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I . 2013 / www.naturland.de<br />

<strong>Naturland</strong><br />

<strong>Nachrichten</strong> International<br />

Information für Mitglie<strong>der</strong> und Interessierte<br />

Öko- Aquakultur und nachhaltige Fischerei weltweit<br />

Öko-Aquakultur, Wildfischprojekte, Pionierleistung<br />

Agrarpolitik<br />

Reform <strong>der</strong> Europäischen GAP<br />

<strong>Naturland</strong> International<br />

<strong>Naturland</strong> als Gastgeber<br />

Synergieeffekte<br />

Kooperativen arbeiten zusammen<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

1


<strong>Naturland</strong> auf Messen:<br />

Shrimpfarm Indien<br />

• Agritechnica, 12.-16. November in Hannover, Deutschland<br />

• Internationale Grüne Woche, 17.-26. Januar 2014<br />

in Berlin, Deutschland<br />

• BioFach, 12.-15. Februar 2014, Nürnberg Deutschland<br />

Inhalt:<br />

Editorial.....................................................................................................................3<br />

NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

• <strong>Naturland</strong> auf <strong>der</strong> BioFach 2013............................................................................4<br />

• Beirat international in Gräfelfing............................................................................5<br />

• LOA zu Gast bei <strong>Naturland</strong>.....................................................................................6<br />

• Öko-Branche trifft Öko-Prinz..................................................................................6<br />

• Spekulation mit Nahrungsmitteln...........................................................................7<br />

• Buchrezension „Food Crash“..................................................................................7<br />

• Kleinbauern eine Stimme geben............................................................................8<br />

• <strong>Naturland</strong> Repräsentantin unterwegs in Ecuador................................................10<br />

• Öffentliches Geld für öffentliche Leistung - EU-Agrarreform...............................10<br />

• dwp feiert 25 jähriges Jubiläum...........................................................................12<br />

• Richtlinienanpassungen bei <strong>Naturland</strong>................................................................12<br />

FACHINFORMATION FISCH<br />

• Unterstützung in Tansania....................................................................................13<br />

• Thunfischprojekt auf den Malediven....................................................................14<br />

• Aquakultur: ASC vs. Öko.......................................................................................15<br />

• Fisch reagiert allergisch auf Gentechnik-Futter...................................................17<br />

• Muscheln in Irland................................................................................................18<br />

• Heringsfischerei in Deutschland...........................................................................18<br />

MITGLIEDERFORUM<br />

• ProNatur...............................................................................................................19<br />

• Interview mit Jan Bernhard..................................................................................21<br />

• WORC Wupperthal Original Rooibos Cooperative...............................................21<br />

• Interview mit Manduvira.......................................................................................23<br />

Impressum..............................................................................................................24<br />

2 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


EDITORIAL<br />

Auf die Vielfalt kommt es an!<br />

Liebe <strong>Naturland</strong> Mitglie<strong>der</strong> und Partner in<br />

aller Welt!<br />

Die USA und die EU repräsentieren gemeinsam<br />

rund die Hälfte <strong>der</strong> weltweiten Wirtschaftsleistung.<br />

Seit Juli 2013 verhandeln Washington<br />

und Brüssel über das »transatlantische Freihandels-<br />

und Investitionsabkommen« (TTIP). Mit<br />

dem Abkommen würden die USA und die EU<br />

fast alle vorhanden Handelsbarrieren umfassend<br />

abbauen. Die Verhandlungen sollen bis Ende<br />

2014 abgeschlossen sein. Die Befürworter des<br />

Abkommens sehen das größte Potenzial darin,<br />

dass Hersteller ihre Waren, ohne aufwendige<br />

Zulassungsverfahren sowohl auf dem US- als<br />

auch dem europäischen Markt anbieten können.<br />

Bauern und Verbrauchern in Europa bringt TTIP<br />

jedoch Nachteile. In den USA ist beispielsweise<br />

<strong>der</strong> Verzehr von Klon- und Hormonfleisch sowie<br />

von Milch von Turbo-Kühen erlaubt, die mit<br />

gentechnisch erzeugten Wachstumshormonen<br />

gedopt wurden. Bauern gerieten durch die sehr<br />

viel geringeren Produktionskosten in den Vereinigten<br />

Staaten in weiteren Wettbewerbsdruck.<br />

Die Kampagne „Öko+Fair ernährt mehr!“ for<strong>der</strong>t<br />

genau das Gegenteil. Auf <strong>der</strong> Abschlussveranstaltung<br />

„Auf die Kleinen kommt es an!“ diskutieren<br />

Experten mit politischen Vertretern aktuelle<br />

agrarökologische und damit verknüpfte entwicklungspolitische<br />

Fragestellungen (S.8). Gegen die<br />

unreflektierte Liberalisierung von Märkten und für<br />

einen verantwortungsvollen Umgang mit den uns<br />

zur Verfügung stehenden Umweltressourcen setzt<br />

sich <strong>Naturland</strong> mit seinem Engagement für eine<br />

gerechte Agrarreform ein (S.10) und for<strong>der</strong>t ein<br />

Ende <strong>der</strong> Spekulation mit Nahrungsmitteln (S.8).<br />

Grund <strong>zum</strong> Feiern gab es in diesem Jahr trotzdem<br />

genug: <strong>Naturland</strong> feierte auf <strong>der</strong> BioFach im<br />

Februar (S.4) sein 30 jähriges Jubiläum. Im Juni<br />

durften wir den 25-jährigen Geburtstag des langjährigen<br />

<strong>Naturland</strong> Partners dwp e.G. mitfeiern<br />

(S.12).<br />

Der Themenschwerpunkt in diesem Heft widmet<br />

sich <strong>der</strong> Ökologischen Aquakultur und <strong>der</strong> nachhaltigen<br />

Fischerei. Als Pionier führt <strong>Naturland</strong> seit<br />

Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre Pilotprojekte mit verschiedenen<br />

Akteuren auf dem Gebiet <strong>der</strong> ökologischen<br />

Aquakultur durch, um nachhaltige Lösungen<br />

für die betriebliche Praxis zu entwickeln. 2006<br />

wurde in einem Projekt in Tansania die <strong>Naturland</strong><br />

Wildfisch Zertifizierung erarbeitet. Und das so<br />

erfolgreich, dass die Menschen dort mittlerweile<br />

durch zwei <strong>Naturland</strong> Mitarbeiter unterstützt<br />

werden. Dieses und weitere Projekte, sowie eine<br />

Gegenüberstellung <strong>der</strong> Öko-Aquakultur und dem<br />

<strong>neuen</strong> Label ASC werden auf den Seiten 13-19<br />

vorgestellt.<br />

Um Kleinbauern geht es im Mitglie<strong>der</strong>forum<br />

(S.19-23). In <strong>der</strong> Organisation ProNatur in Peru<br />

arbeiten über 2.000 Familienbetriebe zusammen.<br />

Ebenfalls in Lateinamerika sitzt die Kooperative<br />

Manduvirá. Die Genossenschaft ist in diesem Jahr<br />

eine beson<strong>der</strong>e Kooperation mit zwei weiteren<br />

Genossenschaften eingegangen. Mit WORC, <strong>der</strong><br />

Wupperthal Original Rooibos Cooperative bleiben<br />

wir beim Thema, wechseln aber von Zucker zu<br />

Tee und von Amerika nach Afrika.<br />

In diesem Heft sind von Politik über Fairen Handel<br />

bis zur Beratung und von Aquakultur bis Kaffeeanbau<br />

viele verschiedene Beiträge zu finden.<br />

Diese große Bandbreite <strong>der</strong> Betätigungsfel<strong>der</strong><br />

spiegelt gut die Größe und Vielfalt des <strong>Naturland</strong><br />

Verbandes wie<strong>der</strong>, die in 30 Jahren aufgebaut<br />

wurden und weiter entwickelt werden. Das Buch<br />

„Food Crash“ von Dr. Felix Prinz zu Löwenstein<br />

(S.7) und das transatlantische Freihandels- und<br />

Investitionsabkommen zeigen uns, dass es noch<br />

viel zu tun gibt. Gehen wir es gemeinsam an.<br />

Internationaler Gastgeber war <strong>Naturland</strong> in<br />

diesem Jahr gleich mehrmals. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Besuch <strong>der</strong> Leading Organic Alliance (S.6) und<br />

<strong>der</strong> des internationalen Beirats (S.5) unterstrich<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> internationalen Ausrichtung<br />

von <strong>Naturland</strong>.<br />

Steffen Reese<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

3


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Kurzbericht zur BioFach<br />

Am Fischmarkt traf man sich zu Gesprächen<br />

Der Schokobrunnen lud <strong>zum</strong> Schlämmen ein<br />

<strong>Naturland</strong> präsentierte sich auf <strong>der</strong> BioFach 2013 mit über 50 nationalen und internationalen<br />

Partnern auf einer neu gestalteten Fläche als ein vielseitiger und kompetenter<br />

Ansprechpartner. Es wurden viele Gespräche mit Fachbesuchern aus Handel,<br />

Erzeugung und Verarbeitung, sowie nationalen und internationalen Partnern und<br />

Vertretern vieler Medien und <strong>der</strong> Politik geführt.<br />

Anlaufstelle für viele <strong>Naturland</strong> Landwirte<br />

und interessierte Landwirte, die sich über<br />

den Verband informierten, war die<br />

<strong>Naturland</strong> Fachberatung. Das Thema<br />

„Tierwohl“ beleuchteten <strong>Naturland</strong> Mitarbeiterin<br />

Frigga Wirths und die Fachberatung<br />

bei konstruktiven Gesprächen mit<br />

Besuchern und Experten. Damit machten<br />

sie deutlich, dass <strong>Naturland</strong> für einen<br />

respektvollen Umgang mit Tieren einsteht.<br />

In regelmäßigen Sprechstunden berichteten<br />

<strong>Naturland</strong> Landwirte aus ihrer Praxis.<br />

Der 2012 von <strong>Naturland</strong> und <strong>der</strong> Messe<br />

Nürnberg ins Leben gerufene „Fish<br />

Market“ bot auch in diesem Jahr den<br />

Besuchern die Möglichkeit, sich über<br />

ökologische Aquakultur und nachhaltige<br />

Fischerei zu informieren und bei den<br />

Partnern die entsprechenden Ergebnisse<br />

zu probieren. Auf dem internationalen<br />

Speisezettel standen neben Muscheln und<br />

Lachs aus Irland, Thunfisch von den Malediven<br />

und Shrimps aus Lateinamerika und<br />

Südostasien auch Forelle und Hering aus<br />

deutschen Gewässern.<br />

Ein weiterer Besuchermagnet war <strong>der</strong><br />

Schokoladenbrunnen, <strong>der</strong> <strong>zum</strong> zweiten<br />

Mal auf <strong>der</strong> BioFach aufgebaut wurde. Er<br />

veranschaulichte hervorragend die Verschmelzung<br />

von Öko und Fair aus Nordund<br />

Südprodukten. Viele Informationsgespräche<br />

wurden bei Banane und Brot mit<br />

Schokoüberzug geführt. Es gab aber auch<br />

Neues zu vermelden:<br />

Zur BioFach 2013 brachte die Berchtesgadener<br />

Land Molkerei mit den Bio-<br />

Fruchtjoghurts und <strong>der</strong> Alpenzwerg Bio-<br />

Schokomilch in Öko & Fair-Qualität neue<br />

<strong>Naturland</strong> Fair Produkte heraus.<br />

Diese Produktneuheiten wurden durch<br />

eine Kooperation <strong>der</strong> drei Kooperativen<br />

und <strong>Naturland</strong> Partner Berchtesgadener<br />

Land, dwp eG und Manduvirá ermöglicht,<br />

die <strong>Naturland</strong> zusammen führte.<br />

Die Molkerei verarbeitet neben <strong>der</strong> Fair<br />

zertifizierten Milch auch <strong>Naturland</strong> Fair<br />

zertifizierten Zucker von Manduvirá aus<br />

Südamerika, <strong>der</strong> von dwp importiert wird<br />

(mehr dazu in dem Interview mit Andres<br />

Gonzales aus S 23). In Zukunft möchte<br />

Berchtesgadener Land alle <strong>Naturland</strong> zertifizierten<br />

Produkte bei <strong>der</strong> Molkerei auf 100<br />

% Öko & Fair umstellen.<br />

Am Stand <strong>der</strong> Kampagne „Öko+Fair<br />

ernährt mehr!“ war die Welternährung<br />

Thema: Fast eine Milliarde Menschen auf<br />

dieser Erde hungern. Viele davon leben<br />

auf dem Land und von <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

Kleinbäuerinnen und Kleinbauern leisten<br />

einen großen Beitrag zur Ernährungssicherung.<br />

Doch in <strong>der</strong> Politik sind sie nicht<br />

vertreten. Mit <strong>der</strong> Kampagne wollen die<br />

Träger <strong>Naturland</strong> und <strong>der</strong> Weltladen-Dachverband<br />

auf diesen Missstand hinweisen<br />

und Kleinbäurerinnen und Kleinbauern<br />

eine Stimme geben.<br />

Auf <strong>der</strong> traditionellen Standparty konnte<br />

man das Motto <strong>der</strong> 30 Jahre Feierlichkeiten<br />

die „ÖKUHVISION“ erleben und<br />

von einer köstlichen Geburtstagstorte<br />

naschen.<br />

Am Freitag eröffnete <strong>Naturland</strong> Präsident<br />

Hans Hohenester die Versammlung <strong>der</strong><br />

internationalen Mitglie<strong>der</strong> und Partner von<br />

<strong>Naturland</strong>. Geschäftsführer Steffen Reese<br />

stellte die Aktivitäten von <strong>Naturland</strong> vor und<br />

gab einen Ausblick auf Kommendes. Mit<br />

dem Vortrag „Wir werden und ökologisch<br />

30 Jahre Pionierarbeit, Öko-Kompetenz<br />

und weltweites Engagement – das ist<br />

<strong>der</strong> fruchtbare Boden, auf dem<br />

<strong>Naturland</strong> und seine Partner die nächsten<br />

Entwicklungssprünge machen.<br />

Mit dem Symbol „ÖKUHVISION“<br />

möchte <strong>Naturland</strong> die Wertschätzung für die ökologische<br />

Land- und Lebensmittelwirtschaft verdeutlichen. Denn sie<br />

bewahrt die Artenvielfalt, sorgt für fruchtbare Böden, schützt<br />

das Wasser und wirkt dem Klimawandel entgegen. <strong>Sie</strong> ist eine<br />

kulturelle Leistung und för<strong>der</strong>t Lebensstile mit deutlich reduziertem<br />

Fleischkonsum. Und sie ist fair – zu Mensch, Tier und<br />

Umwelt. Auf <strong>der</strong> BioFach trugen alle <strong>Naturland</strong> Mitarbeiter und<br />

Partner das Symbol als Button; es war aber auch in Anzeigen,<br />

Flyern und Plakaten zu sehen. Selbstverständlich können auch<br />

alle <strong>Naturland</strong> Betriebe das Symbol nutzen und damit die nächsten<br />

30 Jahre <strong>Naturland</strong> bekräftigen.<br />

4 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Fachgespräche mit interessierten Besuchern und Landwirten<br />

30 Jahre <strong>Naturland</strong> stehen für 30 Jahre Öko-Pionier<br />

ernähren o<strong>der</strong> gar nicht!“ hob Dr. Felix<br />

Prinz zu Löwenstein – Präsidiumsmitglied<br />

von <strong>Naturland</strong> und Vorsitzen<strong>der</strong> des Bund<br />

Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)<br />

– die Bedeutung und Notwendigkeit des<br />

Öko-Landbaus hervor. Als Abschluss wurden<br />

langjährige <strong>Naturland</strong> Mitglie<strong>der</strong> geehrt.<br />

Während das Treffen 2012 sehr gut besucht<br />

war, nahmen an <strong>der</strong> diesjährigen Veranstaltung<br />

lei<strong>der</strong> nur Wenige teil. Hauptgrund für<br />

die geringe Teilnahme waren wohl Terminüberschneidungen,<br />

weshalb nächstes<br />

Jahr das Treffen abends stattfinden wird<br />

und so reichlich Platz bieten wird für einen<br />

befruchtenden Austausch.<br />

Internationaler Beirat tagt in Gräfelfing<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Delegiertenversammlung<br />

des <strong>Naturland</strong> – Verband für ökologischen<br />

Landbau e.V. kam vom 13. bis 15. Mai <strong>der</strong><br />

internationale Beirat zusammen. Gemeinsam<br />

mit den Mitarbeitern <strong>der</strong> internationalen<br />

Abteilung tauschten sie sich über<br />

die aktuelle Situation des Öko-Landbau<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Län<strong>der</strong> aus, diskutierten<br />

Probleme und Aufgaben und besprachen<br />

die Themen <strong>der</strong> Delegiertenversammlung.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> des Beirats, Frauke Weissang<br />

(Italien), Prof. Dr. Hamdy <strong>Sie</strong>f El-Nasr<br />

(Ägypten), Prem Tamang (Indien) und Noel<br />

Galindo (Peru) ließen sich die Gelegenheit<br />

des Deutschlandbesuchs nicht entgehen,<br />

einen <strong>Naturland</strong> Betrieb kennen zu lernen.<br />

<strong>Naturland</strong> Delegierter Hans Holland aus<br />

Baden-Württemberg lud auf sein Hofgut<br />

nach Ochsenhausen ein und stellte mit<br />

seiner Frau seinen land –und forstwirtschaftlichen<br />

Familienbetrieb vor.<br />

<strong>Naturland</strong> legt großen Wert auf die Internationale<br />

Zusammenarbeit. Bereits seit 17<br />

Noel Galindo, Manfred Fürst, Friedrun Sachs (beide <strong>Naturland</strong> International), Prem Tamang, Alexan<strong>der</strong> Koch<br />

(<strong>Naturland</strong> International), Prof. Hamdy, Hans Holland, Frauke Weissang,<br />

Andreas Ziermann (Öffentlichkeitsarbeit <strong>Naturland</strong> International)<br />

Jahren nehmen internationale Delegierte<br />

an den <strong>Naturland</strong> Delegiertenversammlungen<br />

teil. Vor zwei Jahren wurde zusätzlich<br />

ein internationaler Beirat einberufen,<br />

dem auch die internationalen Delegierten<br />

angehören. <strong>Naturland</strong> Landwirte aus<br />

verschiedenen Län<strong>der</strong>n beraten darin die<br />

Abteilung International und diskutieren<br />

aktuelle und strategische Fragestellungen.<br />

Die Internationalen Gäste machen sich ein Bild von Hollands Hof<br />

Internationaler Austausch <strong>zum</strong> Anfassen<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

5


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

<strong>Naturland</strong> empfing die Leading Organic Alliance in München<br />

<strong>Naturland</strong> war vom 06.-08. Mai 2013 Gastgeber <strong>der</strong> Leading<br />

Organic Alliance (LOA), dem Zusammenschluss <strong>der</strong> führenden<br />

europäischen Öko-Verbände und -Zertifizierer. Die Schwerpunkte<br />

<strong>der</strong> Netzwerkarbeit konzentrierten sich auf konkrete<br />

Nachhaltigkeitsaspekte, Qualitätssicherungsthemen sowie auf<br />

den Austausch eingerichteter Arbeitsgruppen.<br />

Die Allianz <strong>der</strong> europäischen Öko-Elite hat inzwischen zwölf<br />

Mitglie<strong>der</strong>: Bio Austria (Österreich), BioForum (Belgien), Bionext<br />

(Nie<strong>der</strong>lande), Ecovalia (Spanien), Debio (Norwegen), ICEA<br />

(Italien), KRAV (Schweden), <strong>Naturland</strong> (Deutschland), Bioland<br />

(Deutschland), Soil Association (UK), EKO-kreumerk (Nie<strong>der</strong>lande),<br />

Bio Suisse (Schweiz). Für die Veranstaltung in München<br />

konnte Markus Arbenz, Geschäftsführer IFOAM World, als Referent<br />

für die Nachhaltigkeits-Initiativen <strong>der</strong> IFOAM<br />

gewonnen werden (SOAAN – Sustainable Organic Agriculture<br />

Action Network). Da sich die LOA-Allianz als dezentrales Netzwerk<br />

begreift, hat sie we<strong>der</strong> ein Büro noch Angestellte. Die<br />

Koordination des Zusammenschlusses wird turnusmäßig durch<br />

die Mitglie<strong>der</strong> übernommen. Den aktuellen Vorsitz hat <strong>Naturland</strong><br />

inne. Das nächste Treffen im Herbst 2013 wird gemeinsam von<br />

ICEA und <strong>Naturland</strong> auf LaSelva in Italien ausgerichtet.<br />

Geballte Öko-Kompetenz zu Besuch bei <strong>Naturland</strong><br />

Öko-Branche trifft Öko-Prinz<br />

Im Mai besuchte Prinz Charles das Langenburger Nachhaltigkeitsforum in Baden-<br />

Württemberg. Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg hatte für die Konferenz "Towards<br />

sustainable regional food systems" gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesaußenminister<br />

Joschka Fischer internationale Experten eingeladen.<br />

Georg Heiser (Geschäftsführer BioCompany), Steffen Reese, Prinz Charles, Xenia zu Hohenlohe<br />

In Diskussionsrunden tauschten sich<br />

Vertreter aus allen Bereichen <strong>der</strong> Lebensmittelbranche,<br />

darunter Landwirte, Repräsentanten<br />

<strong>der</strong> Öko-Branche, verarbeitende<br />

Unternehmen und Lebensmitteleinzelhändler,<br />

sowie Vertreter <strong>der</strong> Politik über<br />

die Entwicklung von nachhaltigen regionalen<br />

Agrar- und Nahrungsmittelsystemen<br />

aus. Im Zentrum <strong>der</strong> Diskussion standen<br />

die Optimierung <strong>der</strong> lokalen und regionalen<br />

Lebensmittelsysteme, die Erhaltung<br />

von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum<br />

sowie die Stärkung von kleinbäuerlichen<br />

Strukturen.<br />

Bereits bei dem letzten IFOAM Welt-Kongress<br />

hatte <strong>der</strong> Thronfolger den Öko-Landbau<br />

mit Grußworten gestärkt. Auch die Soil<br />

Assiciation aus dem europäischen Partner-<br />

Netzwerk von <strong>Naturland</strong> kann sich auf den<br />

Zuspruch des Price of Wales verlassen,<br />

seines Zeichens auch ein Öko-Landwirt.<br />

6 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Mit dem Essen spielt man nicht<br />

Hungerkrisen, Ernteausfälle, Preissteigerungen und extreme Preisschwankungen bei<br />

Agrarrohstoffen haben das Thema Nahrungsmittelspekulation in den letzten Jahren<br />

auf die öffentliche Agenda gebracht.<br />

2011 hungerten weltweit fast eine Milliarde Menschen. Knapp<br />

zehn Millionen Menschen sterben jedes Jahr den Hungertot,<br />

darunter hauptsächlich Kin<strong>der</strong>. In Entwicklungslän<strong>der</strong>n geben<br />

die Ärmsten <strong>der</strong> Welt teilweise bis zu 80% des Einkommens<br />

für Nahrungsmittel aus. Preissteigerungen führen so schnell<br />

dazu, dass sich viele Menschen ihre tägliche Mahlzeit nicht<br />

mehr leisten können und schlimmstenfalls verhungern. Im<br />

Juli 2012 stiegen laut Welternährungsorganisation alleine die<br />

Getreidepreise um bis zu sechs Prozent. Die Gründe für die<br />

extremen Preissteigerungen und Schwankungen sind vielfältig.<br />

In den letzten Jahren zeigte es sich immer deutlicher, dass die<br />

Spekulation mit agrarischen Rohstoffen daran entscheidenden<br />

Anteil hat.<br />

Terminbörsen entstanden, damit sich Erzeuger und Verarbeiter<br />

durch vorvereinbarte Abnahmepreise gegen Preisschwankungen<br />

absichern können. Dort werden zahlreiche Rohstoffe gehandelt,<br />

vor allem Soja und Getreide. Insbeson<strong>der</strong>e in den USA und Asien<br />

ist <strong>der</strong> Handel mit Agrarrohstoffen stark entwickelt. Der wichtigste<br />

Handelsplatz für Termingeschäfte ist die Börse in Chicago.<br />

Mit <strong>der</strong> globalen Finanzkrise 2007 entdeckten Finanzspekulanten<br />

das Geschäft mit den Agrarrohstoffen. In den folgenden Jahren<br />

entwickelten sich diese zur dominierenden Händlergruppe an<br />

den Terminbörsen. Durch diesen starken Zustrom von Händlern<br />

bei gleichem Wareneinsatz verän<strong>der</strong>te sich das Verhältnis<br />

zwischen den an <strong>der</strong> Börse gehandelten Agrarrohstoffen und<br />

<strong>der</strong> tatsächlichen physischen Agrarproduktion. In den letzten<br />

drei Jahren stiegen vermehrt Banken und Fonds in den Handel<br />

mit Agrarrohstoffen ein. Bis vor einigen Jahren nutzten Banken<br />

und Fonds den physischen Rohstoffmarkt noch weitgehend zur<br />

Absicherung gegen die enormen Risiken <strong>der</strong> Finanzmärkte. Heute<br />

hingegen können die Anleger durch zahlreiche von Banken<br />

gegründete Agrarrohstoff-Fonds direkt auf Preisentwicklungen<br />

<strong>der</strong> Nahrungsmittel wetten. Weltweit liegt laut einer Schätzung<br />

<strong>der</strong> Barclays Bank das Anlagevolumen in Agrarrohstoffe bei<br />

68,8 Mrd. Euro. Auch Deutsche Banken und Versicherungen sind<br />

ins Geschäft mit Agrarrohstoffen eingestiegen. <strong>Sie</strong> haben rund<br />

11,4 Mrd. Euro in Agrarrohstoffen angelegt.<br />

In den letzten Jahren stiegen vermehrt Banken und Fonds in den Handel mit<br />

Agrarrohstoffen ein<br />

Durch die gestiegene Nachfrage an den Terminmärkten stiegen<br />

in <strong>der</strong> Folge die Kurse an den Börsen. Die steigenden Kurse werden<br />

<strong>zum</strong> Teil auf die physischen Märkte übertragen und führen<br />

zu kurzfristigen unkontrollierbaren Preissteigerungen. Die Preise<br />

orientieren sich heute vor allem an den Gesetzmäßigkeiten <strong>der</strong><br />

Finanzmärkte und dem Handeln <strong>der</strong> Finanzakteure. Durch den<br />

Einstieg <strong>der</strong> Finanzspekulanten sind <strong>zum</strong> einen die Rohstoffmärkte<br />

untereinan<strong>der</strong> stärker verwoben, <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en enger<br />

an die Entwicklungen <strong>der</strong> Finanzmärkte gebunden. Agrarrohstoffe<br />

reagieren so wesentlich direkter auf die Schwankungen<br />

an den Finanzmärkten. Durch Spekulationen hervorgerufene<br />

Preisschwankungen spielen mit <strong>der</strong> Nahrungsmittelsicherheit<br />

von Millionen Menschen. Diese, meist in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

lebend, sind den extremen Schwankungen und Explosionen <strong>der</strong><br />

Nahrungsmittelpreise schutzlos ausgeliefert. Exzessive Spekulation<br />

heizt die Welternährungskrise weiter an. Es ist höchste Zeit<br />

die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen. <strong>Naturland</strong><br />

for<strong>der</strong>t Politik und Finanzakteure auf, <strong>hier</strong> am gleichen Strang<br />

zu ziehen, um weitere Auswüchse zu verhin<strong>der</strong>n. Die Regulierung<br />

<strong>der</strong> Warenterminmärkte ist dafür ein unerlässlicher erster<br />

Schritt.<br />

„FOOD CRASH“<br />

Schon mit <strong>der</strong> provokanten Unterzeile „Wir werden uns ökologisch ernähren o<strong>der</strong> gar<br />

nicht mehr“, macht <strong>der</strong> Autor des Buches „Food Crash“ – und <strong>Naturland</strong> Bauer -, Dr.<br />

Felix Prinz zu Löwenstein, deutlich, dass wir umdenken müssen. Er zeigt auf, dass die<br />

industrielle Landwirtschaft eine Sackgasse ist. Eine industrialisierte Landwirtschaft<br />

beruht auf <strong>der</strong> Übernutzung von Ressourcen und ist somit keine Lösung. Darüber<br />

hinaus erklärt Löwenstein, dass nicht die mangelnde Produktionssteigerung, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> verschwen<strong>der</strong>ische Umgang mit Lebensmitteln und die Zerstörung unserer natürlichen<br />

Lebensgrundlagen <strong>zum</strong> Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems<br />

führen werden.<br />

„Food Crash“ ist ein beeindruckendes, erschreckendes<br />

und zugleich ermutigendes<br />

Buch. Die umfangreiche Beschreibung des<br />

Ist-Zustands <strong>der</strong> globalen Ernährungssituation<br />

lässt den Leser nicht mehr los und<br />

regt <strong>zum</strong> Nachdenken an. Allerdings geht<br />

es nicht nur um Schwarzmalerei, son<strong>der</strong>n<br />

es wird ein realistisches Gegenmodell<br />

aufgestellt, mit Handlungsanweisungen für<br />

jeden. Es wird aufgezeigt, welche politischen<br />

und gesellschaftlichen Hebel in Bewegung<br />

gesetzt werden müssen, damit es<br />

im Einklang mit <strong>der</strong> Natur gelingen kann,<br />

die Ernährungsgrundlagen <strong>der</strong> Menschheit<br />

zu sichern.<br />

Den <strong>neuen</strong> Weg beschreibt Felix zu<br />

Löwenstein als „Ökologische Intensivierung“,<br />

gestützt anhand entsprechen<strong>der</strong> Beispiele.<br />

weiter auf <strong>der</strong> nächsten Seite ><br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

7


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Dabei geht es um das grundsätzliche<br />

Konzept einer ökologischen Landwirtschaft<br />

und nicht nur um einen Zertifizierungsstandard<br />

für den Markt. Auch geht es<br />

nicht um die Rückkehr in vorindustrielle<br />

Zeiten, noch um eine Landwirtschaft, die<br />

eigentlich das gleiche tut, wie die konventionelle,<br />

nur dass sie eben auf Agro-<br />

Chemikalien verzichtet. Eine „Ökologische<br />

Intensivierung“ meint vielmehr „eine<br />

innovative, gemeinsam von Wissenschaftlern,<br />

Bäuerinnen und Bauern fortentwickelte<br />

Landnutzungsform, die natürliche<br />

Regelmechanismen und die vorhandenen<br />

Ressourcen geschickt nutzt um in hoher<br />

Arbeitseffizienz stabile und möglichst hohe<br />

Erträge zu erwirtschaften. Und die deshalb<br />

mit einem Minimum an Betriebsmitteln<br />

auskommt, die von außen hinzugekauft<br />

werden müssen und die ohne den Einsatz<br />

naturfrem<strong>der</strong> Stoffe und Organismen<br />

arbeiten kann.“ (Felix zu Löwenstein, Food<br />

Crash, S. 169)<br />

Unterstrichen wird die For<strong>der</strong>ung einer<br />

„Ökologischen Intensivierung“ bei <strong>der</strong><br />

Betrachtung von zwei fundamentalen Zahlen.<br />

Erstens: Fast eine Milliarde Menschen<br />

leiden Hunger, - zwei Drittel davon leben<br />

auf dem Land. Zweitens: Kleinbauern<br />

erzeugen nach wie vor über die Hälfte aller<br />

weltweit produzierten Lebensmittel. Diese<br />

Menschen brauchen eine Strategie, die<br />

auf Produktionssysteme aufbaut, die sich<br />

auch die Armen leisten können, um auf<br />

kleiner und kleinster Fläche ihre Existenz<br />

zu sichern. (<strong>Sie</strong>h Artikel<br />

„Kleinbauern eine Stimme<br />

geben“, S.8)<br />

Über den Autor:<br />

Dr. Felix Prinz zu<br />

Löwenstein ist seit 1991 <strong>Naturland</strong><br />

Bauer und seit 1998 Mitglied des<br />

<strong>Naturland</strong> Präsidiums. Er ist Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />

des deutschen Öko-Dachverbandes<br />

Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft<br />

(BÖLW), sowie im Vorstand<br />

des Forschungsinstituts für biologischen<br />

Landbau (FiBL) Deutschland. Nach Studium<br />

und Promotion arbeitete er in <strong>der</strong><br />

internationalen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Es bleibt zu wünschen, dass das<br />

Buch auch in Englisch und Spanisch (in<br />

an<strong>der</strong>en Sprachen) aufgelegt wird. Und<br />

natürlich wünschen wir uns, dass Felix<br />

Löwenstein noch mehr Bücher schreibt,<br />

um die Gesellschaft für den Öko-Landbau<br />

besser zu erreichen!<br />

Prinz zu Löwenstein sieht im Öko-Landbau die<br />

Lösung vieler Probleme<br />

Kleinbauern eine Stimme geben!<br />

-For<strong>der</strong>ung nach Investitionen in kleinbäuerliche Landwirtschaft-<br />

„Fair-Trade und ökologische Produktionssysteme wie biologischer und umweltschonen<strong>der</strong><br />

Anbau, die als Alternativen zu den herrschenden Rohstoffmärkten entwickelt<br />

wurden, erweisen sich als probate Mittel <strong>der</strong> Armutsbekämpfung. Der Markt für diese<br />

Modelle, die Kleinproduzenten bessere Handelsbedingungen bieten, ist langsam<br />

gewachsen und macht nur einen kleinen Teil des Welthandels aus. Nichtsdestotrotz<br />

haben sie ihre prinzipielle Funktionsfähigkeit bewiesen. Dabei geht es um die Gestaltung<br />

einer <strong>neuen</strong> Generation von Geschäftsmodellen und Plattformen, die durch<br />

stabilere Nachfrage schlechter ausgestatteten Produzenten Zugangsfenster <strong>zum</strong><br />

allgemeinen Markt eröffnet.” (Weltagrarbericht)<br />

Mit <strong>der</strong> Botschaft<br />

„Kleinbauern<br />

säen die Zukunft“<br />

stehen bei <strong>der</strong> aktuellen<br />

Kampagne<br />

von <strong>Naturland</strong> und<br />

dem Weltladen-<br />

Dachverband<br />

„Öko + Fair ernährt<br />

mehr!“ die<br />

kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft<br />

und ihr großes Potential im Mittelpunkt.<br />

In diesem Zusammenhang beschreibt <strong>der</strong><br />

Weltagrarbericht (IAASTD) „Investitionen in<br />

die kleinbäuerliche Produktion als das dringendste,<br />

sicherste und vielversprechendste<br />

Mittel, Hunger zu bekämpfen und zugleich<br />

die ökologischen Auswirkungen <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

zu minimieren.“ Deshalb for<strong>der</strong>n<br />

<strong>Naturland</strong> und <strong>der</strong> Weltladen-Dachverband<br />

mit <strong>der</strong> Kampagne eine globale Agrarwende<br />

mit kleinbäuerlicher Landwirtschaft als<br />

Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Welternährung.<br />

85 Prozent <strong>der</strong> weltweit 525 Millionen<br />

Bauernhöfe umfassen weniger als zwei<br />

Hektar Land, darunter häufig auf schlechten<br />

Böden. Dennoch erwirtschaften Kleinbauern<br />

über die Hälfte <strong>der</strong> weltweit geernteten<br />

Lebensmittel. 80 Prozent <strong>der</strong> Nahrungsmittel,<br />

die in Entwicklungslän<strong>der</strong>n konsumiert<br />

werden, kommen aus kleinbäuerlicher<br />

Landwirtschaft. Dies sind gleichzeitig die<br />

Regionen unserer Erde, in <strong>der</strong> die größte<br />

Anzahl <strong>der</strong> weltweit einer Milliarde hungernden<br />

Menschen lebt, wobei die Mehrheit<br />

wie<strong>der</strong>um zur ländlichen Bevölkerung<br />

zählt.<br />

Viele Studien belegen, dass die För<strong>der</strong>ung<br />

kleinbäuerlicher, ökologischer Anbausysteme<br />

in Verbindung mit gerechteren<br />

Wirtschaftsbeziehungen den Hunger in<br />

<strong>der</strong> Welt verringern kann. Ökologische Anbaumethoden,<br />

die die Bodenfruchtbarkeit<br />

erhalten und verbessern, <strong>der</strong> Zugang zu<br />

geeignetem Saatgut, zu Beratung, Fortbildung<br />

und Krediten bergen ein gewaltiges<br />

Produktivitätspotential. Dabei kann die<br />

Produktion von Nahrungsmitteln in kleinbäuerlichen<br />

Betrieben nachweislich stark,<br />

je nach Untersuchung um mehr als 100<br />

Prozent, gesteigert werden. Kleinbäuerliche<br />

Landwirtschaft stellt somit eine geeignete<br />

Lösung dar, eine weltweite Ernährungssicherung<br />

zu gewährleisten. Zudem werden<br />

die zusätzlich produzierten Lebensmittel<br />

tatsächlich dort erzeugt, wo sie gebraucht<br />

werden. Denn 70 Prozent <strong>der</strong> Hungernden<br />

leben auf dem Land.<br />

Daher for<strong>der</strong>n <strong>Naturland</strong> und <strong>der</strong> Weltladen-Dachverband<br />

mit <strong>der</strong> Kampagne „Öko<br />

+ Fair ernährt mehr!“ auch eine Reform <strong>der</strong><br />

europäischen Agrarpolitik. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

8 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

die EU Exportsubventionen gefährden die<br />

ländliche Entwicklung in den Län<strong>der</strong>n des<br />

Südens. Denn eine Überproduktion und <strong>der</strong><br />

subventionierte Export von Nahrungsmitteln<br />

in Europa macht die Märkte in den Län<strong>der</strong>n<br />

des Südens kaputt und vernichtet die<br />

Existenz vieler kleinbäuerlicher Betriebe,<br />

die auf den einheimischen Märkten nicht<br />

mehr konkurrenzfähig sind (<strong>Sie</strong>he auch<br />

"Öffentliches Geld für öffentliche<br />

Leistungen - EU-Agrarreform", S.10).<br />

die im Rahmen <strong>der</strong> Kampagne vorgestellt<br />

werden, zeigen, wie kleinbäuerliche,<br />

ökologische Landwirtschaft in den Län<strong>der</strong>n<br />

des Südens sowohl ihre Existenzen als auch<br />

die natürlichen Lebensgrundlagen sichert<br />

und damit eine wünschenswerte Zukunft<br />

ermöglicht: die Green Net Cooperative<br />

in Thailand, die Small Organic Farmers‘<br />

Association (SOFA) in Sri Lanka und das<br />

Panay Fair Trade Center (PFTC) auf den<br />

Philippinen.<br />

Beratung und Weiterbildungsangebote<br />

im technischen und landwirtschaftlichen<br />

Bereich unterstützen sie ihre Mitglie<strong>der</strong> bei<br />

<strong>der</strong> Produktion, sorgen damit für hohe Produktvielfalt<br />

und eine Steigerung <strong>der</strong> Ernten<br />

durch bessere, ökologische Landnutzung.<br />

Mit „Öko + Fair ernährt mehr!“ möchte<br />

<strong>Naturland</strong> die Zukunftsperspektiven von<br />

Produzenten und Konsumenten miteinan<strong>der</strong><br />

verbinden. Dazu bekommen die<br />

Konsumenten in Deutschland Botschaften<br />

Verschiedene Postkartenmotive unterstreichen<br />

die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Kampagne<br />

Mit den Methoden des ökologischen Landbaus<br />

können Kleinbauern langfristig stabile<br />

und hohe Erträge erwirtschaften. Damit das<br />

gelingt, wird mit <strong>der</strong> Kampagne „Öko + Fair<br />

ernährt mehr!“ Kleinbauern eine Stimme<br />

gegeben, für Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> europäischen<br />

Agrarhandelspolitik appelliert und den<br />

Konsumenten in Deutschland viele Informationen<br />

aus erster Hand geboten:<br />

Drei Partner-Genossenschaften aus Asien,<br />

Basis ist die lokale Lebensmittelversorgung.<br />

Der zusätzliche Erlös aus dem Export über<br />

den fairen Handel sichert ihr Einkommen.<br />

Für den Export erzeugen sie z.B. Jasminreis,<br />

Kokosmilch, Bananenchips, Gewürze<br />

und hochwertige Tees. Ihr Engagement<br />

reicht weit über den Anbau und den Vertrieb<br />

von Lebensmitteln hinaus. Durch<br />

von Kleinbauern, die als Zukunftsvisionen<br />

formuliert sind. Der jeweils an<strong>der</strong>e Teil <strong>der</strong><br />

Klapp-Karten sind wie<strong>der</strong>um für Botschaften<br />

von Konsumenten an Produzenten<br />

gedacht. Zum Abschluss werden diese Karten<br />

mit <strong>der</strong> Botschaft aus dem „Norden“ an<br />

die Partner im „Süden“ weitergeleitet, die<br />

dadurch einen Eindruck vom Engagement<br />

<strong>hier</strong> bekommen.<br />

Satirischer Filmspot heizt Debatte um öko-fairen Konsum an<br />

Der satirische Kampagnenfilm „Agraprofit“, ein Produkt <strong>der</strong><br />

gemeinsamen Kampagne „Öko + Fair ernährt mehr!“ von<br />

Weltladen-Dachverband und <strong>Naturland</strong>, hat offensichtlich einen<br />

Nerv getroffen:<br />

Seit Anfang 2013 im Internet, eroberte er die „Sozialen Medien“<br />

im Sturm. Innerhalb von drei Wochen erreichten wir bereits<br />

250.000 Aufrufe unter www.youtube.com/agraprofit. In vielen<br />

Foren, sowie auf <strong>der</strong> facebook-Seite <strong>zum</strong> Film wurden rege Diskussionen<br />

geführt.<br />

Der Film zeigt in fünf Minuten das reale Treiben an einem Marktstand,<br />

an dem Ware zu Dumpingpreisen verramscht wird. Dabei<br />

wird ganz klar kommuniziert, dass die Produkte durch widrige<br />

Produktionsbedingungen so konkurrenzlos billig sind.<br />

Der Film eignet sich gut als Einstieg für workshops und Bildungsveranstaltungen.<br />

Initiatorin Agnes Bergmeister (<strong>Naturland</strong>) dazu:<br />

„Wir wollen aufrütteln, keine allgemeine Konsumentenschelte<br />

betreiben, son<strong>der</strong>n gemeinsam fragen, was wir tun können, um<br />

beispielsweise Marketing-Mechanismen zu durchschauen.“<br />

Fachtagung „Auf die kleinen kommt es an!“<br />

<strong>Naturland</strong> und <strong>der</strong> Weltladen-Dachverband richteten am 27.<br />

September eine Fachtagung zu kleinbäuerlicher, ökologischer<br />

Landwirtschaft und Fairem Handel in Berlin aus.<br />

Auf <strong>der</strong> Tagung <strong>zum</strong> Abschluss <strong>der</strong> gemeinsamen Kampagne<br />

"Öko+Fair ernährt mehr!" diskutierten Experten mit politischen<br />

Vertretern aktuelle agrarökologische und damit verknüpfte entwicklungspolitische<br />

Fragestellungen.<br />

In den letzten Jahren for<strong>der</strong>te eine Vielzahl von Berichten und<br />

Studien zur Ernährungs- und Umweltsituation einen Paradigmenwechsel<br />

in <strong>der</strong> weltweiten Agrarpolitik. Der Fokus soll in Zukunft<br />

auf <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> unabhängigen, kleinbäuerlichen, ökologisch<br />

orientierten Landwirtschaft liegen.<br />

Auch <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Tagung erstmals in Deutschland vorgestellt Bericht<br />

<strong>der</strong> UNCTAD - "Trade and Environment Review 2013" sieht<br />

eine grundlegende Transformation <strong>der</strong> Landbewirtschaftung als<br />

unabdingbar an.<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

9


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Fairer Handel: <strong>Naturland</strong> in Ecuador<br />

Vom 17.-19. Oktober 2012 lud das ecuadorianische Ministerium für internationale Beziehungen,<br />

Wirtschaft und Integration (Ministerio de Relaciones Exteriores Comercio<br />

e Integración) in die Weltkulturerbe-Stadt Cuenca. Zahlreiche ecuadorianische und<br />

internationale Gäste aus den Bereichen Fairer Handel und Ökologischer Landbau<br />

kamen zusammen.<br />

Unter ihnen waren Kleinbauern, Vertreter<br />

von NROs und Verbänden, Zertifizierer<br />

und Händler aus dem In- und Ausland.<br />

Auf <strong>der</strong> Veranstaltung wurde die aktuelle<br />

Situation für Erzeuger von Rohstoffen und<br />

Produkten in Ecuador analysiert. Thema<br />

war <strong>der</strong> weltweite faire Handel, aber auch<br />

<strong>der</strong> faire Handel im Inland. Vertreter <strong>der</strong><br />

anwesenden Kooperativen und Betriebe<br />

stellten sich vor und diskutierten mit den<br />

Mitarbeitern des Ministeriums. In Workshops<br />

wurden die Herausfor<strong>der</strong>ungen im<br />

fairen Handel analysiert und Lösungsvorschläge<br />

in einem Strategiepapier für die<br />

Regierung festgehalten. Dazu wurden Stolpersteine<br />

auf dem Weg zu marktfähigen<br />

Strukturen aufgezeigt und Empfehlungen<br />

<strong>zum</strong> Aufbau eines Beratungssystems gegeben.<br />

Von <strong>Naturland</strong> brachten Ute Wiedenlübbert<br />

(<strong>Naturland</strong> Repräsentantin in<br />

Ecuador) und Petra Heine (<strong>Naturland</strong> Fair)<br />

Wissen und Erfahrungen aus dem fairen<br />

Handel und Öko-Landbau ein. Weitere<br />

Möglichkeit <strong>zum</strong> Austausch und kennen<br />

lernen <strong>der</strong> verschiedenen Erzeugergruppen<br />

bot die parallel stattfindende Messe.<br />

Beson<strong>der</strong>er Dank gilt <strong>der</strong> Ecuadorianischen<br />

Regierung für die Ermöglichung<br />

dieser Veranstaltung. Die Veranstaltung<br />

hat großes Potential, die Kommunikation<br />

zwischen den Akteuren des fairen Handels<br />

untereinan<strong>der</strong> und mit <strong>der</strong> Politik zu verbessern.<br />

Das Konzept bringt dem Thema<br />

Fairer Handel große Aufmerksamkeit und<br />

ist auch für an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> zu empfehlen.<br />

Weitere Informationen zu <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

auf Spanisch finden <strong>Sie</strong> unter:<br />

http://www.mmrree.gob.ec/com_exterior/comercio_justo.asp<br />

Auf <strong>der</strong> Veranstaltung wurde <strong>der</strong> Faire Handel in Ecuador und weltweit<br />

diskutiert<br />

Die <strong>Naturland</strong> Mitarbeiterinnen nutzten den Aufenthalt in Ecuador zur<br />

Inspektion einiger Shrimpfarmen<br />

Öffentliches Geld für öffentliche Leistung –<br />

For<strong>der</strong>ungen zur gemeinsamen europäischen Agrarpolitik<br />

Mit dem Ende <strong>der</strong> Verhandlungen zwischen dem Europäischen<br />

Parlament, dem Agrarministerrat und <strong>der</strong> Europäischen Kommission<br />

zur Reform <strong>der</strong> gemeinsamen Agrarpolitik <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union werden die entscheidenden Weichen für die<br />

zukünftige Ausrichtung und Entwicklung <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

in Europa gestellt. <strong>Naturland</strong> setzt sich, gemeinsam mit einer<br />

Plattform weiterer Verbände, dafür ein, dass die EU Agrarpolitik<br />

endlich gesellschaftsfähig wird und weitreichende Fehlentwicklungen<br />

in <strong>der</strong> europäischen Land-und Ernährungswirtschaft<br />

korrigiert werden. <strong>Naturland</strong> for<strong>der</strong>t einen Systemwechsel in<br />

<strong>der</strong> europäischen Agrarpolitik.<br />

Die Gemeinsame Agrarpolitik, GAP, zählt zu den ersten Bereichen,<br />

in denen sich die Mitgliedstaaten <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union (EU) auf eine gemeinsame Politik auf europäischer Ebene<br />

verständigen konnten. Inzwischen ist die Landwirtschaft in <strong>der</strong><br />

EU eines <strong>der</strong> am stärksten vergemeinschafteten Politikfel<strong>der</strong>, das<br />

fast ausschließlich aus EU-Mitteln finanziert wird. Im Jahr 2012<br />

wird die europäische Landwirtschaft mit insgesamt 59 Milliarden<br />

Euro subventioniert. Mit fast 40 Prozent stellt sie den größten<br />

Ausgabenposten des EU-Haushalts dar. Lange setzte man<br />

auf eine reine Preisstützungspolitik, was in <strong>der</strong> Folge in vielen<br />

Bereichen zu einer unverantwortlichen Überproduktion führte.<br />

Mit den GAP-Reformen von 1993 und 2003 wurde die Praxis <strong>der</strong><br />

Preisstützung und später <strong>der</strong> Produktprämie durch das an die<br />

landwirtschaftliche Fläche gebundene Prämienmodell ersetzt. Bis<br />

heute existiert das an die Fläche gebundene Modell <strong>der</strong> Direktzahlungen.<br />

Dies bedeutet in <strong>der</strong> Folge, je mehr Fläche ein Betrieb<br />

bewirtschaftet, desto mehr För<strong>der</strong>ung bekommt er durch die EU.<br />

Ab 2014 wird ein neues langfristiges EU-Budget in Kraft treten,<br />

das auch eine reformierte GAP enthalten wird.<br />

Mit dem Anspruch "Die Agrarpolitik soll grüner und gerechter<br />

werden" nahm EU-Agrarkommissar Dacian Cioloş 2011 die Reform<br />

<strong>der</strong> GAP für die För<strong>der</strong>periode 2014-2020 in Angriff. Der im<br />

10 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

Öko-Landwirte leisten einen aktiven Beitrag <strong>zum</strong> Umweltschutz<br />

Oktober 2011 vorgelegte Legislativ-Entwurf <strong>der</strong> EU-Kommission<br />

hat die Richtung <strong>der</strong> Reform vorgegeben. Künftig sollen die<br />

Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft vermehrt an die<br />

Bedingungen des Umweltschutzes gebunden und unter den Mitgliedsstaaten<br />

gleichmäßiger verteilt werden.<br />

Bisher wurde das EU-Agrarbudget in erster Linie für die pauschale<br />

Absicherung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Einkommen und <strong>der</strong> Produktion<br />

verwendet. Abgesehen von wenigen Auflagen im Bereich<br />

Umwelt-, Futter-, und Lebensmittelsicherheit sowie Tierschutz<br />

und Tierwohl (cross compliance) sind die Zahlungen an keinerlei<br />

Bedingungen gebunden. Mit <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> GAP soll ein wesentlich<br />

direkterer Bezug zwischen den Ausgleichszahlungen und den<br />

spezifischen Leistungen <strong>der</strong> Landwirtschaft hergestellt werden.<br />

Durch die Greening-Maßnahmen im Zuge <strong>der</strong> GAP-Reform sollen<br />

die Umweltleistungen und damit auch die gesellschaftlichen<br />

Leistungen <strong>der</strong> Landwirtschaft honoriert werden. Die Begrün(d)<br />

ung <strong>der</strong> GAP soll insbeson<strong>der</strong>e zu einer stärkeren Legitimation<br />

<strong>der</strong> umstrittenen Ausgleichszahlungen in <strong>der</strong> Gesellschaft führen.<br />

Durch die Reform wird sich am stärksten das umstrittene System<br />

<strong>der</strong> Direktzahlungen verän<strong>der</strong>n. Die Direktzahlungen werden<br />

in 70 Prozent Basisprämie und 30 Prozent Greening-Zuschlag<br />

aufgeteilt. Durch das "Greening" sollen die Direktzahlungen an<br />

landwirtschaftliche Betriebe nicht mehr schlicht nach dem Umfang<br />

<strong>der</strong> prämienberechtigten Flächen eines Betriebes bemessen<br />

werden, son<strong>der</strong>n auch nach <strong>der</strong> Wirtschaftsweise auf <strong>der</strong> Fläche.<br />

Dazu sollen 30 Prozent <strong>der</strong> Zahlungen unmittelbar an drei ökologische<br />

Standards gebunden werden: ökologische Vorrangflächen<br />

im Betrieb, Einhaltung einer Mindestfruchtfolge sowie den Erhalt<br />

des Dauergrünlands. Die Idee des Greening stellt den richtigen<br />

Ansatz dar, geht nach Meinung von <strong>Naturland</strong> aber nicht weit<br />

genug, um eine wirklich nachhaltige und ökologische Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Agrarpolitik in Europa einzuleiten. Trotz <strong>der</strong> in einigen<br />

Bereichen richtigen Ansätze bleibt die Reform <strong>der</strong> GAP weit<br />

hinter den Erfor<strong>der</strong>nissen einer „echten Reform“ <strong>der</strong> Agrarpolitik<br />

zurück. Im Vergleich zur heutigen Politik stellt die Reform aus<br />

Sicht von <strong>Naturland</strong> dennoch einen beginnenden Paradigmenwechsel<br />

dar. Einen echten Paradigmenwechsel hält <strong>Naturland</strong> für<br />

zwingend notwendig, um zu einer gesellschaftsfähigen EU-Agrarpolitik<br />

zu kommen.<br />

In den meisten Mitgliedstaaten herrschen auch nach <strong>der</strong> Reform<br />

noch enorme Vorbehalte gegenüber einer Ökologisierung <strong>der</strong><br />

GAP. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Beschluss, vorerst 5 Prozent <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Fläche eines Betriebs als ökologische Vorrangfläche<br />

auszuweisen, wird in vielen Mitgliedsstaaten äußerst ablehnend<br />

betrachtet. Insbeson<strong>der</strong>e die maßgeblichen Interessensgruppen<br />

aus <strong>der</strong> Agrarindustrie und den konventionellen Bauernverbänden<br />

artikulieren an diesem Punkt <strong>der</strong> Reform ihre Vorbehalte und<br />

sprechen konsequent von Flächenstilllegung. Der europäische<br />

Bauernverband COPA argumentiert, dass ökologische Vorrangflächen<br />

zur Verringerung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produktion<br />

beitragen und somit die globale Ernährungssicherheit bedrohen.<br />

Was aber angesichts <strong>der</strong> Tatsache, dass in Deutschland 18% <strong>der</strong><br />

Agrarfläche mit nachwachsenden Rohstoffen bepflanzt sind, wie<br />

blanker Hohn klingt.<br />

In Deutschland haben sich die maßgeblichen Interessensgruppen<br />

für eine nachhaltige Landwirtschaft zusammengeschlossen. Die<br />

Gemeinsame Plattform von Verbänden aus Umwelt- und Naturschutz,<br />

Landwirtschaft und Entwicklungspolitik, Verbraucherschutz<br />

und Tierschutz, in <strong>der</strong> auch <strong>Naturland</strong> Mitglied ist, for<strong>der</strong>t<br />

eine gesellschaftsfähige Agrarpolitik.<br />

Die Vergabe von Steuergel<strong>der</strong>n muss dem Prinzip “öffentliches<br />

Geld für öffentliche Leistungen“ folgen. Direktzahlungen sollen<br />

an wirksame ökologische Kriterien, die Einhaltung von Tierschutzauflagen<br />

und die Schaffung von Arbeitsplätzen gebunden<br />

werden.<br />

Auch muss die EU Agrarpolitik ihrer internationalen Verantwortung<br />

gerecht werden. Aus Sicht von <strong>Naturland</strong> berücksichtigt die<br />

Reform kaum die internationalen Auswirkungen <strong>der</strong> EU-Agrarpolitik<br />

und die weltweiten agrarpolitischen Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

denen sich insbeson<strong>der</strong>e auch Europa aktiv stellen muss. Die<br />

Struktur <strong>der</strong> gemeinsamen Marktordnung für landwirtschaftliche<br />

Erzeugnisse bleibt weiterhin auf die internationalen Märkte ausgerichtet.<br />

Der Umfang <strong>der</strong> direkten Exportsubventionen Foto: <strong>Naturland</strong> ist zwar e.V.<br />

gesunken, aber <strong>der</strong> Mechanismus, die exportorientierte europäische<br />

Ernährungsindustrie über niedrige Preise abzusichern,<br />

bleibt bestehen. Die Abschaffung von Exportsubventionen, die zu<br />

Wettbewerbsverzerrung und Benachteiligung nationaler Märkte<br />

führt, ist überfällig. Auch die weltweite Ressourcenbeanspruchung<br />

durch die europäische Agrarwirtschaft ist abzubauen, was<br />

insbeson<strong>der</strong>e für die Eiweißversorgung in Form von importiertem<br />

Soja gilt. Dafür sollte die Eigenversorgung mit Eiweißfuttermitteln<br />

geför<strong>der</strong>t werden. Am 07. September 2012 veröffentlichten<br />

die Verbände eine umfangreiche Stellungnahme in welcher sie<br />

eine zukunftsfähige Agrarreform for<strong>der</strong>ten. Der ökologische<br />

Landbau als nachhaltigste Form <strong>der</strong> Landwirtschaft muss Leitbild<br />

einer mo<strong>der</strong>nen und zukunftsfähigen europäischen Agrarkultur<br />

werden.<br />

Neben <strong>der</strong> 1. Säule, d.h. <strong>der</strong> flächengebundenden Direktzahlung,<br />

wurde auch die 2. Säule, in welcher die Agrarumweltprogramme<br />

beheimatet sind, reformiert. Der Öko-Landbau hat <strong>zum</strong> ersten<br />

Mal eine eigene För<strong>der</strong>kategorie erhalten. Trotz des erweiterten<br />

Aufgabenspektrums wurde <strong>der</strong> finanzielle Rahmen <strong>der</strong> 2. Säule<br />

auf dem Stand von 2013 eingefroren. <strong>Naturland</strong> übt an <strong>der</strong> finanziellen<br />

Schwächung <strong>der</strong> direkten und indirekten För<strong>der</strong>maßnahmen<br />

für den Öko-Landbau deutliche Kritik.<br />

Die För<strong>der</strong>ung des Öko-Landbaus muss auf allen Ebenen ein<br />

selbstverständlicher Bestandteil <strong>der</strong> ländlichen Entwicklung sein,<br />

denn nur so kann für Bäuerinnen und Bauern jene Kontinuität <strong>der</strong><br />

Politik gewährleistet werden, die sie zur Umstellung auf ökologischen<br />

Landbau ermutigt.<br />

Die Politik muss einen Richtungswechsel im Agrar- und Ernährungsbereich<br />

einleiten. Nur durch eine verlässliche, zielorientierte<br />

För<strong>der</strong>politik in Europa und <strong>der</strong> Welt kann <strong>der</strong> Öko-<br />

Landbau sein Wachstumspotenzial voll entfalten und weiterhin<br />

seine Rolle als ein zentraler Motor <strong>der</strong> Ländlichen Entwicklung<br />

ausfüllen.<br />

Weitere Infos zur Reform <strong>der</strong> GAP unter: http://www.natur-<br />

land.de/fileadmin/MDB/documents/Presse/Plattform-Papier-<br />

EU-GAP-2013-August_2012.pdf<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

11


NEUIGKEITEN VON NATURLAND<br />

dwp - 25 Jahre Fairer Handel in Ravensburg<br />

Steffen Reese und Thomas Hoyer<br />

<strong>Naturland</strong> präsentiert sich einem interessierten Publikum<br />

Das Jubiläum <strong>der</strong> Fairhandels-Genossenschaft<br />

dwp e.G., die nun schon seit 25<br />

Jahren fair gehandelte Produkte vertreibt,<br />

gab einen tollen Anlass <strong>zum</strong> Feiern. Der<br />

langjährige <strong>Naturland</strong> Partner – es sind<br />

mittlerweile schon 15 Jahre enge Zusammenarbeit<br />

– lud <strong>zum</strong> Geburtstag nach<br />

Ravensburg in die Firmenzentrale ein.<br />

Dort wurde den mehr als 2000 Besuchern<br />

ein breites Spektrum an Informationen,<br />

Fairhandelsprodukten und Entertainment<br />

geboten.<br />

Am Beispiel des <strong>Naturland</strong> Fair zertifizierten<br />

Basilikum Pestos wurden die<br />

Synergien des Fairen Handels aufgezeigt.<br />

<strong>Naturland</strong> Mitarbeiter Manfred Fürst stellte<br />

die <strong>Naturland</strong> Fair Zertifizierung vor, die<br />

Öko und Fair in Nord und Süd verbindet.<br />

Greifbar wurde diese Verflechtung durch<br />

die Vorträge von Christian Hennings,<br />

<strong>Naturland</strong> Bauer aus Franken, und <strong>der</strong><br />

„Canaan und Palestine Fair Trade Association“,<br />

vertreten durch dwp Mitarbeiter<br />

Martin Lang. Der Basilikum aus Franken<br />

und die palästinischen Oliven ergeben ein<br />

leckeres Pesto. Anschließend erläuterte<br />

Thomas Hoyer, Geschäftsführer von dwp,<br />

warum dieses Pesto nur ein Produkt neben<br />

vielen ist, die <strong>Naturland</strong> Fair zertifiziert<br />

sind.<br />

Weitere Informationen zu ökologischem<br />

Landbau und fairem Handel stellte<br />

<strong>Naturland</strong> an dem <strong>Naturland</strong> Fair Stand<br />

vor. Mit <strong>der</strong> Kampagne „Öko + Fair ernährt<br />

mehr!“ unterstützt <strong>Naturland</strong> gemeinsam<br />

mit dem Weltladen-Dachverband die<br />

Rechte und Wirtschaftsweise von Kleinbauern<br />

auf <strong>der</strong> ganzen Welt. Zusammen<br />

mit verschiedenen Partnern, darunter<br />

die Milchwerke Berchtesgadener Land<br />

und BanaFair, wurde den Besuchern eine<br />

Palette an Informationen zur <strong>Naturland</strong><br />

Fair Zertifizierung, sowie ökologischen<br />

Produktionsweisen geboten.<br />

Mit ISMAM aus Mexiko war ein langjähriger<br />

<strong>Naturland</strong> Partner aus Übersee vor<br />

Ort. In <strong>der</strong> Kooperative erzeugen rund 800<br />

Bauern <strong>zum</strong>eist im Schattenanbau ca. 1<br />

Mio. kg Kaffee gemäß den <strong>Naturland</strong> Fair<br />

Richtlinien. Dieser wird in Deutschland<br />

durch dwp vertrieben. Eimar Velazquez<br />

Mazariegos, Kaffeeproduzent von<br />

ISMAM, war bei dem Jubiläum zu Gast<br />

und stellte in einem Vortrag seine Arbeit<br />

vor.<br />

Ein weiterer Internationaler Gast auf <strong>der</strong><br />

Rednerliste war Pater Shay Cullen, irischer<br />

Priester und Menschenrechtspreisträger,<br />

<strong>der</strong> 1974 PREDA gründete (Peoples<br />

Recovery, Empowermen and Development<br />

Assistance). Die Organisation für Fairen<br />

Handel, Soziale Entwicklung und Menschenrechte<br />

auf den Philippinen erzeugt<br />

u.a. Mangos. Bereits seit vielen Jahren<br />

arbeitet PREDA mit dwp zusammen, die<br />

<strong>der</strong>en wichtigster Partner im deutschsprachigen<br />

Raum ist. PREDA ist bis heute Anlaufstelle<br />

und Therapiezentrum für sexuell<br />

missbrauchte sowie ehemalig inhaftierte<br />

Kaffeeproduzent Eimar Velazquez Mazariegos stellt<br />

seine Arbeit vor<br />

Kin<strong>der</strong>. <strong>Naturland</strong> Mitarbeiter sind in den<br />

letzten Jahren wie<strong>der</strong>holt zu Umstellungsberatungen<br />

bei PREDA gewesen. Auf dem<br />

Jubiläum unterzeichneten <strong>Naturland</strong> und<br />

die PREDA-Stiftung einen Erzeugervertrag.<br />

Als nächstes werden die Kontrollen<br />

erfolgen.<br />

<strong>Naturland</strong> gratulierte dwp für erfolgreiche<br />

25 Jahre. Symbolisch für die gemeinsam<br />

zurückliegenden Jahre überreichte<br />

<strong>Naturland</strong> Geschäftsführer Steffen Reese<br />

eine Ehrenurkunde an Thomas Hoyer,<br />

Geschäftsführer von dwp.<br />

Richtlinienän<strong>der</strong>ungen bei <strong>Naturland</strong><br />

Die Delegiertenversammlung von <strong>Naturland</strong> hat auf ihrer Tagung am 14. Mai 2013 eine Weiterentwicklung <strong>der</strong> <strong>Naturland</strong> Richtlinien<br />

in verschiedenen Bereichen beschlossen. Än<strong>der</strong>ungen gab es in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung und Aquakultur.<br />

Die <strong>neuen</strong> Richtlinien können unter folgendem Link heruntergeladen werden:<br />

http://www.naturland.de/richtlinien.html<br />

12 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


FACHINFORMATION FISCH<br />

<strong>Naturland</strong> Wildfisch-Projekt erfolgreich –<br />

Verstärkung am Viktoriasee<br />

Im Rahmen des <strong>Naturland</strong> Projektes wurden Rettungswesten für die Fischer besorgt<br />

Philemon Charles besucht regelmäßig die Fischer<br />

Als erster Öko-Verband in Deutschland entwickelte <strong>Naturland</strong><br />

in den 90er Jahren Richtlinien für die Aquakultur. Bei Expertentreffen<br />

mit Fischern und Vertretern von NROs in Tansania<br />

erarbeitete <strong>der</strong> Verband Standards für nachhaltige Fischerei.<br />

<strong>Naturland</strong> definiert darin Fangauflagen, Sozialrichtlinien und<br />

Sicherheitsmaßnahmen für die Fischer. Es wird <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

nach ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit nachgekommen.<br />

Die Auflagen beziehen sich auf den Fischfang und die Verarbeitung<br />

des Fischs.<br />

Im Jahre 2006 konnte dann <strong>der</strong><br />

erste Nilbarsch aus dem Viktoriasee<br />

nach den <strong>Naturland</strong> Richtlinien<br />

zertifiziert werden. Seit dem<br />

Start des Pilotprojektes wurde<br />

<strong>der</strong> nachhaltige Fischfang stetig<br />

ausgebaut. Die Verbraucher würdigen<br />

diese Arbeit außerordentlich.<br />

Die positive Entwicklung<br />

machte eine personelle Vertretung<br />

vor Ort nötig. Anne-Catrin<br />

Hessenland, ehemals verantwortlich<br />

für die <strong>Naturland</strong> Öffent-<br />

Anne Hessenland kennt <strong>Naturland</strong><br />

schon aus vorigen Arbeiten lichkeitsarbeit International,<br />

hat die Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Naturland</strong><br />

Repräsentantin für Ostafrika übernommen. Schwerpunkt ihrer<br />

Arbeit sind aktuell QS-Aufgaben in <strong>der</strong> nachhaltigen Fischerei am<br />

Viktoriasee.<br />

Die Zertifizierung des Nilbarsches hat viele Facetten. Die Betreuung<br />

<strong>der</strong> Kleinfischer, die in Fischerdörfern oft weit abgelegen<br />

auf Inseln leben, bis hin zu den Verarbeitern in den Städten, die<br />

den Nilbarsch für den Export produzieren, stellt eine beson<strong>der</strong>e<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Seit September 2012 wird daher das<br />

<strong>Naturland</strong> Team vor Ort durch einen einheimischen Mitarbeiter<br />

unterstützt.<br />

Philemon Charles kommt aus <strong>der</strong> Bukoba-Region, die direkt am<br />

Viktoriasee liegt. Vor seiner Tätigkeit bei <strong>Naturland</strong> arbeitete er<br />

bereits mit Kleinerzeugern in <strong>der</strong> ländlichen Entwicklung zusammen.<br />

Als Muttersprachler und Einheimischer <strong>der</strong> Seeregion,<br />

bietet er eine gute Schnittstelle zwischen Fischern, Verarbeitern<br />

und <strong>Naturland</strong>.<br />

Die Karkasse (Kopf und Gräten) gilt in Tansania als Delikatesse<br />

Der ansässige <strong>Naturland</strong> Partner setzt sich für die Bildung ein<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

13


FACHINFORMATION FISCH<br />

Nachhaltige Fischerei auf den Malediven<br />

Mit den im Uferbereich gefangenen Fischen werden später die Thunfische gekö<strong>der</strong>t<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, ein<br />

bis zwei Mal in <strong>der</strong> Woche Fisch zu essen – am besten Seefisch.<br />

Einige Umweltorganisationen geben zu bedenken, dass dieser<br />

Konsum <strong>zum</strong> Leerfischen <strong>der</strong> Meere führen würde. Geht man<br />

von <strong>der</strong> heute überwiegend praktizierten Art <strong>der</strong> Fischerei aus,<br />

ist die Argumentation nicht von <strong>der</strong> Hand zu weisen.<br />

Daher muss neben einer dem Fischbestand angepassten Fangquote<br />

<strong>der</strong> Beifang reduziert werden – also die Fische und Meeresfrüchte,<br />

die versehentlich mitgefangen und ungenutzt über<br />

Bord geworfen werden. Die Wahl <strong>der</strong> Fangmethode ist <strong>hier</strong>bei<br />

entscheidend. Beispielsweise werden durch die in <strong>der</strong> industriellen<br />

Thunfischfischerei eingesetzten Ringwadennetze, viele Haiarten,<br />

Mantarochen und hochgradig gefährdete Meeresschildkröten<br />

ungewollt getötet.<br />

„Neben ökologisch nachhaltigen Fangmethoden, die wertvolle<br />

Fischbestände erhalten, müssen auch soziale Aspekte berücksichtigt<br />

werden“, erklärt Stefan Bergleiter, Teamleiter <strong>der</strong> Aquakultur<br />

bei <strong>Naturland</strong>. Er for<strong>der</strong>t eine För<strong>der</strong>ung von Kleinfischern, statt<br />

<strong>der</strong> stark subventionierten industriellen Hochseefischerei. Diese<br />

Ansprüche legten den Grundstein für das erste <strong>Naturland</strong> Wildfisch<br />

Projekt.<br />

Im Juni 2011 trafen sich Experten auf <strong>der</strong> maledivischen Insel<br />

Felivaru, um einen ersten Entwurf für spezifische Richtlinien zur<br />

Zertifizierung <strong>der</strong> maledivischen Fischerei auf Skipjack-Thunfisch<br />

zu erarbeiten. In diesem Prozess wurden interessierte Organisationen,<br />

Experten und Privatpersonen eingebunden. Mit allen<br />

Erfahrungen, die man auf dem Weg gesammelt hatte, wurden die<br />

<strong>Naturland</strong> Richtlinien für nachhaltige Fischerei auf den Malediven<br />

erarbeitet. Die anschließende Umsetzung wurde durch die<br />

Die Fangmethode mit Handangeln vom Boot hat lange Tradition<br />

<strong>Naturland</strong> Fachberatung begleitet. Im Sommer 2012 wurden die<br />

ersten Thunfische gemäß den <strong>Naturland</strong> Richtlinien für nachhaltige<br />

Fischerei gefangen<br />

Das Beson<strong>der</strong>e an dem Fischfang auf den Malediven ist vor allem<br />

die Fangmethode: Die Skipjack-Thunfische, auch "Echter Bonito"<br />

genannt (lat. Katsuwonus pelamis), werden von den Fischern<br />

einzeln mit Handangeln gefangen. Verwendet werden dabei<br />

Bambusstöcke mit Nylonschnüren, an denen künstliche Kö<strong>der</strong><br />

aus Metall und bunten Fäden angebracht sind. Bei dieser Art <strong>der</strong><br />

Fischerei tritt praktisch kein Beifang auf. Die Fischer locken die<br />

Thunfische in die Nähe <strong>der</strong> Boote, indem sie lebende Kleinfische<br />

ins Wasser werfen, die direkt vor <strong>der</strong> Ausfahrt in flachen Meereszonen<br />

beim Schnorcheln mit einfachen Netzen gefangen wurden.<br />

Bei dem zertifizierten Projekt war nicht nur die ökologische<br />

14 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


FACHINFORMATION FISCH<br />

Dr. Stefan Bergleiter begleitete das Projekt auch vor Ort<br />

Die Fanggeräte: Einfache Bambusstäbe mit Haken ohne Wi<strong>der</strong>haken<br />

Nachhaltigkeit von Bedeutung. Die dortige Bevölkerung sollte<br />

von dem Projekt ebenso profitieren, wie die Umwelt. Die gefangenen<br />

Fische werden direkt vor Ort verarbeitet und in Dosen<br />

verpackt. Damit wird <strong>der</strong> Fisch optimal frisch verarbeitet und<br />

Arbeitsplätze in <strong>der</strong> Region geschaffen. Als weitere Beson<strong>der</strong>heit<br />

wurde eine Müllabfuhr auf Felivaru eingeführt, um die Belastung<br />

<strong>der</strong> Meere zu verringern.<br />

Für die Einhaltung <strong>der</strong> strengen <strong>Naturland</strong> Wildfisch Richtlinien<br />

sorgt eine unabhängige Kontrollbehörde vor Ort. Regelmäßig<br />

sind auch <strong>Naturland</strong> Vertreter vor Ort. Produkte mit <strong>der</strong><br />

<strong>Naturland</strong> Wildfisch Zertifizierung erkennt man an dem bekannten<br />

<strong>Naturland</strong> Logo mit dem Zusatz „Wildfisch“. „Wenn<br />

je<strong>der</strong> Privathaushalt nur auf Fisch aus nachhaltigem Fischfang<br />

und ökologische Aquakultur zurückgreift, können wir ein bis<br />

zweimal Fisch pro Woche genießen und dabei die Ressourcen<br />

zukünftiger Generationen erhalten“ ermutigt Bergleiter.<br />

Aquakultur: Öko kontra ASC<br />

Der ASC (Aquaculture Stewardship<br />

Council) wurde vom WWF<br />

(World Wildlife Fund) 2010 ins<br />

Leben gerufen – auf deutlichen<br />

Wunsch führen<strong>der</strong> Einzelhandelsketten.<br />

Auf <strong>der</strong> ASC<br />

Homepage kann man nachlesen, dass <strong>der</strong> ASC (Übers. d. Verf.)<br />

„danach trachtet, das weltweit führende Zertifizierungsprogramm<br />

und Label für Seafood aus verantwortungsvoller Aquakultur zu<br />

werden (…), um die Seafood Märkte <strong>der</strong> Welt zu verän<strong>der</strong>n und die<br />

Aquakultur mit <strong>der</strong> besten Umwelt- und Sozialbilanz zu för<strong>der</strong>n“.<br />

Der WWF, als die größte Umweltorganisation <strong>der</strong> Welt, hatte<br />

zuvor bereits Erfahrung mit dem Start an<strong>der</strong>er Zertifizierungssysteme<br />

gesammelt, insbeson<strong>der</strong>e dem des FSC (Forest Stewardship<br />

Council, <strong>der</strong> sich mit dem Forstwesen befasst) und des MSC<br />

(Marine Stewardship Council für Fischereien). Ein wichtiger Unterschied<br />

des ASC zu den an<strong>der</strong>en beiden Labels besteht darin,<br />

dass er sich nicht mit dem Management natürlicher Ressourcen<br />

und Tierbestände befasst (welche grundsätzlich durch öffentliche<br />

Gesetzgebung und nationale Politik bestimmt werden), son<strong>der</strong>n<br />

mit privaten Unternehmen und ihren individuellen Produktionsmethoden,<br />

einschließlich ihrer globalisierten Futterherkünfte.<br />

Diese werden typischerweise vom Stand <strong>der</strong> Technik, von <strong>der</strong><br />

Interessenlage <strong>der</strong> Eigentümer und von wirtschaftlichen Faktoren<br />

beeinflusst, aber, weltweit betrachtet, kaum durch irgendwelche<br />

öffentlichen Mechanismen und Entscheidungen. Von Anfang<br />

an war klar, dass dieser Umstand den ASC/WWF unvermeidlich<br />

zwingen würde, zu einer langen Liste von kritischen und<br />

komplexen Aquakulturthemen Stellung zu beziehen. Diese sind<br />

z.B. angemessene Besatzdichten, zulässige veterinärmedizinische<br />

Behandlungen, vertretbare Quellen für Fischmehl und<br />

an<strong>der</strong>e Proteine im Futter (einschließlich genetisch verän<strong>der</strong>ter<br />

Organismen wie Soja und Mais). Es sind diese Problemfel<strong>der</strong>,<br />

die letzten Endes die Nachhaltigkeit <strong>der</strong> „Blauen Revolution“<br />

insgesamt bestimmen. Als Strategie <strong>zum</strong> Umgang mit diesen<br />

heißen Themen organisierte <strong>der</strong> WWF die „Aquakultur-Dialoge“,<br />

also Treffen mit vielen Interessengruppen. Ziel des WWF war es,<br />

Zertifizierungsrichtlinien zu produzieren, die für möglichst viele<br />

Seiten akzeptabel sind. Es muss kritisch angemerkt werden, dass<br />

so ein Prozess, trotz seines theoretisch offenen Charakters, in <strong>der</strong><br />

Umsetzung häufig von <strong>der</strong> finanziellen und politischen Position<br />

<strong>der</strong> teilnehmenden Firmen und Organisationen abhängt. Als Beispiel<br />

<strong>hier</strong>zu seien Reisekosten zur Teilnahme an den Treffen o<strong>der</strong><br />

Arbeitszeiten für Nachbereitungen genannt.<br />

In <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung entsprechen die ASC Richtlinien<br />

<strong>der</strong> Idealvorstellung des WWF von <strong>der</strong> Aquakultur, auch<br />

wenn sie nicht direkt von <strong>der</strong> WWF Zentrale entwickelt wurden.<br />

Und trotz des eigenen Logos kommt die Markenmacht des ASC<br />

letztlich vom Panda.<br />

Natürlich stellen „neue“ Richtlinien und Visionen für die Lebensmittelindustrie<br />

von morgen eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die<br />

Öko-Bewegung und für die zertifizierten Öko-Produzenten dar,<br />

insbeson<strong>der</strong>e, wenn sie von einer mächtigen NRO entwickelt<br />

wurden. Ein Öko-Landwirt würde nicht zögern zu behaupten,<br />

dass ökologische Produktionsmethoden den einzig möglichen<br />

nachhaltigen Weg darstellen. Dieser ist gekennzeichnet durch<br />

die Arbeit in Nährstoffkreisläufen, ohne Kunstdünger, För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Bodenfruchtbarkeit durch Schutz <strong>der</strong> Bodenorganismen, und<br />

natürlich durch das Verbot jeglicher Gentechnik. Verbraucher, die<br />

diese Überzeugung teilen, erzeugen die Nachfrage nach Öko-<br />

Produkten, was den Lebensmitteleinzelhandel dazu motiviert, das<br />

Öko-Sortiment in Vielfalt und Umfang auszubauen.<br />

Verglichen mit dem Ergebnis des ASC-Ansatzes mit dem Einbezug<br />

vieler Interessengruppen, sind die Zertifizierungsrichtlinien<br />

<strong>der</strong> Öko-Aquakultur belastbarer und anspruchsvoller, und sie er-<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

15


FACHINFORMATION FISCH<br />

Muschelzucht an Leinen vor <strong>der</strong> Küste Irlands<br />

Im Gegensatz zu ASC, ist bei <strong>der</strong> Öko-Aquakultur <strong>der</strong> Einsatz gentechnisch Verän<strong>der</strong>ter<br />

Organismen (GVO) verboten (Bsp. Futter)<br />

Das <strong>Naturland</strong> Logo steht für die Einhaltung<br />

strenger Öko-Aquakultur Richtlinien<br />

geben ein wirkliches „System<br />

<strong>der</strong> Ökologischen Produktion“.<br />

Im Gegensatz dazu sind<br />

die ASC Richtlinien eher eine<br />

Sammlung von vermeintlich<br />

„besseren Praktiken“ zu verschiedenen,<br />

nicht näher miteinan<strong>der</strong><br />

verbundenen o<strong>der</strong><br />

sogar wi<strong>der</strong>sprüchlichen<br />

Variablen. Ein Beispiel – und<br />

gleichzeitig <strong>der</strong> kritischste<br />

Faktor für die Zukunft <strong>der</strong><br />

Aquakultur überhaupt – ist<br />

das Futter. Eine Rolle spielt<br />

seine Zusammensetzung, die<br />

Herkunft und die Menge, die<br />

man zur Erzeugung einer bestimmten<br />

Menge an Fisch und Meeresfrüchten benötigt. Zentrale<br />

Positionen einer ökologischen Futterstrategie sind<br />

• klare Begrenzung <strong>der</strong> Besatzdichte, um den größtmöglichen<br />

Anteil von Naturnahrung (= Nahrungsorganismen, die auf<br />

<strong>der</strong> Farmfläche selbst wachsen) an <strong>der</strong> Ernährung zu erzielen,<br />

• pflanzliche Futterbestandteile nur aus dem Öko-Landbau,<br />

• Fischmehl und -öl nur von bekannten, dokumentierten Quellen,<br />

industrielle Gammelfischerei wird vermieden<br />

• keine Verfütterung von Landtieren o<strong>der</strong> von konventionellen<br />

Aquakulturprodukten,<br />

• keine gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Organismen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en<br />

Produkte,<br />

• keine synthetischen Futterzusätze, nur natürliche Vitamine,<br />

Minerale o<strong>der</strong> Pigmente.<br />

Der ASC zögert, auch nur in einem einzigen dieser Punkte eine<br />

klare Position zu beziehen. Damit macht er den Firmen die Zertifizierung<br />

leicht, ohne den Zwang zu technischen Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

Dies ist vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Zielsetzung verständlich, dass<br />

möglichst weite Teile <strong>der</strong> Industrie möglichst schnell zertifiziert<br />

werden sollen, und vor dem Hintergrund des oben genannten<br />

Ablaufs <strong>der</strong> Richtlinienentwicklung.<br />

<strong>Naturland</strong> wurde verschiedentlich von Medien- und Marktvertretern<br />

gefragt, inwieweit das Auftauchen eines <strong>der</strong>art ehrgeizigen<br />

“konventionellen” Labels für Aquakulturprodukte <strong>der</strong> weltweit<br />

wachsenden Zahl von Projekten <strong>der</strong> ökologischen Aquakultur<br />

Konkurrenz machen o<strong>der</strong> sie sogar gefährden könne. Dazu gibt<br />

es verschiedene mögliche Antworten:<br />

(1) Die langfristige Perspektive:<br />

Die Öko-Bewegung nimmt “Nachhaltigkeit” nicht als Worthülse<br />

in Anspruch, son<strong>der</strong>n um dadurch auszudrücken, dass langfristig<br />

die Methoden <strong>der</strong> ökologischen Produktion ihre ökologischen,<br />

sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen am besten bewahren.<br />

Dieser Vorteil hat sich in <strong>der</strong> viel älteren ökologischen Landwirtschaft<br />

bestätigt, aber auch die ökologische Aquakultur hat in den<br />

letzten 15 Jahren bereits sehr gut abgeschnitten. In Zeiten von<br />

Klimawandel, „Peak oil“, Finanzkrise und generell wachsendem<br />

sozio-ökologischem Bewusstsein, hat das ökologische Konzept so<br />

hohe Bedeutung und Durchsetzungskraft wie nie zuvor, unabhängig<br />

davon, welche an<strong>der</strong>en Labels sich in <strong>der</strong> Umgebung entwickeln<br />

mögen: in technischer Hinsicht ist <strong>der</strong> ASC keine ernsthafte<br />

Alternative o<strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für die ökologische Aquakultur.<br />

(2) Der Blickwinkel des Zertifizierers:<br />

Für viele Aquakulturbetriebe ist die größte Schwierigkeit bei<br />

<strong>der</strong> Umstellung auf die ökologische Produktion nicht etwa <strong>der</strong><br />

Wechsel in <strong>der</strong> Wirtschaftsweise (z.B. weil sie bereits nahe an<br />

ökologischen Prinzipien arbeiten, wie extensive Shrimps- und<br />

Karpfenbetriebe), son<strong>der</strong>n die Einführung eines zuverlässigen<br />

Systems zur Qualitätssicherung mit all den Pflichten, die die Einführung<br />

eines vorgegebenen Leitfadens und die entsprechende<br />

Dokumentation mit sich bringen. So wird die Öko-Zertifizierung<br />

einem Aquakulturbetrieb leichter fallen, wenn er bereits Erfahrungen<br />

mit einem an<strong>der</strong>en Zertifizierungssystem gesammelt hat<br />

(z.B. bezüglich <strong>der</strong> Warenrückverfolgbarkeit). Die ASC Zertifizierung<br />

könnte insofern ein guter erster Schritt für einen Betrieb<br />

sein, <strong>der</strong> für später eine Öko-Zertifizierung plant. <strong>Naturland</strong> ist<br />

<strong>der</strong> Ansicht, dass letztlich miteinan<strong>der</strong> vereinbare Zertifizierungsprogramme<br />

nach allen möglichen Synergien suchen sollten, z.B.<br />

durch harmonisierte Checklisten, gemeinsame Audits, Rezertifizierungen<br />

etc.<br />

(3) Die Perspektive des Einzelhandels und des Verbrauchers:<br />

Der Einzelhandel war auf <strong>der</strong> Suche nach einem „B2C“ (Business<br />

zu Verbraucher)-Label, das möglichst viele Tierarten und große<br />

Warenmengen nach nur kurzer Anlaufzeit abdecken sollte. Konsequenz<br />

war, dass dieses Label gegenüber den Aquakulturfirmen<br />

geringere Anfor<strong>der</strong>ungen stellen musste als für eine Umstellung<br />

auf die ökologische Produktion notwendig sind. Es wurden keine<br />

16 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


FACHINFORMATION FISCH<br />

Öko-Aquakultur-Anlagen sollen möglichst natürlich gestaltet werden<br />

grundlegenden Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Produktionsweise vorausgesetzt.<br />

Gleichzeitig – und das scheint wirklich problematisch –<br />

gehen die Verbraucher wahrscheinlich davon aus, dass ein Label,<br />

welches vom WWF unterstützt wird, <strong>der</strong> Öko-Kennzeichnung<br />

irgendwie „ähnlich“ o<strong>der</strong> „äquivalent“ sei, und dass es starke<br />

Richtlinien in Sachen Naturschutz, Tierwohl, GVOs, Chemieeinsatz<br />

usw. vertreten müsse. Dies ist jedoch eindeutig nicht<br />

<strong>der</strong> Fall, wie sogar öffentlich von WWF und ASC erklärt wird.<br />

Nichtsdestotrotz ist das immer noch „Insi<strong>der</strong>“-Information, weil<br />

Gemäß den <strong>Naturland</strong> Richtlinien ist das Abholzen<br />

von Mangroven verboten, darüber hinaus ist eine<br />

Wie<strong>der</strong>aufforstung vorgesehen<br />

verborgen in einer Vielzahl von Publikationen und verdeckt von<br />

Nachhaltigkeitsfloskeln. Diese Information steht insofern dem<br />

Verbraucher nicht zur Verfügung, von dem erwartet wird, dass er<br />

eine kritische Auswahl seiner Fische und Meeresfrüchte zugunsten<br />

von ASC zertifizierten Produkten treffen soll. Im Gegensatz<br />

dazu müssen die Groß- und Einzelhändler, als Experten <strong>der</strong> Thematik,<br />

ihre Verantwortung wahrnehmen, den Kunden über die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Label aufzuklären, und nicht einfach Verwirrung<br />

und Missverständnis geschehen zu lassen.<br />

Fisch reagiert allergisch auf Gentechnik-Futter<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Mais an Atlantik-Lachs. Bei Fischen<br />

mit anfälligem Immunsystem kam es dabei zu Zellstress im Darm,<br />

berichten die Wissenschaftler in <strong>der</strong> <strong>neuen</strong> Ausgabe des Fachmagazins<br />

„British Journal of Nutrition“.<br />

Fisch in Öko-Aquakultur bekommt ausschließlich GVO-freies Futter<br />

Gentechnik-Mais im Fischfutter kann bei manchen Tieren Immunreaktionen<br />

hervorrufen. Norwegische Forscher verfütterten<br />

Zwar gab es offenbar keine systemischen Abwehrreaktionen.<br />

Die Daten wiesen aber darauf hin, dass <strong>der</strong> Gentech-Mais lokale<br />

Immuneffekte hervorruft, so die Forscher. Unter an<strong>der</strong>em wurde<br />

im Darm ein Hitzeschock-Protein produziert. Außerdem setzten<br />

die mit dem transgenen Mais gefütterten Lachse die Nahrung<br />

„weniger effizient“ um. Um die Gesundheitsauswirkungen <strong>der</strong><br />

Pflanze weiter zu erforschen, seien längere Untersuchungen nötig,<br />

erklärten die Wissenschaftler. Bei dem Mais wurden Gene des<br />

Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingebaut. Dadurch setzt<br />

die Pflanze auf dem Acker permanent ein Gift frei, um Insekten<br />

zu töten.<br />

Informationsdienst Gentechnik, 15.04.2013<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

17


FACHINFORMATION FISCH<br />

Erste zertifizierte <strong>Naturland</strong> Muscheln in Irland<br />

Der <strong>Naturland</strong> Partner Kush Shellfish erzeugt in <strong>der</strong> Kenmare Bay im Südwesten<br />

Irlands Muscheln an Leinen und Austern gemäß EU Öko-Verordnung und <strong>Naturland</strong><br />

Richtlinien.<br />

Die Kenmare Bay ist als beson<strong>der</strong>es<br />

Schutzgebiet (Special Area of Conservation;<br />

SAC), mit strengen Auflagen für den<br />

Umweltschutz, ausgewiesen und verfügt<br />

über eine hohe Wasserqualität. „Muscheln<br />

in einem Schutzgebiet zu züchten ist mit<br />

einer Reihe von Vorteilen verbunden, die<br />

wir nutzen wollen um den Konsumenten<br />

zu zeigen, warum diese weltweit zu den<br />

besten Muscheln aus Aquakultur gehören“,<br />

erklärt <strong>der</strong> Geschäftsführer John<br />

Harrington. Die Firma, die er 2009 auf Öko<br />

umgestellt hat, ist die erste in Irland und<br />

Europa, die ein veredeltes Meeresfrüchte-<br />

Produkt aus ökologischer Aquakultur auf<br />

den Markt gebracht hat.<br />

Die Muscheln werden im Wasser hängend<br />

an vertikalen Leinen gezüchtet, die über<br />

horizontale Langleinen verbunden sind.<br />

<strong>Sie</strong> sind ständig unter Wasser und können<br />

permanent Nahrung filtern. Muscheln aus<br />

Leinenzucht erkennt man an <strong>der</strong> leicht<br />

bläulich-gelben Farbe <strong>der</strong> Schale, dem<br />

hohen Fleischanteil und dass sie frei von<br />

Sandkörnern sind. Da Muscheln sich vom<br />

natürlichen Nahrungsangebot im Meer<br />

ernähren, konzentrieren sich die <strong>Naturland</strong><br />

Richtlinien für Öko-Aquakultur Bereich<br />

Muscheln vor allem auf umweltfreundliche<br />

Bewirtschaftungsmaßnahmen und kontinuierliche<br />

Überwachung <strong>der</strong> Wasserqualität.<br />

So geben die Richtlinien insbeson<strong>der</strong>e<br />

Maßnahmen <strong>zum</strong> Naturschutz und zur<br />

Wahrung <strong>der</strong> Biodiversität vor und för<strong>der</strong>n<br />

das Bewusstsein für den sorgsamen<br />

Umgang mit Meeresschutzgebieten. Nicht<br />

recycelbare Leinen und Schnüre aus Plastik<br />

und chemisch-synthetische Mittel sind<br />

nicht erlaubt.<br />

Kush Shellfish hat eine Erntekapazität von<br />

20 Tonnen am Tag und eine Gesamtproduktion<br />

von 900 – 1000 Tonnen Muscheln<br />

im Jahr. Ursprünglich war Frankreich <strong>der</strong><br />

wichtigste Absatzmarkt <strong>der</strong> Firma. Nach<br />

Die Muscheln werden regelmäßig von Aufwuchs<br />

gereinigt<br />

Einführung <strong>der</strong> Öko-Zertifizierung verkauft<br />

die Firma auch nach UK, Deutschland,<br />

Schweiz, Griechenland, Hong Kong und<br />

Dubai.<br />

Die Wasserqualität wird ständig überwacht; sie muss <strong>der</strong> Güteklasse 1 bzw. A entsprechen<br />

Die Muscheln werden an vertikal hängenden<br />

Leinen gezüchtet<br />

See- und Küstenfischerei und Fischgroßhandel<br />

Seit jeher verzichten die Fischer dieses Ostseeküstenstreifens auf<br />

den Einsatz von Schleppnetzen. Auf ihren maximal zwölf Meter<br />

langen Fischkuttern bzw. einfachen Strandbooten praktizieren sie<br />

Fang mit Stellnetzen. Durch diese traditionelle Methode ist <strong>der</strong><br />

Beifang von an<strong>der</strong>en Fischarten so gut wie ausgeschlossen. Es<br />

wird streng auf die schonende Befischung <strong>der</strong> Wildfischbestände<br />

geachtet. Dafür erhalten die Fischer einen ca. 50% höheren Preis<br />

für ihren Fang. Der Anteil <strong>der</strong> Küstenfischer im agrar-und tourismusorientierten<br />

Vorpommern hat in den letzten Jahren drastisch<br />

abgenommen. Doch sind die Küstenfischer ein fester sozio-kultureller<br />

Bestandteil <strong>der</strong> Ostseeküste. Die meisten heute noch ak-<br />

Der begehrte Fang<br />

18 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

Handwerkliche Küstenfischerei in kleinen Booten


FACHINFORMATION FISCH<br />

Handwerkliche Küstenfischerei in kleinen Booten<br />

Das Fanggebiet liegt in den Greifswal<strong>der</strong> Bodden<br />

tiven Küstenfischer betreiben ihr Handwerk bereits in <strong>der</strong> siebten<br />

Generation. Unter den Fischern existiert ein klares Bekenntnis zu<br />

natürlichen, authentisch handwerklichen Fangmethoden.<br />

Einen guten Absatzweg bietet das dort ansässige Unternehmen<br />

Birnbaum & Kruse Fischhandel GbR. Es entwickelte sich in mehr<br />

als 20 Jahren erfolgreich in den Segmenten Fischverarbeitung<br />

und Handel mit Frischfisch und Fischprodukten. Die langjährige<br />

Partnerschaft mit den heimischen Fischern, die seit Jahren<br />

eine konsequent nachhaltige und bestandsschonende Fischerei<br />

ausüben, bildet die Basis von Birnbaum & Kruse. Seit Frühjahr<br />

2012 ist <strong>der</strong> natürliche Fischfang zwischen Usedom in <strong>der</strong><br />

Pommerschen Bucht, dem Greifswal<strong>der</strong> Bodden, bis hin zur Insel<br />

Rügen nach den <strong>Naturland</strong> Richtlinien für nachhaltige Fischerei<br />

zertifiziert.<br />

MITGLIEDERFORUM<br />

Kaffee von ProNatur – eine sinnliche Verführung aus Peru<br />

ProNatur ist eine 1993 gegründete Kleinbauernorganisation im Nordwesten von Peru<br />

bei Chiclayo. Seit 1999 ist die Organisation <strong>Naturland</strong> Partner. Im Jahr 2012 beteiligten<br />

sich 2.100 Familien an <strong>der</strong> Kleinbauernorganisation und kultivierten auf einer<br />

Fläche von 6.000 Hektar hauptsächlich Kaffee, Mangos und Bananen.<br />

Die durchschnittliche Größe eines Betriebes<br />

liegt zwischen 2 und 5 ha, die<br />

Bauern kultivieren ihr Land selbst.<br />

In regelmäßigen Abständen überprüft das<br />

interne Kontrollsystem die Einhaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Naturland</strong> Richtlinien. ProNatur baut<br />

seinen Kaffee als Schattenkaffee in einem<br />

multifunktionalen Agroforstsystem an: Der<br />

Kaffee wird dabei in Mischkulturen mit<br />

weiteren Kulturpflanzen und unter Schattenbäumen<br />

angebaut. Diese Anbauweise<br />

schont die Umwelt und bietet den Kleinbauern<br />

viele Vorteile. Die Schattenbäume<br />

tragen dazu bei, dass die Bodenfeuchte<br />

<strong>zum</strong> Nutzen des Kaffees länger erhalten<br />

bleibt und <strong>der</strong> Mischanbau sorgt für eine<br />

hohe Biodiversität. Die Kleinbauern von<br />

ProNatur bauen neben Mangos und Bananen<br />

auch Spargel, Erbsen, Bohnen und<br />

an<strong>der</strong>e Früchte an, die eine ausgewogene<br />

Selbstversorgung sicherstellen. Beim Verkauf<br />

über den lokalen Markt können sich<br />

Die Bananenfrüchte werden behutsam gewaschen und verpackt<br />

die Bauern zusätzliche Einnahmequellen<br />

erschließen. Gerade bei starken Schwankungen<br />

<strong>der</strong> Weltmarktpreise für Kaffee<br />

führt dies zu einer größeren wirtschaftlichen<br />

Sicherheit und Unabhängigkeit <strong>der</strong><br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

19


MITGLIEDERFORUM<br />

Mischanbau und Ausgleichsflächen för<strong>der</strong>n die Biodiversität<br />

Die Tröpfchenbewässerung minimiert Wasserverluste<br />

Neben Bananen erzeugt ProNatur hauptsächlich Mangos<br />

Kleinbauern.<br />

Neben dem Kaffee för<strong>der</strong>t, verarbeitet und vermarktet ProNatur<br />

auch Mangos, Bananen und spezielle Tropenfrüchte, sogenannte<br />

novel fruits. Jan Bernhard, Geschäftsführer von ProNatur,<br />

beschreibt das Unternehmen als "kooperatives Unternehmenswagnis<br />

mit einem starken Entwicklungsaspekt". Die ProNatur-<br />

Landbesitzer werden nicht nur in <strong>der</strong> ökologischen Anbauweise<br />

geschult, son<strong>der</strong>n sind auch an <strong>der</strong> ganzen Wertschöpfungskette<br />

von ProNatur beteiligt. Diese erstreckt sich vom Anbau bis zur<br />

Verpackung in <strong>der</strong> Packstation. Hierbei werden viele Entscheidungen<br />

gemeinsam getroffen, was den Zusammenhalt untereinan<strong>der</strong><br />

stark för<strong>der</strong>t.<br />

Ein weiterer großer Aufgabenbereich von ProNatur ist das Soziale<br />

Engagement. ProNatur engagiert sich sehr im Bereich Schulung<br />

und Ausbildung und unterstützt Schulen an <strong>der</strong> Küste und in den<br />

Hochebenen.<br />

In Tongorrape gibt es drei Kin<strong>der</strong>gärten und öffentliche Vorschulen,<br />

die älteste – im Dorf Pueblo Nuevo – gibt es schon seit elf<br />

Jahren. Die Kin<strong>der</strong> werden von vollamtlichen Lehrern, die privat<br />

bezahlt werden, unterrichtet. Die Schulen in den Hochebenen des<br />

Wassereinzugsgebiet von ProNatur werden wie die Schulen an<br />

<strong>der</strong> Küste öffentlich geführt und privat von ProNatur unterstützt.<br />

Neben Verköstigung erhalten die Schüler auch Schulmaterialien<br />

wie Stifte und Bücher zur freien Verfügung.<br />

ProNatur unterstützt mit Schulungsmaterialien, verbessert die<br />

Wasserversorgung und baut sanitäre Anlagen. Zudem bietet Pro-<br />

Natur Stipendien für Landwirtschaftstechniker und Lehrstellen<br />

an. Auch die Aufwendungen für Kost und Logis werden bezahlt.<br />

Neben seiner Mitgliedschaft bei <strong>Naturland</strong> ist ProNatur auch für<br />

den fairen Handel zertifiziert, <strong>der</strong> dem Unternehmen einen besseren<br />

Preis in Europa und in den USA garantiert.<br />

20 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


MITGLIEDERFORUM<br />

Interview mit Jan Bernhard, dem Geschäftsführer<br />

von ProNatur<br />

Jan Bernhard, <strong>der</strong> Geschäftsführer von ProNatur, ist Mitglied des Internationalen Beirats von <strong>Naturland</strong> und Internationaler<br />

Delegierter auf den <strong>Naturland</strong> Delegiertenversammlungen.<br />

Wie sieht <strong>der</strong> ökologische Anbau von Kaffee, Bananen und Mangos<br />

praktisch am Feld bei ProNatur aus?<br />

Ökologisch gesehen läuft <strong>der</strong> Kaffee-Anbau <strong>hier</strong> so, dass die<br />

Bauern mit wenigen Hilfsmitteln, die man für die Landwirtschaft<br />

benötigt, hauptsächlich Selbstversorgung betreiben. Betrachtet<br />

man die Distanzen, die Mühe, den Einsatz und die Ausgaben für<br />

die Betriebsmittel, dann würde sich <strong>der</strong> Aufwand bestimmt für<br />

viele Kleinbauern aufgrund <strong>der</strong> gegenwärtigen Preissituation am<br />

Weltmarkt nicht lohnen. Denn <strong>der</strong> Kaffeepreis liegt im Moment<br />

knapp an den Produktionskosten und teilweise sogar leicht<br />

darunter. Deshalb arbeiten die Kleinbauern sehr sparsam und<br />

bauen auf sanfte und traditionelle Weise Bio-Kaffee an.<br />

Der Früchte-Anbau erfolgt auch <strong>hier</strong> auf traditionelle und nachhaltige<br />

Weise. Hinzu kommt aber die hochmo<strong>der</strong>ne Technik <strong>der</strong><br />

Tröpfchenbewässerung mit Niedrigdruck. Hierbei wird energiesparend<br />

mit Brunnen, Pumpen und Solar-Pump-Geräten gearbeitet.<br />

Das Wasser für den Anbau <strong>der</strong> tropischen Früchte in <strong>der</strong> Trockenregion<br />

kommt aus den Bergen. Welche Anstrengungen unternimmt<br />

ProNatur, damit es weiterhin fließt?<br />

Das öffentliche Wasser kommt aus kleinen Quellen aus den<br />

Bergen. Verschiedene Ansätze, die wir <strong>hier</strong> unternommen haben,<br />

sind Aufforstungen in <strong>der</strong> Hochebene und <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> noch<br />

verbliebenen Trockenwäl<strong>der</strong> als Naturschutzgebiete. Teilweise<br />

wurden auch die öffentlichen Kanalsysteme mit finanzieller Unterstützung<br />

ausgebessert und gewartet, damit das Wasser ohne<br />

Verluste ins Tal fließen kann.<br />

Ein sehr wichtiges Projekt ist das PSA (Zahlung für Umweltleistungen)-Pilot-Projekt.<br />

Hierbei werden die Bauern <strong>der</strong> Hochebenen<br />

darin geschult, wie ihre Anbaumethoden zur Wasserernte<br />

in Quantität und Qualität beitragen, welche anhand einer Formel<br />

Jan Bernhard besichtigt den Betrieb<br />

errechnet wird. Die Hochland Bauern erhalten für ihre Wasser-<br />

Produktion einen Preis, <strong>der</strong> direkt an sie entrichtet wird.<br />

Kleinbauern und ökologischer Anbau - Wie passt das zusammen?<br />

Die Verbindung Kleinbauern und <strong>der</strong> ökologische Landbau passt<br />

sehr gut zusammen aufgrund <strong>der</strong> gut organisierten Strukturen<br />

von Klein- und Kleinstbauern, die sich in Vereinen, Genossenschaften<br />

und Kooperativen zusammen schließen. Diese haben ein<br />

internes Monitoring und ein Kontroll- und Beratungssystem, das<br />

von <strong>der</strong> Kooperative gemanagt wird. Mit einem guten internen<br />

Kontrollsystem funktionieren auch die Zertifizierung und die<br />

Einhaltung <strong>der</strong> Richtlinien.<br />

Vielen Dank für das Interview<br />

Öko-Rooibos – Ein Gewinn für Mensch und Natur<br />

Die Wupperthal Original Rooibos Cooperative (WORC) ist eine<br />

Kleinbauernkooperative in Südafrika, die Rooibos Tee herstellt.<br />

Diese öko+fairen Rooibos Tees sind die ersten Produkte am südafrikanischen<br />

Markt mit dem <strong>Naturland</strong> Logo und werden auch<br />

in Europa durch TopQualiTea South Africa vertrieben.<br />

Das kleine Dorf Wupperthal liegt am Rande <strong>der</strong> Ce<strong>der</strong>berge<br />

in <strong>der</strong> südafrikanischen Provinz Westkap und wurde 1829 von<br />

Missionaren gegründet, die sich von <strong>der</strong> großartigen Landschaft<br />

an ihre Heimat an <strong>der</strong> Wupper in Deutschland erinnert fühlten<br />

und dem Ort seinen Namen gaben. Neben ihrer Missionarsarbeit<br />

för<strong>der</strong>ten die Männer beson<strong>der</strong>s den Landbau und das Handwerk<br />

<strong>der</strong> einheimischen Khoi San Bevölkerung.<br />

Der Rooibos-Anbau hat in Südafrika eine lange Tradition. Nur<br />

<strong>hier</strong> in <strong>der</strong> Kap-Provinz im Westen Südafrikas wächst Rooibos.<br />

Schon früh erkannten die Einwohner, dass die nadelähnlichen<br />

Blätter <strong>der</strong> Aspalathus linearis Pflanze einen guten, aromatischen<br />

Tee ergeben. Rooibos Tee ist mit seiner charakteristischen<br />

rötlich-braunen Farbe und seinem süßen, fruchtigen Aroma ein<br />

Barend Salomo von Wupperthal in <strong>der</strong> Rooibos-Baumschule<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

21


MITGLIEDERFORUM<br />

sehr beliebtes Getränk – beson<strong>der</strong>s in<br />

Südafrika.<br />

Die Rooibos Pflanze ist optimal an die regenreichen<br />

Winter, die heißen, trockenen<br />

Sommer, sowie den Sandstein-Boden <strong>der</strong><br />

Ce<strong>der</strong>berge angepasst. An diesem Standort<br />

macht es eine Düngung für Rooibos<br />

überflüssig. Für die Umwelt spielt Rooibos<br />

<strong>hier</strong> eine wichtige Rolle: Durch seine langen<br />

Wurzeln erreicht die Pflanze auch tiefliegende<br />

Feuchtigkeit und Mineralien und<br />

stellt diese dem Ökosystem zur Verfügung.<br />

Der ökologische Anbau von Rooibos trägt<br />

dadurch <strong>zum</strong> Erhalt <strong>der</strong> Flora und Fauna in<br />

Westkap bei.<br />

WORC, die Wupperthal Original Rooibos<br />

Cooperative wurde im August 2009 von<br />

84 Kleinbauernfamilien aus dem südafrikanischen<br />

Wupperthal gegründet. Zurzeit<br />

besteht die Kooperative aus 99 Mitglie<strong>der</strong>n,<br />

die auch heute noch den Rooibos<br />

in traditioneller Weise herstellen: Er wird<br />

an den schwer zugänglichen Talhängen<br />

angebaut, von Hand geerntet und teilweise<br />

mit Eseln transportiert.<br />

Rooibos wird in Südafrika kultiviert<br />

Neben dem Rooibos bauen die Landwirte<br />

seit einiger Zeit auch ökologische<br />

Kräuter an. Dadurch ist das Einkommen<br />

<strong>der</strong> Erzeuger weniger stark vom Rooibos<br />

abhängig. Zudem haben die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kooperative in Eigeninitiative einen Teeverarbeitungsplatz<br />

gebaut. Hier wird <strong>der</strong><br />

Tee gemeinschaftlich geschnitten, fermentiert<br />

und getrocknet. Da die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kooperative eng zusammenarbeiten und<br />

sich gegenseitig unterstützen, kann auch<br />

die Qualitätssicherung und Vermarktung<br />

<strong>der</strong> Produkte gemeinsam durchgeführt<br />

werden.<br />

Rooibos Tee ist ein bedeutendes Getränk<br />

in Südafrika – ob warm o<strong>der</strong> kalt, mit<br />

o<strong>der</strong> ohne Milch – Rooibos Tee ist sehr<br />

beliebt. Der heimische Markt ist somit ein<br />

wichtiger Absatzkanal für die Kleinbauern.<br />

Doch auch in Europa wird viel Rooibos Tee<br />

getrunken. Der <strong>Naturland</strong> Partner Top-<br />

QualiTea South Africa schlägt die Brücke<br />

von den Erzeugern in Südafrika zu den<br />

Konsumenten in Europa.<br />

TopQualiTea South Africa exportiert den<br />

<strong>Naturland</strong> zertifizierten Rooibos Tee <strong>der</strong><br />

Wupperthal Original Rooibos Cooperative,<br />

sowie <strong>Naturland</strong> Honeybush Tee von<br />

Ericaville.<br />

TopQualiTea South Africa zahlt den Tee-<br />

Erzeugern über das doppelte des marktüblichen<br />

Preises. Damit verbessern sich<br />

die Lebens- und Arbeitsbedingungen <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kooperativen deutlich – in<br />

Wupperthal herrscht bereits ein relativ<br />

...und aus ökologischer Wildsammlung gewonnen<br />

hoher Lebensstandard. Dank des Fairen<br />

Handels können in Zukunft ein Kin<strong>der</strong>garten<br />

gebaut o<strong>der</strong> spezielle Arbeitsgeräte für<br />

die Bewirtschaftung <strong>der</strong> Berge angeschafft<br />

werden. Zudem findet in Wupperthal auch<br />

Forschung statt, mit dem Ziel, in Zukunft<br />

besseres Pflanzgut nutzen zu können.<br />

Obwohl Öko-Produkte in Südafrika immer<br />

mehr an Bedeutung gewinnen, ist<br />

<strong>Naturland</strong> noch weitgehend unbekannt.<br />

Aus diesem Grund führt TopQualiTea<br />

South Africa Aufklärungsaktionen durch,<br />

beispielsweise in Form von Informationsflyern.<br />

Der Rooibos Tee aus Wupperthal<br />

und <strong>der</strong> Honeybush Tee von Ericaville sind<br />

bisher die einzigen <strong>Naturland</strong> Produkte in<br />

Südafrika und nehmen so eine Vorreiterstellung<br />

im südafrikanischen Markt ein.<br />

TopQualiTea Group ist Mitgrün<strong>der</strong> von<br />

Trust Organic Small Farmers, einer internationalen<br />

Allianz für ökologisch-ethischen<br />

Handel und solche Produkte, bei <strong>der</strong> auch<br />

die Wupperthal Original Rooibos Cooperative<br />

Mitglied ist. 2007 wurde diese<br />

Kommunikations- und Netzwerkinitiative<br />

von verschiedenen Kleinbauernprojekten<br />

aus Indien, Sri Lanka und Südafrika,<br />

sowie Importeuren und Händlern für öko<br />

und faire Produkte aus Europa, Kanada<br />

und den USA gegründet. Seit 2011 wird<br />

diese selbstständig von den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

geführt. Ziel und Zweck dieser Zusammenarbeit<br />

ist eine bessere Transparenz durch<br />

Austausch, Beratung und Vernetzung<br />

zwischen Öko-Kleinbauernprojekten und<br />

Öko-Importeuren / -Händlern aus Europa,<br />

USA und Kanada.<br />

22 <strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013


MITGLIEDERFORUM<br />

<strong>Naturland</strong> Fair schafft neue Synergien<br />

Als erste Molkerei vermarkten die Milchwerke Berchtesgadener Land eG Milch und<br />

Milchprodukte, die das <strong>Naturland</strong> Fair Zeichen tragen. Damit haben sie sich ebenso<br />

wie die Milchbauern für die Erfüllung <strong>der</strong> <strong>Naturland</strong> Fair Richtlinien entschieden:<br />

Sozialrichtlinien, verlässliche Handelsbeziehungen, faire Erzeugerpreise, regionaler<br />

Rohstoffbezug, gemeinschaftliche Qualitätssicherung, gesellschaftliches Engagement<br />

und Unternehmensstrategie und Transparenz. Ihr Sortiment haben die Milchwerke<br />

in diesem Frühjahr um verschiedene Joghurts und einen Milchdrink erweitert. Das<br />

Beson<strong>der</strong>e daran: Neben <strong>der</strong> Milch ist auch <strong>der</strong> Zucker <strong>Naturland</strong> Fair zertifiziert. Der<br />

durch die Genossenschaft dwp eG importierte Zucker stammt von <strong>der</strong> Kooperative<br />

Manduvirá.<br />

war für uns eine Gelegenheit gekommen,<br />

uns mehr in unserer Gemeinschaft zu<br />

engagieren.<br />

Was halten <strong>Sie</strong> von den <strong>neuen</strong> Partnerschaften<br />

(Fairhandelsorganisation dwp –<br />

Molkerei Berchtesgadener Land) und den<br />

<strong>neuen</strong> Produkten?<br />

Ich denke, sie bieten eine sehr interessante<br />

Möglichkeit weiter zu wachsen und<br />

gleichzeitig Produkte aus dem Norden und<br />

dem Süden einan<strong>der</strong> anzunähern.<br />

Wie lange arbeiten <strong>Sie</strong> schon mit dwp zusammen<br />

und wie hat sich Ihr Leben seither<br />

verän<strong>der</strong>t?<br />

Seit etwa fünf Jahren arbeiten wir mit<br />

dwp zusammen. Wir haben einen Wandel<br />

unserer gesamten Gemeinschaft erfahren<br />

o<strong>der</strong> besser forciert, den wir die „Süße Revolution“<br />

nennen, ein Wandel auf sozialer,<br />

ökonomischer und ökologischer Ebene.<br />

<strong>Naturland</strong> Fair in Nord und Süd: Heinrich Schwabenbauer (<strong>Naturland</strong> Milchbauer), Bernhard Pointner<br />

(Geschäftsführer Milchwerke Berchtesgadener Land), Thomas Hoyer (Geschäftsführer dwp), Andrés González<br />

Aguilera (Geschäftsführer <strong>der</strong> Kooperative Manduvirà), Steffen Reese (Geschäftsführer <strong>Naturland</strong>)<br />

Lieber Andres Gonzalez, mit <strong>der</strong> Molkerei<br />

Berchtesgadener Land hat Manduvirá einen<br />

<strong>neuen</strong>, speziellen Kunden gewonnen. Wie<br />

war die Reaktion darauf?<br />

Unser direkter Kunde ist das Fair-Handelshaus<br />

dwp eG. Der Schritt mit <strong>der</strong> Molkerei<br />

ist für uns aber sehr wichtig. Die Einführung<br />

dieser Produkte markiert für uns<br />

einen Meilenstein im fairen Handel.<br />

Warum ist für Manduvirá Fair Trade so<br />

wichtig? Warum habt Ihr Euch für Öko entschieden?<br />

Seit wann macht Ihr das schon?<br />

Fair Trade ist sehr wichtig, denn Dank Fair<br />

Trade wurde <strong>der</strong> Traum einer besseren<br />

Lebensqualität für Tausende von Familien<br />

kleiner Produzenten wahr. Die Essenz des<br />

Fair Trade ist die Stärkung <strong>der</strong> kleinen<br />

Produzenten. Der faire Handel ermöglicht<br />

ihnen Zugang zu starken Märkten und gibt<br />

Hoffnung auf ein besseres Leben jenseits<br />

unserer historischen Grenzen des Elends<br />

und <strong>der</strong> Armut.<br />

Wir erkennen, dass wir unseren Kin<strong>der</strong>n<br />

und Kindeskin<strong>der</strong>n eine gesün<strong>der</strong>e,<br />

heilsamere und nachhaltigere Umwelt<br />

hinterlassen müssen. Dies schaffen wir nur<br />

mit Öko-Landbau und fairem Handel. Wir<br />

haben nun schon 16 Jahre Erfahrung mit<br />

<strong>der</strong> Produktion zertifizierter Öko-Lebensmittel.<br />

Was war die Motivation für die Verän<strong>der</strong>ung<br />

und die Umstellung auf ökologische<br />

Produktion?<br />

In unserer Gegend wurde schon immer natürlich<br />

und ohne Einsatz von Chemikalien<br />

produziert. Daher waren nur geringe Anpassungen<br />

an die Kriterien und Standards<br />

für eine zertifizierte Öko-Produktion nötig.<br />

Und was bewegte Manduvirá dazu, auf<br />

fairen Handel umzustellen?<br />

Der Hauptgrund war, einen höheren Mehrwert<br />

bei <strong>der</strong> Herstellung zu erzielen und<br />

den größten Teil <strong>der</strong> Produktionskette zu<br />

lenken. Da wir als Genossenschaft fest an<br />

unsere genossenschaftlichen Grundsätze<br />

gebunden sind, die Hand in Hand mit den<br />

Grundsätzen des Fairen Handels gehen,<br />

Wie wirken sich die Aktivitäten auf Ihr<br />

soziales Umfeld aus und wie reagieren<br />

die Nachbarn? Wollen die Nachbarn auch<br />

umstellen?<br />

Diese "Süße Revolution" hat sich positiv<br />

auf das Leben von über 12.000 Menschen<br />

ausgewirkt, das heißt auf die gesamte<br />

Gemeinschaft. In naher Zukunft werden<br />

wir über 25.000 Personen mit unserer<br />

eigenen Fabrik unterstützen, die wir selber<br />

bauen. In unserer Gegend gibt es eine Art<br />

„Epidemie“ <strong>der</strong> Zuckerrohrproduktion und<br />

Manduvirá Partner, also eine sehr rasche<br />

Verbreitung.<br />

Was halten <strong>Sie</strong> von den <strong>neuen</strong> Absatzmärkten,<br />

abgesehen von den "Welt-Läden"? Können<br />

<strong>Sie</strong> mehr verkaufen? Können <strong>Sie</strong> durch<br />

den zusätzlichen Verkauf weitere Produktionspartner<br />

anwerben o<strong>der</strong> die bestehenden<br />

Partnerschaften absichern?<br />

Ich glaube, <strong>der</strong> Erfolg je<strong>der</strong> Person o<strong>der</strong><br />

Firma liegt in ihrer Fähigkeit, ständig innovativ<br />

zu sein und sich an Verän<strong>der</strong>ungen<br />

anzupassen. Wir sehen diesen Schritt als<br />

Möglichkeit, alle Akteure <strong>der</strong> Kette profitieren<br />

zu lassen – vom Erzeuger über den<br />

Verarbeiter, bis hin <strong>zum</strong> Verbraucher.<br />

Vielen Dank für das Interview!<br />

<strong>Naturland</strong> <strong>Nachrichten</strong> International Nr. 29 - November 2013<br />

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Besuchen <strong>Sie</strong> uns auf www.naturland.de<br />

Impressum:<br />

<strong>Naturland</strong> – Verband für ökologischen Landbau e.V.<br />

Kleinha<strong>der</strong>ner Weg 1 • 82166 Gräfelfing, Deutschland<br />

Tel: +49 (0)89 89 80 82 - 0 • Fax: +49 (0)89 89 80 82 - 90<br />

E-Mail: naturland@naturland.de<br />

www.naturland.de<br />

Geschäftsführung:<br />

Steffen Reese (V.i.S.d.P.)<br />

klimaneutral<br />

natureOffice.com | DE-587-073117<br />

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