Dr. Bäwert - Echte Männer weinen nicht und Frauen sind Mimosen
Dr. Bäwert - Echte Männer weinen nicht und Frauen sind Mimosen
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„<strong>Echte</strong> <strong>Männer</strong> M<br />
<strong>weinen</strong> <strong>nicht</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Frauen</strong> <strong>sind</strong> <strong>Mimosen</strong>….“<br />
Depression, Aggression <strong>und</strong><br />
Burnout<br />
aus geschlechtspezifischer Sicht<br />
„Psychosoziale Ges<strong>und</strong>heit bei Erwachsenen aus<br />
geschlechtsspezifischer Sicht -<br />
Aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen<br />
<strong>und</strong> LösungsansL<br />
sungsansätze“<br />
Kloster Und<br />
26. April 2013<br />
<strong>Dr</strong>.in Andjela <strong>Bäwert</strong><br />
Medizinische Universität t Wien<br />
Universitätsklinik tsklinik für f r Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie
STRESS<br />
definiert sich als subjektiv intensiv unangenehmer<br />
Spannungszustand, der aus der Befürchtung<br />
entsteht, dass eine stark aversive, subjektiv zeitlich<br />
nahe <strong>und</strong> subjektiv lang andauernde Situation sehr<br />
wahrscheinlich <strong>nicht</strong> vollständig kontrollierbar ist,<br />
deren Vermeidung aber subjektiv wichtig erscheint.<br />
(nach Greif/Bamberg/Semmer)
EUSTRESS UND DISTRESS<br />
Selye, , 1976<br />
EUSTRESS: : (belastende) Reize, die als angenehm,<br />
z.B. als Herausforderung oder Anregung<br />
empf<strong>und</strong>en werden<br />
DISTRESS: : belastende Reize, die als Überforderung<br />
erlebt werden (tatsächlicher oder vermeintlicher<br />
Kontrollverlust, der mit Gefühlen der Bedrohung,<br />
Ausgeliefertseins, Hilflosigkeit <strong>und</strong> Abhängigkeit<br />
einhergeht)
Stressverstärker<br />
rker<br />
• Zurückhaltende Wut<br />
• Verleugnete Aggressionen<br />
• Vernachlässigte Bedürfnisse<br />
• Schuldgefühle<br />
hle<br />
• Niedriges Selbstwertgefühl
Hormone der Stressreaktion<br />
Aktive Stressreaktion<br />
(Situation bewältigen)<br />
ADRENALIN (aus NNM)<br />
Passive Stressreaktion<br />
(Situation aushalten)<br />
CORTISOL (aus NNR)<br />
• Herzfrequenz<br />
•Blutdruck<br />
• Immunabwehr<br />
• Konzentration<br />
• Gedächtnis<br />
• Stimmung aufgekratzt<br />
• Aggressivität<br />
• Muskelleistung, Kraft<br />
• Lust <strong>und</strong> Libido<br />
• Immunabwehr<br />
• Konzentration<br />
• Gedächtnis<br />
• Stimmung gedrückt<br />
• Kreativität<br />
• Antrieb, Kraft<br />
• Verdauung<br />
• Lust <strong>und</strong> Libido
Stress <strong>und</strong> Geschlecht<br />
<strong>Frauen</strong><br />
„Externalisieren“<br />
„tend and befriend“<br />
<strong>Männer</strong><br />
„Internalisieren“<br />
„fight or flight“<br />
- Schutz <strong>und</strong> Pflege - Kampf<br />
- Harmonie - Konfrontation<br />
- Sozialkontakte,<br />
- Unterstützung durch andere
Burn-out<br />
:<br />
Historische Daten<br />
• AT Prophet Elias – „Elias MüdigkeitM<br />
digkeit“<br />
• Als Goethe Verwaltungsminister war, fühlte f<br />
er sich<br />
bzgl. seiner Dichtkunst „ausgetrocknet“<br />
• 1911: Beschreibung einer für f r Lehrer typischen<br />
Nervenkrankheit namens „Neurasthenie“ im<br />
Oberpfälzer Schulanzeiger<br />
• 1974: Beginn der wissenschaftlichen Burnout-<br />
Diskussion durch Freudenberger (USA)
Burnout - Definitionen<br />
• Energieverschleiß <strong>und</strong> Erschöpfung<br />
aufgr<strong>und</strong> innerer & äußerer<br />
Überforderung<br />
(Familie, Arbeit, Werte, Gesellschaft)<br />
• Gefühlszustand von übermäßigem Stress,<br />
der persönliche Motivation, Einstellungen<br />
<strong>und</strong> Verhalten beeinträchtigt<br />
• Reaktion auf psychosozialen Stress - Belastung<br />
ohne Aussicht auf Entlastung
Mögliche Ursachen des Burnout-Syndroms<br />
1. Hohe Belastung <strong>und</strong> Eintönigkeit nigkeit bei gleichzeitig<br />
geringer Möglichkeit M<br />
zur Einflussnahme auf den<br />
Arbeitsprozess<br />
2. Geringe Anerkennung bei zugleich starker<br />
persönlicher Verausgabung<br />
3. Fehlende soziale Unterstützung tzung durch<br />
Vorgesetzte <strong>und</strong> Kollegen sowie im persönlichen<br />
Umfeld<br />
4. Hoher Anspruch, anfänglicher nglicher Enthusiasmus,<br />
Fehlen von Erfolgsmaßst<br />
stäben, geringe<br />
Bezahlung, geringe Aufstiegsmöglichkeiten,<br />
glichkeiten,
Aspekte des Burnout-Syndroms<br />
• Emotionale Erschöpfung<br />
• Depersonalisierung („Wer bin ich eigentlich<br />
<strong>und</strong> was <strong>sind</strong> meine Wünsche“)<br />
• negative Einschätzung der persönlichen<br />
Leistungskompetenz<br />
Begleit-/Folgeerscheinungen<br />
• Unzufriedenheit, Resignation,<br />
• Psychosomatische Beschwerden<br />
• Angst, Depression
Mögliche körperliche k<br />
Folgen<br />
von Burn-out<br />
• Schlafstörungen<br />
• Schmerzen<br />
• Funktionelle Herz-Kreislauf<br />
Kreislauf-Beschwerden<br />
• Magen-Darmbeschwerden<br />
• Veränderung des Kortisolstoffwechsels<br />
• Veränderung immunologischer Parameter<br />
• Veränderung des Menstruationszyklus<br />
• Begünstigung koronarer Herzerkrankung
Geschlechtsspezifische Ursachen beim<br />
Burnout-Syndrom<br />
Syndrom: <strong>Frauen</strong><br />
• Doppel- <strong>und</strong> <strong>Dr</strong>eifachbelastung: Familie, Beruf,<br />
Haushalt<br />
• In Ö noch immer: <strong>Frauen</strong> bekommen bis zu ¼<br />
weniger Lohn bei gleicher Arbeit im Vergleich zu<br />
<strong>Männer</strong>n<br />
• <strong>Frauen</strong> in leitenden Positionen haben oft das<br />
Gefühl härter h<br />
arbeiten zu müssen m<br />
als <strong>Männer</strong> M<br />
in<br />
vergleichbaren Jobs gesellschaftliches<br />
Problem? Gesellschaftliche Rolle der Frau?
Geschlechtsspezifische Ursachen beim<br />
Burnout-Syndrom<br />
Syndrom: <strong>Männer</strong><br />
• Rolle des Ernährers der Familie<br />
• Gesellschaftlicher <strong>Dr</strong>uck als Mann im<br />
Beruf erfolgreich zu sein<br />
• <strong>Dr</strong>uck am Arbeitsplatz (schwierige<br />
wirtschaftliche Situation in<br />
Privatwirtschaft, z.B.: im Bankwesen)
Midlife Crisis bei <strong>Männer</strong>n M<br />
versus<br />
Wechseljahre bei <strong>Frauen</strong><br />
• Midlife Crisis bei <strong>Männer</strong>n: M<br />
– Schneller Sportwagen, eine viel jüngere j<br />
Fre<strong>und</strong>in,<br />
vermehrtes Achten auf sein Äußeres,<br />
regelmäß<br />
äßiger Sport, neues Outfit<br />
– Veränderungen <strong>sind</strong> <strong>nicht</strong> getriggert durch<br />
hormonelle Veränderungen<br />
• Wechseljahre bei <strong>Frauen</strong>:<br />
– Hormonelle Umstellung vor <strong>und</strong> nach der<br />
Menopause mit dem Übergang von der<br />
reproduktiven zur postmenopausalen Phase <br />
Rückgang des Östrogens<br />
– Launenhaftigkeit, Hitzewallungen, Depressionen,<br />
Libidoverlust,
Warnsymptome<br />
• Erhöhte hte Stimmungslabilität<br />
• Verminderte Belastbarkeit<br />
• Erhöhte hte Infektanfälligkeit<br />
• Zynismus<br />
• Probleme bei Abgrenzung –<br />
emotional <strong>und</strong> praktisch
Die verschiedenen Ebenen der<br />
Depression<br />
Psyche<br />
Körper<br />
Verhalten
Diagnosekriterien nach ICD-10<br />
Hauptkriterien (A)<br />
‣ Depressive Stimmung<br />
‣ Verlust von Interesse oder Freude<br />
‣ Erhöhte Ermüdbarkeit<br />
Schweregrade<br />
Leicht: Mindestens 2 aus A<br />
<strong>und</strong> 2 aus B<br />
Mittel: Mindestens 2 aus A<br />
<strong>und</strong> 3 aus B<br />
Schwer: Alle aus A <strong>und</strong><br />
mindestens 4 aus B<br />
Symptome bestehen mindestens<br />
2 Wochen!<br />
Nebenkriterien (B)<br />
‣ Verminderte Konzentration<br />
<strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />
‣ Vermindertes Selbstwertgefühl<br />
<strong>und</strong> Selbstvertrauen<br />
‣ Schuldgefühle <strong>und</strong> Gefühle<br />
der Wertlosigkeit<br />
‣ Negative <strong>und</strong> pessimistische<br />
Zukunftsperspektiven<br />
‣ Suizidgedanken, erfolgte<br />
suizidale Handlungen<br />
‣ Schlafstörungen<br />
‣ Appetitminderung
DAS DEPRESSIONS - CONTINUUM<br />
Schlechter Tag: ‘Blues’<br />
Dysthymische Störung<br />
rung: ‘Negativismus’; chronische Form der<br />
depressiven Verstimmung, , die <strong>nicht</strong> alle Kriterien der Depression erfüllt<br />
llt.<br />
Symptome müssen<br />
mind. 2 Jahre anhalten<br />
Anpassungs-oder<br />
Trauerreaktion<br />
Das Gefühl<br />
hl, etwas verloren zu haben, Weinen, Reaktion auf spezifischen<br />
‘Stressor’;meist<br />
zeitlich begrenzt; Bezug zur Krankenpflege: Umgang mit<br />
Sterbenden, Trauernden, Palliativpflege)<br />
Schwere depressive Störung<br />
Verlust des Interesses an der Aussenwelt; Verlust des Gefühls<br />
vom Wert<br />
der eigenen Person; Veränderungen<br />
im Verhalten aber auch biologisch:<br />
Mangel an Neurotransmittern Serotonin (Gl(<br />
Glückshormon) bzw. . Noradrenalin<br />
<strong>und</strong> Veränderungen<br />
der Rezeptoren für die Hormone<br />
C. Landau et al., 1994
Arten <strong>und</strong> Verlauf von Depressionen<br />
Rezidivierende<br />
depressive Störung<br />
Phasisch, unipolar,<br />
Freies<br />
Intervall<br />
Depressive<br />
Episode<br />
Zeit<br />
„Major Depression“<br />
Dysthymie<br />
„Neurotische<br />
Depression“<br />
Depressive Verstimmung über 2 Jahre<br />
Zeit<br />
Bipolare affektive<br />
Störung<br />
„Manisch Depressive<br />
Erkrankung“<br />
Depressive<br />
Episode<br />
Manische<br />
Episode<br />
Zeit
Geschlechtspezifische Symptomatik<br />
• <strong>Männer</strong>:<br />
– Unruhe, Unzufriedenheit<br />
– Gereiztheit, , Aggression<br />
– Verminderte Stresstoleranz<br />
– Erhöhte<br />
hte Risikobereitschaft<br />
– Verminderte Impulskontrolle<br />
– Wutausbrüche<br />
• <strong>Frauen</strong>:<br />
– Antriebsstörung<br />
rung<br />
– Grübeln<br />
beln, Schlafstörung<br />
rung, “Morgens-<strong>nicht</strong>-Aufstehen-können”<br />
– Sozialer Rückzug<br />
– Vernachlässigung<br />
des äußeren<br />
Erscheinungsbildes
Sowohl bei <strong>Frauen</strong> als auch bei <strong>Männer</strong>n<br />
“Selbsttherapie” mit Alkohol oder anderen Suchtmitteln<br />
z.B.:„Legale<br />
Legale“ Abhängigkeit<br />
ngigkeit-<br />
Mother`s little helpers<br />
• 2/3 der LangzeiteinnahmepatientInnen <strong>sind</strong> <strong>Frauen</strong><br />
• 1/3 von diesen ist über 64 Jahre<br />
Verordnung von Tranquilizern <strong>und</strong> Sedativa in Österreich<br />
1999:<br />
Insgesamt<br />
<strong>Frauen</strong><br />
Tranquilizer 1.657.175 1.117.311 (67%)<br />
Sedativa 1.402.780 948.283 (68%)
Die zwei Seiten der gleichen Medaille<br />
Psychische Seite<br />
Körperliche Seite<br />
• Persönlichkeitsfaktoren<br />
• Psychosoziale<br />
Belastung<br />
• Lebenserfahrungen<br />
Depression<br />
• Genetische<br />
Empfindlichkeit<br />
• Hirntätigkeit<br />
• Körperliche<br />
Erkrankungen<br />
Psychotherapie<br />
Pharmakotherapie
Depression ist ist in in den meisten<br />
Fällen gut behandelbar!<br />
Zentrale Behandlungssäulen:<br />
• Medikamentöse Behandlung (v.a. Antidepressiva: SSRIs,<br />
Trizyklika, duale Antidepressiva)<br />
• Psychotherapie<br />
• „Psychoedukation“ <strong>und</strong> Einbindung Angehöriger<br />
Weitere Behandlungsverfahren (im Einzelfall sinnvoll)<br />
• Lichttherapie Wirkung nur bei saisonaler Depression belegt<br />
• EKT bei schwerer therapieresistenter Depression<br />
• Soziotherapie z.B. bei Wiedereingliederungsmaßnahmen<br />
• Sport nur bei sehr leichter Form der Depression<br />
anwendbar!!)
Psychopharmakologische<br />
Behandlung: Antidepressiva<br />
Behandlung der Wahl insbesondere bei schwereren<br />
Depressionen<br />
• Wirkungen:<br />
– Stimmungsaufhellend<br />
– Antriebsfördernd<br />
rdernd oder beruhigend<br />
– Z.T. wirksam gegen Ängste<br />
– Wirkungseintritt erst nach mind. 2 Wochen<br />
– Nebenwirkungen meist nur mittel bis leicht<br />
– Keine Persönlichkeitsver<br />
nlichkeitsveränderung, nderung, keine „Happy-Pillen“<br />
– Keine Suchtgefahr
Geschlechtsspezifische Therapie<br />
• <strong>Frauen</strong> vor der Menopause sprechen auf SSRIs besser an als <strong>Männer</strong><br />
• <strong>Frauen</strong> vor der Menopause sprechen schlechter auf Trizyklika an<br />
(diese<br />
beruhen eher auf Noradrenalinstoffwechsel)<br />
• <strong>Frauen</strong> nach der Menopause sprechen auf Trizyklika genauso gut an<br />
wie <strong>Männer</strong><br />
• Auf die Dualen Antidepressiva sprechen <strong>Frauen</strong> genauso gut an wie<br />
<strong>Männer</strong><br />
• Nebenwirkungen:<br />
– <strong>Männer</strong><br />
bei SSRI-Therapie<br />
Therapie:<br />
• Nachlassen der Libido<br />
• Errektions- bzw. Ejakulationsstörungen<br />
• Deswegen häufigere<br />
Therapieabrüche<br />
– <strong>Männer</strong><br />
bei TZA-Therapie<br />
Therapie:<br />
– Prostatavergrößerung<br />
• Harnverhaltschmerzen<br />
– <strong>Frauen</strong> bei Therapie mit Johanniskraut:<br />
• Wirkverlust der Anti-Baby<br />
Baby-Pille<br />
<strong>und</strong> somit ungewollte<br />
Schwangerschaft
Psychiatrische Erkrankungen<br />
• Generalisiertes Angstsyndrom<br />
• Depression<br />
• Panikstörung<br />
• Phobien<br />
‣ Kommen bei <strong>Frauen</strong> doppelt so häufig<br />
vor als bei<br />
<strong>Männer</strong>n<br />
• Posttraumatische Belastungsstörung<br />
rung:<br />
31 % an <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> 19 % an <strong>Männer</strong>n<br />
entwickeln nach einem<br />
Trauma eine PTSD
Vielen Dank für f r ihre<br />
Aufmerksamkeit!<br />
andjela.baewert@meduniwien.ac.at