„Hollandgänger“ - Noordhoff Uitgevers
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Lesbrief Hollandgänger<br />
Hollandgänger –<br />
Deutsche, die nach Westen zogen<br />
In Holland gibt es viele deutsche Familiennamen: Bauer, Becker, Fassbender, Hartdorff,<br />
Schiffer, Schmidt, Schneider, Schröder, Weber und zahllose andere. Was für Menschen<br />
haben diese Namen nach Holland gebracht?<br />
Viele von ihnen waren Saisonarbeiter oder Kaufleute. Sie verließen ihre deutsche Heimat<br />
vor allem aus Armut, und zogen westwärts. Holland war reich, und es gab dort Arbeit<br />
und Geld. Von ihrem kleinen Bauernhof allein konnten sie nicht leben und andere Arbeit<br />
gab es zu Hause nicht.<br />
Die Not treibt<br />
Schon ab 1650 zogen viele Männer nach<br />
Holland. Es war eine harte Arbeit, als Mäher<br />
zum Beispiel. Man lebte drei Monate in einer<br />
Hütte, und arbeitete vom Sonnenaufgang<br />
bis zum Sonnenuntergang. Diese Arbeit und<br />
die schlechte Kost waren sehr<br />
gesundheitsschädlich. Im Sterberegister<br />
liest man denn auch oft "in Holland<br />
verstorben".<br />
Im Spätsommer musste man wieder zu<br />
Hause sein. Man musste die kleine eigene<br />
Ernte einbringen.<br />
Jahrhunderte lang ging das so. Auch andere<br />
folgten: Soldaten, Seeleute, Marschkrämer,<br />
Mäher, auch Frauen als Mägde, und so<br />
weiter.<br />
Holland braucht Menschen<br />
Holland wurde ab 1580 eine wichtige See- und Handelsmacht und brauchte viele<br />
Arbeitskräfte. Die kamen aus den ärmeren Gebieten im Osten der Niederlande und aus<br />
den deutschen Grenzgebieten.<br />
Eine Chronik: “Mitte Juni kommen die so genannten ‘Hannekemaaiers’. Die Bauern sehen<br />
sie gern, denn sie sind tüchtige Arbeiter. Sechs Wochen arbeiten sie... dann muss die<br />
eigene Ernte eingebracht werden. Sie kehren froh heim, mit 40 Gulden in der Tasche ...”<br />
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Lesbrief Hollandgänger<br />
Ursachen in den deutschen Landen<br />
Gegen 1600 begann in Europa ein katastrophenreiches Zeitalter. Die vielen Kriege mit<br />
ihren Plünderungen vernichteten regelmäßig Ernten. Tiefpunkt in Deutschland war der<br />
verheerende 30-jährige Krieg (1618-1648). Die Niederlande aber erlebten einen<br />
ungeheueren wirtschaftlichen Aufschwung. Das kam nicht zuletzt durch die reichen<br />
Kolonien in Asien und Amerika. Dadurch entstand ein großer Mangel an Arbeitskräften.<br />
Das zeigen die hohen Zahlen der Einwanderer. Und aus den Saisonarbeitern wurden oft<br />
richtige Einwanderer, neue Niederländer also.<br />
Die Zahlen<br />
Junge Männer blieben nämlich nicht selten für immer in Holland und gründeten dort<br />
Familien. Ihr Höhepunkt erreichte die Hollandgängerei zwischen 1700 und 1875. Man<br />
schätzt sie auf 20.000 bis 40.000 im Jahr. Insgesamt Millionen von Menschen also.<br />
An Arbeit fehlte es niemals. Dadurch verdienten die deutschen Gastarbeiter gutes Geld.<br />
Aber deshalb auch hörte man in Holland oft über sie klagen. Manche meinten, dass sie<br />
dem Staat schadeten. Und Holländer wurden aufgemuntert, die Arbeit selbst zu tun.<br />
Bekannte Firmen<br />
Die Politik zwang die Hollandgänger,<br />
eine Nationalität zu wählen. Viele<br />
wählten darauf Holland als ihre neue<br />
Heimat. Darunter auch viele ehemalige<br />
Marschkrämer und Kaufleute.<br />
Schönstes Beispiel sind die Brüder<br />
Clemens und August Brenninkmeyer<br />
aus Westfalen, die anfangs jeden<br />
Winter wieder nach Hause zogen, aber<br />
1861 ihr erstes Geschäft in Sneek<br />
aufmachten.<br />
So wurde: C & A Brenninkmeijer der<br />
größte Modemacher der Welt!<br />
Weitere Beispiele sind Peek &<br />
Cloppenburg, Hünkemöller, Kreymborg, Voss, Lampe, Gerzon,<br />
Vroom & Dreesmann, sowie das Geschäft von Anton Sinkel (de<br />
Winkel van Sinkel) in Utrecht.<br />
Ein Spiegel für heute?<br />
Durch die deutsche Einwanderung lernte Holland das Warenhaus<br />
kennen. Später auch den Weihnachtsbaum, das Pilsener Bier, den<br />
Turnsport und vieles andere mehr.<br />
Diese Geschichte zeigt, dass Menschen auswandern, wie hier nach Holland, aber auch<br />
sonst wohin, aus Not oder fürs Abenteuer. Die europäische Geschichte ist eine<br />
ununterbrochene Serie von Völkerwanderungen. Bis auf heute! Regierungen versuchen<br />
sie zu steuern, aber immer wieder ohne viel Erfolg!<br />
Nach: www.kirchner-raddestorf.de/heimat/regional/fremde.htm und anderen Quellen<br />
Tekening Hannekemaaiers:<br />
www.verreverwanten.nl/themas/vreemdelingen/immigreren%20naar%20de%20natie/80<br />
5.html<br />
Foto Winkel van Sinkel: Sjef Verhoeven<br />
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