PDF-Datei - im Naturpark Schönbuch
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Näher betrachtet:<br />
Natur <strong>im</strong> Park unter der Lupe<br />
Schmetterlinge <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> (II): Edelfalter<br />
von Ewald Müller<br />
In diesem Artikel möchte ich die Vertreter der Edelfalter (Nymphalidae) <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong><br />
vorstellen. In Baden‐Württemberg ist diese Familie der Schmetterlinge mit fast 50 Arten<br />
vertreten, von denen viele auch <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> behe<strong>im</strong>atet sind. Ihr Name deutet schon<br />
darauf hin, dass die Edelfalter eine besondere Wertschätzung genießen, tatsächlich finden<br />
sich unter ihnen einige unserer prächtigsten Schmetterlinge.<br />
Echte Kleinode unserer Schmetterlingsfauna sind z.B. die Schillerfalter‐ und Eisvogelarten,<br />
die zusammen in die Gattung Apatura gestellt werden. Der Große Schillerfalter (Apatura iris)<br />
ist <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> durchaus regelmäßig zu sehen. Seinen Namen verdankt er dem blauen<br />
Schiller, der bei richtigem Lichteinfall auf den Vorderflügeln erscheint (Abb. 1). Der<br />
„Blauschiller“ entsteht durch Reflektion der Lichtstrahlen in mit Luft gefüllten Schuppen, ist<br />
also keine echte Farbe.<br />
Die Schillerfalter werden nur sehr selten be<strong>im</strong> Besuch<br />
von Blüten angetroffen. Statt wie die meisten anderen<br />
Schmetterlinge Nektar zu trinken, saugen sie eher an<br />
Aas, Kot (Abb. 2) oder an feuchten Wegstellen. Mit stark<br />
riechendem Käse lassen sie sich anlocken.<br />
Abb. 1: Der Große Schillerfalter<br />
ist <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> viel häufiger zu<br />
sehen als sein „Bruder“, der Kleine<br />
Schillerfalter (Apatura ilia).<br />
Der blaue Schiller entsteht durch<br />
Lichtbrechung in luftgefüllten<br />
Schuppen. Bild: E. Müller<br />
Abb. 2: Hier saugen zwei Große Schillerfalter an auf dem<br />
Weg liegendem Hundekot, gelegentlich gesellte sich ein<br />
weiterer Falter zu ihnen. Zu erkennen ist auch der helle,<br />
sehr biegsame Rüssel. Bild: E. Müller
Die Raupen des Großen Schillerfalters fressen vor allem die Blätter von Salweiden, aber auch<br />
von anderen Weidenarten. Aus der Bindung an diese Nahrungspflanzen erklärt sich auch der<br />
zahlenmäßige Rückgang dieser Schmetterlingsart: Er wird hauptsächlich<br />
auf forstliche Maß‐<br />
wie<br />
nahmen, v.a. den Einschlag von Büschen<br />
und forstlich unwirtschaftlichen<br />
Weichhölzern<br />
den Weiden an Waldrändern<br />
und –wegen zurückgeführt. Zum Schutz dieser wunderschönen<br />
Schmetterlinge sollten daher<br />
Weidengebüsche, insbesondere solche von Salweiden, auf<br />
Schneisen und Waldlichtungen erhalten<br />
bleiben. Besonders wichtig sind dabei kräftigere<br />
Büsche an schattigen Standorten.<br />
Vom Schutz der Weiden würden auch viele anderee Insekten profitieren. Häufig wird über‐<br />
Rolle spielen. Sie liefern nicht<br />
nur <strong>im</strong> Sommer den Jugendstadien vieler Insektenarten Nah‐<br />
sehen, dass diese ökonomisch eher wertlosen Gehölze eine äußerst wichtige ökologische<br />
rung, sondern stellen <strong>im</strong> Frühjahr während der Kätzchenblü<br />
üte eine unverzichtbare erste<br />
Nahrungsquelle für viele Insekten dar, die als erwachsene Tiere überwintert haben. Dazu<br />
gehören<br />
eine Reihee unserer schönsten Tagschmetterlinge wie Pfauenauge, Kleiner Fuchs und<br />
Zitronenfalter, aber auch viele unscheinbare Nachtfalter und<br />
vor allem<br />
Wild‐ und<br />
Honig‐<br />
b)<br />
bienen.<br />
Den Großen Eisvogel (L<strong>im</strong>enitis populi) ) (Abb. 3) habe ich – wie auch den Kleinen Schilfür<br />
den<br />
lerfalter (Apatura ilia) – <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong>h bisher noch nicht gesehen. Die Gründe<br />
Rückgang dieser Arten, die auf der Roten Liste für Baden‐Württemberg<br />
als stark gefährdet<br />
bzw. gefährdet eingestuft werden, sind<br />
schwer zu benennen. Die Raupen beider Arten<br />
fressen an Pappel‐Blättern. Möglicherweise hat sich die Anpflanzung florenfremder<br />
Pappel‐<br />
Abb. 3: Oberseite (links) und Unterseite (rechts) des Großen Eisvogels. Die Fotos entstanden in der<br />
Südschweiz (Bergell). Bilder: E. Müller<br />
arten als für diesee Schmetterlingsarten<br />
fatal erwiesen. So sind z.B. die<br />
Blätter von Kana‐<br />
Die Jungräupchen<br />
des Kleinenn Schillerfalters und des Großen Eisvogels sind wohl nicht in der<br />
dischen<br />
Hybridpappeln deutlich dicker und ledriger als die von Zitter‐ und Schwarzpappel.<br />
Lage, solche Blätter anzunagen und können sich auf diesen Bäumen nicht entwickeln. Die<br />
Weibchen scheinen bei der Eiablage aber keinen Unterschied<br />
zwischen den verschiedenen<br />
Pappelarten zu machen.<br />
Noch relativ häufig<br />
kann man<br />
<strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> den Kleinen Eisvogel (L<strong>im</strong>enitis camilla) sehen<br />
(Abb. 4 u. 5). Diese Art bevorzugt laubholzreiche Wälder, wo<br />
sie sich besonders gerne an<br />
halbschattigen bis schattigen, feuchten Stellen von<br />
Waldwegen und Dämmen aufhält. Als<br />
wichtigste Futterpflanze für die Raupen gilt die Rote<br />
Heckenkirsche (Lonicera xylosteum).
Abb. 4: Der Kleine Eisvogel ist <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> noch<br />
regelmäßig zu sehen. Er hält sich gerne an feuchten<br />
Stellen auf und hat – wie viele andere Insekten auch –<br />
eine Vorliebe für das „Sonnenbaden“. Bild: E. Müller<br />
Abb. 5: Unterseite des Kleinen Eisvogels.<br />
Bild: E. Müller<br />
Den in Baden‐Württemberg stark gefährdeten Blauschwarzen Eisvogel (L<strong>im</strong>enitis reducta)<br />
habe ich <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> noch nicht gesehen. Auch seine Raupen ernähren sich wohl am<br />
liebsten von Blättern der Roten Heckenkirsche.<br />
Wie es der Name schon andeutet, gehört der Große Fuchs (Nymphalis polychloros) zu den<br />
größeren Arten unter unseren Edelfaltern. Er überwintert als Falter, und bereits an den<br />
ersten warmen Tagen <strong>im</strong> März oder April sitzen die Männchen an besonnten Stellen am<br />
Waldrand, um auf die Weibchen zu warten (Abb. 6) oder sind wie diese be<strong>im</strong> Blütenbesuch<br />
zu sehen (Abb. 7).<br />
Abb. 6: Nach der Überwinterung sitzen die<br />
Männchen des Großen Fuchses an den ersten<br />
warmen Frühlingstagen nachmittags gerne zunächst<br />
in niedrigem Gras, später am Tage kopfabwärts<br />
auf besonnten Baumstämmen am<br />
Waldrand und warten auf vorbeifliegende<br />
Weibchen. Bild: E. Müller<br />
Abb. 7: Neben Weidenkätzchen besuchen<br />
die Großen Füchse <strong>im</strong> Frühjahr auch Schlehenblüten<br />
und Löwenzahn. Im Sommer saugen<br />
die Falter gerne ausfließenden Saft an<br />
Baumwunden. Bild: E. Müller<br />
Der Große Fuchs gilt in Baden‐Württemberg als gefährdet. Die wichtigste Nahrungspflanze<br />
für die Raupen ist die Salweide. Auch die verschiedenen Ulmen‐Arten werden gerne genutzt<br />
(Abb. 8). Zu Unrecht wurde diese Art früher als landwirtschaftlicher Schädling betrachtet.<br />
Funde von Raupen an Obstbäumen wurden bisher aber nur selten gemacht.
Abb. 8: Die Raupen des Großen Fuchses<br />
fressen vor allem an Salweiden oder – wie<br />
hier – an Ulmen. Die Jungraupen leben zunächst<br />
gesellig, die älteren Stadien findet<br />
man meist als Einzeltiere. Bild: E. Müller<br />
Zur gleichen Gattung wie der Große Fuchs gehört der Trauermantel (Nymphalis antiopa),<br />
einer der größten einhe<strong>im</strong>ischen Schmetterlinge (Abb. 9). Diese als „gefährdet“ eingestufte<br />
Art konnte ich seit vielen Jahren <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> leider nicht mehr beobachten. Die Raupen<br />
des Trauermantels fressen an verschiedenen Weiden‐ und Birkenarten. Der Falter selbst<br />
ernährt sich hauptsächlich von ausfließenden Baumsäften.<br />
Abb. 9: Leider kein <strong>im</strong> Freiland gemachtes Foto,<br />
sondern nur ein Bild von einem Sammlungsexemplar<br />
des Trauermantels. Diese Art weist periodische<br />
Bestandsschwankungen auf, weshalb unklar<br />
ist, ob ihre aktuelle Seltenheit <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> darauf<br />
zurückgeht oder andere Gründe hat. Bild: E.<br />
Müller<br />
In seinem Bestand noch nicht gefährdet ist das schöne Tagpfauenauge (Inachis io). Die<br />
Augenflecken auf Vorder‐ und Hinterflügel (Abb. 10) sollen vermutlich Fressfeinde (Vögel)<br />
abschrecken.<br />
Abb. 10: Es wird vermutet,<br />
dass die auffälligen Augenflecken<br />
Fressfeinde abschrecken<br />
sollen, wenn die Tagpfauenaugen<br />
bei Bedrohung blitzartig<br />
die Flügel aufklappen. Bild: E.<br />
Müller
Wie viele andere Edelfalter überwintern die Tagpfauenaugen als fertige Schmetterlinge.<br />
Dazu suchen sie <strong>im</strong> Spätherbst geschützte, möglichst frostfreie Unterschlüpfe auf, gerne<br />
auch Keller‐ oder Speicherräume in Häusern. Leider wird das <strong>im</strong>mer wieder zur Todesfalle,<br />
wenn die Falter <strong>im</strong> Frühjahr ausfliegen wollen, inzwischen aber Keller‐ oder Dachfenster<br />
geschlossen wurden.<br />
Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier an Brennnesseln ab (Abb. 11). Die zunächst<br />
gelbschwarz gefärbten Jungraupen leben anfangs gesellig und sind dann oft zu Hunderten<br />
auf den Nahrungspflanzen zu finden (Abb. 12). Die späteren Stadien sind schwarz mit weißen<br />
Punkten; ihr Körper ist wie bei vielen anderen Raupen von Edelfaltern mit dornenartigen<br />
Zapfen besetzt (Abb. 13).<br />
Abb. 11: Die Weibchen des Tagpfauenauges<br />
legen ihre Eier in Klumpen an Brennesseln ab.<br />
Bild: E. Müller<br />
Abb. 12: Während der ersten 3‐4 Stadien leben<br />
die Raupen des Tagpfauenauges gesellig an<br />
Brennesselstauden. Bild: E. Müller<br />
Abb. 13: Im letzten Stadium vor der Verpuppung findet man die mit dornenartigen Zapfen<br />
bewehrten Raupen eher einzeln an den Futterpflanzen. Bild: E. Müller
Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) (Abb. 14) ähnelt in seiner Lebensweise sehr dem Tagpfauenauge.<br />
Auch seine Raupen ernähren sich von Brennnesseln. Während die Jungräupchen<br />
beider Arten leicht verwechselt werden können, unterscheiden sich die älteren Raupenstadien<br />
in der Färbung deutlich von denen des Tagpfauenauges (Abb. 15).<br />
Abb. 14: Den Kleinen Fuchs kann man wie<br />
das Tagpfauenauge noch regelmäßig be<strong>im</strong><br />
Besuch von Blüten beobachten. Bild: E. Müller<br />
Abb. 15: Die erwachsenen Raupen des<br />
Kleinen Fuchses sind mit ihrer charakteristischen<br />
gelb‐schwarzen Färbung leicht zu erkennen.<br />
Bild: E. Müller<br />
Auch der C‐Falter (Polygonia c‐album) (Abb. 16) gehört zu den Arten, die als Falter überwintern<br />
und an den ersten warmen Frühlingstagen erscheinen. Wo die Überwinterung erfolgt,<br />
ist bisher nicht bekannt. Seinen wissenschaftlichen Namen verdankt der C‐Falter den stark<br />
gezackten Rändern der Flügel (Polygon = Vieleck) und der einem C ähnelnden weißen Zeichnung<br />
auf der Unterseite der Hinterflügel (Abb. 17).<br />
Abb. 16: C‐Falter sieht man oft be<strong>im</strong> Sonnenbaden<br />
auf Blättern oder am Boden. Bild: E.<br />
Müller<br />
Abb. 17: Den stark gezackten Flügelrändern<br />
und dem weißen C auf der Unterseite der<br />
Hinterflügel verdankt der C‐Falter seinen<br />
wissenschaftlichen Namen. Bild: E. Müller<br />
Außer an Brennnesseln fressen die Raupen des C‐Falters (Abb. 18) auch an anderen Pflanzen,<br />
vor allem an Ulmen und Hopfen. Auf Brennnesseln sind sie wohl <strong>im</strong>mer auf der<br />
Blattoberseite zu finden, an Büschen oder Bäumen sitzen sie dagegen tagsüber meist an der<br />
Blattunterseite, wobei sie eine charakteristische Zick‐Zack‐Haltung einnehmen. Wie bei allen<br />
Edelfaltern spinnen die Raupen vor der Verpuppung ein kleines Gespinst, an dem sie sich mit<br />
dem hakenbesetzten Körperende kopfabwärts aufhängen. Solche Puppen werden als „Sturzpuppen“<br />
bezeichnet (Abb. 19).
Abb. 18: Am weißgefärbten Rücken der<br />
hinteren Körperhälfte sind die Raupen<br />
des C‐Falters gut zu erkennen. Bild:<br />
E.<br />
Müller<br />
Abb. 19: Wie bei allen Edelfaltern<br />
gehört die Puppe des C‐Falters zum<br />
Typ der kopfabwärts<br />
hängenden<br />
„Sturzpuppe<br />
n“. Bild: E. Müller<br />
Als typische Waldart ist das Landkärtchen (Araschnia levana) <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> häufig zu<br />
sehen.<br />
Diese relativ kleine Edelfalterart weist eine Besonderheit auf: die <strong>im</strong> Frühjahr fliegende<br />
Generation sieht völlig anders<br />
aus als die<br />
etwa ab Juli auftretende Sommergeneration (Abb.<br />
20). Verantwortlich für diesen Saisond<strong>im</strong>orphismus ist die Tageslänge, bei der sich die<br />
Raupen entwickeln. Langtag während der Larvalentwicklung führt zur Ausbildung von Puppen,<br />
aus denen Falter der Sommergeneration schlüpfen, Kurztag zu Puppen, die Tiere der<br />
Frühjahrsgeneration liefern.<br />
Abb. 20: Frühjahrs‐ (links) und Sommerform (rechts) des Landkärtchens. Die beiden Genera‐<br />
tionenn sehen so unterschiedlich aus, dass man sie für zwei verschiedene Arten halten könnte. Die<br />
Ursache für diesen<br />
Saisond<strong>im</strong>orphismus liegt in der unterschiedlichen Tageslänge, bei der sich die<br />
Raupen entwickeln. Bilder: E. Müller<br />
Seinen Namen verdankt das Landkärtchen der netzartigen Zeichnung auf der Unterseite, die<br />
grob an<br />
einen Stadtplan erinnert (Abb. 21). Noch eine weiteree Besonderheit zeichnet diese<br />
Edelfalterart aus: Die Weibchen kleben die Eier an der Blattunterseite zu Türmen zusammen<br />
(Abb. 22), das ist einzigartig unter den Schmetterlingen!
Abb. 21: Die grob an einen Stadtplan erinnernde<br />
Zeichnung auf der Unterseite der<br />
Flügel hat dem Landkärtchen seinen Namen<br />
gegeben. Bild: E. Müller<br />
Abb. 22: Als einzige Schmetterlingsart kleben<br />
die Weibchen des Landkärtchens ihre<br />
Eier zu Türmen an der Blattunterseite fest.<br />
Bild: E. Müller<br />
Als Nahrungspflanze nutzen auch die Raupen des Landkärtchens Brennnesseln. Für viele unserer<br />
Schmetterlingsarten stellen diese Pflanzen, die oft als lästiges Unkraut betrachtet werden,<br />
die einzige Nahrungsquelle für die Larvalentwicklung dar. Ihre Vernichtung, sei es durch<br />
Abmähen oder durch den Einsatz von Pestiziden, führt zwangsweise zum Rückgang oder zum<br />
Verschwinden dieser Schmetterlingsarten.<br />
Die Raupen des Landkärtchens kann man an zwei charakteristischen Stirnzapfen erkennen<br />
(Abb. 23). Aus Zuchten ist bekannt, dass A. levana als Puppe überwintert, allerdings wurden<br />
wohl noch nie <strong>im</strong> Freiland Puppen <strong>im</strong> Winter gefunden. Neben Vögeln stellen Spinnen die<br />
größte Gefahr für die kleineren Edelfalterarten dar (Abb. 24).<br />
Abb. 23: Anhand der zwei charakteristischen<br />
Stirnzapfen kann man auch die Jungraupen<br />
des Landkärtchens von den in diesem Stadium<br />
noch oft ähnlich gefärbten Raupen des Tagpfauenauges<br />
unterscheiden. Bild: E. Müller<br />
Abb. 24: Dieses Landkärtchen ist Opfer einer<br />
Veränderlichen Krabbenspinne (Misumena<br />
vatia) geworden, die gut getarnt auf einem<br />
Blütenstand gelauert hat. Bild: E. Müller<br />
Anders als die bisher beschriebenen Edelfalter, die entweder als Falter oder <strong>im</strong> Puppenstadium<br />
überwintern, ist der Admiral (Vanessa atalanta) ein alljährlich <strong>im</strong> Frühjahr aus dem<br />
Mittelmeerraum zuwandernder Gast (Abb. 25). Bis zum Herbst bilden die zugewanderten<br />
Tiere eine bis zwei Generationen aus, dann müssen die Nachkommen wieder die Rückreise<br />
antreten. Die Überwinterung als Falter gelingt dem Admiral bei uns nur ausnahmsweise.
Abb. 25: Der Admiral ist ein Wanderfalter,<br />
der in jedem<br />
Frühjahr aus dem Mittelmeerraumm zu uns<br />
kommt. Die Überwinterung gelingt diesem Edelfalter bei uns nur ausnahmsweise. Bilder: E.<br />
Müller<br />
Auch für die Raupen des Admirals sind Brennnesseln die einzige bekannte Nahrungspflanze.<br />
Die Falter suchen neben Blüten sehr gerne überreifes Obst auf,<br />
um daran zu saugen.<br />
Ein anderer Wanderfalter ist der Distelfalter (Cynthia cardui), der in<br />
manchenn Jahren<br />
auffällige Wanderzüge bildet<br />
(Abb. 26 und 27). Aufmerksam<br />
Beobachter können dann<br />
innerhalb kurzer Zeit Dutzende von Distelfaltern<br />
sehen, die<br />
alle in die gleiche Richtung<br />
streben, wobei sie Hindernissee wie Gebäude oder Baumgruppen einfach überfliegen.<br />
Abb. 26: Flügelunterseiten des Distelfal‐<br />
ters. Dieser Wanderfalter kommt jedes<br />
Jahr aus dem Mittelmeerraumm zu uns. Bild:<br />
E. Müller<br />
Abb. 27: Distelfalter suchen zwar gerne Distelarten<br />
auf, um Nektar zu saugen, ihren Namen<br />
verdanken sie aber dem Umstand, dass die<br />
Raupen sich vor allem an<br />
Distelarten ent‐<br />
wickeln. In den Alpen habe<br />
ich sie beispiels‐<br />
gefunden. Sie fressen aber auch an einer Reihe<br />
weise in großer Zahl an Alpenkratzdisteln<br />
anderer Pflanzen wie z.B. Malvengewächsen,<br />
Brennesseln und<br />
Natternkopf. Bild: E. Müller<br />
Innerhalb der Edelfalter bilden die Perlmutterfalterr eine eigene Untergruppe. Ihr Name be‐<br />
der Hinterflügel aufweisen. Wenig ausgeprägt ist dieses Merkmal aber be<strong>im</strong> Kaisermantel<br />
zieht sich auf die wie Perlmutt glänzenden Felder, die die meisten Arten auf der Unterseite
(Argynnis paphia), der zu unseren größten und bekanntesten Perlmutterfaltern gehört (Abb.<br />
28 und 29). Seine Raupen ernähren sich von Veilchenarten.<br />
Abb. 28: Männchen des Kaisermantels be<strong>im</strong><br />
Blütenbesuch auf der Ackerkratzdistel. Eine<br />
andere beliebte Nektarpflanze ist der Dost.<br />
Bild: E. Müller<br />
Abb. 29: Be<strong>im</strong> Kaisermantel – hier ein Weibchen<br />
auf dem Blütenkopf einer Kohldistel ‐<br />
sind die perlmuttartigen Flecken auf der<br />
Flügelunterseite nicht sehr ausgeprägt. Bild:<br />
E. Müller<br />
Eine prächtige Perlmuttzeichnung trägt dagegen der Kleine Perlmutterfalter (Issoria lathonia).<br />
Er ist vor allem auf Stoppelfeldern zu finden, wo die Weibchen ihre Eier an Acker‐Stiefmütterchen<br />
ablegen (Abb. 30).<br />
Abb. 30: Der Kleine Perlmutterfalter ist<br />
mit seinen großen Silberflecken auf der<br />
Unterseite der Hinterflügel unverwechselbar.<br />
Er stammt ursprünglich aus den<br />
Steppengebieten in Osteuropa und Asien.<br />
Bild: E. Müller<br />
Ähnlich groß wie der Kaisermantel,<br />
aber deutlich seltener, ist der Große<br />
Perlmutterfalter (Mesoacidalia aglaja)<br />
(Abb. 31). Die Raupen dieser<br />
Art wurden in Baden‐Württemberg<br />
noch nie gefunden! Vermutlich ernähren<br />
sie sich von verschiedenen<br />
Veilchenarten.<br />
Abb. 31: Ein großer Perlmutterfalter<br />
besucht hier den Blütenstand einer<br />
Telekie. Bild: E. Müller
Noch lückenhafter verbreitet als der Große Perlmutterfalter ist der Feurige Perlmutterfalter<br />
(Fabriciana adippe) (Abb. 32). Die beiden ähnlichen Arten unterscheiden sich dadurch, dass<br />
be<strong>im</strong> Großen Perlmutterfalter die kleinen, braun umrandeten Silberflecken in der Außenbinde<br />
der Hinterflügel‐Unterseite fehlen.<br />
Abb. 32: Der Feurige Perlmutterfalter<br />
bevorzugt be<strong>im</strong> Blütenbesuch eindeutig<br />
violett gefärbte Blütenköpfchen,<br />
verschmäht aber offensichtlich auch<br />
gelbe Nektarquellen nicht. Seine Raupen<br />
ernähren sich von verschiedenen<br />
Veilchenarten. Bild: E. Müller<br />
Vom Mädesüß‐Perlmutterfalter (Brenthis ino), dessen Raupe sich hauptsächlich von Mädesüß<br />
ernährt, konnte ich <strong>im</strong> <strong>Schönbuch</strong> noch keine Aufnahme machen.<br />
Frische bis trockene Buchenmischwälder sind der hautsächliche Lebensraum des Silberfleck‐<br />
Perlmutterfalters (Clossiana euphrosyne) (Abb. 33). Wie bei vielen anderen Perlmutterfaltern<br />
sind Veilchenarten die Hauptnahrung seiner Raupen.<br />
Abb. 33: Als wichtigste Nektarpflanze<br />
des Silberfleck‐Perlmutterfalters <strong>im</strong><br />
<strong>Schönbuch</strong> gilt der Kriechende Günsel.<br />
Aber auch andere Pflanzen wie z.B. der<br />
Hornklee werden besucht. Bild: E. Müller<br />
Der Magerrasen‐Perlmutterfalter (Clossiana dia) bevorzugt warme Hänge mit trockenen<br />
Gebüsch‐ und Saumgesellschaften, <strong>im</strong> Neckarland findet man ihn in aufgelassenen Obst‐ und<br />
Weingärten (Abb. 34 und 35). Seine Raupen fressen an Veilchenarten, vor allem am<br />
Rauhaarigen Veilchen. Die Eiablage wurde aber auch schon an anderen Pflanzen beobachtet,<br />
z.B. an Spitzwegerich.<br />
Der Magerrasen‐Perlmutterfalter gilt in Baden‐Württemberg als gefährdet. Er ist überall dort<br />
verschwunden oder in seinem Bestand zurück gegangen, wo seine angestammten Lebensräume<br />
durch Intensivierung der Landwirtschaft und des Weinbaus verloren gingen.
Die Scheckenfalter bilden eine weitere Untergruppe der Edelfalter. In Färbung und Zeichden<br />
Flü‐<br />
nung der Flügeloberseiten ähneln sie den Perlmutterfaltern, die Perlmuttfelder auf<br />
gelunterseiten fehlen ihnen aber. Diesee tragen vielmehr das<br />
namensgebende gescheckte<br />
Muster (Abb 36).<br />
Abb. 34: Der Magerrasen‐Perlmutterfalter<br />
benötigt warme, offene oder<br />
gebüschreiche<br />
Magerrasen. Mit<br />
dem zunehmenden Ver‐<br />
diesee Edelfalterart seltener geworden. Bild:<br />
schwinden dieser<br />
Lebensraumtypen ist auch<br />
E. Müller<br />
Abb. 36: Die Scheckenfalter ähneln sehr den<br />
Perlmutterfaltern,<br />
bei ihnen fehlen aber die<br />
perlmuttartigen Felder auf den Flügelunter‐<br />
gemacht und zeigt<br />
vermutlich den Östlichen<br />
Scheckenfalter (Mellicta britomartis). Bild:<br />
E.<br />
seiten. Dieses Bild wurde in den Alpen<br />
Müller<br />
Abb. 35: Als wichtigste Nektarpflanzen des<br />
Magerrasen‐Perlmutterfalters gelten Hornklee<br />
und<br />
Wiesen‐Flockenblume. Dieser Falter hat<br />
sich<br />
eine Kreuzblume als Nektarquellee ausge‐<br />
sucht. Bild: E. Müller<br />
Abb. 37: Der Wegerich‐Scheckenfalter<br />
gilt in<br />
Baden‐Württemberg als stark gefährdet. Die<br />
Raupen ernähren sich hauptsächlichh von<br />
Wegerich‐Arten, vor allem<br />
von Spitz‐Wege‐<br />
rich. Bild: E. Müller<br />
Im <strong>Schönbuch</strong> sieht man Vertreter der Scheckenfalter <strong>im</strong> Vergleich zu Perlmutterfaltern eher<br />
selten. Eine der oft schwer zu unterscheidenden Arten (in manchen Fällen ist eine genaue<br />
Untersuchung der<br />
Geschlechtsorgane erforderlich) ist der Wegerich‐Scheckenfalter (Me‐<br />
in<br />
litaea cinxia) (Abb. 37), der<br />
unter anderem trockene Waldsäume und Waldwiesen<br />
Laubmischwäldern<br />
bewohnt.<br />
Empfehlenswerte Literatur zum Thema :<br />
Ebert, G. (Hrsg.) (1991): Die Schmetterlinge Baden‐Württembergs. Bd. 1. Tagfalter. Ulmer‐<br />
Verlag, Stuttgart, 552 Seiten.