weiten Teilen auch dem Leitbild e<strong>in</strong>es<br />

natürlichen mitteluropäischen Waldes. Für<br />

e<strong>in</strong>en größeren Ausschnitt der typischen<br />

Old-Growth-Merkmale liefern die Probekreis<strong>in</strong>venturen<br />

<strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

relevante Strukturgrößen (Tab. 1).<br />

Abb. 1: Buchenbestand im Naturwaldreservat Hasenblick<br />

Untersuchte <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

und Probeflächen<br />

Im Rahmen des Monitor<strong>in</strong>gs von hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n bildet die<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 11


Tab. 1: Typische Merkmale von Old-Growth-Wäldern (nach BAUHUS<br />

et al. 2009 und WIRTH et al. 2009, verändert) und ihre Erfassung <strong>in</strong><br />

der Waldstrukturaufnahme <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

Merkmal<br />

Baumartenzusammensetzung des Klimaxstadiums<br />

hohes Bestandesvolumen, hohe Bestandesgrundfläche<br />

hohe Anzahl und Grundfläche sterbender und toter Bäume und<br />

Baumstümpfe<br />

hoher Totholzanteil<br />

weite Zersetzungsgradverteilung des Totholzes<br />

mehrere Kronenschichten<br />

hohe Variation von Baumdimensionen<br />

hohe räumliche Heterogenität der Baumverteilung<br />

hohe Dichte an Habitatstrukturen wie Baumhöhlen, Asttotholz,<br />

Teilkronenbrüche etc.<br />

unregelmäßig verteilte Kronendachlücken ger<strong>in</strong>ger bis mittlerer Größe<br />

Vorhandense<strong>in</strong> von Vorverjüngung<br />

mächtige Humusauflage<br />

Erfassung<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

(Ja)<br />

Ja<br />

Ne<strong>in</strong><br />

Ja<br />

Ne<strong>in</strong><br />

Tab. 2: Ergebnisse e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong>en l<strong>in</strong>earen Modells für die<br />

Wirkung verschiedener E<strong>in</strong>flussgrößen auf die Strukturparameter<br />

Vorrat, Gehölzverjüngung und Totholzmenge sowie deren<br />

Veränderung von Erst- zu Zweitaufnahme<br />

Parameter<br />

Nährstoffversorgung<br />

Signifikanz und Vorzeichen<br />

der E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

Wasserversorgung<br />

nutzungsfreier<br />

Zeitraum<br />

E<strong>in</strong>griffe vor<br />

der Ausweisung<br />

E<strong>in</strong>griffe<br />

Periode<br />

natürliche<br />

Störungen<br />

R 2<br />

TR<br />

vs.<br />

VF<br />

Vorrat + + + n. s. – – n. s. 0,43 TR <br />

∆ Vorrat + n. s. + + – – - 0,52 TR <br />

Gehölzverjüngung – n. s. – n. s. n. s. n. s. + 0,19 VF <br />

∆ Gehölzverjüngung n. s. n. s. – + + n. s. + 0,16 VF <br />

Totholzmenge n. s. n. s. n. s. n. s. n. s. + + 0,17 TR ~ VF<br />

∆ Totholzmenge n. s. n. s. n. s. n. s. n. s. + + 0,19 TR ~ VF<br />

Abkürzungen: ∆ = Veränderung, R 2 = Bestimmtheitsmaß, TR = Totalreservat,<br />

VF = Vergleichsfläche, + = signifikant positiver E<strong>in</strong>fluss, – = signifikant negativer<br />

E<strong>in</strong>fluss, n. s. = nicht signifikant, = höher, ~ = etwa gleich hoch<br />

Alter<br />

Waldstruktur e<strong>in</strong>en Schwerpunkt der<br />

Untersuchungen. Mittlerweile liegen für<br />

<strong>in</strong>sgesamt 17 <strong>Naturwaldreservate</strong> Wiederholungsaufnahmen<br />

nach e<strong>in</strong>em standardisierten<br />

Verfahren [3] auf systematisch<br />

verteilten Probekreisen vor [4]. Für die<br />

Untersuchung wurden 9 Buchen-<strong>Naturwaldreservate</strong>,<br />

die e<strong>in</strong>e weiterh<strong>in</strong> bewirtschaftete<br />

Vergleichsfläche umfassen, ausgewählt<br />

(vgl. [5]). Der Untersuchungszeitraum<br />

beträgt im Mittel 20 <strong>Jahre</strong> (m<strong>in</strong>imal<br />

12 und maximal 24 <strong>Jahre</strong>). Der Datenanalyse<br />

liegen 550 Probekreise (Totalreservate:<br />

284, Vergleichflächen: 266) zugrunde,<br />

<strong>in</strong> denen der Buchenanteil bei der Erstaufnahme<br />

über 10 % lag.<br />

Datenanalyse<br />

Zur Beschreibung der Waldstruktur wurden<br />

<strong>in</strong>sgesamt 34 Kenngrößen je Probekreis<br />

berechnet, die die verschiedenen<br />

Strukturaspekte, wie Dichte (Vorrat, Kreisfläche,<br />

Stammzahl je Hektar), Totholzmenge,<br />

Mitteldurchmesser, Schichtung,<br />

Anteil von Waldentwicklungsphasen oder<br />

Gehölzverjüngung abdecken. Variablen,<br />

die Unterschiede zwischen den Flächen<br />

erklären können (Nährstoff- und Wasserversorgung,<br />

Bestandesalter, natürliche<br />

Störungen und forstliche E<strong>in</strong>griffe)<br />

wurden aus der Standortkartierung, der<br />

Forste<strong>in</strong>richtung und den Waldstrukturdaten<br />

für jeden e<strong>in</strong>zelnen Probekreis gewonnen.<br />

Der so entstandene multivariate<br />

Datensatz abhängiger (Kenngrößen der<br />

Struktur) und unabhängiger (erklärender)<br />

Variablen wurde e<strong>in</strong>er Hauptkomponenten-<br />

und e<strong>in</strong>er anschließenden Kanonischen<br />

Korrespondenzanalyse unterzogen,<br />

um erkennen zu können, wie sich die Lage<br />

des Datenkollektivs <strong>in</strong> diesem mehrdimensionalen<br />

Variablenraum im Laufe der Zeit<br />

verändert hat, ob sich stillgelegte und bewirtschaftete<br />

Probeflächen vone<strong>in</strong>ander<br />

unterscheiden und, wenn ja, welche Faktoren<br />

hierfür verantwortlich s<strong>in</strong>d.<br />

Vergleich stillgelegter und<br />

bewirtschafteter Waldflächen<br />

Nach der Hauptkomponentenanalyse<br />

weisen die Aufnahmeflächen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der 34 betrachteten Strukturvariablen im<br />

Ausgangszustand ke<strong>in</strong>e erkennbaren Unterschiede<br />

auf (Abb. 2a). Dies ändert sich<br />

im Laufe des Untersuchungszeitraums<br />

deutlich (Abb. 2b). Die Punktwolken von<br />

unbewirtschaftetem Totalreservat und<br />

weiter bewirtschafteter Vergleichsfläche<br />

beg<strong>in</strong>nen sich vone<strong>in</strong>ander zu trennen.<br />

Die wichtigsten Variablen, die diese<br />

Trennung hervorrufen, s<strong>in</strong>d das Bestandesvolumen<br />

und die Kreisfläche <strong>in</strong> den<br />

unbewirtschafteten sowie die Gehölzverjüngung<br />

> 1,3 m Höhe und der Anteil des<br />

Stangenholzes <strong>in</strong> den bewirtschafteten<br />

Probeflächen.<br />

Erwartungsgemäß akkumulieren die<br />

stillgelegten Buchenwälder zunächst Biomasse,<br />

sodass sich die Vorräte zwischen<br />

ihnen und den genutzten Probeflächen<br />

nach rund zwei Jahrzehnten deutlich unterscheiden<br />

(Abb. 3). Der lebende Vorrat<br />

des Derbholzbestandes erhöht sich <strong>in</strong><br />

den Totalreservaten durchschnittlich um<br />

5,8 m 3 je Hektar und Jahr. Infolge der Nutzungen<br />

s<strong>in</strong>kt h<strong>in</strong>gegen der entsprechende<br />

Vorrat <strong>in</strong> den bewirtschafteten Beständen<br />

im Mittel um 1,5 m 3 . Durch die nutzungsbed<strong>in</strong>gte<br />

Auflichtung wird der Generationenwechsel<br />

im Wirtschaftswald e<strong>in</strong>geleitet:<br />

die Gehölzverjüngung kann aufwachsen<br />

und Jungbestände entwickeln sich.<br />

Abb. 2: Lage des Probeflächenkollektivs auf den beiden ersten Hauptkomponenten, a) bei der Erstaufnahme und b) bei der Zweitaufnahme. Die blauen<br />

Pfeile zeigen die Richtung und Stärke (Pfeillänge) der Korrelation zwischen den wichtigsten Strukturvariablen und den Hauptkomponenten.<br />

12 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Entgegen den landläufigen Erwartungen<br />

weisen die beiden Flächenkollektive<br />

bisher ke<strong>in</strong>e gesicherten Unterschiede bei<br />

den Totholzmengen und -qualitäten sowie<br />

bei den Habitatstrukturen, wie Höhlen<br />

oder Wurzeltellern, auf. Z. T. liegen<br />

die entsprechenden Werte im Wirtschaftswald<br />

auf e<strong>in</strong>em höheren Niveau <strong>als</strong> im<br />

Totalreservat. Im H<strong>in</strong>blick auf die Totholzmenge<br />

erklärt sich dies dadurch, dass im<br />

Zuge der Nutzungen die Nachlieferung<br />

kurzfristig ansteigen kann [6], während<br />

die Akkumulation im stillgelegten Wald<br />

e<strong>in</strong> langfristigerer Prozess ist [7]. In den<br />

kommenden Jahrzehnten ist daher e<strong>in</strong><br />

deutlich steigender Totholzvorrat <strong>in</strong> den<br />

Totalreservaten zu erwarten.<br />

Ursachen für Unterschiede<br />

Mithilfe e<strong>in</strong>er Kanonischen Korrespondenzanalyse<br />

wurden die Ursachen für die<br />

Unterschiede zwischen den Probekreiskollektiven<br />

näher beleuchtet. Von den verschiedenen<br />

Variablen, die für e<strong>in</strong>e Erklärung<br />

der gesamten Variation zwischen<br />

stillgelegten und bewirtschafteten Beständen<br />

<strong>in</strong>frage kommen, erwiesen sich<br />

vor allem die forstlichen E<strong>in</strong>griffe <strong>als</strong> bestimmende<br />

Größe.<br />

E<strong>in</strong>zelne Modellrechnungen für Vorrat,<br />

Verjüngung und Totholz sowie deren Veränderung<br />

zeigen <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e plausible<br />

Wirkung der E<strong>in</strong>flussfaktoren (Tab. 2). Mit<br />

besserer Nährstoff- und Wasserversorgung<br />

steigt der Vorrat ebenso wie mit der Länge<br />

des nutzungsfreien Zeitraumes an. Die<br />

Gehölzverjüngung wird h<strong>in</strong>gegen durch<br />

Nutzungsfreiheit (<strong>in</strong>direkt) gehemmt und<br />

durch forstliche E<strong>in</strong>griffe gefördert. Mit<br />

zunehmenden natürlichen Störungen und<br />

höherem Alter nimmt die Totholzmenge<br />

signifikant zu. Der durch die Modelle<br />

erklärte Teil der Streuung ist beim Vorrat<br />

befriedigend, bei Gehölzverjüngung und<br />

Abb. 3: Vorrat des<br />

lebenden Derbholzbestandes<br />

<strong>in</strong> den<br />

neun untersuchten<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n,<br />

differenziert nach<br />

Totalreservat und<br />

Vergleichsfläche.<br />

Die Box-Plots zeigen<br />

den Median (waagrechte<br />

L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> der<br />

Box), die Grenzen<br />

der beiden mittleren<br />

Quartile (Ober- und<br />

Unterkante der Box)<br />

und das M<strong>in</strong>imum<br />

und Maximum der<br />

Werteverteilung<br />

Totholz mit weniger <strong>als</strong> 20 % jedoch ger<strong>in</strong>g.<br />

Folgerungen<br />

Die Entwicklung der hessischen Buchen-<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> zeigt, dass Reifungsprozesse<br />

<strong>in</strong> Richtung der typischen Merkmale<br />

von Old-Growth-Wäldern <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit verlaufen.<br />

Stillgelegte Buchenwälder unterscheiden<br />

sich zwar bereits nach rund 20 <strong>Jahre</strong>n<br />

erkennbar von weiter bewirtschafteten<br />

Buchenwäldern. Sie nähern sich aber offenbar<br />

erst <strong>in</strong> längeren Zeiträumen vollständig<br />

an die Strukturausstattung von<br />

reifen natürlichen Wäldern an. Die wichtigste<br />

„Entwicklungsl<strong>in</strong>ie“ ist zunächst<br />

der Aufbau von Biomasse. Vorratsaufbau<br />

und Zunahme anderer „Old-Growth“-Eigenschaften<br />

s<strong>in</strong>d dabei nicht zwangsläufig<br />

mite<strong>in</strong>ander gekoppelt. Der lebende<br />

Holzvorrat ist aber das „Kapital“ für die<br />

Entwicklung <strong>in</strong> Richtung „Old-Growth“.<br />

Die Akkumulation von Totholz und die<br />

Zunahme von Habitatbäumen dürften <strong>in</strong><br />

den kommenden Jahrzehnten die wichtigsten<br />

Reifungsprozesse se<strong>in</strong> [7, 8]. Erst<br />

sehr viel langfristiger s<strong>in</strong>d die Herausbildung<br />

e<strong>in</strong>er für „Old-Growth-Wälder“ typischen<br />

Waldtextur (räumliches Muster<br />

der Waldentwicklungsphasen), Durchmesserstruktur<br />

und Schichtung zu erwarten.<br />

E<strong>in</strong>e entscheidende Beschleunigung von<br />

Reifungsprozessen dürfte vor allem durch<br />

natürliche Störungen e<strong>in</strong>treten.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] WIRTH, C.; GLEIXNER, G.; HEIMANN, M. (2009): Old-growth<br />

Forests - Function, Fate and Value. Ecological Studies, 207, Spr<strong>in</strong>ger,<br />

Berl<strong>in</strong>-Heidelberg. [2] BAUHUS, J.; PUETMANN, K.; MESSIER, Ch.<br />

(2009): Silviculture for old-growth attributes. Forest Ecology and<br />

Management, <strong>25</strong>8, S. 5<strong>25</strong>-537. [3] MEYER, P.; BRÖSSLING, S.;<br />

BEDARFF, U.; SCHMIDT, M. (2013): Monitor<strong>in</strong>g der Waldstruktur<br />

und Vegetation <strong>in</strong> hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n. URL: http://<br />

www.nw-fva.de/<strong>in</strong>dex.php?id=229. [4] SCHMIDT, M.; MEYER, P.;<br />

SUNDERMANN, M. (2013): <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen.<br />

Ziele, Forschungskonzept und Stand der Forschung. AFZ-DerWald,<br />

Nr. 24, S. 4-6. [5] SCHMIDT, M. (2013): Vegetationsentwicklung <strong>in</strong><br />

Buchenwäldern nach Aufgabe der forstlichen Nutzung. AFZ-DerWald,<br />

Nr. 24, S. 14-15. [6] MEYER, P.; MENKE, N.; NAGEL, J.; HANSEN,<br />

J.; KAWALETZ, H.; PAAR, U.; EVERS, J. (2009): Abschlussbericht des<br />

von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekts Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>es Managementmoduls für Totholz im Forstbetrieb. URL:<br />

http://www.nw-fva.de/?id=234. [7] MEYER, P.; SCHMIDT, M. (2011):<br />

Dead wood accumulation <strong>in</strong> abandoned beech (Fagus sylvatica L.)<br />

forests <strong>in</strong> northwestern Germany. Forest Ecology and Management,<br />

261, S. 342-352. [8] WINTER, S.; MÖLLER, G. (2008): Microhabitats<br />

<strong>in</strong> lowland beech forests as monitor<strong>in</strong>g tool for nature conservation.<br />

Forest Ecology and Management, <strong>25</strong>5, S. 1<strong>25</strong>1-1261.<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 13


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Vegetationsentwicklung <strong>in</strong> Buchenwäldern<br />

nach Aufgabe der forstlichen Nutzung<br />

Marcus Schmidt<br />

Die hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong> und ihre weiterh<strong>in</strong> naturnah bewirtschafteten<br />

Vergleichsflächen werden nach e<strong>in</strong>em standardisierten Verfahren<br />

an fest markierten Rasterpunkten vegetationskundlich erfasst<br />

[1, 2]. Die dabei gewonnenen Daten geben Auskunft darüber, wie sich<br />

die Aufgabe der forstlichen Nutzung <strong>in</strong> den Totalreservaten sowie die<br />

Weiterführung der Bewirtschaftung <strong>in</strong> den Vergleichsflächen auf die<br />

Pflanzenartenzusammensetzung und -vielfalt auswirken. Die Anwendungsmöglichkeiten<br />

für die Forst- und Naturschutzpraxis sollen hier am<br />

Beispiel der Ableitung von Störungszeigerlisten für verschiedene Buchenwaldtypen<br />

aufgezeigt werden.<br />

Als Datengrundlage dienen 584 Vegetationsaufnahmen,<br />

die zwischen 2007 und<br />

2013 auf 100 m² großen Probeflächen <strong>in</strong><br />

neun Buchen-<strong>Naturwaldreservate</strong>n mit<br />

Vergleichsfläche erstellt wurden (293 Vegetationsaufnahmen<br />

aus Totalreservaten,<br />

291 aus Vergleichsflächen). In fünf dieser<br />

Gebiete herrscht der Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald,<br />

<strong>in</strong> zwei Gebieten der Waldmeister-<br />

Buchenwald und <strong>in</strong> weiteren zwei Reservaten<br />

der Waldgersten-Buchenwald vor.<br />

Dies s<strong>in</strong>d die am weitesten verbreiteten<br />

Buchenwald-Gesellschaften <strong>in</strong> Hessen, deren<br />

unterschiedliche Pflanzenartenzusammensetzung<br />

und -vielfalt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

durch die Basenversorgung ihrer Böden<br />

bestimmt wird (Abb. 1).<br />

Ergebnisse<br />

In allen Buchenwaldgesellschaften ist die<br />

Deckung der oberen Baumschicht <strong>in</strong> den<br />

Totalreservaten signifikant höher <strong>als</strong> <strong>in</strong><br />

den bewirtschafteten Vergleichsflächen.<br />

Umgekehrt verhält es sich bei der im Wesentlichen<br />

von Baumverjüngung geprägten<br />

Strauchschicht, die <strong>in</strong> den Vergleichsflächen<br />

e<strong>in</strong>en höheren Deckungsgrad erreicht<br />

<strong>als</strong> im Totalreservat (Abb. 2, 3).<br />

Die forstlich bed<strong>in</strong>gte Auflichtung<br />

der oberen Baumschicht zeigt sich auch<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er signifikant höheren mittleren<br />

Lichtzahl nach ELLENBERG [5]. Zwischen<br />

der E<strong>in</strong>griffsstärke <strong>in</strong> den Vergleichsflächen<br />

und der Pflanzenartenvielfalt besteht<br />

e<strong>in</strong> enger Zusammenhang (Abb.<br />

4). Durch das höhere Lichtangebot sowie<br />

durch heterogenere Bodenbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong>folge der Bewirtschaftung<br />

weisen die Vergleichsflächen <strong>in</strong>sgesamt<br />

e<strong>in</strong>e höhere Gefäßpflanzen- und Moosartenvielfalt<br />

auf <strong>als</strong> die Totalreservate.<br />

Zudem kann durch Bodenstörungen bei<br />

Fäll- und Rückearbeiten die Samenbank<br />

des Bodens aktiviert werden, <strong>in</strong> der<br />

langlebige Samen von Waldpflanzen<br />

enthalten s<strong>in</strong>d.<br />

Von der Bewirtschaftung profitieren<br />

auch „Störungszeiger“, die auf e<strong>in</strong> verändertes<br />

Ressourcenangebot (z. B. Licht,<br />

Wasser, Stickstoff) <strong>in</strong> den bewirtschafteten<br />

Waldbeständen schnell reagieren können<br />

(Abb. 3). Ihr Auftreten ist meist reversibel,<br />

da sie mit dem Aufkommen e<strong>in</strong>er Gehölzverjüngung<br />

oder nach Wiederaufforstung<br />

ausgedunkelt werden und verschw<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong>e Ausnahme können Zeigerarten für<br />

Bodenverdichtung bilden, da die Veränderungen<br />

des Bodenwasserhaushalts durch<br />

Verdichtung meist lange anhalten [6].<br />

Wenn stickstoffliebende Störungszeiger <strong>in</strong><br />

Buchenwäldern über lange Zeiträume und<br />

mit hohem Deckungsgrad vorkommen,<br />

dürfte dies h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e<br />

Stickstoff-Übersättigung durch anhaltend<br />

hohe anthropogene Stickstoffe<strong>in</strong>träge aus<br />

der Luft se<strong>in</strong> [7].<br />

Ableitung von Störungszeigerlisten<br />

und ihre Anwendung<br />

Störungszeiger müssen für jede Waldgesellschaft<br />

gesondert def<strong>in</strong>iert werden. So<br />

gelten Flatter-B<strong>in</strong>se oder W<strong>in</strong>kel-Segge <strong>in</strong><br />

Buchenwäldern <strong>als</strong> Störungszeiger (veränderter<br />

Wasserhaushalt durch Bodenverdichtung),<br />

während sie <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Feuchtwäldern zur typischen Artenausstattung<br />

gehören.<br />

Dr. M. Schmidt ist<br />

wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im Sachgebiet<br />

Waldnaturschutz/<br />

Naturwaldforschung<br />

der Nordwestdeutschen<br />

Forstlichen Versuchsanstalt<br />

(Gött<strong>in</strong>gen).<br />

Marcus Schmidt<br />

Marcus.Schmidt@nw-fva.de<br />

Abb. 1: Das Ökogramm (verändert nach [3, 4]) zeigt die Abhängigkeit der <strong>in</strong> Hessen vorkommenden<br />

natürlichen Waldgesellschaften vom Basen- und Wasserhaushalt der Böden. Die untersuchten<br />

Buchenwaldtypen s<strong>in</strong>d gelb h<strong>in</strong>terlegt.<br />

14 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


Die Vegetationsdaten aus den hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n und ihren Vergleichsflächen<br />

s<strong>in</strong>d sehr gut zur Ableitung<br />

von Störungszeigerlisten geeignet. Dies<br />

erfolgt über mehrere Schritte:<br />

• Zunächst werden mithilfe e<strong>in</strong>es gemischten<br />

l<strong>in</strong>earen Modells die Pflanzenarten mit signifikanter<br />

Häufung <strong>in</strong> der Vergleichsfläche<br />

bestimmt. Dies betrifft <strong>in</strong>sgesamt 62 Farnund<br />

Blütenpflanzenarten.<br />

• Nachfolgend werden mithilfe der Zeigerwertspektren<br />

der verschiedenen Buchenwaldgesellschaften<br />

Zeigerarten für untypische<br />

Bed<strong>in</strong>gungen herausgefiltert. Dies s<strong>in</strong>d<br />

beispielsweise Halblicht- und Lichtzeigerarten,<br />

Nässezeigerarten oder Zeigerarten<br />

stickstoffreicher Standorte [5].<br />

Im Ergebnis lassen sich für den Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald<br />

39 Arten, für den Waldmeister-Buchenwald<br />

33 Arten und für den<br />

Waldgersten-Buchenwald 29 Arten <strong>als</strong><br />

Störungszeiger identifizieren. Beispiele<br />

s<strong>in</strong>d für den Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald das<br />

Land-Reitgras, das Wald-Weidenröschen<br />

(Licht, Stickstoff), der Riesen-Schw<strong>in</strong>gel<br />

und der Blut-Ampfer (Feuchte, Stickstoff)<br />

sowie die Große Brennnessel (Stickstoff).<br />

Störungszeigerlisten können <strong>in</strong> der<br />

Forst- und Naturschutzpraxis <strong>in</strong> Monitor<strong>in</strong>gprogrammen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden. Als Beispiel<br />

dient hier das im Rahmen der permanenten<br />

Stichproben<strong>in</strong>ventur erfasste Vorkommen<br />

von Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwäldern<br />

im Nationalpark Kellerwald-Edersee. An<br />

<strong>in</strong>sgesamt 165 von 283 Rasterpunkten war<br />

hier 2008/2009 dieser Buchenwaldtyp durch<br />

Vegetationsaufnahmen belegt worden [8].<br />

In dem 2004 ausgewiesenen Nationalpark<br />

lassen sich schon zu diesem Zeitpunkt größere<br />

Bereiche ohne oder mit nur sehr wenigen<br />

Störungszeigern identifizieren (Abb.<br />

5). Es ist zu erwarten, dass die Anzahl der<br />

Störungszeiger bei der 10 <strong>Jahre</strong> nach der<br />

Erstaufnahme geplanten Wiederholungs<strong>in</strong>ventur<br />

abnehmen wird. Für Rasterpunkte<br />

mit überdurchschnittlich vielen Störungszeigern<br />

kann e<strong>in</strong>e vertiefende Analyse klären,<br />

durch welche Faktoren das Vorkommen<br />

dieser Pflanzenarten begünstigt wird.<br />

Abb. 2: Seit 1988 unbewirtschafteter Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwald<br />

im Naturwaldreservat<br />

„Schönbuche“ (Forstamt Fulda). Die Kraut-,<br />

Strauch- und Moosschicht ist artenarm und<br />

erreicht nur <strong>in</strong> Bestandeslücken etwas höhere<br />

Deckungsgrade.<br />

Fotos: U. Bedarff<br />

Folgerungen und Ausblick<br />

Die <strong>in</strong> den hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

erhobenen Vegetationsdaten bieten,<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit weiteren<br />

Informationen (z. B. Waldstrukturdaten),<br />

vielfältigste Auswertungsmöglichkeiten.<br />

Von besonderem Wert ist die gleichzeitige<br />

Vegetationserfassung <strong>in</strong> den benachbart<br />

liegenden bewirtschafteten Vergleichsflächen.<br />

Durch die Gegenüberstellung von<br />

Vegetationsdaten bewirtschafteter und<br />

unbewirtschafteter Waldbestände lassen<br />

sich Moos- und Gefäßpflanzenarten identifizieren,<br />

die von Bewirtschaftung bzw.<br />

Stilllegung profitieren.<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> können so <strong>als</strong> Referenzflächen<br />

zur Ableitung von Störungszeiger-<br />

oder Naturnähezeigerlisten dienen.<br />

Dabei ist auch die Frage von Interesse,<br />

welche der durch forstliche Bewirtschaftung<br />

hervorgerufenen Störungen <strong>in</strong><br />

ihren Auswirkungen auf die Vegetation<br />

den natürlichen Störungen <strong>in</strong> Buchenwäldern<br />

entsprechen und welche nicht.<br />

Anders <strong>als</strong> im benachbarten Österreich<br />

[9] existierten <strong>in</strong> Deutschland auf wissenschaftlicher<br />

Grundlage abgeleiteten Referenzlisten<br />

für Störungszeiger bisher nicht.<br />

Die mithilfe von Daten aus den hessischen<br />

Abb. 4: Für alle untersuchten Buchenwaldtypen lässt sich e<strong>in</strong> signifikanter l<strong>in</strong>earer Zusammenhang<br />

zwischen der E<strong>in</strong>griffsstärke (gemessen <strong>als</strong> Anzahl entnommener Stämme pro Hektar <strong>in</strong> der Untersuchungsperiode)<br />

und der Artenvielfalt von Gefäßpflanzen und Moosen nachweisen. Grüne Punkte:<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>, gelbe Punkte: Vergleichsflächen. Die Berechnung erfolgte ausschließlich<br />

über die aus den Vergleichsflächen stammenden Werte.<br />

Abb. 3: In der bewirtschafteten Vergleichsfläche<br />

des Naturwaldreservats „Schönbuche“ ist<br />

die Kraut-, Strauch- und Moosschicht deutlich<br />

artenreicher und weist höhere Deckungsgrade<br />

auf <strong>als</strong> im Totalreservat. Der aspektbildende<br />

Rote F<strong>in</strong>gerhut gehört zu den Störungszeigern.<br />

Abb. 5: Anwendung der über Vegetationsdaten<br />

aus <strong>Naturwaldreservate</strong>n abgeleiteten Störungszeigerliste<br />

auf Vegetationsaufnahmen<br />

von Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwäldern (n = 165) im<br />

Nationalpark Kellerwald-Edersee, die im Rahmen<br />

der Permanenten Stichproben<strong>in</strong>ventur<br />

(2008/09) erstellt wurden<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n erarbeiteten Störungszeigerlisten<br />

für Buchenwälder zeigen<br />

e<strong>in</strong>e sehr hohe Übere<strong>in</strong>stimmung mit<br />

den <strong>in</strong> Österreich bestehenden Listen. Sie<br />

lassen sich <strong>in</strong> der Forst- und Naturschutzpraxis<br />

z. B. <strong>in</strong> Monitor<strong>in</strong>gprogrammen<br />

e<strong>in</strong>setzen.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] MEYER, P.; BRÖSSLING, S.; BEDARFF, U.; SCHMIDT, M. (2013):<br />

Monitor<strong>in</strong>g von Waldstruktur und Vegetation <strong>in</strong> hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n.<br />

unveröff. Aufnahmeanweisung. 63 S. (http://www.nw-fva.<br />

de/fileadm<strong>in</strong>/user_upload/Sachgebiet/Waldnaturschutz_Naturwald/<br />

Aufnahmeanweisung_NWR_Hessen_2013.pdf). [2] SCHMIDT, M.;<br />

SCHMIDT, W. (2007): Vegetationsökologisches Monitor<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n.<br />

Forstarchiv 78: 205-214. [3] LEUSCHNER, C.<br />

(1998): Mechanismen der Konkurrenzüberlegenheit der Rotbuche.<br />

Ber. Re<strong>in</strong>h.-Tüxen-Ges. 10: 5-18. [4] ELLENBERG, H.; LEUSCHNER,<br />

C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 6. Aufl. Stuttgart.<br />

[5] ELLENBERG, H.; WEBER, H. E.; DÜLL, R.; WIRTH, V.; WERNER, W.;<br />

PAULISSEN, D. (2001): Zeigerwerte von Pflanzen <strong>in</strong> Mitteleuropa.<br />

3. Aufl. – Scripta Geobot. 18: 1-262. [6] GAERTIG, T.; GREEN, K.<br />

(2008): Die Waldbodenvegetation <strong>als</strong> Weiser für Bodenstörungen.<br />

AFZ-DerWald 6/2008: 300-301. [7] SCHULZE, I.-M.; EICHHORN, J.<br />

(2000): Veränderungen im Stickstoffhaushalt von Buchenwäldern auf<br />

Basalt: Die Ausbreitung der Großen Brennnessel (Urtica dioica) und<br />

ihr E<strong>in</strong>fluss auf die natürliche Verjüngung der Buche. Forst-und Holz<br />

55(14): 435-441. [8] SCHMIDT, M. (2010): Nationalpark Kellerwald-<br />

Edersee. Wie naturnah und artenreich ist die Waldvegetation? AFZ-<br />

DerWald 17/2010: 10-12. [9] GRABHERR, G.; KOCH, G.; KIRCHMEIR,<br />

H.; REITER, K. (1998): Hemerobie österreichischer Waldökosysteme.<br />

Veröff. Österr. MaB-Prog. 17: 1-493.<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 15


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Die Fauna hessischer <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

Struktur- und Artenvielfalt, gefährdete Arten, Waldb<strong>in</strong>dung<br />

Wolfgang H. O. Dorow und Theo Blick<br />

Die Untersuchung der Fauna hessischer Wälder erbrachte <strong>in</strong> den vergangenen<br />

<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n überraschende Ergebnisse: Auch e<strong>in</strong>heimische Buchenwälder<br />

s<strong>in</strong>d weitaus artenreicher <strong>als</strong> bisher angenommen wurde und<br />

beherbergen e<strong>in</strong>e ganze Reihe seltener und gefährdeter Arten. Was sagen<br />

diese Ergebnisse über den Zustand von Wirtschaftswäldern aus und<br />

welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten?<br />

Seit 1990 wird die Fauna der hessischen<br />

Totalreservate und ihrer Vergleichsflächen<br />

sukzessive durch Mitarbeiter des<br />

Senckenberg Institutes <strong>in</strong> Frankfurt am<br />

Ma<strong>in</strong> untersucht. Ziele der Untersuchungen<br />

s<strong>in</strong>d die repräsentative qualitative<br />

Dokumentation der Fauna von Natur- und<br />

Wirtschaftswäldern und die Ableitung von<br />

Empfehlungen zur Harmonisierung von<br />

Dr. W. H. O. Dorow (l<strong>in</strong>ks)<br />

ist Koord<strong>in</strong>ator des<br />

Projektes „Hessische<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>“ bei<br />

Senckenberg. Er bearbeitet<br />

die Tiergruppen<br />

der Wanzen und Stechimmen.Se<strong>in</strong><br />

Kollege<br />

T. Blick untersucht<br />

die Sp<strong>in</strong>nen.<br />

Wolfgang H. O. Dorow<br />

wdorow@senckenberg.de<br />

Forstwirtschaft und Naturschutz. Hierbei<br />

wird mit e<strong>in</strong>em breiten Methodenset über<br />

zwei komplette <strong>Jahre</strong> das Arten<strong>in</strong>ventar<br />

für sieben ausgewählte Tiergruppen<br />

(Regenwürmer, Sp<strong>in</strong>nen, Wanzen, Käfer,<br />

Stechimmen, Großschmetterl<strong>in</strong>ge und<br />

Vögel) erfasst. Damit wird etwa e<strong>in</strong> Viertel<br />

der e<strong>in</strong>heimischen Tierwelt abgedeckt.<br />

Durch die Mitarbeit ehrenamtlicher Spezialisten<br />

für weitere Tiergruppen konnte<br />

dieser Anteil auf bis zu 35 % erhöht werden.<br />

Alle Fänge werden nach Tierordnungen<br />

sortiert und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Probenbank bei<br />

Senckenberg dauerhaft konserviert. 1)<br />

1)<br />

Die Ergebnisse werden <strong>in</strong> der Zeitschriftenreihe „<strong>Naturwaldreservate</strong><br />

<strong>in</strong> Hessen“ [1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10,<br />

20] und <strong>in</strong> der Broschürenreihe „Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

im Portrait“ [14, 15, 16, 17, 18, 19] veröffentlicht<br />

(<strong>als</strong> Pdf verfügbar über senckenberg.de/naturwaldreservate).<br />

Die bisherigen Untersuchungsergebnisse<br />

waren überraschend:<br />

• In e<strong>in</strong>heimischen Buchenwäldern leben dreimal<br />

mehr Tierarten <strong>als</strong> man bisher angenommen<br />

hatte.<br />

• Selbst auf nur 50 bis 75 ha kann mit 5 000 bis<br />

6 000 Arten gerechnet werden (über 13 %<br />

aller aus Deutschland bekannten Arten).<br />

• Zahlreiche Rote-Liste-Arten für Deutschland<br />

konnten nachgewiesen werden und viele<br />

Erstnachweise für Hessen (Goldbachs- und<br />

Ziebachsrück: 24, Hoheste<strong>in</strong>: 12, Niddahänge:<br />

40, Schönbuche: <strong>25</strong>), Deutschland (Niddahänge:<br />

1, Schönbuche: 3) und die Wissenschaft<br />

(Brackwespe Eubazus nigroventralis,<br />

Schlupfwespe Gelis albopilosus) gelangen<br />

[3, 5, 6, 8, 19].<br />

• Unbekannte Details zur Ökologie verschiedener<br />

Arten (z. B. zu Lebensraumansprüchen,<br />

jahreszeitlichem Auftreten, Verbreitung)<br />

konnten dokumentiert werden.<br />

Re<strong>in</strong>e Artenzahlen sagen aber noch nicht<br />

viel über die Qualität e<strong>in</strong>er Lebensgeme<strong>in</strong>schaft<br />

aus. Daher müssen die Funde detailliert<br />

auf Artebene analysiert werden:<br />

• S<strong>in</strong>d die gefundenen Arten an den Lebensraum<br />

Wald gebunden?<br />

• Welche Strukturen s<strong>in</strong>d im Untersuchungsgebiet<br />

vorhanden und welche Arten leben<br />

potenziell und tatsächlich an ihnen?<br />

• Wie ist die Situation gefährdeter Arten im<br />

Gebiet?<br />

Methoden<br />

Alle <strong>in</strong> Deutschland vorkommenden Arten der<br />

Standard-Tiergruppen sowie weiterer vollständig<br />

bearbeiteter Gruppen werden derzeit<br />

<strong>in</strong> Anlehnung an das Vorgehen bei Gefäßpflanzen,<br />

Moosen und Flechten [13] nach ihrer<br />

Waldb<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>gestuft (Tab. 1) und für<br />

die Auswertung <strong>in</strong> drei Großkategorien (im<br />

Wald mit Schwerpunkt im Wald, im Wald mit<br />

Schwerpunkt außerhalb des Waldes, nur im<br />

Offenland) zusammengefasst. Erste Ergebnisse<br />

hierzu liegen für Sp<strong>in</strong>nen, Weberknechte,<br />

Wanzen, Laufkäfer und Stechimmen vor.<br />

Die Weiterentwicklung der Computertechnologie<br />

seit dem Beg<strong>in</strong>n der Naturwaldforschung<br />

<strong>in</strong> Hessen macht es möglich, sehr<br />

komplexe Zusammenhänge zu analysieren.<br />

E<strong>in</strong> solcher Bereich ist die Analyse zoologisch<br />

und forstlich relevanter Strukturen und deren<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Fauna. In jedem Naturwaldreservat<br />

werden flächendeckende Kartierungen<br />

der Biotop- [12] und Bestandestypen durchgeführt.<br />

Diese bilden die Basis für die Auswahl<br />

der Fallenstandorte und liefern die H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen<br />

für die Auswertungen<br />

der Ergebnisse [Welche Strukturen kommen<br />

Tab. 1: Kategorien der Waldb<strong>in</strong>dung im<br />

Bereich der Fauna<br />

Kategorie<br />

nur im Wald mit Schwerpunkt<br />

im geschlossenen Wald<br />

nur im Wald mit Schwerpunkt im lichten Wald<br />

nur im Wald ohne Schwerpunkt<br />

im Wald und im Offenland mit Schwerpunkt<br />

im Wald<br />

im Wald und im Offenland ohne Schwerpunkt<br />

im Wald und im Offenland mit Schwerpunkt<br />

im Offenland<br />

nur im Offenland und sonstigen Lebensräumen<br />

Abk.<br />

wg<br />

wl<br />

w<br />

w+<br />

ow<br />

o+<br />

o<br />

vor, wie s<strong>in</strong>d sie zwischen den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

und zwischen Totalreservaten und<br />

Vergleichsflächen verteilt? Welche Qualitäten<br />

haben diese Strukturen? (z. B. besonnt/nicht<br />

besonnt)]. Parallel wird analysiert, welche Arten,<br />

welche dieser Strukturen besiedeln und<br />

ob sie auf spezielle Struktur-Komb<strong>in</strong>ationen<br />

<strong>in</strong> ihrem Lebensraum angewiesen s<strong>in</strong>d (z. B.<br />

Totholz zum Nisten und gleichzeitig Blüten <strong>als</strong><br />

Nahrungsquelle). Auch die Relevanz bestimmter<br />

Strukturen und der sie besiedelnden Fauna<br />

für die gesamte Untersuchungsfläche kann auf<br />

diese Weise beurteilt werden.<br />

Die bislang ausgewerteten zoologischen<br />

Untersuchungen fanden kurz nach der Ausweisung<br />

der <strong>Naturwaldreservate</strong> statt, spiegeln<br />

<strong>als</strong>o den Zustand im Wirtschaftswald<br />

wider, denn fast alle <strong>Naturwaldreservate</strong> wurden<br />

bis zu ihrer Ausweisung regulär bewirtschaftet.<br />

Daher können Totalreservat und Vergleichsfläche<br />

geme<strong>in</strong>sam betrachtet werden.<br />

16 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


Abb. 1: Das Naturwaldreservat „K<strong>in</strong>zigaue“ beherbergte die artenreichste Fauna aller bisher untersuchten<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>.<br />

Fotos: W. H. O. Dorow<br />

Abb. 2: Die Strukturvielfalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wald bestimmt<br />

entscheidend die Artenzusammensetzung<br />

und Biodiversität. Hier e<strong>in</strong> Blockfeld im<br />

Naturwaldreservat „Stirnberg“ <strong>in</strong> der Rhön.<br />

Forschungsergebnisse<br />

und ihre Bewertung<br />

Betrachtet man die e<strong>in</strong>heimischen Arten<br />

der untersuchten Tiergruppen nach ihrer<br />

Waldb<strong>in</strong>dung (Abb. 3), so wird deutlich,<br />

dass die Anteile der Waldarten je nach<br />

Tiergruppe sehr unterschiedlich hoch<br />

s<strong>in</strong>d. Bei den Laufkäfern gibt es mit 34 %<br />

den ger<strong>in</strong>gsten Anteil waldgebundener<br />

Arten, bei den Weberknechten mit 81 %<br />

den höchsten. In den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

liegen die Anteile der Waldarten<br />

<strong>in</strong> den hier ausgewerteten Tiergruppen<br />

i. d. R. über 80 % (Abb. 4). E<strong>in</strong>e Ausnahme<br />

bilden nur die Laufkäfer (72 %<br />

Waldarten). Bei Berechnung auf Basis der<br />

Individuenzahlen fallen diese Anteile jedoch<br />

wesentlich höher aus (90 bis 100 %),<br />

auch bei den Laufkäfern. Das Arten<strong>in</strong>ventar<br />

der <strong>Naturwaldreservate</strong> kann somit<br />

<strong>als</strong> typische Waldbiozönose gewertet<br />

werden. Re<strong>in</strong>e Offenlandarten s<strong>in</strong>d nur<br />

ger<strong>in</strong>g vertreten.<br />

Zeigen die unerwartete Artenfülle und<br />

die zahlreichen Rote-Liste-Arten im Wirtschaftswald,<br />

dass ke<strong>in</strong> Handlungsbedarf<br />

besteht?<br />

Analysiert man die aktuellen Roten Listen<br />

Deutschlands [2], die erstm<strong>als</strong> standardisierte<br />

und damit vergleichbare E<strong>in</strong>stufungen<br />

für zahlreiche Tiergruppen bieten, so<br />

wird deutlich, dass die Anteile gefährdeter<br />

Arten (Rote-Liste-Kategorien 0, 1, 2,<br />

3, G) sich <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Tiergruppen<br />

sehr unterschiedlich auf Offenland- und<br />

%<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

488<br />

10<br />

9<br />

50<br />

40 216<br />

265<br />

457<br />

30<br />

33<br />

107<br />

20<br />

287<br />

274<br />

10<br />

93 <strong>25</strong>1<br />

0<br />

Sp<strong>in</strong>nen Weberknechte Wanzen Laufkäfer Stechimmen<br />

unbekannt nur im Offenland auch im Wald vorwiegend im Wald<br />

9<br />

344<br />

383<br />

123<br />

409<br />

%<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

37<br />

103<br />

184<br />

1<br />

4<br />

15<br />

39<br />

81<br />

109<br />

Sp<strong>in</strong>nen Weberknechte Wanzen Laufkäfer Stechimmen<br />

nur im Offenland auch im Wald vorwiegend im Wald<br />

29<br />

35<br />

38<br />

11<br />

129<br />

97<br />

Abb. 3: Anteile der Waldb<strong>in</strong>dungskategorien für die untersuchten Tiergruppen<br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

Abb. 4: Anteile der Waldb<strong>in</strong>dungskategorien für die untersuchten Tiergruppen<br />

<strong>in</strong> den hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

600<br />

2 4 23 23<br />

43<br />

0<br />

31<br />

53<br />

70<br />

68<br />

500<br />

400<br />

276<br />

300<br />

2<br />

200 236<br />

176<br />

100<br />

160 155<br />

82<br />

Sp<strong>in</strong>nen Weberknechte Wanzen Laufkäfer Stechimmen<br />

unbekannt nur im Offenland auch im Wald vorwiegend im Wald<br />

<strong>25</strong><br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

3<br />

3<br />

5<br />

3<br />

2<br />

2<br />

3<br />

8<br />

9<br />

1<br />

1 1<br />

Sp<strong>in</strong>nen Weberknechte Wanzen Laufkäfer Stechimmen<br />

nur im Offenland auch im Wald vorwiegend im Wald<br />

Abb. 5: B<strong>in</strong>dung gefährdeter Arten <strong>in</strong> Deutschland an Wald und Offenland<br />

Abb. 6: B<strong>in</strong>dung der <strong>in</strong> den <strong>Naturwaldreservate</strong>n gefundenen gefährdeten<br />

Arten an Wald und Offenland<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 17


untersucht sowie e<strong>in</strong> Stieleichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bachaue im Tiefland. Daher<br />

muss für jede Art analysiert werden, ob<br />

ihr Vorkommen überhaupt erwartet werden<br />

kann. Tab. 2 zeigt beispielhaft an den Sp<strong>in</strong>nen<br />

und Wanzen, dass e<strong>in</strong> großer Teil der<br />

vordergründig vermissten gefährdeten Arten<br />

tatsächlich nicht zu erwarten ist. Die verbleibenden<br />

fehlenden gefährdeten Arten<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere solche, die auf bestimmte<br />

Totholzqualitäten oder e<strong>in</strong>e lang andauernde<br />

Alt- und Totholztradition (lange Habitatkont<strong>in</strong>uität)<br />

angewiesen s<strong>in</strong>d.<br />

Abb. 7: Offene Strukturen im Wald bieten<br />

vielen Tierarten Lebensraum. Sandlaufkäfer<br />

kamen an mehreren schütter bewachsenen,<br />

besonnten Flächen <strong>in</strong> der Vergleichsfläche des<br />

Naturwaldreservats „Hasenblick“ vor.<br />

Abb. 8: Fallen nach dem Reusenpr<strong>in</strong>zip (Stammeklektoren)<br />

an stehenden lebenden oder abgestorbenen<br />

Baumstämmen fangen e<strong>in</strong>e große Zahl<br />

von Tieren, die sich den Stamm h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> den Kronenraum<br />

bewegen oder an der R<strong>in</strong>de leben.<br />

Waldarten aufteilen (Abb. 5). Nur bei den<br />

Weberknechten leben zwei Drittel der gefährdeten<br />

Arten im Wald, bei den übrigen<br />

Tiergruppen 57 bis 78 % im Offenland. In<br />

den <strong>Naturwaldreservate</strong>n wurden nur relativ<br />

wenige gefährdete Rote-Liste-Arten<br />

nachgewiesen (Abb. 6). Im Vergleich zur<br />

Gesamtartenzusammensetzung <strong>in</strong> den<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n (Abb. 4) s<strong>in</strong>d bei den<br />

gefährdeten Arten die Offenlandarten<br />

überproportional vertreten. Die hohen<br />

Anteile an Rote-Liste-Arten <strong>in</strong> den untersuchten<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n beruht<br />

darauf, dass e<strong>in</strong> sehr breites Tiergruppenspektrum<br />

analysiert wurde, dass alle Kategorien<br />

der Roten Listen (<strong>als</strong>o auch D, V,<br />

R) berücksichtigt wurden und dass die dam<strong>als</strong><br />

verwendeten Roten Listen nicht nach<br />

e<strong>in</strong>em strengen e<strong>in</strong>heitlichen Verfahren<br />

erstellt worden waren.<br />

Bisher wurde nur e<strong>in</strong> vergleichsweise ger<strong>in</strong>ger<br />

Anteil an gefährdeten Waldarten<br />

<strong>in</strong> den hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

gefunden. Steht es schlecht um den e<strong>in</strong>heimischen<br />

Wirtschaftswald?<br />

Bislang wurden vorrangig Buchenwaldstandorte<br />

<strong>in</strong> hessischen Mittelgebirgslagen<br />

Folgerungen<br />

und Ausblick<br />

Die hohe Anzahl gefundener waldtypischer<br />

Arten macht die besondere Verantwortung<br />

der Forstwirtschaft für den Natur-<br />

und Artenschutz deutlich. E<strong>in</strong>e wichtige<br />

Aufgabe ist es, Totholz <strong>in</strong> qualitativ und<br />

quantitativ ausreichendem Maße im Wald<br />

anzureichern, wie es die Naturschutzleitl<strong>in</strong>ie<br />

von Hessen-Forst vorsieht [11].<br />

Die künftige Bearbeitung von Auwäldern<br />

und trockenwarmen Wäldern wird sicher<br />

wertvolle Erkenntnisse liefern, um die<br />

Situation der Fauna <strong>in</strong> hessischen Wäldern<br />

noch umfassender e<strong>in</strong>schätzen zu können.<br />

Wiederholungsuntersuchungen werden<br />

zeigen, wie schnell und <strong>in</strong> welchem Umfang<br />

die Wiederbesiedlung mit anspruchsvollen<br />

Arten gel<strong>in</strong>gt, die auf bestimmte<br />

Totholzqualitäten angewiesen s<strong>in</strong>d.<br />

Tab. 2: In den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

vermisste und zu erwartende gefährdete<br />

Arten<br />

gefährdete deutsche Waldarten<br />

<strong>in</strong>sgesamt<br />

<strong>in</strong> den NWR gefundene<br />

gefährdete Waldarten<br />

<strong>in</strong> den NWR fehlende<br />

gefährdete Waldarten<br />

Sp<strong>in</strong>nen<br />

Wanzen<br />

74 131<br />

8 4<br />

66 127<br />

kommen nicht <strong>in</strong> Hessen vor -28 -46<br />

kommen <strong>in</strong> den untersuchten<br />

hessischen Regionen sicher nicht<br />

vor<br />

leben nur <strong>in</strong> den höchsten Lagen<br />

der Mittelgebirge<br />

-4 0<br />

-4 0<br />

<strong>in</strong> Hessen ausgestorben 0 -1<br />

leben <strong>in</strong> trockenwarmen<br />

Lichtwäldern<br />

-14 -27<br />

leben <strong>in</strong> Mooren 0 -11<br />

leben an und <strong>in</strong> Gewässern -4 -14<br />

leben an <strong>in</strong> den untersuchten<br />

NWR nicht vorkommenden<br />

Baumarten<br />

0 -2<br />

Vorkommen möglich 12 26<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] BLICK, T.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P. (2012): K<strong>in</strong>zigaue. Zoologische Untersuchungen 1999–2001, Teil 1. <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

12, 1-348. [2] BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Hrsg.) (2009ff): Rote Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Naturschutz<br />

und Biologische Vielfalt 70. [3] DOROW, W. H. O.; BLICK, T; KOPELKE, J.-P. (2009): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 11/2.1. Goldbachs- und<br />

Ziebachsrück. Zoologische Untersuchungen 1994–1996, Teil 1. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 45, 1-326. [4] DOROW, W.<br />

H. O.; BLICK, T.; KOPELKE, J.-P. (2010): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 11/2.2. Goldbachs- und Ziebachsrück. Zoologische Untersuchungen<br />

1994–1996, Teil 2. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 46, 1-271. [5] DOROW, W. H. O., FLECHTNER, G.; KOPELKE, J.-P. (2001):<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 6/2.1. Schönbuche. Zoologische Untersuchungen 1990–1992, Teil 1. Hessen-Forst – FIV Ergebnis- und<br />

Forschungsbericht 28/1, 1-306. [6] DOROW, W. H. O.; FLECHTNER, G.; KOPELKE, J.-P. (2004): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 6/2.2. Schönbuche.<br />

Zoologische Untersuchungen 1990–1992. Teil 2. Hessen-Forst – FIV Ergebnis- und Forschungsbericht 28/2, 1-352. [7] DOROW, W. H. O.;<br />

KOPELKE, J.-P. (2007): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 7/2.2. Hoheste<strong>in</strong>. Zoologische Untersuchungen 1994–1996, Teil 2. Mitteilungen der<br />

Hessischen Landesforstverwaltung 42, 1-339. [8] FLECHTNER, G.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P. (1999): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band<br />

5/2.1. Niddahänge östlich Rud<strong>in</strong>gsha<strong>in</strong>. Zoologische Untersuchungen 1990–1992, Teil 1. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung<br />

32/1, 1-746. [9] FLECHTNER, G.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P. (2000): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 5/2.2. Niddahänge östlich Rud<strong>in</strong>gsha<strong>in</strong>.<br />

Zoologische Untersuchungen 1990–1992, Teil 2. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 32/2, 1-550. [10] FLECHTNER,<br />

G.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P. (2006): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 7/2.1. Hoheste<strong>in</strong>. Zoologische Untersuchungen 1994–1996,<br />

Teil 1. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 41, 1-247. [11] LANDESBETRIEB HESSEN-FORST (Hrsg.) (2011): Naturschutzleitl<strong>in</strong>ie<br />

für den Hessischen Staatswald. Kassel: Hessen-Forst. [12] RIECKEN, U.; FINCK, P.; RATHS, U.; SCHRÖDER, E.; SSYMANK, A. (2006): Rote Liste der<br />

gefährdeten Biotoptypen Deutschlands. Naturschutz und Biologische Vielfalt 34: 1-318. [13] SCHMIDT, M.; KRIEBITZSCH, W.-U.; EWALD, J. (Red.)<br />

(2011): Waldartenlisten der Farn- und Blütenpflanzen, Moose und Flechten Deutschlands. BfN-Skripten 299, 1-111. [14] SCHMIDT, M.; MEYER,<br />

P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KIEFER, S.; KÖHLER, F.; KOPELKE, J.-P.; MALTEN, A.; MEYER, P.; RÖMBKE, J.; SCHMIDT, M.;<br />

TEUBER, D.; ZUB, P. (Text) (2007): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Hoheste<strong>in</strong>. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt<br />

(NW-FVA) & Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). [15] SCHMIDT, M.; MEYER, P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KÖH-<br />

LER, F.; KOPELKE, J.-P.; MEYER, P.; SCHMIDT, M.; TEUBER, D.; ZUB, P. (Text) (2009): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Niddahänge östlich<br />

Rud<strong>in</strong>gsha<strong>in</strong>. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) & Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). [16] SCHMIDT, M.;<br />

MEYER, P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P.; LANGER, E.; MEYER, P.; SCHMIDT, M.; TEUBER, D. (Text) (2010):<br />

Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Goldbachs- und Ziebachsrück. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) &<br />

Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). [17] SCHMIDT, M.; MEYER, P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J-P.;<br />

MEYER, P.; SCHMIDT, M.; TEUBER, D. (Text) (2010): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Das <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm. 3. Auflage,<br />

aktualisiert und stark überarbeitet. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) & Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst<br />

(Hrsg.). [18] SCHMIDT, M.; MEYER, P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P.; LANGER, E.; MEYER, P.; SCHMIDT, M.;<br />

TEUBER, D. (Text) (2011): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im Portrait: Schönbuche. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-<br />

FVA) & Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). [19] SCHMIDT, M.; MEYER, P. (Redaktion); BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; HOFFMANN,<br />

M.; KÖHLER, F.; KOPELKE, J.-P.; MEYER, P.; RÖMBKE, J.; SCHMIDT, M.; TEUBER, D.; ZUB, P. M. T. (Text) (2012): Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong> im<br />

Portrait: K<strong>in</strong>zigaue. Gött<strong>in</strong>gen: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) & Kassel: Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). [20] WILLIG,<br />

J. (Wiss. Koord.) (2002): <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen. Band 8. Natürliche Entwicklung von Wäldern nach Sturmwurf – 10 <strong>Jahre</strong> Forschung im<br />

Naturwaldreservat Weiherskopf. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 38, 1-186.<br />

18 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Bedeutung von <strong>Naturwaldreservate</strong>n und<br />

ihrer Erforschung für die forstliche Praxis<br />

Eberhard Leicht<br />

<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> nach der E<strong>in</strong>richtung der hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong> stellt<br />

sich im Spiegel des aktuellen Naturschutzdiskurses die Frage nach der<br />

Konsistenz der zweigleisigen Aufgabenstellung der <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

(siehe Kasten) aus Naturschutz und Naturwaldforschung, wenn e<strong>in</strong>erseits<br />

das e<strong>in</strong>zige Schutzgut bei völligem Interventionsverzicht (Prozessschutz)<br />

ungesteuerte und zielfreie autogene Vorgänge s<strong>in</strong>d, andererseits aber<br />

die Restitution von Natürlichkeit oder auch das Hemerobiekonzept nicht<br />

ohne die Bestimmung von Ziel- oder Referenzzuständen auskommen.<br />

Die Flächengröße der Reservate (im Mittel 40 ha), die vermutlich nicht<br />

ausreicht, um das komplexe Nach- und Nebene<strong>in</strong>ander der Waldentwicklungsphasen<br />

abzubilden, sowie Stoffe<strong>in</strong>träge und überhöhte Wildbestände<br />

können zudem deren Eignung <strong>als</strong> Nullflächen relativieren [2].<br />

In den 31 hessischen<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong>n sollen<br />

1. natürliche Waldlebensgeme<strong>in</strong>schaften<br />

bewahrt oder wiederhergestellt,<br />

2. Grundlagenforschung an Böden, Vegetation,<br />

Waldstruktur und Fauna <strong>in</strong> „<strong>in</strong>terventionsfreien“<br />

Waldlebensgeme<strong>in</strong>schaften<br />

betrieben sowie<br />

3. Erkenntnisse für e<strong>in</strong>en naturnahen Waldbau<br />

und<br />

4. generell für die Naturnähe (Hemerobie)<br />

von Wäldern gewonnen werden [1].<br />

Naturnaher Waldbau<br />

und Prozessschutz<br />

Aus Sicht der betrieblichen Praxis stehen<br />

der Erkenntnisgew<strong>in</strong>n im H<strong>in</strong>blick auf<br />

e<strong>in</strong>en naturnahen Waldbau und e<strong>in</strong>e daraus<br />

ggf. ableitbare biologische Automation<br />

e<strong>in</strong>erseits sowie der aktuelle Diskurs<br />

über den Beitrag des Prozessschutzes zu<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Naturschutzstrategie<br />

im Zentrum des Interesses. Vermutlich ist<br />

aber der Beobachtungszeitraum von <strong>25</strong><br />

<strong>Jahre</strong>n noch zu kurz, <strong>als</strong> dass bereits viele<br />

konkrete Ergebnisse aus der Naturwaldreservatforschung<br />

<strong>in</strong> Waldbauleitl<strong>in</strong>ien oder<br />

-methoden ihren Niederschlag hätten<br />

f<strong>in</strong>den können. Von besonderem Interesse<br />

für das waldbauliche Handwerkszeug<br />

s<strong>in</strong>d Waldstruktur und Walddynamik, wie<br />

die natürliche Waldregeneration, Sukzessionsprozesse,<br />

Konkurrenzverhältnisse,<br />

Waldentwicklungszyklen, die Rolle von<br />

Vorwaldstadien bei der Walderneuerung,<br />

die Belastbarkeit von Baumarten im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Mangelsituationen (Licht, Wasser,<br />

Nährstoffe) und klimatische Verände-<br />

E. Leicht leitet das<br />

hessische Forstamt<br />

Burgwald.<br />

Eberhard Leicht<br />

Eberhard.Leicht@forst.hessen.de<br />

rungen ohne waldbauliche „Entlastung“.<br />

Mit Blick auf die Tragbarkeit von Schalenwildbeständen<br />

und das angemessene<br />

Wildtiermanagement kann der Vergleich<br />

von gezäunten und ungezäunten Flächen<br />

<strong>in</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong>n den E<strong>in</strong>fluss des<br />

Schalenwildes ohne das „Korrektiv“ forstlicher<br />

E<strong>in</strong>griffe sichtbar machen [3].<br />

Nach dem besonderen hessischen Ansatz<br />

bietet die Bildung von Vergleichsflächenpaaren<br />

aus Totalreservaten und<br />

im H<strong>in</strong>blick auf Standort und Bestandesstruktur<br />

gleichartigen <strong>in</strong> Bewirtschaftung<br />

verbleibenden Flächen die Chance, die<br />

Entwicklung von Waldstruktur, Vegetation,<br />

Fauna und Waldboden von e<strong>in</strong>em<br />

geme<strong>in</strong>samen Anfangspunkt aus parallel<br />

zu beobachten. Dies kann im Idealfall<br />

weitere Aufschlüsse zur Walddynamik<br />

(autogene Entwicklung, Reaktion auf<br />

Störungen) liefern, die ggf. e<strong>in</strong>e engere<br />

Anlehnung der Waldbautechnik an natürlich<br />

ablaufende Prozesse ermöglichen.<br />

Die natürliche Waldentwicklung und ihre<br />

Integration <strong>in</strong> den Waldbau zählen zu den<br />

Standards der „Grundsätze und Leitl<strong>in</strong>ien<br />

zur naturnahen Wirtschaftsweise im hessischen<br />

Staatswald“ [4].<br />

Natürliche Waldentwicklung<br />

nutzen<br />

Danach ist e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Waldregeneration<br />

durch Naturverjüngung unter<br />

Schirm anzustreben. Nach Störungen im<br />

Waldgefüge sollen Vorwaldelemente und<br />

Sukzession den Waldneuaufbau begleiten<br />

und Konkurrenz im H<strong>in</strong>blick auf die Eigendifferenzierung<br />

des Waldes nicht unterdrückt,<br />

sondern <strong>in</strong> gewissem Rahmen<br />

zugelassen werden. Für die forstliche Praxis<br />

s<strong>in</strong>d dabei nicht nur die Chancen durch<br />

e<strong>in</strong>e derartige „Automation“ von Interesse,<br />

sondern <strong>in</strong> gleichem Maße auch deren<br />

Grenzen.<br />

Vorwaldbaumarten und Verjüngungsreste<br />

des Vorbestands können zum Beispiel<br />

auf Störungsflächen der Dom<strong>in</strong>anz<br />

von Gräsern, Brombeere, Adlerfarn u. a.<br />

Grenzen setzen und zu e<strong>in</strong>em zeitnahen<br />

Kronenschluss des Jungwuchses beitragen.<br />

Inwieweit lassen sich hier nun<br />

Pflanzungen von Klimaxbaumarten unter<br />

Berücksichtigung von Anzahl und Verteilung<br />

der Vorwaldstrukturen, der Füll- oder<br />

Treibhölzer, der Standortsbed<strong>in</strong>gungen<br />

und der Bestandeskonfiguration reduzieren?<br />

Welche Auswirkungen haben höhere<br />

Anteile von Birken, Ebereschen, Aspen<br />

oder Weiden auf die weitere Entwicklung,<br />

Vitalität und Qualität des Jungwuchses?<br />

Die Holzvorräte <strong>in</strong> den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

haben <strong>in</strong> wenigen Jahrzehnten<br />

deutlich zugenommen. Gleiches gilt für<br />

die Dom<strong>in</strong>anz der Buche <strong>in</strong> den Buchenwaldgesellschaften<br />

[5]. Bed<strong>in</strong>gt durch die<br />

damit e<strong>in</strong>hergehende Reduktion des Lichtregimes<br />

am Waldboden s<strong>in</strong>d Rückgänge<br />

bei den <strong>in</strong> der Kraut- und Strauchschicht<br />

vertretenen Arten und ihrer Abundanz zu<br />

verzeichnen. Für die im Unter- und Zwischenstand<br />

etablierten Buchen stellt sich<br />

nun die Frage, wie lange sie bei eventuell<br />

weiter rückläufigem Lichtgenuss quasi <strong>in</strong><br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 19


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Wartestellung überdauern können. Von<br />

besonderem Interesse ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

auch die Entwicklung des Zuwachses<br />

bei sich weiter akkumulierenden<br />

Holzvorräten.<br />

Waldregeneration<br />

<strong>in</strong> Buchenwaldgesellschaften<br />

In dem nun <strong>25</strong>-jährigen Beobachtungszeitraum<br />

ist augensche<strong>in</strong>lich geworden, dass<br />

die Walderneuerung sich mangels Schirmstellung<br />

nicht mehr flächig vollzieht, sondern<br />

sich auf zurzeit noch wenige, meist<br />

kle<strong>in</strong>ere Störungsflächen konzentriert.<br />

Durchaus vorkommende e<strong>in</strong>zelne Abgänge<br />

von Altbuchen (W<strong>in</strong>dwurf) erzeugen<br />

zurzeit noch ke<strong>in</strong> ausreichendes Lichtregime<br />

für die Etablierung von Vorwaldphasen.<br />

Die Walderneuerung <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>lücken<br />

erfolgt unmittelbar durch die Buche (Abb.<br />

1) und bereits vorhandener älterer Jungwuchs<br />

scheidet zwischenzeitlich wegen<br />

Lichtmangels auch wieder aus.<br />

Sich <strong>in</strong> diesem Kontext für die forstliche<br />

Praxis ergebende <strong>in</strong>teressante Fragestellungen<br />

wären beispielsweise:<br />

1. Wie arrangiert sich die Schattbaumart Buche<br />

im Unterstand mit fortschreitendem Lichtentzug,<br />

wo s<strong>in</strong>d ihre Grenzen?<br />

2. Wie und <strong>in</strong> welchen Zeiträumen löst sich<br />

e<strong>in</strong>e bereits waldbaulich erzeugte Vertik<strong>als</strong>truktur<br />

wieder auf (Optimalphase)?<br />

3. Wie erfolgt die Fruktifikation, wenn systematische<br />

Kronenpflege unterbleibt?<br />

4. Bei welcher Störungsflächengröße und bei<br />

welcher Bestandeskonfiguration entwickeln<br />

sich Vorwaldphasen mit Weichlaubhölzern,<br />

wie Birken, Ebereschen, Aspen, ggf. auch Erlen<br />

und Weiden?<br />

5. Wie ist die Wirkung solcher Vorwaldarten<br />

auf Klimaxarten im H<strong>in</strong>blick auf deren Etablierungsbed<strong>in</strong>gungen,<br />

Vitalität, Wachstum<br />

und auf den Faktor Zeit (Wann lösen sich<br />

Vorwaldstrukturen ggf. wieder auf?)<br />

6. Lässt sich im H<strong>in</strong>blick auf Wildverbiss oder<br />

Fege- und Schälschäden e<strong>in</strong> Ablenkungseffekt<br />

durch die Vorwaldarten feststellen?<br />

7. Gibt es e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen der<br />

Größe von Störungsflächen und der Etablierung<br />

von Mischbaumarten, wie Edellaubbäumen<br />

oder Eiche sogar der Rückbildung<br />

von bewirtschaftungsbed<strong>in</strong>gt ausgefallenen<br />

azonalen Waldgesellschaften?<br />

8. Wie entwickeln sich Mischungsanteile von<br />

Baumarten, die nicht der potenziell natürlichen<br />

Waldgesellschaft angehören (Abb. 2)?<br />

Invasive Pflanzen<br />

Gebietsfremde Arten (Neophyten) werden<br />

<strong>als</strong> <strong>in</strong>vasiv bezeichnet, wenn sie unerwünschte<br />

Auswirkungen auf andere Arten,<br />

Lebensgeme<strong>in</strong>schaften oder Biotope<br />

haben. Sie treten mit e<strong>in</strong>heimischen Arten<br />

<strong>in</strong> Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen<br />

und verdrängen diese schließlich<br />

[6]. Die Vertragsstaaten des Übere<strong>in</strong>kommens<br />

über die biologische Vielfalt (CBD<br />

1992) haben sich verpflichtet, e<strong>in</strong>gebrachte<br />

nicht heimische Arten zu kontrollieren<br />

oder zu beseitigen.<br />

Waldpartien, <strong>in</strong> denen nun ke<strong>in</strong>e Gegenmaßnahmen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich des E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gens<br />

von Neophyten ergriffen werden,<br />

bieten <strong>in</strong> diesem Kontext die Chance, Reaktionsmuster<br />

der vertretenen Waldtypen<br />

zu untersuchen bzw. zu dokumentieren,<br />

wie <strong>in</strong>vasiv gebietsfremde Arten bezüglich<br />

der betroffenen Waldgesellschaften und<br />

Waldentwicklungsstadien wirklich s<strong>in</strong>d<br />

(Tab. 1). Kann aus dem Befund, dass der<br />

Neophytenanteil an der Gesamtheit der<br />

Gefäßpflanzen vom Offenland zum Wald<br />

h<strong>in</strong> zurückgeht und hier <strong>in</strong> unbewirtschafteten<br />

Wäldern noch e<strong>in</strong>mal abnimmt,<br />

geschlossen werden, dass Forstwirtschaft<br />

gebietsfremden und evtl. auch <strong>in</strong>vasiven<br />

Arten auch jenseits gezielter Ausbr<strong>in</strong>gung<br />

den Weg ebnet [7]?<br />

Prozessschutz<br />

Die nachfolgend aufgeführten Ansätze<br />

e<strong>in</strong>er Begriffsbestimmung legen die Vermutung<br />

nahe, dass Prozessschutz völlig<br />

zweckfrei ausschließlich auf die Gewährleistung<br />

autogener Vorgänge im Ökosystem<br />

gerichtet ist:<br />

• Natur Natur se<strong>in</strong> lassen <strong>als</strong> Ausdruck e<strong>in</strong>es<br />

neuen „Dynamik“-Denkens im Naturschutz,<br />

• Schaffung von Freiräumen für natürliche<br />

Evolution,<br />

• Ausschluss dauerhafter menschlicher E<strong>in</strong>griffe,<br />

• Schutz natürlicher Prozesse um ihrer selbst<br />

willen.<br />

Für diese Annahme f<strong>in</strong>den sich jedoch<br />

nicht nur Bestätigungen. Relativ häufig<br />

Tab. 1: Die wichtigsten <strong>in</strong>vasiven und<br />

potenziell <strong>in</strong>vasiven Gehölze (Auszug)<br />

Acer negundo<br />

Eschenahorn<br />

Ailanthus altissima Götterbaum<br />

Buddleja davidii<br />

Schmetterl<strong>in</strong>gsstrauch<br />

Frax<strong>in</strong>us pennsylvanica Rotesche<br />

P<strong>in</strong>us nigra<br />

Schwarzkiefer<br />

P<strong>in</strong>us strobus<br />

Weymouthkiefer<br />

Populus x canadensis Bastardpappel<br />

Prunus serot<strong>in</strong>a<br />

Spätblüh. Traubenkirsche<br />

Pseudotsuga menziesii Gewöhnliche Douglasie<br />

Quercus rubra<br />

Roteiche<br />

Rob<strong>in</strong>ia pseudoacacia Rob<strong>in</strong>ie<br />

Rosa rugosa<br />

Kartoffelrose<br />

Rhus hirta<br />

Essigbaum<br />

Symphoricarpus albus Gewöhnliche Schneebeere<br />

Vacc<strong>in</strong>ium angustifolium x<br />

corymbosum<br />

Amerikanische Kultur-<br />

Heidelbeere<br />

FloraWeb (Bundesamt für Naturschutz)<br />

wird z. B. der Prozessschutz bemüht, wenn<br />

es um die Förderung der im Wirtschaftswald<br />

unterrepräsentierten Alters- und<br />

Zerfallsphasen geht. Der Erhalt von Artenund<br />

Habitatvielfalt oder e<strong>in</strong>er charakteristischen<br />

und vollständigen Artenausstattung<br />

und letztlich auch die wissenschaftliche<br />

Erforschung von <strong>in</strong>terventionsfreien<br />

Waldpartien sprechen durchaus für e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>strumentelle Prägung des Prozessschutzes<br />

[8].<br />

International und auch national s<strong>in</strong>d<br />

Prozessschutz, Wildnis und Wildnisentwicklung<br />

zwischenzeitlich zum beherrschenden<br />

Thema der Naturschutzpolitik<br />

geworden. Für das Europäische Parlament<br />

ist der Schutz von Wildnis e<strong>in</strong> Beitrag zum<br />

Stopp des Artenschwundes, nachdem das<br />

diesbezügliche 2010-Ziel verfehlt worden<br />

ist [9]. Die Biodiversitätsstrategie 2020 der<br />

Europäischen Kommission versteht die<br />

E<strong>in</strong>beziehung von Naturgebieten („wilderness<br />

areas“) <strong>in</strong> Waldbewirtschaftungspläne<br />

<strong>als</strong> Maßnahme zur Bewahrung der<br />

Biodiversität [10] und das Bundeskab<strong>in</strong>ett<br />

strebt schließlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Nationalen Strategie<br />

zur biologischen Vielfalt e<strong>in</strong>e natürliche<br />

Entwicklung auf 10 % der Waldfläche<br />

der öffentlichen Hand bis 2020 an [11].<br />

Was kann nun vom Prozessschutz im H<strong>in</strong>blick<br />

auf den Naturschutz und die wissenschaftliche<br />

Erforschung managementfreier<br />

Wälder erwartet werden?<br />

Dafür, dass <strong>in</strong> den Alters- und Zerfallsphasen<br />

die Zunahme an wirbellosen Tierarten<br />

und Pilzen/Flechten den Rückgang bei den<br />

Gefäßpflanzen überkompensiert, gibt es<br />

zwischenzeitlich viele H<strong>in</strong>weise. Die an<br />

Waldbereiche mit hohem Reifegrad und<br />

perpetuierendem Angebot an Alt- und<br />

Totholz gebundenen Urwaldreliktarten<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den hessischen <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

je nach Nutzungshistorie unterschiedlich<br />

repräsentiert. Mit Blick auf die Weiterentwicklung<br />

forstbetrieblicher Schutzkonzepte<br />

ist es nun <strong>in</strong>teressant, ob nach E<strong>in</strong>stellung<br />

der Bewirtschaftung mit der Zeit<br />

Wiederbesiedlungen <strong>in</strong> den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

zu verzeichnen s<strong>in</strong>d, und ob ausbreitungsschwache<br />

Arten <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d,<br />

sich e<strong>in</strong> naturnah bewirtschaftetes Umfeld<br />

zu erschließen, wenn dieses entsprechende<br />

Strukturen (Totholz) vorhält.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Vielfalt an Gefäßpflanzen<br />

werden seitens des Naturschutzes<br />

teilweise auch bewirtschaftungsbed<strong>in</strong>gte<br />

Waldzustände <strong>als</strong> erhaltenswert<br />

e<strong>in</strong>gestuft. Waldgersten-Buchenwälder<br />

z. B. können e<strong>in</strong>e Reihe von Edellaubbäumen,<br />

Elsbeeren, Mehlbeeren, Felsenmispeln,<br />

verschiedene Orchideen u. a. beherbergen.<br />

Deren Beteiligung allerd<strong>in</strong>gs<br />

hängt stärker <strong>als</strong> im Seggen-Buchenwald<br />

20 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


Abb. 1: Kle<strong>in</strong>lückenverjüngung mit Buche<br />

Abb. 2: Buchennaturverjüngung „unterwandert“ lockeres Fichtenaltholz<br />

(187-jährig)<br />

von e<strong>in</strong>er permanenten Durchbrechung<br />

des Kronenschlusses ab. Die Konkurrenzschwäche<br />

der Elsbeere, besonders gegenüber<br />

der Buche und den Ahornarten,<br />

macht sie hier im Dauerwaldbetrieb stark<br />

von der waldbaulichen Steuerung abhängig<br />

[10]. Nutznießer e<strong>in</strong>er solchen Steuerung<br />

ist gleichzeitig die Flora der Krautschicht,<br />

die mit vielen Arten <strong>in</strong> den Roten<br />

Listen vertreten ist.<br />

Im Fokus des Waldnaturschutzes stehen<br />

die mitteleuropäischen Eichen. Deren<br />

Habitatwert ist beachtlich. Mit Abstand<br />

ist die Eiche der Baum, der die meisten<br />

Insektenarten beherbergt. Alle<strong>in</strong> knapp<br />

400 Schmetterl<strong>in</strong>ge, 50 Bock-, 10 Borkenund<br />

Kernkäfer sowie 17 Prachtkäferarten<br />

leben direkt oder <strong>in</strong>direkt an oder von den<br />

Eichen [11]. Angestammte Waldgesellschaften<br />

s<strong>in</strong>d der Eichen-Ulmen-Hartholzauenwald,<br />

der Stieleichen-Ha<strong>in</strong>buchenwald,<br />

der Birken-Eichenwald und extrazonale<br />

Gesellschaften auf trocken-warmen<br />

Sonderstandorten. Ger<strong>in</strong>gere Eichenanteile<br />

s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> den Ha<strong>in</strong>simsen-Buchenwäldern<br />

vertreten (Luzulo-Fagetum petraeetosum).<br />

Die potenziell natürlichen Eichenareale<br />

im planaren und koll<strong>in</strong>en Bereich s<strong>in</strong>d<br />

zwischenzeitlich jedoch vielerorts landwirtschaftlich<br />

genutzten, Siedlungs-, Gewerbe-<br />

und Verkehrsflächen gewichen.<br />

Die aktuelle Eichenverbreitung <strong>in</strong> Hessen<br />

konzentriert sich nunmehr auf die Buchenwaldgesellschaften.<br />

Hier hat zielgerichtete<br />

menschliche „Intervention“ über<br />

Jahrhunderte dafür gesorgt, dass mit den<br />

Eichen ausreichend Mastbäume, Gerberlohe<br />

und Bauholz vorhanden waren. Die<br />

Buche ist hier allerd<strong>in</strong>gs so dom<strong>in</strong>ant, dass<br />

es e<strong>in</strong>er laufenden <strong>in</strong>tensiven Eichenförderung<br />

und <strong>in</strong> der Regenerationsphase<br />

sogar besonderer Kraftanstrengungen<br />

bedarf, um den Eichenanteil im potentiell<br />

natürlichen Buchenwald zu sichern<br />

(Baum artengruppe Eiche <strong>in</strong> Hessen 12,6 %<br />

am Gesamtwald, BWI²).<br />

Die biologische Automation im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>es Verzichts auf Misch- und Begleitwuchsregulierung<br />

sowie weitgehende<br />

Tolerierung <strong>in</strong>terspezifischer Konkurrenz<br />

würde im buchengeprägten Dauerwald<br />

<strong>in</strong> überschaubaren Zeiträumen zu e<strong>in</strong>em<br />

deutlichen Rückgang des Eichenanteils<br />

führen. E<strong>in</strong>e Entwicklung, die <strong>in</strong> den <strong>Naturwaldreservate</strong>n<br />

mit Buchenwaldgesellschaften<br />

auch außerhalb Hessens ihre Bestätigung<br />

f<strong>in</strong>det.<br />

Für den forstlichen Praktiker stellt sich<br />

hier die Frage, welchen Beitrag Naturwaldforschung<br />

im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e weitere<br />

Operationalisierung des Prozessschutzes<br />

leisten kann und ggf. Referenz- und<br />

Schwellenwerte für Habitatrequisiten,<br />

Flächengrößen oder Aktions- und Ausbreitungsradien<br />

ausgewählter Arten leisten<br />

kann. Naturschutzleistungen würden<br />

somit leichter verhandelbar und Zielerreichung<br />

messbar. Dies impliziert, dass Prozessschutz<br />

nicht zweckfrei und ziellos ist,<br />

und auch eher nicht der vorläufige Höhepunkt,<br />

quasi das Endglied e<strong>in</strong>er Evolution<br />

von Schutzkonzeptionen, sondern doch<br />

e<strong>in</strong> Instrument, das andere, wie etwa die<br />

Pflege tradierter Waldkulturlandschaft,<br />

ergänzt.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] ALTHOFF, B.; HOCKE, R.; WILLIG, J. (1993): Mitteilungen der<br />

Hessischen Landesforstverwaltung, Bd. <strong>25</strong>). [2] MEYER, P. (1997):<br />

Probleme und Perspektiven der Naturwaldforschung <strong>in</strong> Niedersachsen,<br />

Forstarchiv 68, 87-98. [3] MEYER, P.; RICHTER, O. (2013): E<strong>in</strong>fluss<br />

des Schalenwildes auf die Gehölzverjüngung <strong>in</strong> Naturwäldern, AFZ-<br />

DerWald 3/2013. [4] Landesbetrieb HESSEN-FORST (2008): Hessische<br />

Waldbaufibel – Grundsätze und Leitl<strong>in</strong>ien zur naturnahen Wirtschaftsweise<br />

im hessischen Staatswald. [5] WIEBE, A. (2012): 40 <strong>Jahre</strong><br />

Naturwaldzellen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (Vortrag auf dem Arnsberger<br />

Wald Forum am 19.09.2012). [6] WINTER, S.; WALENTOWSKI, H.;<br />

FISCHER, A. (2009): Neophyten im Wirtschaftswald, LWF aktuell (Bayerische<br />

Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft). [7] BUNDESAMT<br />

FÜR NATURSCHUTZ http://www.bfn.de/0302_neobiota.html. [8] PIE-<br />

CHOCKI, R.; WIERSBINSKI, N.; POTTHAST, T.; OTT, K. (2010): Villmer<br />

Thesen zum „Prozessschutz“ <strong>in</strong> BfN- Skripten 281 (Bundesamt für Naturschutz).<br />

[9] EUROPÄISCHES PARLAMENT (2009): Entschließung<br />

vom 3. Februar 2009 zu der Wildnis <strong>in</strong> Europa (P6_TA(2009)0034).<br />

[10] Europäische Kommission (2011): E<strong>in</strong>e Biodiversitätsstrategie<br />

der EU für das Jahr 2020 (KOM(2011) 244). [11] BUNDESMINIS-<br />

TERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT<br />

(2007): Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (BMU- Broschüre).<br />

[12] PIETZARKA, U.; LEHMANN, M.; ROLOFF, A. (2008):<br />

Sorbus torm<strong>in</strong>alis (L.) Crantz 1763 <strong>in</strong> Enzyklopädie der Holzgewächse.<br />

[13] MÜHLE, H. (2007): Die Eiche, El Dorado für Insekten, LWF aktuell<br />

(Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft).<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 21


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

Der Wert von <strong>Naturwaldreservate</strong>n und<br />

ihrer Erforschung für den Naturschutz<br />

Dietmar Zacharias<br />

<strong>Naturwaldreservate</strong> (NWR) bilden e<strong>in</strong> Netz von Flächen, die sich primär dadurch<br />

auszeichnen, dass <strong>in</strong> ihnen ke<strong>in</strong> direkter menschlicher E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

natürlichen Prozesse stattf<strong>in</strong>det. Hier ist Raum für e<strong>in</strong>e eigendynamische<br />

(natürliche) Entwicklung. NWR stellen somit Modelle der Natur dar und<br />

haben alle<strong>in</strong> hierdurch e<strong>in</strong>en hohen Naturschutzwert. Sie s<strong>in</strong>d damit e<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Grundlage für die Erforschung von Kennzahlen und Prozessen<br />

unserer Waldökosysteme. Und sie stellen nicht nur für die forstliche Praxis,<br />

sondern auch für den Naturschutz wichtige und notwendige Referenzflächen<br />

dar. Darüber h<strong>in</strong>aus bieten sie Lebensraum für e<strong>in</strong>e Vielzahl an Arten,<br />

unter denen sich zahlreiche seltene und gefährdete Species bef<strong>in</strong>den.<br />

NWR s<strong>in</strong>d auf dem Weg<br />

zum natürlichen Wald<br />

In NWR haben eigendynamische Prozesse<br />

ohne jeden direkten menschlichen E<strong>in</strong>fluss<br />

Vorrang. Sie bieten somit Raum für<br />

natürliche Wälder. Je nach E<strong>in</strong>richtung der<br />

e<strong>in</strong>zelnen NWR liegt die letzte Nutzung<br />

jedoch überwiegend erst e<strong>in</strong>ige Jahrzehnte<br />

zurück [1]. In langlebigen Wäldern spiegeln<br />

sich frühere Nutzungsformen, wie die<br />

noch im 19. Jahrhundert weit verbreitete<br />

Waldweide, oft noch bis heute im Bestand<br />

wider, wie die Beispiele des Urwalds Sababurg<br />

oder des NWR Hasbruch e<strong>in</strong>drücklich<br />

zeigen. NWR s<strong>in</strong>d aktuell somit Ausschnitte<br />

der Landschaft mit e<strong>in</strong>er langen Entwicklungs-<br />

und Nutzungsgeschichte.<br />

NWR s<strong>in</strong>d Referenzflächen<br />

für die natürlichen Waldtypen<br />

Dennoch bietet das Netz der NWR die Referenzflächen<br />

für die natürlichen Waldtypen<br />

unserer mitteleuropäischen Landschaft<br />

und ist hierbei von herausragendem<br />

Wert. Dies gilt nicht zuletzt, da häufig<br />

bereits sehr naturnahe Ausgangszustände<br />

<strong>als</strong> NWR ausgewiesen wurden [2] und<br />

diese somit, wie bereits von HESMER 1934<br />

[3] angeregt, die natürlichen, vegetationskundlich<br />

def<strong>in</strong>ierten Waldgesellschaften<br />

repräsentieren.<br />

Für die Forschung stellen die NWR heute<br />

die Referenzen dar, um Kriterien und<br />

Parameter von Nutzwäldern vergleichend<br />

messen und bewerten zu können. Aktuelle<br />

Themen s<strong>in</strong>d neben der Biodiversität (und<br />

hier speziell den waldtypischen Arten),<br />

Totholz und andere Strukturelemente [4],<br />

natürliche Walddynamik, die Entwicklung<br />

der Böden, der Holzvorräte, Biomasseentwicklungen<br />

<strong>in</strong>sgesamt oder die Reaktion<br />

der Vegetation auf atmosphärische Stickstoffe<strong>in</strong>träge<br />

oder e<strong>in</strong>e Zunahme des Kronenschlusses<br />

durch Schattholzarten.<br />

Dr. D. Zacharias<br />

ist Professor für<br />

Angewandte und<br />

Ökologische Botanik an<br />

der Hochschule Bremen,<br />

Fakultät Natur und<br />

Technik.<br />

Dietmar Zacharias<br />

Dietmar Zacharias<br />

Dietmar.Zacharias@hs-bremen.de<br />

22 24/2013 AFZ-DerWald www.forstpraxis.de


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen<br />

◀ NWR s<strong>in</strong>d exzellente Orte, um über natürliche<br />

Dynamik und Naturschutzziele im Wald zu<br />

diskutieren: Dr. PETER MEYER (Mitte) von der NW-<br />

FVA erläutert die Totholzentwicklung im NWR<br />

Weserhänge auf der Abschlussexkursion der<br />

Tagung „<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Hessen“;<br />

rechts: LOTHAR NITSCHE (Redaktion Naturschutz<br />

<strong>in</strong> Hessen); l<strong>in</strong>ks: ANNE WEVELL VON KRÜGER<br />

(FVA Baden-Württemberg).<br />

NWR s<strong>in</strong>d für den Naturschutz<br />

von großem Wert<br />

Für den Naturschutz s<strong>in</strong>d NWR alle<strong>in</strong><br />

durch ihre Existenz von unschätzbarem<br />

Wert. Dies gilt wegen des Wertes von<br />

Flächen mit eigendynamischer Entwicklung<br />

an sich, die nach wie vor <strong>in</strong> unserer<br />

Landschaft nur untergeordnete Flächenanteile<br />

e<strong>in</strong>nehmen. In NWR ist nicht e<strong>in</strong><br />

zuvor def<strong>in</strong>iertes Waldbild oder spezieller<br />

Artenschutz das vorrangige Ziel, sondern<br />

der Schwerpunkt liegt hier <strong>in</strong> dem konsequenten<br />

„Natur Natur se<strong>in</strong> lassen“, man<br />

könnte auch sagen, das Ziel ist „Wildnis“.<br />

Hier ist e<strong>in</strong>e ausreichende Flächengröße<br />

entscheidend, um dynamische Prozesse<br />

nach Sturmereignissen oder Kalamitäten,<br />

die im ökologischen S<strong>in</strong>ne <strong>als</strong> Störungen<br />

def<strong>in</strong>iert werden, ohne nachfolgendes<br />

forstliches E<strong>in</strong>greifen tolerieren zu können.<br />

Durch entsprechende Schlüsselereignisse<br />

wird e<strong>in</strong>e Walddynamik <strong>in</strong>itiiert, die<br />

e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>ander verschiedener Waldentwicklungsphasen<br />

und Strukturen ermöglicht.<br />

Daneben ist die Artenvielfalt e<strong>in</strong> weiteres<br />

Wert gebendes Merkmal der NWR.<br />

So konnten <strong>in</strong> entsprechenden Flächen <strong>in</strong><br />

Hessen mehrere Tausend Tierarten nachgewiesen<br />

bzw. deren zu erwartendes Vorkommen<br />

abgeleitet werden [5]. Deutschlandweit<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> NWR neben typischen Arten<br />

<strong>als</strong> Zeiger und Zeichen von natürlichen<br />

Die alten Kopf-Ha<strong>in</strong>buchen s<strong>in</strong>d im NWR Urwald Hasbruch <strong>in</strong> Niedersachsen Zeugen der gestaltenden<br />

Hand des Menschen, die noch nach Jahrzehnten der eigendynamischen Entwicklung sichtbar ist.<br />

dynamischen Prozessen auch so genannte<br />

Urwald-Reliktarten zu verzeichnen. Unter<br />

letzteren s<strong>in</strong>d häufig auch Arten, die vorrangig<br />

eher an sehr alte Baum<strong>in</strong>dividuen<br />

<strong>in</strong> den NWR gebunden s<strong>in</strong>d <strong>als</strong> primär an<br />

e<strong>in</strong>e eigendynamische Entwicklung an<br />

sich.<br />

Trotz des unbestrittenen Beitrags für<br />

den Erhalt der Artenvielfalt können NWR<br />

ke<strong>in</strong> Ersatz für Waldnaturschutzgebiete<br />

<strong>in</strong>sgesamt se<strong>in</strong>. Mitunter ist auch <strong>in</strong><br />

Schutzgebieten e<strong>in</strong>e forstliche Steuerung,<br />

wie der gezielte Erhalt von Alteichen<br />

durch Zurückdrängen von Schattholzarten,<br />

die Förderung von Eichenverjüngung<br />

oder die Aufrechterhaltung historischer<br />

Waldnutzungsformen, wie bei Hute- oder<br />

Mittelwäldern, notwendig [6]. E<strong>in</strong> gezieltes<br />

Management aus Biotop- oder Artenschutzgründen<br />

ist <strong>in</strong> NWR jedoch nicht<br />

möglich, da dies im Grundsatz ihrer Funktion<br />

<strong>als</strong> Referenzflächen für e<strong>in</strong>e eigendynamische<br />

Entwicklung widersprechen<br />

würde.<br />

Der Eremit<br />

(Osmoderma<br />

eremita),<br />

hier adulter Käfer<br />

und se<strong>in</strong>e Larve,<br />

ist e<strong>in</strong> seltener<br />

und gefährdeter<br />

Bewohner von<br />

Uraltbäumen.<br />

NWR können bei<br />

entsprechenden<br />

Strukturen gute<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

für die nach der<br />

europäischen Fauna-<br />

Flora-Habitatrichtl<strong>in</strong>ie<br />

schutzwürdige Art<br />

bieten.<br />

An und <strong>in</strong> NWR können<br />

Naturschutzziele diskutiert<br />

und Natur erlebt werden<br />

E<strong>in</strong> Wert der NWR, der nicht genug gewürdigt<br />

werden kann, ist ihre Funktion <strong>als</strong><br />

Orte, an denen und am besten <strong>in</strong> denen<br />

die Diskussion über Themen wie Waldentwicklung,<br />

Habitatfunktion von Wäldern<br />

und die Kriterien von Urwäldern schlechth<strong>in</strong><br />

geführt werden kann. Dies gilt <strong>in</strong> gleichem<br />

Maße für forstliche wie für Belange<br />

des Naturschutzes und zwar ebenso für<br />

die Praxis wie auch die Forschung.<br />

Über den Kreis der Fachleute h<strong>in</strong>aus<br />

sollte der Zugang zum Thema „Wildnis“<br />

e<strong>in</strong>er breiteren Öffentlichkeit nicht nur<br />

durch Filme über tropische Regenwälder<br />

oder andere ferne Ökosysteme vermittelt<br />

werden, sondern auch und gerade an Beispielen,<br />

die unmittelbar vor der eigenen<br />

Haustür liegen. So können NWR <strong>als</strong> Orte<br />

der Umweltbildung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

spielen, lassen sich hier bei geführten Exkursionen<br />

oder beim Durchwandern auf<br />

den zugelassenen Wegen Waldbilder erschließen,<br />

die e<strong>in</strong>e Idee von natürlichen<br />

Prozessen und letztlich von den mitteleuropäischen<br />

Urwäldern vermitteln können.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise:<br />

[1] MEYER, P.; BÜCKING, W.; GEHLHAR, U.; SCHULTE, U.; STEFFENS,<br />

R. (2007): Das Netz der <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Deutschland: Flächenumfang,<br />

Repräsentativität und Schutzstatus im Jahr 2007. Forstarchiv<br />

78: 188-196. [2] Datenbank <strong>Naturwaldreservate</strong> <strong>in</strong> Deutschland. Herausgeber:<br />

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. [www.<br />

naturwaelder.de]. 07.11.2013. [3] HESMER, H. (1934): Naturwaldzellen.<br />

Der Deutsche Forstwirt 16 (13 und 14): 133-135 (13) und 141-143<br />

(14). [4] WINTER, S. (2005): Ermittlung von Struktur-Indikatoren zur<br />

Abschätzung des E<strong>in</strong>flusses forstlicher Bewirtschaftungsmaßnehmen auf<br />

Biozönosen von Tiefland-Buchenwäldern. Dissertation Fakultät Forst-,<br />

Geo- und Hydrowissenschaften TU Dresden.[5] SCHMIDT, M.; MEYER,<br />

P.; BLICK, T.; DIETZ, M.; DOROW, W. H. O.; KOPELKE, J.-P.; TEUBER, D.<br />

(2012): Das <strong>Naturwaldreservate</strong>-Programm. Hessische <strong>Naturwaldreservate</strong><br />

im Portrait. 4. Auflage, aktualisiert. Nordwestdeutsche Forstliche<br />

Versuchsanstalt (NW-FVA) & Landesbetrieb Hessen-Forst (Hrsg.). Gött<strong>in</strong>gen,<br />

Kassel. 39 S.[6] ZACHARIAS, D. (1996): Flora und Vegetation von<br />

Wäldern der QUERCO-FAGETEA im nördlichen Harzvorland Niedersachsens<br />

unter besonderer Berücksichtigung der Eichen-Ha<strong>in</strong>buchen-Mittelwälder.<br />

Naturschutz und Landschaftspflege <strong>in</strong> Niedersachsen, 35: 1-150.<br />

www.forstpraxis.de 24/2013 AFZ-DerWald 23

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