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&<br />

Garten<br />

Die Mitgliederzeitschrift des <strong>Naturgarten</strong> e.V.<br />

Natur<br />

Heft 2/2013<br />

5.00 €<br />

April 2013 Mitgliederzeitschrift <strong>Naturgarten</strong> e.V.<br />

Tagungsband<br />

<strong>Naturgarten</strong>tage<br />

2013<br />

Wo schlägt das Herz des<br />

naturnahen Gartens?


Vorwort<br />

Inhalt<br />

Die <strong>Naturgarten</strong>tage 2013<br />

zeigten viele neue Gesichter<br />

Viele Mitglieder haben bei der diesjährigen Tagung engagiert und kreativ Verantwortung<br />

übernommen und die Tagung aktiv mit gestaltet. Herausgekommen ist<br />

eine bunte Mischung aus Neuem und Bewährtem.<br />

Erstmals wurde die Haupttagung von einem fünfköpfigen Team – Ulrike Aufderheide,<br />

Gerold Bahring-Lignitz, Susan Findorff, Silke Gathmann und Robert Schönfeld<br />

– vorbereitet und moderiert.<br />

Die etwa 120 Teilnehmer konnten wie gewohnt die Tagung mit einem Extratag –<br />

diesmal mit spannenden und umfassend beleuchteten Vorträgen und Workshops<br />

zum Thema „Boden und Pflanzen“ – beginnen und sich dann in der Haupttagung<br />

von einer Vielzahl an hervorragenden Beiträgen zur tagungsumspannenden Frage<br />

„Wo schlägt das Herz des naturnahen Gartens?“ inspirieren lassen.<br />

Ein besonderer Höhepunkt war am Freitagabend der brandneue NG-Talk, in dem<br />

die spritzigen und unglaublich professionellen „Laien-Moderatoren“ Barbara Stark<br />

und Ina Blum sich mit ausgewählten Gästen zum Thema der Haupttagung austauschten.<br />

Zukunftsweisende Anstöße für neue Handlungsfelder innerhalb des Vereins erbrachte<br />

der von Susanne Hansen und ihrem großartigen Team moderierte Mitgliederdialog<br />

am Samstagnachmittag und auch hier zeigte sich wieder eine große<br />

Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und zum aktivem Handeln durch<br />

die einzelnen Mitglieder .<br />

Ebenso gab es bekannte, aber auch viele neue Gesichter unter den durchweg hochkarätigen<br />

Referenten.<br />

Inhalt<br />

2 Vorwort<br />

4 Das Orga-Team der <strong>Naturgarten</strong>tage 2013<br />

5 Dialognachmittag<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

6 Was muss ein Boden im Galabau können?<br />

Unkrautfreie Böden selbst gemischt? Problemböden?<br />

8 Der Boden und seine Grundlagen<br />

11 Ansaaten und Pflanzungen von Stauden, Saatgutmischungen,<br />

Einzelsaatgut, Blumenwiesen und Säumen auf<br />

unkrautfreien Böden. Nachhaltigkeit als Programm.<br />

14 Stauden und Ansaaten auf unkrautbelastetem Boden.<br />

Welche Arten sind geeignet? Die Burri-Methode für<br />

Blumenwiesen und Wildblumensäume<br />

Wo schlägt das Herz des naturnahen Gartens?<br />

16 Schöpfen aus der Vielfalt –<br />

Biodiversität und nachhaltige Naturgärten<br />

18 Wie nachhaltig sind Sorten von heimischen Wildpflanzen?<br />

Langzeitbeobachtungen aus gärtnerischer Praxis<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

37 Die Apotheke aus dem Garten, Wildpflanzen und ihre<br />

medizinische Wirkung<br />

40 Spätsommerblüher<br />

44 Stachelige Schönheiten: Kletten, Disteln und Karden<br />

Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

48 Wo liegt das Herz unserer gemeinsamen Arbeit?<br />

51 Kärtchen, Kärtchen an der Wand...!<br />

Ergebnisse des Diskussionsforums zum Tagungsthema<br />

52 Reflektion des Samstagnachmittages.<br />

Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und<br />

Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

54 Pflanze und Falter<br />

58 Der Rückgang unserer Vogelwelt und Abhilfe im<br />

vogelfreundlichen Garten<br />

61 Verkannte Wespen – geliebte Bienen. Faszination,<br />

Funktion und Fördermöglichkeiten im <strong>Naturgarten</strong><br />

Titelbild: Entdecken, anfassen, fühlen und<br />

vertrauen – Lernort <strong>Naturgarten</strong>! Die böse<br />

Schlange, die ekelhafte Kröte, der dunkle<br />

Wald – oft gedankenlos übernommene<br />

Kulturwerte aus der Welt der Erwachsenen.<br />

Kinder sind noch frei davon – zum Glück!<br />

Erleben wir ihre Unbefangenheit und lernen<br />

von ihr! (Foto: Kalle Niehus)<br />

Die zentrale Frage der Tagung „Wo schlägt das Herz des naturnahen Gartens?“<br />

konnte naturgemäß nicht abschließend geklärt werden – denn, wie die Beiträge<br />

der Referenten zeigten, schlägt jedes Herz ein bisschen anders. Die Mitte aber, das<br />

Zentrum, ist groß und verbindet uns alle, während die zahlreichen Randbereiche<br />

für erfrischende Vielfalt in unserem Verein sorgen.<br />

Doch lesen Sie selbst, was Ihnen entgangen ist, und vielleicht melden Sie sich im<br />

kommenden Jahr rechtzeitig zu den <strong>Naturgarten</strong>tagen 2014 (30.1- 02.02.14) in<br />

Grünberg an und erleben gemeinsam mit uns die naturgärtnerische Vielfalt im<br />

Herzen unseres Vereins.<br />

(im Namen des Orga-Teams)<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

20 Von Staubbeuteln, Bauchbürsten und Futtervorräten.<br />

Das Pollensammeln der Wildbienen und seine Berücksichtigung<br />

im <strong>Naturgarten</strong><br />

24 Straßenrandkartierung im Stadtgebiet von Bamberg –<br />

Ein gelungenes Experiment alternativen Begleitgrüns<br />

26 ”Na Schau!“ – der Naturschaugarten Lindenmühle.<br />

Kreativ für den Artenschutz<br />

28 Meine Art, Naturgärten zu gestalten<br />

31 Markt der Möglichkeiten / Bayernstube<br />

Abendprogramm<br />

32 Der <strong>Naturgarten</strong> Talk – wo schlägt dein Herz für den<br />

<strong>Naturgarten</strong>?<br />

34 Was Sie schon immer über den <strong>Naturgarten</strong> e.V. wissen<br />

wollten – Wissenswertes und Erstaunliches aus dem Leben<br />

des Gewöhnlichen Naturgärtners (Homo sapiens sapiens<br />

ssp. kiesophilus)<br />

Regionalgruppen<br />

64 Projekt: VHS -<strong>Naturgarten</strong>forum 2013 in Löhne.<br />

Ohne Netz und dopelten Boden – aber ein starkes Team!<br />

65 Nachrufe<br />

66 Hausverkauf an Menschen mit Interesse an der<br />

Regionalgruppe Bühren<br />

66 Artenschutzaktion für die Breitblättrige Glockenblume<br />

in Schleswig-Holstein<br />

68 Internes und Neues<br />

69 Kolumne<br />

70 Literaturtipps<br />

72 Termine und Impressum<br />

2 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 3


Das Orga-Team der <strong>Naturgarten</strong>tage 2013<br />

Dialognachmittag<br />

Das Orga-Team<br />

Anfang Januar waren die <strong>Naturgarten</strong>tage<br />

2013 bereits ausgebucht,<br />

die Warteliste war mit<br />

18 Interessenten außergewöhnlich<br />

lang.<br />

Begeistert verfolgten die glücklichen<br />

TeilnehmerInnen das<br />

abwechslungs reiche Programm.<br />

Ulrike Aufderheide<br />

Susan Findorff<br />

Silke Gathmann<br />

Dialognachmittag auf den<br />

<strong>Naturgarten</strong>tagen 2013<br />

Dieses Team organisierte und<br />

moderierte die Tagung,<br />

Reinhard Witt den Extratag:<br />

Silke Kaden und Birgit Heuser<br />

(Bildmitte) betreuten die Technik<br />

Herzlichen Dank an das<br />

Orga-Team, die Referenten und<br />

Birgit und Silke von der Technik!<br />

Robert Schönfeld<br />

und Gerold Baring-<br />

Liegnitz (im Orbit)<br />

Extratag: Reinhard Witt<br />

Beginn der <strong>Naturgarten</strong>tage 2013<br />

einmal anders: Der Vorstand hatte<br />

zum Mitgliederdialog gebeten und<br />

ca. 35 Vereinsmitglieder waren der Einladung<br />

gefolgt. Als TOP 1 haben wir uns in<br />

konzentrierter Atmosphäre fast 2 Stunden<br />

Zeit dafür genommen, Joachim Brocks von<br />

der österreichischen Initiative „Natur im<br />

Garten“ – zuzuhören und viele Fragen zu<br />

klären. Die Initiative ist über verschiedene<br />

Partnerorganisationen international aktiv<br />

3 durch gemeinsame EU-Projekte<br />

3 Teilnahme am Netzwerk Natur im Garten<br />

International<br />

3 Vergabe von Lizenzen in ganz Europa<br />

zur Nutzung der Medien und des Konzeptes<br />

der Aktion „Natur im Garten“.<br />

Auszeichnungen von ökologisch wertvollen<br />

Privatgärten mit der „Natur im<br />

Garten“-Plakette (Verzicht auf Pestizide,<br />

chemisch-synthetische Dünger und auf<br />

Torf, vielfältige, naturnahe Gestaltung)<br />

werden in Deutschland momentan<br />

von Mecklenburg-Vorpommern, der<br />

Fürst-Pückler-Region und vom Verband<br />

Wohneigentum in Bayern in Lizenz vorgenommen.<br />

3 Seit 2012 setzt sich die internationale<br />

„Natur im Garten Plattform“ für die<br />

Verankerung des Gartenthemas in den<br />

Förder-Instrumenten der Europäischen<br />

Union ein. Dazu gibt es regelmäßig Aktivitäten<br />

auf europäischer Ebene. Mittlerweile<br />

wurde ein europäischer Verein mit<br />

dem Namen „European Garden Association“<br />

gegründet.<br />

Folgende Vorschläge für Kooperationsmöglichkeiten<br />

zwischen dem Verein „<strong>Naturgarten</strong><br />

e.V.“ und der Aktion „Natur im<br />

Garten (NIG)“ wurden unterbreitet:<br />

3 1. Teilnahme des Vereins „<strong>Naturgarten</strong><br />

e.V.“ am Netzwerk „Natur im Garten International“<br />

3 2. Lizenz-Vereinbarung für den Einsatz<br />

des Logos der Aktion „Natur im Garten“<br />

3 3. Regelmäßige strategische Absprachen<br />

im Bereich des ökologischen<br />

Gärtnerns<br />

3 4. Kooperation bei der internationalen<br />

Lobbying-Arbeit durch die „European<br />

Garden Association“<br />

3 5. Unterzeichnung des Memorandums<br />

für eine Stärkung des <strong>Naturgarten</strong>themas<br />

in Europa<br />

Es wurde klar, das die Anforderungen an<br />

einen ausgezeichneten <strong>Naturgarten</strong> im<br />

Sinne des NIG-Konzeptes sehr niedrigschwellig<br />

sind und der Fokus absolut nicht<br />

auf der Verwendung heimischer Wildpflanzen<br />

liegt. Deshalb scheint zumindest eine<br />

Lizenzvereinbarung nicht zielführend. Die<br />

Entscheidung über die Unterzeichnung des<br />

Memorandums wurde in die MV delegiert.<br />

Anschließend stellte <strong>Naturgarten</strong>planerin Sabine<br />

Kohlstadt ihre Idee vor, in Privatinitiative<br />

eine kundenorientierte gewerbliche Internetplattform<br />

mit regionaler Suche aufzubauen.<br />

Dadurch sollen Produkte und Dienstleistungen<br />

im Zusammenhang mit <strong>Naturgarten</strong>themen<br />

leichter zugänglich werden. Sie verwies<br />

auf die Internet-shops von Nabu und BUND<br />

und fragte, ob entsprechend eine Verlinkung/Empfehlung<br />

auf der Homepage des<br />

<strong>Naturgarten</strong>vereins erfolgen kann.<br />

Die Idee ist noch nicht soweit ausgereift,<br />

dass im Rahmen des Dialognachmittages<br />

ein berechtigtes Interesse des Vereins an einer<br />

Zusammenarbeit geklärt werden konnte.<br />

Einige Interessierte werden an der Idee<br />

weiterarbeiten.<br />

Eine kurze Anfrage von Heinke Marxen-Drewes,<br />

ob es vorstellbar ist, dass Vereinsmitglieder<br />

an versch. Umweltdemonstrationen<br />

mit dem Logo des <strong>Naturgarten</strong> e.V. teilnehmen<br />

können, wurde in die MV verwiesen.<br />

Dorothee Dernbach<br />

Vorstand<br />

4 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 5


Extratag Boden und Pflanzen<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

Was muss ein Boden im Galabau können<br />

Unkrautfreie Böden selbst gemischt? Problemböden?<br />

Kann Oberboden im<br />

Galabau überhaupt noch<br />

eingesetzt werden?<br />

Bei der Begrünung von Bauwerken sollen<br />

oft Pflanzen auf engem Raum und reduzierter<br />

Bodenschicht mit z.T. hohen technischen<br />

Anforderungen wachsen. Hier<br />

sind Oberböden meist überfordert, es sind<br />

technische Substrate oder zumindest verbesserte<br />

Böden zu verwenden. Geeignete<br />

Materialien, Produkte, Mittel und Herstellverfahren<br />

werden im Workshop gezeigt.<br />

Bei Pflanzungen in natürlicher Umgebung<br />

(Parks, größere Gärten, Landschaft usw.) ist<br />

dagegen die Verwendung von Oberböden<br />

als „Pflanzsubstrat“ meist sehr sinnvoll.<br />

Welche Probleme treten<br />

mit Oberböden im Galabau<br />

auf („Problemböden“)?<br />

Viele Böden sind mit Dauer- und Wurzelunkräutern<br />

durchsetzt; dadurch entsteht<br />

ein hoher Pflegeaufwand, v.a. in Staudenpflanzungen.<br />

Hohe Lehm- und Tonanteile<br />

machen Oberböden bindig. Gerade im<br />

Galabau, wo die Pflanzflächen betreten,<br />

bespielt und sogar befahren werden, können<br />

deshalb schnell Verdichtungen und<br />

Staunässen auftreten; dies trifft v.a. bei<br />

belasteten Gebrauchs- und Strapazierrasenflächen<br />

zu. Falsche Behandlung vor,<br />

während und nach dem Oberbodenabtrag<br />

ist im Galabau leider inzwischen üblich.<br />

Große Maschinen und Arbeiten unter Termindruck<br />

bei fast jeder Witterung bewirken<br />

in den Böden zerstörte Bodenstrukturen,<br />

Verdichtungen und anaerobe Verhältnisse.<br />

Durch unsauberes Abtragen oder Roden<br />

werden Unterböden, Aufwuchs und Schutt<br />

mit eingemischt. Zusätzlich sind Oberböden<br />

aus innerörtlichen oder industriellen<br />

Herkunftsstellen inzwischen vielfach mit<br />

Umweltschadstoffen (Schwermetalle, Kohlenwasserstoffketten,<br />

chemische Pflanzenschutzmittel)<br />

kontaminiert. Diese Stoffe<br />

haben weniger Pflanzen als vielmehr Menschen<br />

oder Grundwasser gefährdendes<br />

Potential. Trotzdem ist der Landschaftsbau<br />

verpflichtet, solche Böden zu erkennen,<br />

auszuschließen, zu behandeln oder zumindest<br />

kontrolliert einzusetzen.<br />

Behandlung von Problemböden:<br />

Manchmal können Problemböden nur abgefahren<br />

und durch andere Böden ersetzt<br />

werden. Dies können zugekaufte technische<br />

Erden gemäß den Vorschriften der DIN, FLL,<br />

Ö-Norm u.ä. sein. Solche Erden sind aber oft<br />

unbelebt und teuer. Der Einsatz ist aufgrund<br />

weiter Anfahrtswege und wegen des Abbaus<br />

von Naturflächen (z.B. Moore) oft ökologisch<br />

fragwürdig. Praktische Beispiele für<br />

diese Erden werden im Workshop gezeigt.<br />

Ein Austausch der Problemböden durch<br />

frische „unberührte“ Oberböden aus ländlichen<br />

Gegenden wird immer wieder vorgeschlagen.<br />

Auch dies ist meiner Meinung<br />

nach teuer und ökologisch fragwürdig.<br />

Ein Ersatz des Problembodens durch frische<br />

unkrautfreie strukturierte Unterböden (z.B.<br />

lehmige Sande, sandige Lehme) bringt sicherlich<br />

große Vorteile beim Unkrautdruck<br />

auf die Pflanzungen. Nachteilig ist, dass<br />

Unterböden meist unbelebt und nährstoffarm<br />

sind; ein gesundes und vitales<br />

Pflanzenwachstum ist nicht gewährleistet.<br />

Deshalb werden als Oberbodenersatz oft<br />

Mischungen aus Unterboden und Kompost<br />

verwendet. Das funktioniert meist,<br />

die Pflanzen wachsen darin. Als „gleichwertigen“<br />

Ersatz für Oberboden sehe ich aber<br />

solche Mischungen nur dann an, wenn hervorragende<br />

Komposterde verwendet wird,<br />

wenn schonend gemischt wird und wenn<br />

dieser Mischung ausreichende Lagerzeit<br />

zur Bildung neuer Ton-Humus-Strukturen<br />

gegeben wird.<br />

Extrem verunkrautetes Gründach<br />

Staunässe in stark verdichtetem Hausgarten<br />

Das Verbessern der bauseitigen Problemböden<br />

auf der Baustelle oder in der Nähe<br />

des Einsatzortes ist meiner Meinung nach<br />

oft hilfreich und geeignet. Dies kann sein<br />

ein Einmischen von nicht bindigen strukturbildenden<br />

Stoffen (z.B. Sande, Splitte;<br />

das wird im Workshop näher erläutert).<br />

Dies kann auch eine mechanische oder<br />

biologische Bodenlockerung sein. Eggen,<br />

Grubber, Aufreißer, Bohrer oder Druckluftlockerer<br />

sind gut geeignet. Von schnelllaufenden<br />

Fräsen, Schredder und Erdwölfen<br />

raten wir ab. Biologische Lockerungen<br />

z.B. durch Zwischenbegrünungs-Pflanzen,<br />

durch Pilze oder Würmer werden leider oft<br />

unterschätzt.<br />

Ein Absieben und Aussortieren von großen<br />

Störstoffen mittels Siebgeräten bringt gute<br />

Ergebnisse; Wurzelunkräuter können allerdings<br />

damit nicht bekämpft werden.<br />

Alle Einmisch-Lockerungs- oder Siebarbeiten<br />

können in den Böden strukturzerstörend<br />

wirken. Sie dürfen nur bei geeigneter<br />

Witterung, bei trockenen Böden und mit<br />

schonenden Geräten durchgeführt werden.<br />

In engen Baustellen sind solche Arbeiten<br />

wegen des hohen Platzbedarfs nicht<br />

möglich.<br />

Die Eigenherstellung von Bodensubstraten<br />

ist grundsätzlich auf der Baustelle oder<br />

im eigenen Erdlager möglich. Geeignete<br />

Misch-Geräte sind Bagger, Lader, Trommelsiebmaschine,<br />

„Erdwolf“ u. ä.<br />

Als mögliche Gerüstbau- und Zuschlagstoffe<br />

empfehlen wir:<br />

a) „guten“ Oberboden, frei von Dauerunkräutern,<br />

frei von Störstoffen;<br />

b) unkrautfreien Unterboden,<br />

c) mineralische Lockerungsmittel wie z.B.<br />

Natursand;<br />

d) evtl. poröse Stoffe zur Erhöhung der<br />

Luft- oder Wasserkapazität, wie z.B. Lava,<br />

Bims, Ziegel<br />

e) evtl. „Humusträger“, wie z.B. Kompost,<br />

Torf, Kohlen, Holzfaser, Kokosfaser, Trester<br />

usw.<br />

(Diese Stoffe werden wir im Workshop näher<br />

diskutieren).<br />

Bei der Eigenherstellung von Bodensubstraten<br />

ist ein hohes Fachwissen nötig. Es<br />

müssen öfters Bodenuntersuchungen zur<br />

Bestimmung der Ausgangsstoffe, der Zuschlagstoffe<br />

und der Rezepturen durchgeführt<br />

werden. Ausreichend Lager- und<br />

Mischflächen sind nötig, so dass auch diese<br />

Maßnahme nicht sehr einfach ist.<br />

Oberböden und Bodensubstrate im Galabau<br />

benötigen also viel mehr Aufmerksamkeit,<br />

als wie ihnen heute zugestehen.<br />

Dipl.-Ing. agr. Gartenbau<br />

Johannes Prügl<br />

D - 84072 Au i.d. Hallertau<br />

3 08752 - 9119<br />

pruegl@bodeninstitut.de<br />

www.bodeninstitut.de<br />

Oft Störstoffe in Galabau - Oberböden<br />

Starke Verdichtung durch fehlerhafte Oberbodenlagerung<br />

Hoher Unkrautbesatz auf Rasenfläche<br />

Einmischen von Perlit zur Wasserspeicherung in Oberböden<br />

6 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 7


Extratag Boden und Pflanzen<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

Der Boden und seine Grundlagen<br />

Hofstelle Lüneburger Heide – sorgsamer Umgang mit Boden ist hier geboten<br />

Der Boden, das<br />

verborgene Biotop<br />

Der Boden gerät nur selten in den Blick. Wir<br />

beschäftigen uns gerne und ausführlich mit<br />

dem, was wir sehen oder mit anderen Sinnen<br />

wahrnehmen, auch im Garten. Den Boden,<br />

die Erde - wir treten sie mit Füßen und<br />

alles, was in ihr wohnt. Dabei ist der Boden<br />

im eigentlichen Sinne des Wortes die Grund-<br />

Lage des (landgebundenen) Lebens.<br />

Pflanzen, vom Boden<br />

aus betrachtet<br />

Die Forschergruppe um Lore Kutschera hat<br />

das Wurzelsystem vieler Pflanzenarten untersucht<br />

und freigelegt, das Ergebnis: Die<br />

räumliche Ausdehnung der Pflanzen im Boden<br />

übertrifft die oberirdische bei weitem.<br />

Das Wurzelsystem der Bäume geht weit<br />

über die Traufe des Baumes hinaus. Eine<br />

einzige Roggenpflanze hat rund 14 Millionen<br />

Wurzeln, die zusammen 622 Kilometer<br />

lang sind und deren Gewebeoberfläche<br />

237 Quadratmeter beträgt! Wurzelspitzen<br />

messen 15 verschiedene Bodeneigenschaften<br />

und reagieren darauf. Aktionspotentiale,<br />

die auf Grund von Umweltreizen an den<br />

oberirdischen Pflanzenteilen entstehen,<br />

werden in die Wurzelspitzen geleitet, die<br />

wahrscheinlich eine integrierende, „gehirnartige“<br />

Funktion haben. Wir können<br />

also die oberirdischen, für uns sichtbaren<br />

Pflanzenteile als die Energiesammel- und<br />

Fortpflanzungsorgane eines hauptsächlich<br />

unterirdisch lebenden Organismus verstehen.<br />

Die Pflanzenwurzeln sind aber nicht<br />

allein im Boden. In einer Handvoll Gartenerde<br />

leben: 100 Insekten und Milben, 110<br />

Gliederwürmer, 250 Springschwänze, 25<br />

000 Fadenwürmer, 7,5 Millionen einzellige<br />

Tiere, 12,5 Millionen Algen, 100 Millionen<br />

Pilze und 125 Millionen Bakterien. So wird<br />

klar: der Boden ist ein eigener Lebensraum.<br />

Es lohnt sich, ihn kennenzulernen.<br />

Böden werden<br />

Wie jeder Lebensraum, so sind auch Böden<br />

nicht unveränderlich, sondern in ständiger<br />

Entwicklung: „Ein Boden ist ein Naturkörper,<br />

der an der Erdoberfläche unter einem<br />

bestimmten Klima, einer bestimmten streuliefernden<br />

Vegetation und Population von<br />

Bodenorganismen durch bodenbildende<br />

Prozesse aus Gestein entsteht.“ (Scheffer/<br />

Schachtschnabel, Lehrbuch der Bodenkunde).<br />

Folgende Prozesse sind bei der Bodenentstehung<br />

wichtig: Einmal Transformation<br />

des ursprünglichen Gesteines durch Verwitterung,<br />

Verlagerung des Bodens (meist<br />

hangabwärts) und dann die Verlagerung<br />

von Substanzen im Boden, in unserem<br />

Klima in der Regel von oben nach unten:<br />

organische Stoffe, Salze, Karbonat, Metallionen<br />

wie Eisen, Aluminium und Mangan,<br />

aber auch Ton. Durch Tiere, Wasser oder<br />

Frost kann es auch zu einer Durchmischung<br />

und zu einer Verlagerung von unten nach<br />

oben kommen. Ein Boden ist also ein Geschichtsdokument<br />

- auch ein Dokument der<br />

menschlichen Bodennutzung. Dieses Dokument<br />

ist an der Bodenschichtung ablesbar,<br />

einmal abgegraben, ist es zerstört. Als<br />

Schichten werden i.d.R. der belebte, humusangereicherte<br />

A-Horizont, der mineralische<br />

Untergrund, der C-Horizont, und dazwischen<br />

der durchwurzelbare mineralische<br />

Unterboden, der B-Horizont, unterschieden.<br />

G-Horizonte sind grundwasserbeeinflusst.<br />

Bodentypen – einige Beispiele<br />

Am Beginn der Bodenentwicklung steht auf<br />

felsigem Untergrund das Protosyrosem. Hier<br />

finden sich erste Flechten- und Moosgesellschaften<br />

ein. Wenn sich dann etwas Humus<br />

angesammelt hat, sprechen wir von Syrosem;<br />

sobald die Humusauflage 2 cm übersteigt,<br />

von Felshumusboden. Hier wachsen<br />

in Felsbandrasen und Felsspaltengesellschaften<br />

die Pflanzen, die Naturgärtner in<br />

Trockenmauern pflanzen. Im Gegensatz<br />

zum Fels sind die rohen Lockersubstrate –<br />

Lockersyrosem – für Pflanzen leichter zu<br />

besiedeln, wie an den Stranddünengesellschaften<br />

deutlich wird. Auf Schotter finden<br />

sich bald, bei geringer Humusauflage, die<br />

Skeletthumusböden mit wunderschönen<br />

Steinschuttgesellschaften, den idealen<br />

Pflan zen für Dachbegrünungen.<br />

Wenn der mineralische Untergrund noch<br />

nicht verwittert ist, dann liegt in der Folge<br />

der Bodenentwicklung auf dem C-Horizont<br />

direkt ein A-Horizont auf. Bei Kalkfels heißt<br />

dieser Boden Rendzina. Wenn der Wald auf<br />

diesem Boden durch Weidetiere, Brand<br />

oder Rodung verschwindet, dann wachsen<br />

hier die blütenbunten Trocken- und Halbtrockenrasen.<br />

Durch das Auswaschen von<br />

Humussäuren wird der Kalk aus dem Felsen<br />

gelöst und es entstehen Karstlandschaften.<br />

Auf Lössböden entstehen in grasdominierten<br />

Trockengebieten die fruchtbaren<br />

Schwarzerden, ebenfalls A/C-Böden. Die<br />

bunten kontinentalen Steppenrasen, aber<br />

auch Eselsdistelfluren, wachsen auf solchen<br />

Böden. Bei fortgeschrittener Bodenentwicklung<br />

entstehen B-Horizonte; auf kalkarmem<br />

Untergrund entwickelt sich durch<br />

Silikat-Verwitterung die Braunerde, wenn<br />

es zu einer Verlagerung von Ton-Teilchen<br />

in den B-Horizont kommt, dann entstehen<br />

die, im unteren A-Horizont aufgehellten,<br />

Parabraunerden. Parabraunerden sind sehr<br />

fruchtbare Ackerböden, sie werden intensiv<br />

genutzt. Heutzutage werden sie aber auch<br />

bevorzugt für Baugebiete „verbraucht“, da<br />

Siedlungsräume früher dort entstanden<br />

sind, wo es fruchtbare Äcker gab. Bei sauren<br />

Sandböden werden die Huminstoffe<br />

nach unten verlagert und fallen dann im<br />

B-Horizont als Ortstein wieder aus: so entstehen<br />

die bunten Podsolböden, Standort<br />

für Sandheiden und Koniferenwälder. Unter<br />

Wassereinfluss entstehen ganz andere Böden,<br />

bei Stauwasser sind das die noch zeitweise<br />

trockener werdenden Pseudogleye,<br />

bei Grundwassereinfluss die Gleyböden,<br />

die zu den Moorböden überleiten. Hier<br />

wachsen Au- und Bruchwälder, aber auch<br />

Feucht- und Nasswiesen.<br />

Die Egalisierung der<br />

Standorteigenschaften: eine<br />

Bedrohung der Artenvielfalt<br />

Die große Vielfalt an Pflanzengesellschaften<br />

spiegelt also die Vielfalt der Böden, auf<br />

denen sie wachsen. Und der Verlust an Biodiversität<br />

seit den fünfziger Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts ist mitverursacht<br />

durch eine Egalisierung und Nährstoffanreicherung<br />

der Standorte. Viele verschiedene<br />

Bodentypen wurden in Kultisole verwandelt:<br />

in Ackerböden, Gartenböden und in<br />

die stark veränderten Böden des besiedelten<br />

Raumes. Sandböden werden bewässert<br />

und mit Nährstoffen angereichert, feuchte<br />

und nasse Böden werden entwässert, saure<br />

Böden aufgekalkt: Der sogenannte „Gute<br />

Boden“ ist ein Kultur“gut“, genauso wie der<br />

mehrfach umgelagerte und verunreinigte<br />

Boden. Oft werden die artenreichen Sonderstandorte<br />

wie Moore, Heiden und Magerrasen<br />

als Kulturbiotope verstanden. Diese Auffassung<br />

vergisst, dass die Artenausstattung<br />

Mitteleuropas unter dem Einfluss großer<br />

Pflanzenfresser wie Elefanten, Wildrinder<br />

und Wildpferde entstanden ist und dass es<br />

sowohl in den Warmzeiten und erst recht in<br />

den Kaltzeiten unseres Erdzeitalters zahlreiche<br />

halboffene und offene Standorte, auch<br />

Rohbodenstandorte, gab. So sind die Kulturbiotope<br />

Ersatzlebensräume für die Arten der<br />

mitteleuropäischen Naturlandschaften.<br />

Auf den Boden achten –<br />

Boden erkennen<br />

Die mineralischen Bestandteile eines Bodens<br />

werden nach ihrer Größe unterschieden:<br />

Ton (bis 2 Mikrometer), Schluff (bis 63<br />

Mikrometer), Sand (bis 2 mm) Kies/Schotter<br />

(bis 63 mm), Steine (bis 630 mm) und Blöcke<br />

(ab 630 mm). Lehm ist eine Mischung<br />

aus Schluff, Ton und Sand. Schluffboden<br />

enthält Mittelporen, wo Wasser und Nährstoffe<br />

gut pflanzenverfügbar sind, in den<br />

Feinporen von Tonböden ist das nicht der<br />

Fall, in den Grobporen der Sandböden versickern<br />

Wasser und Nährstoffe schnell nach<br />

unten. Schluffreiche Böden (Parabraunerde<br />

auf Löss, Schwarzerde auf Löss) sind sehr<br />

fruchtbar, sie verschlämmen aber auch<br />

leicht und sind erosionsgefährdet. Tonböden<br />

werden leicht verdichtet. Die Grundregel<br />

des Umgangs mit Boden lautet: Boden<br />

darf nur bearbeitet werden, wenn er krümelt!<br />

Skelettreiche Böden sind nährstoffarm<br />

und trocken, aber gut tragfähig, auf und mit<br />

ihnen kann auch bei feuchter Witterung gearbeitet<br />

werden. Die Struktur des Bodens,<br />

sein Humusgehalt und auch der Kalkgehalt<br />

bestimmen, welche Pflanzenarten gut<br />

wachsen können, sie können mit einfachen<br />

Felduntersuchungen bestimmt werden.<br />

Kleingewässer, angelegt durch Ausbaggern und<br />

Verdichten mit Baggerschaufel auf Pseudogley<br />

Auf den Boden achten –<br />

Umgang mit Boden im<br />

Naturerlebnisgarten<br />

In sehr seltenen Fällen finden wir auf einem<br />

Grundstück einen ungestörten, naturnahen<br />

Boden und damit einen - im Siedlungsraum<br />

- seltenen Boden vor. Hier heißt es,<br />

das Potential des Standortes auszukosten:<br />

auf Sandböden können Pflanzen der<br />

Sandheiden angesiedelt werden, auf felsigen<br />

Standorten solche der Felsbandrasen,<br />

Moor- und Sumpfböden werden mit Arten<br />

bepflanzt, die auch natürlicherweise auf<br />

solchen Standorten vorkommen. Oft kann<br />

das Potential der Flächen noch verstärkt<br />

werden, wenn sie freigestellt werden.<br />

Meist finden wir aber im Siedlungsraum<br />

stark gestörte und nährstoffreiche Kultisole<br />

vor. Zeigerarten der gestörten, nährstoffreichen<br />

Böden sind die Pflanzen der Unkrautfluren:<br />

Brennnessel, Ackerkratzdistel,<br />

Ackerwinde, etc. Wenn wir also auf solchen<br />

Flächen mit Rohböden aus Schotter oder<br />

Kies arbeiten, hat das viele Vorteile: Erstens<br />

haben die sogenannten Unkräuter kaum<br />

Chancen, denn sie finden einen für sie sehr<br />

ungünstigen Standort vor. Und zweitens<br />

schaffen wir Standorte, die denen ähneln,<br />

die in den vergangenen fünfzig Jahren aus<br />

unseren Landschaften verschwunden sind<br />

und die es dort seit Jahrhunderttausenden<br />

gab.<br />

Und der Bodenschutz?<br />

Aber widerspricht solch ein Bodenaustausch<br />

nicht dem Bodenschutz? In der Tat<br />

gilt der Bodenschutz auch für Maßnahmen<br />

im Garten- und Landschaftsbau. Bei genehmigungsfreien<br />

Vorhaben, also z.B. bei<br />

Flächen unter 400 qm oder Massen unter<br />

800 cbm, liegt die Bewertung des Bodenschutzes<br />

beim Eingreifer, jedoch dürfen die<br />

zuständigen Behörden tätig werden, wenn<br />

eine schädliche Bodenveränderung vermutet<br />

werden kann. Mit dem Bodenschutz<br />

befassen sich verschiedene Gesetze und<br />

Verordnungen:<br />

Baugesetzbuch<br />

3 §1a: Mit Grund und Boden soll sparsam<br />

umgegangen werden.<br />

3 § 202: Mutterboden ist in nutzbarem Zustand<br />

zu erhalten und vor Vernichtung<br />

und Vergeudung zu schützen.<br />

8 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 9


Extratag Boden und Pflanzen<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

Bundesbodenschutzgesetz<br />

§1: die Funktion des Bodes soll nachhaltig<br />

gesichert und wiederhergestellt werden<br />

§2: Bodenfunktionen sind unter anderem<br />

3 Lebensgrundlage und Lebensraum für<br />

Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen<br />

3 Aufrechterhaltung des Naturhaushalts<br />

3 Filter- Puffer- und Umwandlung für/von<br />

stofflichen Einwirkungen insbesondere<br />

auf das Grundwasser<br />

3 Archiv für Natur- und Kulturgeschichte<br />

Bundesbodenschutzverordnung<br />

und die Vollzugshilfe<br />

zum §12 BBodSchV<br />

3 §§9 u.19: Vorsorge gegen schädliche<br />

Bodenveränderungen. Mit schädlichen<br />

Bodenveränderungen sind vor allem<br />

Schadstoffeinträge gemeint.<br />

3 Mit Auf- und Einträgen beschäftigt sich<br />

der §12, sie sind nur zulässig, wenn<br />

3 Mindestens eine natürliche Bodenfunktion<br />

nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt<br />

wird<br />

3 das verwendete Material geeignet, das<br />

heißt in der Regel „natürlicher“ Herkunft<br />

ohne Beimischungen ist.<br />

3 die Schadstoffgehalte unter den Vorsorgewerten<br />

liegen<br />

Die DIN Normen 19731 und 18915 behandeln<br />

ebenfalls den Umgang mit Boden. So<br />

legt die DIN 19731 fest, dass Unterboden<br />

und Oberboden getrennt zu lagern sind,<br />

Abdichtung nicht nötig – Pseudogley<br />

NaturErlebnisGarten auf einer ehemaligen<br />

Gewerbefläche in Köln<br />

dass Bodenlager nicht höher sein dürfen als<br />

2 m und dass sie bei längerer Lagerzeit zu<br />

begrünen sind. Die DIN Normen müssen im<br />

Bauvertrag bzw. im Leistungsverzeichnis<br />

als bindend festgelegt werden.<br />

Der Hauptfokus der Bodenschutzregelungen<br />

liegt einmal auf der Altlastenvorsorge<br />

und dann auf dem Erhalt und der Förderung<br />

der landwirtschaftlichen Produktivität.<br />

So werden Bodenein- und aufträge dann<br />

als nützlich und damit erlaubt eingestuft,<br />

wenn sie die Fruchtbarkeit erhöhen. Damit<br />

wird die naturschutzfachlich so problematische<br />

Egalisierung der Standorte durch die<br />

Bodenschutzgesetzgebung gefördert!<br />

Allerdings fließen auch naturschutzfachliche<br />

Aspekte ein. So sind Ein- und Aufträge<br />

generell nicht erlaubt auf bzw. in:<br />

3 Wald<br />

3 Wasserschutzgebieten<br />

3 nach BNatSchG geschützten Gebieten<br />

3 Kernzonen von Großschutzgebieten<br />

3 Böden mit besonderem Erfüllungsgrad<br />

der Bodenfunktionen<br />

3 Böden mit Archivfunktion<br />

3 Böden mit einer Bodenzahl unter 20, also<br />

sehr mageren Böden<br />

Ausnahmen sind allerdings möglich, wenn<br />

der Naturschutz, der Forst oder der Wasserschutz<br />

dies erfordern.<br />

Und dies ist der Grund, warum Naturschutzmaßnahmen,<br />

zum Beispiel Biotopentwicklungsmaßnahmen<br />

für die Gelbbauchunke,<br />

so aussehen, als würde dort ein NaturErlebnisRaum<br />

angelegt. Und - umgekehrt<br />

- warum im Wasserspielgelände auf dem<br />

NaturErlebnisSpielplatz in Eglfing rufende<br />

Gelbbauchunken zu finden sind.<br />

Vielleicht wird nicht jede genehmigende<br />

Behörde dem folgen, aber hier liegt der entscheidende<br />

Punkt: Richtig geplant stellen<br />

NaturErlebnisRäume bestimmte selten gewordene<br />

Lebensraumfunktionen von Rohbodenstandorten<br />

wieder her und sind deshalb<br />

auch im Sinne des Bodenschutzgesetzes.<br />

Der NaturErlebnisSpielplatz in Eglfing<br />

schafft damit Lebensräume, wie sie zum<br />

Beispiel an den Flüssen im Alpenvorland<br />

bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr<br />

häufig waren, wo Kiesbänke immer wieder<br />

umgelagert wurden, auch über Wiesenboden.<br />

Damals gab es am Lech noch 160<br />

Brutpaare Flussuferläufer, 200 Brutpaare<br />

Lachseeschwalben, 4 Brutpaare Triele pro<br />

10 km Flusslauf, Birkhühner und unzählige<br />

Rotschenkel, Flussseeschwalben und -<br />

Gelbbauchunken. Natürlich können wir in<br />

NaturErlebnisRäumen nur in seltenen Fällen<br />

diesen seltenen Wirbeltieren einen neuen<br />

Lebensraum schaffen. Aber etliche der<br />

Pflanzen- und Kleintierarten, die an Rohbodenstandorte<br />

angepasst sind, können wir<br />

in unsere Gärten und Spielräume einladen<br />

und beobachten.<br />

p Winfried E.H. Blum: Bodenkunde in<br />

Stichworten, Gebrüder Bornträger,<br />

Stuttgart 2012<br />

p Hans-Peter Blume et. al.: Scheffer/<br />

Schachtschabel-Lehrbuch der Bodenkunde,<br />

15. Aufl., Spektrum Verlag, 2002<br />

p Dettmer Grünefeld: Das Mulchbuch,<br />

pala-Verlag, Darmstadt, 2008<br />

p Reinhard Witt: Der unkrautfreie Garten,<br />

Obst- und Gartenbauverlag, München,<br />

2005<br />

Ulrike Aufderheide<br />

D - Bonn<br />

CALLUNA-naturnahe<br />

Garten+GrünPlanung<br />

www.calluna-naturgarten.de<br />

Ansaaten und Pflanzungen von Stauden,<br />

Saatgutmischungen, Einzelsaatgut, Blumenwiesen<br />

und Säumen auf unkrautfreien Böden<br />

Nachhaltigkeit als Programm<br />

Immer diese unkrautfreien Böden: sind das<br />

nun Kieswüsten oder die Wiege des Lebens?<br />

Seit einigen Jahren schon begleitet<br />

mich dieses Thema intensiv in meiner täglichen<br />

Arbeit als <strong>Naturgarten</strong>planerin und<br />

ich freue mich, auf den <strong>Naturgarten</strong>tagen<br />

2013 von meinen Erfahrungen berichten<br />

zu dürfen. Für mich ist das eine der schönsten<br />

Seiten des naturnahen Gärtnerns: das<br />

Wunder der Ansaaten, eine winzige Menge<br />

Samen richtig ausgebracht und Sie werden<br />

Ihr blaues Wunder erleben? Doch wann<br />

kommt das blaue (oder rosa oder violette...)<br />

Wunder? In acht Wochen, nächstes Frühjahr<br />

oder bleibt es ganz aus? Ansaaten sind für<br />

mich der Schlüssel zum <strong>Naturgarten</strong>glück,<br />

d.h. für meine Gärtnerseele: der Schlüssel<br />

zur Vielfalt. Und der Schlüssel zur erfolgreichen<br />

Ansaat liegt ganz dicht beim Thema<br />

„unkrautfreie Böden“. Warum ist das so?<br />

Der Umgang mit Böden<br />

Im konventionellen Galabau werden i.d.R.<br />

alle Standorte mit Oberboden (Mutterboden)<br />

abgedeckt und das hat zwei unabwendbare<br />

Folgen: Der Standort wird<br />

nährstoffreich und wir bekommen für den<br />

Rest unseres Gärtnerlebens gleich mitgeliefert:<br />

Eine reiche Samenbank sowie Wurzelstücke<br />

von Quecke, Ampfer, Winde und<br />

Co. Das erhöht den Pflegeaufwand enorm<br />

und macht den Standort für Ansaaten und<br />

pflegeleichte Pflanzungen so gut wie unbrauchbar.<br />

Mit ein paar Tricks bekommen<br />

wir schon eine Wiese oder einen Saum hin,<br />

also eine Struktur, die regelmäßiges Mähen<br />

verträgt (siehe Vortrag von Reinhard Witt).<br />

Aber was ist mit all den Pflanzen, die keine<br />

regelmäßige Mahd vertragen, die von Natur<br />

aus konkurrenzschwach sind oder die<br />

nicht auf nährstoffreichen Böden gedeihen<br />

wollen? Jetzt haben wir die Wahl: Abschied<br />

Sandiger Unterboden und<br />

2 cm Kompostbeigabe:<br />

So schön kann das blühen<br />

Begrünung von Rohboden konventionell:<br />

Auftrag von Mutterboden auf Straßenböschung<br />

ist schon abgerutscht<br />

von der Vielfalt, wunde Knie vom Jäten<br />

oder Arbeiten mit unkrautfreien Böden. Die<br />

können je nach Standort vom Rohboden<br />

über selbstgemischte Substrate aus bspw.<br />

nährstoffreichem Unterboden / Ton-Sand-<br />

Kompost oder magerstem Schotter mit<br />

2 - 10 cm Kompostauflage gehen.<br />

10 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 11


Extratag Boden und Pflanzen<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

Vorteile von<br />

unkrautfreien Böden<br />

Vegetationstechnik unkrautfreier Böden: Mineralbeton<br />

mit 2 cm Kompost und 2 Initialstauden<br />

pro qm. Ansaat Sonnige Wildblumenwiese.<br />

Geht auch mit Basaltschotter: 2 cm Kompost als<br />

Wegbereiter für Staudenpflanzung und Ansaat<br />

von Wildem Löwenmaul als Lückenfüller.<br />

Knapp 5 Monate später: pflegeleichte Fülle im<br />

ersten Jahr<br />

Unkrautfreie Substrate<br />

risikolos<br />

exakt planbar<br />

bei Neuanlage: Meist kostenneutral<br />

Ansaaten, 1-jährige, 2-jährige, etc.<br />

volle Vielfalt<br />

pflegleicht<br />

Standortvielfalt realisierbar<br />

nachhaltig erfolgreich<br />

Vegetationstechnik –<br />

was ist zu beachten<br />

Bei Pflanzungen gehen wir von einer unkrautfreien<br />

Deckschicht von mind. 20 cm<br />

aus. Bei mineralischen Deckschichten (regional<br />

verschiedenes Material) wird anschließend<br />

der samenfreie Kompost als<br />

„Wegbereiter“ in die obersten 10-15 cm<br />

eingearbeitet. Anschließend die Stauden<br />

und Gehölze erst auslegen und dann unkrautfrei<br />

pflanzen (ohne Gärtnereiunkräuter<br />

= oberste Erde aus dem Topf ins Pflanzloch),<br />

danach SOFORT einsäen, zu jeder<br />

Jahreszeit. Jetzt 6 Wochen wässern (nach<br />

Möglichkeit) und zeitnah mit dem Jäten<br />

anfangen- auch hier wird es Unkrautanflug<br />

geben. Es gilt: Wehret den Anfängen. Beim<br />

Unkrauthaltige Substrate<br />

hohes Risiko<br />

nicht vorhersehbar<br />

manchmal teurer (Abfuhr von Kies,<br />

Unterboden, Anfuhr von „Mutterboden“)<br />

bis auf Blumenwiesen keine Ansaaten<br />

möglich, keine Ein- und Zweijährigen<br />

manchmal nur Stauden und oft nur Gehölze<br />

extrem pflegeaufwendig<br />

meist nur nährstoffreiche Standorte<br />

oft nur kurzfristig<br />

Ansäen in unkrautfreien Böden haben wir<br />

ähnliche Spielregeln: Ansaat sofort nach<br />

Pflanzung und/oder Fertigstellung zu jeder<br />

Jahreszeit, Saatgut verdünnen und breitwürfig<br />

ausstreuen, dabei mehrmals über<br />

die Fläche gehen. Dann oberflächlich leicht<br />

einrechen (sonst vergraben wir die Lichtkeimer)<br />

und anschließend anwalzen. Wässern<br />

nach Möglichkeit 6 Wochen – sonst<br />

kann sich die Keimung in Extremfällen bis<br />

ins kommende Jahr verschieben. Hoffung<br />

nicht aufgeben!<br />

Wir säen auch – und zwar viel!<br />

Im Grunde gibt es keine unkrautfreie Fläche,<br />

die Sie nicht ansäen sollten – und zwar möglichst<br />

vielfältig. Dazu stehen uns nicht nur<br />

Wildpflanzen mit verschiedenen Lebenszyklen<br />

zur Verfügung, wie das einjährige Nelkenleimkraut<br />

oder – eher schattenliebend<br />

– das Waldvergissmeinnicht, die zweijährige<br />

Wilde Möhre, die gerne mal für ein/zwei<br />

Jahre scheinbar Ihr Beet übernimmt, oder<br />

der sonnengelbe Färberwaid. Die Produzenten<br />

des <strong>Naturgarten</strong>netzwerkes halten auch<br />

mit viel Sachverstand zusammengestellte<br />

Saatgutmischungen feil – für magere Wildblumenwiesen<br />

oder -dächer, belaufbaren<br />

Blumenschotterrasen, für plakativ schöne<br />

Säume oder gar eine Blumenhecke. Ausprobieren<br />

lohnt sich, alle haben eine ganz eigene<br />

Schönheit. Für Anfänger ist das Ansäen<br />

mit einer fertigen Mischung geboten, experimentieren<br />

mit Einzelarten erfordert gewisse<br />

Kenntnisse von Tausendkorngewichten,<br />

Keimraten, Konkurrenzkraft etc. Trotzdem<br />

gilt auch hier: Nur Mut, der <strong>Naturgarten</strong> regelt<br />

sich selbst, der Standort wird letztlich<br />

die Pflanzenzusammensetzung bestimmen.<br />

Wir arbeiten hier „nur“ als Initialzünder, mit<br />

möglichst passenden Pflanzen.<br />

Ohne Pflege keine Vielfalt<br />

Auch ein <strong>Naturgarten</strong> braucht Pflege: Wir<br />

steuern die ersten und Folgejahre begleitend<br />

und maßvoll eingreifend. Dazu muss<br />

man die Pflanzen kennen, um ihre Dynamik<br />

wissen und damit umgehen können. Als<br />

Teil der natürlichen Dynamik wird sich jeder<br />

Standort vom Pionierstadium mit stresstoleranten<br />

und kurzlebigen, pionierhaften<br />

Ansaat wärmeliebender Saum auf unkrautfreier Steinerde: Im Pionierstadium noch etwas „mohnlastig“<br />

Arten hin zu einer konkurrenzstarken Gemeinschaft<br />

entwickeln. Es steht uns frei,<br />

durch Pflege ab und zu einzugreifen.<br />

Nachhaltigkeit als<br />

Programm – eine Bilanz<br />

Die Kombination von unkrautfreien, feinanteilhaltigen<br />

Bodenmischungen oder<br />

Rohböden UND standortangepassten Wildpflanzen<br />

ermöglicht:<br />

3 sehr erfolgreich die ANSAAT, Pflanzung<br />

und langfristige Etablierung von artenreichen<br />

Zielvegetationen im naturnahen<br />

Grün<br />

3 die Einbeziehung der DYNAMIK von Ein-,<br />

Zwei- und Mehrjährigen – und somit<br />

eine Verbreiterung des naturgärtnerisch<br />

einsetzbaren Artenspektrums – als Beitrag<br />

zur Lebensraum-VIELFALT im Garten<br />

und anderswo<br />

3 einen Zeitvorteil durch die „schnellen“<br />

Ansaaten, also Bodenschluss und Lebensraumqualitäten<br />

in kürzester Zeit.<br />

Schönheit, Ästhetik und Akzeptanz sind<br />

wichtige Begleiterscheinungen.<br />

3 Eine wesentlich extensivere Pflege als bei<br />

konventionellen Anlagen<br />

3 auf „Mutterboden“ sind eine geeignete<br />

Flächenvorbereitung sowie eine sehr<br />

aufwendige Entwicklungspflege maßgeblich<br />

für die Erreichung einer vergleichbaren<br />

Vielfalt, die oft nur zeitlich<br />

begrenzt ist. Besonders die blütenreichen<br />

Mager-Flächen sind hier auf Dauer<br />

nicht zu erhalten.<br />

Literaturhinweis:<br />

p Reinhard Witt: Nachhaltige Pflanzungen<br />

und Ansaaten. Kräuter, Stauden und<br />

Sträucher. Für Jahrzehnte erfolgreich<br />

gärtnern. 3. Auflage, Verlag NaturGarten,<br />

Ottenhofen 2012<br />

Einzelansaaten als Aspektbildner in einer<br />

dauerhaften Pflanzung : langblühende<br />

Taubenskabiose wurde zusätzlich gesät<br />

Warum warten? Unkrautfreie und bepflanzte Hochbeete um den Spielbereich.<br />

Das gleiche Bild 10 Wochen später: Zwischensaat von Rosa Nelkenleimkraut (einjährig)<br />

Dorothee Dernbach<br />

Fachbetrieb für<br />

Naturnahes Grün<br />

(Planung) –<br />

Empfohlen von Bioland<br />

D - 63654 Büdingen<br />

12 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 13


Extratag Boden und Pflanzen<br />

Extratag Boden und Pflanzen<br />

Hohler Lerchensporn. Wie viele Frühlingsblüher<br />

können sie auch auf verunkrauteten Böden gut<br />

wachsen. Giersch wächst erst sehr viel später<br />

und kann dem Frühblüher nichts anhaben.<br />

Stauden und Ansaaten auf<br />

unkrautbelastetem Boden<br />

Welche Arten sind geeignet?<br />

Die Burri-Methode für Blumenwiesen<br />

und Wildblumensäume<br />

Unkräuter sind störende Begleiter des<br />

Gärtnerns. Mancher gäbe viel darum,<br />

einen Garten sein Eigen zu nennen, in<br />

dem Giersch oder die lästige Zaunwinde,<br />

Ackerkratzdistel oder Brennnesseln eine<br />

geringere Rolle spielten. Oder noch besser:<br />

gar nicht mehr da wären. Das sparte<br />

Hunderte Arbeitsstunden, müde Muskeln<br />

und eine geschundene Wirbelsäule.<br />

Der Beitrag zeigt, mit welchen Wildpflanzen<br />

und mit welchen Methoden man gegen<br />

einjährige, mehrjährige und teils sogar<br />

gegen Wurzelunkräuter erfolgreich sein<br />

kann. Er zeigt aber auch die Grenzen des<br />

Gärtnerns auf unkrautbelasteten Böden.<br />

Staudenpflanzung<br />

und Ansaaten bei<br />

nicht problematischer<br />

Verunkrautung<br />

3 z.B. Melden, Ampferknöterich, Greiskraut:<br />

jäten oder mähen bei geringem<br />

oder starkem Bewuchs<br />

3 z.B. Löwenzahn, Ampfer in kleinen<br />

Mengen: jäten, ansonsten aufgeben<br />

Staudenpflanzung und<br />

Ansaat bei problematischer<br />

Verunkrautung<br />

Problematische Unkräuter: vor allem<br />

Mehrjährige wie Rispengras, Weißklee,<br />

Ampfer, etc.<br />

3 Ansaat: Finger weg! Pflanzung nur mit<br />

konkurrenzstarken C-Strategen<br />

Problematische Wurzelunkräuter: vor<br />

allem Mehrjährige wie Winde, Giersch,<br />

Ackerschachtelhalm, etc.<br />

3 No Go! Pflanzung nur mit C-Strategen<br />

und passender Entwicklungspflege<br />

Sonnenstauden gegen Quecke,<br />

Kratzdistel, Ackerwinde,<br />

Ackerschachtelhalm:<br />

p Ampfer und Weißklee = C-Strategen*<br />

p Cephalaria alpina Alpenschopf<br />

p Coronilla varia Bunte Kronwicke<br />

p Dipsacus fullonum Wilde Karde<br />

p Eupatorium cannabinum Wasserdost<br />

p Geranium sanguineum<br />

Blutstorchschnabel<br />

p Hypericum perforatum<br />

Tüpfel johanniskraut<br />

p Inula helenium Echter Alant<br />

p Linaria vulgaris Wildes Leinkraut<br />

p Menthasorten und -arten Minzen<br />

p Origanum vulgare Wilder Majoran<br />

p Saponaria officinalis Seifenkraut<br />

p Telekia speciosa Telekie<br />

p Verbascum densiflorum<br />

Großblütige Königskerze<br />

p Verbascum speciosum<br />

Prächtige Königskerze<br />

Halbschatten- und<br />

Schattenstauden gegen<br />

Giersch = C-Strategen*:<br />

p Allium ursinum Bärlauch<br />

p Aquilegia vulgaris Akelei<br />

p Arum maculatum Aronstab<br />

p Astrantia major Große Sterndolde<br />

p Corydalis cava Hohler Lerchensporn<br />

p Chaerophyllum aureum<br />

Goldkälberkropf<br />

p Chelidonium majus Schöllkraut<br />

p Eupatorium cannabinum Wasserdost<br />

p Geranium sanguineum Blutstorchschnabel<br />

p Knautia silvatica Waldwitwenblume<br />

p Lunaria rediviva<br />

Ausdauerndes Silberblatt<br />

p Myhrris odorata Süßdolde<br />

p Saponaria officinalis Seifenkraut<br />

p Tanacetum macrophyllum<br />

Großblättrige Wucherblume<br />

p Telekia speciosa Telekie<br />

p Valeriana officinalis Echter Baldrian<br />

* Auszug aus Der Unkrautfreie Garten,<br />

3. Auflage 2012<br />

Blumenwiese auf<br />

nährstoffreichen und<br />

unkrautbelastetem Boden<br />

Während wir bei Ansaaten mit Ein- und<br />

Zweijährigen oder Staudenpflanzungen<br />

auf unkrautbelasteten Böden Probleme<br />

bekommen können, funktioniert die sogenannte<br />

Burri-Methode bei der Anlage von<br />

Blumenrasen, Blumenwiesen oder Wildblumensäumen<br />

gut. Sie funktioniert so:<br />

Saatbettvorbereitung<br />

1. Alten Bestand vernichten<br />

2. Unkraut auflaufen lassen<br />

3. Boden absetzen lassen<br />

4. Kruste oberflächig aufbrechen<br />

Aussaat<br />

1. Saatzeit nur Mitte April bis Mitte Juni<br />

2. Unkrautschnitt das ganze Jahr<br />

3. Ab dem 2. Jahr kann die Ansaat in die<br />

Blüte gehen. Es wird, je nach Standort,<br />

nur noch 1-3mal jährlich gemäht, der<br />

Aufwuchs wird entfernt. So lassen sich<br />

erfolgreich jahrzehntealt werdende Blumenrasen,<br />

Blumenwiesen oder Wildblumensäume<br />

erzeugen.<br />

Literatur<br />

p Witt, Reinhard: Nachhaltige Pflanzungen<br />

und Ansaaten. Kräuter, Stauden, Sträucher.<br />

Für Jahrzehnte erfolgreich gärtnern,<br />

<strong>Naturgarten</strong> Verlag, 3. Auflage 2012. Bezug:<br />

Buchshop von www.reinhard-witt.de<br />

p Witt, Reinhard: Der unkrautfreie Garten.<br />

3. Auflage, Obst- und Gartenbauverlag<br />

München 2012. Bezug auch über: www.<br />

reinhard-witt.de<br />

Dr. Reinhard Witt,<br />

Fachbetrieb für<br />

Natur nahes Grün –<br />

Empfohlen von Bioland<br />

D - Ottenhofen,<br />

3 08121 - 46483<br />

www.reinhard-witt.de<br />

Der Alpenschopf überwächst als konkurrenzstarke Staude Ackerschachtelhalm.<br />

Wildes Leinkraut, Rainfarn und Bunte Kronwicke sind stärker als Quecke.<br />

18 Jahre alte, nach der Burrimethode angelegte Fettwiese mit Wiesenstorchschnabel als<br />

Aspektbildner, in der Stumpfblättriger Ampfer keine Chance mehr hat.<br />

14 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 15


Wo schlägt das Herz des Naturnahen Gartens?<br />

Wo schlägt das Herz des Naturnahen Gartens?<br />

1 | Gartenmarkt in Mainz – heimische Pflanzenvielfalt<br />

im Angebot für jeden Gartenbesitzer<br />

2 | Vielfaltshang Laubenheim und Rosenhag<br />

Lerchenberg – lebende Genbanken der<br />

gemeinnützigen Naturschutzarbeit<br />

3 | Heimische Vielfalt in Naturgärten<br />

1 2 3<br />

Baumschule Ahornblatt, Mainz<br />

Schöpfen aus der Vielfalt –<br />

Biodiversität und nachhaltige Naturgärten<br />

„Wo schlägt das Herz des naturnahen<br />

Gartens“ – Wir beantworten diese<br />

Frage für die Baumschule Ahornblatt,<br />

Mainz, die seit 20 Jahren besteht und<br />

aus einer gemeinnützigen Naturschutzarbeit<br />

hervorgegangen ist.<br />

Grundgedanken<br />

Als zwei Seiten derselben Sache erleben<br />

wir den Einsatz für die Mannigfaltigkeit unserer<br />

Tier- und Pflanzenwelt (d.h. also Biodiversität,<br />

wie sie nach dem Übereinkommen<br />

über die Biologische Vielfalt von Rio<br />

de Janeiro erhalten und nachhaltig genutzt<br />

werden soll) und die Nutzung der heimischen<br />

Pflanzenwelt für unsere Gärten:<br />

Statistiken weisen es nach und Naturschützer<br />

erleben es täglich, dass diese Vielfalt<br />

hochgradig gefährdet ist – auch bei uns.<br />

Und genau diese Vielfalt wollen wir nicht<br />

der Vernichtung preisgeben, sondern vor<br />

unserer Haustür erhalten.<br />

Die menschliche Nutzung der Pflanzen im<br />

Garten ist ein wichtiger Schlüssel zur Erhaltung<br />

dieser Vielfalt. Immer wieder schon<br />

konnten Pflanzen, die in der Natur kurz vor<br />

der Ausrottung standen, erhalten werden,<br />

weil sie in Gärten oder Aufpflanzungen<br />

gesichert waren und dadurch ihre Weitervermehrung<br />

ermöglicht wurde. Darüber<br />

hinaus sind heimische Gärten in vielerlei<br />

Hinsicht ein Anlass für Gartenbesitzer, sich<br />

näher mit unserer Pflanzenvielfalt zu beschäftigen:<br />

Sie lernen Pflanzen kennen, die<br />

sie bisher nicht kannten, und können diese<br />

in der Natur wiedererkennen. Sie erleben<br />

die natürlichen Kreisläufe. Im herkömmlichen<br />

Garten wird oft gegen diese gearbeitet,<br />

im naturnahen Garten mit ihnen. Sie<br />

erleben Schönheit und Entspannungswirkung<br />

unserer pflanzlichen Mitlebewesen<br />

und können dadurch ihre ganz persönlichen<br />

Gartenträume verwirklichen.<br />

Jeder naturnahe Garten ist Teil einer „Bewegung<br />

von unten“ für mehr Mitsinn und<br />

Achtung vor unserer Schöpfung. Wir sehen<br />

unsere Arbeit im naturnahen Gartenbau<br />

genauso als Teil der Naturschutzbewegung<br />

wie auch als Teil des ökologischen Gärtnerns<br />

und der Permakultur-Bewegung. Auch die<br />

Heil- und Entspannungswirkung für den<br />

rastlosen Menschen, wie sie in den Vereinigten<br />

Staaten immer wieder hervorgehoben<br />

wird, sollte nicht vernachlässigt werden.<br />

Die drei Säulen unserer Arbeit:<br />

Sammeln, Sichten, Nutzen<br />

1. Sammeln<br />

Wir wollen, dass die Pflanzen und pflanzlichen<br />

Spielarten unserer Heimat (botanisch<br />

ausgedrückt also die heimischen Arten,<br />

Unterarten, Formen und dazu auch in Kultur<br />

entstandene Typen) nicht verlorengehen.<br />

Wir haben Freude an ihnen, der eine<br />

mehr unter wissenschaftlich-botanischen<br />

Gesichtspunkten, ein anderer mehr vom<br />

schönheitlichen Wert, ein Dritter von ihrem<br />

Nutzen her, sei es als Zierpflanze für<br />

besondere Gartenbereiche oder als Nutzund<br />

Nahrungspflanze. Und wir wollen<br />

diese Freude natürlich an Gartenbesitzer<br />

und darüberhinaus insbesondere auch an<br />

junge Menschen weitergeben. Deswegen<br />

sammeln wir gern – aber die pflanzlichen<br />

Schätze sollen nicht in eine Sammlung<br />

„weggepackt“ werden. Sondern unser Zielpunkt<br />

ist immer wieder die Nutzung der<br />

Gehölze im <strong>Naturgarten</strong>.<br />

Sammeln - was heißt das nun für uns? Zum<br />

Sammeln gehen wir in die Natur – entlegene<br />

Landstriche und Gebiete in Siedlungsnähe.<br />

Darüber hinaus arbeiten wir mit botanischen<br />

Gärten zusammen und suchen in<br />

Sammlungen und bei Baumschulen nach<br />

verlorenengegangenen Pflanzenschätzen.<br />

So konnten wir schon so manchen Rosenschatz<br />

vor dem Insolvenzverwalter retten.<br />

Zu einem besonderen Schwerpunkt hat<br />

sich bei der Sammlung in Natur und Aufpflanzungen<br />

neben den Rosen in den letzten<br />

Jahren das UrObst entwickelt.<br />

Pflanzen für besondere Standorte –<br />

hier eine Schmalhecke, wie sie in kleinen Gärten<br />

oft benötigt wird.<br />

Wir konnten durch unsere Arbeit z.B. köstliche<br />

Stachelbeersorten (wieder) in den Verkauf<br />

bringen wie auch andere Pflanzenarten,<br />

die bisher noch wenig genutzt wurden<br />

oder unbekannt waren als Obstpflanze:<br />

z.B. Alpenjohannisbeere, milde Eberesche,<br />

großfrüchtige Gemeine Felsenbirne.<br />

2. Sichten<br />

Pflanzen in unseren Aufpflanzungen werden<br />

u. a. geprüft auf<br />

p Samenechtheit<br />

p Blütezeit<br />

p Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten<br />

p Fruchtertrag und –güte<br />

p botanische Zuordnung<br />

p Bodenverträglichkeit und<br />

-anpassungsfähigkeit<br />

p Anpassungsfähigkeit an besonders<br />

schwierige Standorte, gerade wie sie<br />

auch in Gärten natürlich vorkommen.<br />

Hierdurch konnten wir zum Beispiel Weiden<br />

auf ihre Trockenheitsverträglichkeit,<br />

Heidelbeeren auf Kalkverträglichkeit prüfen,<br />

mehltauwiderstandsfähige Stachelbeeren<br />

(Ribes uva-crispa, keine Hybridformen)<br />

finden.<br />

3. Nutzen<br />

Wenn wir gärtnerisch besonders reizvolle<br />

Pflanzen gefunden oder sich aus der Sichtung<br />

besondere Vorzüge ergeben haben,<br />

dann ist unser Anliegen, wie schon betont,<br />

kein museales, sondern wir wollen diese<br />

Pflanzen zum Nutzen für Mensch und Gärten<br />

und damit auch für Tiere einsetzen.<br />

Es gibt viele gärtnerische Bedürfnisse, für<br />

die wir besondere Pflanzen suchen und<br />

weitervermehren:<br />

p Pflanzen für Schmalhecken<br />

p widerstandsfähiges Naschobst für natürliche,<br />

fast pflege- und schnittfreie Wildstrauchhecken<br />

p Pflanzen mit besonderen Düften<br />

p wilde Rosen-Schönheiten für verschiedenste<br />

Standorte<br />

p alte Kulturformen mit besonderen Vorzügen<br />

für den Menschen<br />

p neue Kulturformen (z.B. Kreuzungen aus<br />

unseren heimischen Wildrosen) aus unserer<br />

heimischen Rosenvielfalt mit besonderen<br />

Vorzügen (z. B: Kletterrosen mit<br />

kräftigen Blütenfarben).<br />

Christoph Schallert und<br />

Gerold Baring Liegnitz<br />

Baumschule Ahornblatt<br />

D - 55001 Mainz<br />

3 06131 - 72354<br />

Nachricht@Ahornblatt-<br />

Garten.de<br />

www.Ahornblatt-<br />

Garten.de<br />

16 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 17


Wo schlägt das Herz des Naturnahen Gartens?<br />

Wo schlägt das Herz des Naturnahen Gartens?<br />

Wie nachhaltig sind Sorten<br />

von heimischen Wildpflanzen?<br />

Langzeitbeobachtungen aus gärtnerischer Praxis<br />

Heimische Wildpflanzen sind laut Definition<br />

der <strong>Naturgarten</strong>-Fachbetriebe indigene<br />

und archäophytische Arten, die vor 1492<br />

hierzulande gewachsen sind. Die Arten<br />

danach nennt man Neophyten. Es handelt<br />

sich um eingebürgerte oder im Prozess der<br />

Einbürgerung stehende Wildpflanzen aus<br />

anderen Floren- und Verbreitungsgebieten.<br />

Die Wildpflanzen Deutschlands*<br />

Typ<br />

Artenzahl<br />

Anteil<br />

in %<br />

Indigen<br />

= heimisch<br />

Achäophyten<br />

= heimisch<br />

Etablierte<br />

Neophyten<br />

= nicht heimisch<br />

Unbeständige<br />

Arten<br />

= nicht heimisch<br />

Summe<br />

gesamt<br />

2775 71<br />

226 6<br />

383 10<br />

509 13<br />

3893** 100<br />

* Zahlen vor allem nach Wisskirchen, R.;<br />

Haeupler, H. : Standardliste der Farnund<br />

Blütenpflanzen Deutschlands.<br />

Ulmer Verlag, Stuttgart 1998.<br />

** nach HAEUPLER und MUER 2007: 4142<br />

Was bedeutet nachhaltig bei Pflanzen?<br />

p Natürliche Vermehrung durch Aussaat<br />

oder Ausläufer<br />

p Langlebige (heimische Wild-) Pflanzen<br />

oder naturnahe sich selbst erneuernde<br />

Sorten<br />

p Zumeist auch: Pflanzen mit hohem ökologischen<br />

Wert für Tiere<br />

p Für das Ökosystem Garten: Dynamische<br />

Entwicklung und Veränderung möglich<br />

p Für den Gärtner: Sensible begleitende<br />

Pflege<br />

Gattung und Art?<br />

p Art oder Spezies: alle Pflanzen, die sich<br />

gegenüber anderen durch deutliche<br />

morphologische Unterschiede abgrenzen:<br />

Centaurea jacea.<br />

p Merkmale einer Art treten konstant auf<br />

und werden weitervererbt. Individuen<br />

einer Art bilden eine Fortpflanzungsgemeinschaft.<br />

p Gattung: Arten mit ähnlichen Merkmalen:<br />

Centaurea jacea.<br />

Unterart?<br />

p Unterart = subsp.<br />

p Vorstufe zu einer Art. Genetisch konstante<br />

Abweichungen, aber noch unscharfes<br />

Erscheinungsbild.<br />

p Oft regionale Verbreitungsgrenzen.<br />

p Artstatus noch nicht angemessen. Centaurea<br />

jacea subsp. angustifolia<br />

Varietät?<br />

p Varietät = var. Abweichungen von der eigentlichen<br />

Art (wie bei Unterart), jedoch<br />

kein eigenes Verbreitungsareal zugewiesen.<br />

p Gärtnerisch wie Arten zu behandeln, oft<br />

mit unterschiedlichen Ansprüchen an<br />

Standort.<br />

p Beispiel: Centaurea jacea feuchter Ökotyp<br />

Form?<br />

p Form = forma = fo.<br />

p Einzelne abweichende Eigenschaften in<br />

einer Population, z. B. andere Blütenfarbe<br />

p weiße Pfirsichglockenblume, weißes Nelkenleimkraut,<br />

etc. = fo. Alba<br />

p gleiche Ansprüche an Standort<br />

Hybride?<br />

p Kreuzung verschiedener Arten, Kennzeichnung<br />

mit x<br />

p z.B. Mentha x piperita, aus Mentha aquatica<br />

x spicata oder bei Sedum telephium<br />

p sind oft unfruchtbar, können sich zumindest<br />

generativ nicht mehr vermehren<br />

Die weiße Sorte der Schwarzen Königskerze<br />

‚Album‘ ist nicht nachhaltig. Sie verschwindet<br />

auf Dauer aus den Beeten, das tut die gelbe<br />

Wildform nicht.<br />

Sorte?<br />

p Sorte = Sortenname in Anführungszeichen.<br />

p Aus Natur oder in Kultur selektierte Formen,<br />

die gärtnerisch weiterkultiviert<br />

werden, vegetativ oder generativ<br />

p gleiche Ansprüchen an Standort<br />

p genetisch konstante Eigenschaften, z.B.<br />

andere Blütenfarbe<br />

p weiße Pfirsichglockenblume = Campanula<br />

persicifolia ´Alba´, weißer Blutstorchschnabel,<br />

etc.<br />

Vegetativ vermehrte Sorten sind oft unfruchtbar<br />

oder fallen in die Wildform zurück.<br />

Die generativen Sorten können sich<br />

selber durch Samen vermehren. Sie sind<br />

voll reproduktionsfähig und fallen samenecht<br />

aus (= Samensorten). Samensorten<br />

entstehen durch Eigenkreuzung immer der<br />

gleichen Sorte (z.B. Weiße Pfirsichglockenblume)<br />

mit sich selbst und sind daher genetisch<br />

einheitlicher als die Wildart<br />

In der gärtnerischen Praxis werden die verschiedenen<br />

Bezeichnungen durcheinandergeworfen<br />

und vermischt oder nicht genannt.<br />

Art, Unterart, Form, Sorte, Varietät,<br />

Hybriden sind nicht immer exakt genau bezeichnet.<br />

Oft wissen wir nicht, ob wir es mit<br />

einer Art, Sorte oder einer Form zu tun haben,<br />

z. B. bei Campanula persicifolia ´Alba´<br />

Auch die Natur selbst hält sich nicht an die<br />

Klassifikation in Art, Unterart, Sorte, etc.<br />

Manche beschriebenen Arten sind genetisch<br />

variabler als die Wissenschaft weiß<br />

und erlaubt. Artgrenzen sind fließend und<br />

bestimmte Arten genetisch sehr variabel<br />

und frei und überwinden Artgrenzen, z.B.<br />

bei Nelken, aber auch bei Wildrosen.<br />

Es gibt bezüglich der Vermehrung von Sorten<br />

drei Gruppen:<br />

1. Sorten, die sich nur vegetativ vermehren,<br />

z. B. Thymus serphyllum ´Album´ Weißer<br />

Sandthymian<br />

2. Sorten, die sich generativ (selten zusätzlich<br />

auch noch vegetativ) vermehren, z.B.<br />

Aster amellus ´Rudolf Goethe´<br />

3. Sorten, die sich nicht vegetativ oder generativ<br />

vermehren, z.B. Aster amellus<br />

´Sternkugel´<br />

Sorten ohne vegetative oder<br />

generative Vermehrung<br />

Standdauer im Beet ist abhängig von Anzuchtverfahren,<br />

Lebensdauer, Klima, Boden,<br />

Pflegeintensität, vor allem aber von der genetischen<br />

Bestimmung. Die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung einer Wildstaude<br />

beträgt 5 – 6 Jahre. Darüber und darunter<br />

existieren viele Ausnahmen, z.B. Waldgeißbart,<br />

Farne. Das Lebensalter von Sorten ist<br />

ebenfalls sehr unterschiedlich und variiert<br />

von 3 – 50 Jahren. Aster amellus ´Sternkugel´,<br />

die sich nicht vegetativ oder generativ<br />

vermehrt, steht bei mir schon 15 Jahre vor<br />

der Haustür. Aber wenn sie weg ist, ist sie<br />

weg! Das ist eine nicht nachhaltige Sorte!<br />

Sorten mit vegetativer Vermehrung<br />

Sorten, die sich nur vegetativ vermehren,<br />

haben eine potentiell unendliche Lebensdauer,<br />

z. B. Thymus serphyllum ´Album´<br />

Weißer Sandthymian oder ´Fens-Ruby´-<br />

Wolfsmilch. Es besteht häufig kein Unterschied<br />

zu heimischen Wildarten.<br />

Sorten mit generativer Vermehrung<br />

Es zeigt sich, dass Sorten die sich generativ<br />

über Samen vermehren, sehr unterschiedlich<br />

von Sorte zu Sorte sind.<br />

p Aster amellus ´Rudolf Goethe´ vermehrt<br />

sich sehr schlecht (= wenig nachhaltig)<br />

p z.B. Süße Wolfsmilch ´Chamaeleon´ sehr<br />

gut (= nachhaltig)<br />

p z.B. Narcissus poeticus ´Actaea´ Dichternarzisse<br />

(= nachhaltig)<br />

Das Vermehrungspotential von Sorten<br />

ist unter Gartenbedingungen sehr unterschiedlich.<br />

Langzeitbedingungen zeigen,<br />

dass die meisten Sorten sich anders als die<br />

Wildarten nicht lange aussäen und halten<br />

können. Das wird am Beispiel der Sorten von<br />

Schwarzer Königskerze Verbascum nigrum<br />

´Album` und einer Steppensalbeisorte Salvia<br />

nemorosa ´Veilchenkönigin` gezeigt. Beide<br />

verschwanden innerhalb von 5 Jahren.<br />

Sorte oder Wildform?<br />

Das kommt ganz darauf an. Die meisten<br />

Sorten sind in Bezug auf die Nachhaltigkeit<br />

schlechter als die Wildform. Das betrifft<br />

schätzungsweise mehr als 95 % aller Sorten<br />

heimischer Arten. Anderen Sorten der Wildform<br />

sind weitgehend gleichwertig und<br />

vergleichbar nachhaltig (vielleicht 2 – 3 %<br />

aller Sorten heimischer Arten). Aber es gibt<br />

auch das: Bei 1 – 2 % der Arten ist die Sorte<br />

bzw. Zuchtform im Vergleich mit der Wildform<br />

nachhaltiger oder besser geeignet als<br />

die Wildform, da sie, wie etwa Landreitgras<br />

`Karl Foerster´, nicht invasiv ist. Oder weil<br />

die Wildform nicht gartentauglich oder<br />

nicht im Handel ist (z.B. Crocus vernus).<br />

Im Umgang mit der Nachhaltigkeit<br />

von Sorten zeigt sich<br />

1. Sorten sind genetisch verarmte Selektionen.<br />

2. Ihre Anpassungsfähigkeit und wohl auch<br />

ihre Konkurrenzkraft und Vitalität sind im<br />

Gegensatz zu reinen Wildarten begrenzter.<br />

Das macht den Einsatz problematisch,<br />

wenn die Bedingungen unsicher<br />

und offen sind (z.B. Klimastress, Übernutzung<br />

der Anlage).<br />

3. Die meisten Sorten sind nicht nachhaltig<br />

und deswegen für ein langfristig stabiles,<br />

sich selbst entwickelndes und veränderndes,<br />

dynamisches System wie eine<br />

naturnahe Anlage ungeeignet.<br />

4. Sorten können gerade bei gefüllten Formen<br />

einen wesentlich geringeren oder<br />

gar keinen Wert mehr für Tiere haben<br />

5. Wenn immer es um eine langfristige Gartenbilder<br />

und Nachhaltigkeit geht, sind<br />

Sorten in der Regel die schlechtere Wahl.<br />

Allerdings zeigt sich auch, dass jede<br />

Sorte ein anderes Verhalten hat<br />

1. Einige Sorten sind in ihrem Gartenwert<br />

gleichwertig oder sogar besser als die ursprünglichen<br />

Wildformen. Sie bilden eine<br />

ökologisch wertvolle, ästhetisch ansprechende<br />

Ergänzung und Bereicherung.<br />

2. Um das zu beurteilen, braucht es aber<br />

gute Sortenkenntnisse und ausreichend<br />

Erfahrung.<br />

3. Das Wissen hierüber ist sehr dünn gestreut.<br />

4. Deswegen sollte der Einsatz von Sorten<br />

am besten nur erfolgen, wenn das Sortenverhalten<br />

bekannt ist.<br />

5. Da es das meist nicht ist, gilt die goldene<br />

Regel: die Wildform ist vorzuziehen.<br />

6. Mindestens 80 – 90 % der Wildpflanzen<br />

eines Garten sollten aus Gründen der<br />

Nachhaltigkeit und Ökologie die reinen<br />

Wildarten sein.<br />

Die invasive Wildform des Landreitgrases<br />

sollte man auch in Naturgärten besser nicht<br />

verwenden.<br />

Literatur<br />

p Witt, Reinhard: Nachhaltige Pflanzungen<br />

und Ansaaten. Kräuter, Stauden, Sträucher.<br />

Für Jahrzehnte erfolgreich gärtnern,<br />

<strong>Naturgarten</strong> Verlag, 3. Auflage 2012. Bezug:<br />

Buchshop von www.reinhard-witt.de<br />

Dr. Reinhard Witt,<br />

Fachbetrieb für<br />

Natur nahes Grün –<br />

Empfohlen von Bioland<br />

D - Ottenhofen,<br />

3 08121 - 46483<br />

www.reinhard-witt.de<br />

18 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 19


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Von Staubbeuteln, Bauchbürsten und Futtervorräten:<br />

Das Pollensammeln der Wildbienen und<br />

seine Berücksichtigung im <strong>Naturgarten</strong><br />

Die vielfältigen Beziehungen zwischen Blüten<br />

und ihren Besuchern gehören zu den<br />

besonders faszinierenden Phänomenen unserer<br />

belebten Umwelt. Besonders charakteristische<br />

Blütenbesucher sind die Bienen,<br />

von denen allein in Deutschland neben der<br />

Honigbiene noch 560 weitere Arten nachgewiesen<br />

wurden, die wir als Wildbienen<br />

bezeichnen.<br />

Vielen Arten dienen Blüten, bzw. Blütenstände<br />

als Rendezvous-Plätze der Geschlechter.<br />

Männchen besuchen Blüten,<br />

eine rasch verwertbare Energiequelle darstellt.<br />

Er ist vor allem Treibstoff für den Flug,<br />

er wird aber auch der Larvennahrung beigemischt.<br />

Eine Bindung an spezielle Nektarquellen<br />

gibt es bei den Wildbienen nicht.<br />

Es ist der Pollen, der wegen seines Proteingehalts<br />

der essentielle Bestandteil der Larvennahrung<br />

aller heimischen Bienenarten<br />

Es stellt sich die Frage, ob es eine Rolle<br />

spielt, welche Pflanzenarten in der Umgebung<br />

des Nestes blühen und wie das Spektrum<br />

der zum Pollensammeln genutzten<br />

Pflanzen überhaupt aussieht?<br />

Bei vielen Menschen gilt die Honigbiene<br />

(Apis mellifera) als typischer Repräsentant<br />

der Bienen. Die von ihr besuchten Pflanzen<br />

umfassen ein sehr breites Spektrum<br />

verschiedenster Arten aus unterschiedlichsten<br />

Pflanzenfamilien. Dies gilt sowohl<br />

für den Nektarerwerb als auch für das<br />

Schon seit langer Zeit ist nämlich bekannt,<br />

dass manche Bienenarten beim Pollensammeln<br />

die Blüten vergleichsweise weniger<br />

und immer wieder derselben Pflanzenarten<br />

besuchen, während ihr Blütenspektrum<br />

beim Nektarerwerb wesentlich breiter ist.<br />

Wir nennen diese Arten „oligolektisch“. Es<br />

sind Pollenspezialisten, deren Weibchen im<br />

gesamten Verbreitungsgebiet ausschließlich<br />

Pollen einer einzigen Pflanzenart oder<br />

nahverwandter Pflanzenarten (Gattung,<br />

Familie) sammeln. Arten hingegen, deren<br />

Weibchen sich wie die Honigbiene beim<br />

Pollensammeln „opportunistisch“ verhalten,<br />

also das jeweils vorhandene Blütenangebot<br />

in vielfältiger Weise zu nutzen<br />

vermögen, nennt man polylektisch. Polylektische<br />

Arten kann man auch als Pollengeneralisten<br />

bezeichnen.<br />

nen fördern lassen. Nachfolgend werden<br />

ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige<br />

Beispiele für die hohe Spezialisierung von<br />

Wildbienen genannt und aufgezeigt, wie<br />

im <strong>Naturgarten</strong> eine größere Zahl oligolektischer<br />

Bienenarten angelockt und gezielt<br />

gefördert werden kann. Da durch die immer<br />

intensivere Landwirtschaft (Paketsilierung,<br />

Biogasanlagen) das Angebot an nutzbaren<br />

Blüten im Offenland immer geringer<br />

wird, spielen Naturgärten eine zunehmend<br />

wichtige Rolle als Nahrungsräume.<br />

Eine besonders häufige und weitverbreitete<br />

polylektische Wildbienenart ist die Rostrote<br />

Mauerbiene (Osmia bicornis). Der Verfasser<br />

fand im Larvenfutter Pollen von 18 verschiedenen<br />

Pflanzenfamilien. Manche Larvenproviante<br />

stammten nur von einer einzigen<br />

Pflanzenart, andere enthielten Pollen, der<br />

an Vertretern von zwei (Rosengewächse,<br />

Hahnenfußgewächse) oder sogar von fünf<br />

Pflanzenfamilien (Mohngewächse, Schmetterlingsblütler,<br />

Hahnenfußgewächse, Bo-<br />

ca), deren sämtliche Brutzellen in allen von<br />

ihr gebauten Nestern ausschließlich einen<br />

auberginefarbenen Futtervorrat aufweisen.<br />

Die Pollenladungen in der Bauchbürste der<br />

Weibchen enthalten ausschließlich den<br />

graublauen Pollen von Echium, der unter<br />

Hinzugabe von Nektar in der Brutzelle eine<br />

dunkelviolette Farbe annimmt. Diese Mauerbienenart<br />

ist derart spezialisiert, dass<br />

sie nur dort vorkommt, wo Vertreter der<br />

Gattung Echium (Boraginaceae) blühen, in<br />

Deutschland ist dies in der Regel der Gewöhnliche<br />

Natterkopf (Echium vulgare),<br />

im Mittelmeerraum kommen noch andere<br />

Echium-Arten als Pollenlieferanten in Frage.<br />

Hier sammelt ein Weibchen der Zaunrüben-<br />

Sandbiene (Andrena florea) auf der männ ­<br />

lichen Blüte der Rotfrüchtigen Zaunrübe<br />

(Bryonia dioica) Pollen.<br />

um unbegattete Weibchen zu finden.<br />

Manche Wildbienen suchen Blüten zum<br />

Übernachten oder bei schlechtem Wetter<br />

auf. Bei einigen Mauerbienen-Arten dienen<br />

Teile von Blütenblättern zur Auskleidung<br />

ihrer Brutzellen. Letztlich ist aber die Eigenernährung<br />

und das Sammeln bestimmter<br />

Blütenprodukte für die Nachkommenschaft<br />

das Hauptmotiv für den Blütenbesuch. Die<br />

Männchen, die sich nicht am Brutgeschäft<br />

beteiligen, benötigen ebenso wie die Weibchen<br />

Nektar, der unter den Anlockungsmitteln<br />

der Blüten an erster Stelle steht und<br />

Die Knautien-Sandbiene (Andrena hattorfiana)<br />

ist auf Witwenblumen und Skabiosen (Dipsacaceae)<br />

spezialisiert. Der Pollen der Wiesen-<br />

Knautie (Knautia arvensis) ist rosafarben<br />

ist. Er wird von den Weibchen der nestbauenden<br />

Bienenarten beim Blütenbesuch auf<br />

unterschiedliche Weise und mit Hilfe verschiedener<br />

Werkzeuge geerntet (z. B. Oberkiefer,<br />

Vorderbeine, Hinterbeine, Bauchbürste)<br />

und zunächst in charakteristischen<br />

Pollentransporteinrichtungen gespeichert,<br />

die bei den einzelnen Bienengattungen<br />

ebenfalls sehr unterschiedlich sind (u. a. an<br />

den Beinen, am Thorax, auf der Unterseite<br />

oder der Oberseite des Hinterleibs). Am<br />

Ende eines erfolgreichen Sammelflugs wird<br />

der Pollen stets in zuvor gebauten Brutzellen<br />

deponiert. (Die parasitischen Bienen<br />

hingegen sind Futterschmarotzer. Sie sammeln<br />

keinen Pollen, sondern schmuggeln<br />

ihr Ei in eine bereits mit Pollen versorgte<br />

Zelle ihrer Wirtsbiene).<br />

Pollenquellen der Lauch-Maskenbiene (Hylaeus<br />

punctulatissimus) sind die im Hochsommer<br />

blühenden Lauch-Arten<br />

Sammeln von Pollen. Was speziell das Pollensammelverhalten<br />

angeht, wird deshalb<br />

vielfach davon ausgegangen, dass andere<br />

Bienenarten so wie die Honigbiene sehr<br />

anpassungsfähig sind, was die Nutzung der<br />

verschiedenen Pflanzenfamilien als Pollenlieferanten<br />

betrifft. Als Maßstab für das Pollensammelverhalten<br />

aller Bienen kann sie<br />

jedoch keinesfalls gelten.<br />

Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes) beim<br />

Sammeln von Öl und Pollen am Punkt-Gilbweiderich<br />

(Lysimachia punctata)<br />

Rund 120 oligolektische Bienenarten gibt<br />

es in Deutschland, das sind ca. 30% der<br />

nestbauenden Arten. Will man einen Beitrag<br />

zur Arterhaltung leisten und Wildbienen<br />

fördern, muss man also wissen, wie<br />

diese Arten spezialisiert sind und welche<br />

praktischen Möglichkeiten sich daraus ergeben.<br />

Zwar lassen sich viele Bienenarten<br />

aufgrund ihrer Seltenheit und/oder ihrer<br />

Bindung an ganz spezifische Lebensräume<br />

(z. B. Schilfröhrichte) nicht in den eigenen<br />

Garten locken, und ihre Bestände können<br />

nur durch gezielte Flächenschutzmaßnahmen<br />

(Naturschutzgebiete) erhalten werden.<br />

Dennoch kann ein <strong>Naturgarten</strong> für<br />

viele Wildbienenarten ein wahres Eldorado<br />

darstellen, weil sich selbst auf kleinem<br />

Raum, sogar auf einem Balkon, Wildbie-<br />

Weibchen der Platterbsen-Mörtelbiene (Megachile<br />

ericetorum) bei der Pollenernte an der<br />

Breitblättrigen Platterbse (Lathyrus latifolius).<br />

retschgewächse, Lippenblütler) gesammelt<br />

worden war. Mehrfach fand sich darunter<br />

sogar die Hainbuche (Carpinus betulus), ein<br />

Baum, der allgemein als windblütig (vom<br />

Wind bestäubt) gilt. Da die Rostrote Mauerbiene<br />

hinsichtlich der von ihr genutzten Pollenquellen<br />

demnach sehr anpassungsfähig<br />

ist und außerdem in vorhandenen Hohlräumen<br />

nistet, ist sie nach wie vor in ihrem Bestand<br />

nicht gefährdet und besonders leicht<br />

am Haus und im Garten anzusiedeln.<br />

Ein Beispiel für das genaue Gegenteil ist<br />

die Natterkopf-Mauerbiene (Osmia adun-<br />

Zahlreiche Bienenarten sind an die Familie<br />

der Korbblütler (Asteraceae) gebunden. Eine<br />

von ihnen ist die Buckel-Seidenbiene (Colletes<br />

daviesanus), hier auf Rainfarn (Tanacetum<br />

vulgare)<br />

Der Gewöhnliche Natternkopf lässt sich<br />

leicht in jeden <strong>Naturgarten</strong> integrieren,<br />

entweder auf einer Schotterfläche mit Pionierpflanzen<br />

oder im Steingarten. Auch<br />

ein mit magerem, kalkreichem Substrat<br />

gefüllter Container auf der Terrasse ist als<br />

Wuchsort dieses zweijährigen Pioniers gut<br />

geeignet. Als Pollenquelle für Osmia adunca<br />

kann auch der aus dem Mittelmeerraum<br />

stammende Wegerichblättrige Natterkopf<br />

(Echium plantagineum) dienen. Er ist seit<br />

einigen Jahren wegen seiner blauen Blüten<br />

als sommerannuelle Art in Sommerblumenmischungen<br />

enthalten und kann<br />

selbst in kleinen Pflanzkübeln leicht kultiviert<br />

werden. Seine Blüten zeigen den gleichen<br />

Bau wie die von Echium vulgare und<br />

sind für Wildbienen genauso attraktiv.<br />

Gleichermaßen hochspezialisiert ist die<br />

Zaunrüben-Sandbiene (Andrena florea).<br />

20 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 21


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Für sie lassen wir eine männliche (!) Pflanze<br />

der Zweihäusigen Zaunrübe (Bryonia dioica)<br />

an einem Gitter oder über eine Hecke<br />

ranken.<br />

Gattungsspezialisten sind auch einige<br />

Scherenbienenarten. Die Hahnenfuß-<br />

Scherenbiene (Osmia florisomnis) trägt nur<br />

Pollen von Ranunculus-Arten in ihr Nest<br />

ein. Sie unterscheidet dabei nicht zwischen<br />

Scharfem, Knolligem und Kriechendem<br />

Hahnenfuß (Ranunculus acris, R. bulbosus,<br />

R. repens). Gesammelt wird aber stets nur<br />

der intensiv gelbe Ranunculus-Pollen. Eine<br />

nahe Verwandte ist die Glockenblumen-<br />

Scherenbiene (Osmia rapunculi), die wie<br />

net. Aber auch die Blüten der Küchen-Zwiebel<br />

(Allium cepa) und des Küchen-Lauchs<br />

(Allium porrum) sind bei der Maskenbiene<br />

äußerst beliebt. Eine einfache Methode<br />

der Förderung besteht darin, sich im Gemüsemarkt<br />

Ende März oder Anfang April<br />

Lauchstangen mit möglichst unversehrten<br />

Wurzeln zu besorgen. Damit der Lauch im<br />

Garten wieder gut anwächst, wird der weiße<br />

Schaft ganz eingegraben, gut angegossen<br />

und mit einem Stab gestützt. Im Hochsommer<br />

entwickeln sich daraus prächtige<br />

senkohl oder Grünkohl (Brassica oleracea<br />

cult.) zu ernten, lassen wir einfach einige<br />

Exemplare im Frühling zur Blüte kommen.<br />

Wir werden mit einem reichen Blütenflor<br />

und entsprechend vielfältigem Wildbienenbesuch<br />

belohnt.<br />

Manche Kreuzblüter (Ackersenf, Gelbsenf)<br />

sind kurzlebig wie die typischen Arten<br />

bestimmter Sommerblumenmischungen<br />

(„Mössinger Sommer“). Letztere sind aufgrund<br />

ihrer bunten Farbenpracht für viele<br />

Menschen zweifellos sehr attraktiv. Für<br />

Wildbienen sind sie jedoch nahezu wertlos.<br />

Mit den meisten darin enthaltenen<br />

Pflanzenarten können selbst Honigbienen<br />

nichts anfangen. Der Grund: Pollenlose<br />

gefüllte Blüten von Ringelblume und<br />

unterschiedliche Vertreter dieser artenreichen<br />

Pflanzenfamilie. Im Frühling trifft<br />

man an der Frühlings-Platterbse (Lathyrus<br />

vernus) und später an der Zaunwicke (Vicia<br />

sepium) sowohl die Zaunwicken-Sandbiene<br />

(Andrena lathyri) als auch die Mai-Langhornbiene<br />

(Eucera nigrescens) in beiden<br />

Geschlechtern an. Sie nisten im Erdboden.<br />

tum vulgare), der vor allem bei der Buckel-<br />

Seidenbiene (Colletes daviesanus) beliebt<br />

ist. Ihr müssen wir aber eine kleine Steilwand<br />

aus sandigem Lehm oder aus Löss<br />

als Nistplatz anbieten. Die Gewöhnliche<br />

Löcherbiene (Osmia truncorum), die gerne<br />

Bohrungen in Holz-Nisthilfen besiedelt,<br />

besucht nicht nur den Rainfarn, sondern<br />

Wer die hier gemachten Empfehlungen<br />

umsetzt und für ein vielfältiges Angebot an<br />

Pollenquellen sorgt, wird im <strong>Naturgarten</strong><br />

zahlreiche Wildbienenarten beobachten<br />

können. 115 Arten hat der Verfasser in seinem<br />

Garten mit 220 Arten krautiger Pflanzen<br />

innerhalb von sechs Jahren festgestellt.<br />

Auf diese Weise leistet man auch einen<br />

wichtigen Beitrag zur Erhaltung heimischer<br />

Wildbienen und zur Sicherung der biologischen<br />

Vielfalt.<br />

Alle Fotos: Paul Westrich<br />

Literatur:<br />

Weitere Details zur Lebensweise, Ansiedlung<br />

und Förderung von Wildbienen in der<br />

3. Auflage von:<br />

Ein Männchen der Zweizelligen Sandbiene<br />

(Andrena lagopus) rastet auf dem Wiesen-<br />

Schaumkraut (Cardamine pratensis).<br />

die Grauschuppige und die Braunschuppige<br />

Sandbiene (Andrena pandellei, Andrena<br />

curvungula) und die Glockenblumen-Sägehornbiene<br />

(Melitta haemorrhoidalis) aber<br />

auf Glockenblumen (Campanula) spezialisiert<br />

ist. Der Verfasser hat über viele Jahre<br />

hinweg bis zu 16 Campanula-Arten in seiner<br />

Wiese, im Staudenfeld, im Steingarten<br />

oder auf der Trockenmauer kultiviert und<br />

die genannten Wildbienen regelmäßig dort<br />

beobachtet. Welche Wildbienenart welche<br />

Campanula-Art nutzt, hängt vor allem von<br />

der Flugzeit und damit von der Blütezeit<br />

der Pollenquelle ab. Glockenblumen sollten<br />

in keinem <strong>Naturgarten</strong> fehlen.<br />

An Laucharten gebunden, die im Hochsommer<br />

blühen, ist die Lauch-Maskenbiene<br />

(Hylaeus punctulatissimus). Gelber Lauch<br />

(Allium flavum) und Kugellauch (Allium<br />

sphaerocephalon) sind am ehesten für eine<br />

Schotterfläche oder den Steingarten geeig-<br />

Ein Weibchen der Gewöhnlichen Löcherbiene<br />

(Osmia truncorum) beim Sammeln von Pollen auf<br />

dem Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea).<br />

Blütenkugeln mit einer hohen Attraktivität<br />

für verschiedene Maskenbienen (Hylaeus)<br />

und andere Blütenbesucher. Gleiches<br />

gilt für Küchenzwiebeln, wenn man ihren<br />

Schaft nach dem Austreiben nicht knickt.<br />

Es gibt eine ganze Reihe von Bienenarten,<br />

deren Spezialisierung etwas breiter<br />

ist und sich auf Pflanzenfamilien bezieht.<br />

Zu solchen Arten gehören mehrere Sandbienenarten<br />

(u.a. Andrena agilissima, Andrena<br />

lagopus, Andrena niveata) und eine<br />

Mauerbienenart (Osmia brevicornis), die an<br />

Kreuzblütler (Brassicaceae) gebunden sind.<br />

Es handelt sich um typische Frühlingsarten,<br />

die an großblütigen Brassicaceen wie<br />

Acker-Senf (Sinapis arvensis), Raps (Brassica<br />

napus), Kohl (Brassica oleracea), Barbarakraut<br />

(Barbarea vulgaris) und Gänse-Schöterich<br />

(Erysimum crepidifolium) sammeln.<br />

Alle sind für viele Wildbienen, nicht nur für<br />

die Spezialisten, bedeutsam und können<br />

im <strong>Naturgarten</strong> dort kultiviert werden, wo<br />

ihre Standortansprüche am besten erfüllt<br />

sind. Im Gemüsebeet haben wir eine besonders<br />

einfache Möglichkeit: Anstatt Ro-<br />

Das Weibchen der Malven-Langhornbiene<br />

(Eucera macroglossa) hat besonders lange<br />

Haare in seiner Schienenbürste.<br />

Kornblume und fremdländische Pflanzen<br />

wie Marienkäfer-Mohn (Papaver commutatum),<br />

Goldmohn (Escholtzia californica),<br />

Schmuckkörbchen (Cosmos bipinnatus)<br />

und Roter Lein (Linum grandiflorum), an<br />

die unsere heimischen Bienenarten nicht<br />

angepasst sind. Einzige Ausnahme ist der<br />

blaublühende Wegerichblättrige Natternkopf<br />

(Echium plantagineum). Als besonders<br />

problematisch zu bewerten ist die Tatsache,<br />

dass diese Mischung mittlerweile auch<br />

auf Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs<br />

(Straßenränder, Verkehrsinseln)<br />

ausgebracht wird. Die bereits von einigen<br />

Neophyten bekannten Probleme einer Beeinträchtigung<br />

der heimischen Flora sind<br />

daher in Zukunft nicht auszuschließen.<br />

Viele Bienenarten sind an Schmetterlingsblütler<br />

gebunden. Abhängig von ihrer<br />

Flugzeit besuchen sie im <strong>Naturgarten</strong> ganz<br />

Ein Weibchen der Glockenblumen-Scherenbiene<br />

(Osmia rapunculi) sammelt den weißen<br />

Pollen der Ranken-Glockenblume (Campanula<br />

poscharskyana)<br />

Wer den Blasenstrauch (Colutea arborescens)<br />

pflanzt, wird bald die Schwarzbürstige<br />

Blattschneiderbiene (Megachile nigriventris)<br />

beobachten, sofern verbautes,<br />

aber bereits morsches Holz (Pergola, Carport,<br />

Holzgeländer, Gartentisch) als Nistplatz<br />

zur Verfügung steht.<br />

Unter den Korbblütlern (Asteraceae) gibt<br />

es zahlreiche für oligolektische Bienen attraktive<br />

Vertreter. Sehr empfehlenswert für<br />

einen <strong>Naturgarten</strong> ist der Rainfarn (Tanace-<br />

auch verschiedene andere Korbblütler,<br />

die im <strong>Naturgarten</strong> in einer Ruderalflur, im<br />

Steingarten oder im Staudenbeet blühen.<br />

Knautien und Scabiosen aus der Familie<br />

der Kardengewächse (Dipsacaceae) sind<br />

die Pollenquellen der Knautien-Sandbiene<br />

(Andrena hattorfiana). Im <strong>Naturgarten</strong> lassen<br />

sich Wiesen-Knautie (Knautia arvensis)<br />

und Tauben-Skabiosae (Scabiosa columbaria)<br />

in einer Magerwiese oder in der<br />

Staudenflur und die Wald-Knautie (Knautia<br />

maxima) im Gehölzsaum ansiedeln. Mit<br />

ein wenig Glück erscheint zusammen mit<br />

der Sandbiene auch ihre artspezifische Kuckucksbiene<br />

Nomada armata.<br />

p Paul Westrich, Wildbienen –<br />

Die anderen Bienen (2013);<br />

Verlag: Dr. Friedrich Pfeil, München, ISBN:<br />

978-3-89937-136-9, Preis: 19,80 Eur[D] /<br />

20,40 Eur[A], Seiten/Umfang:168 S., 479<br />

Farbabbildungen - 21,5 x 21,3 cm.<br />

Die 3., überarbeitete Auflage ist auf dem<br />

Buchmarkt: Anhand einzigartiger Fotos<br />

führt uns Paul Westrich in die faszinierende<br />

Welt der heimischen Wildbienen,<br />

von denen allein in Deutschland mehr<br />

als 550 Arten nachgewiesen wurden. Der<br />

Leser erfährt, welche Wildbienen man im<br />

Garten, auf dem Balkon oder der Terrasse<br />

mit Nisthilfen erfolgreich ansiedeln kann<br />

und wie diese Blütenbesucher mit bestimmten<br />

Pflanzen angelockt und gefördert<br />

werden können. Eine ausführliche<br />

Buchbesprechung finden Sie auf der <strong>Naturgarten</strong>-Homepage<br />

www.naturgarten.<br />

org/literaturtipps/tiere_im_naturgarten/<br />

Dr. Paul Westrich,<br />

Freiberuflicher Diplombiologe<br />

und Naturfotograf,<br />

erforscht und<br />

dokumentiert seit<br />

38 Jahren die heimischen<br />

Wildbienen,<br />

D - 72127 Kusterdingen,<br />

eucera@paulwestrich.de,<br />

www.wildbienen.info<br />

22 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 23


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Schwarzes Bilsenkraut<br />

Lage des Untersuchungsgebietes<br />

Bunt blühender Straßenrand<br />

Violette Königskerze<br />

Bunt blühender Straßenrand<br />

Wiesen Salbei-Aspekt<br />

Straßenrandkartierung<br />

im Stadtgebiet von Bamberg<br />

Ein gelungenes Experiment<br />

alternativen Begleitgrüns<br />

Straßenränder sind vielen ungünstigen Faktoren wie Abgasen, Bodenverdichtung,<br />

Fahrtwind, Mahd, Salz und Staub ausgesetzt. Dennoch weisen diese Standorte bei<br />

extensiver Pflege auf nährstoffarmen Böden einen großen Artenreichtum auf.<br />

Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich<br />

von Süden über den Osten bis in den Norden<br />

des Stadtgebietes Bamberg. Es umfasst<br />

den von Süd nach Nord und die Autobahnen<br />

A 73 und A 70 verbindenden Berliner<br />

Ring, mehrere Ost – West führende Straßen,<br />

einen angrenzenden Lärmschutzwall, sowie<br />

zunehmend auch direkt angrenzende<br />

bzw. naheliegende Grünflächen und einen<br />

Abschnitt unter einer Hochspannungsleitung.<br />

Die vorherrschende Bodenart ist hier<br />

mehr oder weniger Sand. Vereinzelt sind<br />

aber auch wechselfeuchte Standortverhältnisse,<br />

verursacht durch wasserstauende<br />

Tonlagen im Untergrund oder starker Bodenverdichtung,<br />

zu beobachten.<br />

Seit 1999 wird im Auftrag der Stadt Bamberg<br />

ein Straßenrand-Kartierungsprojekt<br />

auf Sandstandorten im Stadtgebiet vom<br />

Verfasser in Zusammenarbeit und Abstimmung<br />

mit dem Straßenbau- und Gartenamt<br />

fachlich begleitet. Ziel ist neben der<br />

weiteren Erfassung aller Farn- und Blütenpflanzen<br />

die dauerhaft erfolgreiche Umstellung<br />

und Akzeptanz von einem intensiven<br />

zu einem extensiven Pflegekonzept zu<br />

vollziehen und zu festigen. Außerdem fungieren<br />

die Straßenränder und die anderen<br />

ökologisch gepflegten Flächen als linienhaftes<br />

Biotopverbundsystem bzw. als Trittsteinbiotope<br />

zwischen den verschiedenen<br />

Schutzgebieten und ökologisch wertvollen<br />

Biotopflächen. Dies entspricht im Kleinen<br />

einem größeren Konzept, Sandlebensräume<br />

in einem Biotopverbund entlang der<br />

Regnitzachse zu erhalten und zu fördern.<br />

Die Gesamtartenzahl hat sich von 320 Sippen<br />

1999 auf 448 im Jahre 2012 erhöht.<br />

Das langjährige Straßenrandprojekt fördert<br />

somit die Artenvielfalt sehr effektiv. Wo<br />

einst ständig kurzgeschorene artenarme<br />

Rasenbankette die Straßen säumten, zeigt<br />

sich heute ein Blütenmeer aus Klatschmohn,<br />

Wiesensalbei, Wilder Möhre und vielen<br />

weiteren, zum Teil auch sehr seltenen<br />

und bedrohten Arten wie Großem Knorpellattich<br />

(Chondrilla juncea), Silbergras (Corynephorus<br />

canescens), Ranken-Platterbse<br />

(Lathyrus aphaca), Alpen-Leinblatt (Thesium<br />

alpinum) und Violetter Königskerze<br />

(Verbascum phoeniceum). Die Artenvielfalt<br />

ist hauptsächlich den trocken-sandigen<br />

Standortsverhältnissen zu verdanken und<br />

Anzahl der Rote-Liste-Arten<br />

im Projektgebiet<br />

1999<br />

2005<br />

295<br />

370<br />

25<br />

44<br />

ist außerdem das Ergebnis eines einfach<br />

durchzuführenden, langjährigen durchdachten<br />

Pflegekonzepts. Außerdem wurde<br />

in einigen zu nährstoffreichen Abschnitten<br />

der Oberboden samt Vegetation bis auf<br />

den anstehenden nährstoffarmen Sand abgeschoben<br />

und wie generell überall im Projektgebiet<br />

ohne Ansaat einer natürlichen<br />

Sukzession überlassen. Gemäht wird nach<br />

erstelltem Mähplan nur noch ein- bis zweimal<br />

im Jahr, mit stets vollständiger Beseitigung<br />

des Schnittgutes. Auf Dünger und<br />

Pestizide wird völlig verzichtet. Doch nicht<br />

nur die Artenvielfalt profitiert vom neuen<br />

Pflegekonzept, es wird auch viel Arbeitsaufwand<br />

und Energie eingespart. Ökologie<br />

und Ökonomie gehen dabei somit Hand in<br />

Hand.<br />

Anzahl der Pflanzensippen<br />

im Stadtgebiet Bamberg 1999-2012<br />

Durch Öffentlichkeitsarbeit, Führungen am<br />

Straßenrand, Vorträge, Publikationen und<br />

regelmäßige Pressemitteilungen wird den<br />

Bürgern der Nutzen der naturnahen Grünflächenpflege<br />

erläutert. Dies ist auch nötig,<br />

denn für viele sind die wilden Blumen immer<br />

noch ein Zeichen von Vernachlässigung. Die<br />

überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen<br />

und Bürger schätzt die Umstellung auf das<br />

extensive Pflegekonzept jedoch sehr.<br />

Nach der Roten Liste für Oberfranken von<br />

MERKEL & WALTER 2005 und eigenen Einschätzungen,<br />

waren 1999 von den 320 Sippen<br />

25 aktuell gefährdet, das sind 8 %. Von<br />

den bis 2005 festgestellten 414 Sippen sind<br />

44 gefährdet, dies sind 11 %. Somit konnte<br />

dank der extensiven Pflegemaßnahmen<br />

die Anzahl der Rote-Liste-Arten von 25 auf<br />

44 gesteigert werden. Das bedeutet, dass<br />

sich der prozentuale Anteil an Rote Liste-<br />

Arten von 1999 mit 8 % um 3 % auf aktuell<br />

11 % erhöhte. Dieser Trend hat sich bis<br />

aktuell 2012 weiter fortgesetzt. Allein diese<br />

Tatsache zeigt den großen Nutzen des eingeschlagenen<br />

Weges mit einem derartigen<br />

extensiven Pflegekonzept. Dies hätte bei<br />

großräumigerer Anwendung eine nicht unerhebliche<br />

Bedeutung für den Artenschutz.<br />

Insgesamt wurde das Projekt mit mehreren<br />

undotierten Preisen zum Beispiel als Projekt<br />

des Monats von der Deutschen Umwelthilfe<br />

ausgezeichnet.<br />

Da dieses Projekt immer wieder positive Reaktionen<br />

hervorruft, sollte es ein großer Ansporn<br />

sein, dieses zukünftig noch weiter zu<br />

optimieren und auf weitere Straßenrandbereiche<br />

und Grünflächen auszuweiten.<br />

Allerdings ist das Projekt noch nicht zum<br />

„Selbstläufer“ geworden, da auch immer<br />

wieder Rückschläge zu verzeichnen sind.<br />

Somit bleibt auch in Zukunft eine fachliche<br />

Begleitung des Projektes weiterhin dringend<br />

notwendig.<br />

Literatur<br />

p BÖSCHE, H. (1999b): Straßenrandkartierung<br />

im Stadtgebiet von Bamberg 1999.<br />

– Ber. Naturf. Ges. Bamberg 74: 1 - 7.<br />

p MERKEL, J. & WALTER, E. (2005): Liste aller<br />

in Oberfranken vorkommenden Farnund<br />

Blütenpflanzen – 4. Auflage – Bayreuth.<br />

Dipl. Geogr.<br />

Hermann Bösche<br />

Ökologische Gutachten<br />

D - 96050 Bamberg<br />

boesche-oeko@<br />

t-online.de<br />

24 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 25


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

„Na Schau!“ – der Naturschaugarten Lindenmühle<br />

Kreativ aktiv für Artenschutz<br />

Der Vortrag beschreibt das Projekt Naturschaugarten<br />

Lindenmühle, das beispielgebend<br />

sein kann für erfolgreichen Artenund<br />

Naturschutz.<br />

Von der Idee zur Verwirklichung war es ein<br />

spannender Weg, denn es gab kein Budget<br />

für das Vorhaben. Kreativität war gefragt,<br />

ungewöhnliche Kooperationen und Spenden<br />

halfen schließlich bei der Umsetzung.<br />

Nicht immer war die erforderliche Zusammenarbeit<br />

mit Ämtern und Behörden unproblematisch.<br />

Doch konsequent und kreativ<br />

setzte der Arbeitskreis Naturnahes Grün<br />

das Projekt mit viel Unterstützung durch<br />

Mitbürger um.<br />

Dem Naturschaugarten und dem Arbeitskreis<br />

wurden mehrere Preise verliehen. Ausschlaggebend<br />

dafür waren insbesondere<br />

Faktoren wie Nachhaltigkeit, Bürgerbeteiligung<br />

und der Umweltbildungsaspekt.<br />

Wie es begann<br />

1992 verabschiedeten 179 Staaten die<br />

Agenda 21 in Rio de Janeiro. Diese ist ein<br />

globales Handlungsprogramm für das<br />

21. Jahrhundert und strebt eine Entwicklung<br />

an, die die Bedürfnisse der Gegenwart<br />

befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />

Generationen ihre eigenen Bedürfnisse<br />

nicht erfüllen können.<br />

Global denken – lokal handeln<br />

Viele Kommunen entwickelten danach ein<br />

eigenes lokales Handlungsprogramm: eine<br />

Lokale AGENDA 21. In Mainz entstand das<br />

Forum Lokale AGENDA 21 mit mehreren<br />

Arbeitskreisen. Die Stadt Mainz unterstützte<br />

dies 1997 mit einem Stadtratsbeschluss<br />

und erarbeitete mit den Behörden und den<br />

Arbeitskreisen ein Handlungsprogramm.<br />

Eine Gruppierung der Lokalen AGENDA 21<br />

Mainz ist unser „Arbeitskreis Naturnahes<br />

Grün“, der sich für mehr Artenschutz der<br />

heimischen Flora und Fauna einsetzt. Doch<br />

wie sollten wir vorgehen, wie würden wir<br />

die Mitbürger für den Erhalt der Artenvielfalt<br />

begeistern können?<br />

Die zündende Idee<br />

Viel Papier war beschrieben. Aber kann man<br />

ohne Natur für Natur begeistern? Natur<br />

muss doch erlebbar sein, damit Begeisterung<br />

für sie entsteht! Denn keine Broschüre<br />

kann den Duft einer Apfel-Rose oder<br />

den Geschmack eines Weinberg-Pfirsichs<br />

wiedergeben. Und wo ließe sich so etwas<br />

besser wahrnehmen als in einem <strong>Naturgarten</strong>?!<br />

Wo die Sinne einprägsam und<br />

unvergesslich Natur erfahrbar machen?!<br />

So war uns schnell klar: Ein Schaugarten<br />

soll entstehen, soll für Artenvielfalt und<br />

Schönheit heimischer Wildpflanzen be-<br />

geistern. Wir warben eifrig mit Ausstellungen<br />

für unser Projekt, ließen Bürger Ideen<br />

einbringen und über die Gestaltung des<br />

Schaugartens abstimmen.<br />

Pech und Glück im Wechselspiel<br />

Ein Gelände bei den Römersteinen lockte.<br />

Diese eindrucksvollen Überreste sind Teile<br />

einer gigantischen historischen Wasserleitung.<br />

Aber das Amt für Denkmalschutz hatte<br />

Einwände und verschiedene mögliche<br />

andere Bauvorhaben machten unser Projekt<br />

unwahrscheinlich. Wir ließen uns nur kurz<br />

entmutigen. Unser Engagement verhalf<br />

uns schließlich zu einer anderen Fläche der<br />

Stadt Mainz. Allerdings wurde diese sonnige<br />

Brachfläche im Mainz Bretzenheim extrem<br />

überwuchert von kanadischen Goldruten.<br />

Dieser Exot verdrängte dort fast alle heimischen<br />

Pflanzen. Die Erde musste aufwändig<br />

abgetragen werden, damit 2004 hier unser<br />

Projekt starten konnte: der Naturschaugarten<br />

Lindenmühle.<br />

Von 0 auf 100<br />

Ohne finanzielle Mittel ausgestattet fanden<br />

wir doch viel Unterstützung. So wurde<br />

z.B. der Umweltdezernent von Mainz der<br />

Schirmherr des Projektes. Durch eine Kooperation<br />

mit dem Wirtschaftsbetrieb und<br />

einem „Quellwasser-Versickerungsprojekt“<br />

wurde es möglich, dass für den Schaugarten<br />

das Bodenprofil gestaltetet werden<br />

konnte. Unser wichtigster Unterstützer<br />

aber wurde und blieb die <strong>Naturgarten</strong>firma<br />

Ahornblatt. Von deren versierten<br />

Mitarbeitern erhielten wir viel<br />

Hilfe bei der Pflanzplanung und<br />

Verwirklichung des Projektes.<br />

Ideen – unsere besten Trümpfe<br />

Unsere Arbeitskreismitglieder haben die<br />

verschiedensten Berufe. Ein Glücksfall,<br />

denn so bringt jeder andere Fähigkeiten<br />

ein, die sich wiederum gut ergänzen. Ob<br />

Trockenmauerbau, Pflanzplanung oder<br />

Öffentlichkeitsarbeit – jeder kann bei den<br />

anderen etwas lernen.<br />

Unsere Ideen öffneten uns viele Möglichkeiten.<br />

Eine Wette mit einer Schulklasse z.B.<br />

erbrachte über 400 Euro – und die Kinder<br />

durften über einen Sponsor als Lohn in ein<br />

Spaßbad. Oder Lehrlinge des Wasser- und<br />

Schifffahrtsamtes bauten im Rahmen ihrer<br />

Ausbildung für uns Wege, Bachlauf, Teich<br />

und Steg.<br />

Eine wunderbare Idee war es auch, mit<br />

der <strong>Naturgarten</strong>firma Ahornblatt und dem<br />

Ausschuss für naturnahen Gartenbau den<br />

Verein „Kompetenz-Zentrum Biodiversität<br />

Mainz“ zu gründen. Dass sich hier die richtigen<br />

Partner gefunden haben, das zeigt<br />

auch die Tatsache, dass man zusammen<br />

insgesamt sechs Preise verliehen bekam.<br />

Was entstanden ist<br />

In der hügelig gestalteten Fläche führen<br />

geschwungene Wege und Pfade zu den<br />

Pflanzbereichen. Ob Duftpfad, Wildobsthecke,<br />

Hügel mit Sandflora, Schmalstrauchhecke,<br />

Urobsthecke, Wildbienenhotel, Infotafel,<br />

Teich, alles wurde so gestaltet, dass<br />

es barrierefrei erreichbar oder einsehbar ist.<br />

Ausruhen kann man sich auf Steinbänken,<br />

die in die Trockenmauern integriert wurden.<br />

Naturschutz- und Umweltpreise<br />

für „Na Schau!“<br />

Das Ziel unserer Arbeit, erfolgreicher<br />

Artenschutz und eine breite Beteiligung von<br />

Mitbürgern, wurde in ungewöhnlicher Form<br />

belohnt: 2005 erhielten wir von der Stiftung<br />

Natur und Umwelt einen Naturschutzpreis<br />

(Motto „Stadtnatur- Statt Natur?“), 2009 einen<br />

Umweltpreis (Motto: „Die besten Ideen<br />

für ein nachhaltiges Rheinland-Pfalz“). 2012<br />

wurde uns der Preis „UN-Dekade-Projekt<br />

Biologische Vielfalt“ verliehen.<br />

Was im Naturschaugarten passiert<br />

Der immer zugängliche Naturschaugarten<br />

hat große Anerkennung gefunden. Mit<br />

vielen Programmpunkten im <strong>Naturgarten</strong><br />

machen wir zudem auf unser Projekt<br />

aufmerksam: Es finden <strong>Naturgarten</strong>feste<br />

und Führungen statt. Und es werden Kurse<br />

zum Naturgärtnern angeboten. In Projekten<br />

mit Kindern stehen Themen wie Artenvielfalt,<br />

biologische Kreisläufe, Pflanzenund<br />

Bodentier-Bestimmungen auf dem<br />

„Stundenplan“.<br />

Auf Entdeckungsreise im „Na Schau!“<br />

Mit rund 300 Arten und Sorten heimischer<br />

Wildpflanzen ist der Naturschaugarten<br />

eine Anlage geworden, die eine Fülle von<br />

Entdeckungen zu jeder Jahreszeit möglich<br />

macht. Mit Lageplänen aus unserer Broschüre<br />

ist es möglich, all diese seltenen und<br />

phantastischen Pflanzen zu finden und<br />

zu bewundern. Oder man lässt sich diese<br />

kleinen Wunder bei Führungen zeigen.<br />

Wo es der Tierwelt gefällt<br />

Auffallend schnell waren auf und an den<br />

heimischen Pflanzen im „Na Schau!“ die von<br />

ihnen abhängigen Tiere zu finden. Mit dazu<br />

beigetragen hat natürlich auch der Bau<br />

von Nistmöglichkeiten (Igelburg, Totholzhaufen,<br />

Vogelnistkästen, Wildbienenhotel,<br />

...). Der Vortrag zeigt einige schöne Beispiele<br />

von Beobachtungen in der Anlage.<br />

Was wir generell möchten<br />

Jeder fürchtet Ansteckung. Wir wollen anstecken:<br />

3 mit unserer Begeisterung für die Schönheit<br />

heimischer Pflanzen<br />

3 mit <strong>Naturgarten</strong>ideen, eigene Gärten<br />

naturnah umzuwandeln<br />

3 mit der Überzeugung, dass es für jeden<br />

Standort die richtige heimische Pflanze<br />

gibt<br />

3 mit Mut zu nachhaltiger Veränderung<br />

und Gestaltung von Grünflächen<br />

3 mit der Freude an der Wahrnehmung<br />

der Geschenke der Natur<br />

Karlheinz Endres<br />

Arbeitskreis Naturnahes Grün<br />

Lokale AGENDA 21 Mainz<br />

3 0177 - 31 43 495<br />

karlheinzendres@web.de<br />

www.mainz-naturnah.de<br />

26 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 27


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Meine Art, Naturgärten zu gestalten<br />

De l´eau et de la lumière – et le monde devient<br />

vert. Les plantes croissent, enracinées<br />

dans la terre, tendant vers le soleil. Elles<br />

vivent, car elles changent le monde et se reproduissent.<br />

Dans leur beauté, les plantes<br />

chantent une hymne silencieux. Entends-le.<br />

“Wasser und Licht – und die Welt wird grün.<br />

Die Pflanzen wachsen, in der Erde verwurzelt,<br />

sich der Sonne entgegen streckend. Sie<br />

leben, weil sie die Welt verändern und sich<br />

vermehren. In ihrer Schönheit singen die<br />

Pflanzen eine leise Hymne. Hört sie“.<br />

(Inschrift einer Schautafel……)<br />

Licht und Schatten<br />

Die Veranstalterinnen haben sich von mir<br />

eine subjektive Sichtweise meiner persönlichen<br />

Art, Gärten zu gestalten, gewünscht.<br />

Eine interessante Gelegenheit für mich, zu<br />

versuchen, mein Wirken in wenige Worte<br />

und Bilder zu fassen. Wenn ich mir die Gärten<br />

in meiner Umgebung anschaue, fällt<br />

mir auf, dass sich der individuelle Gestaltungwille<br />

primär in der Gartenmöblierung<br />

ausdrückt, nicht aber in der Gartengestaltung,<br />

die überwiegend und rund ums Haus<br />

von saftig grünem Rasen geprägt wird.<br />

In meiner gestalterischen Wahrnehmung<br />

stellt das zumeist mitten im Garten thronende<br />

Haus einen Kunstfelsen dar, der die<br />

einheitlichen Lichtverhältnisse der einst<br />

unverbauten Fläche höchst wirkungsvoll<br />

in eine Schatten- und Sonnenseite mit entsprechenden<br />

Zwischentönen gliedert. Dies<br />

bedeutet, dass der Hauskubus dem Garten<br />

höchst differenzierte Standorte schenkt,<br />

die ich gezielt differenzierend zu unterschiedlichen<br />

Lebens- und Erlebnisräumen<br />

des Gartens weiterentwickeln kann. Die<br />

Sonnenseite birgt ein grosses Potential für<br />

wärmeliebende Standorte, die ich möglicherweise<br />

durch fehlende oder sparsame<br />

Humusierung gezielt in Richtung Trockenstandorte<br />

entwickle, in die ich, bei entsprechendem<br />

Bedarf, sonnenverwöhnte<br />

Sitzplätze, Spielecken, Trockenmauern und<br />

Gewürzgärten mit mediterraner Ausstrahlung<br />

integrieren kann.<br />

Die Schattenseite des Hauses (auch Nachbarhauses<br />

oder beschattende Gehölze) bietet<br />

dagegen, gerade auf tiefgründigen und<br />

lehmreichen Böden, Raum für eine differenzierte<br />

Bepflanzung mit Schattenstauden<br />

und Farnen, ein oft beglückendes und vielfältiges<br />

Element des naturnahen Gartens,<br />

dass bei standortgerechter Bepflanzung<br />

oft recht pflegearm ist und trotzdem nur<br />

höchst selten in Gärten zu sehen ist. Diese<br />

hausbedingte Differenzierung in sehr unterschiedliche<br />

Gartenlebensräume bedeutet<br />

zugleich, sich bei einer Neuanlage eines<br />

Gartens frühzeitig Gedanken zu machen,<br />

ob die übliche, gleichmäßige Humusierung<br />

rund ums Haus glücklich machen wird?<br />

Glück und Geborgenheit<br />

Glücklich machen - ein sehr hoher, wenn<br />

nicht zu hoher Anspruch an den Gartengestalter!<br />

Meine Erfahrung mit zahlreichen<br />

Gartenbesitzerinnen und -nutzern<br />

lehrt mich indessen, Gartenglück in engen<br />

Zusammenhang mit Geborgenheit<br />

zu bringen. Besonders beim Wunsch nach<br />

Umgestaltung bestehender Gärten erlebe<br />

ich immer wieder einen krassen Mangel<br />

an Geborgenheit. Wo ich mich nicht geborgen<br />

fühle, ist wohl auch das Gartenglück<br />

fern. Natürlich kennt dieses tausend<br />

Facetten - und dennoch hapert es meist<br />

schon an ganz banalen Raumerlebnissen.<br />

Die rechteckigen Gartenparzellen werden<br />

durch Hausmauern, Schnitthecken, Terrassenflächen,<br />

Garagenvorplätze und sauber<br />

eingefasste Wege in weitere Vierecke aufgespalten,<br />

die ebene Rasenfläche oder Terrasse<br />

endet abrupt und im rechten Winkel<br />

an einer Hausmauer - haben Sie schon mal<br />

Berge erlebt, die im rechten Winkel ohne<br />

Hangfuß in Maisäckern enden? Höhenunterschiede<br />

innerhalb des Gartens werden<br />

technisch souverän mit 45-Grad-Böschungen<br />

(Hypericum, Cotoneaster oder Immergrün<br />

gefällig?) oder senkrechten und geraden<br />

Mauer bewältigt. Die Chance, anstelle<br />

eines bloßen Abstandelementes mit einer,<br />

je nach Situation, differenziert in den Hang<br />

greifenden Trockenmauer einen Geborgenheit<br />

ausstrahlenden Sitzplatz und gleichzeitig<br />

einen ansprechenden Lebensraum<br />

mit bepflanzten Mauerfugen zu schaffen,<br />

sind zu verlockend, um sie nicht zumindest<br />

als Möglichkeit zu diskutieren.<br />

Dialog und Demut<br />

Der Dialog mit den Gartennutzerinnen ist<br />

für mich ein weiteres, zentrales Element<br />

für Gartenglück, denn sie werden den<br />

Garten nutzen und beleben, nicht ich in<br />

meiner Rolle als Gartenarchitekt. Ich kann<br />

und muss meine Erfahrungen und Ideen<br />

im Sinne eines kreativen Mediators in den<br />

Planungsprozess einbringen und bei Bedarf<br />

fachgerecht die Gestaltung und Pflege<br />

begleiten. Den Garten durch ihre liebevolle<br />

Präsenz beseelen werden seine Bewohner -<br />

Pflanzen, Tiere und Menschen. Wenn auch<br />

letztere sich im Garten wohl und geborgen<br />

fühlen, werden sie ihn häufig nutzen.<br />

Gefragt ist von mir also ein hohes Einfühlungsvermögen<br />

in die räumliche wie soziale<br />

Gartensituation, gepaart mit einem großen<br />

Fachwissen der Pflanzenverwendung.<br />

Je mehr es mir gelingt, eine gegebene oder<br />

bewusst geschaffene Gartensituation sowohl<br />

standortgerecht wie auch ästhetisch<br />

ansprechend zu gestalten, desto befriedigender<br />

wird sich die Pflanzung und die<br />

Ausstrahlung des Gartens entwickeln. Das<br />

gekonnte Klavierspiel auf der Tastatur sich<br />

ablösender Jahreszeitenaspekte im Zusammenklang<br />

mit der gestalterischen Eigenart<br />

jeder Pflanze betrachte ich dabei als Teil<br />

meiner Berufsehre, genauso wie den be-<br />

4 5 6<br />

1 | Schwimmteich mit Trockenmauer<br />

unter Wasser und einheimischen<br />

Wasserpflanzen<br />

2 | Sonnseite des Hauses mit Trockenstandort<br />

3 | Blühende Zwergginster und<br />

Flaum-Seidelbast im Garten<br />

des Autors<br />

4 | Kleinstgarten am Reihenhaus -<br />

herausfordernde Kombination<br />

von Spielplatz, Gestaltung und<br />

Geborgenheit<br />

5 | Wenige Steine, Hirschzunge<br />

und Nieswurz beleben einen<br />

früheren Unort<br />

6 | Sitzplätze mit Geborgenheit<br />

werden intensiv genutzt<br />

1 2 3<br />

28 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 29


Naturschutz im besiedelten Raum<br />

Markt der Möglichkeiten / Bayernstube<br />

wussten Einsatz möglichst regionaler Rohstoffe.<br />

Dabei mache ich die Erfahrung, dass<br />

meine Kundinnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />

durchaus bereit sind, Geld für<br />

eine anspruchsvolle Pflanzung auszugeben<br />

– wenn sie bereits gelungene Pflanzungen<br />

(die in Beziehung mit ihrer Umgebung stehen)<br />

gesehen haben und in der Lage sind,<br />

diese Bilder auf ihr eigenes Gartenprojekt<br />

zu transponieren.<br />

Schöne Gartenpläne können beeindrucken,<br />

mir reichen handgefertigte Skizzen als<br />

Grundlage für den Dialog, entscheidend<br />

ist nach meiner Erfahrung bei der Projektumsetzung<br />

meine umsichtige Präsenz auf<br />

der Baustelle mit einer rollenden Planung,<br />

denn in den Tagen auf dem Bauplatz trete<br />

ich nun in viel intensiveren Kontakt mit<br />

dem zu gestaltenden Garten als im Büro<br />

am Planungstisch. Je nach Vertrautheit<br />

der Gartenpflegerin mit Gartenprozessen<br />

ist nach der (Um-)Gestaltung eine anfängliche<br />

Begleitung der Pflege von größter<br />

Wichtigkeit, denn nicht überall wird sich<br />

der Garten in seiner ureigenen Dynamik so<br />

entwickeln wie die gehegten Wunschbilder.<br />

Die entstehenden Verunsicherungen gilt es<br />

zu thematisieren und notfalls behutsam zu<br />

korrigieren. In diesem Prozess lerne ich sehr<br />

viel über die, bei allen Gesetzmäßigkeiten,<br />

verblüffend individuellen Wege, die jeder<br />

Garten in seiner Entwicklung als fein reagierendes<br />

Netzwerk von Gegebenheiten,<br />

Gestaltung und Pflege einschlägt - deshalb<br />

wird es mir trotz Routine auch nie langweilig.<br />

Wie sie sehen, sind meine Einsichten<br />

und Ansichten um eine befriedigende Gartengestaltung<br />

im Grunde völlig banal, die<br />

von Ihnen vielleicht erhofften Einsichten<br />

in Gartengeheimnisse kann ihnen nur ihre<br />

eigene Neugier bieten. Denn ich koche und<br />

gieße in fröhlicher Demut auch nur mit Wasser<br />

- immerhin mineralisiert mit Begeisterung<br />

und Dankbarkeit für die persönlichen<br />

Möglichkeiten meiner Lebensgestaltung.<br />

Peter Steiger<br />

Landschaftsarchitekt<br />

CH – 4118 Rodersdorf<br />

3 0041 - (0)61 733 04 07<br />

peter.steiger@me.com<br />

www.pulsatilla.ch<br />

So sieht er aus, der Markt der<br />

Möglichkeiten. Bevor die Aussteller<br />

kommen, wird der Raum hergerichtet<br />

und dekoriert. Bei Tagungsbeginn ist<br />

jeder Quadratzentimeter ausgefüllt.<br />

Das Angebot variiert jedes Jahr, es<br />

gibt hier noch mehr Infos, Projektbeispiele,<br />

Veranstaltungstermine und<br />

Kataloge, Bücher und Kaffee, Saatgut<br />

und Holzzäune – einfach alles, was<br />

die TeilnehmerInnen mitbringen.<br />

Spät abends, wenn das offizielle Programm beendet ist,<br />

treffen sich die Unermüdlichen in der Bayernstube. Odette,<br />

in diesem Jahr mit leuchtenden Haarfarben und schon seit<br />

Ewigkeiten am Tresen, kennt auch nach einem Jahr und zig<br />

anderen Veranstaltungen zwischendurch noch unsere Namen<br />

– ihre persönliche Begrüßung überrascht so manchen<br />

Teilnehmer. Die letzten Nachteulen unter den Naturgärtnern<br />

löschen früh morgens die Lichter…<br />

7<br />

8 9 10<br />

7 | Sibirische Schwertlilie in feuchter<br />

Lehmmulde<br />

8 | Terrassengarten im Wallis mit<br />

12 m Höhenunterschied – da darf<br />

die Rutsche nicht fehlen!<br />

9 | Korrespondenz von Gartenmauer<br />

und Haus<br />

10 | Vielfältige Schattenbepflanzung<br />

mit Frühlingsgeophyten und<br />

spät austreibenden Stauden und<br />

Farnen<br />

11 | Kleine Gärten brauchen große<br />

Wirkungen<br />

11<br />

30 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 31


Abendprogramm<br />

Abendprogramm<br />

Der <strong>Naturgarten</strong> Talk –<br />

wo schlägt dein Herz für den <strong>Naturgarten</strong>?<br />

Ein Abend in gemütlicher Runde, wunderbar<br />

moderiert von Ina Blum und<br />

Barbara Stark. Sie haben für jeden<br />

Gast der Talkrunde ein großes Lebkuchenherz<br />

gebacken, damit wir zeigen konnten,<br />

wo unsere Herzen für den <strong>Naturgarten</strong><br />

schlagen: in der Brust, im Kopf, in den Händen,<br />

wo fühlst du es?<br />

Ich gebe zu, ich wollte immer schon cool im<br />

Lehnstuhl lümmeln, in einer Runde mit anderen<br />

interessanten Leuten, und entspannt<br />

über mein Leben plaudern. Dazu ein Saal<br />

voll aufmerksamer Zuhörer, ein paar Kameras<br />

und europaweite Ausstrahlung. So cool<br />

wie Ute Lemper im Kölner Treff, interviewt<br />

von Bettina Böttinger, bin ich ja nicht. Kameras<br />

gab`s leider auch keine, ergo auch keine<br />

europaweite Ausstrahlung. Aber es hat<br />

Spaß gemacht, und erstaunlicherweise war<br />

auch das Publikum gespannt darauf, was<br />

eine Hand voll Vereinsmitglieder so über<br />

ihre Motivation und Begeisterung für den<br />

<strong>Naturgarten</strong> und den Verein zu sagen hat.<br />

Die Zugänge der TeilnehmerInnen zum<br />

Thema waren naturgemäß unterschiedlich,<br />

und leider kann ich hier nicht alle aufzählen,<br />

sollte ich mich doch eigentlich auf eine<br />

halbe Seite beschränken:<br />

Kerstin Gruber, die etablierte Landschaftsarchitektin,<br />

berichtete über die Freude,<br />

die es ihr nach all den Jahren immer noch<br />

macht, auf der GalaBau von neuen Mitgliedern<br />

gefunden zu werden. Die Freude,<br />

wenn jemand sagt: „Ja, genau so einen Garten<br />

habe ich gesucht!“<br />

Heinke Marxen-Drewes, ebenfalls Planerin<br />

und freudig erstaunt über den raschen Zuwachs<br />

an Mitgliedern in ihrer Regiogruppe,<br />

erzählt von den schönen Kontakten, die<br />

sich auf Märkten und bei gemeinsamer Naturschutzarbeit<br />

ergeben.<br />

Werner David, unser Bio-Loriot, schildert<br />

ergreifend, wie ihn der Verein nach einigen<br />

trockenen, grünlosen Jahren wieder<br />

zur Biologie zurückgeführt hat. Genauer<br />

gesagt, war er den Überrollungs-, äh, Überredungskünsten<br />

unseres lieben Reinhard<br />

Witt einfach nicht gewachsen. Seitdem<br />

liebt er den Verein, besonders die jährlichen<br />

Exkursionen, so wie ich auch. Es gibt<br />

kaum Schöneres, als mit netten, lustigen,<br />

gleichgesinnten Verrückten durch die Pampa<br />

zu robben und Blümchen und Bienchen<br />

zu beobachten. Stundenlang! Tagelang! Jedes<br />

Jahr wieder!<br />

Und das ist das Wunderbarste an diesem<br />

bunten Haufen: wir tun etwas, das Sinn und<br />

Spaß macht, und das auch noch gemeinsam!<br />

Viel wurde erzählt an diesem Abend, gelacht,<br />

verständnisvoll und begeistert genickt,<br />

geklatscht, und Kekse gab es am<br />

Schluss auch für alle. So soll es sein, und<br />

bitte nächstes Jahr wieder, es gibt noch so<br />

viele Geschichten von so vielen interessanten<br />

Menschen zu hören.<br />

Mein <strong>Naturgarten</strong>herz schlägt<br />

sicherlich auf der Zunge. Wenn<br />

mich Dinge bewegen, versuche<br />

ich generell sie in Worte zu<br />

fassen. Dabei drängen sich immer<br />

die heiteren Aspekte einer Sache<br />

in den Vordergrund. Gerade im<br />

Hinblick auf die <strong>Naturgarten</strong>exkursionen<br />

ruht hier ein wahrer<br />

Schatz an Humor, den ich gerne<br />

mit anderen teilen möchte.<br />

Werner David aus Erding<br />

Die Mitglieder im Verein gehen fair und achtsam miteinander<br />

um und streiten konstruktiv für die <strong>Naturgarten</strong>-Idee.<br />

Der <strong>Naturgarten</strong> e.V. ist in der Fachwelt des Galabaus<br />

eine anerkannte Institution und trägt mit seinen Inhalten<br />

maßgeblich zur privaten und öffentlichen Garten- und<br />

Landschaftsgestaltung bei. In der Aus- und Weiterbildung<br />

sind die Grundgedanken und Zusammenhänge des<br />

<strong>Naturgarten</strong>s fest verankert.<br />

Kerstin Gruber<br />

aus Neustadt/Aisch<br />

Ich bin hierher gekommen,<br />

weil ich mit euch teilen<br />

möchte, was uns verbindet<br />

- die Freude am Gärtnern<br />

und die Liebe zur Natur.<br />

Mein Herz als Gärtnerin<br />

schlägt dort, wo ich Hand<br />

anlege, wo ich aus dem<br />

Naturreichtum schöpfe und<br />

die Erde mit meinem<br />

Herzen durchdringe.<br />

Jana Heistermann aus Leipzig<br />

Mein <strong>Naturgarten</strong>herz schlägt in meinen<br />

Händen. Mit Ihnen darf ich gestalten,<br />

sie setzen das um, was ich gelernt habe.<br />

Wenn es leicht von der Hand geht, dann<br />

macht man intuitiv das Richtige und es<br />

passt. Der <strong>Naturgarten</strong> schöpft aus der<br />

unendlichen Vielfalt und füllt den Garten<br />

mit Leben. Für all das bin ich sehr dankbar<br />

und freue mich schon darauf, diesen<br />

Sinn fürs Leben immer mehr zu<br />

vertiefen und den <strong>Naturgarten</strong> auch an<br />

andere weiter zu vermitteln.<br />

Martin Schröferl aus Bad Heilbrunn<br />

In der Kugel sehe ich ein Bild,<br />

ein Bild von unserem <strong>Naturgarten</strong>verein.<br />

Er ist gewachsen.<br />

Viele Menschen kennen den<br />

Verein. Unsere Ideen werden<br />

ernst genommen. Politiker fragen<br />

uns um Rat und wir arbeiten mit der<br />

Wissenschaft zusammen.<br />

Heinke Marxen-Drewes aus Melsdorf<br />

Die Zukunft des <strong>Naturgarten</strong> e.V.:<br />

die Mitgliederzahl verdoppelt sich jedes<br />

Jahr, Regionalgruppen spriessen wie<br />

Schneeglöckchen in der milden Märzsonne.<br />

Die Richtlinien des NG werden<br />

zu den Standardrichtlinien für jede<br />

Freiraumgestaltung. Mittels NG retten<br />

wir aussterbende Arten. Heureka!<br />

Paula Polak aus Mauerbach (Österreich)<br />

DI Paula Polak<br />

Ingenieurbüro für Landschaftsplanung<br />

A - 3001 Mauerbach,<br />

3 0043 699 122 82750,<br />

office@paulapolak.com<br />

www.paulapolak.com<br />

32 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 33


Abendprogramm<br />

Abendprogramm<br />

Was Sie schon immer über den<br />

<strong>Naturgarten</strong> e.V. wissen wollten<br />

Ernährung und Beutefang<br />

Ein Höhepunkt im Abendprogramm der <strong>Naturgarten</strong>tage<br />

war das Österreichisch-Deutsche <strong>Naturgarten</strong>kabarett von<br />

und mit Paula Polak und Werner David. Die beiden bewiesen<br />

zum wiederholten Male, dass auch das Naturgärtner-Dasein<br />

seine lustigen Seiten hat. Werner David hat diese humorige<br />

Seite bei uns schon mehrfach ausgelebt, Paula stand ihm an<br />

diesem Abend aber in Sachen Schlagfertigkeit und Witz in<br />

nichts nach. Der Naturgärtner-Saal war begeistert! Mit einem<br />

kleinen Ausschnitt möchten wir Sie an diesem wundervollen<br />

Abend teilhaben lassen.<br />

Wolfgang Hertling<br />

Wissenswertes und Erstaunliches<br />

aus dem Leben des Gewöhnlichen<br />

Natur gärtners (Homo sapiens<br />

sapiens ssp. kiesophilus)<br />

Körperbau, Charakter und Lebensweise<br />

Ein arttypisches Bestimmungsmerkmal<br />

des Gewöhnlichen<br />

Naturgärtners ist das zottige<br />

Fell mit der dichten Unterwolle.<br />

Eine der Grundlagen für die Ernährung ist<br />

klares Quellwasser.<br />

Pausen benutzt der Gewöhnliche Naturgärtner<br />

für vegetarische Snacks und zum<br />

Wiederkäuen.<br />

Gerne stochert der Gewöhnliche Naturgärtner<br />

im Uferschlamm, um Würmer,<br />

Schnecken und Kleinkrebse zu erbeuten.<br />

Geschichtliches<br />

Der ausgeprägte Spieltrieb kann manchmal exzessiv entgleisen.<br />

Kleine Wirbeltiere wie Eidechsen und<br />

Schlangen werden unter Einsatz primitiver<br />

Werkzeuge geschickt zur Strecke gebracht.<br />

Die erste, historisch belegte Exkursion des <strong>Naturgarten</strong>vereins<br />

benutzte noch Planwagen.<br />

Da er sich stets im Einklang mit den Kräften der Natur befindet,<br />

besitzt der Gewöhnliche Naturgärtner die Fähigkeit der<br />

völligen Entspannung.<br />

Auf der Suche nach Samen fallen jeden Herbst wilde Horden von Naturgärtnern in fremde<br />

Gärten ein und hinterlassen eine Schneise der Verwüstung.<br />

Auf der Großwildjagd ist die Vorgehensweise<br />

manchmal ziemlich heimtückisch.<br />

34 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 35


Abendprogramm<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Der fotografierende Naturgärtner<br />

Bei der Fotografie offenbart der Gewöhnliche<br />

Naturgärtner seine perfekte Körperbeherrschung<br />

und sein natürliches Talent<br />

für ästhetische Posen.<br />

Hier kommen auch erste alternative<br />

Techniken zur Energiegewinnung zum<br />

Einsatz.<br />

Für das begehrte Fotomotiv scheut der Gewöhnliche<br />

Naturgärtner keinerlei Risiken.<br />

Die Apotheke<br />

aus dem Garten<br />

Wildpflanzen und ihre<br />

medizinische Wirkung<br />

Mit allen Wassern gewaschen<br />

Balz- und Paarungsverhalten<br />

Typische Reviergewässer:<br />

Der Gewöhnliche Naturgärtner hat<br />

eine hohe Affinität zu Gewässern<br />

aller Art und scheut auch vor<br />

Gletscher bächen nicht zurück.<br />

Ein Schwimmteich ist fast immer<br />

fester Bestandteil seines Reviers , mag<br />

er auch noch so klein sein.<br />

Der Sinn beheizbarer Schwimmteiche bleibt weiterhin umstritten.<br />

Durch die intensive Präsentation von<br />

entsprechenden Schlüsselreizen versucht<br />

das Weibchen, die schwerfällige Gleichgültigkeit<br />

des Männchens zu durchbrechen.<br />

Paula Polak und Werner David<br />

Wildpflanzen haben im Lauf der Jahrtausende eine Fülle an sekundären Pflanzenstoffen<br />

hervorgebracht. Sie fungieren zum Schutz gegen Fressfeinde und als Abwehr<br />

gegen Viren, Bakterien und Pilze an ihrem natürlichen Standort. Sie dienen in<br />

Form von Farb- und Aromastoffen aber auch als Lockmittel, z.B. zur Bestäubung.<br />

Viele dieser Verteidigungsstoffe sind nicht<br />

nur für die Fressfeinde giftig, sondern auch<br />

für die Pflanzen selbst. Zum Selbstschutz<br />

speichern sie sie in spezialisierten Zellen<br />

(z.B. Vakuole, Brennhaare, Harzgänge). Erst<br />

bei deren Zerstörung werden die Stoffe<br />

freigesetzt.<br />

Einen Großteil dieser Wirkstoffe (wie z.B. Saponine,<br />

Polyphenole, Flavonoide oder Sulfide)<br />

haben sich die Menschen seit ehedem<br />

als Heilmittel zunutze gemacht. Die breite<br />

Palette an frisch erzeugten Vitaminen und<br />

Mineralstoffen im Pflanzenstoffwechsel<br />

qualifiziert sie zudem zu genial komponierten<br />

Nahrungsergänzungsmitteln.<br />

So wird die Verwendung als Wildgemüse<br />

heute wieder salonfähig und hat das Image<br />

des Armeleuteessens der Nachkriegszeit<br />

überwunden. Allerdings sind unsere Geschmacksnerven<br />

die „wilden Geschmacksnoten“<br />

oft nicht mehr gewöhnt. Der weit<br />

verbreitete Bittergeschmack dient aber der<br />

Verdauungsanregung (verbesserter Säftefluss<br />

aller Verdauungsorgane), sättigt nach-<br />

haltiger, reduziert Süßhunger, wirkt bauchbetontem<br />

Übergewicht entgegen, wirkt<br />

gärungs- und fäulniswidrig im Darm und<br />

energiesteigernd. Der starke Basenüberschuss<br />

hilft unsere säurelastige Ernährung<br />

auszubalancieren und durch die Alkalisierung<br />

des Stoffwechsels wird die Entgiftungsleistung<br />

des Körpers verbessert.<br />

senkend, verbessert die Fließeigenschaften<br />

des Blutes und regt die Verdauung an.<br />

Wenn wir die wenigen Wochen der Bärlauchzeit<br />

zu reichlichem Genuss nutzen (1<br />

Handvoll pro Tag), betreiben wir aktive Gesundheitsvorsorge.<br />

Bärlauch (Allium ursinum)<br />

Vorgestellt werden einige Pflanzen, die im<br />

<strong>Naturgarten</strong> häufig zu finden sind, aber in<br />

ihrer Heilwirkung oft unterschätzt werden.<br />

g<br />

Bärlauch (Allium ursinum)<br />

Bärlauch kommt in manchen Gärten wild<br />

vor, kann aber in halbschattigen, sickerfeuchten<br />

Lagen auch angesät werden.<br />

Aufgrund des weitaus höheren Gehaltes<br />

an schwefelhaltigen Inhaltsstoffen im Vergleich<br />

zum Knoblauch eine sehr wichtige<br />

Entgiftungspflanze (Schwermetalle, pathogene<br />

Darmbakterien, -pilze, allgemeine<br />

Blutreinigung). Verhindert und entfernt<br />

Ablagerungen an den Gefäßwänden und<br />

senkt die Blutfettwerte, wirkt blutdruckg<br />

Braunelle (Prunella vulgaris)<br />

Dieser Kriechpionier schafft es, sich unter<br />

fast jedem Rasenmäher weg zu ducken und<br />

ist daher ebenso wie das Gänseblümchen<br />

eine häufige Rasenpflanze. Sie hat stark<br />

antivirale, antibakterielle und wundheilende<br />

Eigenschaften und eignet sich gut zur<br />

Behandlung von Entzündungen von Hals<br />

und Mundschleimhaut. Auch bei Herpes<br />

simplex hat sie sich bewährt. In der chinesischen<br />

Medizin wird sie häufig bei Fieber<br />

und Leberschwäche eingesetzt. >>><br />

36 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 37


Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Frauenmantel (Alchemilla vulgaris )<br />

Frauenmantel (Alchemilla<br />

vulgaris – Sammelart)<br />

Gemeint ist hier die Wildform, die Zierarten<br />

enthalten vermutlich weniger Inhaltsstoffe.<br />

Wie der Name schon suggeriert, eine wichtige<br />

Frauenheilpflanze, die sowohl innerlich<br />

u.a. zur Fruchtbarkeitsförderung und<br />

bei Wechseljahresbeschwerden, als auch<br />

äußerlich zu Spülungen im Genitalbereich<br />

Verwendung findet. Außerdem wirksam<br />

bei leichten unspezifischen Durchfallerkrankungen<br />

aufgrund der Gerbstoffe.<br />

g<br />

Giersch, Geißfuß<br />

(Aegopodium podagraria)<br />

Der Schrecken der Gärtner hat nicht nur<br />

seine Tücken, sondern auch beachtliche<br />

Heilkräfte. Diesen unvergleichlichen Lebenswillen<br />

können wir uns unter dem Motto:<br />

“Unkraut vergeht nicht“ direkt einverleiben.<br />

Auffällig ist besonders der hohe Gehalt<br />

an Kalium, etwas weniger auch an Vitamin<br />

C, was den Giersch bei Ausleitungsvorgängen,<br />

speziell der überschüssigen Harnsäure<br />

bei Gicht, unentbehrlich macht. Der Name<br />

„podagraria“ verdeutlicht die uralte Verwendung<br />

in vielen Kulturkreisen für die Podagra,<br />

das Zipperlein, heute Gicht genannt.<br />

Mit einer Auflage der zerquetschten Blätter<br />

bewirkt er Schmerzlinderung, Rückgang<br />

der Schwellung und Entzündung. Dies wird<br />

mit einer innerlichen Einnahme in ansteigender<br />

Dosierung als Presssaft, Smoothie,<br />

Salat oder Gemüse kombiniert<br />

g<br />

Gundermann, Gundelrebe<br />

(Glechoma hederacea)<br />

Diese Pionierpflanze mit starker Ausläuferbildung<br />

ist spezialisiert auf eitrige Erkrankungen<br />

und Blutreinigung (z.B. auch<br />

Schwermetalle), wirkt wundheilend, entzündungshemmend<br />

und schleimlösend.<br />

Auch bei Entzündungen im Mund-/Rachenraum<br />

und Sommergrippe hilfreich. Bitterstoffe<br />

stärken Verdauungssystem und Leber.<br />

unten: Giersch, Geißfuß<br />

(Aegopodium podagraria)<br />

Gundermann, Gundelrebe<br />

(Glechoma hederacea)<br />

g<br />

Johanniskraut<br />

(Hypericum perforatum)<br />

Speziell das Getüpfelte Johanniskraut (Blüten<br />

beim Zerreiben rot färbend, Blätter perforiert<br />

aussehend, Stängel mit 2 Riefen) enthält<br />

die meisten Wirkstoffe in den obersten<br />

10 cm der Pflanze. Hinlänglich bekannt zur<br />

Stimmungsaufhellung, der rote Ölauszug<br />

äußerlich wirksam bei Nerven-/Muskelschmerzen<br />

und Verbrennungen. Der Wirkstoff<br />

Hyperforin, der den höchsten Gehalt in<br />

den Samen aufweist, hat zudem eine starke<br />

antibakterielle Wirkung, die v.a. in der Behandlung<br />

von Hauterkrankungen mit multiresistenten<br />

Keimen gute Dienste leistet.<br />

Johanniskraut (Hypericum perforatum)<br />

Karde (Dipsacus fullonum)<br />

Karde (Dipsacus fullonum)<br />

Die Karde soll als Symbolpflanze des <strong>Naturgarten</strong><br />

e.V. natürlich nicht unerwähnt bleiben.<br />

Ihre ausleitende Wirkung bei Borreliose<br />

wurde von Wolf-Dieter Storl bekannt<br />

gemacht. In der Volksheilkunde wird sie<br />

schon seit langem gegen Arthrose, Entzündung<br />

der Wirbelgelenke und Verletzungen<br />

im Bewegungsapparat angewandt. Für diese<br />

Indikationen wird sie auch in der chinesischen<br />

Medizin eingesetzt und ist zudem<br />

ein wichtiges Wundheilmittel.<br />

g<br />

Schafgarbe<br />

(Achillea millefolium)<br />

Sie ist eine wurzelkriechende Vielheilerin.<br />

Linderung von krampfartigen Schmerzen<br />

im Bauchraum ist eine ihrer Stärken, ebenso<br />

die stark wundheilende, entzündungshemmende<br />

und desinfizierende Wirkung, wobei<br />

die meisten Inhaltsstoffe in der Blüte sitzen.<br />

Sie eignet sich daher für viele Beschwerden<br />

der Frauenheilkunde, Magen-Darm-Grippe,<br />

Magenschleimhaut entzündung und Hautleiden<br />

allgemein. Weitere Inhaltsstoffe wie<br />

Bitterstoffe oder ein hoher Kaliumgehalt<br />

sind hilfreich zur Verdauungsanregung und<br />

für die Funktion von Leber und Nieren.<br />

g<br />

Stinkender Storchenschnabel<br />

(Geranium robertianum)<br />

Ist ebenso ein hilfreiches Heilmittel bei Entzündungen<br />

im Mund-/Rachenraum und bei<br />

Herpes simplex aufgrund seiner antibakteriellen<br />

und antiviralen Wirkung. Zusätzlich<br />

werden der Lymphfluss und die allgemeine<br />

Entgiftung angeregt. Als „Kindsmacher“<br />

dient er in der Volksheilkunde zur Fruchtbarkeitssteigerung<br />

von Mensch und Tier.<br />

g<br />

Vogelmiere (Stellaria media)<br />

Fällt v.a. beim Jäten im Gemüsebeet an,<br />

da sie nährstoffreiche Standorte liebt. Ihr<br />

äußerst hoher Gehalt an Kalium und Eisen<br />

sowie Vitamin C empfehlen es als sehr hochwertiges<br />

und schmackhaftes Wildgemüse,<br />

ist aber auch für viele Rheumatiker aufgrund<br />

der ausleitenden Eigenschaften wertvoll.<br />

Pfarrer Kneipp lobte sie als Lungenkraut,<br />

aufgrund der schleimlösenden Eigenschaften<br />

und der enthaltenen Kieselsäure.<br />

Schafgarbe (Achillea millefolium)<br />

Stinkender Storchenschnabel (Geranium robertianum)<br />

Erwähnenswert wären natürlich noch einige<br />

andere wie Gänseblümchen, Brunnenkresse,<br />

Schlehenblüten oder Berberitzenwurzel,<br />

während die Unterstützung bei der<br />

Gesunderhaltung durch Brennnessel oder<br />

Löwenzahn den meisten vermutlich geläufiger<br />

ist.<br />

Die Heilwirkung dieser frischen und getrockneten<br />

Pflanzen können wir beispielsweise<br />

als Tee nutzen. Besonders gemörserte frische<br />

Blätter und Blüten oder klein geschnittene<br />

Wurzeln eignen sich auch zur Herstellung<br />

von konzentrierten alkoholischen<br />

Auszügen. Als hochwertige vitaminreiche<br />

Wildgemüse oder grüne Mixgetränke bereichern<br />

etliche der erwähnten Heilkräuter v.a.<br />

im Frühjahr auch unseren Speisezettel.<br />

Haben wir erst einmal die vitalisierende und<br />

regenerierende Wirkung dieser Grünkraft<br />

erlebt, beginnen wir so manche dieser Gartenbewohner<br />

mit anderen Augen zu sehen.<br />

Ellen Huber<br />

Dipl.-Biologin, Heilpraktikerin<br />

Heilpflanzenschule Millefolia<br />

D - 94545 Hohenau<br />

3 08558 – 69 89 222<br />

info@heilpflanzenschule-millefolia.de<br />

www.heilpflanzenschule-millefolia.de<br />

38 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 39


Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Spätsommerblüher<br />

Was assoziiert Ihr<br />

pflanzenbegeistertes Auge<br />

wohl mit diesem Begriff?<br />

Sonnenblumen, Rudbeckien, Echinacea,<br />

Herbstastern? Das kann kein Zufall sein, da<br />

die attraktivsten Spätsommer- und herbstblühenden<br />

Gartenstauden größtenteils aus<br />

den nordamerikanischen Prärien stammen.<br />

Diese entfalten nach Frühjahrsbränden<br />

und Sommerregen im Spätsommer ihre<br />

größte Blütenpracht, weshalb dekorative<br />

und robuste Präriestauden auch oft unsere<br />

spätsommerlichen Gärten schmücken. Nun<br />

stellt sich für naturnahe Gärten die Frage,<br />

welche Spätsommerblüten die einheimische<br />

Flora nach ihrem Blütenreigen im Mai<br />

und Juni bietet?<br />

Da sind zunächst die unermüdlichen Dauerblüher<br />

wie beispielsweise Schafgarbe,<br />

Berg-Flockenblume, Brunelle oder Wilde<br />

Malve zu nennen, die unter günstigen Umständen<br />

bis weit in den Herbst hinein blühen<br />

können. Ein gezielter Rückschnitt nach<br />

der Blüte veranlasst remontierende Arten<br />

wie viele Glockenblumen und die Skabiosen-Flockenblume<br />

zu einer recht zuverlässigen,<br />

wenn auch schwächeren Zweitblüte.<br />

Die einheimische Flora bietet uns tatsächlich<br />

einige Spätblüher, die freundlicherweise<br />

in unterschiedlichsten Lebensräumen vorkommen,<br />

was auch im Garten die Möglich-<br />

Arten mit sich bringt. Besonders eindrückliche<br />

Staudengestalten wie Klette, Eselsdistel,<br />

Wilde Karde oder Wermut lassen sich am<br />

ehesten als gut platzierte Solitäre verwenden.<br />

In meinem Garten haben sich Wasserdost,<br />

Sigmarswurz, Sicheldolde und Herzgespann<br />

als besonders gartenwürdig erwiesen.<br />

Sonnig warmer, humoser<br />

Saum und Magerwiese<br />

Bei der Betrachtung gartenwürdiger, spätblühender<br />

Wildstauden kann man diese<br />

beiden Lebensräume gut zusammenbringen,<br />

da sich viele ausdauernde Stauden<br />

nicht nur für die Verwendung in Gehölzsäumen<br />

und Magerwiesen, sondern auch<br />

sehr gut für den Aufbau stabiler und pflegearmer,<br />

sonnig-humoser Rabatten im<br />

naturnahen Garten eignen. Aus meiner<br />

Erfahrung, durch die glückliche Kombination<br />

von dekorativer Blüte, Raumwirkung<br />

und Robustheit, für unverzichtbar halte ich<br />

Odermennig, Sichelhasenohr, Bergminze,<br />

Nesselblättrige Glockenblume, Skabiosen-<br />

Flockenblume, Berg-Aster, Klebriger Salbei<br />

und Salbeiblättriger Gamander, der letztgenannte<br />

ist obendrein wintergrün.<br />

Trockenstandort und<br />

Trockenmauern<br />

Trockenwarme, humusarme kiesig-sandige<br />

oder steinige Trockenstandorte zählen,<br />

besonders in Kombination<br />

mit sonnigen<br />

Sitzplätzen, Hausmauern,<br />

Höhenunterschieden<br />

mit Treppen und<br />

Trockenmauern, zu den<br />

spannendsten Lebensräumen<br />

im naturnahen Garten, da der im Vergleich<br />

zur reduzierten Blattmasse und den<br />

kargen Lebensbedingungen überreiche<br />

Blütenschmuck besonders beeindruckt.<br />

Umgekehrt sind späte Blüten hier besonders<br />

wichtig als Kontrast zu spärlichem<br />

Blattschmuck und spätsommerlicher Dürre.<br />

Erfreulicherweise sind einige der zuletzt<br />

aufblühenden einheimischen Wildstauden<br />

Komplette<br />

Tabelle auf<br />

Seite 42<br />

Skabiosenflockenblume<br />

(Centaurea scabiosa)<br />

Europäisches Alpenveilchen<br />

(Cyclamen purpurascens)<br />

Schwalbenwurzenzian<br />

(Gentiana asclepiadea )<br />

Sigmarswurz<br />

(Malva alcea)<br />

Herbstzeitlose<br />

(Colchicum autumnale)<br />

Rossminze<br />

(Mentha longifolia)<br />

Teufelsabbiss<br />

(Succisa pratensis)<br />

Blutweiderich<br />

(Lythrum salicaria)<br />

Wilder Majoran<br />

(Origanum vulgare)<br />

Rosmarinblättriges Weidenröschen<br />

(Epilobium dodonaei)<br />

Raukenblättriges Greiskraut<br />

(Senecio erucifolius)<br />

Gold-Aster<br />

(Aster linosyris)<br />

Berg-Aster<br />

(Aster amellus)<br />

Wohlriechender Lauch<br />

(Allium suavolens)<br />

Besenheide<br />

(Calluna vulgaris)<br />

Hasen-Klee<br />

(Trifolium arvense)<br />

Vielblütiger Salomonsiegel<br />

(Polygonatum multiflorum)<br />

Aronstab<br />

(Arum maculatum)<br />

keit schafft, unterschiedliche Gartenstandorte<br />

gezielt mit spätsommerlichen Blüten zu<br />

beleben. Der Begriff Spätsommer ist dehnbar:<br />

da unsere Flora einen deutlichen Blütenschwerpunkt<br />

in den Monaten Mai und<br />

Juni aufweist, möchte ich in diesem Kontext<br />

diejenigen gartenwürdigen Stauden<br />

betrachten, welche ab Juli bis mindestens<br />

in den August hinein blühen. Ich gruppiere<br />

diese Arten dabei nach Lebensräumen.<br />

Der Gehölzschatten<br />

Schattige, im Spätsommer bei guter Wasserversorgung<br />

üppig grüne, Gartenbereiche<br />

im Gehölz- oder Hausschatten mit<br />

Blütenflor zu beleben, bietet angesichts<br />

des schmalen Angebotes eine interessante<br />

Herausforderung. In eher trockenen Bereichen<br />

bieten sich gelbe Korbblütler wie<br />

Wald- und Savoyer-Habichtskraut, Echte<br />

Goldrute und Dürrwurz an, die Wald-Witwenblume<br />

und das wenig bekannte meterhohe<br />

Wald-Labkraut zeigen lila und weiße<br />

Blüten. Besonders bemerkenswert ist das<br />

nach Maiglöckchen duftende Europäische<br />

Alpenveilchen, das in Föhntälern der Alpen<br />

nicht selten bis zum ersten Frost blüht. In<br />

eher feuchteren Bereichen sind das im August<br />

leuchtendgelb blühende, hochwüchsige<br />

Fuchs-Kreuzkraut sowie der tiefblau<br />

blühende Schwalbenwurz-Enzian besonders<br />

erwähnenswert. Nicht zu vergessen ist<br />

auch die Möglichkeit mit spätsommerlich<br />

beerentragenden Schattenstauden wie Salamonsiegel<br />

und Christophkraut Farbe in<br />

den Gehölzschatten zu bringen.<br />

Waldschlag und<br />

Ruderalstandort<br />

Diese beiden humus- und nähstoffreichen,<br />

sonnig warmen Lebensräume zeichnen sich<br />

naturgemäß durch eine hohe Dynamik aus,<br />

was für die gärtnerische Umsetzung beachtenswerte<br />

Eigenschaften wie Kurzlebigkeit<br />

und/oder starker Ausbreitungsdrang vieler<br />

hier anzusiedeln, wie Berg-Lauch, Rosmarinblättriges<br />

Weidenröschen, Echter Ysop<br />

(nur Wallis), Grasblättrige Skabiose (nur<br />

Tessin über Kalk), Bergaster und die feingliedrige,<br />

leuchtend goldgelb blühende<br />

Gold-Aster.<br />

Fechtgraben und Feuchtwiese<br />

Feuchtwiesen dürften eher selten zum Inventar<br />

eines naturnahen Gartens gehören,<br />

feuchte, schwere Lehmstandorte oder zur<br />

Dachwasserversickerung gezielt angelegte<br />

Feuchtgräben und rückwärtige Bereiche<br />

von Teichufern dagegen schon. Das Angebot<br />

an spätblühenden Wildstauden ist<br />

hier recht groß, denn viele Wildstauden,<br />

darunter auch strukturbildende Arten wie<br />

Spierstaude, Rossminze und Blutweiderich,<br />

nutzen das spätsommerliche Feuchtigkeitsangebot<br />

des Standortes für eine späte<br />

Blüte zur Zeit der größten Insektenentfaltung.<br />

Viel zu wenig Verwendung findet der<br />

elegant blauviolett blühende Teufelsabbiss,<br />

der sich im Garten als ein wahrer Bienenmagnet<br />

erweist.<br />

Spätblühende einheimische Wildsträucher<br />

Total tote Hose oder „sorry, we are closed“.<br />

Da lässt sich nichts beschönigen oder herbeizaubern,<br />

mit der großen Ausnahme des<br />

herbstblühenden, durch seinen Ausbreitungsdrang<br />

aber häufig problematischen<br />

Efeus, gibt es keine einheimischen, spätblühenden<br />

Sträucher. Dies ist den Sträuchern<br />

aber keinesfalls zur Last zu legen, denn<br />

schließlich schmücken die sich gerade<br />

überreich mit bunten Beeren und beginnender<br />

Herbstverfärbung.<br />

Peter Steiger<br />

Landschaftsarchitekt<br />

CH – 4118 Rodersdorf<br />

3 0041 - (0)61 733 04 07<br />

peter.steiger@me.com<br />

www.pulsatilla.ch<br />

40 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 41


Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Anzeige<br />

Einheimische Spätsommerblüher für den naturnahen Garten<br />

Name Wissenschaftlicher Name Blühmonate/<br />

Blütenfarbe<br />

Blütenstauden mit langer Blütezeit (Auswahl), diverse Lebensräume<br />

Gemeine Schafgarbe Achillea millefolium 6-10 weiss<br />

Gew. Ochsenzunge Anchusa officinalis 5-10 tiefblau<br />

Grosse Sterndolde Astrantia major 6-10 weiss/rosa<br />

Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia 5-10 blau<br />

Berg-Flockenblume Centaurea montana 5-10 blau/violett<br />

Pyrenäen-Storchenschnabel Geranium pyrenaicum 5-10 lila<br />

Sumpf-Storchenschnabel Geranium palustre 6-10 violettrot<br />

Knotiger Storchenschnabel Geranium nodosum 5-10 hellviolett<br />

Gemeines Leinkraut Linaria vulgaris 6-10 gelb/orange<br />

Wilde Malve Malva silvestris 6-10 purpur<br />

Grosse Braunelle Prunella grandiflora 6-10 blauviolett<br />

Quendel Thymus pulegioides 5-10 rosapurpur<br />

Grossblütige Königskerze Verbascum densiflorum 6-10 gelb, zweijährig<br />

Lebensraum Gehölzschatten trocken-frisch<br />

Europäisches Alpenveilchen Cyclamen purpurascens 6-11 rosapurpur,<br />

Duft<br />

Wald-Labkraut Galium sylvaticum 7-9 weiss<br />

Waldhabichtkraut Hieracium murorum 6-10 tiefgelb<br />

Echte Goldrute Solidago virgaurea 7-10 gelb<br />

Savoyer Habichtskraut Hieracium sabaudum 8-10 gelb<br />

Dürrwurz Inula conyza 7-9 gelbbraun<br />

Waldwitwenblume Knautia dipsacifolia 6-9 lila<br />

Lebensraum Gehölzschatten, frisch-feucht, tiefgründig-lehmig<br />

Wald-Engelwurz Angelica sylvestris 7-10 weiss<br />

Fuchs Kreuzkraut Senecio ovatus 7-8 gelb<br />

Schwalbenwurzenzian Gentiana asclepiadea 8-10 tiefblau<br />

Wildstauden mit Beerenschmuck im frischen Gehölzschatten<br />

Christophkraut Actaea spicata schwarze Beere<br />

Vielblütiger Salomonsiegel Polygonatum multiflorum blaue Beere<br />

Quirlblättriger Salomonsiegel Polygonatum verticillatum rote Beere<br />

Lebensraum Waldschlag, nährstoffreich, sonnig<br />

Tausendgüldenkraut Centaurium erythraea 7-9 rosa, zweijährig<br />

Wilde Karde Dipsacus fullonum 7-8 lila, zweijährig<br />

Behaarte Karde Dipsacus pilosus 7-8 weiss, zweijährig<br />

Wasserdost Eupatorium cannabinum 7-9 lilarosa<br />

Schmalbl. Weidenröschen Epilobium angustifolium 6-8 karminrosa<br />

Lebensraum Ruderalstandort, nährstoffreich, sonnigwarm<br />

Grosse Klette Arctium lappa 7-9 rotviolett<br />

Kleine Klette Arctium minor 7-9 rotviolett<br />

Wermut Artemisia absinthium 7-9 gelblich<br />

Gemeiner Beifuss Artemisia vulgaris 7-9 gelblich<br />

Nickende Distel Carduus nutans 7-8 purpur<br />

Wegwarte Cichorium intybus 7-10 hellblau,<br />

kurzlebig<br />

Wollköpfige Kratzdistel Cirsium eriophorum 7-9 purpur<br />

Sicheldolde Falcaria vulgaris 7-10 weiss<br />

Herzgespann Leonurus cardiaca 7-9 altrosa<br />

Sigmarswurz Malva alcea 7-10 rosa<br />

Eselsdistel Onopordum acanthium 7-9 purpur,<br />

zweijährig<br />

Mehlige Königskerze Verbascum lychnitis 7-10 weissgelb,<br />

zweijährig<br />

Lebensraum sonnigwarmer, humoser Saum<br />

Gemeiner Odermennig Agrimonia eupatoria 7-9 gelb<br />

Sichelhasenohr Bupleurum falcatum 7-10 goldgelb<br />

Bergminze Calamintha nepeta 7-10 blasslila<br />

Nesselglockenblume Campanula trachelium 7-10 violett<br />

Klebrige Kratzdistel Cirsium erisithales 7-9 hellgelb<br />

Wirbeldost Clinopodium vulgare 7-10 hellpurpur<br />

Doldiges Habichtskraut Hieracium umbellatum 8-10 gelb<br />

Wilder Majoran Origanum vulgare 7-10 rosapurpur<br />

Kümmelblättriger Haarstrang Peucedanum carvifolia 8-10 weisslich<br />

Hirschwurz Peucedanum cervaria 7-10 weiss<br />

Klebriger Salbei Salvia glutinosa 7-10 blassgelb<br />

Purpurrote Fetthenne Sedum telephium 7-9 purpur<br />

Raukenblättriges Greiskraut Senecio erucifolius 8-9 gelb<br />

Salbeiblättriger Gamander Teucrium scorodonia 6-8 blassgelb<br />

Lebensraum sonnigwarme, nährstoffarme Magerwiesen<br />

Berg-Aster Aster amellus 8-10 lila/gelb<br />

Golddistel Carlina vulgaris 7-9 strohgelb<br />

Skabiosenflockenblume Centaurea scabiosa 6-9 purpur<br />

Karthäusernelke Dianthus carthusianorum 6-9 karminrot<br />

Pracht-Nelke Dianthus superbus 6-9 rosa, Duft<br />

Lebensraum sonnigwarmer, humusarmer,<br />

steinig-kiesiger Trockenstandort, Trockenmauer<br />

Berg-Lauch Allium lusitanicum 7-9 dunkelrosa, Duft<br />

Feld-Beifuß Artemisia campestris 7-9 gelblich<br />

Gold-Aster Aster linosyris 8-10 gelb<br />

Niedliche Glockenblume Campanula cochleariifolia 6-8 hellblau<br />

Rheinische Flockenblume Centaurea stoebe 7-9 lilarosa,<br />

zweijährig<br />

Rosmarinblättriges<br />

Epilobium dodonaei<br />

7-9 hellpurpur<br />

Weidenröschen<br />

Echter Ysop Hyssopus officinalis 8-9 tiefblau, aromatisch,<br />

nur Wallis<br />

Grasblättrige Skabiose Lomelosia graminifolia 8-10, helllila,<br />

nur Tessin<br />

Felsen-Mauerpfeffer Sedum reflexum 7-9 gelb<br />

Hirschheil Seseli libanotis 7-9, weiss<br />

Ähriger Ehrenpreis Veronica spicata 7-9, tiefblau<br />

Lebensraum Hochstaudenflur<br />

Alpen-Schuppenkopf Cephalaria alpina 7-8 hellgelb<br />

Lebenstraum Feuchtgraben, Feuchtwiese<br />

Sumpf-Schafgarbe Achillea ptarmica 7-8 weiss<br />

Wohlriechender Lauch Allium suavolens 8-9 lilarosa, Duft<br />

Kohldistel Cirsium oleraceum 7-9 blassgelb<br />

Verschiedenblättrige<br />

Cirsium helenoides<br />

7-8 purpur<br />

Kratzdistel<br />

Spierstaude/Mädesüß Filipendula ulmaria 7-9 weiss<br />

Ross-Kümmel Silaum silaus 7-10 gelbgrün<br />

Herbstzeitlose Colchicum autumnale 8-10 rosalila,<br />

stark giftig<br />

Preußisches Laserkraut Laserpitium prutenicum 7-9 weiss<br />

Blutweiderich Lythrum salicaria 7-9 karmin<br />

Rossminze Mentha longifolia 7-9 blasslila<br />

Flohkraut Pulicaria dysenterica 7-9 gelb<br />

Färberscharte Serratula tinctoria 7-9 purpur<br />

Teufelsabbiss Succisa pratensis 8-9 blauviolett<br />

Spätblühender Strauch<br />

Efeu Hedera helix 9-10 gelblich<br />

Eine gute Website ist Heute unverzichtbar für<br />

jeden Betrieb.<br />

Das große Problem aber liegt oft in der<br />

Kommunikation mit dem Internet-<br />

Dienstleister. Zu groß sind dann die Lücken<br />

zwischen den beiden Welten.<br />

NYXOS ONLINE<br />

Konzeption und Softwareentwicklung für Web und iOS<br />

Websites, Beratung und mehr<br />

Als empathischer Mensch, der seine Wurzeln<br />

nicht in der verkopften EDV-Welt hat, sondern<br />

aus einem sozialen Beruf stammt, sowie<br />

direkt mit dem <strong>Naturgarten</strong> e.V. verbunden -<br />

bin ich bestens dazu in der Lage, Ihre<br />

wirklichen Internet-Bedürfnisse herauszufinden.<br />

Gemeinsam entwickeln wir ein Konzept für Ihre (neue oder aufgefrischte) Website und so wächst am Ende<br />

tatsächlich ein Produkt, welches nicht nur klassisch Informationen vermittelt, sondern in dem man auch Ihre<br />

Persönlichkeit erkennt.<br />

Denn es gibt genug gut aussehende, aber dann doch kalte und seelenlose Websites.<br />

Besuchen Sie doch einfach meine eigene Seite, dort finden Sie auch aktuelle Bespiele und Referenzen.<br />

Möchten Sie aber lieber vorab schon ein wenig mehr über meine Person erfahren, so lasse ich an dieser<br />

Stelle zwei meiner Kunden zu Wort kommen:<br />

"Stefan Völker betreut seit 2010 die umfangreiche <strong>Naturgarten</strong>-Homepage als professioneller<br />

Webmaster. Am meisten schätze ich seine Geschwindigkeit und die Qualität seiner Arbeit: Es gab<br />

bisher kein Problem, das er nicht in kürzester Zeit gelöst und keinen Wunsch, den er nicht zu unserer<br />

größten Zufriedenheit realisiert hätte. Die Zusammenarbeit macht auch auf der menschlichen Seite<br />

viel Spaß, denn Stefan ist sehr sympathisch, kreativ, nett und innovativ".<br />

Kerstin Lüchow, <strong>Naturgarten</strong> e.V.<br />

"Stefan Völker gestaltet und betreut seit 2007 meinen Webauftritt. Vor allem half er mir, dass ich das<br />

selber pflegen kann. Das schätze ich sehr. Ihn auch!"<br />

Reinhard Witt<br />

NYXOS ONLINE — Stefan Völker<br />

Kohlgruber Str. 19 | 82418 Murnau | www.nyxos.de | Tel.: 08841 / 998 99 66<br />

*Namen und Blütezeit sind der Flora Helvetica (LAUBER WAGNER 2012) entnommen. Zusammenstellung dieser Liste durch Peter Steiger, Gartenarchitekt, Rodersdorf, Schweiz.<br />

42 Natur & Garten April 2013


Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Behaarte Karde (Dipsacus pilosus)<br />

Foto: Kerstin Lüchow<br />

Dieser Mechanismus hat zu einem Produkt<br />

geführt, das aus dem heutigen Alltag<br />

nicht mehr wegzudenken ist – dem Klettverschluss.<br />

Die zündende Idee hatte der<br />

Schweizer Ingenieur Georges de Mestral<br />

1941, als er zum wiederholten Male zunehmend<br />

angenervt die Kletten aus dem Fell<br />

seines Jagdhundes entfernte. 1951 wurde<br />

der Klettverschluss patentiert, 1959 kam<br />

das erste Modell unter dem Namen „Velcro“<br />

(Velours = Samt + crochet = Haken). Die<br />

derzeit modernste Variante („Metaklett“)<br />

besteht aus Federstahl, funktioniert noch<br />

bei 800°C und hält einer Zugkraft von 35<br />

Tonnen pro Quadratmeter stand.<br />

eine Effizienz und Eleganz aus, von der die<br />

Techniker zunächst nur träumen können.<br />

Die Bedeutung der Bionik wird daher in Zukunft<br />

sicher zunehmen. Der Klettverschluss<br />

war das erste, auch wirtschaftlich erfolgreiche<br />

Produkt dieses Wissenschaftszweiges,<br />

eine Tatsache, auf die unsere Kletten schon<br />

ein bisschen stolz sind.<br />

Die gute Nachricht: Es gibt bei uns nur vier<br />

einheimische Klettenarten:<br />

Kleine Klette (Arctium minus) bis 100 cm<br />

Filzige Klette (A. tomentosum) bis 120 cm<br />

Große Klette (A. lappa) bis 150 cm<br />

Hainklette (A. nemorosum) bis 250 cm<br />

Mariendisteln (Gattung Silybum) und die<br />

Gänsedisteln (Gattung Sonchus).<br />

Disteln im engeren Sinn sind die Eselsdisteln<br />

(Gattung Onopordum), die Kratzdisteln<br />

(Gattung Cirsium = 11 einheimische Arten)<br />

und die Ringdisteln (Gattung Carduus = 5<br />

einheimische Arten). Es gibt in Deutschland<br />

nur eine einheimische Art der Eselsdisteln,<br />

die Gewöhnliche Eselsdistel (Onopordum<br />

acanthium). Mit ihrer Größe von bis zu 300<br />

cm, den am Stängel herablaufenden, stachelige<br />

Flügel bildenden Blättern und der<br />

weißfilzigen Behaarung lässt sich diese Art<br />

nur grob vorsätzlich falsch bestimmen.<br />

Stachelige Schönheiten:<br />

Kletten, Disteln und Karden<br />

Wie unterscheiden sich<br />

Dornen und Stacheln?<br />

Um sich einzuprägen, welche Pflanzen<br />

Dornen und welche Stacheln tragen, orientiert<br />

man sich am besten am Volksmund.<br />

Der liegt nämlich genau falsch! Der sprichwörtlich<br />

stachlige Kaktus besitzt aus botanischer<br />

Sicht Dornen, die genauso sprichwörtliche<br />

dornige Rose dagegen Stacheln.<br />

Dornen sind ganz oder teilweise umgewandelte<br />

Pflanzenorgane, daher sitzen sie<br />

an klar definierten Positionen (nämlich an<br />

Stelle der ursprünglichen Organe) z.B. die<br />

Blattdornen der Berberitze oder die Kurzsprossdornen<br />

der Schlehe. In der Regel<br />

dienen sie der Verteidigung der Pflanze, bei<br />

den Kakteen auch der drastischen Reduktion<br />

der verdunstenden Blattoberfläche. Die<br />

Stacheln der Brombeeren, Himbeeren und<br />

Rosen sind dagegen willkürlich über die<br />

Pflanzenoberfläche verteilt. Stacheln sind<br />

lediglich Ausstülpungen des Rindengewebes,<br />

das tieferlegende Holzgewebe (Xylem)<br />

ist nicht an der Bildung beteiligt. Deswegen<br />

lassen sich die Stacheln der Rose vergleichsweise<br />

leicht vom Stängel entfernen.<br />

Versucht man das Gleiche bei den Kurzsprossdornen<br />

der Schlehe, wird der Dorn<br />

komplett zerstört.<br />

Kletten<br />

Wie die Disteln gehören sie zur artenreichsten<br />

Pflanzenfamilie in Europa, den<br />

Korbblütlern (Compositae, Asteraceae). Die<br />

einzelne „Blüte“ ist in Wirklichkeit ein aus<br />

vielen röhrenförmigen Einzelblüten zusammengesetzter<br />

Blütenstand. Das lässt sich<br />

besonders schön an einem fruchtenden<br />

Löwenzahn beobachten, jede der Einzelblüten<br />

produziert jeweils nur einen Samen<br />

mit dem typischen Fallschirmchen.<br />

Typisch für die Blüten- und Fruchtstände<br />

der Kletten sind die Hüllblätter mit ihren<br />

hakig gekrümmten, elastischen Spitzen,<br />

die gierig nach einem Kontakt mit Fell oder<br />

Fellersatz in Form von Naturgärtnerbekleidung<br />

lechzen. Die Mobilität von Pflanzen<br />

hält sich dummerweise in recht überschaubaren<br />

Grenzen. Es hätte aber zwei entscheidende<br />

Nachteile, die Samen an Ort und<br />

Stelle fallen zu lassen: Zum einen würde<br />

sich die Pflanze dadurch selbst Konkurrenz<br />

machen, zum anderen würde bei einer Zerstörung<br />

des Standortes auch der gesamte<br />

Nachwuchs vernichtet. Der Transport der<br />

Samen ist daher eine Frage des Überlebens.<br />

Diese Rolle können Wind, Wasser, Ameisen,<br />

Vögel oder andere tierische Vehikel übernehmen.<br />

Die Klette setzt auf das Fell größerer<br />

Säuger, in dem sich die hakigen Hüllblätter<br />

der Fruchtstände mit erstaunlicher<br />

Hartnäckigkeit verankern. Die trocknenden<br />

Fruchtstände öffnen sich nach und nach<br />

immer weiter und verstreuen so über einen<br />

längeren Zeitraum die Samen der Pflanze.<br />

Haken der Klettenfrucht<br />

Filzige Klette (Arctium tomentosum)<br />

Die Bionik – ein junger<br />

Wissenschaftszweig<br />

Das Grundprinzip des Klettverschlusses<br />

wurde eigentlich nicht erfunden, sondern<br />

lediglich von der Natur abgekupfert. Diese<br />

Vorgehensweise verfolgt heute ein eigener<br />

interdisziplinärer Wissenschaftszweig,<br />

die Bionik. Sie sucht nach biologischen<br />

Strukturen, die als Lösung für technische<br />

Fragestellung dienen könnten. Sobald der<br />

entsprechende Wirkungsmechanismus<br />

entschlüsselt ist - was allerdings manchmal<br />

Jahre dauern kann - ist der technische<br />

Nachbau nur noch eine Frage der Zeit. Biologische<br />

Lösungen zeichnen sich oft durch<br />

Die schlechte Nachricht: Die einzelnen Arten<br />

der Kletten können miteinander bastardieren.<br />

Bei den Nachkommen finden sich in<br />

einem solchen Fall dann die Bestimmungsmerkmale<br />

mehrerer Arten. Dieser Umstand<br />

kann ahnungslose und ungeübte Pflanzenbestimmer<br />

recht wirkungsvoll in den<br />

Wahnsinn treiben.<br />

Kletten im <strong>Naturgarten</strong><br />

Kletten sind stickstoffmeidend, kalkliebend<br />

und bevorzugen volle Sonne. Als bis<br />

zu 250 cm große Einzelpflanzen setzen<br />

sie klare Akzente im Garten. Sie sind eine<br />

beliebte Nahrungsquelle für Wildbienen,<br />

Schmetterlinge, einige Nachtfalterraupen<br />

und Distelfinken. Das in den grünen Pflanzenteilen<br />

enthaltene Arctiopicrin kann bei<br />

empfindlichen Menschen beim Kontakt zu<br />

allergischen Hautreaktionen führen. Die<br />

geschälten Pflanzenstängel, junge Blätter<br />

und Triebe können als Salat oder Gemüse<br />

verwendet werden. Die Pfahlwurzel ist sehr<br />

sättigend und war im Mittelalter ein beliebtes<br />

Wintergemüse. Vor der Verwendung<br />

des Hopfens wurden Klettenwurzeln als<br />

Bitterstoffe im Bier verwendet<br />

Disteln<br />

Der Name „Distel“ ist kein streng definierter<br />

botanischer Begriff, sondern eher ein beschreibender.<br />

Daher scheiden sich manchmal<br />

die Geister, welche Gattungen zu den<br />

Disteln gehören und welche nicht. Es handelt<br />

sich aber fast ausnahmslos um Vertreter<br />

der Familie der Korbblütler (Asteraceae,<br />

Compositae). Als Disteln im weiteren Sinne<br />

gelten die Golddisteln (Gattung Carlina),<br />

die Kugeldisteln (Gattung Echinops), die<br />

Um die beiden Gattungen Cirsium und Carduus<br />

sicher zu unterscheiden, gibt es einen<br />

ebenso simplen, wie genialen Merkvers.<br />

Entscheidend dabei ist der Pappus, das sind<br />

die zu weißen Samenfallschirmchen umgewandelten<br />

Kelchblätter der Blüte.<br />

Bei Ciiiiiiiiiiiiiiiiirsium sind die einzelnen<br />

Pappus-Härchen gefiiiiiiiiiiiiiiiiiiedert, bei<br />

Carduuuuuuuuuuuuuuuuuus sind die Härchen<br />

uuuuuuuuuuuuuuuuungefiedert.<br />

Dieser Merkvers ist nicht nur dämlich genug,<br />

um sich hartnäckig in die Windungen<br />

unserer Großhirnrinde zu krallen, sondern<br />

auch absolut eindeutig und damit äußerst<br />

praxistauglich.<br />

links: Gefiiiiederter Ciiiiirsium-Pappus<br />

rechts: Uuuungefiederter Carduuuuus-Pappus<br />

Vertreter der Disteln<br />

Die Kohldistel (Cirsium oleraceum) mit ihren<br />

bleichen Hochblättern und der bleichgelben<br />

Blüte wirkt immer, als wäre sie gerade<br />

kurz vor dem Eingehen. Sie schaut aber<br />

auch nach einem vierwöchigen Urlaub in<br />

der Karibik nicht anders aus. Natürliche<br />

Vorkommen finden sich in Sumpfwiesen,<br />

Gräben und feuchten Waldstellen.<br />

Die Blütenköpfe der Wollköpfigen Kratzdistel<br />

(Cirsium eriopherum) sind dicht weißfil-<br />

44 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 45


Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Vielfalt der heimischen Wildpflanzen<br />

Die Wollköpfige Distel (Cirsium eriophorum)<br />

Kohldistel (Cirsium oleraceum)<br />

zig umsponnen. Die offenen Blütenstände<br />

haben einen Durchmesser von bis zu 7 cm,<br />

damit besitzt diese Art die größten Blütenstände<br />

aller einheimischen Disteln.<br />

Bei der Ackerkratzdistel (Cirsium arvense)<br />

scheiden sich die Geister. Weltweit gilt sie<br />

als eines der führenden Ackerunkräuter.<br />

Die Wurzeln erreichen bis zu 3 Meter Tiefe<br />

und bilden bis zu 5 Meter lange waagrechte<br />

Ausläufer, von denen aus wieder neue<br />

Triebe nach oben wachsen. Die Wurzeln<br />

wachsen bis zu 12 Meter im Jahr, die Samen<br />

bleiben 20 Jahre lang keimfähig.<br />

Dem gegenüber steht der ökologische<br />

Wert der Ackerkratzdistel. Disteln sind generell<br />

wertvolle Raupenfutterpflanzen, Pollen-<br />

und Nektarlieferanten, aber die Ackerkratzdistel<br />

schlägt alle anderen Arten um<br />

Längen. Distelfink und Bluthänfling stürzen<br />

sich begeistert auf die ölhaltigen Samen. 50<br />

Schmetterlingsarten (u.a. Tagpfauenauge,<br />

Schachbrettfalter u. Zitronenfalter) saugen<br />

am reichlich fließenden Nektar, das gilt auch<br />

für zahlreiche Wildbienenarten. Als Raupenfutterpflanze<br />

haben 20 Arten diese Distel<br />

zum Fressen gerne, u.a. die Distelfalterraupe.<br />

17 Schwebfliegenarten fressen den<br />

Pollen, einige Käferlarven entwickeln sich<br />

in den Stängeln (u.a. Scheckhornbock und<br />

Distel-Spitzmäuschen). Verschieden Blattlausarten,<br />

Beerenwanzen und Schaumzikaden<br />

ernähren sich von den Pflanzensäften.<br />

In Osteuropa stammt der Distelhonig weitgehend<br />

von der Ackerkratzdistel.<br />

Blasig aufgetriebene Stängel sind ein Hinweis<br />

auf die Distelbohrfliege (Urophora<br />

cardui). Die Larve entwickelt sich gut geschützt<br />

im Inneren dieser Pflanzengalle und<br />

ernährt sich von dem wuchernden Pflanzengewebe.<br />

Um die Gallbildung einzuleiten<br />

produziert die Fliegenlarve pflanzeneigene<br />

Hormone, die Cytokinine, die zu einer lokalen<br />

Wucherung des Gewebes führen. Die<br />

Pflanze selbst produziert also – wenn auch<br />

nicht ganz freiwillig - die Galle, die dem Insekt<br />

Wohnung und Nahrung bietet.<br />

Disteln im <strong>Naturgarten</strong><br />

Die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare)<br />

sollte aufgrund ihrer extremen Samenproduktion<br />

besser nicht verwendet werden,<br />

auch die Ackerkratzdistel (Cirsium arvense)<br />

mit ihrem extremen Wurzelwachstum im<br />

Garten anzusiedeln, hieße möglicherweise<br />

die botanische Büchse der Pandora zu<br />

öffnen. Hier käme höchstens ein Ansiedelungsversuch<br />

im Topf in Frage, angeblich ist<br />

die Verbreitung über Samen nicht das entscheidende<br />

Problem und der ökologische<br />

Wert dieser Art ist unbestritten. Alle Distelarten<br />

sind Schmetterlings- und Wildblumenmagneten,<br />

ich persönlich habe gute Erfahrungen<br />

mit der Wollköpfigen Kratzdistel<br />

(Cirsium eriopherum) und der Stängellosen<br />

Kratzdistel (Cirsium acaule) gemacht.<br />

In kulinarischer Hinsicht können junge<br />

Schösslinge und geschälte Stängel im Frühjahr<br />

roh oder als Gemüse verwendet werden,<br />

die einjährigen Pfahlwurzeln lassen<br />

sich kochen, braten und frittieren. Getrocknete<br />

und gemahlene Distelwurzeln dienten<br />

früher als Mehlersatz.<br />

Karden<br />

Karden gehören zu einer eigenen Familie,<br />

den Kardengewächse (Dipsacaceae), auch<br />

wenn ihre köpfchenartigen Blütenstände<br />

auf den ersten Blick an Korbblütler erinnern.<br />

In Deutschland existieren vier verschiedene<br />

Gattungen dieser Familie, die Karden (Gattung<br />

Dipsacus), die Witwenblumen (Gattung<br />

Knautia), die Skabiosen (Gattung Scabiosa)<br />

und der Teufelsabbiss (Gattung Succisa).<br />

Bis in das 19. Jahrhundert wurde auch bei<br />

uns die Weberkarde (Dipsacus sativus)<br />

großflächig kultiviert, 1 Hektar liefert ca.<br />

240.000 Kardenköpfe. Die stachligen Kardenköpfe<br />

zieren das Innungszeichen der<br />

Tuchmacher. Die der Länge nach durchbohrten,<br />

um die Längsachse drehbaren<br />

Kardenköpfe, wurden in der sogenannten<br />

Rauherkratze oder Kardierbürste eingespannt<br />

und zur abschließenden Veredelung<br />

der Stoffe benutzt. Durch das Bürsten<br />

der Stoffoberfläche mit den feinen Kardenhäkchen<br />

wird sie aufgeraut, flauschiger<br />

und isoliert besser. Typische Beispiele für<br />

diese Stoffstruktur sind Flanell oder Biber.<br />

Die Haken der Kardenköpfchen sind hochelastisch<br />

und geben bei Belastung sofort<br />

nach, deshalb werden die Faserschlingen<br />

des Stoffes nie zerrissen, sondern nur gelockert.<br />

Die Kardenköpfe wurden später<br />

durch pflegeleichte Stahlhäkchen ersetzt.<br />

Zentraler Blütenring am Blütenstand der<br />

Wilden Karde (Dipsacus fullonum)<br />

Die Kardennektartankstelle<br />

Bei sehr feinen, empfindlichen Stoffen sind<br />

diese Metallhäkchen aber nicht elastisch<br />

genug und zerreißen die feinen Fadenschlingen,<br />

Karden werden deswegen auch<br />

heute noch zur Herstellung hochwertiger<br />

Filze für Billardtische verwendet.<br />

Blütenstand<br />

Die Blühfolge des Kardenblütenstandes ist<br />

einzigartig, die Blüten öffnen sich zunächst<br />

nur in einem Blütenring am „Äquator“ des<br />

Blütenstandes. Dieser Blütenring teilt sich in<br />

zwei Ringe, die nach oben und unten über<br />

das Köpfchen wandern. Die Blüten ganz<br />

oben und ganz unten blühen daher zuletzt.<br />

Vertreter der Karden<br />

Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) ist<br />

zweijährig. Im ersten Jahr bildet sie nur eine<br />

Rosette und erreicht dann im zweiten Jahr<br />

ihre volle Höhe von bis zu 2 Metern. Die<br />

Spreublätter (=Hüllblätter) haken sich im<br />

Fell vorbeistreifender Tiere fest. Der Stängel<br />

wird gespannt und federt irgendwann<br />

zurück, dabei werden die reifen Samen herausgeschleudert<br />

(Schleuderkletten). Die<br />

Blütenfarbe ist lila, sehr selten auch weiß. In<br />

Amerika, Afrika, Neuseeland und Australien<br />

gilt die Wilde Karde als invasive Art, in unseren<br />

Naturgärten lässt sie sich aber gut im<br />

Zaum halten.<br />

Die Behaarte Karde (Dipsacus pilosus) fällt<br />

durch ihre kleinen, rundlichen Blütenstände<br />

(Durchmesser 2 – 2,5 cm) und die stark<br />

borstenhaarigen und stachligen Stängel<br />

und Laubblätter auf und ist daher unverwechselbar.<br />

Die Blütenfarbe ist weiß oder<br />

gelblich-weiß.<br />

Die Schlitzblättrige Karde (Dipsacus lacinatus)<br />

ist in Deutschland nur eingebürgert.<br />

Auffälligster Unterschied zur Wilden Karde<br />

sind die weißen Blüten und die waagrecht<br />

abstehenden Hüllblätter am Blütenstandgrund.<br />

Bei der Wilden Karde sind diese Hüllblätter<br />

verlängert, bogig aufsteigend und<br />

sie überragen den Blütenkopf.<br />

Zisterne der Schlitzblättrigen Karde<br />

(Dispsacus laciniatus)<br />

Winteraspekt der Wilden Karde<br />

„Venus-Waschbecken“<br />

Die unteren Bereiche der Blätter sind am<br />

Stängel tütenförmig miteinander verwachsen,<br />

diese „Becken“ werden durch das ablaufende<br />

Regenwasser gefüllt. Besonders<br />

ausgeprägt ist dieses Phänomen bei der<br />

Schlitzblättrigen Karde. Häufig ertrinken<br />

große Mengen von Insekten in diesen Wasseransammlungen,<br />

die dann eine fast jaucheartige<br />

Konsistenz erhalten. Laut neusten<br />

Untersuchungen wird aber kein Wasser<br />

oder Stickstoff von der Karde resorbiert.<br />

Möglicherweise dient die Wasserfläche als<br />

mechanische Sperre für flügellose Insekten<br />

z.B. Raupen und Blattläuse. Auch die<br />

Betreuung von Blattlauskolonien durch<br />

Ameisen könnte so vermieden werden.<br />

Karden im <strong>Naturgarten</strong><br />

Karden sind ein Magnet für Wildbienen,<br />

Schmetterlinge und Distelfinken und bieten<br />

im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen<br />

auch einen schöner Herbst- und Winteraspekt.<br />

Die Karde ist stickstoffliebend,<br />

wächst aber problemlos auf allen offenen<br />

Böden. Als große, attraktive Pflanze setzt<br />

sie klare Akzente und ist immer für ein Foto<br />

gut. Auf nahrhaften Böden kommt es im<br />

ersten Jahr zur Bildung riesiger Rosetten,<br />

auch die starke Versamung sollte im Auge<br />

behalten werden.<br />

Fazit: Seien es nun Stacheln oder Dornen<br />

– auch die auf den ersten Blick etwas kratzbürstigen<br />

Vertreter der Kletten, Disteln und<br />

Karden können unseren <strong>Naturgarten</strong> bereichern.<br />

Werner David<br />

D - Erding<br />

3 08122 - 22 88 189<br />

wernerimweb@web.de<br />

www.bauches-lust.de<br />

46 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 47


Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Dialogvortrag zum Tagesthema<br />

Wo liegt das Herz unserer<br />

gemeinsamen Arbeit?<br />

Wir kommen zu den <strong>Naturgarten</strong>tagen,<br />

weil wir von der Möglichkeit des lebendigen<br />

und lebensfördernden Gartens begeistert<br />

sind. Sonst hätten wir nicht die mehr<br />

oder weniger lange Reise nach Grünberg<br />

auf uns genommen, sonst würden wir nicht<br />

Zeit (und Geld) dafür investieren.<br />

Unser Herz brennt also für die Idee des naturnahen<br />

Gärtnerns. Aber wie können wir<br />

dies Zentrum unserer Arbeit beschreiben?<br />

Es gibt Ideen, Ziele, Arbeitsweisen, Träume<br />

und Schmerzen, die wir alle teilen. Dann<br />

gibt es aber auch Bereiche, wofür nur einzelne<br />

sich begeistern. Wir fanden dafür das<br />

Bild einer Blüte, genauer gesagt, des Blütenstandes<br />

eines Korbblütlers: Das gemeinsame<br />

Zentrum entspricht den Körbchen<br />

mit den Röhrenblüten und die Zungenblüten<br />

am Rand entsprechen den Bereichen,<br />

die nicht im Zentrum der gemeinsamen<br />

Arbeit liegen.<br />

Drei Beweggründe: Schönheit,<br />

Achtsamkeit und der Naturschutz<br />

im besiedelten Raum<br />

Wir denken, dass drei Ideen uns alle tragen.<br />

Das erste ist die Begeisterung für die<br />

Schönheit, für die Schönheit der Natur und<br />

für die Schönheit der Gärten. Nicht umsonst<br />

werden in den allermeisten Vorträgen<br />

hier schöne Bilder gezeigt, Bilder von<br />

Tieren, Bilder von Pflanzen, Bilder von Menschen<br />

in ihren schönen Gärten und Bilder<br />

von schönen Gärten ohne Menschen. Für<br />

mich ist die Schönheit übrigens die beste<br />

Annäherung an einen „Gottesbeweis“, die<br />

es gibt. Es ist ja schon sehr erstaunlich, dass<br />

nicht nichts ist, sondern diese riesige und<br />

erstaunliche Welt. Aber dass es in dieser<br />

Welt dann so berückende Schönheit gibt,<br />

lässt - zumindest mich - an einen guten Ursprung<br />

und Vollender aller Dinge glauben.<br />

Fotos: Kerstin Lüchow<br />

Um Schönheit wahrnehmen zu können,<br />

braucht es empfangsbereite Antennen,<br />

braucht es Achtsamkeit. Vor kurzem las<br />

ich von einem Experiment der Washington<br />

Post, die den berühmten Geiger Joshua Bell<br />

dasselbe Konzert, das er tags zuvor in der<br />

Konzerthalle in Boston (bei einem Eintrittskartenpreis<br />

von 100 Dollar) gegeben hatte,<br />

in der Washingtoner U-Bahn spielen ließ. In<br />

einer dreiviertel Stunde blieben sechs Menschen<br />

kürzere Zeit stehen, in seinem Hut<br />

fanden sich 35 Dollar.<br />

Es ist schon richtig: wir können nur funktionieren,<br />

wenn wir die vielen Eindrücke, die<br />

auf uns einströmen, auswählen und vieles<br />

ausblenden. Achtsam leben, heißt aber,<br />

dieses Ausblenden jederzeit und vor allem<br />

im richtigen Moment beenden zu können<br />

– Schönheit wahrnehmen zu können. Und<br />

auch Leiden zu bemerken, das wir lindern<br />

können. Denn das ist ja die Kehrseite: Wer<br />

die Schönheit sehen kann, der sieht auch<br />

das Leiden, die Zerstörung der Schönheit.<br />

Und davon ist unsere Welt voll:<br />

Seit ungefähr fünfzig Jahren ist das letzte<br />

Erdzeitalter endgültig zu Ende gegangen.<br />

Jetzt bestimmen nicht mehr die Kräfte der<br />

Natur das Gesicht der Erde, sondern der<br />

Mensch ist der entscheidende Faktor, der die<br />

Bedingungen für die Natur setzt. Ein rasantes<br />

Artensterben ist die Folge, so wie es zuletzt<br />

vor 65 Millionen Jahren stattfand, als die Dinosaurier<br />

und viele andere Arten ausstarben.<br />

Und das ist der dritte zentrale Beweggrund,<br />

warum wir uns hier treffen: Wir wollen in<br />

diesem Meer von Zerstörung und Leiden<br />

nicht nur Überlebensinseln schaffen, sondern<br />

wir wollen, närrisch wie wir sind, mit<br />

diesen Überlebensinseln sogar in die Umgebung<br />

hinein wirken, Menschen zu einem<br />

achtsamen Lebensstil einladen, ansteckend<br />

wirken, Netzwerke von Überlebensräumen<br />

schaffen.<br />

Vielleicht ist es für den einen oder anderen<br />

ungewöhnlich, die Schönheit hier an<br />

so herausragendem Platz zu finden. Bei<br />

etlichen Menschen, die am <strong>Naturgarten</strong> Interesse<br />

bekommen, herrscht der Eindruck,<br />

es gehe sozusagen um ein kleines Naturschutzgebiet<br />

vor der Haustür. Und dann<br />

kommt nicht selten die besorgte Frage<br />

„Ja, blüht denn da auch was?“ Deswegen<br />

die ganz wichtige Feststellung: Fachmännisch<br />

geplante Naturgärten SIND schöne<br />

Gärten. Und schnell kommt die Ahnung:<br />

Sie können es mit der grellbunten Zusammenstellung<br />

von Gewächsen aus aller Welt<br />

nicht nur aufnehmen, sondern haben sogar<br />

mehr Ästhetik und Harmonie zu bieten.<br />

Man kann sich dem <strong>Naturgarten</strong> ja aus<br />

ganz verschiedenen Richtungen nähern:<br />

ökologisch, wirtschaftlich, und eben auch<br />

ästhetisch. Nicht wenige Menschen kommen<br />

einfach durch das Erleben des Zaubers<br />

eines solchen Gartens zum <strong>Naturgarten</strong>gedanken.<br />

Einer hat einmal nach einem Gang<br />

durch einen solchen Garten ausgerufen: „In<br />

so einem Garten muss man einfach gesund<br />

werden.“<br />

Schließlich sieht derjenige, der einen solchen<br />

Garten vor der Haustür hat und ihn in<br />

seiner Schönheit und seiner Lebensfreundlichkeit<br />

erlebt, auch seine gesamte Umwelt<br />

mit anderen Augen.<br />

Naturgärtner schaffen schöne<br />

Überlebensinseln für Pflanzen und<br />

Tiere, die ihre Umgebung verändern<br />

Ein erster Formulierungsversuch lautet also:<br />

Das gemeinsame Herz unserer Arbeit ist es,<br />

schöne Überlebensinseln für Pflanzen und<br />

Tiere zu schaffen, die ihre Umgebung verändern.<br />

Naturgärtner ziehen sich nicht in<br />

eine schöne, heile Welt zurück und blenden<br />

das Chaos draußen aus - auch wenn der<br />

<strong>Naturgarten</strong> durchaus ein Kraftort zum Auftanken<br />

ist. Im <strong>Naturgarten</strong> werden wir für<br />

die Schönheit der Natur sensibilisiert und<br />

können genau deshalb auch den Verlust an<br />

Lebensraum in unserer Umwelt genauer erkennen.<br />

Nirgendwo lernt man Pflanzen so<br />

genau kennen wie im eigenen Garten. Und<br />

wenn wir manche der einheimischen Wildpflanzen,<br />

die wir in unsere Gärten pflanzen,<br />

nur noch in Naturschutzgebieten wieder<br />

finden, dann bedeutet das auch, dass der<br />

<strong>Naturgarten</strong> immer auch ein Ökopädagogisches<br />

Projekt ist. Aus Naturgärtnern werden<br />

unweigerlich Naturschützer. Was übrigens<br />

erstaunlich ist: Viele Naturschützer<br />

haben ihren eigenen Garten als Teil eines<br />

Rettungsnetzes noch gar nicht entdeckt.<br />

Wir leben in einer Welt und in einem Land,<br />

wo die Vernichtung von Lebensräumen<br />

und die Ausrottung von Pflanzen- und Tierarten<br />

ein akutes Thema ist. Man denke nur<br />

an die seit gut zehn Jahre wütende landesweite<br />

Heckenverstümmelung und<br />

-vernichtung an Straßen, Bahnstrecken<br />

und Waldrändern, begünstigt durch neue<br />

Maschinen, die in kürzester Zeit Gehölze<br />

niedermachen, die in Jahrzehnten gewachsen<br />

sind, und dann noch, wie praktisch,<br />

gleich an Ort und Stelle zu Häcksel<br />

verarbeiten. Angesichts dessen ist der<br />

Ausdruck ‚Überlebensinseln‘ so treffend.<br />

Selbst die herkömmlichen Exotengärten<br />

sind manchmal schon artenreicher als die<br />

sogenannte Landschaft drumherum. Also<br />

ist es eine segensreiche Aufgabe, solche<br />

Überlebensinseln zu schaffen; vielleicht<br />

könnte man manchmal auch von Arche<br />

sprechen, was hier sowohl die Tiere als<br />

auch die Pflanzen betrifft. Dort wo diese<br />

Überlebensinseln geschaffen wurden, verändert<br />

sich auch die Umwelt. Manchmal<br />

kann man mit diebischer Freude beobachten,<br />

wie besondere Wildpflanzen aus einem<br />

<strong>Naturgarten</strong> klammheimlich in einem sehr,<br />

sehr ‚gepflegten‘ Nachbargarten oder im<br />

öffentlichen Grün auftauchen. Oder aber<br />

Nachbarn sehen, dass die Natur doch keine<br />

„grobe Schlamperei“ ist, und fangen nach<br />

anfänglichen Bedenken an, das Vorbild<br />

nachzuahmen.<br />

Die <strong>Naturgarten</strong>besitzer selbst schließlich<br />

lassen meist ihre Gleichgültigkeit gegenüber<br />

Wildpflanzen in der Landschaft hinter<br />

sich und beginnen, jene wahrzunehmen,<br />

zu erkennen und wertzuschätzen.<br />

Vier unstrittige Eigenschaften<br />

dieser Rettungsinseln<br />

Bei der Suche nach den Eigenschaften dieser<br />

Rettungsinseln sind wir auf vier Aspekte<br />

gestoßen:<br />

Als erstes: Das Anpflanzen einheimischer<br />

Wildpflanzen, wobei damit die Wildpflanzen<br />

gemeint sind, die sich bis zur Beschleunigung<br />

der Zeit nach dem Mittelalter hier<br />

in Mitteleuropa dauerhaft ansiedeln konnten:<br />

Archäophyten und Indigene. Durch die<br />

Anpassung der Tierwelt an unsere Pflanzenwelt<br />

im Laufe der jahrhunderttausende<br />

währenden Evolution der Arten können wir<br />

so Lebensgrundlagen für viele Tierarten<br />

schaffen. <strong>Naturgarten</strong> ist aber viel mehr als<br />

nur das Anpflanzen bestimmter Arten. Es<br />

werden Lebensräume geschaffen.<br />

Dazu gehören – das ist der zweite Punkt –<br />

auch abiotische Lebensraumeigenschaften,<br />

wie zum Beispiel strahlungsintensive, magere<br />

Flächen mit lückiger Vegetation. Der<br />

Verlust dieses Biotoptyps ist die Ursache<br />

für einen großen Anteil des Artenverlustes.<br />

Nutzungsintensivierung, Aufdüngen<br />

und das Schaffen mittlerer Wasserverhältnisse<br />

nimmt einem Großteil unserer Arten<br />

ihren Lebensraum – fast überall. Magere<br />

Standorte können besonders gut auf Funktionsflächen<br />

geschaffen werden: Blumenschotterrasen,<br />

Trockenmauern, weitfugige<br />

Pflasterflächen, Dachbegrünungen schaffen<br />

interessante Ersatzstandorte. Naturgärtner<br />

versuchen also, im Garten aus allem,<br />

also wirklich aus allem, auch der Mauer und<br />

der Bank oder dem Dach über dem Kopf<br />

noch einen Lebensraum zu machen.<br />

48 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 49


Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Drittens wäre es ein Widerspruch in sich, an<br />

einem Ort Lebensräume zu schaffen und<br />

dafür an einem anderen Ort womöglich<br />

wertvolle natürliche Lebensräume zu zerstören.<br />

Der Blick in die Ferne über den Gartenzaun<br />

ist ja allen Naturgärtnern eigen.<br />

Es werden also keine Stoffe im Garten verwendet,<br />

die die Umwelt in ihrer Produktion,<br />

ihrem Gebrauch oder ihrer Entsorgung mit<br />

Giftstoffen belasten, wie kesseldruckimprägniertes<br />

Holz, PVC oder Bahnschwellen. Es<br />

werden keine Stoffe verwendet, die lange<br />

Transportwege erfordern oder unter Menschen-<br />

oder Natur verachtenden Bedingungen<br />

produziert wurden, wie Natursteine<br />

aus Übersee, Tropenholz oder Geophyten<br />

aus nicht nachhaltiger Natursammlung.<br />

Es wird keine Technik verwendet, die Tiere<br />

oder Pflanzen schädigt, wie Licht als Gestaltungselement<br />

im Garten oder Saugpumpen<br />

in Teichen.<br />

Viertens betrachten Naturgärtner Pflanzen<br />

nicht wie es die moderne Landschaftsarchitektur<br />

oft tut, als Baustoff, sondern als<br />

Mitgeschöpf mit einer eigenen Würde. Das<br />

heißt, wir achten die besondere Lebensweise<br />

der Pflanzen als Lebewesen, das sich<br />

schädigenden Einflüssen oft nur durch<br />

Absterben entziehen kann. Wir wissen um<br />

das Ausmaß der Wurzeln und schädigen<br />

die Wurzeln unserer Pflanzen, vor allem der<br />

Bäume bei Bauarbeiten nicht. Wir verletzen<br />

und schneiden Pflanzen nicht ohne Grund<br />

und wenn, dann so pflanzen- und tierschonend<br />

wie möglich.<br />

Auch wenn herkömmliche Gartenplaner<br />

der Auffassung sind, ein Garten mit heimischen<br />

Pflanzen sei ein Abklatsch einer<br />

beliebigen Feldhecke und damit eine ästhetische<br />

Nullnummer, wissen wir, dass<br />

der Schatz der mitteleuropäischen Pflanzenwelt<br />

reichhaltig und vielfältig ist. Denken<br />

wir dabei nur an die schier unendliche<br />

Mannigfaltigkeit der heimischen Wildrosen<br />

oder an den Ausdruck ‚heimische Exoten‘,<br />

der treffend Pflanzen von hier bezeichnet,<br />

die aber so auffallen, dass sie die Blicke vieler<br />

Betrachter auf sich ziehen. Dabei dürfen<br />

wir auch an in der Natur vorkommende abweichende<br />

Typen denken, die besondere<br />

Aspekte für den Garten bieten.<br />

Auch jenseits von Trockenstandorten kann<br />

ein Gartengelände eine Vielfalt von Bedingungen<br />

für verschiedene Lebensräume<br />

liefern. Diese Vielfalt ist oft schon so groß,<br />

dass Oberflächenveränderungen gar nicht<br />

notwendig sind. Da gibt es höher gelegene,<br />

trockenere Stellen, feuchtere Mulden, staunasse<br />

Böden, Lesesteinhaufen, nährstoffreiche<br />

Flächen, Bereiche im Gebäudeschatten<br />

– alles Gegebenheiten, die den Naturgärt-<br />

ner zur Anlage vielfältiger standortgerechter<br />

Pflanzengemeinschaften anregen, die<br />

dann auch das entsprechende Tierleben<br />

nach sich ziehen.<br />

Der rücksichtsvolle Umgang mit der Erdoberfläche<br />

und die Anpflanzung standortgerechter<br />

heimischer Gewächse bringen<br />

eine wertvolle Wirkung mit sich, die heute<br />

in aller Munde ist, ohne dass damit immer<br />

ernst gemacht würde: die Nachhaltigkeit.<br />

Naturgärten sind die nachhaltigste Oberflächengestaltung<br />

überhaupt. Die behutsam<br />

gelenkten natürlichen Kreisläufe, zum Beispiel<br />

bei den Nährstoffen, verringern einschneidend<br />

die Notwendigkeit menschlicher<br />

Eingriffe wie zum Beispiel Wässern und<br />

Düngen. Statt Gestaltung mit Wegwerfpflanzen<br />

wird langfristig geplant. Pflanzen<br />

sind für den Naturgärtner eben nicht ‚DAS<br />

Grün‘, sondern Partner in seiner Arbeit. Er<br />

wird sie viel eher beobachten und bewundern<br />

als sie als Material zu bearbeiten.<br />

Diese vier Hauptpunkte sind unser Vorschlag,<br />

wie wir das gemeinsame Zentrum<br />

beschreiben können. Vielleicht gibt es noch<br />

mehr?<br />

Was es auf jeden Fall gibt, das sind die vielen<br />

Punkte, für die der eine oder die andere<br />

sich begeistern. Nur eben nicht alle. Aber<br />

wenn das Zentrum stark ist, eine sichere<br />

und verbindende Kraft hat, dann kann die<br />

Verschiedenheit „am Rande“ als Bereicherung<br />

erlebt werden.<br />

Grundsatzreferat von Diplom-Biologin<br />

Ulrike Aufderheide (Calluna – Büro für naturnahe<br />

Garten- und Grünplanung Bonn) und<br />

Dr. Norbert Kleinz, <strong>Naturgarten</strong>fachmann<br />

und -planer (Ahornblatt Mainz)<br />

Kärtchen, Kärtchen<br />

an der Wand…!<br />

Ergebnisse des Diskussionsforums<br />

zum Tagungsthema<br />

„Wo liegt das Zentrum unserer Arbeit?“ war<br />

der Titel des Diskussionsforums auf den<br />

diesjährigen <strong>Naturgarten</strong>tagen. Vier Stunden<br />

Zeit, dazu gedacht, das Verbindende<br />

unter uns Naturgärtnern zu stärken. Den<br />

Einstieg machte ein liebevoll vorbereiteter<br />

Vortrag von Ulrike Aufderheide und Dr.<br />

Norbert Kleinz, die meiste Zeit des Nachmittags<br />

verbrachten wir dann in kleinen<br />

Gruppen, damit viel Raum für jede/n zur<br />

Beteiligung war.<br />

Den Auftakt jeder Gruppe bildete eine<br />

Runde mit der Frage „Wo brennt MEIN Herz<br />

für den <strong>Naturgarten</strong>?“, um einmal wirklich<br />

wahrzunehmen, was in unserem Verein<br />

alles an Interessen und Engagement bei<br />

ganz verschiedenen Menschen als Potential<br />

da ist. Alle Gruppen sprachen dann<br />

über die gleichen Themen und hielten ihre<br />

Ergebnisse schriftlich fest. Am Ende des<br />

Nachmittags füllten sich die Pinnwände mit<br />

Kärtchen. Nach der Tagung wurden sie alle<br />

abgeschrieben. Sie einzeln abzudrucken,<br />

würde das Heft sprengen, die vollständige<br />

Liste ist im Mitgliederbereich der <strong>Naturgarten</strong>webseite<br />

erhältlich:<br />

http://www.naturgarten.org/derverein/mitgliederbereich/mitgliederversammlungen/<br />

Hier eine Zusammenfassung als Information<br />

für alle, die nicht in Grünberg waren,<br />

und als Themenspeicher zur Weiterarbeit.<br />

1. Was ist eigentlich das,<br />

was uns verbindet?<br />

Was uns am meisten verbindet, ist unser<br />

gemeinsames Grundanliegen, Lebensräume<br />

in der Natur zu erhalten und neue zu<br />

schaffen. Wir alle wollen die heimische Artenvielfalt<br />

fördern, vielfältige Lebensräume<br />

für Menschen und Tiere anbieten, uns<br />

einsetzen für einen nachhaltigen Lebensstil<br />

und andere damit anstecken. Fast ebenso<br />

oft wie dieses Wirken nach außen wurde<br />

die Bedeutung genannt, die der Verein aus<br />

Sicht der Mitglieder für sie selbst hat. Er<br />

dient dem Informations- und Wissensaustausch,<br />

vor allem wird er aber als Ansporn<br />

für die eigene Arbeit erlebt, als Ort zum<br />

Auftanken und zur Rückenstärkung.<br />

2. Was haben wir mit der<br />

<strong>Naturgarten</strong>bewegung schon erreicht?<br />

Der Verein ist über die Jahre zum Motor<br />

einer breiten Bewegung geworden, die in<br />

vielen Köpfen etwas vorangebracht hat. Er<br />

hat ein neues Bewusstsein für heimische Artenvielfalt<br />

geschaffen und viele Menschen<br />

für Ökologie im Garten gewonnen. Wodurch<br />

wurde das erreicht? Mit den Jahren<br />

wurde ein großes Fachwissen erworben, in<br />

Aus- und Fortbildung weiter gegeben und<br />

in Publikationen in die Öffentlichkeit gebracht.<br />

Professionell angebotene Produkte<br />

und Dienstleistungen bieten Interessierten<br />

eine echte Alternative zum konventionellen<br />

Gartenbau. Vor allem das bundesweite<br />

Netzwerk wurde in den Gruppen immer<br />

wieder genannt, die Verbindung von Profis<br />

und Privatmenschen, die alle auf ihre je eigene<br />

Weise in die gleiche Richtung wollen.<br />

3. Welche Anliegen und Ziele wollen wir<br />

in den nächsten Jahren verfolgen?<br />

Vielen von uns ist sehr daran gelegen, die<br />

<strong>Naturgarten</strong>idee noch viel stärker in die Öffentlichkeit<br />

zu tragen. Mehr in die Medien<br />

kommen, Fachartikel schreiben, über Infostände<br />

präsent sein, dies alles und mehr<br />

kam an Vorschlägen, wie man noch mehr<br />

Menschen erreichen und informieren kann.<br />

In eine ähnliche Richtung gingen Voten für<br />

eine intensive Arbeit in der Aus- und Fortbildung,<br />

wo unser Fachwissen an den verschiedensten<br />

Stellen eingebracht werden<br />

kann. Die Anregung, das <strong>Naturgarten</strong>thema<br />

zukünftig stärker auch wissenschaftlich<br />

50 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 51


Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Diskussionsforum zum Tagungsthema<br />

Die Ergebnisse in Form von vielen, vielen<br />

Moderationskarten aus den Kleingruppen<br />

werden in Kürze auf der Homepage<br />

des Vereins für alle zu sehen sein. Was<br />

waren für Dich persönlich wichtige Ergebnisse,<br />

gab es vielleicht sogar etwas völlig<br />

Unerwartetes?<br />

Wichtig fand ich, wie viele Leute sich mit<br />

Ideen eingebracht haben, ein guter Teil<br />

davon hat sich selbst auch angeboten zur<br />

Mitarbeit bei der Umsetzung. Es gab viele,<br />

die sich dafür eingetragen haben, den<br />

Verein nach innen weiter auszubauen<br />

– Stichworte „Leitbild“, „Programm“. Und<br />

ebenso fanden sich etliche, die Interesse<br />

daran haben, in ihrer Region nach außen<br />

zu wirken – Stichwort z.B. „Kommunalpolitik“.<br />

Richtig neu, jedenfalls neu in meiner<br />

Wahrnehmung, war ein deutliches Intereserforschen<br />

und bearbeiten zu lassen, wurde<br />

ebenso breit thematisiert. Viel Interesse<br />

fand ein Themenschwerpunkt in Richtung<br />

auf regionale praktische Umsetzung – die<br />

Ideen reichten vom kommunalpolitischen<br />

Engagement (Öffentliches Grün u.a.) bis zur<br />

stärkeren Zusammenarbeit mit anderen<br />

Organisationen und Verbänden im Naturschutzbereich.<br />

Schön, dass es auch viele<br />

Interessierte gibt, die unseren Verein intern<br />

weiter stärken und ausbauen möchten. Die<br />

Regionalgruppen stärken, ein Leitbild erarbeiten,<br />

seien hier nur als Beispiele genannt.<br />

Und weiter?<br />

In Grünberg gab es am Ende der Tagung<br />

die Möglichkeit, sich für solche Schwerpunkte<br />

einzutragen und damit das Interesse<br />

an einem Thema und den Wunsch, sich<br />

dazu mit anderen zu vernetzen, deutlich<br />

zu machen. Es wäre schön, wenn daraus in<br />

den nächsten Monaten kleine Arbeitskreise<br />

entstünden, die das eine oder andere auf<br />

den Weg bringen.<br />

Wer nicht in Grünberg war und sich noch<br />

anschließen möchte, ist herzlich willkommen!<br />

Bitte meldet euch bis 30. April 2013 in der<br />

Geschäftsstelle <strong>Naturgarten</strong> e.V., dort nennen<br />

wir euch die Ansprechpartner für:<br />

1. Öffentlichkeitsarbeit (Medien, Infostände,<br />

Artikel schreiben, Gärten präsentieren<br />

...)<br />

2. Aus- und Fortbildung (<strong>Naturgarten</strong>-Module<br />

in Lehre und Ausbildung ...)<br />

3. Wissenschaft (<strong>Naturgarten</strong>fragen an den<br />

Universitäten, Forschung anregen ...)<br />

4. Naturthemen vertiefen (Böden, Pflanzen,<br />

Klima ...)<br />

5. Kommunalpolitik und Netzwerke (Umsetzungsprojekte<br />

in der Region, praktische<br />

Zusammenarbeit mit anderen Organisationen<br />

und Verbänden ...)<br />

6. Unser Verein (Leitbild erarbeiten, Regionalgruppen<br />

stärken ...)<br />

Susanne Hansen<br />

Reflektion des Samstagnachmittages<br />

Diskussionsforum zum<br />

Tagungsthema<br />

Von und mit Susanne Hansen und Dorothee<br />

Dernbach<br />

Hallo Susanne, Du hast Dich ja freundlicherweise<br />

bereit erklärt, den Diskussionsnachmittag<br />

auf den letzten <strong>Naturgarten</strong>tagen<br />

vorzubereiten, welche<br />

Struktur hattest Du Dir überlegt?<br />

Hallo Dorothee! Meine Aufgabe war,<br />

den Nachmittag so zu gestalten, dass er<br />

das Verbindende unter uns stärkt. Ulrike<br />

Aufderheide und Norbert Kleinz hatten<br />

schon einen Einführungsvortrag dazu<br />

gestaltet. Um mehr zusammen zu wachsen,<br />

ist es nötig, sich intensiver kennen zu<br />

lernen. Damit war mir klar, wie die erste<br />

Runde aussehen sollte – sich in kleinen<br />

Gruppen gegenseitig voneinander erzählen:<br />

„Was liegt mir ganz besonders am<br />

Herzen?“. Und die übrigen Schritte habe<br />

ich dann mit Ulrike und Gerold Baring-<br />

Liegnitz zusammen ausgetüftelt. Die<br />

Gruppen sollten dann darüber sprechen,<br />

was an Gemeinsamkeiten da ist und was<br />

wir in der <strong>Naturgarten</strong>bewegung alles<br />

schon mit den Jahren erreicht haben. Oft<br />

guckt man ja mehr auf die ungelösten<br />

Aufgaben statt auf das, worauf man gemeinsam<br />

stolz sein kann. Und vor allem<br />

entsteht eine gute Gemeinsamkeit ja immer<br />

durch gemeinsame Ziele. Das sollte<br />

auch Raum haben: Was wollen wir in den<br />

nächsten Jahren?<br />

Wie hast Du die Arbeitsatmosphäre am<br />

Samstag empfunden, was lag in der<br />

Luft?<br />

Als Ulrike, Gerold und ich um den Jahreswechsel<br />

herum den Nachmittag planten,<br />

habe ich schon Anspannung empfunden.<br />

Die war bei mir aber schon am zweiten<br />

Tag der Tagung weg. Es war einfach eine<br />

ganz schöne, entspannte, positive Atmosphäre<br />

in Grünberg. Das lag an der guten<br />

Planung des Organisationsteams. Vielleicht<br />

hatte es auch viel damit zu tun, dass<br />

die Mitgliederversammlungen der beiden<br />

letzten Jahre so reich an Konflikten<br />

Foto: Kerstin Lüchow<br />

waren und wir wohl alle gemerkt haben,<br />

wie kostbar uns dieser Verein ist und dass<br />

wir uns darum bemühen müssen, ihn zu<br />

hegen und zu pflegen wie unsere Gärten.<br />

So war es dann auch am Sonnabend. Alle<br />

haben sich wirklich um das Verbindende<br />

bemüht. Ich bin einige Male zwischen den<br />

Gruppen umhergewandert und hatte den<br />

Eindruck, dass in den Gruppen ganz interessierte,<br />

freundliche Gespräche liefen. Das<br />

hat mich richtig gefreut!<br />

se bei einigen, <strong>Naturgarten</strong>themen auch<br />

wissenschaftlich durchzuarbeiten. Bei einem<br />

so großen bundesweiten Verein wird<br />

es immer nur eine Minderheit geben, die<br />

tatsächlich übers Jahr aktiv arbeitet. Das ist<br />

völlig normal. Aber wenn hinter den Aktiven<br />

dann viele andere stehen, die das von<br />

der Überzeugung her gut finden und es<br />

mittragen, dann ist das auch wichtig.<br />

Wir haben jetzt in einer losen Form viele<br />

„Schlaglichter“ auf die Interessen und Anliegen<br />

der Anwesenden eingesammelt.<br />

Kann das ein Hintergrund für unsere Vereinsarbeit<br />

sein oder siehst Du den Wert<br />

eher in der wertschätzenden Art, in der<br />

wir uns am Samstagnachmittag gegenseitig<br />

erleben durften?<br />

Beides. Grünberg platzte als Tagung aus allen<br />

Nähten. Uns gingen die Pinnadeln aus,<br />

als wir die –zig Metaplankärtchen mit Ideen<br />

und Anliegen an die Wände steckten. Es ist<br />

ein Verein, in dem man in jeder Hinsicht aus<br />

dem Vollen schöpfen kann. Die Leute kommen,<br />

sind gerne da, machen mit. Wo hat<br />

man das sonst? Manche anderen Vereine<br />

schrumpfen und sind wie eingeschlafene<br />

Füße, bei uns ist so viel Lebendigkeit und<br />

Energie, natürlich ist das eine gute Grundlage<br />

für die Vereinsarbeit. Ich hoffe, wir<br />

kommen dahin, unsere Energien nicht in<br />

inneren Positionskämpfen zu verbrauchen,<br />

sondern es als Stärke des Vereins zu sehen,<br />

dass es so eine große Bandbreite unter uns<br />

gibt. Wir brauchen die Macher genauso wie<br />

die Spezialisten. Das ist sicher intern die<br />

Grundaufgabe der nächsten Jahre, es hinzukriegen,<br />

zu begreifen, was man jeweils<br />

an den so unterschiedlichen Leuten hat.<br />

Das ist nicht einfach, und daran müssen wir<br />

noch viel arbeiten.<br />

Ein Resümee habe ich persönlich, auch als<br />

Moderatorin einer der Kleingruppen des<br />

Samstagnachmittags, mitgenommen:<br />

Wenn es überhaupt eine Antwort auf die<br />

Frage der Tagung gab „Wo schlägt das<br />

Herz des Naturnahen Gartens“?“ dann<br />

war sie in der Vielfalt zu suchen. Sachlich<br />

sind wir – als Verein - auch durch den Gesprächsnachmittag<br />

einer gemeinsamen<br />

Antwort nicht näher gekommen. Wie ist<br />

Deine Einschätzung dazu?<br />

Doch, ich glaube, es hat so etwas wie eine<br />

gemeinsame Antwort gegeben. Nicht auf<br />

der Sachebene, sondern mehr „im Herzen“.<br />

Was mich persönlich wirklich berührt hat,<br />

ist, wie stark auf den Kärtchen deutlich wurde,<br />

dass der Verein trotz aller Konflikte für<br />

viele ganz viel Rückendeckung bedeutet,<br />

ein Zuhause, Bestärkung, so was wie eine<br />

Familie. So ähnlich geht es mir auch. Ich<br />

habe den Verein ja erst vor ein paar Jahren<br />

entdeckt. Und ich genieße es ohne Ende,<br />

so viele verschiedene Leute zu treffen, die<br />

so etwa das Gleiche bewegt wie mich. Ich<br />

tanke jedes Mal wieder auf und fühle mich<br />

so bestärkt und bereichert. Du merkst, ich<br />

schwärme jetzt richtig, aber ich meine es<br />

auch so.<br />

Vielen Dank, Susanne, für das Gespräch!<br />

Danke Dir, Dorothee, für die Fragen!!<br />

52 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 53


Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

C-Falter, ein Alleskönner<br />

Der unscheinbare gezackte Falter legt seine<br />

Eier ebenfalls an Brennnesseln ab. Er sucht<br />

sich dafür lange Stängel aus, die in den<br />

Weg ragen. Meistens sind die Eiablagen an<br />

schattig stehenden Gewächsen zu beobachten.<br />

Die Raupe sieht von Häutung zu<br />

Häutung immer ein bisschen anders aus.<br />

Sie erinnert von weitem betrachtet an Vogelkot<br />

– so wird sie von vorbeikommenden<br />

Vögeln wahrscheinlich übersehen. Aber der<br />

Falter legt noch an anderen Gewächsen ab.<br />

Ich fand Raupen auf Ulmengewächsen, an<br />

Weiden, an Zitterpappeln, an Hopfen und<br />

Kirschbaum.<br />

Der C-Falter saugt an allen Blüten, an nasser<br />

Erde und an stark duftenden Substanzen.<br />

Er lebt in vielen Generationen. Ich habe<br />

Eiablagen noch Ende Oktober beobachtet.<br />

Wer liebt es nicht, wenn sich Schwalbenschwänze (Papillio machaon) oder Tagpfauenaugen<br />

(Nymphalis io) im eigenen Garten niederlassen? Viele Menschen<br />

bedauern es sehr, dass in den letzten 20 Jahren die Anzahl der Falter drastisch abgenommen<br />

hat.<br />

Wer liebt es nicht, wenn sich Schwalbenschwänze<br />

(Papillio machaon) oder Tagpfauenaugen<br />

(Nymphalis io) im eigenen Garten<br />

niederlassen? Viele Menschen bedauern es<br />

sehr, dass in den letzten 20 Jahren die Anzahl<br />

der Falter drastisch abgenommen hat.<br />

Erste, schwerwiegende Änderungen waren<br />

in den 60er Jahren die Flurbereinigung und<br />

die Intensivierung der Landwirtschaft: Lebenswichtige<br />

Waldsäume und Wegränder<br />

wurden entfernt, Moore entwässert und<br />

Trockenrasen in Fettwiesen umgewandelt.<br />

Die Wiesen wurden intensiver genutzt, d.h.<br />

stark gedüngt und oft gemäht. Der Einsatz<br />

giftiger Pestizide nahm seitdem kontinuierlich<br />

zu.<br />

Inzwischen sind die Schmetterlinge sehr<br />

selten geworden. Mit den Lebensräumen<br />

verschwanden auch die Falter.<br />

Mein Beitrag gibt hilfreiche Beispiele, wie<br />

Sie einen schmetterlingsfreundlichen Gar-<br />

Überall, wo Hecken und Wiesen aufeinander<br />

treffen, hat der Perlgrasfalter eine Chance.<br />

Also warum nicht auch im eigenen Garten?<br />

Pflanze<br />

und Falter<br />

ten anlegen können. Ein kurzer Film zeigte<br />

die Blüten- und Eiablagepflanzen einiger<br />

Schmetterlinge.<br />

Bäume, Hecken und Sträucher<br />

Aus Sicht der Falter sind große Bäume,<br />

Sträucher und Hecken besonders wertvolle<br />

Elemente, denn viele Raupen verkriechen<br />

sich in deren Rinde, um überwintern<br />

zu können. Die adulten Tiere nutzen Arten<br />

wie Ulme (Ulmus spp.), Salweide (Salix caprea),<br />

Stieleichen (Quercus robur), Zitterpappel<br />

(Populus tremula), aber auch den<br />

an Bäumen rankenden Hopfen (Humulus<br />

lupulus) als Eiablagepflanzen. Die schönen<br />

großen Zitronenfalter zum Beispiel suchen<br />

im Juni halbschattig stehende Faulbäume<br />

auf, um dort ihre Eier abzulegen. Weitere<br />

für Schmetterlinge wertvolle Gehölze sind<br />

zum Beispiel auch die Schlehe (Prunus spinosa),<br />

der Liguster (Ligustrum vulgaris),<br />

der Weißdorn (Crataegus monogyna), das<br />

Geißblatt (Lonicera ssp.), aber auch zahlreiche<br />

Obstgehölze.<br />

Treffpunkt Weide<br />

Wer im Garten eine heimische Weide hat,<br />

kann im zeitigen Frühjahr an den Weidenkätzchen<br />

zahlreiche Falter zu Gesicht bekommen.<br />

Vor allem die Überwinterer haben<br />

nach einem viertel Jahr ohne Nahrung<br />

in der Kälte jetzt eine Stärkung nötig. Zu<br />

ihnen gehören der Zitronenfalter, das Tagpfauenauge,<br />

der Kleine Fuchs (Aglais urticae),<br />

der Große Fuchs (Nymphalis polychloros)<br />

und der C-Falter (Polygonia c-album).<br />

Auch das Landkärtchen (Araschnia levana)<br />

und seltene Gäste wie der Trauermantel<br />

und der Große Fuchs können beobachtet<br />

werden.<br />

Auf meinem Grundstück in Ungarn steht<br />

eine Weide in einem Waldmantel, weit ab<br />

von jeder Straße. Kein störendes Geräusch.<br />

Man hört ein lautes Summen. Ein gigantisches<br />

Kommen und Gehen ist hier an der<br />

Tagesordnung. Falter, Bienen, Hummeln,<br />

Wespen…<br />

1a<br />

1c<br />

Der Kirschbaum<br />

Ein schöner großer Kirschbaum kann für<br />

Schmetterlinge ungeheuer interessant<br />

sein. Im Frühling steht er in der Blüte und<br />

lockt Bienen und Zitronenfalter, das Tagpfauenauge,<br />

den kleinen und großen Fuchs<br />

und den C-Falter. Aber auch andere Falter<br />

wie zum Beispiel das Landkärtchen und<br />

der Faulbaum-Bläuling (Celastrina argiolus)<br />

tauchen dort auf.<br />

Im Mai etwa machen sich dann Raupen des<br />

Großen Fuchses über die frischen Blätter<br />

des Kirschbaumes her. Zuweilen fressen sie<br />

einen ganzen Baum kahl. Doch der Baum<br />

erholt sich davon schnell, der Johannistrieb<br />

verleiht ihm schon bald das gewohnte Aussehen.<br />

Um den 20. Juni herum fliegen dann<br />

die hell orange leuchtenden Großen Füchse.<br />

Sie mögen Brombeerblüten.<br />

1a | Gut getarnt, die Raupe vom Waldbrettspiel<br />

1b | Die Puppe des Waldbrettspiels<br />

1c | Der hübsche Falter, kurz nachdem er<br />

geschlüpft war<br />

1b<br />

Schwalbenschwanz und<br />

Admiral (Wanderfalter)<br />

Einige Falter zeigen Wandercharakter und<br />

sind ständig unterwegs. Einer der auffälligsten<br />

ist mit Sicherheit der Schwalbenschwanz.<br />

Er wandert bis zu 100 km am Tag,<br />

genauso wie sein seltener Verwandter, der<br />

Segelfalter (welcher auf trockene heiße<br />

Biotope (Trockenrasen) angewiesen ist).<br />

Am Beispiel des Schwalbenschwanzes zeigt<br />

sich, dass nicht nur die Pflanzenart entscheidend<br />

ist, sondern auch der Pflanzenstandort<br />

und die Pflanzengröße. An großen<br />

Pflanzen legt der Schwalbenschwanz<br />

keine Eier ab, sondern nur an voll sonnig<br />

stehenden, winzig kleinen, kaum höher als<br />

2cm großen Pflänzchen. Die Raupenfutterpflanzen<br />

sind (Wilde) Möhre, Dill, Fenchel,<br />

Kümmel, Pastinak, Diptam, Weinraute, Bibernelle<br />

und etwa 10 weitere.<br />

In einigen Schmetterlingsbüchern findet<br />

man den Hinweis, dass Schwalbenschwänze<br />

nur blaue und violett rote Blüten besuchen.<br />

Meine Beobachtung ist, dass beispielsweise<br />

der gelb blühende Löwenzahn<br />

im Frühling die Hauptblütenpflanze für<br />

den Schwalbenschwanz, den Segelfalter<br />

und andere Überwinterer wie Zitronenfalter,<br />

Tagpfauenauge und Kleiner Fuchs ist.<br />

Der Admiral reist gewöhnlich aus dem Süden<br />

herbei, genau wie sein Verwandter, der<br />

Distelfalter, um eine neue Population zu<br />

erzeugen. Beide legen ihre Eier an Brennnesseln<br />

ab, der Distelfalter auch an Disteln.<br />

Im Oktober fliegen die Falter wieder zurück<br />

nach Afrika. In den letzten Jahren beobachtete<br />

ich, bedingt durch die milden Winter,<br />

wiederholt Admiräle im zeitigen Frühjahr<br />

durch die Mainzer Innenstadt fliegen. Diese<br />

Tiere sind im Winter hier geblieben.<br />

54 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 55


Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Wildblumen im Garten<br />

Hat man ihm vorausgegangen Jahr vorgesorgt<br />

und sich auf Wildblumenwiesen<br />

reichlich Samen mitgenommen und diese<br />

im eigenen Garten verteilt, erblüht dieser<br />

in voller Pracht. Einige Beispiele:<br />

p Im Frühjahr treffen die ersten Zitronenfalter<br />

(Gonepteryx rhamni) am Löwenzahn<br />

ein, aber auch zahlreiche andere<br />

Falter finden hier Nahrung;<br />

Der Aurorafalter (Anthochares cadamines)<br />

- ein Weißling mit Blickfang<br />

Anfang Mai ist es so weit. Ein kleiner Weißling<br />

macht sich auf den Weg. Er besucht<br />

Gärten, Wiesen und ist auch im Wald zu finden.<br />

Seine Eiablagepflanze ist das Wiesenschaumkraut<br />

(Cardamine pratensis) und<br />

die Knoblauchrauke (Alliaria petiolata).<br />

Sie ist auch seine Nektarpflanze. Ich konnte<br />

schon Tiere beobachten, die gleichzeitig<br />

Eier legten und Nektar saugten. Erstaunlich<br />

ist bei dem kleinen Falter seine Entwicklung.<br />

Von der Eiablage bis zur Puppe vergehen<br />

ca. 4 Wochen!<br />

In der Puppe verweilt das Insekt dann 11<br />

Monate, ehe sich die Verwandlung zum<br />

Schmetterling vollzieht. Anders als bei<br />

den meisten Arten unterscheiden sich die<br />

Geschlechter bei diesem Falter. Das Männchen<br />

hat wunderschöne orange leuchtende<br />

Flügelkappen, das Weibchen ist unscheinbarer<br />

schwarz-weiß gezeichnet.<br />

p Über den Klee (Trifolium repens und T. pratense)<br />

machen sich sehr gerne die Bläulinge<br />

her. Der Kurzgeschwänzte Bläuling<br />

(Cupido argiades) breitet sich seit einigen<br />

Jahren vom Süden her kommend aus. Er<br />

saugt und legt seine Eier auf Klee ab<br />

p Der Spitzwegerich ist eine weitere wichtige<br />

Pflanze (Plantago lanceolata). Ohne<br />

sie hätten viele Scheckenfalter(Melitaea<br />

ssp.) keine Lebensgrundlage, aber auch<br />

der Große Ehrenpreis (Veronica teucrium)<br />

wird von ihnen gerne besucht<br />

p Die schönen Veilchen (Viola palustris, V.<br />

hirta, V. canina) geben Perlmuttfaltern<br />

die Möglichkeit, Eier abzulegen<br />

p Die Gänseblümchen (Bellis perennis)<br />

werden von vielen Schmetterlingen angeflogen<br />

p Der Kleine Kohlweißling (Pieris rapae)<br />

liebt Kreuzblütler, insbesondere Gemüsekohl<br />

und Raps, aber auch Ackersenf<br />

(Sinapis arvensis), Hederich (Raphanus<br />

raphanistrum) und Knoblauchsrauke (Alliaria<br />

petiolata) sowie auch das Wiesenschaumkraut<br />

(Cardamine pratensis)<br />

p Die Feuerfalter legen ihre Eier am liebsten<br />

an Sauerampfer (Rumex acetosa) ab.<br />

Die Brennnessel<br />

Viele Falter nutzen die Brennnessel als<br />

Eiablagepflanze. Zu ihnen gehören die<br />

Tagpfauenaugen, der Kleine Fuchs, das<br />

Landkärtchen, der Distelfalter und der Admiral<br />

(Vanessa atalanta) sowie der C-Falter.<br />

Jeder dieser Falter hat einen ganz speziellen<br />

Anspruch. Der C-Falter legt seine Eier<br />

an schattige, lange in den Weg ragende<br />

Brennnesselstängel ab, aber er gibt sich<br />

auch mit Alternativen zufrieden. Der Admiral,<br />

das Tagpfauenauge und der Kleine<br />

Fuchs mögen es lieber heiß. Das Landkärtchen<br />

bevorzugt dagegen Brennnesseln an<br />

feuchten und kühlen Standorten.<br />

Gräser<br />

Auch Gräser sind für manche Falterarten<br />

überlebenswichtig. So legt die Gruppe der<br />

Augenfalter, auch Grasfalter genannt, ihre<br />

Eier ausschließlich auf Gräsern ab, wie zum<br />

Beispiel der Perlgrasfalter (Coenonympha<br />

arcania) auf dem Schafschwingel (Festuca<br />

ovina). Das Waldbrettspiel (Pararge<br />

aegeria) findet sich häufig auf der Fiederzwenke<br />

(Brachypodium pinnatum) und die<br />

aufrechte Trespe (Bromus erectus) dient<br />

den verschiedenen Arten des Waldportiers<br />

(Brintesia circe, Minois dryas, Hipparchia<br />

fagi) zur Eiablage.<br />

Trockene Bereiche im Garten<br />

Sie können dem Schwalbenschwanz keinen<br />

größeren Gefallen tun, als einige Bereiche in<br />

ihrem Garten trocken zu halten. Das gelingt<br />

natürlich nur, wenn ihr Garten groß genug<br />

ist. Nelkengewächse (Caryophyllaceae),<br />

Natternkopf (Echium vulgare) und andere<br />

Wärme liebende Pflanzen werden zur<br />

Nahrungsaufnahme angeflogen. Raupen<br />

können auf ca. 20 verschiedenen Pflanzen<br />

aufwachsen. Hier einige zur Orientierung:<br />

Karotte, Wilde Möhre (Daucus carota), Dill,<br />

Fenchel, Koriander, Diptam (Dictamnus albus),<br />

Bibernelle (Pimpinella spp.), Weinraute<br />

2a | Das Ei vom kleinen Wiesenvögelchen. Es<br />

legt überall, auf allen Gräsern ab. Auch im<br />

Garten. Dazu orientiert es sich immer an<br />

vertrockneten Grashalmen<br />

2b | Die kleine Raupe des selten gewordenen<br />

Rostbraunen Wiesenvögelchens<br />

2c | Der Falter saugt an allen Blumen. Er ist<br />

nicht wirklich an ein Habitat gebunden<br />

2a<br />

2b<br />

2c<br />

Alle lieben den Zitronenfalter<br />

Die Zitronenfalter sind einfach herrlich. Im<br />

zeitigen Frühjahr sieht man die auffälligen<br />

Falter. Sie saugen wirklich an allen Blüten.<br />

An Faulbäumen, die im Schatten wachsen,<br />

legen sie im Juni ihre Eier ab. Leider leiden<br />

die Raupen oft an zwei unterschiedlichen<br />

Krankheiten: Bei der Wipfelkrankheit treten<br />

im Körper der Raupen polyedrische Mikroorganismen<br />

auf. Die kranken Raupen kriechen<br />

in die Baumwipfel, wo sie in dichten<br />

Klumpen sitzend sterben. Die Schlaffsucht,<br />

auch Flacherie, ist eine durch Spaltpilze hervorgerufene<br />

Krankheit. Die befallenen Raupen<br />

sterben, hängen als schlaffer Sack an<br />

einem der Abdominalfüße, knicken plötzlich<br />

in der Mitte ihres Körpers ab und sind<br />

mit brauner, übelriechender Jauche erfüllt.<br />

Der Zitronenfalter überwintert als Falter<br />

ebenso wie das Tagpfauenauge, der Trauermantel<br />

und der Große und der Kleine<br />

Fuchs. Manchmal völlig ungeschützt an<br />

Ästen hängend, aber auch in Höhlen oder<br />

ausgehöhlten Baumstümpfen ziehen sie<br />

sich, sobald es kalt wird, zur Ruhe zurück<br />

und überdauern so viele Monate.<br />

3<br />

(Ruta graveolens). Wichtig ist, dass die Pflanzen<br />

verstreut an sonnigen Standorten stehen<br />

und nicht zu groß sind, da die Weibchen<br />

nur kleine Pflanzen zur Eiablage aussuchen.<br />

Der Komposthaufen<br />

Ein Komposthaufen lockt viele Falter an,<br />

denn zahlreiche Arten ernähren sich nicht<br />

von Nektar. Dazu gehören der Schillerfalter<br />

(Apatura ssp.), die Eisvögel (Limenitis ssp),<br />

der Große Fuchs (Nymphalis polychloros).<br />

Man findet sie besonders zahlreich, wenn<br />

der Garten in Waldnähe gelegen ist. Es sind<br />

Gerüche von Eiweißen, Säuren, Aminen<br />

und Mineralien, für menschliche Nasen zumeist<br />

abstoßend, die die Schmetterlinge<br />

anziehen, oft auch von weit her, denn Falter<br />

haben ein vorzügliches Geruchsvermögen.<br />

Auch an nasser Erde saugen einige Falter,<br />

um Mineralsalze aufzunehmen. Dazu zählen<br />

Großer Fuchs, C-Falter, Scheckenfalter,<br />

Bläulinge, Schillerfalter und Eisvögel.<br />

Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben,<br />

dass man in einem <strong>Naturgarten</strong>, welcher<br />

sich in einer Agrarwüste oder im städtischen<br />

Bereich befindet, umgeben von Monokulturen<br />

oder Beton, keine Wunder erwarten<br />

kann. Leider fehlen oft mosaikartig<br />

vernetzte Biotopstrukturen, die den Tieren<br />

die Möglichkeit des genetischen Austausches<br />

bieten. Deswegen ist es besonders<br />

wertvoll, die Idee eines <strong>Naturgarten</strong>s weiter<br />

zu geben. Generell ist aber jeder <strong>Naturgarten</strong><br />

für sich bereits ein sehr wertvolles<br />

Kleinstbiotop.<br />

3 | Großer Schillerfalter<br />

Alle Fotos: Christoph Baumann<br />

4<br />

5<br />

6<br />

4 | Gräser einer ungemähten Wiese – Überlebensraum<br />

für viele Schmetterlingsraupen<br />

5 | Noch sehr junge Raupe des Gelbringfalters,<br />

auf der Waldzwenke sitzend<br />

6 | Raupe des weißen Waldportiers auf Gräsern.<br />

Literaturtipp:<br />

p Die Tagfalter der Pfalz, Band 1&2 Tom<br />

Schulte, Oliver Eller, Manfred Niehuis, Erwin<br />

Rennwald, Gnor Eigenverlag (2007)<br />

p Ulmer Naturführer Schmetterlinge: Die<br />

Tagfalter Deutschlands, Josef Settele,<br />

Roland Steiner, Rolf Reinhardt, Reinhart<br />

Feldmann, Eugen Ulmer (2009)<br />

p Tagfalter I. Entwicklung – Lebensweise,<br />

H.-J. Weideman, NeumannNeudamm<br />

Verlag (nur antiquarisch)<br />

p Schmetterlinge, so können wir sie retten<br />

von Josef Blab, Otto Maier Verlag,<br />

Ravensburg, erschienen 1. Auflage 1987<br />

(nur antiquarisch)<br />

Christoph Baumann<br />

D - 55127 Mainz<br />

baumann-chris@<br />

web.de<br />

56 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 57


Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Der Rückgang unserer Vogelwelt<br />

und Abhilfe im vogelfreundlichen Garten<br />

1 | Durch das Begrünen von Hauswänden, Balkonen, Garagen u. a. lässt<br />

sich der Anteil an Vegetation auch im kleinen Garten erheblich steigern<br />

– und damit entstehen Verstecke und Brutplätze für viele Vögel.<br />

2 | An Gartenwegen können einheimische Stauden gedeihen, die viele<br />

Insekten anlocken und Vögeln Samen bis ins Frühjahr hinein zur Verfügung<br />

stellen.<br />

3 | Im vogelfreundlichen Garten empfiehlt sich dringend eine Ganzjahresfutterstelle<br />

– sie garantiert Besucher und Brutvögel in überdurchschnittlich<br />

großer Anzahl.<br />

4 | Auch im Gemüsegarten können zwischen den Nutzpflanzen viele Wildkräuter<br />

gedeihen wie z. B. Klatschmohn, Kornblumen, Wilde Stiefmütterchen,<br />

Vogelmiere u. a., die Vögeln viele Feinsämereien bieten.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1. Einleitung<br />

Die meisten Gartenfreunde sind auch Vogelliebhaber<br />

und freuen sich, wenn gefiederte<br />

Gäste ihren Garten beleben. Ebenso<br />

machen sich viele von ihnen Sorgen, wenn<br />

Vögel im Garten seltener werden, was heute<br />

oft der Fall ist. Da der intensive Vogelschutz,<br />

der „in Haus, Hof und Garten“ im<br />

19. Jahrhundert weit verbreitet war, seit<br />

den 1960er Jahren leider stark zurückging,<br />

herrscht heute oft Ratlosigkeit darüber, wie<br />

man Vögel dauerhaft im Garten ansiedeln<br />

kann. Dafür im Folgenden hilfreiche Ratschläge.<br />

2. Unsere Vogelwelt gestern,<br />

heute und morgen<br />

Die heimische Vogelwelt ist in ihrer Zusammensetzung<br />

ständig starken Veränderungen<br />

unterworfen, und auf einen Großteil<br />

davon haben menschliche Aktivitäten starken<br />

Einfluss. Am Ende der letzten Eiszeit war<br />

Mitteleuropa nahezu vogelfrei und ist erst<br />

in den letzten 10.000 Jahren aus südlichen<br />

und östlichen Refugien wieder besiedelt<br />

worden. Der größte Reichtum an Vögeln,<br />

aber auch an anderen Tieren wie Schmetterlingen,<br />

Heuschrecken, Käfern sowie<br />

auch an Wildpflanzen, wurde gegen Ende<br />

des 18. Jahrhunderts erreicht. Damals hatte<br />

die Landnahme des Menschen zu einer<br />

Umgestaltung der relativ eintönigen Wälder<br />

in eine reich strukturierte Mosaiklandschaft<br />

geführt, die sowohl Nutz- wie Wildpflanzen<br />

als auch Wildtieren ausreichend<br />

Lebensraum und vor allem auch Nahrung<br />

in Hülle und Fülle bot. Dann aber kam eine<br />

Wende mit andauernd negativer Entwicklung<br />

– 1849 von Johann Friedrich Naumann<br />

erstmals wissenschaftlich belegt. Ursache<br />

dafür waren direkte menschliche Verfolgung,<br />

alsbald aber vor allem zunehmend<br />

intensive Landwirtschaft, bis hin zu immer<br />

mehr Monokulturen, schließlich „rein“ gehalten<br />

durch Biozideinsatz. Dazu kamen<br />

weiterhin Landverbrauch für Siedlungen<br />

und Verkehrswege sowie fortschreitende<br />

Verunruhigung der Landschaft durch ständig<br />

zunehmende menschliche Freizeitaktivitäten<br />

u. a. m. Sie alle führten zu einem<br />

immer stärkeren Rückgang großer Teile von<br />

Flora und Fauna. Diese Entwicklung nahm<br />

ab den 1950er Jahren dramatische Ausmaße<br />

an, sodass heute bei uns von allen<br />

Tier- und Pflanzengruppen im Durchschnitt<br />

rund die Hälfte aller Arten im Fortbestand<br />

gefährdet ist, wie z. B. die „Roten Listen“<br />

bedrohter Arten belegen. Für die am bes-<br />

ten untersuchte Vogelwelt zeigen Studien<br />

wie z. B. die genaueste Analyse der idyllischen<br />

Bodenseegemeinde Möggingen,<br />

in der die Vogelwarte Radolfzell seit 1946<br />

Bestandserfassungen durchführt, folgendes:<br />

Von ehemals 110 Brutvogelarten sind<br />

inzwischen 35 Prozent ganz verschwunden<br />

oder brüten nur noch unregelmäßig, weitere<br />

20 Prozent nehmen im Bestand ab und<br />

nur etwa 10 Prozent nehmen zu oder sind<br />

Neunansiedler. Auch die Individuenzahl<br />

und die Biomasse der Vögel sind um rund<br />

30 Prozent geschrumpft und gehen weiter<br />

zurück. Diese Rückgänge betreffen nicht<br />

etwa nur seltene Arten, sondern längst<br />

auch ehemalige „Allerweltsarten“ wie Hausund<br />

Feldsperling, Star, Gartenrotschwanz<br />

sowie auch Spechte, Meisen u. a. und damit<br />

auch viele Gartenvögel. Weitere dramatische<br />

Veränderungen unserer Vogelwelt<br />

zeichnen sich durch die globale Klimaerwärmung<br />

ab. Dabei wandern südliche Arten<br />

wie Bienenfresser oder Silberreiher bei<br />

uns ein, andere wie Waldhühner und Bergvögel<br />

ziehen sich nach Norden zurück. Die<br />

Bilanz dürfte stark negativ ausfallen, da sich<br />

viele Arten an die enormen Änderungen im<br />

Nahrungsangebot, im Parasitenbefall usw.<br />

nicht schnell genug anpassen können.<br />

3. Vögel im Garten – eher<br />

nützlich oder schädlich?<br />

Eine generelle Einteilung in „Nützlinge“ und<br />

„Schädlinge“ im Hinblick auf unsere Gartenansprüche<br />

gibt es nicht, da die meisten<br />

Vogelarten ihre „zwei Seiten“ haben. Fängt<br />

z. B. ein Star im Garten Engerlinge oder<br />

Maulwurfsgrillen, wird er meist sehr gern<br />

gesehen. Holt er sich aber Kirschen oder<br />

reißt er für die Balz Krokusse ab, macht er<br />

sich nicht selten unbeliebt. Insgesamt aber<br />

gilt: Wer es schafft, in seinem Garten eine<br />

breite Palette von Vogelarten anzusiedeln,<br />

der kann mit ganz erheblicher Reduktion<br />

fast aller Nutzpflanzen-“Schädlinge“ rechnen<br />

– nämlich von vielerlei Faltern, Raupen,<br />

blätterfressenden Käfern und ihren Larven,<br />

Blattläusen, Schnecken u. a. Führende Meisenforscher<br />

konnten 2005 zeigen: Schon<br />

drei Kohlmeisen-Brutpaare können mit ihren<br />

Bruten auf einem Hektar ökologisch betriebener<br />

Apfelbaumanlage 23-49 Prozent<br />

der „Schädlings“-Raupen vertilgen. Ähnlich<br />

nützlich sind auch viele andere Arten, vor<br />

allem auch Feld- und Haussperling, die –<br />

obwohl „Körnerfresser“ – zur Brutzeit überwiegend<br />

tierische Nahrung aufnehmen.<br />

4. Ansiedlung von<br />

Vögeln im Garten<br />

Damit Singvögel im Garten erheblichen<br />

Nutzen bringen, sollten sie dort auch brüten<br />

können. Nur dann werden sie während der<br />

Jungenaufzucht und der Hauptaktivität unserer<br />

Nutzpflanzen-„Schädlinge“ im Gartenbereich<br />

ständig viel Nahrung aufnehmen.<br />

In günstig gelegenen Hausgärten von etwa<br />

500 Quadratmetern Fläche, etwa im ländlichen<br />

Raum, aber auch in vegetationsreichen<br />

Zonen von Städten, lassen sich häufig zehn<br />

und mehr Brutpaare von Singvögeln ansiedeln.<br />

Das gelingt am ehesten, wenn die folgenden<br />

drei Voraussetzungen erfüllt sind.<br />

4.1. Voraussetzung 1:<br />

naturnahe Gartengestaltung<br />

Für den vogelfreundlichen Garten gilt allgemein:<br />

Je strukturreicher er durch das<br />

Nebeneinander von Bäumen, Sträuchern,<br />

Stauden und Kräutern gestaltet ist, desto<br />

mehr Individuen verschiedener Vogelarten<br />

kann er beherbergen. Wenn möglich, sollten<br />

neben Laub- und Nadelbäumen sowie<br />

Sträuchern – am besten in Gruppen gepflanzt<br />

– auch Kletterpflanzen gesetzt werden<br />

wie z. B. Anemonen-Waldrebe, Efeu,<br />

Kriechrose, Wein, Zaunrübe u. a. Sie bieten<br />

Vögeln gut geschützte Aufenthalts-, Schlafund<br />

Nistplätze, günstiges Mikroklima, reiches<br />

Insektenvorkommen und z. T. Früchte<br />

als wichtige Zusatznahrung für viele Arten.<br />

Auch immergrüne Sträucher wie Wacholder<br />

und Lebensbäume bieten gute Nistplätze.<br />

Stauden und Samen tragende Wildkräuter<br />

sollten an vielen Stellen Platz finden, auch<br />

im Nutzgartenbereich, und dabei ist wichtig,<br />

dass sie bis weit ins Frühjahr hinein<br />

stehen bleiben – als Nahrungsquelle, zum<br />

Aussamen und als Überwinterungsplatz für<br />

viele Stängelbewohner. Mit wenig Mühe<br />

lassen sich auch viele vorteilhafte Kleinstrukturen<br />

einrichten wie z. B. Holz-, Reisig-,<br />

Laub-, Kompost- und Steinhaufen, die eine<br />

für viele Vögel wichtige Kleintierwelt gedeihen<br />

lassen und auch Nistplätze bieten.<br />

4.2. Voraussetzung 2:<br />

eine Ganzjahresfütterung<br />

Wie sorgfältige Studien zeigen, kann auch<br />

ein noch so vogelfreundlich gestalteter<br />

Garten mit sehr naturnaher Vegetation<br />

aufgrund seiner meist geringen Größe nur<br />

ganz wenige Vögel das ganze Jahr über<br />

einigermaßen ernähren. Meist entstehen<br />

Engpässe, die zu oftmals großräumigem<br />

Abwandern führen. Dem kann jedoch leicht<br />

58 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 59


Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

5<br />

7<br />

9<br />

Verkannte Wespen –<br />

geliebte Bienen<br />

abgeholfen werden – nämlich durch die<br />

Einrichtung einer ganzjährig betriebenen<br />

Futterstelle, kombiniert mit einer Tränke.<br />

Wie eine Ganzjahresfütterung richtig<br />

durchgeführt wird, ist in dem unten zitierten<br />

Buch „Vögel füttern – aber richtig“ ausführlich<br />

dargestellt. Ideal ist die Kombination<br />

von einem herkömmlichen Futterhaus<br />

zusammen mit verschiedenen Futtersilos<br />

oder -spiralen, vor allem für Erdnüsse, Fettfutter<br />

u. a. In diesen Futterbehältern bietet<br />

man am besten dreierlei an: ein Körner-<br />

Mischfutter, das größere und feinere Sämereien<br />

enthält, ein Fettfutter, das vor allem<br />

aus mit Fett angereicherten Getreideflocken<br />

besteht, sowie mehr oder weniger<br />

reines Fett – am besten Rindertalg in Form<br />

der handelsüblichen Meisenknödel. Fettfutter<br />

ist für Vögel ganz besonders auch<br />

im Sommerhalbjahr wichtig. Zu dieser Zeit<br />

müssen Vögel für die Jungenaufzucht sehr<br />

aktiv sein, also auch viel fliegen, was sehr<br />

hohen Energiebedarf mit sich bringt. Beim<br />

Fliegen wird generell Fett in den Brustmuskeln<br />

„verbrannt“, wofür Meisenknödel direkt<br />

den „Treibstoff“ liefern können. Mit Fettfutter<br />

versorgt sind Altvögel auch weniger auf<br />

aufwendig zu sammelnde Insektennahrung<br />

angewiesen, die sie damit eher an ihre Jungen<br />

verfüttern können. Daher ist nicht verwunderlich,<br />

dass in vielen Studien nachgewiesen<br />

werden konnte, dass ganzjähriges<br />

Zufüttern den Bruterfolg deutlich erhöht.<br />

Natürlich kostet eine Futterstelle für Vögel<br />

6<br />

im Garten Geld. Wenn man aber bedenkt,<br />

dass man mit vielen Vögeln als natürlichen<br />

Schädlingsvertilgern in der Regel völlig giftfrei<br />

gärtnern und damit wertvolle Lebensmittel<br />

produzieren und dazu hin auch noch<br />

viel Freude an den gefiederten Gästen haben<br />

kann, dann lohnt sich eigentlich jeder<br />

Aufwand dafür.<br />

8<br />

5 | Werden Wege schmal gehalten und randlich<br />

dicht mit Stauden und Kräutern bepflanzt,<br />

entsteht reichlich Lebensraum für vielerlei<br />

Getier<br />

6 | Für die Begrünung von Hauswänden eigenen<br />

sich vielerlei Pflanzen – im Bild die weniger<br />

bekannte Zaunrübe, die viele Insekten anlockt<br />

und für Vögel rote Beeren bereit hält.<br />

7 | Auch im kleinen Hausgarten sollte eine ganze<br />

Reihe von künstlichen Nistgelegenheiten aufgehängt<br />

werden – nur dann können sich auch<br />

relativ viele Singvogelbrutpaare ansiedeln<br />

8 | Auch eine Vogeltränke ist in jedem Hausgarten<br />

Pflicht. Gegen Katzen kann man sie leicht<br />

durch einen umgekehrt aufgehängten Korb<br />

schützen<br />

9 | Die Kurve zeigt, wie stark die Stieglitz-Besuche<br />

an Futterstellen in England zugenommen<br />

haben – aber erst mit Traditionsbildung ab<br />

etwa 1990<br />

4.3. Voraussetzung 3:<br />

Künstliche Nisthilfen<br />

Der schönste naturnahe Garten und die<br />

beste Ganzjahresfütterung nützen relativ<br />

wenig, wenn sie zwar viele Vögel anlocken,<br />

davon aber nur wenige im Gartenbereich<br />

brüten können, weil es an Nistplätzen mangelt.<br />

Das gilt v. a. für Höhlenbrüter wie Meisen,<br />

Feldsperlinge, Rotschwänze u. a. Für sie<br />

sollte man in einen etwa 500 Quadratmeter<br />

großen Garten auf alle Fälle 10-15 künstliche<br />

Nisthilfen, sogenannte Nistkästen, anbieten.<br />

Das mag zunächst viel erscheinen,<br />

ist aber sehr ratsam. In vielen idealen Gärten<br />

wird mehr als die Hälfte so vieler Kästen vor<br />

allem von Kohl-, Blau- und Sumpfmeisen,<br />

Haus- und Feldsperlingen, von Star, Kleiber,<br />

Rotschwänzen, ab und zu auch von Fliegenschnäppern<br />

u. a. bezogen. Und da Vögel<br />

längst nicht in jedem Nistkasten brüten,<br />

sondern ihre Bruthöhlen nach vielerlei Kriterien<br />

sorgsam aussuchen, führt das Aufhängen<br />

nur weniger Kästen nicht etwa zu Vollbelegung,<br />

sondern eher zum Ausweichen<br />

potentieller Brutpaare in andere Lebensräume.<br />

Also: Mit einem Überangebot an künstlichen<br />

Nisthilfen lässt sich die Anzahl der im<br />

Garten nistenden Höhlenbrüter optimieren,<br />

für Freibrüter erreicht man Entsprechendes<br />

mit idealer Bepflanzung. Wie man einzelne<br />

Arten wie z. B. den Stieglitz gezielt in seinen<br />

Garten locken kann, erfährt man in dem<br />

nachfolgend zitierten Buch.<br />

Weiterführende Literatur (über den Zustand<br />

und die Entwicklung unserer Vogelwelt, die<br />

Gestaltung eines naturnahen Gartens, Nisthilfen<br />

sowie die Fütterung freilebender Vögel<br />

in allen Details): Berthold, Peter & Mohr,<br />

Gabriele (2012): Vögel füttern – aber richtig,<br />

KOSMOS ISBN: 978-3-440-13178-7.<br />

Peter Berthold<br />

D – 78315 Radolfzell<br />

3 07732 – 150 110<br />

berthold@orn.mpg.de<br />

Faszination, Funktion<br />

und Fördermöglichkeiten<br />

im <strong>Naturgarten</strong><br />

Spätestens seit der breiten Diskussion<br />

um die Krise der Honigbienen befindet<br />

sich auch der Wildbienenschutz<br />

im Aufwind. Die Ansiedlung und Förderung<br />

von Wildbienen, meist durch ein Angebot<br />

künstlicher Nisthilfen, erlebt derzeit<br />

einen regelrechten Boom. Aufgrund ihres<br />

plüschigen Haarkleides und ihrer Bestäubungsleistung<br />

erfüllen viele Wildbienenarten<br />

die Kriterien für eine sympathisch<br />

erscheinende Insektengruppe. Dieses positive<br />

Image können Wespen erst mal nicht<br />

für sich verbuchen. Viele Vorurteile führen<br />

dazu, dass diesen faszinierenden Tieren immer<br />

noch eine eher ablehnende Haltung<br />

entgegengebracht wird. Wer nun in seinem<br />

Garten mit Nisthilfen - die oft völlig unzutreffend<br />

als „Wildbienenhotel“ bezeichnet<br />

werden – Bienen fördern möchte, bietet<br />

damit gleichzeitig auch vielen Wespen eine<br />

Nistmöglichkeit an.<br />

Doch was sind eigentlich Wespen? Bei der<br />

umgangssprachlichen Bezeichnung handelt<br />

es sich nämlich nicht um eine systematisch<br />

eindeutige Kategorie. Das Wort<br />

„Wespe“ bildet nur den zweiten Namensbestandteil<br />

fast aller Familien aus der Insektenordnung<br />

der Hautflügler, zu der<br />

auch die Bienen und Ameisen zählen. In<br />

Deutschland kommen über zehntausend<br />

Wespenarten vor, die z. B. zu den Schlupf-,<br />

Falten-, Gold-, Weg- oder Grabwespen gehören.<br />

Der Volksmund versteht unter Wespen<br />

nur die schwarz-gelb gefärbten Arten<br />

der Sozialen Faltenwespen, eine Gruppe<br />

mit nur 16 Arten in Deutschland. Ernsthafte<br />

Stichfolgen für uns Menschen verursachen<br />

nur 8 Wespenarten der Unterfamilie Echte<br />

Wespen (Vespinae) und natürlich auch die<br />

Honigbiene. Und wer es noch nicht weiß<br />

– in extrem seltenen Fällen können auch<br />

Hummeln mal kräftig zustechen.<br />

Alle anderen Wespenarten sind harmlos für<br />

Menschen. Der Großteil lebt parasitisch. Es<br />

kommen aber auch rund 430 solitäre, nicht<br />

staatenbildende Arten vor. Zum Vergleich:<br />

In Deutschland sind ca. 560 Wildbienenarten<br />

bekannt, von denen allerdings rund<br />

ein Viertel keine eigenen Nester baut oder<br />

Pollen sammelt, sondern parasitisch lebt<br />

(sogenannte Kuckucksbienen).<br />

oben großes Bild:<br />

Harmlose Haus-Feldwespe<br />

kleine Bilder, von links nach rechts:<br />

Parasitische Hungerwespe<br />

(Gasteruption spec.), Bienenwolf-<br />

Männchen (Grabwespe), Solitäre<br />

Faltenwespe (Ancistrocerus spec.)<br />

Viele Menschen argumentieren gerne mit<br />

der Nützlichkeit von Tieren oder Pflanzen<br />

– eine Kategorie, die nicht biologisch definiert<br />

ist, sondern aus einem anthropozentrischen<br />

Denken stammt. Unterteilungen in<br />

gut und böse oder nützlich und schädlich<br />

sind eben keine ökologischen Kategorien.<br />

Trotzdem spielen diese bei der Begründung<br />

und Umsetzung von Maßnahmen eine große<br />

Rolle. Auch in privaten Naturgärten bestimmt,<br />

neben ästhetischen Vorlieben oder<br />

Nutzungsansprüchen, vor allem das Naturverständnis<br />

der Besitzer die Gestaltung.<br />

Auf Grund vieler negativer Vorurteile ist es<br />

an der Zeit, auch mal einen Stab für unsere<br />

Wespen zu brechen und deren Nützlichkeit,<br />

Faszination und ökologische Funktion herauszustellen.<br />

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Natur & Garten April 2013 61


Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Vögel im <strong>Naturgarten</strong><br />

Goldwespe –<br />

ein farbenprächtiger<br />

Parasit<br />

Hornissenkönigin<br />

auf erster Wabe<br />

Sandknotenwespe<br />

(Grabwespe) bestäubt<br />

Brombeerblüte<br />

links: Schornsteinwespe (Odynerus spinipes)<br />

oben: Zwei wichtige Nützlinge im Garten:<br />

Grabwespe und Marienkäfer<br />

Für den Gartenfreund liegt der größte Nutzen<br />

der Wespen sicherlich in ihrem Jagdverhalten.<br />

Nahezu alle solitären und sozialen<br />

Wespen erbeuten in großen Mengen Insekten<br />

und Spinnen zur Aufzucht ihrer Brut.<br />

Besonders die emsigen Jäger aus der Gruppe<br />

der Grabwespen sollten in jedem Garten<br />

willkommen sein. Viele der rund 265 Arten<br />

dieser formenreichen Gruppe sind auf ganz<br />

spezielle Beutetiere spezialisiert. So werden<br />

beispielsweise ausschließlich Blattläuse,<br />

Staubläuse, Fliegen, Zikaden, Rüsselkäfer<br />

oder Schmetterlingsraupen erbeutet. Die<br />

Populationen der Beutetiere werden natürlich<br />

nicht völlig verschwinden, aber es kann<br />

ein sehr effektiver und gezielter Beitrag<br />

zur biologischen Schädlingsbekämpfung<br />

geleistet werden. Wer einmal seinen Blick<br />

für die oft unscheinbaren Grabwespen geschärft<br />

hat, den erwarten viele spannende<br />

Beobachtungsmöglichkeiten im Garten.<br />

Viel weniger bekannt ist selbst bei naturinteressierten<br />

Personen, dass auch Wespen<br />

wichtige Pflanzenbestäuber sein können.<br />

Bei der Aufnahme von Nektar als energiereiches<br />

Flugbenzin bleiben regelmäßig Pollenkörner<br />

am Körper haften und gewährleisten<br />

so die Voraussetzung für eine Bestäubung.<br />

Mit ihren kurzen Mundwerkzeugen sind<br />

solitäre Wespen auf Blüten angewiesen,<br />

die ihren Nektar offen darbieten. In der<br />

Blütenökologie wird auch der ökologische<br />

Blumentyp einer „Wespenblume“ kategorisiert.<br />

Deren Blüten haben sich evolutiv<br />

so entwickelt, dass ihre Eigenschaften vor<br />

allem Wespen anlocken und diese dann<br />

ungewollt eine Bestäubung vornehmen.<br />

Beispiele sind Braunwurz (Scrophularia nodosa),<br />

Efeu (Hedera helix) oder Gewöhnliche<br />

Zwergmispel (Cotoneaster integerrima).<br />

Viele Wildbienen können sich dagegen mit<br />

ihren langen „Rüsseln“ auch an tief gelegenen<br />

Nektarien kompliziert gebauter Blüten<br />

verköstigen. Inzwischen werden Solitärbienen<br />

sogar schon zur kommerziellen Bestäubung<br />

eingesetzt.<br />

Wer spezifische Angebote zur Ansiedlung<br />

für Wildbienen macht, für den<br />

ist es ein Leichtes, auch solitäre Wespen<br />

in sein Förderprogramm mit aufnehmen,<br />

nutzen sie doch ähnliche oder gleiche Nistmöglichkeiten.<br />

In der Werbung wird nur<br />

auf Wildbienen Bezug genommen, dabei<br />

kann auch eine große Anzahl an Wespen<br />

in künstliche Nisthilfen einziehen. Allerdings<br />

treten Wespen in der Regel erst zum<br />

Frühsommer in Erscheinung.<br />

In diesem Zusammenhang ist im Vortrag<br />

noch kurz auf die Konstruktion von Nisthilfen<br />

eingegangen worden. Leider sind die<br />

meisten kommerziell angebotenen Nisthilfen<br />

ihr Geld nicht wert. Im Internet bzw. in<br />

der teilweise schlechten Literatur kursieren<br />

auch immer noch viele von wenig Fachkenntnis<br />

zeugende Bautipps. Selbst viele<br />

Naturschutzorganisationen bieten so oft unzweckmäßige<br />

Modelle an. Dazu ein Beispiel:<br />

Eigentlich fehlen immer kleine Bohrlochdurchmesser<br />

von 1,5 bis 4 mm, die extrem<br />

gut von Grabwespen und Wildbienen besiedelt<br />

werden. Diese Bohrungen sind aber nur<br />

aufwendig zu erstellen, soziale Werkstätten<br />

können dies oft nicht leisten oder die Gewinnmarge<br />

stimmt dann nicht mehr.<br />

Geht es darum, möglichst viele Arten anzusiedeln,<br />

ist zudem eine andere Gartenästhetik<br />

notwendig. Der Großteil der Wildbienen<br />

und Solitärwespen nistet nämlich in<br />

schütter bewachsenem oder vegetationslosem<br />

Boden. Offene, trockenwarme Sandbereiche<br />

entsprechen aber nicht dem aktuellen<br />

Schönheitsideal. Dabei können schon<br />

kleinflächige Bereiche ausreichen, um einige<br />

Arten anzulocken. Sind diese dann von<br />

attraktiven Futterpflanzen umstanden, können<br />

selbst kritische Betrachter vom regen<br />

Treiben und der Optik angetan sein.<br />

Es ist mir wichtig zu betonen, dass eine<br />

große Artenvielfalt kein absolutes ökologisches<br />

Qualitätsmerkmal ist. So beherbergen<br />

einige besonders wertvolle natürliche<br />

Biotope eine natürlicherweise geringere<br />

Anzahl an schützenswerten Arten.<br />

Bei der Auswahl von wildbienen- bzw.<br />

wespentauglichen Pflanzen sind fundierte<br />

Kenntnisse notwendig. Hier sollte<br />

ggf. der Rat von Fachleuten eingeholt werden.<br />

Käufliche Samentütchen sind in der<br />

Regel auf Honigbienen und häufige Hummelarten<br />

optimiert. Kleinflächige Bodenund<br />

Klimaverhältnisse können nicht berücksichtigt<br />

werden. Solitärbienen oder gar<br />

Wespen lassen so nicht adäquat fördern.<br />

Neben den solitären Arten sollte man auch<br />

die sozialen Faltenwespen in seinem Umfeld<br />

dulden und sogar wertschätzen. Ihren<br />

Eigenbedarf an zuckerhaltiger Nahrung<br />

decken Flugwespen zu großen Teilen mit<br />

Blütennektar ab und sind demzufolge auch<br />

als effiziente Bestäuber einzustufen. Das<br />

Gefahrenpotential der einjährigen Staaten<br />

wird oft massiv überbewertet. So fordert<br />

verständlicherweise auch niemand ernsthaft<br />

eine Abtötung oder Beseitigung von<br />

Honigbienenvölkern, obwohl durch Honigbienenstiche<br />

mehr Todesfälle als durch<br />

Wespen verursacht werden. Ein erhöhtes Risiko<br />

besteht für die wenigen wirklichen Allergiker.<br />

Nur in sehr seltenen Fällen ist eine<br />

Umsiedlung oder gar Abtötung notwendig.<br />

Der schlechte Ruf der sozialen Faltenwespen<br />

begründet sich vor allem auf das Verhalten<br />

der Deutschen und der Gemeinen<br />

Wespe. Diese beiden Arten legen ihre Nester<br />

im Boden oder in dunklen Hohlräumen<br />

an. Im Gegensatz zu allen anderen Faltenwespenarten<br />

lassen sie sich von Lebensmitteln<br />

anlocken. Zuckerhaltige Stoffe<br />

dienen ihnen nur zur Eigenversorgung.<br />

Fleischwaren werden aber auch zur Fütterung<br />

der Larven ins Nest gebracht. Wie die<br />

Hornisse leben die Deutsche und Gemeine<br />

Wespe bis zum Spätherbst. Vor allem die<br />

letzten beiden Arten können durch ihre<br />

lange Entwicklungszeit zu sehr großen<br />

Völkern mit über 10.000 Individuen pro<br />

Jahr heranwachsen. Sind die von einer Papierhülle<br />

umschlossenen Nestbauten offen<br />

aufgehängt (z. B. in Gebüschen oder unter<br />

Dachvorsprüngen), handelt es sich bei den<br />

Erbauern um friedfertige Arten. Die kleinen<br />

Völker produzieren oft nur 200 – 500 Tiere<br />

pro Jahr und haben oft schon Anfang August<br />

ihre Volksentwicklung abgeschlossen.<br />

Diese Arten brauchen eigentlich nie umgesiedelt<br />

oder abgetötet werden. Gänzlich<br />

harmlos sind die häufigen Feldwespen mit<br />

ihren kleinen hüllenlosen, aus einer Wabe<br />

bestehenden Nestern.<br />

Wer ein Wespennest im Garten hat, sollte<br />

die Chance nutzen und mal einen<br />

genaueren Blick „riskieren“. So zählen verhaltensbiologische<br />

Beobachtungen an einem<br />

Wespennest, mit seiner ausgeklügelten<br />

Klimaregulation übrigens ein wahres Niedrigstenergiehaus,<br />

mit zu den spannendsten<br />

Erlebnissen, die die heimische Natur bietet.<br />

Speziell Hornissen lassen sich hervorragend<br />

in umweltpädagogischen Projekten<br />

einsetzen und können Menschen sogar x<br />

individuell erkennen. In Beobachtungskästen<br />

umgesiedelte Hornissenvölker üben<br />

gerade auf Kinder und Jugendliche eine<br />

große Faszination aus und erziehen zu einem<br />

respektvollen, nicht angstbesetzten<br />

Umgang mit unseren Faltenwespen.<br />

Literatur<br />

p Amiet, Krebs (2012): Bienen Mitteleuropas.<br />

– Haupt Verlag. 423 S.<br />

p Westrich, P. (2011): Wildbienen. Die anderen<br />

Bienen. – Pfeil-Verlag. 168 S.<br />

p Witt, R. (2009): Wespen. – Vademecum<br />

Verlag Oldenburg, 400 S.<br />

p Witt, R. (2013): Bienen & Wespen in Nisthilfen.<br />

Kompakte, wetterbeständige Bestimmungshilfe.<br />

– Vademecum Verlag<br />

Oldenburg. 2. erweiterte Aufl. 12 S.<br />

Dipl. Biol. Rolf Witt<br />

Umwelt- & Medienbüro Witt<br />

Vademecum Verlag<br />

D-26188 Friedrichsfehn<br />

3 +49(0)4486-9385570 (5 -72)<br />

info@vademecumverlag.de<br />

www.umbw.de<br />

www.vademecumverlag.de<br />

62 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 63


Regionalgruppen<br />

Regionalgruppen<br />

Projekt: VHS-<strong>Naturgarten</strong>forum 2013 in Löhne<br />

Ohne Netz und doppelten Boden –<br />

aber ein starkes Team!<br />

Leben<br />

Schritte zum <strong>Naturgarten</strong>:<br />

<strong>Naturgarten</strong>forum<br />

20. April 2013 | 13 – 17 Uhr<br />

Werretalhalle Löhne<br />

wieder leben<br />

lassen<br />

Denk-mal<br />

Die weltweite Zerstörung der Artenvielfalt<br />

ist ein schleichender Prozess, für den vergangene<br />

und gegenwärtige Generationen<br />

verantwortlich sind und dessen unabsehbare,<br />

aber sicherlich gravierende Folgen<br />

von uns und unseren Kindergenerationen<br />

getragen werden müssen. Eine Vollbremsung<br />

ist notwendig! – Nur Zuschauer in<br />

diesem Prozess zu sein ist zu wenig, viel zu<br />

wenig.<br />

Vor-Weg<br />

Nach Pressearbeit, politischen Initiativen,<br />

Biodiversitäts-Ratsbeschluss und der Gründung<br />

eines kommunalen Biodiversitäts-Arbeitskreises<br />

waren weitere Öffentlichkeitsarbeiten<br />

und die private Handlungsebene<br />

die nächsten logischen Schritte meiner<br />

Aktivitäten. „Global denken – <strong>Naturgarten</strong><br />

handeln“, sollte der Leitgedanke sein. – Die<br />

Vortragsreihe dazu an der örtlichen VHS<br />

erreichte viele Interessierte aus der Region.<br />

Aber es waren zumeist Einzelkämpfer, Insider<br />

oder bereits Begeisterte. Es erschien<br />

schwer, eine breitere Öffentlichkeit für dieses<br />

Anliegen zu gewinnen.<br />

Veranstalter: „Initiative <strong>Naturgarten</strong>forum“<br />

in Zusammenarbeit mit der VHS Löhne<br />

Ziel ist die Entwicklung der Biodiversität<br />

im kommunalen Raum, im Wohnumfeld<br />

und im Privatgarten<br />

„Schritte zum <strong>Naturgarten</strong> – Leben wieder leben<br />

lassen“ ist das Anliegen des <strong>Naturgarten</strong>forums.<br />

Das Pflanzenangebot in den Gartenmärkten vor<br />

Ort besteht größtenteils aus exotischen Pflanzen<br />

und Hochzüchtungen, die kein Nahrungsangebot<br />

und keine Lebensräume für die einheimischen<br />

Insekten, Vögel und Säugetiere bieten.<br />

Das 1. <strong>Naturgarten</strong>forum bietet Alternativen<br />

hier zu an und zeigt, wie es möglich ist, Lebensräume<br />

für Menschen und Tiere im eigenen<br />

Garten zu erschaffen und einen Beitrag zum<br />

Erhalt der Arten vielfalt zu leisten:<br />

Verkauf von <strong>Naturgarten</strong>pflanzen<br />

Stauden – über 50 heimische Arten<br />

Stäucher, Zwiebeln + Pflanzbeispiele<br />

Natursteine aus der Region<br />

Bruchsteine und diverse Sandsteine<br />

Ausstellungen + Information<br />

Bildershow + Ausstellung<br />

Obstbaumberatung, Bienenschaukasten<br />

Bücher, Adressen und Infomaterial<br />

Mitmach-Angebote für Große + Kleine<br />

Flecht-Schnupperkurs, Insektenhotels bauen,<br />

Weideniglu-Bausätze, Wildblumensamen<br />

Kaffee + Kuchen + Schönes<br />

Kräuter, Tees und Fruchtsäfte<br />

Schritte zum <strong>Naturgarten</strong>:<br />

Leben wieder leben lassen<br />

Geburts-Tag<br />

So kam der Tag, an dem mir die Idee geboren<br />

wurde, ein regionales <strong>Naturgarten</strong>forum<br />

zu entwickeln, das versucht, eben<br />

diese breite Öffentlichkeit anzusprechen,<br />

sie zu sensibilisieren und zu begeistern für<br />

das generationenübergreifende Anliegen<br />

des Erhalts der Artenvielfalt.<br />

Ziel<br />

Praxisangebote für Biodiversitätshandeln<br />

sollten gegeben werden, ohne Experte sein<br />

zu müssen – es aber werden zu können,<br />

wenn man zu neuem Denken bereit ist.<br />

„Schritte zum <strong>Naturgarten</strong> – Leben wieder<br />

leben lassen!“ lautet der Slogan. Das Erleben<br />

von mehr Natur vor der Haustür kann<br />

zu neuer Lebensqualität, Begeisterung und<br />

einem bewussten Umgang mit der Vielfalt<br />

des Lebens führen.<br />

Tat<br />

„Am Anfang war die Tat“ (Goethe, in „Faust“)<br />

– In Löhne sah sie so aus: ca. 35 Teilnehmer<br />

der VHS-Vorträge hatten sich in meine<br />

Netzwerkliste eingetragen. Würde sich aus<br />

diesem Netzwerk ein Arbeitsteam finden,<br />

… und so präsentiert sich das Forum<br />

und sein Planungsteam<br />

das mit mir gemeinsam die Idee des <strong>Naturgarten</strong>forums<br />

auf lokaler Ebene umsetzen<br />

würde? Acht zuverlässige, engagierte und<br />

verantwortungsbewusste Mitstreiter/-innen<br />

– das war meine heimliche Deadline.<br />

Die Einladung erfolgte, 9 Interessierte kamen!<br />

Schallgrenze erreicht!<br />

Chaos<br />

Es kann losgehen, dachte ich – verdacht!!<br />

Was wollen wir eigentlich? Wer will überhaupt<br />

etwas? Protokolle schreiben, muss<br />

das sein – und wer macht das? Gibt es<br />

schon so etwas? Treffen–- wie oft und überhaupt<br />

– warum und wenn, wie oft? Zeitdruck?!<br />

Ziele, Inhalte – welche? Orte – wo?<br />

Zeiten – wann? Wer hält das durch? Hat wer<br />

Ahnung? Wer sind wir eigentlich? Wer bestimmt<br />

eigentlich was? Abstimmen? Überstimmen?<br />

Wer zahlt das Ganze? Und wenn<br />

es schief geht? Kommen wir eigentlich miteinander<br />

aus? Kaum einer kennt den anderen!<br />

Von weither kommen einige!<br />

Chaos der Gedanken und Ideen! Wer sortiert<br />

und strukturiert das alles …? und das<br />

Team muss durchhalten … gute Teampflege<br />

– wer macht das? Wer kann das? …<br />

Team<br />

Total zusammengewürfelt und unterschiedliche<br />

Erwartungen, unterschiedliche<br />

Frühlingserwachen im April: die Winterhaut hat<br />

ausgedient – häutendes Zauneidechsenmännchen<br />

Berufe, Alter, Erfahrungen, Überzeugungen<br />

… aber von der Vision angesteckt! Und<br />

doch, es kam, was zu befürchten war: Einige<br />

stiegen bald wieder aus. Einige kamen<br />

wieder hinzu. Einige wollten dabei sein und<br />

nur zuhören. Andere wollten nur zuhören<br />

(Mailinfos bekommen), aber nicht dabei<br />

sein. Manche packten richtig an, wurden<br />

kreativ und schoben das Projekt kräftig mit<br />

an. Andere übernahmen wichtige Aufgaben,<br />

setzten sie aber nicht um. Hier pulsierte<br />

das Leben … heftig – und einer musste<br />

den Kopf dafür hinhalten …<br />

Aber: Ein großartiges Team hat sich in einem<br />

Jahr gebildet. Es ist an der Aufgabe<br />

gewachsen. Auf vielen Schultern sind die<br />

Verantwortungen verteilt. Vielfalt in den<br />

Kompetenzen, beruflichen Orientierungen,<br />

im Alter, im ökologischen Fachwissen, im<br />

organisatorischen Denken ist seine Stärke.<br />

Teamarbeit und konzentriertes Arbeiten<br />

sind zur Routine geworden. Verantwortung<br />

und Begeisterung für den Erhalt und die<br />

Vielfalt des Lebens sind gemeinsame Handlungsmotive.<br />

Ort<br />

Nicht im Privatgarten als Tausch- und Begegnungsecke<br />

(auch solche Konzepte haben<br />

natürlich ihren Wert), nicht am Stadtrand<br />

in einer nostalgischen Ecke, nicht in<br />

einem stimmungsvollen historischen Gebäude,<br />

nicht auf einem Ökomarkt, nicht<br />

bei Freaks, Ökos, Aussteigern und Wollmützenträgern<br />

(nichts gegen sie!). Der Erhalt<br />

der Biodiversität gehört – ähnlich dem<br />

Klimaschutzanliegen – in die Mitte gesellschaftlichen<br />

Denkens und Handelns als ein<br />

überparteiliches, zukunftsorientiertes und<br />

hartes Anliegen!<br />

Also: Die Stadthalle(!), zentraler Ort der<br />

Begegnungen, ein Ort, wo moderne Menschen<br />

miteinander kommunizieren, ihre<br />

Kultur, ihr Leben und ihre Werte leben – der<br />

Erhalt der Biodiversität muss ein solcher<br />

Lebens-Wert werden!<br />

Netzwerke<br />

Von Beginn an gehörte die Bildung von<br />

Netzwerken zur Strategie. Das interne<br />

Teamnetzwerk agiert arbeitsteilig: Pflanzenteam,<br />

Koordinationsteam, Saalteams,<br />

Kommunikationsteam, Literatur- und Materialteam,<br />

Team Wanderausstellung, Werbeteam,<br />

Team Bildershow usw. Ebenfalls<br />

eingebunden sind externe Partner wie VHS,<br />

Hungrig – Sandbienenmännchen auf Berg-<br />

Steinkraut (Alyssum montanum)<br />

Stadtbücherei, Umwelt- und Planungsamt,<br />

biologische Station, private und kommerzielle<br />

Anbieter u.v.m..<br />

Einige Netzwerkteilnehmer spielen eine<br />

besonders unterstützende Rolle. Die VHS<br />

engagiert sich in vorbildlicher Weise bei<br />

Veröffentlichungen, Werbung, Beratungen,<br />

Raumbeschaffungen und logistischen<br />

Strategien. Hilfreich für kommunale Einrichtungen<br />

ist der Biodiversitätsbeschluss<br />

des Rates, von dem sie ihre Mitarbeit ableiten<br />

können.<br />

Baustellen<br />

Das VHS-<strong>Naturgarten</strong>forum war schon<br />

pleite, bevor es geplant wurde. Die Stadt<br />

steckt in der Haushaltssicherung und kann<br />

freiwillige Leistungen nicht finanzieren.<br />

Mit 1500 – 2000 Euro habe ich das Forum<br />

daher abgesichert. Einnahmequellen<br />

zeich nen sich bisher nur sehr begrenzt ab.<br />

Die Idee des Krötenmobils wurde aus Kostengründen<br />

daher auf 2014 verschoben.<br />

Etliche weitere Baustellen bleiben unerledigt,<br />

bis sich Lösungen finden werden.<br />

Bis zum Forumstermin sind jedoch noch<br />

unzählige Pflichtbaustellen zu bearbeiten:<br />

Pflanzenportraits, Saalpläne, Forumsordnung,<br />

statische Abfragen beim Bauordnungsamt<br />

wegen der Belastung des Saales<br />

durch das Bruchstein-Center, Werbestrategien,<br />

Auf- und Abbauzeiten, <strong>Naturgarten</strong>-<br />

Wanderausstellung (Endredaktion, Druck,<br />

Aufbau) u.v.m … wir werden es noch anpacken<br />

…<br />

Karl-Heinz Niehus<br />

Lehrer und Natur schützer<br />

D - Löhne<br />

3 05732 - 73938<br />

kalleniehus@gmx.de<br />

Nachrufe<br />

Hansjörg<br />

Am 28.02.2013 hat uns Hansjörg Bärtschi<br />

verlassen. Sein Leben lang war Hansjörg ein<br />

Kämpfer. Er hat sich engagiert gegen Atommülltransporte.<br />

Er hat sich engagiert gegen<br />

Stuttgart 21. Und er hat sich engagiert für die<br />

<strong>Naturgarten</strong>idee. Lange Jahre war er aktiv in<br />

der Regio-Gruppe Ludwigsburg und im erweiterten<br />

Vorstand des <strong>Naturgarten</strong> e.V. Auch<br />

sein berufliches Wirken war immer der <strong>Naturgarten</strong>idee<br />

gewidmet. Allen, die ihn gekannt<br />

haben ist sein herzhaftes Lachen und seine<br />

unbändige Energie in Erinnerung.<br />

Jetzt hat Hansjörg den Kampf beendet. Wir<br />

sind traurig und schockiert und hoffen, dass er<br />

nun seine Ruhe gefunden hat (Frieder & Marc).<br />

Ursula<br />

Ursula Bollhorst betreute von 1994 bis 2009<br />

ehrenamtlich die Saatgutbörse des <strong>Naturgarten</strong><br />

e.V. Viele Wildsamen hat sie im Winter in<br />

mühevoller Arbeit sortiert, getrocknet, gereinigt<br />

und in kleinen Portionen abgepackt,<br />

damit sie erneut auf die Reise geschickt<br />

werden konnten. Oft ist sie die weite Strecke<br />

allein nach Grünberg gefahren und übernachtete<br />

dort in ihrem eigenen Wohnwagen.<br />

Über die vielen kleinen Erlebnisse in ihrem<br />

<strong>Naturgarten</strong> freute sie sich immer sehr, besonders<br />

über den Frühlingsanfang. Auch ein<br />

paar Pflanzen hat sie selbst angezogen und<br />

in kleinem Umfang verkauft oder verschenkt.<br />

Den plötzlichen Tod ihrer Tochter vor vier<br />

Jahren hat sie nie überwunden. Am 12. Februar<br />

2013 ist Ursula ihr nach einer kurzen,<br />

schweren Krankheit gefolgt und nahm ihre<br />

großen und kleinen Lebensgeschichten mit.<br />

Ich danke dir im Namen aller für deine lange<br />

Mitgliedschaft und dein Engagement.<br />

Deine Anrufe werden<br />

mir fehlen (Kerstin).<br />

64 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 65


Regionalgruppen<br />

Regionalgruppen<br />

Hausverkauf an Menschen<br />

mit Interesse an der<br />

Regiogruppe Bühren<br />

Für unsere erkrankte Nachbarin (Regiogruppenmitglied)<br />

suchen wir Menschen, die ihr Haus<br />

kaufen möchten. Im südlichen Weserbergland<br />

zwischen Göttingen und Hann. Münden befindet<br />

sich das Blockhaus mit 200 m² Wohnfläche<br />

und 6 Zimmer, 2 Bäder, 2 Heizungsräume (Holzheizung),<br />

offene Küche und offener Wohnbereich,<br />

Specksteinofen u.v.m. Das Grundstück<br />

ist 1.270m² groß mit Schuppen, Garage, Gartengeräten<br />

und Werkraum mit Bodenplatz. Auf<br />

Wunsch ist die Übernahme des Hausinventars<br />

möglich (z.T. neuwertige Massivholzmöbel). Der<br />

Garten befindet sich „in Umstellung auf einen<br />

<strong>Naturgarten</strong>“. Preis185.000 € VB, ohne Makler.<br />

Wir und unsere Nachbarin wünschen uns Menschen,<br />

mit denen wir, wie jetzt auch, mit unserer<br />

Liebe zur Natur gemeinsam gestalten, leben<br />

und wirken. Als Mitglieder der Regionalgruppe<br />

„natürlich-er-leben“ bieten wir seit 2006 jeden<br />

2. Sonntag im Monat Gespräche und Besichtigungen<br />

des <strong>Naturgarten</strong>s von Erika und Rolf<br />

Borchers an. Darüber hinaus bewirtschaften wir<br />

einen Gemeinschaftsgemüsegarten und geben<br />

unser Wissen über naturnahes, biologisches<br />

Gärtnern an interessierte Besucher weiter. Wir<br />

arbeiten drinnen wie draußen mit EM, im Boden<br />

des Gemüsegartens entsteht Terra Preta.<br />

Wenn Sie unsere Regiogruppe kennenlernen<br />

möchten, finden Sie weitere Informationen<br />

unter www.naturgarten.org/ueberuns/regios/<br />

buehren/. Besuchen Sie uns einfach nach vorheriger<br />

Anmeldung, wenn Sie Interesse am<br />

Haus unserer Nachbarin und an unserer Regiogruppe<br />

haben.<br />

Erika Borchers<br />

D - 37127 Bühren, 3 05502 - 2306<br />

„natürlich-er-leben“ im <strong>Naturgarten</strong> e.V. –<br />

Übernachtungsmöglichkeit für 2 Personen im<br />

Wohnwagen mit Heizung, Lüftung, Pflanzendach<br />

und überdachter Terrasse. Nutzung von<br />

Bad und Dusche im Haus möglich. Spendenempfehlung<br />

18,- € pro Person inkl. Frühstück.<br />

Auskunft und Anmeldung:<br />

Erika und Rolf Borchers, Hinter den Höfen 4,<br />

37127 Bühren, 3 05502 - 2306<br />

Artenschutzaktion für die<br />

Breitblättrige Glockenblume<br />

(Campanula latifolia)<br />

in Schleswig-Holstein<br />

Eine besonders erfolgreiche „Mitmach-<br />

Aktion“ zum Artenschutz findet in<br />

Schleswig-Holstein statt. Jedes Jahr<br />

gibt das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt<br />

und ländliche Räume eine Grußkarte<br />

mit Informationen über eine Pflanzenart<br />

heraus, deren Wildvorkommen gefährdet<br />

sind. Angeheftet ist ein Tütchen mit Saatgut<br />

aus regionaler Herkunft. Interessierte<br />

Bürgerinnen und Bürger können mit diesen<br />

Samenkörnern in ihrem eigenen Garten<br />

seltene Wildpflanzenarten ansiedeln.<br />

Damit entstehen sekundäre Lebensräume<br />

für diese Arten. Es wird gezielt Wissen über<br />

Wildblumen verbreitet und der Blick auf<br />

ihre besondere Schönheit gelenkt. Ein erwünschter<br />

Nebeneffekt ist die Förderung<br />

Blüten besuchender Insekten im Siedlungsraum.<br />

In diesem Jahr wurde die Breitblättrige<br />

Glockenblume ausgewählt.<br />

Die Breitblättrige Glockenblume (Campanula<br />

latifolia) gehört zu den beeindruckendsten<br />

Vertretern der über 20 heimischen<br />

Glockenblumenarten. Der lateinische Name<br />

ist die direkte Übersetzung des deut-<br />

Foto: Kerstin Lüchow<br />

Dunkel blauviolette Blütenkronen erscheinen<br />

im Juni bis August am aufrechten, unverzweigten,<br />

meist behaarten Stängel.<br />

schen Namens, wobei Campanula eigentlich<br />

„kleine Glocke“ bedeutet. Das trifft auf<br />

die vielen niedrigwüchsigen Glockenblumenarten<br />

zu, die mit ihren meist leuchtend<br />

blauen Glöckchen im Gebirge und auf Trockenstandorten<br />

wachsen. Die Breitblättrige<br />

Glockenblume dagegen ist mit einer Höhe<br />

von bis zu 150 Zentimetern eine stattliche<br />

Staude. Ihre weitglockigen, blauvioletten<br />

Blütenkronen erreichen eine Länge von<br />

6 Zentimetern. Von Juni bis August öffnen<br />

sie sich zahlreich an einem traubigen Blütenstand.<br />

Manchmal finden sich am Wildstandort<br />

auch weiß blühende Exemplare.<br />

Die Breitblättrige Glockenblume wächst ursprünglich<br />

in Hochstaudenfluren am Rand<br />

artenreicher Laubwälder und Waldbäche.<br />

Sie liebt nährstoff- und basenreiche Böden<br />

in humider Klimalage und verträgt Halbschatten<br />

gut. In Schleswig-Holstein kommt<br />

sie ausschließlich in den Wäldern des östlichen<br />

Hügellandes vor. Im naturnahen Garten<br />

pflanzt man sie am besten in Gruppen,<br />

zum Beispiel zusammen mit Farnen und Fingerhüten,<br />

in den Schattsaum von Gebüschinseln<br />

und wilden Hecken. Bei ausreichender<br />

Wasserversorgung erweist sie sich als<br />

dankbare, konkurrenzstarke Staude, deren<br />

Glocken jeden Sommer wieder vor der<br />

dunklen Laubkulisse aufleuchten.<br />

Glockenblumen werden von Insekten<br />

bestäubt. Mit ihren auffälligen Blüten locken<br />

sie zahlreiche Besucher an. Um eine<br />

Selbstbestäubung mit dem eigenem Pollen<br />

zu vermeiden, bedienen sie sich eines<br />

besonderen Tricks. Zuerst sind die Blüten<br />

männlich und erst nach dem Verdorren<br />

der Staubblätter öffnet sich der dreigeteilte<br />

Griffel. In dieser Phase ist die Blüte dann<br />

weiblich. Oft platzen die Pollensäcke schon<br />

in der geschlossenen Blütenknospe auf.<br />

Der Pollen bleibt außen an der haarigen<br />

Griffelbasis hängen. Insekten, die an dem<br />

Nektartropfen am Kelchgrund saugen wollen,<br />

streifen unwillkürlich Pollenkörner ab,<br />

wenn sie sich in die unten enger werdende<br />

Blütenkrone quetschen. Viele Wildbienen<br />

sind vorwiegend an dem ergiebigen Pollenangebot<br />

der Glockenblumen interessiert.<br />

Der Pollen bietet ihrem Nachwuchs eine<br />

proteinreiche Nahrung. Nahrungsspezialisten<br />

unter ihnen sind besonders stark vom<br />

Rückgang blütenreicher Flächen betroffen.<br />

Am Naturstandort wächst sie in Wäldern, an<br />

Ufern, in Gebirgswiesen und auf feuchten<br />

Böden bis in 1600 m Höhe.<br />

Foto: Wolfgang Holzner<br />

Glockenblumen spielen hier eine besondere<br />

Rolle. Bundesweit sammeln allein 12<br />

Wildbienenarten aus verschienen Gattungen<br />

ausschließlich an den Blüten von Glockenblumen.<br />

Diesen Tieren kann gezielt<br />

mit dem Anbau von Glockenblumenarten<br />

im eigenen Garten geholfen werden.<br />

Die besondere Blütenform der Glockenblumen<br />

erinnert an einen schmalen Hut.<br />

In Märchen und Sagen tragen Elfen und<br />

Zwerge tatsächlich blaue Blütenglocken<br />

als Hüte. Wildbienen lassen sich gerne von<br />

diesen dafür besonders geeigneten Blüten<br />

behüten und verbringen dort ihre Nächte.<br />

Mit etwas Glück kann man morgens, wenn<br />

es noch kühl ist, ein Schlaflager noch steifer<br />

Bienen in einer Glocke entdecken.<br />

Es ist nicht einfach, die Breitblättrige Glockenblume<br />

aus Saatgut anzuziehen und es<br />

erfordert Geduld. Die Samen brauchen eine<br />

Kältephase, um keimbereit zu werden. Die<br />

Keimung selbst erfolgt danach bei recht<br />

kühlen Temperaturen um 10° C. Am einfachsten<br />

ist es, die natürlichen Temperaturschwankungen<br />

im Jahresverlauf zu nutzen.<br />

Dazu wird das Saatgut in einen Topf oder<br />

eine Keimschale mit Anzuchterde gestreut<br />

und nach draußen gestellt. Zum Schutz vor<br />

zu heftigen Witterungseinflüssen empfiehlt<br />

es sich, ein Vlies über das Gefäß zu legen.<br />

Die kräftigen Jungpflanzen können dann<br />

an geeignete Standorte im Garten verpflanzt<br />

werden.<br />

Schon längst sind Gärtner auf diese schöne<br />

Pflanze aufmerksam geworden. Im Gartenhandel<br />

werden verschiedene Zuchtformen<br />

der Breitblättrigen Glockenblume angeboten.<br />

Die Wildbestände der Art sind bereits<br />

seit 1986 bundesweit geschützt. In den<br />

meisten Bundesländern ist sie selten oder,<br />

wie in Schleswig-Holstein, in ihrem Bestand<br />

gefährdet. Es lohnt sich aus Gründen des Artenschutzes<br />

die Wildform dieser Staude im<br />

eigenen naturnahen Garten anzusiedeln.<br />

Gisela Twenhöven<br />

D - 25853 Bomstedt<br />

twenhoeven@gmx.de<br />

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66 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 67


Internes<br />

Kolumne<br />

Internes und Neues von November 2012 bis Februar 2013<br />

Liebe Mitglieder, hier sind wieder unsere Ergebnisse aus mehreren Monaten Vereins- und Vorstandsarbeit. Weitere Infos<br />

befinden sich auch im Mitgliederbereich der <strong>Naturgarten</strong>-Webseite: www.naturgarten.org/derverein/mitgliederbereich/<br />

(Benutzername: mitglied, Kennwort: wildekarde).<br />

Ergebnisse NGT und<br />

Jahresmitgliederversammlung<br />

2013<br />

Die MV fand am 26. Januar 2013 in Grünberg<br />

statt, das komplette Protokoll kann<br />

nachgelesen werden unter http://www.<br />

naturgarten.org/derverein/mitgliederbereich/mitgliederversammlungen/<br />

(Benutzername:<br />

mitglied / Kennwort: wildekarde).<br />

Das Wichtigste im Überblick:<br />

3 Das Orga-Team bleibt in der Zusammensetzung<br />

bestehen und bereitet die Tagung<br />

2014 vor, Reinhard Witt organisiert<br />

den Extratag. Es liegen bereits zahlreiche<br />

Themenvorschläge vor.<br />

3 Die MV stimmte der vorbereiteten Beitragserhöhung<br />

zu. Alle <strong>Naturgarten</strong>mitglieder<br />

wurden am 15. Februar 2013<br />

schriftlich informiert. Wir bedanken uns<br />

bei allen, die ihre Mitgliedschaft aufrecht<br />

erhalten.<br />

3 Die MV stimmte zu, allen Aktiven des<br />

Erweiterten Vorstandes (Regiogruppensprecher,<br />

Lektorat, Messeorganisatoren,<br />

Kassenprüfer, Saatgutbörse u.a.) zukünftig<br />

für die Teilnahme an den beiden jährlichen<br />

Vorstandstreffen höhere Reisekosten<br />

(0,30 Euro/km oder Bahnfahrkarte, je<br />

max. 155 Euro) und eine Übernachtung<br />

mit Frühstück (DZ Standard) zu erstatten.<br />

Für viele Ehrenamtliche war die private,<br />

finanzielle Belastung bei den zweimal<br />

jährlich stattfindenden Vorstandstreffen<br />

bisher ein Haupt-Hinderungsgrund für<br />

die Teilnahme.<br />

3 Es bildeten sich mehrere Arbeitskreise<br />

zu unterschiedlichen Themen (u.a. auch<br />

den Leitgedanken), die in den nächsten<br />

Wochen ihre Arbeit aufnehmen werden.<br />

Neue Mitglieder sind willkommen und<br />

können sich bis 30. April 2013 in der Geschäftsstelle<br />

melden.<br />

Erweitertes Vorstandstreffen<br />

im Sommer 2013<br />

Der Vorstand lädt alle Mitglieder des erweiterten<br />

Vorstandes am Sonntag, 30. Juni<br />

2013 von 9 bis 12.30 Uhr zu einem Treffen<br />

bei Renate Froese-Genz in Potsdam ein.<br />

Eure Themen und Anmeldungen für das<br />

Treffen nimmt die Geschäftsstelle gern bis<br />

1.6.2013 entgegen.<br />

Auto-Magnetfolie?<br />

In Anlehnung an den Flyer Faszination <strong>Naturgarten</strong><br />

ist die Erstellung einer abnehmbaren,<br />

ca. 1,5mm starken und farbigen<br />

PkW-Magnetfolie angedacht. Damit könnten<br />

eure Autos bei Veranstaltungen, Stadtfahrten<br />

und Kundenbesuchen ein Werbeträger<br />

für den Verein sein. Die Größe würde<br />

ca. 30 x 50 cm betragen, der Preis läge bei<br />

ca. 25–30 Euro / Folie (in Abhängigkeit von<br />

der Bestellmenge). Die Folie kann bei Geschwindigkeiten<br />

bis 140 km / h verwendet<br />

werden, eine Gebrauchsanweisung wird<br />

mitgeliefert. Gern möchten wir ein Meinungsbild<br />

einholen:<br />

3 Wer hätte konkretes Interesse, ein oder<br />

zwei Folien zu kaufen?<br />

3 Würde die Größe zu euren Autos passen<br />

oder könnte sie auch größer sein, z. B.<br />

40 x 60 cm? Ein einziger, leichter Knick in<br />

der Karosserie hat keinen Einfluss auf die<br />

Anbringung, eine Zierleiste kann dagegen<br />

nicht einbezogen werden.<br />

Anerkennungsbescheid<br />

nach §3 Umwelt-<br />

Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG)<br />

Seit 17. Dezember 2012 ist es amtlich: Auf<br />

Antrag erhielt der <strong>Naturgarten</strong> e.V. vom<br />

Umweltbundesamt Dessau den Anerkennungsbescheid<br />

nach §3 UmwRG und somit<br />

die Mitwirkungs- und Klagerechte einer anerkannten<br />

Umwelt- und Naturschutzvereinigung.<br />

Auch das Bundesamt für Naturschutz<br />

hat gemäß §3 Abs.2 Satz 2 sein Einvernehmen<br />

erteilt. Somit kann der <strong>Naturgarten</strong> zukünftig<br />

bei umweltrelevanten Baumaßnahmen<br />

Stellungnahmen abgeben. Darüber<br />

hinaus ermöglicht es uns, Mitglieder und<br />

Projekte für die verschiedenen Förderpreise,<br />

Bürgerpreise und Ehrenpreise des BfN vorzuschlagen.<br />

Der komplette Bescheid kann<br />

im Mitgliederbereich eingesehen werden.<br />

Medienausleihe<br />

Kalle Niehus erarbeitet auf eigene Kosten<br />

eine aus 18 großen Schautafeln bestehende<br />

Wanderausstellung, die ab Frühjahr 2013 in<br />

der Geschäftsstelle gegen eine Leihgebühr<br />

ausgeliehen werden kann. Näheres dazu<br />

in der Juli-Ausgabe von Natur&Garten und<br />

auf der Homepage.<br />

Seit Januar 2013 kann für Infostände und<br />

sonstige Veranstaltungen ein Vereins-Rollup<br />

gegen Kaution ausgeliehen werden.<br />

http://www.naturgarten.org/ueberuns/<br />

medienausleihe/<br />

Flyer Faszination <strong>Naturgarten</strong><br />

Die Flyer „Faszination <strong>Naturgarten</strong>“ wurden<br />

nachgedruckt und können wieder in der<br />

Geschäftsstelle bestellt werden. Bitte meldet<br />

euch, 15.000 aktuelle Flyer warten auf<br />

ihren Einsatz.<br />

Schulhofkoffer<br />

„Natur-Erlebnis-Räume“<br />

Der Schulhofkoffer wurde nachbestellt und<br />

kann ab sofort wieder zum Preis von 120<br />

Euro / Koffer gekauft werden. Näheres siehe<br />

http://www.naturgarten.org/ueberuns/<br />

medienausleihe/medienkoffer/<br />

Fortbildung zum<br />

<strong>Naturgarten</strong>-Profi jetzt<br />

mit eigener Webadresse<br />

Nachdem die Fortbildung bisher auf der<br />

Homepage der Fachbetriebe als Unterseite<br />

geführt wurde, hat sie jetzt ihren eigenen<br />

Internetauftritt: http://www.naturgartenprofi.org/.<br />

Für den 4. Lehrgang wurde eine<br />

Teilnehmerliste eröffnet.<br />

Kerstin Lüchow<br />

Energie zwischen Bedarf und Verschwendung<br />

Wasserkraftwerke wie Ottenstein oder Altenwörth<br />

an der Donau in Niederösterreich liefern<br />

erneuerbare Energie, verbrauchen aber nicht<br />

erneuerbare Lebensräume.<br />

Energie ist ein unentbehrlicher Motor<br />

allen Lebens und allen Wirtschaftens.<br />

Aber wir verbrauchen zu viel davon,<br />

oft auch im Garten. Wir müssen sie bewusster<br />

einsetzen. Wichtiger als der Spareffekt<br />

ist dabei das Vorbild einer vorwärtsgewandten<br />

Denkweise.<br />

Genau betrachtet ist Energie nicht zu teuer<br />

geworden, sondern sie war im letzten Jahrhundert<br />

zu billig. Dadurch hat sich unsere<br />

Industriegesellschaft ans Verschwenden<br />

gewöhnt. Lange Zeit hat man sogar den<br />

ständig steigenden Energieverbrauch als<br />

Zeichen einer florierenden Wirtschaft begrüßt.<br />

Sogar Gärten wurden mit Energie<br />

verbrauchenden Maschinen aufgerüstet,<br />

vom Rasenmäher bis zum verspielten<br />

Springbrunnen.<br />

Jetzt wird Energie für leichtfertigen Gebrauch<br />

zu teuer. Dabei geht es am wenigsten<br />

um den zu zahlenden Geldpreis. Es<br />

geht auch nicht nur um zur Neige gehende<br />

Vorkommen von Öl und Erdgas, Kohle oder<br />

Uran. Viel schwerer wiegt der Verlust an Sicherheit,<br />

Umwelt- und Lebensqualität, den<br />

nicht nur wir, sondern auch kommende Generationen<br />

für unseren zu hohen Energieverbrauch<br />

erleiden. Der tödliche Abfall der<br />

Atomenergie sowie die globale Klimaveränderung<br />

durch das exzessive Verheizen<br />

fossiler Energieträger werden als Hypothek<br />

des Industriezeitalters noch nach Jahrtausenden<br />

unsere Nachkommen belasten.<br />

Auch erneuerbare Energien sind nicht immer<br />

so nachhaltig, wie sie angepriesen werden.<br />

Wenn zur Produktion von Biotreibstoff<br />

tropische Urwälder im großen Stil in landwirtschaftliche<br />

Monokulturen verwandelt<br />

werden, gehen mit Ureinwohnern und ihrer<br />

Kultur viele Tier- und Pflanzenarten für<br />

immer zugrunde. Wasserkraftwerke können<br />

einzigartige Flusslandschaften und<br />

Lebensräume dauerhaft entwerten oder<br />

vernichten. Ein Fluss hat mehr Aufgaben als<br />

nur die Erzeugung von elektrischer Energie.<br />

Der Umstieg auf erneuerbare Energie, allen<br />

voran die direkte Nutzung der Sonnenstrahlung,<br />

ist ein Gebot der Stunde.<br />

Die Drosselung der Verschwendung und<br />

die Bewahrung der letzten Naturreste aber<br />

ebenso. Die wenigen noch vorhandenen<br />

ökologisch wertvollen Flussabschnitte einem<br />

unreflektierten Totalausbau zu opfern<br />

erscheint ähnlich intelligent, wie in einer<br />

verrotteten Wasserleitung Rohrbrüche laufend<br />

durch neue Quellfassungen reparieren<br />

zu wollen.<br />

Der Bau der ersten Wasserkraftwerke vor<br />

hundert oder fünfzig Jahren war eine Großtat,<br />

heute ist es die Rettung naturbelassener<br />

Fließstrecken vor solchen Vorhaben.<br />

Denn wir haben nicht mehr viele größere<br />

Gewässer, wo wir und unsere Kinder die<br />

Lebendigkeit und Kraft des strömenden<br />

Wassers erleben können – an seinem Wellenschlag,<br />

seinem Rauschen, seinem Spiel<br />

mit dem Kies.<br />

Wir können durch energiebewusstes Verhalten<br />

zum notwendigen Umdenken<br />

beitragen. Ein <strong>Naturgarten</strong> statt eines gedüngten,<br />

beregneten und wöchentlich gemähten<br />

Rasens oder ein Urlaub in der Heimat<br />

statt weiter Auto- und Flugreisen mag<br />

vergleichsweise wenig Energie sparen. Viel<br />

wesentlicher ist, dass wir registrieren, wie<br />

viel Erholungswert und Lebensqualität wir<br />

damit gewinnen. Und dass wir Beispiele<br />

setzen, wie wir bei weniger Rohstoffverbrauch<br />

und Umweltbelastung glücklicher<br />

leben können.<br />

(Der Nachdruck dieses Textes aus „Servus in<br />

Stadt & Land“ erfolgte mit freundlicher Genehmigung<br />

der Red Bulletin GmbH, A-5330<br />

Fuschl)<br />

Für die Wasseramsel und andere Flussbewohner,<br />

aber auch für künftige Generationen sind<br />

letzte naturnahe Fließgewässer unbedingt zu<br />

schützen.<br />

Dipl. Ing. Werner Gamerith, A - Waldhausen<br />

3 +43 - (0) 7260 - 4116<br />

gamerithwerner@gmail.com<br />

68 Natur & Garten April 2013<br />

Natur & Garten April 2013 69


Literaturtipps<br />

Literaturtipps<br />

Buchempfehlungen für NaturgärtnerInnen<br />

Robert Hofrichter, Kathrin Herzer-Schmidt:<br />

Auwälder. Die letzten Dschungel Europas<br />

159 Seiten, durchgehend mit Farbfotos, gebunden, Edition Rasch & Röhring, 2000<br />

früher 39,80 €, jetzt 14,95 €<br />

Kirmer, Anita, Krautzer, Bernhard, Scotton,<br />

Michele, Tischew, Sabine (Hrsg.) (2012):<br />

Praxishandbuch zur Samengewinnung und<br />

Renaturierung von artenreichem Grünland.<br />

222 Seiten, zahlreiche Fotos und Tabellen. Gumpenstein. ISBN 978-3-902559-70-8,10,00 €.<br />

Nicht im Buchhandel! Erhältlich über www.raumberg-gumpenstein.at.<br />

Der Zoologe, freie Journalist und<br />

Naturfotograf Dr. Robert Hofrichter<br />

und die Biologin Kathrin Herzer-<br />

Schmidt haben zusammen einen<br />

wunderbaren Bildband über Auwälder<br />

herausgebracht. Beide Autoren<br />

sind an großen europäischen<br />

Flüssen mit begleitenden Auwäldern<br />

aufgewachsen. Das hat sie natürlich<br />

nachhaltig geprägt.<br />

Selbst wenn man mit Natur und<br />

Auwäldern nicht viel zu tun hat,<br />

wird man von den brillanten Fotos<br />

begeistert sein: Bärlauchbestände<br />

so weit das Auge reicht, Auge<br />

in Auge mit einem Hecht unter<br />

Wasser, Stimmungsbilder zu allen<br />

Jahreszeiten im Auwald, wunderschöne,<br />

sich an der Wasseroberfläche<br />

spiegelnde Gehölz- und<br />

Schilfbestände, fischender Eisvogel<br />

und Biberaktivitäten. All das sind<br />

Beispiele, die den interessierten<br />

Naturfreund in bester Fotoqualität<br />

erwarten. Weitere Mikro- und<br />

Makroaufnahmen dokumentieren<br />

beispielhaft die artenreiche Flora<br />

und Fauna des einzigartigen Ökosystems.<br />

Schöne Landschaftsaufnahmen<br />

runden das umfangreiche<br />

Foto-Repertoire ab. Die engagierten<br />

Autoren erklären mit interessanten<br />

und wissenswerten Texten<br />

u. a. Ökologie und Gefährdung der<br />

europäischen Dschungel. Für naturbegeisterte<br />

Menschen, Naturfotografen<br />

und Naturschützer ist das<br />

Buch sehr zu empfehlen.<br />

Thomas Pecher<br />

Schon der Umschlag, einfarbig<br />

grün, ohne Fotos und der etwas<br />

sperrige Titel weisen darauf hin,<br />

dass dieses Buch nicht auf Äußeres<br />

abzielt. Es ist ein Buch aus der<br />

Praxis und eines für Praktiker. Es<br />

geht grundsätzlich um Begrünungen<br />

mit Wildpflanzensaatgut und<br />

die verschiedenen Verfahren und<br />

Methoden, wie das gemacht wird.<br />

Einzelne Kapitel behandeln u.a. Planung,<br />

Techniken zur Samenernte,<br />

die landwirtschaftliche Produktion<br />

von Wildpflanzensaatgut, die Art<br />

und Weise, wie das Saatgut auf die<br />

Georg Sperber, Stephan Thierfelder:<br />

Urwälder Deutschlands. Nationalparks<br />

Naturwaldreservate und andere Schutzgebiete<br />

159 Seiten, gebunden, BLV-Verlag, 2. Auflage 2008. 29,90 €<br />

Wer sehnt sich nicht nach unberührter<br />

Natur? Vom Menschen<br />

unbeeinflusste Wildnis fasziniert<br />

jeden. Besonders natürliche Urwälder<br />

ziehen die Menschen an. Wer<br />

Urwälder Deutschlands zwischen<br />

der Küste und den Alpen kennen<br />

lernen will, kommt mit diesem Buch<br />

voll auf seine Kosten. Das Werk fördert<br />

die Bereitschaft, sich für mehr<br />

Urwälder und Bäume in Deutschland<br />

einzusetzen. Die Autoren<br />

stellen Nationalparks, Naturwaldreservate<br />

und andere Schutzgebiete<br />

vor. Vom Nationalpark Jasmund auf<br />

neuen Flächen aufgebracht wird<br />

bis hin zur nötigen Erfolgskontrolle<br />

oder Kosten. Ob Heumulch,<br />

Heudrusch, Rollsoden, Schlafsaat,<br />

Hand- oder Maschinensaat, Ammensaat,<br />

Saugmulch oder anderes:<br />

Alle Verfahren werden mit ihren<br />

Vor- und Nachteilen beschrieben.<br />

Als Stichwort Etablierungsrate: Mit<br />

welcher Methode kann man wie<br />

viel Saatgut wie schnell und erfolgreich<br />

übertragen? Anders als<br />

das frühere Buch „Handbuch naturnahe<br />

Begrünung von Rohböden“<br />

(Teubner Verlag 2006) wird diesmal<br />

auch auf nährstoffreichen, z.T. stark<br />

verunkrauteten Böden angesät.<br />

Wichtig auch hier die passende<br />

Methode: Übersaaten, Frässaaten,<br />

Hydrosaaten, das Buch geht an<br />

keiner heute möglichen Technik<br />

vorbei. Abschließend werden beispielhafte<br />

Begrünungsprojekte in<br />

ihrer zeitlichen Entwicklung dargestellt.<br />

Die Projekte stammen<br />

aus Deutschland, Österreich und<br />

sogar aus Tschechien. Das Buch<br />

ist Abschlussbericht und Teil des<br />

Salvere-Projektes der EU (salvere<br />

(lat.): gesund sein/werden. Hier:<br />

Rügen im Nordosten der Republik<br />

mit Deutschlands erstem Buchen-<br />

Nationalpark, über die Schorfheide<br />

im Osten, den Nationalpark<br />

Eifel im Westen Deutschlands bis<br />

zu den Lärchen-Zirbenwäldern im<br />

Nationalpark Berchtesgaden werden<br />

dem Leser viele wissens- und<br />

sehenswerte Urwälder vorgestellt.<br />

Auf brillanten Farbfotos sind Waldbereiche,<br />

markante Baumgestalten,<br />

Kräuter und Pilze aber auch<br />

seltene Tierarten abgebildet, die<br />

in den einzelnen Urwaldgebieten<br />

vorkommen. Der Leser erfährt wissenswerte<br />

Einzelheiten über die<br />

Geschichte der jeweiligen Wälder,<br />

über einheimische Wildpflanzen<br />

und Wildtiere, die in den jeweiligen<br />

Urwäldern vorkommen und die<br />

man beobachten kann. An einigen<br />

Stellen werden auch die Probleme<br />

mit überhöhten Wildbeständen<br />

dargestellt. In vielen Wäldern<br />

wurde die Urwalddynamik von zu<br />

hohen Schalenwildpopulationen<br />

verhindert. Ebenfalls wird an Beispielen<br />

beschrieben, auf welche<br />

Weise Naturkatastrophen wie Stürme,<br />

Orkane aber auch Borkenkäfer-<br />

semi-natural grassland as a source<br />

of biodiversity improvement). Ein<br />

aktuellerer Stand der Technik existiert<br />

nicht. Für Begrünungsprofis<br />

mit einem Herz für Wildblumen unverzichtbar.<br />

Reinhard Witt<br />

befall die Umwandlung in Urwälder<br />

beeinflussen. Anreisetipps für<br />

den Besuch der Urwälder runden<br />

das Buch ab.<br />

Thomas Pecher<br />

Seits, Tobias: Die Rosen nach ihren Früchten<br />

229 Seiten, gebunden, Olms, Hildesheim 2003, Nachdruck der Ausgabe Prag 1825<br />

früher 24,80 €, jetzt 7,95 €<br />

Als Kurzbeschreibung ist unter dem<br />

Buchtitel zu lesen: „Ein unentbehrlicher<br />

Leitfaden zu ihrer richtigen<br />

Bestimmung für Botaniker, Gärtner,<br />

Gartenbesitzer und Blumenliebhaber,<br />

oder: Alle bisher bekannten<br />

Rosenarten, nach Trattinniks synodus,<br />

karpologisch dargestellt.“<br />

Das mag vielleicht für die damalige<br />

Zeit zutreffend gewesen sein, gilt<br />

aber nicht für die Gegenwart. Wer<br />

in diesem Buch bunte Bilder oder<br />

Kleinod, Brigitte und Friedhelm Strickler:<br />

Naturnahe Dachbegrünung. Kreative Ideen<br />

für Garage, Carport, Laube & Co.<br />

Pala Verlag, 180 Seiten, ISBN 978-3-89566-303-1, 14,00 €<br />

Mit den Anleitungen aus diesem<br />

Buch kann man tatsächlich, wie<br />

beworben, auf kleiner Fläche eine<br />

Insel für Pflanzen und Tiere schaffen.<br />

Die wesentlichen bautechnischen<br />

Bereiche wie Entwässerung,<br />

Abdichtung, Aufbau der Substratschichten<br />

werden klar und deutlich<br />

erklärt. Ein Bonus auch die praktischen<br />

Hinweise, welche Werkzeuge<br />

zu verwenden sind, Sicherheitshinweise<br />

bezüglich Leiter und dass<br />

schwere Lasten bitte nicht an einer<br />

Stelle aufs Dach geknallt werden.<br />

Der Schwerpunkt des Buches liegt<br />

bei kleinen Dachbegrünungen, die<br />

jeder halbwegs begabte Heimwerker<br />

selber machen kann, und die<br />

für Professionisten oft zu minder<br />

sind. Gerade solche Gestaltungen<br />

geben aber einem Garten, einer Garage,<br />

einem Eingangsbereich einen<br />

ganz individuellen Charakter. Und<br />

bringen viel für heimische Pflanzen<br />

Zeichnungen von Rosenblüten,<br />

-früchten, -blättern oder -stacheln<br />

sucht, wird enttäuscht sein, denn<br />

es handelt sich bei diesem Buch<br />

um einen Nachdruck eines Werks<br />

von Tobias Seits von 1825. Dass es<br />

zu dieser Zeit noch keine Farbfotos<br />

gab, ist nachzuvollziehen. Dennoch<br />

fehlen Zeichnungen. Dem Autor<br />

bekannte Rosenarten sind, der<br />

Einteilung des Botanikers Leopold<br />

Trattinnik entsprechend, nach ihren<br />

Früchten beschrieben. Es werden<br />

viele Rosenarten, aber auch<br />

fremde Arten, textlich in altdeutscher<br />

Schrift vorgestellt. Das Buch<br />

braucht man nicht zum Bestimmen<br />

von Rosen verwenden. Dafür gibt<br />

es bessere und zeitgemäße Bestimmungsliteratur.<br />

Vor allem für<br />

Anfänger ist es unbrauchbar. Für<br />

Rosenfans ist das Buch aber schon<br />

zu empfehlen, da es die Rosenliteratursammlung<br />

ergänzt.<br />

Thomas Pecher<br />

und die Insekten, die davon leben,<br />

und in Folge auch für Samen- und<br />

Insekten fressende Vögel. Die<br />

Pflanzenlisten sind ausgezeichnet.<br />

Ein paar Zeichnungen mehr wären<br />

nett gewesen, hat doch der Pala-<br />

Verlag immer so ansprechende<br />

Grafiken, die die Pala Bücher von<br />

allen anderen abheben. Insgesamt<br />

ein praktisches Handbuch mit vielen<br />

Tipps zum Nachmachen.<br />

Paula Polak<br />

70 Natur & Garten April 2013 Natur & Garten April 2013 71


Veranstaltungen von April bis Juni 2013<br />

Liebe <strong>Naturgarten</strong>mitglieder, hier finden Sie alle Veranstaltungen, die uns bei Redaktionsschluss vorlagen. Sämtliche Termine mit jeweils<br />

ausführlichen Beschreibungen können immer aktuell auf der <strong>Naturgarten</strong>-Homepage eingesehen werden: www.naturgarten.org/aktuell/veranstaltungen/.<br />

Tragen auch Sie Ihre Veranstaltung(en) zum Thema „naturnah“ hier ein.<br />

Termin Thema Veranstaltungsort Kontakt + Infos<br />

Donnerstag, 11. April<br />

Den eigenen Garten naturnah anlegen<br />

D - 64732 Kimbach bei kostenlos, Spende willkommen<br />

20.00 Uhr<br />

oder umgestalten<br />

Bad König/Odenwald<br />

Freitag, 19. April bis<br />

Samstag, 20. April, 14.00 Uhr<br />

Samstag, 20. April,<br />

13.00 – 17.00 Uhr<br />

Zizidä und Würzgebier – Vogelstimmen erkennen D - 76133 Karlsruhe www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/,<br />

Kosten: 110,- €<br />

Vorankündigung: <strong>Naturgarten</strong>forum 2013<br />

D - 32584 Löhne,<br />

VHS: 3 05732/100588, vhs@loehne.de<br />

Werretalhalle<br />

Donnerstag, 25. April, 17:30 Uhr Führung zum Internationalen Tag des Baumes D - 55127 Mainz www.naturschaugarten.de, 3 0177 3143495<br />

Freitag, 26, April bis<br />

Waldpädagogik - Einführung in die Waldpädagogik D - 76133 Karlsruhe www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/<br />

Samstag, 27. April, 14.00 Uhr und Frühlingserkundungen im Wald<br />

Freitag, 3. Mai bis<br />

Samstag, 4. Mai, 14.00 Uhr<br />

Libellen: geschickte Jäger an Weiher und Bach D - 76133 Karlsruhe www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/<br />

Freitag, 10. Mai bis<br />

Samstag, 11. Mai, 14.00 Uhr<br />

Freitag, 10. Mai,<br />

9.00 – 16.30 Uhr<br />

Freitag, 24. Mai bis<br />

19. Januar 2014<br />

(an 4 Wochenenden: Fr – So)<br />

Donnerstag, 30. Mai,<br />

14.30 – 17.30 Uhr<br />

Samstag, 1. Juni bis<br />

Mittwoch, 5. Juni<br />

Freitag, 7. Juni bis<br />

Samstag, 8. Juni, 14.00 Uhr<br />

Freitag, 14. Juni bis<br />

Samstag, 15. Juni, 14.00 Uhr<br />

Samstag, 15. Juni bis Sonntag,<br />

16. Juni, 10.00 – 17.00 Uhr<br />

Samstag, 15. Juni,<br />

14.00 – 19.00 Uhr<br />

Freitag, 21. Juni bis<br />

Samstag, 22. Juni, 14.00 Uhr<br />

Freitag, 28. Juni bis<br />

Sonntag, 30. Juni, 14.00 Uhr<br />

Sonntag, 30. Juni,<br />

14.00 Uhr<br />

Frühlings-Workshop D - 76133 Karlsruhe www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/;<br />

Kosten: 210,- €<br />

SNE Naschgartenkurs CH - 9545 Wängi www.stiftung-sne.ch/html/akademie/<br />

seminare/richard_bosshard.html ;<br />

Kosten: 230,- / 270,- CHF<br />

11. Mainzer <strong>Naturgarten</strong>-Planer-Lehrgang –<br />

Das Ahornblatt-<strong>Naturgarten</strong>-Konzept<br />

Heilkräuter und historische Rosen im <strong>Naturgarten</strong><br />

D - 55127 Mainz<br />

D - 63225 Langen<br />

bei Frankfurt/Main,<br />

Uhlandstraße 24<br />

3 06131/72354, ahornblatt-garten.de/<br />

blog/?p=722, Anmeldung bis 20.4.13,<br />

Kosten: 350,- – 440,- €<br />

3 06103-53703, info@pheberer-naturgarten.<br />

de www.johannesgemeinde-langen.de<br />

Exkursion: Naturnah unterwegs Nordrhein-Westfalen www.naturgarten.org/media/12_naturnahunterwegs_Programm_anmeldung.pdf,<br />

3 07131/172133, kerstinluechow@web.de,<br />

Anmeldeschluss: 1. April 2013<br />

Naturfühlungen –<br />

naturpädagogische Zugänge zur Mitwelt<br />

Insekten: Käfer, Fliegen, Wanzen<br />

an bekannten Pflanzen<br />

Offener <strong>Naturgarten</strong><br />

D - 76133 Karlsruhe<br />

D - 76133 Karlsruhe<br />

D - 23881 Breitenfelde,<br />

Pommernring 6<br />

www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/;<br />

Kosten: 110,- €<br />

www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/;<br />

Kosten: 110,- €<br />

3 04542/837960<br />

Schwimmteichexkursion CH - 9545 Wängi 3 +41 52 378 21 84, www.gartenland.ch,<br />

info@gartenland.ch, Kosten: 80,- CHF<br />

Farben in der Natur –<br />

das Thema Blütenökologie in der Umweltbildung<br />

D - 76133 Karlsruhe<br />

www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/;<br />

Kosten: 110,- €<br />

Sommer-Workshop D - 76133 Karlsruhe www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak/;<br />

Kosten: 210,- €<br />

<strong>Naturgarten</strong>fest<br />

D - 55128 Mainz-<br />

Bretzenheim<br />

www.naturschaugarten.de, 3 0177 3143495<br />

Herausgeber: <strong>Naturgarten</strong> – Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung e.V.<br />

Bundesgeschäftsstelle: Kernerstraße 64, 74076 Heilbronn / Telefon: +49 (0)7131 – 64 9999 6 / Fax: +49 (0)7131 – 64 9999 7 /<br />

E-Mail: geschaeftsstelle@naturgarten.org / Internet: www.naturgarten.org / Internet Fachbetriebe: www.naturgarten-fachbetriebe.de<br />

Auflage: 2.000<br />

Redaktion:<br />

Kerstin Lüchow, Reinhard Witt<br />

Layout:<br />

Birgit Oesterle<br />

Lektorat:<br />

Norbert Steininger, Kerstin Lüchow<br />

Bildbearbeitung: Werner David<br />

Druck:<br />

Druckerei Lokay e.K. Reinheim (www.lokay24.de). Lokay arbeitet als „nachhaltige, grüne Druckerei“ ausschließlich mit Ökostrom, wirtschaftet klimaneutral<br />

in Produktion und Logistik, ist EMAS- und FSC-zertifiziert und bietet umweltfreundliche Recyclingpapiere an. Sie druckt mit Farben auf Pflanzenölbasis nach<br />

DIN ISO 12647-2 und verzichtet auf den Einsatz von Isopropylalkohol (IPA).<br />

Diese Mitgliederzeitschrift wurde ressourcenschonend mit Farben auf Basis nachwachsender Rohstoffe und dem Papier „Lokay 3-32 hochweiß“ Recycling matt<br />

Bilderdruck, Umschlag 150 g/m² + Inhalt 115 g/m², 100 % FSC-Recycling hergestellt.<br />

Nächste Ausgabe: Redaktionsschluss: 1. Mai 2013<br />

Erscheinungsdatum: ca. 1. Juli 2013<br />

Hinweise:<br />

Für den Inhalt der Texte sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Bei Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung (Geschäftsstelle <strong>Naturgarten</strong> e.V.)<br />

Natur & Garten wird an Mitglieder des <strong>Naturgarten</strong> e.V. verschickt und ist im jährlichen Mitgliedsbeitrag enthalten. Auf Anfrage und gegen Spende können gern weitere Exemplare<br />

älterer Ausgaben für Werbezwecke bestellt werden. Über Spenden, auch für bestimmte Projekte, freuen wir uns sehr. Alle Mitgliedsbeiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar,<br />

da der Verein gemeinnützig ist. Bankverbindung: KSK Heilbronn, BLZ: 620 500 00, Konto Nr. 100 69 622, BIC: HEISDE66, IBAN: DE15 6205 0000 0010 0696 22

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