gyri gyri gaga - Naxos Music Library
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<strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> <strong>gaga</strong><br />
1
Ludwig Senfl: Was ist die Welt? (Regensburg, Bischöfliche Zentralbibliothek, Proskesche Musiksammlung A.R. 940-941)
<strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> <strong>gaga</strong><br />
Lieder von Lust & Leben der deutschen Renaissance<br />
German Renaissance Songs of Lust & Life<br />
Plaisirs & vie quotidienne de la Renaissance allemande<br />
Stimmwerck<br />
Franz Vitzthum<br />
Countertenor / Contreténor<br />
Klaus Wenk<br />
Tenor / ténor<br />
Gerhard Hölzle<br />
Tenor / ténor<br />
Marcus Schmidl<br />
Bass / basse<br />
als Gast / as guest<br />
Christoph Eglhuber<br />
Renaissancelaute / Renaissance lute / luth de la Renaissance<br />
Renaissancegitarre / Renaissance guitar / guitare de la Renaissance<br />
Schlagwerk / Percussion
Deutsche Lieder der Renaissance<br />
Was ist die Welt? lautet der Beginn einer Komposition<br />
von Ludwig Senfl (um 1489/91-1543).<br />
Einen kleinen Einblick in die Musikwelt des 16.<br />
Jahrhunderts, aber auch ein buntes Bild damaliger<br />
Unterhaltungs-Themen und Alltagssorgen vermitteln<br />
die zahlreichen mehrstimmigen Lieder aus<br />
dieser Zeit. Zwar lässt sich der Wahrheitsgehalt<br />
der Liedtexte nur schwer bestimmen – teilweise<br />
dominieren formelhafte Wendungen und nur in seltenen<br />
Fällen ist ein Verfasser namentlich bekannt –,<br />
doch scheinen häufig menschliche Bedürfnisse und<br />
Sorgen angesprochen, die auch dem heutigen Leser<br />
und Hörer nicht fremd sind. Folgt man der Antwort<br />
des eingangs angesprochenen Liedes von Senfl, so<br />
entsteht ein Abbild der spätmittelalterlichen Gesellschaft,<br />
das einer pessimistischen Weltanschauung<br />
des 21. Jahrhunderts in nichts nachsteht: allein das<br />
Geld beherrsche die von Habgier und Egoismus<br />
geprägte Welt; Fleiß und Frömmigkeit suche man<br />
vergebens. Doch obwohl dieser Topos der Zeitklage<br />
mehrfach auftritt, spiegeln die Liedtexte der<br />
Renaissance auch ganz andere Welten wider. In die<br />
fröhliche und ausgelassene Welt eines Festgelages<br />
entführt Orlando di Lasso (1532?-1594) Audite<br />
nova, das mit der formellen lateinischen Einleitung<br />
scherzhaft um Aufmerksamkeit und Bedeutung<br />
wirbt, um anschließend in madrigalesker Manier<br />
mit zweideutigen Worten und Silben zu spielen.<br />
So erklingt hier das <strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> <strong>gaga</strong>, das den Titel<br />
der vorliegenden Einspielung vorgibt. Eine weitere<br />
Dimension dieser Welt eröffnet wiederum die große<br />
Gruppe der Liebeslieder, die ein reiches Gefühlsleben<br />
offenbart. Meist ist es ein bevorstehender<br />
Abschied oder die Trennung von der Geliebten, die,<br />
wie in Caspar Othmayrs (1515-1553) Der Mon[d]<br />
der steht am höchsten, in poetische Worte und<br />
ergreifende Melodien gekleidet werden.<br />
In der musikalischen Welt der Renaissance steht das<br />
deutschsprachige Lied neben den Gattungen der<br />
Messe, der Motette und etwa den aus Frankreich<br />
und Italien importierten Chansons und Madrigalen.<br />
Als mehrstimmiger Satz entwickelte sich der Gattungstypus<br />
gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Eine<br />
bereits bekannte oder neu geschaffene Melodie<br />
bildet den Kern des Liedsatzes; sie liegt häufig im<br />
Tenor. Dazu treten zwei oder mehr Stimmen, die je<br />
nach Liedtypus die Melodie im akkordischen Satz<br />
oder polyphon begleiten. Der Gestaltung des Textes<br />
und der musikalischen Faktur entsprechend lassen<br />
sich zwei Grundtypen unterscheiden:<br />
Liebeslieder in formelhaften Textphrasen und<br />
komplexer Strophenform wurden meist in einen<br />
dichten polyphonen Satz gekleidet. Der Organist<br />
Paul Hofhaimer (1459-1537) schrieb mit Meins<br />
Traurens ist eine besonders berührende Liebesklage<br />
in dieser Art. Der auffällige Melodiebeginn mit abund<br />
aufsteigendem Quintsprung stimmt mit dem<br />
(um 1524 entstandenen) Psalmlied Aus tiefer Not<br />
schrei ich zu dir überein, mit dem der Satz auch den<br />
phrygischen Modus gemeinsam hat. Das Strophenende<br />
„dann dich also verliesen“ (in der Bedeutung<br />
4
„verlieren“) wird mit einem an die Schlusskadenz<br />
anschließenden und sich in der Tiefe verlierenden<br />
Lauf der Bass-Stimme musikalisch nachgezeichnet.<br />
Ein weiteres außergewöhnliches Stück ist Innsbruck<br />
ich muss dich lassen von Heinrich Isaac (um 1450-<br />
1517). Er war der Komponist der Hofkapelle Kaiser<br />
Maximilians I., und dessen Vorliebe für Innsbruck<br />
wirkte auf den Text ein. Der ursprüngliche Beginn<br />
des Liedes lautete wohl „Zurück muss ich dich<br />
lassen“ und war damit an eine Frau und nicht an<br />
die Stadt gerichtet. Die herzergreifende Melodie,<br />
die im eingespielten Satz im Diskant liegt, fand in<br />
geistlichen Kontrafakturen wie O Welt ich muss dich<br />
lassen und Nun ruhen alle Wälder auch Eingang in<br />
das Repertoire des Kirchenliedes.<br />
Freier in der Wahl der kompositorischen Mittel war<br />
der Komponist dagegen im zweiten Liedtypus, der<br />
sich durch lebensnah erzählende und oftmals erotisch<br />
aufgeladene Texte auszeichnet, die in Wortwahl<br />
und Strophenform einfach gehalten sind. Hier reicht<br />
die Bandbreite der musikalischen Gestaltung von<br />
kunstvoll imitierenden Abschnitten bis hin zu einem<br />
einfachen, rhythmisch deklamierenden Satz. Obwohl<br />
keine älteren einstimmigen Nachweise existieren,<br />
scheinen einige der Melodien bereits vor der Entstehung<br />
des mehrstimmigen Satzes bekannt und verbreitet<br />
gewesen zu sein. Sie wurden oft von mehreren<br />
Komponisten aufgegriffen und in unterschiedlicher<br />
Weise bearbeitet, so dass ganze Liedfamilien entstanden.<br />
Bereits im Glogauer Liederbuch (um 1480<br />
entstanden) ist ein anonymer dreistimmiger Liedsatz<br />
Ach Elslein liebes Elselein aufgezeichnet. Auf der CD<br />
ist dieselbe Melodie in dem Quodlibet von Matthias<br />
Greiter und einem Satz von Ludwig Senfl vertreten.<br />
Der gebürtige Schweizer Ludwig Senfl war ein<br />
Schüler Isaacs und wirkte als Komponist am Hof des<br />
bayerischen Herzogs Wilhelm IV. Die Liedkomposition<br />
nahm in seinem Schaffen einen besonderen<br />
Stellenwert ein, und noch heute sind über 250<br />
seiner Lieder erhalten. Die Tageweise Ich stund<br />
an einem Morgen, in der ein lauschender Erzähler<br />
vom Abschied zweier Liebenden bei Anbruch des<br />
Tages berichtet, hat Senfl allein in sieben nach<br />
Satzart und Stimmenzahl unterschiedliche Sätze<br />
gefasst. In der eingespielten Version ist die Melodie<br />
in den Außenstimmen Diskant und Bass in parallelen<br />
Dezimen zu hören sowie in einer rhythmisch<br />
variierten Form im Tenor. Die einzige frei komponierte<br />
Stimme, der Alt, ist mit zahlreichen Läufen<br />
in kleinen Notenwerten sehr bewegt gestaltet, was<br />
die Möglichkeit einer instrumentalen Ausführung<br />
nahelegt (in der Einspielung ist diese Stimme von<br />
der Laute übernommen). Eine weitere Spielart der<br />
Verarbeitung eines cantus firmus im mehrstimmigen<br />
Satz zeigt Senfl in Wann ich des morgens früh aufsteh.<br />
Die Melodie erklingt viermal hintereinander,<br />
dabei wandert sie jedoch bei jedem Durchlauf in<br />
eine andere Stimme. Zuerst trägt sie der Tenor vor,<br />
ihm folgen Diskant, Alt und Bass. Die im jeweiligen<br />
Durchlauf nicht melodietragenden Stimmen begleiten<br />
in freien Linien und zum Abschluss übernimmt<br />
der Tenor, um an den Anfang anzuknüpfen, noch<br />
einmal die letzte Zeile des Liedes.<br />
Der starke Anstieg in der Überlieferung deutscher<br />
Lieder im 16. Jahrhunderts trifft zusammen mit der<br />
Weiterentwicklung der Drucktechnik für Musik.<br />
Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts hatte der Druck<br />
5
mit beweglichen Lettern neue Möglichkeiten in<br />
der Verbreitung von Texten geschaffen, aber erst<br />
um 1500 begann man, das neue Medium auch<br />
für mehrstimmige Musik zu nützen. Während die<br />
ersten Lieddrucke noch im höfischen Umkreis<br />
entstanden, richteten sich die im zweiten Viertel<br />
des 16. Jahrhunderts gedruckten Sammlungen<br />
stärker am Geschmack der gehobenen bürgerlichen<br />
Schichten aus. Die Anzahl der Trink- und Scherzlieder<br />
nimmt gegenüber den formellen Liebesliedern<br />
und Zeitklagen zu. Eine besondere Spielart dieser<br />
Stücke zum gemeinschaftlichen Musizieren in<br />
fröhlicher Runde stellt das Quodlibet dar, in dem<br />
jeder Stimme eine eigene Liedmelodie zugeteilt ist.<br />
Obwohl Kompositionen dieser Art bereits aus früheren<br />
Jahrhunderten bekannt sind, wird der Begriff<br />
erstmals in einer 1544 gedruckten Liedersammlung<br />
verwendet. Der Herausgeber Wolfgang Schmeltzl<br />
war zum Zeitpunkt des Drucks Schulmeister am<br />
Wiener Schottenstift, ließ die Sammlung mit dem<br />
Titel Guter, seltzamer, und künstreicher Gesang<br />
aber in Nürnberg drucken. Darin findet sich das<br />
eingespielte Quodlibet von Mathias Greiter (um<br />
1494-1550), das in einem vierstimmigen Satz vier<br />
Melodien versammelt: Ach Elslein, aber auch Es<br />
taget vor dem Walde und Greiner, Zanker waren<br />
beliebte Lieder der Zeit. Greiter bediente sich bei<br />
dieser kompositorisch anspruchsvollen Technik<br />
allerdings eines Tricks, denn obwohl der Bass den<br />
Text „Greiner, Zanker“ führt, handelt es sich hier<br />
um eine frei komponierte Stimme, die nicht der<br />
dem Text verbundenen Melodie folgt. Neben dem<br />
Quodlibet im heutigen Verständnis bezeichnet<br />
Schmeltzl mit diesem Begriff aber auch heute als<br />
Kataloglieder bezeichnete Stücke. Ein Beispiel ist<br />
das Spottlied Von Narren, das in schier endloser<br />
Aneinanderreihung alle denkbaren Varianten eines<br />
Narren in hämischer Deklamation aufzählt. Die<br />
Liedsammlung gibt außerdem mit Das erst Fewr<br />
bewaren (Hietz Feur!) von Leonhard Päminger<br />
(1495-1567) einen besonders lebendigen Einblick<br />
in die städtische Klangkulisse der Frühen Neuzeit,<br />
da hier die Rufe des Nachtwächters in einen<br />
Liedsatz gekleidet sind. Die Dreiklangsbewegungen<br />
der Melodie erinnern an den Tonvorrat eines<br />
Signalhorns, das der Nachtwächter mit sich führte,<br />
um seine Rufe zu unterstützen und im Brandfall die<br />
Stadt zu alarmieren.<br />
Ein besonders großes Repertoire an Liedern ließ<br />
der Arzt und Komponist Georg Forster in Druck<br />
bringen. Er hatte selbst eine musikalische Ausbildung<br />
an der Heidelberger Hofkapelle erhalten und<br />
ließ sich nach Studien in verschiedenen deutschen<br />
Städten in Nürnberg nieder. Von 1539 bis 1556<br />
gab er insgesamt fünf Bände mit Liedern heraus,<br />
die wiederholt neu aufgelegt wurden und jeweils<br />
eine spezifische inhaltliche Ausrichtung besitzen.<br />
Im zweiten Band, 1540 in Nürnberg erschienen<br />
und Der andre Theil, kurtzweiliger guter frischer<br />
teutscher Liedlein, zu singen vast lustig betitelt,<br />
sind vor allem Trink- und Schlemmerlieder rund<br />
um das Fest des Hl. Martin (11. November) versammelt,<br />
zu dem traditionell eine Gans geschlachtet<br />
wurde. Daneben stehen aber auch eine Reihe von<br />
Spottliedern mit erotischen Anspielungen, wie Es<br />
hett ein Biedermann ein Weib von Senfl und das<br />
anonyme Tritt auf den Riegel von der Tür, die beide<br />
6
von untreuen Ehefrauen berichten. Eine beliebte<br />
Umschreibung für ein Liebesabenteuer von Partnern<br />
unterschiedlichen Standes (in freier Natur) ist das<br />
„Grasen“, wie es in Isaacs Es wollt ein Mägdlein<br />
grasen gan verwendet wird. Im selben Band ist auch<br />
Ist keiner hie, der spricht zu mir? zu finden, in dem<br />
mit lautmalerischen Silben und der Wiederholung<br />
kurzer Abschnitte die feucht-fröhliche Gasthausatmosphäre<br />
geschildert wird, und Der Pfarrer von<br />
St. Veit, dem man eine Liaison mit seiner schönen<br />
Köchin nachsagt. Aber auch auf einen unverfänglichen,<br />
tänzerisch gestalteten Volksliedsatz wie Drei<br />
Laub auf einer Linden von Johann Leonhard von<br />
Langenau (1515-1534) konnten sich die Käufer<br />
dieses Liederbuches freuen.<br />
In ihrer Vielseitigkeit und Fülle stellen die Forsterschen<br />
Sammlungen eine Art Vermächtnis des Tenorliedes<br />
dar, da kurz nach dem letzten Nachdruck des<br />
zweiten Bandes 1565 ein neuer Liedtypus modern<br />
wurde. Unter dem Einfluss der französischen Chanson<br />
und des italienischen Madrigals öffnete sich<br />
das Lied gegenüber neuen Gestaltungskonzepten<br />
und blieb nicht länger an eine durchgängige Melodielinie<br />
in einer Stimme gebunden. An dieser<br />
Entwicklung beteiligt war Orlando di Lasso, der<br />
aus dem Hennegau im heutigen Belgien stammte,<br />
in Italien ausgebildet wurde und den Albrecht V.<br />
an den Münchner Hof holte. In der von Senfl dort<br />
begründeten Tradition schrieb auch er deutsche<br />
Lieder, die häufig auf Texte aus den alten Liedsammlungen<br />
zurückgreifen, jedoch keine melodischen<br />
Übernahmen aufweisen. Besonders humorvoll ist<br />
das Lied einer Ehefrau, die klagt: Ich hab ein Mann<br />
der gar nichts kann. Die vier Strophen dieses Liedes<br />
werden nicht mehr demselben Satz unterlegt,<br />
sondern sind von Lassus durchkomponiert. Ein<br />
weiterer „Niederländer“, der einen großen Einfluss<br />
auf das Lied nahm, war der aus Antwerpen<br />
stammende Ivo de Vento (um 1545-1575). Von<br />
ihm sind in der vorliegenden Einspielung eine<br />
Vertonung des Volksliedes Die Brinnlein die da<br />
fließen und der Schwank von einem unbedarften<br />
Bauernmädchen, das sich im Bad einen „Dorn“<br />
eintritt, enthalten. Auch er verzichtet hier auf eine<br />
zentrale Liedmelodie und die in der ersten Hälfte<br />
des 16. Jahrhunderts vorherrschende strophische<br />
Anlage. Prägend für den neuen Liedtypus sind<br />
daneben Sätze, die in Textform und musikalischer<br />
Faktur nach dem Vorbild der Villanella geschaffen<br />
sind. Zahlreiche dieser Lieder „nach welscher Art“<br />
stammen von Leonhard Lechner (um 1553-1606),<br />
das heute bekannteste ist das bewegende Liebeslied<br />
Gott b’hüte dich.<br />
Der jüngste Beitrag auf dieser CD, das Mailied<br />
Herzlich tut mich erfreuen, stammt von Michael<br />
Praetorius (1572-1621). Praetorius ist vor allem<br />
als Verfasser des Syntagma musicum bekannt,<br />
einem musiktheoretischen Traktat, der in drei<br />
Bänden die Grundlagen der Musik behandelt und<br />
wertvolle Hinweise zum Instrumentarium und der<br />
Aufführungspraxis der Zeit enthält. Die Frage, in<br />
welchen Besetzungen das Liedrepertoire erklang, ist<br />
jedoch nicht eindeutig zu beantworten. Vermutlich<br />
bestand neben dem rein vokalen Vortrag immer<br />
auch die Möglichkeit, den Gesang instrumental zu<br />
unterstützen oder Stimmen nur mit Instrumenten zu<br />
7
esetzen. Dass die Laute hierfür ein beliebtes Instrument<br />
war, bezeugen zahlreiche Intavolierungen<br />
(Übertragungen in eine Griffschrift) von Liedsätzen.<br />
Als Melodie- und Begleitinstrument konnte sie sowohl<br />
einzelne Stimmen zum Gesang als auch den<br />
gesamten Satz übernehmen. In der vorliegenden<br />
Einspielung ist etwa das Lied Ich armes Maidlein<br />
klag mich sehr zunächst in vokaler Ausführung<br />
in einem Satz von Caspar Othmayr zu hören, an<br />
den die Laute mit einem Satz über dasselbe Lied<br />
von Ludwig Senfl anschließt. Um den Eindruck<br />
der weltlichen Klangkulisse in der Frühen Neuzeit<br />
abzurunden, enthält die CD auch eine Auswahl an<br />
reinen Lautensätzen aus der Handschrift Mus.ms.<br />
1512 der Bayerischen Staatsbibliothek München.<br />
Diese Tabulatur entstand um 1540 wohl im Umkreis<br />
des Münchner Hofes, und alle Sätze sind mit<br />
„HD“ gezeichnet, den Initialen eines bisher nicht<br />
identifizierten Intabulators. Diesem kommt bei der<br />
Übertragung in die Tabulatur eine besondere Rolle<br />
zu, da der Vokalsatz in der Regel nicht Note für<br />
Note übernommen, sondern je nach Können des<br />
Lautenisten mit Umspielungen und Verzierungen<br />
dem Lautenidiom angepasst wurde und somit ein<br />
jeweils einzigartiges Musikstück entstand. Um diese<br />
Veränderungen von Liedvorlage zu Intavolierung<br />
aufzuzeigen, erklingt in der Einspielung von Ich<br />
Clag den tag und alle stundt zuerst der unverziert<br />
übertragene Vokalsatz, dem die verzierte Fassung<br />
folgt. Neben dem Lied zählten vor allem Tanzsätze<br />
zum Lautenrepertoire des 16. Jahrhunderts, immer<br />
wieder finden sich darunter auch „gstraiffte“ Tänze,<br />
deren Name daher rührt, dass das perkussive<br />
Durchstreichen der Saiten als Spieltechnik eingesetzt<br />
wird.<br />
Auf die Frage „Was ist die Welt?“ wird es noch viele<br />
sehr unterschiedliche Antworten geben. Der kleine<br />
Ausschnitt der weltlichen Sphäre des Musiklebens<br />
im deutschsprachigen Bereich des 16. und frühen<br />
17. Jahrhunderts bietet einen vorsichtigen Ansatz,<br />
sich einmal in die Denk- und Lebensweise dieser<br />
vergangenen Welt zu versetzen. In bunten Farben<br />
präsentiert sie sich auf dieser CD mit einer vielseitigen<br />
Auswahl an Musikstücken, die auch den<br />
heutigen Hörer zum Nachdenken und fröhlichen<br />
Schmunzeln anregen werden.<br />
Sonja Tröster<br />
8
Vom nachdenklichen Text über den Zustand der Welt<br />
bis hin zur Beschreibung des bäuerlichen Verdauungsprozesses<br />
reicht die Spannbreite der Renaissanceliteratur.<br />
Die Beschreibung merkwürdiger Ereignisse<br />
des Alltags frönt der Detailtreue, und die bittere<br />
Pille der religiös-moralischen Nutz anwendung wird<br />
leichter geschluckt, wenn die aus Kloster, Kirche<br />
und Wirtshaus stammenden Anekdoten sie süß<br />
ummanteln. Die Kurzprosa ist es, die dem Zuhörer<br />
(!) eine pointierte Anschauung des Menschlichen,<br />
Allzumenschlichen vermittelt. Hierfür ist besonders<br />
der Schwank mit seinen Gefühlsäußerungen und<br />
Erfahrungen geeignet. Vor nichts macht die Erzähllust<br />
halt, nicht wenig wird auf’s Korn genommen. Der<br />
Rundumschlag gegen alle nur erdenklichen Arten<br />
von Narren rührt von der Predigtliteratur her. Im<br />
Lied Von Narren findet sich jeder hie und da wieder!<br />
Die bislang mündlich tradierten Erzählungen und<br />
nunmehr für literaturwürdig befundenen Stoffe sind<br />
der bäuerischen oder städtischen Welt entnommen,<br />
sei es der Ruf des Nachtwächters (Leonhard Päminger),<br />
sei es das Schlachten einer Gans an St. Martin.<br />
Dem Abschied von der Stadt, der Geliebten oder<br />
dem Verwandten wird im Zeitalter der erst langsam<br />
einsetzenden Mobilität ein ungleich größerer Stellenwert<br />
als heute eingeräumt (Herzlich tut mich<br />
erfreuen). Die Zechgesellschaft im Wirtshaus handelt<br />
nach dem antiken „Carpe diem“, das götzendienerische<br />
Gelage wird dem Gottesdienst vorgezogen. Ob<br />
Sehnsucht nach dem Buhlen, Eheklage, Begegnung<br />
mit der Graserin im Freien oder Unkeuschheit im<br />
Pfarrhaus – die mittelalterlichen Schilderungen des<br />
Geschlechtslebens unterliegen durch „Gebrauch“<br />
und mündlicher Überlieferung einem ständigen<br />
Um formungsprozess. Die Liebeslyrik wird erweitert<br />
(Inflagranti-Geschichte), oft, um ihren Protagonisten<br />
in derber oder euphemistischer Sprache der Lächerlichkeit<br />
preiszugeben. Die menschliche Gefühlslage<br />
korrespondiert mit der der Natur. Es wird knapp<br />
und anschaulich, euphemistisch und derb erzählt;<br />
die deftige Pointe sieht, riecht und fühlt man mit.<br />
Der durchweg unbekannte Autor (der Komponist?)<br />
gehört wohl der städtischen Bildungsschicht an. Der<br />
lateinische Aufruf des Lieds – Audite nova! – verstärkt<br />
die Banalität der nachfolgend erzählten Geschichte.<br />
Der Literat macht sich über Eselskirchen (Orlando di<br />
Lasso), allgemein: über die Welt der Bauern, auch<br />
mit sprachlichen Mitteln lustig: Das „Auwe, ich bin<br />
verwundt“ oder jemanden seines „schmertzes (zu)<br />
entladen“ entstammt der Sprache am Hofe, kommt<br />
also den landwirtschaftlichen Mitarbeitern nicht zu.<br />
Als Faustregel gilt: je bekannter die bereits vorliegende<br />
Melodie, desto mehr Strophen werden gedichtet.<br />
Der Dialog in wörtlicher Rede, die Situationskomik<br />
und ihre Realistik beleben die volkstümliche Lyrik,<br />
Motive, Aufbauschemata, Wort- und Formelschatz<br />
wirken mannigfach bis heute weiter. So ersteht vor<br />
unseren Augen ein buntes Bild vom Alltagsleben<br />
der frühneuzeitlichen Gesellschaft, dargeboten in<br />
Geschichten, die Lachen und Weinen machen.<br />
Gerhard Hölzle<br />
9
German Songs from the Renaissance<br />
Was ist die Welt? (What is the World?) is the start<br />
of a composition by Ludwig Senfl (c. 1490-1543).<br />
A small glimpse into the world of music in the<br />
sixteenth century, but it also conveys a colourful<br />
picture of contemporary entertainment themes<br />
and everyday cares in the many part-songs of the<br />
time. In fact the substance of the song texts is only<br />
difficult to us – sometimes stereotyped phrases<br />
predominate, and only rarely is the name of the<br />
author known – but they often seem to mention<br />
human needs and cares, which are not alien even<br />
to readers and listeners of today. The response to<br />
the above-mentioned song of Senfl, with its image<br />
of late medieval society, is that a pessimistic<br />
philosophy of life in the twenty-first century is not<br />
so very different; money alone dominates a world<br />
characterised by greed and egoism; diligence and<br />
piety are forgotten. Although this stock theme of<br />
lamentation appears repeatedly, the song texts<br />
of the Renaissance also reflect a completely<br />
different world. The happy and boisterous world<br />
of a banquet led Orlando di Lasso (1532?-1594)<br />
in Audite Nova, which jokingly attracts attention<br />
and significance with a formal Latin introduction,<br />
to play afterwards with double entendre words<br />
and syllables in a madrigalesque manner. So that<br />
there sounds here the <strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> <strong>gaga</strong>, which gives<br />
us the title of the present recording. On the other<br />
hand, a further dimension of this world opens up<br />
with the huge group of love-songs, which reveals<br />
a rich emotional life. Mostly it is an impending<br />
farewell or the parting of lovers, which, as in<br />
Caspar Othmayr‘s, (1515-1553), Der Mon[d]<br />
der steht am höchsten (The moon which is at its<br />
highest), are clothed in poetic words and affecting<br />
melodies.<br />
In the musical world of the Renaissance the song<br />
in German stands alongside the genres of the<br />
Mass, the motet and, for example, the chansons<br />
and madrigals imported from France and Italy.<br />
This type of genre for several voices developed<br />
towards the end of the fifteenth century. A known<br />
or newly created melody formed the kernel of the<br />
song; it was often in the tenor. To that two or more<br />
voices were added, which each accompanied the<br />
melody harmonically or polyphonically according<br />
to the type of song. The genre can be divided into<br />
two basic types according to the lay-out of the text<br />
and the musical structure:<br />
Love-songs with stereotyped phrases and complex<br />
verse forms were mostly wrapped up in dense<br />
polyphony. The organist Paul Hofhaimer (1459-<br />
1537) wrote Meins Traurens ist (My sorrow is)<br />
which is a particularly moving lover‘s lament of<br />
this kind. The remarkable opening melody, with<br />
downward and upward leaps of a fifth, matches<br />
that of the psalm (from about 1524) Aus tiefer Not<br />
schrei ich zu dir (Out of the deep have I called<br />
unto thee), which is also in the Phrygian mode.<br />
The end of the verse „and so abandoned thee“ (in<br />
the meaning of „to fade“) is depicted musically<br />
both in the final cadence which follows and in the<br />
depth of the fading run in the bass voice. Another<br />
remarkable piece is Innsbruck ich muss dich<br />
lassen (Innsbruck I must leave thee) by Heinrich<br />
Isaac (c. 1450-1517). He was Court Composer for<br />
the Chapel of Emperor Maximilian I, and his love<br />
10
of Innsbruck influenced the text. The beginning<br />
of the song originally read „Zuruck muss ich dich<br />
lassen“ (I must go away and leave thee), and was<br />
addressed to a woman and not to the town. The<br />
heart-rending melody, appearing in the discantus<br />
in the setting recorded here, also found its way, in<br />
sacred double structures like O Welt ich muss dich<br />
lassen (O world I must leave thee) and Nun ruhen<br />
alle Wälder (Now all woods are resting), into the<br />
church song repertoire.<br />
The composer in the second song category,<br />
however, was freer in the choice of compositional<br />
method, which is shown in the texts narrating trueto-life<br />
and often erotic stories, containing simple<br />
word choices and verse forms. Here the range of<br />
the musical lay-out extends from artfully imitative<br />
sections to a simple, rhythmically declamatory<br />
movement. Although no written evidence exists,<br />
it seems that some of the melodies were already<br />
known and circulated before the emergence of the<br />
polyphonic setting. They were often taken up by<br />
several composers and worked in different ways,<br />
so that whole families of songs were produced.<br />
Already in the Glogauer Liederbuch (dating from<br />
c. 1480) an anonymous three-voice setting Ach<br />
Elslein liebes Elselein (O little Else, dear little Else)<br />
appeared. This melody is represented on the CD<br />
by the Quodlibet of Matthias Greiter and in a<br />
setting by Ludwig Senfl.<br />
The Swiss-born Ludwig Senfl was a pupil of<br />
Isaac and worked as composer to the court of<br />
the Bavarian Duke Wilhelm IV. The composition<br />
of songs had a particularly important place in his<br />
output, and today there are still more than 250<br />
songs by Senfl extant. In Ich stund an einem<br />
Morgen (I stood one morning), in which the<br />
eavesdropping narrator tells of the dawn farewell<br />
of two lovers, Senfl alone has conceived seven<br />
settings with different characters and numbers<br />
of voices. In the recorded version the melody is<br />
heard in the outer discantus and bass voices with<br />
parallel tenths, and in a rhythmically varied form<br />
in the tenor. The sole freely composed voice,<br />
the alto, is very turbulent with numerous runs<br />
of small note values, which obviously opens up<br />
the possibility of instrumental performance (in<br />
this recording that part is undertaken by the lute).<br />
Senfl displays another variation in the use of a<br />
cantus firmus in polyphonic settings, in Wann ich<br />
des morgens früh aufsteh (When I rise early in<br />
the morning). The melody is heard four times in<br />
succession, though with each run-through it has<br />
wandered into a different voice. It is sung first by<br />
the tenor, followed by the discantus, alto and bass.<br />
In each run-through the voices not carrying the<br />
melody accompany in a free line, and finally the<br />
tenor, as at the beginning, again undertakes the<br />
last line of the song.<br />
The rise in the tradition of German song in the<br />
sixteenth century coincides with the technical<br />
development of printing music. Already by the<br />
middle of the fifteenth century printing with<br />
movable type had created the possibility of<br />
disseminating texts, but around 1500 the new<br />
medium first began to be used for polyphonic<br />
music. While the initial printing of songs took<br />
place in courtly circles, the direction changed in<br />
the second quarter of the sixteenth century when<br />
collections more to the taste of the sophisticated<br />
middle class were printed. The number of drinking<br />
and jocular songs increased compared to the<br />
formal love songs and laments. A particular kind<br />
of these pieces was represented by the Quodlibet<br />
11
with musicians together in cheerful company,<br />
and with each voice allocated its own popular<br />
song. Although compositions of this type were<br />
already known in earlier centuries, the idea was<br />
first used in a song collection printed in 1544.<br />
At this date, the publisher Wolfgang Schmeltzl<br />
was a schoolmaster in the Viennese Schottenstift,<br />
but had the collection entitled Guter, seltzamer,<br />
und künstreicher Gesang (Good, curious and<br />
artistic Songs) printed in Nuremberg. In this can<br />
be found our recorded Quodlibet by Mathias<br />
Greiter (c. 1494-1550), which assembles four<br />
melodies in four voices: „Ach Elslein“, but also<br />
„Es taget vor dem Walde“ (Day breaks before the<br />
wood) and „Greiner, Zanker“ (Whiner, Squabbler)<br />
were popular songs at the time. Greiter makes<br />
use of this demanding compositional technique<br />
adopting a trick, for although the bass leads<br />
with the text „Greiner, Zanker“, this is a freely<br />
composed part, which does not follow the melody<br />
associated with the text. Besides the Quodlibet as<br />
we understand it today Schmeltzl indicated with<br />
this concept pieces which are known today as<br />
catalogue songs. An example is the satirical song<br />
Von Narren (of fools), which lists in an almost<br />
endless sequence every conceivable variation<br />
of a fool in a malicious declamation. The song<br />
collection also gives, with Das erst Fewr bewaren<br />
(Hietz Feur!) (The first fire protection - Watch the<br />
fire!) by Leonhardt Päminger (1495-1567), an<br />
important living glimpse into the urban sound<br />
picture of early modern times, with the call of the<br />
nightwatchman embodied in a song. The triadic<br />
nature of the melody reminds us of the sound of<br />
a signal horn, which the nightwatchman carries to<br />
support his cry and to raise the alarm in case of<br />
fire in the town.<br />
A particularly large repertoire of songs was printed<br />
for the doctor and composer Georg Forster. He<br />
himself had received a musical education in the<br />
Heidelberg court chapel, and he had settled down<br />
in Nuremberg after studies in various German<br />
towns. From 1539 to 1556 he published altogether<br />
five books of songs, which were repeatedly<br />
reprinted, each time with a specific arrangement<br />
as to the contents. In the second book, which<br />
appeared in Nuremberg in 1540, and was entitled<br />
Der andre Theil, kurtzweiliger guter frischer<br />
teutscher Liedlein, zu singen vast lustig (Another<br />
part of entertaining good new German Ditties, to<br />
be sung very cheerfully), there are collected all the<br />
drinking and feasting songs to do with the Feast of<br />
Saint Martin (11 th November), for which a goose<br />
is traditionally served. At the same time, there is a<br />
series of satirical songs with erotic allusions, like<br />
Es hett ein Biederman ein Weib (An honest man<br />
had a wife) by Senfl, and the anonymous Tritt<br />
auf den Riegel von der Tür (Tread open the bolt),<br />
which both tell about unfaithful wives. A popular<br />
description of an amorous adventure by partners<br />
of different status is the „grasen“, which is used<br />
in Isaac‘s Es wollt ein Mägdlein grasen gan (A<br />
maiden wanted to go to the grass). In the same<br />
book can also be found Ist keiner hie, der spricht<br />
zu mir? (Is there no one here who will speak to<br />
me?), in which onomatopoeic syllables and the<br />
repetition of short sections depict the sweaty and<br />
happy atmosphere of the inn, and Der Pfarrer<br />
von St. Veit (The Vicar of St Veit), in which he is<br />
accused of a liaison with his beautiful cook. But<br />
also a harmless dance-like folk song such as Drei<br />
Laub auf einer Linden (Three leaves on a lime-tree)<br />
by Johann Leonhard of Langenau (1515-1534)<br />
could delight the purchaser of this songbook.<br />
12
In its diversity and richness the Forster collection<br />
represents a kind of legacy of the Tenorlied, so that<br />
shortly after the last reprint of the second book in<br />
1565 a new type of song became fashionable.<br />
Under the influence of the French chanson and<br />
the Italian madrigal a new structure for the song<br />
opened up, and it no longer remained a continuous<br />
melody line tied to one voice. Orlando di Lasso<br />
took part in this development. He came from<br />
Hainaut in modern Belgium, was educated in Italy<br />
and ended up in the Munich court of Albrecht V.<br />
In the tradition established by Senfl he also wrote<br />
German songs, which often went back to texts<br />
from the old song collections, without borrowing<br />
any melodies. Particularly full of humour is the<br />
song of a wife, who laments: Ich hab ein Mann<br />
der gar nichts kann (I have a man who nothing<br />
at all can). The four verses of this song are no<br />
longer set in the same way, but through-composed<br />
by Lassus. Another „Netherlander“, who had<br />
a great influence on songs, was Ivo de Vento<br />
(c. 1545-1575), who came from Antwerp. From<br />
him the present recording includes the setting of<br />
a folksong Die Brinnlein die da fliessen (The little<br />
fountain which flows there) and the comical tale<br />
of a country girl, who steps on a „thorn“ while<br />
bathing. He also does without a central song<br />
melody and the strophic lay-out prevalent in the<br />
first half of the sixteenth century. At the same time,<br />
characteristic of the new type of song are settings,<br />
whose textual and musical structure have been<br />
modelled on the villanella. Many of these songs<br />
„in the Italian style“ come from Leonhard Lechner<br />
(c. 1553-1606), the best known today being the<br />
moving love-song Gott b‘hüte dich (God watches<br />
over thee).<br />
The youngest contribution to this CD, the May<br />
song Herzlich tut mich erfreuen (A warm heart<br />
delights me), is by Michael Praetorius (1572-<br />
1621). Praetorius is known above all as the creator<br />
of the Syntagma musicum, a theoretical music<br />
treatise, which established the basis of music in<br />
three books and contains invaluable advice on<br />
instruments and performance practice from this<br />
time. The question about how the song repertoire<br />
should sound, however, is not clearly answered.<br />
Presumably alongside the pure vocal performance<br />
there is always the possibility as well of singing<br />
with instrumental support or of pure instrumental<br />
performance with voices. For this the lute was<br />
a popular instrument, as indicated by the many<br />
intabulations (transcribed in tablature) of songs.<br />
As a melody or an accompanying instrument it<br />
can take on both a single voice of the song as well<br />
as the whole setting. In the present recording, for<br />
instance, the song Ich armes Maidlein klag mich<br />
sehr (I poor maiden grieve greatly) can be heard<br />
first of all in a vocal performance in a setting by<br />
Caspar Othmayr, to which the lute contributes<br />
a setting of the same song by Ludwig Senfl. In<br />
order to round off the impression of a global<br />
sound picture in early modern times, the CD also<br />
contains a selection of pure lute music from the<br />
manuscript Mus.ms. 1512 in the Bayerischen<br />
Staatsbibliothek in Munich. This tablature<br />
probably originated in Munich court circles, and<br />
all the movements are signed with „HD“, the<br />
initials of an as yet unidentified intabulator. This<br />
gives the intabulation an important rôle, which<br />
does not as a rule assume the vocal part note by<br />
note, but, depending on the ability of the lutenist,<br />
allows it with variation and ornamentation to<br />
adapt to the lute idiom and thus to develop a<br />
13
unique piece of music. In order to show this<br />
change from song to intabulation, in the recording<br />
of Ich Clag den tag und alle stundt (I lament every<br />
hour of the day) we hear first the unembellished<br />
vocal version, followed by the ornamented<br />
version. Alongside the song are ranged above all<br />
dance movements from the lute repertoire of the<br />
sixteenth century, and time and again are found<br />
among them „gstraiffte“ (touching) dances, whose<br />
name suggests the use of the percussive stroking of<br />
the strings as a playing technique.<br />
To the question „Was ist die Welt“ (What is the<br />
world) many different answers are possible. The<br />
small portion of the secular sphere of musical<br />
life in the German-speaking area in the sixteenth<br />
and seventeenth centuries serves as a cautious<br />
approach to put oneself into the thought and life<br />
style of this past age. In bright colours this CD<br />
presents a varied choice of musical pieces, which<br />
will give today‘s listeners food for thought and<br />
raise a smile.<br />
Sonja Tröster<br />
14
From a thoughtful text about the state of the world<br />
to the description of rural digestive processes is an<br />
indication of the breadth of Renaissance literature.<br />
The description of strange everyday events indulges<br />
in detail, and the bitter pill of practical religious<br />
and moral application is easier to swallow if it<br />
is sugar-coated with anecdotes from the cloister,<br />
church and tavern. It is the short piece of prose,<br />
which gives the listener (!) a pointed view of the<br />
human, of the all too human. For this the comic<br />
story is particularly suitable with its expression of<br />
emotions and experiences. Nothing can stop the<br />
delight in a story, especially when tabs are kept on<br />
it. The sweeping blow against every conceivable<br />
kind of fool stems from the literature of sermons.<br />
In the song Von Narren we all recognize ourselves<br />
every so often! The stories, which up to now had<br />
been handed down orally and hence material<br />
deemed worthy for literature, were withdrawn<br />
from the rural and urban world, whether it was the<br />
cry of the nightwatchman (Leonhard Päminger)<br />
or the killing of the goose for St. Martin. From<br />
the farewell to the town, to the beloved or<br />
the relative, in the age of gradually increasing<br />
mobility a different and greater status was given<br />
to it (Herzlich tut mich erfreuen – „A warm heart<br />
delights me“). The booze-up in the tavern recalls<br />
the old „carpe diem“, the idolatrous feast is given<br />
priority over the church service. If longing for the<br />
mistress, the sorrows of marriage, meeting with<br />
the grass maiden in the open or unchastity in the<br />
presbytery – the medieval description of the sex<br />
life through „custom“ and oral tradition succumbs<br />
to a permanent transformation. The lyrics of lovesongs<br />
are often widened (in flagrante stories), in<br />
order to expose their protagonists in strong or<br />
euphemistic language to ridicule. The human<br />
emotional state corresponds to its nature. It is<br />
recounted concisely and vividly, euphemistically<br />
and strongly; one can see, smell and feel the ribald<br />
punch-line. The always unknown author (the<br />
composer?) really belongs to the urban culture.<br />
The Latin appeal of the songs – Audite nova!<br />
- increases the banality of the narrative which<br />
follows. The man of letters generally got stuck<br />
into the church as a donkey (Olando di Lasso);<br />
into the world of the peasant, also with jovial<br />
language: the „Auwe ich bin verwundt“ (Oh dear!<br />
I am amazed) or any one of his „outbursts causing<br />
pain“ comes from the language of the court,<br />
not suitable for the agricultural worker. The rule<br />
of thumb is valid: the better known the existing<br />
melodies are the more verses are composed. The<br />
dialogue in direct speech, the comic situation and<br />
its realism enliven the traditional lyric, subject,<br />
structure, vocabulary and phrases and is still<br />
operating in many ways to this day. So there rises<br />
up before our eyes a colourful picture of everyday<br />
life in the early society of modern times, presented<br />
in stories to make one laugh and cry.<br />
Gerhard Hölzle<br />
15
Chansons allemandes de la Renaissance<br />
Was ist die Welt? [Qu’est-ce le monde ?] : c’est sur<br />
ces mots que s’ouvre une composition de Ludwig<br />
Senfl (vers 1490-1543). Les nombreuses chansons<br />
à plusieurs voix de l’époque donnent un petit<br />
aperçu de l’univers musical au 16 ème siècle mais<br />
brossent aussi un tableau haut en couleur des<br />
sujets de divertissement et des soucis quotidiens<br />
d’alors. Certes, on ne peut que difficilement<br />
définir la teneur authentique des textes – parfois<br />
dominent des tournures formelles et un auteur<br />
n’est connu nommément que dans de rares cas –<br />
cependant, les besoins et soucis humains semblent<br />
être des sujets récurrents, qui ne sont pas non plus<br />
étrangers au lecteur et à l’auditeur d’aujourd’hui.<br />
Si l’on suit la réponse de la chanson de Senfl<br />
évoquée au début, il en naît une illustration de<br />
la société de la fin du Moyen-âge qui n’a rien<br />
à envier au pessimisme du 21 ème siècle : seul<br />
l’argent gouverne un monde pétri de convoitise<br />
et d’égoïsme ; on cherchera en vain zèle et piété.<br />
Mais bien que ce lieu commun de la plainte sur<br />
le temps présent revienne à plusieurs reprises, les<br />
textes des chansons de la Renaissance reflètent<br />
aussi des univers tout différents. Audite nova de<br />
Roland de Lassus (1532?-1594) nous emporte dans<br />
l’atmosphère joyeuse et débridée d’un banquet qui<br />
quête plaisamment attention et reconnaissance<br />
avec l’introduction formelle en latin, pour jouer<br />
ensuite à la manière madrigalesque avec des<br />
mots et syllabes à double sens. C’est dans ce<br />
contexte qu’est chanté le <strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> <strong>gaga</strong> qui<br />
donne son titre à notre enregistrement. Le grand<br />
groupe des chansons amoureuses qui révèle une<br />
riche vie affective dévoile une autre dimension<br />
de ce monde. Le sujet en est le plus souvent un<br />
adieu imminent ou la séparation d’avec la bienaimée,<br />
qui, comme dans Der Mon[d] der steht<br />
am höchsten de Caspar Othmayr (1515-1553),<br />
revêtent des paroles poétiques et des mélodies<br />
émouvantes.<br />
Dans l’univers musical de la Renaissance, la<br />
chanson germanophone a sa place aux côtés des<br />
genres de la messe, du motet et par exemple des<br />
chansons et madrigaux importés de France et<br />
d’Italie. Ce type caractéristique du genre évolue<br />
en une composition à plusieurs voix vers la fin<br />
du 15ème siècle. Une mélodie déjà connue ou<br />
nouvelle constitue le cœur de la chanson ; elle est<br />
souvent confiée au ténor. À cela viennent s’ajouter<br />
deux ou plusieurs voix qui accompagnent la<br />
mélodie en fonction du type de chanson dans une<br />
composition en accords ou polyphonique. Selon<br />
l’agencement du texte et la facture musicale, on<br />
distingue deux types fondamentaux :<br />
Les chansons d’amour dans des phrases textuelles<br />
formelles et de forme strophique complexe étaient<br />
le plus souvent serties dans une dense composition<br />
polyphonique. L’organiste Paul Hofhaimer (1459-<br />
1537) écrivit avec Meins Traurens ist une plainte<br />
amoureuse particulièrement touchante de ce<br />
genre. Le début frappant de la mélodie avec un<br />
16
saut de quinte descendant et ascendant concorde<br />
au chant psalmique Aus tiefer Not schrei ich<br />
zu dir (datant de 1524 environ), avec lequel<br />
la composition a aussi en commun le mode<br />
phrygien. La fin de la strophe « dann dich also<br />
verliesen » (dans la signification de « verlieren »<br />
= perdre) est dessinée en musique avec un<br />
cours de la voix de basse suivant la cadence de<br />
conclusion et se perdant dans les profondeurs.<br />
Une autre pièce d’exception est Innsbruck ich<br />
muss dich lassen de Heinrich Isaac (vers 1450-<br />
1517). Il fut le compositeur de la chapelle de la<br />
cour de l’empereur Maximilien I er , et son affinité<br />
à Innsbruck rejaillit sur le texte. À l’origine, le<br />
début était « Zurück muss ich dich lassen » et<br />
s’adressait donc non pas à la ville mais à une<br />
femme. La mélodie déchirante située à la voix<br />
supérieure dans la composition enregistrée trouva<br />
accès dans le répertoire du chant d’église avec des<br />
contrefactures sacrées telles que O Welt ich muss<br />
dich lassen et Nun ruhen alle Wälder.<br />
Le compositeur était par contre plus libre dans<br />
le choix des moyens de composition dans le<br />
deuxième type de chanson qui se distingue par<br />
des textes au récit proche de la réalité et souvent<br />
chargés d’érotisme, simples dans le choix des<br />
mots et la forme strophique. Ici, la palette de<br />
l’agencement musical va de passages en imitation<br />
pleins d’art à des compositions simples à la<br />
déclamation rythmée. Bien qu’il n’existe aucune<br />
preuve ancienne uniforme, certaines des mélodies<br />
semblent déjà avoir été connues et diffusées avant la<br />
naissance de la composition à plusieurs voix. Elles<br />
furent souvent reprises par plusieurs compositeurs<br />
et arrangées différemment, ce qui fut à l’origine<br />
de familles entières de chansons. Déjà dans le<br />
Glogauer Liederbuch (écrit vers 1480), une chanson<br />
anonyme à trois voix Ach Elslein liebes Elselein y<br />
est consignée. Sur le CD, cette même mélodie est<br />
représentée dans le Quodlibet de Matthias Greiter<br />
et dans une composition de Ludwig Senfl.<br />
Ludwig Senfl, suisse d’origine, fut un élève<br />
d’Isaac et travaille comme compositeur à la cour<br />
du duc de Bavière Guillaume IV. La composition<br />
de chansons occupe dans sa création une place<br />
particulière et aujourd’hui encore, plus de 250<br />
de ses chansons sont conservées. Senfl a écrit<br />
en sept compositions différentes selon le type<br />
de composition et le nombre de voix l’aube Ich<br />
stund an einem Morgen, dans laquelle un récitant<br />
aux aguets rapporte l’adieu de deux amants au<br />
point du jour. Dans la version enregistrée, la<br />
mélodie est portée par les voix extrêmes déchant<br />
et basse en dixièmes parallèles ainsi que dans<br />
une forme au rythme varié au ténor. La seule voix<br />
librement composée, l’alto, est très agitée avec<br />
de nombreux passages rapides en petites valeurs<br />
de notes, ce qui suggère la possibilité d’une<br />
exécution instrumentale (dans l’enregistrement,<br />
cette voix est reprise par le luth). Senfl fait la<br />
démonstration d’un autre jeu du traitement d’un<br />
cantus firmus dans une composition à plusieurs<br />
voix Wann ich des morgens früh aufsteh. La<br />
mélodie sonne quatre fois successivement, mais<br />
elle passe respectivement à une autre voix à<br />
chaque reprise. Elle est tout d’abord au ténor,<br />
puis à la voix supérieure, alto et basse. Les voix<br />
qui ne portent pas la mélodie dans le passage<br />
17
espectif accompagnent en des lignes libres et en<br />
conclusion, le ténor reprend encore une fois le<br />
dernier vers de la chanson pour faire le lien avec<br />
le début.<br />
La forte augmentation de la conservation des<br />
chansons allemandes au 16ème siècle va de<br />
pair avec le développement de la technique de<br />
l’imprimerie pour la musique. Dès le milieu<br />
du 15 ème siècle, l’imprimerie avec des lettres<br />
mobiles avait créé de nouvelles possibilités dans<br />
la diffusion des textes. Mais c’est seulement vers<br />
1500 que l’on commença à exploiter ce nouveau<br />
support pour la musique polyphonique aussi.<br />
Tandis que les premières gravures de chansons ne<br />
virent le jour que dans un contexte de cour, les<br />
recueils imprimés dans le second quart du 16ème<br />
siècle s’adressaient plus fortement au goût de la<br />
haute bourgeoisie. Le nombre des chansons à<br />
boire et humoristiques augmente par rapport aux<br />
chansons d’amour et plaintes du temps formelles.<br />
Le quodlibet constitue une prestation particulière<br />
de ces pièces pour la pratique musicale en<br />
joyeuse société, dans lequel chaque voix est dotée<br />
d’une chanson populaire propre. Bien que des<br />
compositions de ce genre aient été déjà connues<br />
dans les siècles précédents, le terme est utilisé<br />
pour la première fois dans un recueil de chansons<br />
imprimé en 1544. Au moment de l’impression,<br />
l’éditeur Wolfgang Schmeltzl était maître d’école<br />
au Couvent des Écossais de Vienne, mais fit<br />
graver le recueil intitulé Guter, seltzamer, und<br />
künstreicher Gesang à Nuremberg. On y trouve<br />
le Quodlibet de Mathias Greiter (vers 1494-1550)<br />
ici enregistré qui regroupe quatre mélodies dans<br />
une composition à quatre voix : « Ach Elslein »,<br />
mais aussi « Es taget vor dem Walde » et « Greiner,<br />
Zanker » étaient des chansons appréciées de<br />
l’époque. Dans cette technique complexe sur le<br />
plan de la composition, Greiter a toutefois recours<br />
à une astuce, car bien que la basse conduise le<br />
texte « Greiner, Zanker », il s’agit ici d’une partie<br />
librement composée qui ne suit pas la mélodie<br />
liée au texte. Mais en dehors du quodlibet dans<br />
le sens actuel du terme, Schmeltzl désigne ici<br />
avec ce terme des pièces caractérisées comme<br />
chansons de catalogue. Un exemple en est la<br />
chanson parodique Von Narren, qui énumère<br />
dans une succession presque interminable toutes<br />
les variantes possibles et imaginables d’un fou<br />
dans une déclamation pleine de venin. Le recueil<br />
de chansons donne en outre avec Das erst Fewr<br />
bewaren (Hietz Feur!) de Leonhard Päminger<br />
(1495-1567) une vue particulièrement vivante de<br />
la coulisse sonore de la ville dans ces débuts de<br />
l’époque moderne, étant donné qu’ici, les appels<br />
du veilleur de nuit sont coulés dans une chanson.<br />
Les mouvements d’accords parfaits de la mélodie<br />
rappellent la réserve tonale d’un cor de signal que<br />
le veilleur de nuit avait avec lui pour soutenir ses<br />
appels et alarmer la ville en cas d’incendie.<br />
Le médecin et compositeur Georg Forster<br />
fit imprimer un répertoire de chansons<br />
particulièrement volumineux. Il avait lui-même<br />
reçu une formation musicale à la chapelle<br />
de la cour de Heidelberg et s’était établi à<br />
Nuremberg après avoir étudié dans différentes<br />
18
villes allemandes. De 1539 à 1556, il édita 5<br />
volumes de chansons en tout qui furent sans cesse<br />
rééditées et possédant chacune une orientation<br />
spécifique quant à la teneur. Le deuxième<br />
volume, paru en 1540 à Nuremberg, intitulé Der<br />
andre Theil, kurtzweiliger guter frischer teutscher<br />
Liedlein, zu singen vast lustig, rassemble surtout<br />
des chansons à boire et à manger gravitant autour<br />
de la fête de saint Martin (11 novembre), avec<br />
l’oie traditionnelle comme repas de fête. Mais<br />
on y trouve aussi toute une série de chansons<br />
humoristiques aux allusions érotiques, comme<br />
Es hett ein Biedermann ein Weib de Senfl et<br />
l’anonyme Tritt auf den Riegel von der Tür, ayant<br />
toutes deux pour thème les épouses infidèles. Une<br />
périphrase très goûtée pour les ébats amoureux de<br />
partenaires de condition différente (en plein air)<br />
est le terme « Grasen » [à peu près équivalent à<br />
se rouler dans l’herbe], comme le reprend Isaac<br />
dans Es wollt ein Mägdlein grasen gan. Figurent<br />
aussi dans le même volume Ist keiner hie, der<br />
spricht zu mir?, où est décrite l’atmosphère<br />
joyeuse et avinée d’une taverne au moyen de<br />
syllabes onomatopéiques et de répétitions de brefs<br />
passages, et Der Pfarrer von St. Veit, à qui l’on<br />
attribue une liaison avec sa belle cuisinière. Mais<br />
les acheteurs de ce livre de chansons pouvaient<br />
aussi se réjouir d’une composition de chanson<br />
populaire anodine et dansante comme Drei<br />
Laub auf einer Linden de Johann Leonhard de<br />
Langenau.<br />
Les recueils de Forster constituent dans leur<br />
éclectisme et leur foisonnement une sorte de<br />
testament du chant de ténor, étant donné qu’un<br />
nouveau type de chanson devint moderne peu<br />
après la dernière réimpression du 2ème volume<br />
en 1565. Sous l’influence de la chanson française<br />
et du madrigal italien, la chanson s’ouvrit à<br />
de nouveaux concepts structurels et finit par<br />
abandonner une ligne mélodique continue dans<br />
une voix. Roland de Lassus (en ital. Orlando di<br />
Lasso) participa à cette évolution, originaire du<br />
Hennegau dans la Belgique actuelle, formé en<br />
Italie et appelé par Albrecht V à la cour de Munich.<br />
Dans la tradition créée par Senfl, il écrivit lui aussi<br />
des chansons allemandes qui reprennent souvent<br />
des textes des anciens recueils mais sans recours à<br />
leurs mélodies toutefois. La chanson d’une femme<br />
mariée qui se plaint de son époux Ich hab ein<br />
Mann der gar nichts kann est particulièrement<br />
humoristique. La musique des quatre strophes<br />
de cette chanson n’est plus de forme strophique,<br />
Lassus les dote d’une composition de forme<br />
ouverte. Un autre « Néerlandais » qui exerça<br />
une grande influence sur la chanson est Ivo de<br />
Vento (vers 1545-1575), originaire d’Anvers. Cet<br />
enregistrement présente de lui une composition<br />
de la chanson populaire Die Brinnlein die da<br />
fließen et la farce d’une jeune paysanne naïve<br />
qui s’enfonce une « épine » en prenant un bain.<br />
Lui aussi renonce à une mélodie centrale et à la<br />
structure strophique dominante dans la première<br />
moitié du 16ème siècle. Déterminantes pour ce<br />
nouveau genre de chanson sont en outre des<br />
compositions inspirées du modèle de la villanelle<br />
dans la forme textuelle et la facture musicale.<br />
Nombre de ces chansons « à l’italienne » sont<br />
19
de Leonhard Lechner (vers 1553-1606), la plus<br />
connue aujourd’hui est l’émouvante chanson<br />
d’amour Gott b’hüte dich.<br />
La contribution la plus récente à ce CD, la<br />
chanson de mai Herzlich tut mich erfreuen, est<br />
de Michael Praetorius (1572-1621). Praetorius<br />
est surtout connu comme l’auteur du Syntagma<br />
musicum, un traité de théorie musicale analysant<br />
en trois volumes les fondements de la musique et<br />
contenant des conseils précieux sur les instruments<br />
et la pratique d’exécution. La question de savoir<br />
dans quelles distributions le répertoire de chansons<br />
était joué n’est cependant pas si simple à résoudre.<br />
Sans doute existait-il la possibilité, en dehors de la<br />
prestation purement vocale, de soutenir le chant par<br />
des instruments ou de remplacer les voix par des<br />
instruments. Le fait que le luth ait été un instrument<br />
apprécié pour cela est attesté par de nombreuses<br />
tablatures (transpositions dans un système de grille)<br />
de compositions de chansons. Comme instrument<br />
mélodique ou d’accompagnement, il pouvait aussi<br />
bien se charger de voix isolées pour le chant que de<br />
toute la composition. Dans notre enregistrement,<br />
on peut entendre par exemple la chanson Ich armes<br />
Maidlein klag mich sehr tout d’abord en exécution<br />
vocale dans une composition de Caspar Othmayr,<br />
sur laquelle le luth enchaîne avec une composition<br />
sur la même chanson de Ludwig Senfl. Afin de<br />
compléter l’impression générale de la coulisse<br />
sonore profane au début de l’époque moderne, ce<br />
CD contient aussi un choix de compositions pour<br />
le luth toutes issues du manuscrit Mus.ms. 1512 de<br />
la « Bayerischen Staatsbibliothek München ». Cette<br />
tablature date de 1540 environ, venant du contexte<br />
de la cour de Munich et toutes les compositions<br />
comportent la mention « HD », les initiales d’un<br />
tabulateur non identifié jusqu’à aujourd’hui. Il<br />
revient à ce dernier un rôle particulier dans la<br />
transposition en tablature, étant donné que la<br />
composition vocale n’est pas reprise note par note<br />
en général, mais était adaptée à l’idiome du luth<br />
selon les capacités du luthiste avec des paraphrases<br />
et des ornements, ce qui donnait naissance à<br />
une pièce musicale unique chaque fois. Afin de<br />
mettre en évidence ces changements du modèle<br />
de chansons en tablature, l’enregistrement de Ich<br />
Clag den tag und alle stundt propose tout d’abord<br />
la composition vocale sans ornements, suivie de<br />
la version ornementée. En dehors de la chanson,<br />
notamment les danses entraient dans le répertoire<br />
du luth au 16 ème siècle. On y trouve fréquemment<br />
aussi des danses « gstraiffte » (effleurées), ce terme<br />
venant de l’effleurement percussif des cordes<br />
comme technique de jeu.<br />
Il existera encore beaucoup de réponses différentes<br />
à la question « Qu’est-ce le monde ? ». Ce petit<br />
extrait de la sphère profane de la vie musicale<br />
dans l’espace germanophone des 16 ème et 17 ème<br />
siècles permet de se plonger prudemment dans la<br />
pensée et le mode de vie de ce monde enfui. Ce<br />
CD les présente sous toutes ses facettes irisées en<br />
un choix divers de pièces musicales qui inciteront<br />
l’auditeur moderne à réfléchir et à sourire avec<br />
amusement .<br />
Sonja Tröster<br />
20
L’envergure du répertoire de la Renaissance se<br />
déploie du texte méditatif sur l’état du monde à<br />
la description du processus digestif du paysan. La<br />
description d’évènements curieux du quotidien<br />
s’adonne à la fidélité des détails, et la pilule amère<br />
de l’utilisation édifiante religieuse et morale est<br />
plus facile à avaler si elle est revêtue des anecdotes<br />
issues des couvents, de l’église et de la taverne.<br />
C’est la prose brève qui donne à l’auditeur (!)<br />
une vision acérée de l’humain, trop humain. Ici,<br />
la farce convient particulièrement bien avec ses<br />
émotions et ses expériences. La joie du récit ne<br />
se laisse pas brider, sa moquerie épargne bien<br />
peu de choses. L’attaque générale contre tous les<br />
types imaginables de fous vient du contexte du<br />
prêche. Dans la chanson Von Narren, chacun peut<br />
s’identifier ici ou là ! Les récits de tradition orale<br />
jusque là et les sujets considérés désormais comme<br />
dignes de la littérature sont repris du monde rural<br />
ou citadin, qu’il s’agisse de l’appel du veilleur de<br />
nuit (Leonhard Päminger), ou de l’abattage d’une<br />
oie à la Saint- Martin. L’adieu à la ville, à la bienaimée<br />
ou au parent se voit accorder une importance<br />
incommensurable par rapport à notre époque du fait<br />
d’une mobilité encore très réduite alors (Herzlich<br />
tut mich erfreuen). La joyeuse société bien arrosée<br />
à l’auberge agit selon le principe antique du « Carpe<br />
diem », on préfère la beuverie idolâtre à la messe.<br />
Désir de l’amant, plainte conjugale, rendez-vous<br />
sur l’herbe ou actes impudiques au presbytère<br />
- les descriptions médiévales de la vie sexuelle<br />
sont soumises à un processus de transformation<br />
permanent par « l’usage » et la tradition orale. La<br />
poésie amoureuse est élargie (histoire de flagrant<br />
délit), souvent pour ridiculiser ses protagonistes<br />
dans un langage grossier ou euphémique. Les<br />
sentiments humains sont le reflet de la nature. Le<br />
récit est lapidaire et clair, euphémique et grossier ;<br />
on voit, on sent et on ressent la pointe corsée.<br />
L’auteur inconnu sans exception (le compositeur?)<br />
fait bien partie de la couche sociale cultivée<br />
citadine. L’exclamation latine de la chanson –<br />
Audite nova! – renforce la banalité de l’histoire qui<br />
est ensuite racontée. L’auteur se moque des églises<br />
d’ânes (Orlando di Lasso), autrement dit : du monde<br />
paysan, également par des moyens linguistiques : le<br />
« Auwe, ich bin verwundt » ou « faire part de sa<br />
douleur » à quelqu’un s’enracine dans le langage<br />
courtisan, ne convient donc pas aux travailleurs<br />
des champs. La règle d’or est : plus la mélodie<br />
déjà existante est connue, plus on compose de<br />
strophes. Le dialogue en discours direct, le comique<br />
de situation et son sens du réalisme donnent tout<br />
son souffle à la poésie populaire, aux motifs,<br />
aux schémas structurels, richesse sémantique et<br />
formelle ont un impact encore aujourd’hui à bien<br />
des égards. Il naît devant nos yeux un tableau haut<br />
en couleur de la vie quotidienne dans cette société<br />
du début de l’ère moderne, présenté en histoires qui<br />
font rire et pleurer.<br />
Gerhard Hölzle<br />
21
1 Audite nova! 1<br />
Der Bau’r von Eselskirchen,<br />
der hat ein feiste ga ga Gans,<br />
das <strong>gyri</strong> <strong>gyri</strong> ga ga Gans!<br />
Die hat ein langen, feisten,<br />
dicken, weidelichen 2 Hals,<br />
bring her die Gans,<br />
hab dir’s, 3 mein trauter Hans!<br />
Rupf sie, zupf sie,<br />
sied’ sie, brat’ sie,<br />
z’reiß sie, friß sie!<br />
Das ist Sankt Martins Vögelein,<br />
dem können wir nit Feind sein!<br />
Knecht Heinz, bring her ein guten Wein<br />
und schenk und tapfer 4 ein,<br />
laß umhergan,<br />
in Gottes Nam’<br />
trinken wir<br />
gut Wein und Bier<br />
auf die g’sotten Gans,<br />
auf die braten Gans,<br />
auf die junge Gans,<br />
daß sie uns nit schaden mag.<br />
1 2<br />
Hört das Neue! stattlichen<br />
3 4<br />
Halt sie fest! tüchtig<br />
2 Ach Elslein, liebes Elslein mein,<br />
wie gern wär’ ich bei dir!<br />
So sein zwei tiefe Wasser<br />
wohl zwischen dir und mir.<br />
„Das bringt mir großen Schmerzen,<br />
herzallerliebster Gsell. 1<br />
Red’ ich von ganzem Herzen,<br />
hab’s für groß Ungefäll.“ 2<br />
„Hoff’, Zeit werd’ es wohl enden,<br />
hoff’, Glück werd’ kummen drein,<br />
sich in alls Guets verwenden, 3<br />
herzliebstes Elselein!“<br />
1<br />
junger, unverheirateter Mann (heute noch: Junggeselle)<br />
2<br />
als Mißgeschick vorhalten<br />
3<br />
sich alles zum Guten wenden<br />
3 Die brinnlein, die da fliessen,<br />
die sol man trincken,<br />
und wer ein steten 1 bulen hat,<br />
der sol im wincken,<br />
ja wincken mit den augen<br />
und treten auff den fuß, 2<br />
es ist ein herter orden, 3<br />
der sein buln meiden muß.<br />
1 2<br />
beständigen füßeln<br />
3<br />
harter Brauch, hartes Gesetz<br />
4 Es wollt ein Mägdlein grasen 1 gan,<br />
„fick mich, lieber Peter“.<br />
Und da die roten Röslein stohn.<br />
„Fick mich mehr, du hast’s ein Ehr,<br />
kannst du’s nit, ich will dich’s lehr’n,<br />
fick mich, lieber Peter.“<br />
1<br />
Gras mähen<br />
5 Der dritt gstraifft danntz &<br />
Der gassenhauer darauff (instrumental)<br />
6 Gott b’hüte dich,<br />
desgleichen mich.<br />
Ich bitt, wöllst dich von mir mitnichten<br />
lenken.<br />
So will auch ich an dich gewißlich denken<br />
ohn’ Unterlaß.<br />
Ach, Scheiden macht uns die Äuglein naß.<br />
22
Ich wollt, du wüßt’,<br />
wie schwer mir ist,<br />
daß ich von dir mich ein Zeitlang muß<br />
kehren;<br />
kanns nit umgehn, die Not tut’s so begehren,<br />
ist über d’Maß:<br />
Ach, Scheiden macht uns die Auglein naß.<br />
Doch übers Jahr<br />
komm ich fürwahr<br />
wied’rum zu dir, tu dich so hart 1 nit grämen.<br />
Will dennoch jetzt ein freundlich Urlaub 2<br />
nehmen,<br />
ich muß auf d’Straß:<br />
Ach, Scheiden macht uns die Auglein naß.<br />
1 2<br />
ausdauernd Abschied<br />
7 Quodlibet<br />
Elselin, liebstes Elselin mein,<br />
wie gern wär ich bei dir,<br />
so seind zwei tiefe Wasser<br />
ja zwischen dir und mir.<br />
Es taget vor dem Walde,<br />
stand auf, Kätterlin! 1<br />
Die Hasen laufen balde,<br />
stand auf Kätterlin, holder Buhl!<br />
Du bist mein,<br />
so bin ich dein.<br />
Wann ander Leut liegen und schlafen,<br />
so schreit 2 mein Herz fast 3 g’mache 4<br />
von einem schönen Jungfräulin,<br />
von einem maidlin hübsch und fein;<br />
gern, wenn wollt Gott,<br />
sollt ich bei ihr sein.<br />
Greiner, 5 Zanker, wie gefällt dir das?<br />
Ich will dir’s Weib ins Maul küssen,<br />
ich will dich lassen am Tisch sitzen,<br />
wie gefällt dir das?<br />
1<br />
oberdeutsche Form von Katharina<br />
2 3<br />
jammern sehr<br />
4 5<br />
sacht einer, der lachend oder<br />
weinend den Mund verzieht<br />
8 „Tritt auf den Riegel von der Tür!<br />
Wie gern ich säch, 1 daß ihr mich hätt’<br />
eingelassen!“<br />
„Ich laß dich nit herein,<br />
du künnst 2 dann 3 heimlich schleichen auf<br />
deinen Füßen.“<br />
„Frau, ich kann schleichen recht wie der<br />
Moneschein, 4<br />
stand auf und laßt mich ein;<br />
das will ich von dir haben,<br />
zart schönes Fräuelein,<br />
stand auf und laß mich ein!“<br />
1 würde ich es sehen 2 könntest<br />
3 denn 4<br />
Mondschein<br />
9 Wann ich des Morgens frueh aufsteh<br />
und in meins Vaters Stüblein geh’,<br />
so kumbt mein Lieb und beut 1 mir ein’n guten<br />
Morgen.<br />
Ein guten Morgen ist bald dahin,<br />
ich wünsch’ mein Buelen ein’n stäten Sinn,<br />
darzue ein freies Gmüete. 2<br />
Hätt ich ein’n Buelen als mancher hat,<br />
ich wollt ihm aufbinden sein gelbes Haar<br />
mit eitel brauner Seiden.<br />
Ich wollt’s ihm aufbinden in rotes Gold.<br />
Ich bin meinem Buelen von Herzen hold.<br />
Ich könnt ihr nit holder werden.<br />
1 2<br />
entbietet Gedanke<br />
23
10 Meins Traurens ist<br />
ursach, mir g’brist, 1<br />
dass ich niemants darf klagen<br />
dann 2 du allein,<br />
mein klarer schein;<br />
pein<br />
muß ich deinthalb 3 tragen.<br />
Ich woll, glaub mir,<br />
schir<br />
ee den tod erkiesen, 4<br />
dann 5 dich also verliesen. 6<br />
Doch eins will ich,<br />
als hoch müeglich<br />
mir ist, 7 zuletzt begeren:<br />
versich mich gar, 8<br />
holdsel’g und klar<br />
werst du mich des geweren,<br />
mein lieb und mie 9<br />
ie 10<br />
zun zeiten gedenken.<br />
Thusts, wird ich dir nicht wencken. 11<br />
1<br />
mir fehlt<br />
2<br />
als<br />
3<br />
deinetwegen<br />
4<br />
vielleicht eher den Tod<br />
5<br />
als erwählen<br />
6<br />
verlieren<br />
7<br />
wie ich nur irgend kann<br />
8<br />
ich vertraue darauf<br />
9<br />
Mühe<br />
10<br />
immer<br />
11<br />
werde ich mich nicht von<br />
dir abwenden<br />
11 Der Kunigin Welscher danntz &<br />
Der Saltarell darauff (instrumental)<br />
12 Innsbruck, ich muß dich lassen,<br />
ich fahr dahin mein Strassen<br />
in fremde Land dahin,<br />
mein Freud ist mir genommen,<br />
die ich nicht weiss bekommen, 1<br />
wo ich im Elend 2 bin.<br />
Gross Leid muss ich jetzt tragen,<br />
dass ich allein tu klagen<br />
dem liebsten Buhlen mein.<br />
Ach Lieb, nun lass mich Armen<br />
im Herzen dein erbarmen,<br />
dass ich muss dannen 3 sein.<br />
Mein Trost ob 4 allen Weiben,<br />
dein tu ich ewig bleiben<br />
stet, treu, der Ehren fromm. 5<br />
Nun muss 6 dich Gott bewahren,<br />
in aller Tugend sparen, 7<br />
bis dass ich wiederkomm.<br />
1<br />
die ich nicht zu erlangen weiß<br />
2<br />
in der Fremde<br />
3<br />
von da weg<br />
4<br />
über<br />
5<br />
Ehren fromm = ehrbar<br />
6<br />
soll<br />
7<br />
erhalten<br />
13 Die Narren<br />
Nun höret zu ir biderleut, 1<br />
was in der welt für Narren geit. 2<br />
Davon heb’n wir zu singen an,<br />
ir solt uns nit für übel han. 3<br />
Also findt man geltnarren,<br />
alt narren, schölnarren, 4<br />
bulnarren, hoffnarren,<br />
vollnarren, sorgnarren,<br />
wünschnarren, pfründnarren,<br />
eenarren, siechnarren, 5<br />
strauchnarren, spotnarren,<br />
lustnarren, dantznarren,<br />
hoffirnarren, laut narren,<br />
schimpfnarren, ernst narren,<br />
geistnarren, schießnarren,<br />
reimnarren, spilnarren,<br />
chornarren, schwartz narren,<br />
stillnarren, klaffernarren, 6<br />
faule narren, unzüchtig narren,<br />
24
wanckelnarren, irrig narren,<br />
handwercksnarren, haderisch narren, 7<br />
faßnachtsnarren, predignarren,<br />
Schlauraffennarren, pinckernarren, 8<br />
stifelnarren, witzignarren,<br />
närrisch narren, kölbernarren, 9<br />
trunckennarren, winckelnarren, 10<br />
seltzam narren, zornig narren,<br />
piffelnarren, 11 kropffet narren,<br />
stincket narren, kolbet narren, 12<br />
Closternarren, tückisch narren,<br />
unflätig narren, schlahe narren, 13<br />
werffer narren, fridsam narren.<br />
Schadnarren, schencknarren,<br />
Faul narren, haubnarren,<br />
tischnarren, stocknarren,<br />
schulnarren, jung narren,<br />
weltnarren, fatznarren, 14<br />
genßnarren, groß narren,<br />
weinnarren, starcknarren,<br />
grob narren, stoltz narren,<br />
gin narren, 15 steinnarren,<br />
halbnarren, gantz narren,<br />
schend narren, 16 loß narren, 17<br />
schön narren, lausig narren,<br />
stummet narren, glockennarren,<br />
böß narren und andre narren mehr<br />
gehören all daher.<br />
Wir haben nun etlich genent,<br />
damit ist aber niemant gschendt, 18<br />
weil es gschicht bey gutem mut, 19<br />
müst ir mit uns nemen vergut. 20<br />
1<br />
ehrbare Leute<br />
2<br />
gibt<br />
3<br />
ihr sollt uns das nicht übelnehmen.<br />
4<br />
verrückte Narren<br />
5<br />
kranke Narren<br />
6<br />
verläumderische Narren<br />
7<br />
streitsüchtige Narren<br />
8<br />
Zechnarren<br />
9<br />
drollig und mutwillig wie<br />
10<br />
versteckte Narren ein Kalb<br />
11<br />
Büffel-Narren<br />
12<br />
plumpe Narren<br />
13<br />
schlagende Narren<br />
14<br />
Possenreißer<br />
15<br />
Gähn-Narren<br />
16<br />
Schelt-Narren<br />
17<br />
nichtsnutzige Narren<br />
18<br />
gescholten (worden)<br />
19<br />
Absicht<br />
20<br />
nicht übelnehmen<br />
14 Drei Laub auf einer Linden blühen also wohl,<br />
sie tät viel tausend Sprünge, ihr Herz war<br />
freudenvoll,<br />
ich gönn’s dem Maidlein wohl.<br />
Das Maidlein, das ich meine, das ist hübsch<br />
und fein,<br />
wenn ich das selb anblicke sich freut das<br />
Herze mein,<br />
des eigen möcht ich sein.<br />
Sie hat ein roten Munde und zwei Äuglein klar,<br />
auch ein schneeweissen Leibe, dazu<br />
goldfarbnes Haar,<br />
das zieret sie fürwahr.<br />
15 Ich hab ein mann,<br />
der gar nichts kan<br />
als essen, trincken, schlafen.<br />
Ist nachts ein block<br />
bey tag ein stock,<br />
er taugt wol in Schlaufraffen.<br />
Het er ein gewerb<br />
fürwar er sterb.<br />
All arbeit thut er fliehen.<br />
Offt filtz ich ihn,<br />
doch on gwin<br />
kan nichts auß im erziehen.<br />
Wann er auffsteht<br />
kombt erst vom bett<br />
darff vormittag nit gschehen.<br />
25
So blintzlet er<br />
und geht daher<br />
als künd er noch nit sehen.<br />
Doch bald so fragt<br />
er meine magd<br />
ob fertig sey das essen.<br />
Er hat nur sorg<br />
durch lange borg 1<br />
möcht man der speiß vergessen.<br />
Nach dem Frühmal<br />
nichts uberal<br />
thut er den tag anfahen. 2<br />
Förcht geh er auß<br />
von seinem hauß<br />
der blitz möcht ihn erschlahen.<br />
Bleibt nur dahaim<br />
und thut in ghaim 3<br />
sich hindern ofen legen.<br />
Da ligt er still<br />
biß zum nacht zil 4 ,<br />
thet sich nit einmal regen.<br />
Umb fünffe hin<br />
so kratzen in<br />
die hüner in dem magen.<br />
Mit grossem grimm<br />
drumb muß man ihm<br />
das essen bald her tragen.<br />
Bald er sich hat<br />
gefressen satt,<br />
kein stund kan er auff bleiben.<br />
Laufft stracks gen bett,<br />
das treibt er stett,<br />
kein mensch kan in drauß treiben.<br />
1 2<br />
Anleihe anfangen<br />
3 4<br />
insgeheim Nachtessen<br />
16 Der Mon 1 der steht am höchsten,<br />
d’Sonn hat sich unterton, 2<br />
mein Feindlieb liegt in Nöten,<br />
ach Gott, wie soll’s ihm gohn 3<br />
in Regen und im Wind?<br />
Wo soll ich mich hinkehren,<br />
do ich mein Feinslieb find?<br />
Ach Scheiden, immer Scheiden,<br />
wer hat dich doch erdacht?<br />
Hast mir mein junges Herze<br />
aus Freud in Trauren bracht,<br />
darzu in Ungemach!<br />
Sei 4 dir, schöns Lieb, gesungen,<br />
alde 5 zu guter Nacht!<br />
1<br />
Mond<br />
2<br />
ist untergegangen<br />
3<br />
ergehen<br />
4<br />
das (diese Lied) sei<br />
5<br />
Nebenform zu ade<br />
17 Ich Clag den tag und alle stundt (instrumental)<br />
18 Es hett 1 ein Biedermann 2 ein Weib,<br />
ihr Tück wollt sie nit lahn,<br />
das schafft ihr grader, stolzer 3 Leib,<br />
daß sie bat ihren Mann,<br />
und daß er füehr ins Heu, ins Heu,<br />
nach Gruenmat 4 in das Gäu.<br />
Der Mann der wollt’ erfüllen,<br />
der Frauen Willen.<br />
Er stieg heimlich zum Laden nein<br />
wohl auf die Dillen. 5<br />
Sie meint, er wär’ ins Heu, ins Heu,<br />
nach Gruenmat in das Gäu.<br />
In dem so kam ein junger Knab 6<br />
ins Haus gegangen.<br />
Er ward vom selben Fräulein 7<br />
26
gar schon 8 empfangen:<br />
„Mein Mann, der ist ins Heu, ins Heu,<br />
ins Gruenmat in das Gäu.“<br />
Er nahm sie bei der Mitten,<br />
er tet ihr, weiß nit, wie.<br />
Der Hermann auf der Dillen sprach:<br />
„Fahr schon, 9 ich bin noch hie!<br />
Ich bin noch nit ins Heu, ins Heu,<br />
nach Gruenmat in das Gäu.“<br />
„Ach trauter, lieber Hermann,<br />
nun verzeih mir das!<br />
Ich will dir all mein Leben lang<br />
kochen dester baß. 10<br />
Ich meint’, du wärst ins Heu, ins Heu,<br />
nach Gruenmat in das Gäu.“<br />
„Und wann 11 ich schon nach Haberstroh<br />
wär’ ausgegangen,<br />
wollstu dich darumb legen<br />
zue andern Mannen,<br />
so fahr’ der Teufel ins Heu, ins Heu,<br />
nach Gruenmat in das Gäu!“<br />
1<br />
hatte<br />
2<br />
Ehrenmann<br />
3<br />
stattlicher<br />
4<br />
Grummet<br />
5<br />
Speicher<br />
6<br />
Bursche<br />
7<br />
(keine Jungfrau)<br />
8<br />
schön<br />
9<br />
Mäßige dich<br />
10<br />
besser<br />
11<br />
wenn<br />
19 Der Pfarrer von Sant Veit,<br />
der hat ein schöne Köchin,<br />
der gern am Rucken leit. 1<br />
1<br />
liegt<br />
20 Das erst Fewr bewaren<br />
Hietz 1 feur als 2 lieb dir leyb und gut sey,<br />
hietz feur gar wol,<br />
Got geb euch heind 3 ein gute nacht.<br />
Hietz wol,<br />
last euch nit betagn, 4<br />
es hat zwelff geschlagn.<br />
Ander her, 5<br />
Nun rügel dich auff, 6 haußmagd,<br />
und heitz ein.<br />
Lost 7 jr Herrn, und last euch sagn,<br />
es hat viere geschlagn.<br />
Stand auff, Margreth, Dorey, Künegund,<br />
roter Mund,<br />
Setz kraut und fleisch zum herd,<br />
das dem gsind ein suppen werd,<br />
ker auß, schiers 8 feur.<br />
Got geb euch all’n ein guten tag.<br />
1 2<br />
Hütet das wenn<br />
3<br />
heute nacht<br />
4<br />
an den Tag bringen (gemeint: kommt nicht mehr zum<br />
Vorschein, geht nicht mehr aus dem Haus)<br />
5<br />
Hört das Zweite!<br />
6<br />
aufrütteln, sich schütteln („Mach’ dich fertig“)<br />
7 8<br />
Hört schüre das<br />
21 Ist keiner hie, 1 der spricht zu mir:<br />
„Guter Gesell, 2 den bring ich dir,<br />
ein Gläslein Wein, drei oder vier.“<br />
Io, io, Io, io.<br />
Weinlein, da herein,<br />
Was soll’n uns die Pfennig,<br />
wann wir nimmer sein!<br />
Kyrie eleison!<br />
1<br />
hier<br />
2<br />
Bursche<br />
22 Ich armes Maidlein klag mich sehr, 1<br />
wie soll mir Leid geschehen,<br />
daß ich den Allerliebsten mein<br />
so lang nit hab gesehen?<br />
Der mir die Zeit und Weil vertreibt,<br />
sonst 2 keiner auf dieser Erden,<br />
27
wann 3 ich gedenk,<br />
wie es ihm geht,<br />
mein Herz in ganzen Trauren steht!<br />
Wie kann ich fröhlich werden?<br />
Ach reicher Gott, verleih ihm Glück:<br />
wo reit’ er in dem Lande.<br />
Bewahr’ sein Leib vor Unfall, Dück<br />
b’hüt ihn vor Leid und Schande!<br />
Das will ich immer danken dir<br />
Tag, Nacht und alle Stunde.<br />
Wann ich gedenk’, daß 4 ihm wohl geht,<br />
mein Herz in großen Freuden steht,<br />
Mir ist der Liebst auf Erden!<br />
1<br />
beklage mich sehr<br />
2<br />
wie sonst<br />
3<br />
wenn<br />
4<br />
dass es<br />
23 Unnfall wen ist deins wesens gnueg<br />
(instrumental)<br />
24 Was ist die Welt?<br />
Geld<br />
hat allein Preis. 1<br />
Fleiß<br />
bricht 2 jedermann.<br />
Niemand sicht 3 an,<br />
was das der Seelen schaden kann.<br />
Kein Gott’sforcht mehr! 4<br />
Ehr’<br />
wird wenig g’acht’t.<br />
Macht 5<br />
der Eigennutz<br />
ahn 6 Gab’ 7 kein’n Schutz.<br />
Damit beut man dem Armen Trutz .8<br />
In B’schluß und End’<br />
kennt<br />
jedlicher, 9 wie<br />
hie<br />
sein’ Zeit vollend’t, 10<br />
gar nie erkennt 11<br />
Ursach’. Ihn hat das Zeitlich’ blend’t. 12<br />
1<br />
Geld allein wird gepriesen.<br />
2 3<br />
gebrechen = fehlen beachtet<br />
4<br />
keine Gottesfurcht gibt es mehr.<br />
5 6<br />
es verleiht ohne<br />
7<br />
Geschenk zur Bestechung<br />
8<br />
Damit handelt man zum Nachteil der Armen.<br />
9 10<br />
jeder wie er ... vollendet<br />
11 12<br />
aber er erkennt nie geblendet<br />
25 Ich stund ein einem Morgen<br />
heimlich an einem Ort. 1<br />
Da hätt ich mich verborgen,<br />
ich hört klägliche 2 Wort<br />
von einem Fräulein 3 hübsch und fein.<br />
Das stund bei seinem Buhlen,<br />
es muß gescheiden 4 sein.<br />
1 2<br />
Stelle klagende<br />
3 4<br />
= keine Magd mehr geschieden<br />
26 Es gieng ain Baurenmaid zu bad,<br />
ain dorn in iren fuß sie trat,<br />
sie schrie, auwe, ich bin verwundt,<br />
het ich ain artzt, der mich macht gsund.<br />
In dem sie zu dem badhauß kam,<br />
als solchs des baders knecht vernam,<br />
sprach er, jungs mensch, 1<br />
zaig mir den schaden,<br />
des schmertzens wil ich dich entladen. 2<br />
Sie setzt ir füeßlein auff die banck,<br />
und sprach, mein gsell, 3 ich bin fast 4 kranck,<br />
fahr schon 5 und faß in 6 eben recht,<br />
es sol geschehen, sprach der knecht.<br />
28
Und als er fieng zu ziehen an,<br />
die jungkfrau ließ ain fürtzlein gahn,<br />
der bader lacht und sprach, mein maid,<br />
der ist herauß,<br />
nimm fluchß die pfaid und wisch das loch. 7<br />
Die dirn gedacht, er hat den dorn<br />
schon außerherbracht und sprach, mein gsell,<br />
ich bitt dich doch,<br />
keu in 8 und streich mir’n 9 auff das loch,<br />
dass es nicht g’schwer 10 und bring’ mir pein,<br />
der bader schütt den kopf, sprach’, nein.<br />
1<br />
das Mensch (üble Bedeutung)<br />
2<br />
(Gegensatz zu beladen)<br />
3<br />
Freund<br />
4<br />
sehr<br />
5<br />
mach’ schon<br />
6<br />
ihn<br />
7<br />
Rock, Hemd<br />
8<br />
behandle ihn<br />
9<br />
mir ihn<br />
10<br />
weh tut<br />
27 Herzlich tut mich erfreuen<br />
die fröhlich Sommerzeit.<br />
All mein Geblüt erneuen,<br />
Der Mai viel Wollust geit;<br />
Die Lerch’ tut sich erschwingen<br />
Mit ihrem hellen Schall,<br />
lieblich die Vöglein singen,<br />
voraus die Nachtigall.<br />
Der Kuckuck mit seim Schreien<br />
macht fröhlich jedermann;<br />
des Abends freundlich reihen 1<br />
die Mädlein wohlgetan,<br />
spazieren zu den Brunnen,<br />
pflegt man zu dieser Zeit,<br />
All Welt sucht Freud und Wonne<br />
mit Reisen fern und weit.<br />
Darum lieb ich den Sommer,<br />
dazu den Maien gut,<br />
der wend’ und allen Kummer<br />
und bringt viel Freud und Mut; 2<br />
der Zeit will ich genießen,<br />
dieweil ich Pfennig hab,<br />
und wen es tut verdrießen,<br />
der fall die Stieg’n hinab.<br />
1<br />
tanzen<br />
2<br />
Lust<br />
29
Stimmwerck wurde 2001 in München gegründet.<br />
Der Name selbst entstammt der Bezeichnung für<br />
eine Gruppe gleicher Instrumente, wie sie zum<br />
Beispiel im Lehrwerk Syntagma <strong>Music</strong>um von Micha<br />
el Praetorius benutzt wurde. Mit den<br />
beiden Tenören Gerhard Hölzle und Klaus<br />
Wenk, dem Bassisten Marcus Schmidl<br />
und Franz Vitzthum, der als Kontratenor<br />
dem Quartett sein unverwechselbares<br />
Klangbild verleiht, haben sich gefragte<br />
Spezialisten des Ensemblegesangs zusammen<br />
ge funden. Intensiver Austausch mit<br />
Musikwissenschaftlern und rege For schungsarbeit<br />
in Archiven bilden die Grundlage für<br />
ihre Arbeit. Stimmwerck ver folgt eine rege<br />
Konzerttätigkeit im In- und Ausland und<br />
war zu Gast beirenommierten Festivals<br />
wie „Laus Polyphoniae Antwerpen“, den<br />
„Niedersächsischen Musiktagen“, oder<br />
dem „Bachfest Leipzig“. Regelmäßige<br />
Ton auf nahmen stellen einen wichtigen<br />
Baustein im künstlerischen Schaffen<br />
Stimm wercks dar. Das Ensemble widmet<br />
sich dabei Renaissancekomponisten aus<br />
dem deutschsprachigen Raum und bringt<br />
deren Werke zum Teil erstmals wieder<br />
zu Gehör. Die ersten CDs mit Werken<br />
von Heinrich Finck (1445–1527) und<br />
Adam von Fulda (1444–1505) erhielten<br />
mit fünf Sternen die höchste Wertung im<br />
renommierten „Goldberg Magazine”. Eine<br />
mit spätmittelalterlichem Repertoire aus<br />
dem Regensburger Codex St. Emmeram<br />
eingespielte CD erhielt von der Fachpresse<br />
einhelliges Lob. Seit 2005 veranstaltet<br />
das Ensemble jährlich die sogenannten<br />
„Stimm wercktage“ auf dem Adlersberg bei<br />
Re gens burg, um dort unter Verwendung moderner<br />
Technik (Laptop, Projek ti onen) das Werk eines<br />
ausgewählten Kompo nis ten der Renaissance in den<br />
Mittelpunkt zu stellen.<br />
30
Stimmwerck was founded in Munich in 2001 by<br />
a quartet of specialist ensemble singers: the two<br />
tenors, Gerhard Hölzle and Klaus Wenk, and<br />
the bass, Marcus Schmidl, are complemented<br />
by the distinctive countertenor sound of Franz<br />
Vitzthum. Their focus is on the inexhaustible<br />
resources of Renaissance vocal music, and their<br />
work depends upon close collaboration with<br />
musicologists and intensive work in archives.<br />
Regular recordings (with Aeolus and Cavalli<br />
Records) are an important feature of Stimmwerck’s<br />
artistic activity, and they have a particular interest<br />
in rediscovering the neglected composers of the<br />
German-speaking world. Their first CD was of the<br />
Bamberg composer Heinrich Finck (1445-1527).<br />
The second was devoted to the works of Adam<br />
von Fulda (1444-1505). Both won the top rating<br />
of five stars from the highly respected Goldberg<br />
Magazine. Their third, recorded with Aeolus in<br />
April 2007, was an SACD in collaboration with<br />
the instrumental ensemble La Villanella (Basel):<br />
entitled Susanne un jour, it contains works by<br />
Orlando di Lasso (1532-94). The present recording<br />
of music from the St Emmeram Codex is their<br />
fourth release. Stimmwerck have a busy schedule<br />
of concerts both at home in Germany and<br />
abroad. The name itself comes from the German<br />
expression for a matched consort of instruments,<br />
as used for example in Michael Praetorius’s<br />
Syntagma musicum. The ensemble holds annual<br />
festivals (‘Stimmwercktage’) at the Adlersberg near<br />
Regensburg, at which they aim to use modern<br />
technology (laptops, projections, etc.) alongside<br />
performance to enhance the exploration of the<br />
work of a selected Renaissance composer.<br />
L’ensemble Stimmwerck a été créé à Munich<br />
en 2001. Il réunit quatre spécialistes du chant<br />
choral : les ténors Gerhard Hölzle et Klaus<br />
Wenk, le basse Marcus Schmidl et le contreténor<br />
Franz Vitzthum, qui confère à l’ensemble<br />
son timbre unique. Stimmwerck se consacre<br />
surtout aux compositeurs de la Renaissance, à<br />
son inépuisable et riche répertoire de musique<br />
vocale en particulier. Le travail de l’ensemble<br />
bénéficie d’une intense collaboration avec des<br />
musicologues et de recherches menées dans<br />
les dépôts d’archives et les bibliothèques. Les<br />
CDs de Stimmwerck (parus chez Aeolus et<br />
Cavalli Records), essentiellement dédiés aux<br />
compositeurs allemands, livrent souvent les<br />
premiers enregistrements de ceux-ci. Le premier<br />
CD comprend des compositionsd’Heinrich Finck<br />
(1445-1527) ; il a reçu cinq étoiles du célèbre<br />
Goldberg Magazine. La deuxième production de<br />
Stimmwerck est dédiée à l’œuvre d’Adam von<br />
Fulda (1444-1505). S’associant à La Villannella<br />
de Bâle, l’ensemble a réalisé également un<br />
SACD, « Susanne un jour », avec entre autres des<br />
pièces d’Orlando di Lasso (1532–1594). En 2008<br />
est sorti son quatrième CD, voué quant à lui au<br />
répertoire du Codex St. Emmeram. Stimmwerck<br />
donne régulièrement des concerts en Allemagne<br />
et à l’étranger. Le nom de l’ensemble est inspiré<br />
de l’appellation donnée par le théoricien Michael<br />
Praetorius à un groupe de mêmes instruments<br />
dans son traité Syntagme musicum. Depuis 2005,<br />
l’ensemble organise les « Stimmwercktage » à<br />
Adlersberg, près de Ratisbonne. Chaque année,<br />
un compositeur de la Renaissance est au centre<br />
de son attention, révélé au public par le biais de<br />
techniques modernes (ordinateurs, projections).<br />
31
Christoph Eglhuber – Renaissancelaute, Renaissancegitarre, Perkussion<br />
Studium an der Musikhochschule München<br />
(Staats examen im Fach Schulmusik und künstlerisches<br />
Diplom im Fach Gitarre bei Johannes Klier)<br />
und an der Ludwig– Maximilian-Universität im<br />
Fach Musikwissenschaft. 1986 Kulturpreisträger<br />
des Landkreises Freising, 2006 Kulturpreis des<br />
Landkreises Freising. Leiter bzw. Mitglied verschiedener<br />
Ensembles für Alte Musik (Cantare e<br />
sonare, Attiorbanda, BarockBand München, La<br />
Chanterelle) und Mitwirkung bei entsprechenden<br />
Spezialensembles im süddeutschen Raum (La<br />
Banda, Arsatius-Consort, Neue Hofkapelle München,<br />
Die Gruppe für Alte Musik München, Parthenia<br />
Baroque, Lyra Ensemble des Orpheus-<br />
Kam merchores, Barockensemble Sans-Souci,<br />
Stimmwerck. 1991-2006 Lehrbeauftragter an<br />
der Musikhochschule München in den Fä chern<br />
Generalbassspiel und Geschichte der Gitar renmusik,<br />
sowie seit 2001 hauptamtlicher Dozent<br />
am Institut für Musikwissenschaft und Musik pädagogik<br />
der Universität Regensburg.<br />
Instrumente<br />
Siebenchörige Laute in a´ (Stephen Barber & Sandi Harris, London 2005)<br />
Sechschörige Laute in g´ (Stephen Barber & Sandi Harris, London 1998)<br />
Achtchörige Laute in e´und d´ (Martin Shepherd, Stockport 1995)<br />
Vierchörige Gitarre in a´ (Matthias Wagner, Vogtsburg 1997)<br />
Fünfchörige Gitarre in f´ (Peter Forrester, Aylmerton 1994)<br />
Stimmton: a ´= 440 Hz<br />
Mitteltönige Temperatur<br />
32
Kommentar zu den Lautensoli<br />
Die Handschrift Ms. Mus. 1512 der Bayerischen<br />
Staatsbibliothek München enthält 78 Stücke in<br />
deutscher Lautentabulatur für sechschörige Laute.<br />
Im Titel ist zu lesen:<br />
Lautenpuechl / Anno & 33 [...] Adi des 7 tag Julij<br />
/ Anno D. 33<br />
Laut Boetticher ist von mehreren anonymen<br />
Schreibern und einem Entstehungszeitraum von<br />
1533-1560 auszugehen. Die Handschrift enthält<br />
einen Querschnitt deutschen Lautenrepertoires<br />
der ersten Hälfte des 16.Jh., wovon ein Teil nur in<br />
dieser Quelle erhalten ist. Den Hauptanteil bilden<br />
Intavolierungen vorwiegend weltlicher deutscher<br />
Lieder sowie deutsche Tänze. Daneben finden<br />
sich Intavolierungen französischer Vokalmusik<br />
sowie italienische (welsche) Tänze und einige<br />
freie Lautenstücke (Präambeln).<br />
Der Kunigin Welscher danntz & Der Saltarell<br />
darauff<br />
Unter diesem Titel und in dieser Fassung ein<br />
Unikat, das musikalische Material scheint jedoch<br />
ein Standard des 16. Jh. gewesen zu sein. Im selben<br />
Manuskript gibt es eine einfache Fassung des<br />
Tanzes unter dem Titel Dannto boloigna. Auch<br />
andere Tanzmusiken wie die Pavana chiamata<br />
Monte su che son de Vella aus Castelionos Intabo<br />
latura von 1536 bedienen sich ähnlicher<br />
Wendungen.<br />
Der dritt gstraifft danntz & Der gassenhauer<br />
darauff<br />
Gstraiffte Tänze finden sich immer wieder im<br />
deutschen Lautenrepertoire des 16. Jh. Dabei<br />
wird das perkussive Durchstreichen der Saiten<br />
als Spieltechnik eingesetzt. Dieser gstraifft danntz<br />
ist wiederum als Unikat überliefert. Besonders<br />
interessant ist die Metrumverschiebung durch<br />
die Akzentuierung der Durchstriche. Phrygische<br />
Wendungen geben der Musik außerdem<br />
eine orientalische Note. Aufbauend auf dem<br />
Originaltext wurde das Stück improvisatorisch<br />
weiterentwickelt.<br />
Unnfall wen ist deins wesens gnueg (Vokalvorlage:<br />
Ludwig Senfl)<br />
Im Münchener Manuskript finden sich zwei<br />
Intavolierungen der Senflschen Vorlage: einmal als<br />
zweistimmiger Satz ( T & B) sowie als weitgehend<br />
vierstimmige Fassung (Unikat), die hier eingespielt<br />
wurde.<br />
Ich Clag den tag und alle stundt (Vokalvorlage:<br />
Thomas Stoltzer)<br />
Auch im Falle des häufig intavolierten<br />
Stoltzerschen Ich clag den tag verhält es sich<br />
wie oben: Im Münchener Manuskript finden sich<br />
zwei Intavolierungen der Vorlage: einmal als<br />
zweistimmiger Satz (T & B) sowie als weitgehend<br />
vierstimmige Fassung (Unikat), die hier eingespielt<br />
wurde. Der verzierten Intavolierung vorausgestellt<br />
wurde der schlichte unverzierte Vokalsatz im<br />
Lautengewand.<br />
Alle Stücke wurden im Sinne eines - der<br />
historischen Musikpraxis entsprechenden -<br />
frei en improvisatorischen Umgangs mit dem<br />
Notentext eingespielt. Zusätzliche Verzierungen<br />
und stilistisch denkbare Varianten sind daher<br />
anzutreffen.<br />
33
English · Christopher Cartwright & Godwin Stewart / Français · Sylvie Coquillat
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