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Bericht des Ministers für Umwelt, Natur und Forsten an den ...

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Ministerium <strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>,<br />

<strong>Natur</strong> <strong>und</strong> <strong>Forsten</strong><br />

<strong>des</strong> L<strong>an</strong><strong>des</strong> Schleswig-Holstein<br />

<strong>Bericht</strong> <strong>des</strong> <strong>Ministers</strong> <strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>, <strong>Natur</strong> <strong>und</strong> <strong>Forsten</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Umwelt</strong>ausschuss <strong>des</strong> L<strong>an</strong>dtages<br />

Verlauf der Seeh<strong>und</strong>staupeepidemie im schleswig-holsteinischen<br />

Wattenmeer im Jahr 2002<br />

St<strong>an</strong>d: J<strong>an</strong>uar 2003<br />

Mercatorstraße 3<br />

24106 Kiel<br />

Telefon 0431 988-0<br />

Telefax 0431 988-7239


- 2 -<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einführung......................................................................................2<br />

2. Ausbreitung der Staupeepidemie in Ost- <strong>und</strong> Nordsee..................3<br />

3. Verlauf der Epidemie in Schleswig-Holstein...................................5<br />

4. Todf<strong>und</strong>zahlen.................................................................................6<br />

5. Ursache der Epidemie.....................................................................9<br />

6. M<strong>an</strong>agement der Epidemie............................................................11<br />

7. Forschung......................................................................................15<br />

8. Vergleich mit der Epidemie 1988...................................................18<br />

9. Offene Fragen................................................................................20<br />

10. Bewertung......................................................................................21<br />

1. Einführung<br />

Seeh<strong>und</strong>e (Phoca vitulina) sind die Charaktertiere <strong>des</strong> Nationalparkes Schleswig-<br />

Holsteinisches Wattenmeer. Bereits 1988 fielen r<strong>und</strong> 18.000 Seeh<strong>und</strong>e in Nord<strong>und</strong><br />

Ostsee einer Epidemie zum Opfer. Die Kr<strong>an</strong>kheit wurde durch ein dem Erreger<br />

der Hun<strong>des</strong>taupe ähnlichen Virus verursacht. Der gleiche Erreger löste in diesem<br />

Jahr einen erneuten Seuchenzug aus.<br />

Dieser Abschlussbericht zieht eine Bil<strong>an</strong>z <strong>des</strong> aktuellen Seuchenzuges hinsichtlich<br />

Verlauf <strong>und</strong> <strong>des</strong> Ausmaß. Weiterhin wer<strong>den</strong> Verfahrensweisen im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit der Bergung <strong>und</strong> Entsorgung der Tiere, notwendiger Forschungsarbeiten <strong>und</strong><br />

die in der Folge zu klären<strong>den</strong> Fragen diskutiert.


- 3 -<br />

2. Ausbreitung der Staupeepidemie in Ost- <strong>und</strong> Nordsee<br />

Seeh<strong>und</strong>e (Phoca vitulina) sind in Nordeuropa von Isl<strong>an</strong>d bis in die Ostsee hinein<br />

weit verbreitet. Die meisten Tiere leben in der Nordsee.<br />

Abb. 1:<br />

Verbreitung <strong>des</strong> Seehun<strong>des</strong> in Europa. Die hier vorkommende ostatl<strong>an</strong>tische<br />

Unterart gliedert sich in fünf Populationen.<br />

Best<strong>an</strong>dszählungen in Nordeuropa ergaben insgesamt ca. 90.000 Tiere. Davon<br />

wur<strong>den</strong> im Nord-Ostsee-Raum ca. 55.000 Tiere erfasst, darunter 14.000 im Kattegat/Skagerrak-Bereich<br />

<strong>und</strong> 21.000 im Wattenmeer.<br />

Seit dem 07.05.2002 wur<strong>den</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Strän<strong>den</strong> der dänischen Insel Anholt auffällig<br />

viele tote Seeh<strong>und</strong>e aufgef<strong>und</strong>en. Mitte Mai wur<strong>den</strong> Proben dieser Seeh<strong>und</strong>e in<br />

<strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong> untersucht. Die Virologen Jensen <strong>und</strong> Osterhaus von der Erasmus-Universität<br />

Rotterdam wiesen Ende Mai nach, dass das Seeh<strong>und</strong>sterben<br />

durch ein Virus verursacht wurde, das nahezu vollständig i<strong>den</strong>tisch mit demjenigen


- 3 -<br />

war, das <strong>den</strong> Seuchenzug im Jahr 1988 ausgelöst hatte. Auch damals beg<strong>an</strong>n die<br />

Epidemie auf der Insel Anholt.<br />

Der zuständige dänische Veterinär Dietz von der Universität Aarhus f<strong>an</strong>d das Virus<br />

Ende Juni 2002. Die Epidemie hatte sich inzwischen auf die Nachbarinseln Laesø,<br />

Hesselø <strong>und</strong> Samsø ausgeweitet <strong>und</strong> erreichte am 30.05.2002 die schwedische<br />

Küste. In <strong>den</strong> ersten Wochen blieb die Zahl der Todf<strong>und</strong>e im Kattegat relativ gering,<br />

so dass Hoffnung best<strong>an</strong>d, dass die Epidemie nicht die Ausmaße <strong>des</strong> Jahres<br />

1988 erreichen würde. Tatsächlich verbreitete sich die Staupeepidemie weiter.<br />

Ausbreitung <strong>des</strong><br />

Seeh<strong>und</strong>sterbens<br />

2002<br />

Engl<strong>an</strong>d<br />

13.08.02<br />

W<br />

N<br />

S<br />

E<br />

#<br />

Niederl<strong>an</strong>de<br />

16.06.02<br />

Dän. Watt<br />

30.08.02<br />

Helgol<strong>an</strong>d<br />

11.08.02<br />

Niedersachsen<br />

17.07.02<br />

Limfjord<br />

18.09.02<br />

Norwegen<br />

22.06.02<br />

Schwe<strong>den</strong><br />

30.05.02<br />

Schl.-Holst. Watt<br />

26.08.02<br />

Hamburg. Watt<br />

21.08.02<br />

Schl.-Holst. Ost.<br />

~ 20.09.02<br />

#<br />

Anholt<br />

7.05.02<br />

Meckle<br />

Vorpom<br />

30.08.0<br />

Belgien<br />

18.08.02<br />

Fr<strong>an</strong>kreich<br />

Abb.2:<br />

Verlauf der Staupeepidemie 2002 im Nord- <strong>und</strong> Ostseeraum<br />

mit zwei Ausbreitungszentren (Kattegat <strong>und</strong> niederländisches<br />

Wattenmeer)<br />

Noch bevor sich die Epidemie in benachbarte Gebiete hinein ausbreiten konnte,<br />

tauchte das Virus überraschend in <strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong> auf. Dort wur<strong>den</strong> seit dem<br />

16.06.2002 Seeh<strong>und</strong>e gef<strong>und</strong>en, die dem Staupevirus zum Opfer gefallen waren.<br />

Damit existierten zwei Ausbreitungszentren:


- 3 -<br />

a) Vom Kattegat ausgehend wurde über Schwe<strong>den</strong> am 22.06.2002 die norwegische<br />

Skagerrak-Küste erreicht, während die ersten To<strong>des</strong>fälle in der südwestlichen<br />

Ostsee erst sehr spät, nämlich am 30.08.2002 in Mecklenburg-<br />

Vorpommern, auftraten.<br />

b) Von <strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong> ausgehend lief eine Infektionswelle in östlicher Richtung,<br />

die am 17.07.2002 das niedersächsische Wattenmeer, am 11.08.2002<br />

Helgol<strong>an</strong>d, am 21.08.2002 das hamburgische, am 26.08.2002 das schleswigholsteinische<br />

<strong>und</strong> am 30.08.2002 das dänische Wattenmeer erreichte. Vom<br />

weiter nördlich gelegenen Limfjord wur<strong>den</strong> die ersten Todf<strong>und</strong>e um <strong>den</strong><br />

15.09.2002 gemeldet. In westlicher Richtung pfl<strong>an</strong>zte sich das Seeh<strong>und</strong>sterben<br />

von <strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong> aus nach Belgien <strong>und</strong> Fr<strong>an</strong>kreich fort <strong>und</strong> war bereits am<br />

13.08.2002 nach Engl<strong>an</strong>d übergesprungen. Dort breitete sich die Epidemie<br />

entl<strong>an</strong>g der britischen Ostküste nach Nor<strong>den</strong> aus <strong>und</strong> erreichte später auch die<br />

Westküste. Ende Oktober wur<strong>den</strong> erste Staupefälle von <strong>den</strong> Shetl<strong>an</strong>d- <strong>und</strong> Orkney-Inseln<br />

gemeldet.<br />

3. Verlauf der Epidemie in Schleswig-Holstein<br />

In Schleswig-Holstein wur<strong>den</strong> die ersten staupebedingten Todf<strong>und</strong>e am<br />

11.08.2002 von der Insel Helgol<strong>an</strong>d gemeldet. An der schleswig-holsteinischen<br />

Wattenmeerküste wur<strong>den</strong> die ersten Kadaver am 26.08.2002 auf Eiderstedt gef<strong>und</strong>en.<br />

Die Zahl der täglich geborgenen Kadaver nahm aber erst ab dem 4.09.2002<br />

deutlich zu, als nach l<strong>an</strong>g <strong>an</strong>halten<strong>den</strong> abl<strong>an</strong>digen Ostwin<strong>den</strong> das erste Mal kräftige<br />

Westwinde herrschten. Hierdurch gel<strong>an</strong>gten die im Meer treiben<strong>den</strong> toten Tiere<br />

<strong>an</strong> die schleswig-holsteinischen Küsten. Das Maximum der <strong>an</strong> einem Tag geborgenen<br />

Tiere wurde am 11.09.2002 mit 225 erreicht. D<strong>an</strong>ach nahm die Anzahl täglich<br />

geborgener Kadaver von durchschnittlich ca. 100 auf unter 50 ab <strong>und</strong> erreichte<br />

in der Woche vom 13.-20.10.2002 sehr niedrige durchschnittliche Tageswerte. Ende<br />

Oktober zog ein Ork<strong>an</strong> über Schleswig-Holstein, der kurzfristig zu höheren Todf<strong>und</strong>zahlen<br />

führte. Es h<strong>an</strong>delte sich jedoch fast ausschließlich um Kadaver, die<br />

schon länger in der Nordsee getrieben waren. Frischtote Tiere wur<strong>den</strong> nur noch<br />

vereinzelt registriert.


- 3 -<br />

Seeh<strong>und</strong>sterben Schleswig-Holstein 2002 / Täglich geborgene Kadaver<br />

250<br />

200<br />

150<br />

Tageswert<br />

Gleitender Durchschnitt 7 Tage<br />

100<br />

50<br />

0<br />

11.08.02<br />

16.08.02<br />

21.08.02<br />

26.08.02<br />

31.08.02<br />

05.09.02<br />

10.09.02<br />

15.09.02<br />

20.09.02<br />

25.09.02<br />

30.09.02<br />

05.10.02<br />

10.10.02<br />

15.10.02<br />

20.10.02<br />

25.10.02<br />

30.10.02<br />

04.11.02<br />

09.11.02<br />

Abb. 3:<br />

Zeitlicher Verlauf <strong>des</strong> Seeh<strong>und</strong>sterbens in Schleswig-Holstein.<br />

Dargestellt ist die Anzahl täglich geborgener Kadaver.<br />

4. Todf<strong>und</strong>zahlen<br />

Insgesamt wur<strong>den</strong> in <strong>den</strong> Ländern Dänemark, Schwe<strong>den</strong>, Norwegen, Deutschl<strong>an</strong>d,<br />

Niederl<strong>an</strong>de, Belgien, Fr<strong>an</strong>kreich, Großbrit<strong>an</strong>nien <strong>und</strong> Irl<strong>an</strong>d 21.718 Todf<strong>und</strong>e<br />

registriert (1988 starben etwa 18.000 Tiere). Davon wur<strong>den</strong> im gesamten Wattenmeer<br />

(Dänemark, Deutschl<strong>an</strong>d <strong>und</strong> Niederl<strong>an</strong>de) etwa 10.600 Kadaver (1988:<br />

8.600) gef<strong>und</strong>en, im schleswig-holsteinischen Wattenmeer 3.338. Insgesamt wur<strong>den</strong><br />

in Schleswig-Holstein (einschließlich Helgol<strong>an</strong>d) 3608 tote Robben registriert.<br />

Da der Best<strong>an</strong>d der Seeh<strong>und</strong>e 2002 etwa doppelt so hoch war wie 1988, k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>genommen<br />

wer<strong>den</strong>, dass die relative Sterblichkeit deutlich unter der von 1988 lag.<br />

Von der Epidemie waren fast ausschließlich Seeh<strong>und</strong>e (98,1 %) betroffen. Kegelrobben<br />

erkr<strong>an</strong>ken am Seeh<strong>und</strong>staupevirus nur selten (1,9 %). In Engl<strong>an</strong>d sind die<br />

Kegelrobbenbestände wesentlich größer als die der Seeh<strong>und</strong>e. Dies dürfte auch<br />

<strong>den</strong> vergleichsweise hohen Prozentsatz toter Kegelrobben (10 %) erklären.


- 3 -<br />

Robbentodf<strong>und</strong>e bis incl. 21.11.02<br />

Seeh<strong>und</strong>e<strong>und</strong> Kegelrobben<br />

davon<br />

Robben Kegelrobben<br />

seit<br />

Seuchenbeginn<br />

Dänemark Skagerrak/Kattegat 2044 07.05.02<br />

Schwe<strong>den</strong> Kattegat 4000 30.05.02<br />

Norwegen Skagerrak 878 22.06.02<br />

Dänemark Limfjord 380 18.09.02<br />

Dänemark Ostsee 93 13.09.02<br />

Mecklenburg-Vorpommern 11 30.08.02<br />

Niederl<strong>an</strong>de Wattenmeer 2187 2 16.06.02<br />

Niedersachsen Watt. 3851 19 17.07.02<br />

Hamburg Watt. 261 21.08.02<br />

Schleswig-Holstein Watt. 3338 26.08.02<br />

Dänemark Watt. 931 1 30.08.02<br />

Helgol<strong>an</strong>d 270 11.08.02<br />

Niederl<strong>an</strong>de 54<br />

Belgien/Fr<strong>an</strong>kreich 22 18.08./31.07.02<br />

Engl<strong>an</strong>d 3285 370 13.08.02<br />

Irl<strong>an</strong>d 113 26 21.09.02<br />

Summe 21718 418<br />

Seeh<strong>und</strong>e 21300 21300<br />

Summe Schleswig-Holstein 3608 (seit 11.08.02<br />

Summe Deutschl<strong>an</strong>d 7731<br />

Summe Wattenmeer 10568<br />

Summe Nordsee & Irische See 14312<br />

Summe Skagerrak/Kattegat 6922<br />

Summe Ostsee 104<br />

Tab. 1:<br />

Staupe-bedingte Robbentodf<strong>und</strong>e in <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Ländern<br />

<strong>und</strong> Regionen im Jahr 2002<br />

Im Sommer 2002 wur<strong>den</strong> vor Ausbruch der Epidemie 20975 Seeh<strong>und</strong>e im gesamten<br />

Wattenmeer (DK, D, NL) gezählt. Es wird davon ausgeg<strong>an</strong>gen, dass etwa<br />

ein Drittel der Tiere durch die Zählungen nicht erfasst wird, da sie sich zu diesem<br />

Zeitpunkt nicht auf <strong>den</strong> S<strong>an</strong>dbänken aufhalten. Unter Zugr<strong>und</strong>elegung der oben<br />

gen<strong>an</strong>nten Voraussetzungen ergibt sich <strong>für</strong> das Jahr 2002 ein Best<strong>an</strong>d von etwa<br />

28.000 Tieren Es fielen mit 10.600 Tieren demnach knapp 38 % aller Wattenmeer-<br />

Seeh<strong>und</strong>e der Seeh<strong>und</strong>staupe zum Opfer (1988: ca. 60 %) - die reale Sterblichkeit<br />

liegt vermutlich höher, weil nicht alle gestorbenen Tiere <strong>an</strong> die Küste geschwemmt


- 3 -<br />

<strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en wur<strong>den</strong>. In Schleswig-Holstein haben die viele Wochen <strong>an</strong>halten<strong>den</strong><br />

abl<strong>an</strong>digen Winde dazu beigetragen, dass nur ein Teil der toten Seeh<strong>und</strong>e auch<br />

hier <strong>an</strong>geschwemmt wurde. Todf<strong>und</strong>e mit niederländischen Flossenmarken weisen<br />

darauf hin, dass <strong>an</strong> <strong>den</strong> vorspringen<strong>den</strong> Küstenabschnitten (Eiderstedt, Außensände,<br />

Amrum, Sylt) auch Kadaver aus Niedersachsen <strong>und</strong> <strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong><br />

<strong>an</strong>gespült wur<strong>den</strong>.<br />

Eine endgültige Aussage über das tatsächliche Ausmaß <strong>des</strong> Seeh<strong>und</strong>sterbens im<br />

Wattenmeer k<strong>an</strong>n erst im Sommer 2003 getroffen wer<strong>den</strong>, wenn wieder Seeh<strong>und</strong>zählungen<br />

aus der Luft durchgeführt wor<strong>den</strong> sind. Erst d<strong>an</strong>n lässt sich die Differenz<br />

zwischen 2002 <strong>und</strong> 2003 exakt qu<strong>an</strong>tifizieren.<br />

Seeh<strong>und</strong>todf<strong>und</strong>e 2002 St<strong>an</strong>d: 11.11.02<br />

seit 11.08. auf Helgol<strong>an</strong>d <strong>und</strong> 26.08.02 im Wattenmee<br />

Regionale Verteilung<br />

%<br />

Helgol<strong>an</strong>d 7,5 270<br />

Sylt 19,5 703<br />

Föhr 7,0 254<br />

Amrum 11,9 431<br />

L<strong>an</strong>g./Ol<strong>an</strong>d 1,3 48<br />

Hooge 2,7 98<br />

Außensände 19,9 717<br />

Pellworm 5,7 204<br />

Nordstr<strong>an</strong>d 2,7 99<br />

Eiderstedt 17,4 627<br />

Büsum 3,5 128<br />

Marne 0,0 1<br />

Neufelderkoog 0,8 28<br />

Summe 3608<br />

Tab. 2:<br />

Anzahl <strong>und</strong> regionale Verteilung der im schleswig-holsteinischen<br />

Bereich <strong>an</strong> Staupe gestorbenen Seeh<strong>und</strong>e in 2002


- 3 -<br />

Die regionale Verteilung der Todf<strong>und</strong>e in Schleswig-Holstein ist aus Tabelle 2 ersichtlich.<br />

Auffällig sind die niedrigen Anteile <strong>an</strong> Todf<strong>und</strong>en in Dithmarschen, die<br />

weniger als fünf Prozent ausmachten.<br />

Von <strong>den</strong> 3608 Kadavern wur<strong>den</strong> ca. 2700 Kadaver von <strong>den</strong> ehrenamtlich tätigen<br />

Seeh<strong>und</strong>jägern geborgen <strong>und</strong> zu <strong>den</strong> Sammelstellen gebracht. Über 700 wur<strong>den</strong><br />

von <strong>den</strong> Staatlichen <strong>Umwelt</strong>ämtern Schleswig <strong>und</strong> Itzehoe <strong>und</strong> dem Amt <strong>für</strong> ländliche<br />

Räume Husum sowie etwa 200 von <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Kurverwaltungen geborgen.<br />

5. Ursache der Epidemie<br />

Als Verursacher der Epidemie wurde von niederländischen, dänischen <strong>und</strong> deutschen<br />

Instituten das Seeh<strong>und</strong>staupevirus (Phocine distemper virus = PDV) nachgewiesen.<br />

Es h<strong>an</strong>delt sich um <strong>den</strong> Virusstamm PDV-1. Dieser wurde sowohl in<br />

Kattegat- als auch in Wattenmeer-Seeh<strong>und</strong>en gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> hatte auch 1988 die<br />

Seuche ausgelöst.<br />

Das Seeh<strong>und</strong>staupevirus gehört zur Gruppe der sogen<strong>an</strong>nten Morbilliviren, die<br />

unter <strong>an</strong>derem Kr<strong>an</strong>kheiten wie Masern, Rinderpest <strong>und</strong> Hun<strong>des</strong>taupe auslösen.<br />

PDV wird durch sogen<strong>an</strong>nte Tröpfcheninfektionen über die Atemluft oder direkte<br />

Kontakte zwischen <strong>den</strong> Tieren übertragen. PDV hat bei Seeh<strong>und</strong>en eine Inkubationszeit<br />

von 1 – 2 Wochen. Die Infektion k<strong>an</strong>n innerhalb von zwei Wochen zum Tode<br />

führen. In <strong>den</strong> letzten Jahren waren in der schleswig-holsteinischen Population<br />

keine spezifischen Antikörper mehr in nachweisbaren Konzentrationen nachgewiesen<br />

wor<strong>den</strong>, so dass davon ausgeg<strong>an</strong>gen wer<strong>den</strong> muss, dass die Seeh<strong>und</strong>e<br />

über keinerlei nennenswerte Abwehrkräfte gegenüber dem Virus verfügten.<br />

Das Virus schwächt primär das Immunsystem, so dass sich sek<strong>und</strong>äre Begleitinfektionen<br />

einstellen. 1988 waren bakterielle Begleitinfektionen sehr häufig. Viele<br />

Seeh<strong>und</strong>e waren auch hochgradig mit Nemato<strong>den</strong> befallen (kleine Lungenwürmer<br />

Parafilaroi<strong>des</strong> decorus <strong>und</strong> Herzwürmer Dipetalonema spirocauda). 2002 dürfte


- 3 -<br />

dies ähnlich gewesen sein. Ein veterinärmedizinischer Ergebnisbericht wird im<br />

Frühjahr 2003 vorliegen.<br />

Die PDV-Infektion hat aufgr<strong>und</strong> der verschie<strong>den</strong>en Begleiterkr<strong>an</strong>kungen vielerlei<br />

Symptome. Charakteristisch sind Husten, Atemnot, blutig-schleimiger Ausfluss<br />

aus Nase <strong>und</strong> Maul, Lungenentzündung, Fieber <strong>und</strong> feine Lungenrisse. Durch in<br />

<strong>den</strong> Körper durch die Lungenrisse eindringende Luft blähen sich die Tiere im Endstadium<br />

stark auf. Darüber hinaus kommt es zu Augenentzündungen, zu Krämpfen<br />

infolge einer Schädigung <strong>des</strong> zentralen Nervensystems.<br />

Tierart Zeitraum Ort Virus<br />

Krabbenfresser-<br />

Robbe (Lobodon<br />

carcinophagus)<br />

Großer Tümmler<br />

(Tursiops truncatus)<br />

Großer Tümmler<br />

(Tursiops truncatus)<br />

Baikalrobbe<br />

(Phoca siberica)<br />

Seeh<strong>und</strong> (Phoca<br />

vitulina)<br />

Streifendelfin<br />

(Stenella<br />

coeruleoalba)<br />

Mönchsrobbe<br />

(Monachus monachus)<br />

Kaspischer<br />

Seeh<strong>und</strong> (Phoca<br />

caspica)<br />

Seeh<strong>und</strong> (Phoca<br />

vitulina)<br />

1955/56 Antarktis C<strong>an</strong>ine Distemper Virus<br />

(Hun<strong>des</strong>taupe)<br />

1987/88 Atl<strong>an</strong>tikküste<br />

USA<br />

Dolphin Morbillivirus<br />

(Delfinstaupe), Porpoise<br />

Morbillivirus (Tümmlerstaupe)<br />

1993-94 Golf von Mexico Porpoise Morbillivirus<br />

(Tümmlerstaupe)<br />

1987/88 Baikalsee C<strong>an</strong>ine Distemper Virus<br />

(Hun<strong>des</strong>taupe)<br />

1988 Nord- <strong>und</strong> Ostsee<br />

Phocine Distemper Virus<br />

(Seeh<strong>und</strong>staupe)<br />

1990-92 Westliches Mittelmeer<br />

Dolphin Morbillivirus<br />

(Delfinstaupe)<br />

1997 Westafrik<strong>an</strong>ische<br />

Küste,<br />

Mauret<strong>an</strong>ien<br />

2000 Küste von Kasachst<strong>an</strong>,<br />

Aserbeidsch<strong>an</strong><br />

<strong>und</strong><br />

Turkmenist<strong>an</strong><br />

(Kaspisches<br />

Meer)<br />

2002 Nord- <strong>und</strong> Ostsee<br />

Monk Seal Distemper<br />

Virus (Mönchsrobbenstaupe)<br />

C<strong>an</strong>ine Distemper Virus<br />

(Hun<strong>des</strong>taupe)<br />

Phocine Distemper Virus<br />

(Seeh<strong>und</strong>staupe)<br />

Tab. 3:<br />

Weltweite Übersicht über Virusepidemien bei Meeressäugern


- 3 -<br />

Weil die Viren nur durch akut erkr<strong>an</strong>kte Tiere ausgeschie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, ist die ständige<br />

Anwesenheit <strong>des</strong> Virus Voraussetzung <strong>für</strong> eine dauernde Erhaltung einer Basismmunität<br />

innerhalb der betreffen<strong>den</strong> Population. Da<strong>für</strong> wäre aber aus verschie<strong>den</strong>en<br />

Grün<strong>den</strong> eine Populationsgröße von mehreren 100.000 Tieren erforderlich.<br />

Da die Wattenmeerpopulation deutlich unter der <strong>an</strong>gegeben Zahl liegt, geht die<br />

Basisimmunität über die Jahre verloren <strong>und</strong> der Best<strong>an</strong>d ist nach einiger Zeit wieder<br />

<strong>an</strong>fällig <strong>für</strong> das Virus. Bei Neueintrag <strong>des</strong> Erregers ist d<strong>an</strong>n ein erneuter Seucheng<strong>an</strong>g<br />

wahrscheinlich. Weltweit gibt es da<strong>für</strong> einige Beispiele (Epidemien mit<br />

Staupe-ähnlichen Erregern (Morbilliviren) unter Meeressäugern), wie Tabelle 3<br />

zeigt.<br />

6. M<strong>an</strong>agement der Epidemie<br />

Kurz nachdem bek<strong>an</strong>nt gewor<strong>den</strong> war, dass im Kattegat erneut eine Seeh<strong>und</strong>staupeepidemie<br />

ausgebrochen war, gab das Nationalparkamt am<br />

27.05.2002 eine Frühwarnung <strong>an</strong> alle Seeh<strong>und</strong>jäger, <strong>an</strong> die betreuen<strong>den</strong> <strong>Natur</strong>schutzverbände,<br />

die Kreise <strong>und</strong> <strong>an</strong>dere zuständige bzw. betroffene Stellen heraus.<br />

Die Frühwarnung beinhaltete Informationen zur Seeh<strong>und</strong>staupe <strong>und</strong> deren Symptome,<br />

<strong>und</strong> die Bitte, die Situation vor Ort sehr genau zu beobachten <strong>und</strong> Besonderheiten<br />

umgehend zu mel<strong>den</strong>.<br />

Am 30.05.2002 lud <strong>Umwelt</strong>minister Müller alle Beteiligten zu einer Besprechung in<br />

das Nationalparkamt ein <strong>und</strong> gab bek<strong>an</strong>nt, dass das L<strong>an</strong>d sich auf eine Epidemie<br />

vorbereitet, einen entsprechen<strong>den</strong> Aktionspl<strong>an</strong> entwickelt <strong>und</strong> Fin<strong>an</strong>zmittel <strong>für</strong> die<br />

Untersuchung von staupeverdächtigen Seeh<strong>und</strong>en zur Verfügung gestellt habe. Zur<br />

Information der Öffentlichkeit hatte das Nationalparkamt ausführliche Unterlagen<br />

vorbereitet. Diese Unterlagen wur<strong>den</strong> im Verlauf <strong>des</strong> Seuchenzuges ständig akualisiert<br />

<strong>und</strong> sehr häufig abgefragt.<br />

Am 03.06.2002 einigten sich das Nationalparkamt, das Staatliche <strong>Umwelt</strong>amt<br />

Schleswig <strong>und</strong> das Amt <strong>für</strong> ländliche Räume Husum auf die Vorgehensweise <strong>und</strong><br />

die aufzubauende Infrastruktur <strong>für</strong> Maßnahmen zu Bergung <strong>und</strong> Entsorgung der zu<br />

erwarten<strong>den</strong> Kadaver. Am 11.07.2002 f<strong>an</strong>d eine weitere Besprechung statt, <strong>an</strong> der


- 3 -<br />

zusätzlich die zuständigen Kreisveterinäre, die Tierkörperverwertungs<strong>an</strong>stalten <strong>und</strong><br />

der NationalparkService teilnahmen <strong>und</strong> der vom Nationalparkamt erarbeitete „Aktionspl<strong>an</strong><br />

Seeh<strong>und</strong>staupe“ diskutiert <strong>und</strong> abgestimmt wurde.<br />

Der Aktionspl<strong>an</strong> Seeh<strong>und</strong>staupe regelte die Zuständigkeiten der einzelnen Beteiligten:<br />

Die Gesamtkoordination einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit oblag dem<br />

NPA, das sich jeweils eng mit <strong>den</strong> Kreisveterinären, <strong>den</strong> Staatlichen <strong>Umwelt</strong>ämtern<br />

<strong>und</strong> dem Amt <strong>für</strong> ländliche Räume abstimmte.<br />

Org<strong>an</strong>isationsschema im Falle eines<br />

Seeh<strong>und</strong>sterbens (Stufen Gelb <strong>und</strong> Rot)<br />

MUNF<br />

Abt. 3<br />

Kreisveterinäre<br />

Beratung<br />

Nordfriesl<strong>an</strong>d<br />

04841-897614<br />

Dithmarschen<br />

0481-971411<br />

NPA<br />

Gesamtleitung<br />

vor Ort<br />

04861-61620<br />

Information der Öffentlichkeit<br />

- Bürgertelefon 0700-86935874<br />

-seeh<strong>und</strong>-info@umin.l<strong>an</strong>dsh.de<br />

- www.seeh<strong>und</strong>e.schleswig-holstein.de<br />

STUA<br />

Bergung / Techn.. Einsätze<br />

04841-89840<br />

ALR<br />

Amtshilfe bei Bergung<br />

04841-667210<br />

ALR- Bauhöfe<br />

NPA<br />

Totf<strong>und</strong>statistik<br />

04861-61633<br />

NPS<br />

Totf<strong>und</strong>meldungen<br />

0172-7502224<br />

FTZ<br />

Forschung<br />

04834-604113<br />

<strong>Natur</strong>schutzverbände<br />

Tourismusverbände<br />

Kurverwaltungen<br />

Tierschutzverbände<br />

Seeh<strong>und</strong>jäger<br />

NPS<br />

Mitarbeit bei Bergung<br />

TBAs<br />

Entsorgung<br />

Neumünster<br />

04321-529191<br />

Jagel<br />

04624-802414<br />

MUNF=Ministerium <strong>für</strong> <strong>Natur</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> NPA=Nationalparkamt NPS=NationalparkService STUA=Staatl. <strong>Umwelt</strong>amt<br />

ALR=Amt <strong>für</strong> Ländliche Räume FTZ= Forschungs- <strong>und</strong> Technologiezentrum Westküste TBAs=Tierkörperbeseitigungs<strong>an</strong>stalten<br />

Abb. 4:<br />

Schematische Darstellung der Zuständigkeiten der beteiligten<br />

Behör<strong>den</strong> <strong>und</strong> Institutionen<br />

Der Aktionspl<strong>an</strong> definierte drei Stufen:<br />

Stufe Grün: Das Seeh<strong>und</strong>sterben hat das Wattenmeer erreicht, k<strong>an</strong>n aber mit dem<br />

üblichen Entsorgungssystem <strong>und</strong> der vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>en Logistik bewältigt wer<strong>den</strong>:<br />

Die Bergung wird von <strong>den</strong> ehrenamtlichen Seeh<strong>und</strong>jägern durchgeführt. Sie bringen<br />

die Kadaver zu Sammelstellen, die von <strong>den</strong> Tierkörperverwertungs<strong>an</strong>stalten<br />

geleert wer<strong>den</strong>. Tiere, die <strong>für</strong> wissenschaftliche Untersuchungen vorgesehen sind,<br />

wer<strong>den</strong> in Tiefkühltruhen zwischengelagert. Der NationalparkService leert diese


- 3 -<br />

Truhen <strong>und</strong> tr<strong>an</strong>sportiert die Kadaver zum Forschungs- <strong>und</strong> Technologiezentrum<br />

Westküste nach Büsum.<br />

Ab Stufe Grün erfasst das Nationalparkamt täglich die Zahl geborgener Kadaver<br />

<strong>und</strong> führt hier<strong>für</strong> eine Statistik.<br />

Stufe Gelb: Das Nationalparkamt führt bei Bedarf mit <strong>den</strong> Partnern Lagebesprechungen<br />

in der Ölwehrhalle <strong>des</strong> Staatlichen <strong>Umwelt</strong>amtes in Husum durch. Aufgr<strong>und</strong><br />

wachsender Todf<strong>und</strong>zahlen übernehmen Staatliches <strong>Umwelt</strong>amt <strong>und</strong> Amt<br />

<strong>für</strong> ländliche Räume einen Großteil der Bergungen, insbesondere auf <strong>den</strong> Außensän<strong>den</strong>.<br />

Hier<strong>für</strong> wer<strong>den</strong> vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>es Personal, Schiffe <strong>und</strong> wattgängige Fahrzeuge<br />

in Amtshilfe zur Verfügung gestellt. Die Kreise tragen zuständigkeitshalber<br />

die Kosten der Entsorgung <strong>und</strong> bauen bei Bedarf das Entsorgungssystem aus.<br />

Stufe Rot: Die Behör<strong>den</strong> sind auch am Wochenende besetzt. Bergung <strong>und</strong> Entsorgung<br />

fin<strong>den</strong> auch samstags <strong>und</strong> sonntags statt.<br />

Entsorgung kleiner Meeressäuger<br />

Sylt<br />

$T$T # List<br />

#<br />

R<strong>an</strong>tum<br />

# $T Hörnum<br />

Föhr $T Dagebüll<br />

$T<br />

&V Ol<strong>an</strong>d<br />

Amrum #$T $T L<strong>an</strong>geness<br />

# $T<br />

Hooge<br />

#<br />

$T Nordstr<strong>an</strong>d #<br />

$T #<br />

Pellworm # Husum<br />

St. Peter<br />

$T<br />

#<br />

$T Tetenbüll<br />

Jagelr<br />

Maasholm<br />

$T<br />

$T Weidefeld<br />

$T<br />

Kiel<br />

N<br />

W<br />

E<br />

S<br />

Fehmarn$T<br />

&V$T<br />

Helgol<strong>an</strong>d<br />

#<br />

Büsum<br />

&V<br />

$T<br />

# Friedrichskoog<br />

Sierksdorf<br />

Neumünster<br />

$T<br />

r<br />

Travemünde$T<br />

r Tierkörperverwertung &V Tiefkühlcontainer<br />

(nur während Epidemie)<br />

# Kippcontainer $T Tiefkühltruhe<br />

Abb. 5:<br />

St<strong>an</strong>dorte von Kippcontainern, Tiefkühlcontainern <strong>und</strong> Tiefkühltruhen<br />

Zur Zwischenlagerung <strong>und</strong> Entsorgung von kleinen Meeressäugern<br />

in Schleswig-Holstein


- 3 -<br />

In Schleswig-Holstein traten erste Staupefälle erst am 11.08.2002 auf Helgol<strong>an</strong>d<br />

auf. Betroffen waren etwa 400 Seeh<strong>und</strong>e auf der Helgoländer Düne. Die Seuche<br />

breitete sich schnell aus, so dass die vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>en Zwischenlagerungs- <strong>und</strong><br />

Tr<strong>an</strong>sportkapazitäten nicht mehr ausreichten. Der zuständige Kreis Pinneberg<br />

stellte zusätzlich einen Tiefkühlcontainer zur Verfügung <strong>und</strong> regelte die Entsorgung.<br />

Auf einer weiteren Ver<strong>an</strong>staltung im Nationalparkamt stellte <strong>Umwelt</strong>minister Müller<br />

am 23.08.2002 wegen der Entwicklung auf Helgol<strong>an</strong>d <strong>und</strong> dem absehbaren Beginn<br />

der Staupeepidemie im schleswig-holsteinischen Wattenmeer <strong>den</strong> Aktionspl<strong>an</strong><br />

der Öffentlichkeit vor <strong>und</strong> rief in Abstimmung mit <strong>den</strong> betroffenen Kreisen die<br />

Stufe Grün aus.<br />

Erste Staupefälle <strong>an</strong> der Wattenmeerküste wur<strong>den</strong> am 26.08.2002 auf Eiderstedt<br />

nachgewiesen. Die Todf<strong>und</strong>e in Nordfriesl<strong>an</strong>d nahmen rasch zu, so dass bereits<br />

am 09.09.2002 in Abstimmung mit dem zuständigen Kreisveterinär die Stufe Gelb<br />

<strong>für</strong> diesen Kreis ausgerufen wer<strong>den</strong> musste. In Dithmarschen lag die Todf<strong>und</strong>rate<br />

weiterhin auf niedrigem Niveau.<br />

Bergung <strong>und</strong> Entsorgung funktionierten nach Anlaufschwierigkeiten bis auf wenige<br />

Ausnahmen zufrie<strong>den</strong>stellend.<br />

Die Information der Öffentlichkeit erfolgte über verschie<strong>den</strong>e Medien:<br />

• Pressekonferenzen<br />

• Pressemitteilungen<br />

• Radio- <strong>und</strong> Fernsehinterviews mit Seeh<strong>und</strong>jägern, Experten <strong>und</strong> Nationalparkamt<br />

• Tägliche Lageberichte<br />

• Laufend aktualisierte Informationsmaterialien<br />

• Interpräsentationen<br />

• Telefon-Hotline<br />

Durch die frühzeitige, umfassende Information der Öffentlichkeit wurde erreicht,<br />

dass sachlich über das Seeh<strong>und</strong>sterben berichtet wurde.


- 3 -<br />

Nachdem der Scheitelpunkt <strong>des</strong> Seuchenzuges überschritten war <strong>und</strong> die Todf<strong>und</strong>zahlen<br />

auf durchschnittlich unter 50 Tiere täglich abgesunken waren, wurde<br />

am 07.10.2002 auf Stufe Grün <strong>des</strong> Aktionspl<strong>an</strong>s zurückgestuft. Am 14.11.2002<br />

wurde der Aktionspl<strong>an</strong> außer Kraft gesetzt.<br />

7. Forschung<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> trilateralen biologischen Monitorings im Wattenmeer wer<strong>den</strong> bei<br />

Seeh<strong>und</strong>en routinemäßig folgende Daten erfasst:<br />

a) Lebendmonitoring<br />

Die Abschätzung der Größe <strong>des</strong> Seeh<strong>und</strong>best<strong>an</strong><strong>des</strong> <strong>an</strong> der schleswigholsteinischen<br />

Westküste erfolgt durch insgesamt fünf Befliegungen in <strong>den</strong><br />

Monaten Juni bis August, wobei die bei Ebbe auf <strong>den</strong> S<strong>an</strong>dbänken liegen<strong>den</strong><br />

Seeh<strong>und</strong>e fotografiert wer<strong>den</strong>. Diese Methode wird auch als Teil <strong>des</strong> trilateralen<br />

Monitoring-Programms (TMAP) von <strong>den</strong> benachbarten Wattenmeer-Anrainern<br />

praktiziert. Dadurch lassen sich der Gesamtbest<strong>an</strong>d im Wattenmeer, aber auch<br />

die Teilbestände in <strong>den</strong> einzelnen Regionen abschätzen. Zu dem gezählten<br />

Best<strong>an</strong>d muss ein Korrekturwert von ca. 1/3 addiert wer<strong>den</strong>, weil ein entsprechender<br />

Teil der Tiere nicht auf <strong>den</strong> S<strong>an</strong>dbänken liegt, sondern auf W<strong>an</strong>derschaft<br />

oder auf Fischf<strong>an</strong>g ist. In 2002 wur<strong>den</strong> in Schleswig-Holstein 7.876, im<br />

gesamten Wattenmeer 20.975 Tiere gezählt.<br />

Die entsprechen<strong>den</strong> Untersuchungen wer<strong>den</strong> im Auftrag <strong>des</strong> Nationalparkamtes<br />

von externen Auftragnehmern durchgeführt.


- 3 -<br />

Gezählter Seeh<strong>und</strong>best<strong>an</strong>d im Wattenmeer (DK, D, NL)<br />

20<br />

20000<br />

18<br />

Best<strong>an</strong>d<br />

Zuwachs<br />

16<br />

15000<br />

14<br />

Anzahl gezählter Tiere<br />

10000<br />

12<br />

10<br />

8<br />

Best<strong>an</strong>dszuwachs in %<br />

6<br />

5000<br />

0<br />

1975<br />

1978<br />

1981<br />

1984<br />

1987<br />

1990<br />

1993<br />

1996<br />

1999<br />

2002<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Abb. 6:<br />

Ergebnisse der Seeh<strong>und</strong>zählungen im Schleswig-Holsteinischen<br />

Wattenmeer <strong>und</strong> Wachstumsrate <strong>des</strong> Best<strong>an</strong><strong>des</strong><br />

b) Todf<strong>und</strong>monitoring<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> trilateralen Todf<strong>und</strong>monitoring wer<strong>den</strong> jährlich etwa 50 <strong>an</strong> der<br />

Westküste oder auf Helgol<strong>an</strong>d gef<strong>und</strong>ene Seeh<strong>und</strong>e seziert <strong>und</strong> auf augenscheinlich<br />

erkennbare Kr<strong>an</strong>kheiten, auf Parasiten <strong>und</strong> auf die wahrscheinliche<br />

To<strong>des</strong>ursache hin untersucht. Bei ca. 20 von diesen Tieren erfolgen weitergehende<br />

immunologische, bakteriologische, virologische <strong>und</strong> histologische Untersuchungen.<br />

Die Untersuchungen wer<strong>den</strong> vom Forschungs- <strong>und</strong> Technologiezentrum<br />

Westküste (FTZ) in Büsum durchgeführt.<br />

Jeder gef<strong>und</strong>ene Seeh<strong>und</strong> wird auf einem Datenblatt registriert. Weil bis vor einigen<br />

Jahren noch alle Seeh<strong>und</strong>todf<strong>und</strong>e am Forschungs- <strong>und</strong> Technologiezentrum<br />

untersucht wur<strong>den</strong>, konnten auch alle Tiere auf elektronische Markierungen<br />

hin untersucht wer<strong>den</strong>. Solche Tr<strong>an</strong>sponder erhalten Heuler vor der<br />

Auswilderung aus einer Seeh<strong>und</strong>station sowie im Rahmen von F<strong>an</strong>gaktionen<br />

gef<strong>an</strong>gene Tiere. Seit der weit überwiegende Teil der Kadaver direkt entsorgt<br />

wird <strong>und</strong> der Tr<strong>an</strong>sport zur Entsorgungsstelle nicht mehr vom NationalparkService<br />

durchgeführt wird, war <strong>und</strong> ist eine Erfassung aller tr<strong>an</strong>spondermarkierten<br />

Tieren nicht mehr möglich. Abhilfe wird hier, <strong>und</strong> das gilt <strong>für</strong> die Markierung von<br />

Wildtieren allgemein, kaum möglich sein.


- 3 -<br />

c) Staupenachweis<br />

An <strong>den</strong> ersten 10 staupeverdächtigen Seeh<strong>und</strong>kadavern von Helgol<strong>an</strong>d <strong>und</strong> Eiderstedt<br />

wur<strong>den</strong> Untersuchungen zwecks Staupenachweis vorgenommen.<br />

Hier<strong>für</strong> stellte das <strong>Umwelt</strong>ministerium einmalig Sondermittel bereit. Die notwendigen<br />

Tests zum Nachweis <strong>des</strong> Virus wur<strong>den</strong> vom L<strong>an</strong><strong>des</strong>labor Schleswig-<br />

Holstein in Neumünster vorgenommen. Weitergehende Untersuchungen führte<br />

die Tierärztliche Hochschule H<strong>an</strong>nover durch.<br />

d) Immunstatus <strong>und</strong> Schadstoffbelastung<br />

Das <strong>Umwelt</strong>ministerium stellte <strong>für</strong> die Sicherung (Tr<strong>an</strong>sport, Org<strong>an</strong>entnahme,<br />

Einlagerung) von Proben von 50 Seeh<strong>und</strong>en Sondermittel zur Verfügung. Ein<br />

weitergehender Forschungs<strong>an</strong>trag zur Klärung noch offener Fragen im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit dem Staupevirus ist vom <strong>Umwelt</strong>bun<strong>des</strong>amt noch nicht abschließend<br />

bearbeitet wor<strong>den</strong>. Gepl<strong>an</strong>t sind Untersuchungen zu Schadstoffbelastung,<br />

Typisierung von Seeh<strong>und</strong>staupeviren <strong>und</strong> Feststellung <strong>des</strong> Immunstatus<br />

der Seeh<strong>und</strong>e.<br />

e) Vorkommen <strong>und</strong> W<strong>an</strong>derverhalten<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> MINOS-Projektes (Verb<strong>und</strong>vorhaben „Marine Warmblüter in<br />

Nord- <strong>und</strong> Ostsee: Gr<strong>und</strong>lagen zur Bewertung von Windkraft<strong>an</strong>lagen im Offshorebereich)<br />

wird derzeit untersucht, wie Seeh<strong>und</strong>e <strong>den</strong> Küsten- <strong>und</strong> Offshorebereich<br />

räumlich nutzen. Dazu wer<strong>den</strong> einige Seeh<strong>und</strong>e im Wattenmeer gef<strong>an</strong>gen<br />

<strong>und</strong> mit Satellitensendern versehen. Das Projekt endet im Dezember 2003.<br />

Auf trilateraler Ebene, koordiniert durch das internationale Wattenmeersekretariat<br />

in Wilhelmshaven, f<strong>an</strong><strong>den</strong> Sitzungen einer Seeh<strong>und</strong>expertengruppe statt. Diese<br />

formulierte Untersuchungsprogramme, die in Dänemark, Deutschl<strong>an</strong>d <strong>und</strong> <strong>den</strong><br />

Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong> durchgeführt wer<strong>den</strong> sollten, um bestimmte Fragen im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit dem neuerlichen Ausbruch der Seeh<strong>und</strong>staupe klären zu können.


- 3 -<br />

8. Vergleich mit der Staupeepidemie 1988<br />

Im Jahr 2002 fielen in absoluten Zahlen mehr Robben der Staupe zum Opfer als<br />

1988 (21.700 gegenüber 18.000).<br />

Dies gilt auch auch <strong>für</strong> das gesamte Wattenmeer (10.600 gegenüber 8.600 gef<strong>und</strong>ener<br />

Tiere), nicht jedoch <strong>für</strong> seinen schleswig-holsteinischen Teil (3.338 gegenüber<br />

5.800). Da der Best<strong>an</strong>d im Wattenmeer sich gegenüber 1988 verdoppelt hatte,<br />

liegt die Todf<strong>und</strong>rate (bezogen auf <strong>den</strong> geschätzten realen Best<strong>an</strong>d) mit ca. 38<br />

% allerdings deutlich niedriger als 1988 (ca. 65 %).<br />

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Staupe genau wie 1988 im Gebiet um<br />

die Kattegat-Insel Anholt ausbrach. Dass dies mit <strong>den</strong> dort beheimateten Nerzfarmen<br />

zu tun haben könnte, wird von Virologen allerdings bestritten, da in <strong>den</strong> dortigen<br />

Nerzbestän<strong>den</strong> schon l<strong>an</strong>ge Zeit keine Staupe mehr aufgetreten ist.<br />

1988 trat die Seuche am 15.04. erstmalig auf Anholt auf <strong>und</strong> hatte bereits einen<br />

Monat später, am 11.05., Sylt erreicht. 2002 trat das Virus erstmals drei Wochen<br />

später auf <strong>und</strong> erreichte erst nach weiteren dreieinhalb Monaten als 1988 Schleswig-Holstein.<br />

1988 gab es ein relativ kontinuierliches Fortschreiten von Anholt zu<br />

<strong>den</strong> benachbarten Inseln, um das Skagerrak herum ins nördliche Wattenmeer <strong>und</strong><br />

von dort in das südwestliche Wattenmeer. 2002 beg<strong>an</strong>n die Ausbreitung zwar ähnlich,<br />

es existierte ein zweiter Ausbreitungsherd im niederländischen Wattenmeer.<br />

Eine nach Osten gerichtete Infektionswelle erreichte d<strong>an</strong>n das schleswigholsteinische<br />

Wattenmeer. Ähnlichkeiten gibt es <strong>den</strong>noch: auch 1988 gab es einen<br />

diskontinuierlichen Sprung der Epidemie in die Niederl<strong>an</strong>de. Noch bevor 1988<br />

nach ersten Todf<strong>und</strong>en <strong>an</strong> der Nordspitze von Sylt die ersten Kadaver <strong>an</strong> der Südspitze<br />

gef<strong>und</strong>en wur<strong>den</strong>, gab es eine Staupemeldung von Terschelling.


- 3 -<br />

Ausbreitung <strong>des</strong><br />

Seeh<strong>und</strong>sterbens 1988<br />

N<br />

Hesselö<br />

11.05.88<br />

#<br />

Anh<br />

12.0<br />

W<br />

S<br />

E<br />

Terschelling<br />

22.05.88<br />

#<br />

Sylt-Nord<br />

11.05.88<br />

Sylt-Süd<br />

23.05.88<br />

St.Peter-Ording<br />

4.06.88<br />

Dän.Watt<br />

22.05.88<br />

Nordstr<strong>an</strong>d<br />

2.06.88<br />

Büsum<br />

31.05.88<br />

Abb.7:<br />

Verlauf der Staupeepidemie 1988 im Nord- <strong>und</strong> Ostseeraum<br />

mit nur einem Ausbreitungszentrum im Kattegat<br />

Für die niedrigere Sterblichkeit <strong>des</strong> aktuellen Seuchenzuges wer<strong>den</strong> drei Ursachen<br />

vermutet:<br />

1. Die Seeh<strong>und</strong>e, die 1988 die Seuche überlebt haben, hatten gegenüber ihren<br />

verstorbenen Artgenossen möglicherweise einen genetisch bedingten Selektionsvorteil.<br />

Diesen Vorteil haben sie auf ihre Nachkommen vererbt, die dadurch resistenter<br />

gegenüber Staupe gewesen sein könnten.<br />

2. Durch <strong>den</strong> späten Ausbruch der Seuche im Wattenmeer war die Zeit mit intensiven<br />

sozialen Kontakten auf <strong>den</strong> S<strong>an</strong>dbänken, nämlich Geburt, Aufzucht <strong>und</strong> Paarung,<br />

bereits vorbei. Das Ansteckungsrisiko durch Tröpfcheninfektion <strong>und</strong> Direktkontakt<br />

war dadurch geringer als 1988<br />

3. Die 2002er-Epidemie dauerte 13 Wochen, die 1988er doppelt so l<strong>an</strong>ge. Die<br />

Seuche erreichte Schleswig-Holstein erst im August 2002, so dass die Zeit in der<br />

überhaupt die Möglichkeit einer Infektion von Tier zu Tier besteht, viel kürzer war als


- 3 -<br />

1988. Es wird davon ausgeg<strong>an</strong>gen, dass Infektionen hauptsächlich auf <strong>den</strong><br />

S<strong>an</strong>dbänken von Tier zu Tier weitergegeben wer<strong>den</strong>.<br />

Seeh<strong>und</strong>sterben 1988 <strong>und</strong> 2002 - Verlauf <strong>an</strong> der schleswig-holsteinischen Westküste<br />

Summe 1988: 5795, 2002: 3608 Totf<strong>und</strong>e<br />

700<br />

600<br />

500<br />

Wöchentliche Totf<strong>und</strong>e 1988<br />

Wöchentliche Totf<strong>und</strong>e 2002<br />

Totf<strong>und</strong>e<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Erste Totf<strong>und</strong>e<br />

auf Anholt am 12.04.88 / 7.05.02<br />

auf Sylt am 11.05.88 / 1.09.02<br />

0<br />

ab<br />

8.04.<br />

15.04.<br />

22.04.<br />

29.04.<br />

6.05.<br />

13.05.<br />

20.05.<br />

27.05.<br />

3.06.<br />

10.06.<br />

17.06.<br />

24.06.<br />

1.07.<br />

8.07.<br />

15.07.<br />

22.07.<br />

29.07.<br />

5.08.<br />

12.08.<br />

19.08.<br />

26.08.<br />

2.09.<br />

9.09.<br />

16.09.<br />

23.09.<br />

30.09.<br />

7.10.<br />

14.10.<br />

21.10.<br />

28.10.<br />

4.11.<br />

11.11.<br />

18.11.<br />

Wochen<br />

Abb. 8: Vergleich <strong>des</strong> zeitlichen Verlaufs der bei<strong>den</strong> Seeh<strong>und</strong>sterben in<br />

Schleswig-Holstein 1988 <strong>und</strong> 2002. Dargestellt ist die Anzahl wöchentlich<br />

geborgener Kadaver.<br />

9. Offene Fragen<br />

Eine Reihe von Fragen ist noch ungeklärt:<br />

• Woher <strong>und</strong> wodurch ist das Virus eingeschleppt wor<strong>den</strong>?<br />

• Wieso brach die Seuche auf Anholt aus?<br />

• Wie entst<strong>an</strong>d der zweite, scheinbar vom ersten unabhängige Seuchenherd in<br />

<strong>den</strong> Niederl<strong>an</strong><strong>den</strong>?


- 3 -<br />

• Gab es bei Anholt <strong>und</strong> im niederländischen Wattenmeer jeweils ein Virusreservoir,<br />

zumal schon 2001 bei einigen niederländischen Seeh<strong>und</strong>en der Tod durch<br />

Staupe festgestellt wurde?<br />

• Wie stark sind die Seeh<strong>und</strong>e durch Schadstoffe belastet?<br />

• Ist ihr Immunsystem dadurch vorgeschwächt?<br />

• Ist der Wattenmeerbest<strong>an</strong>d komplett durchseucht wor<strong>den</strong> <strong>und</strong> haben nur die<br />

resistenten Tiere überlebt, oder k<strong>an</strong>n die Seuche in 2003 wieder aufflammen<br />

<strong>und</strong> weitere Tiere töten?<br />

Die offenen Fragen können nur durch weitergehende wissenschaftliche Untersuchungen<br />

geklärt wer<strong>den</strong>. Die L<strong>an</strong><strong>des</strong>regierung bemüht sich derzeit darum entsprechende<br />

Forschungsprojekte auf nationaler <strong>und</strong> trilateraler Ebene (Internationales<br />

Wattenmeersekretariat) zu initiieren.<br />

10. Bewertung<br />

Die Behör<strong>den</strong> in Schleswig-Holstein waren beim Auftreten der Seeh<strong>und</strong>staupeepidemie<br />

im Jahr 2002 gut vorbereitet. Im Unterschied zu 1988 war die Virusepidemie<br />

als Ursache <strong>des</strong> Sterbens bek<strong>an</strong>nt. Es h<strong>an</strong>delte sich um ein Ereignis, das in Populationen<br />

wildlebender Tiere immer wieder einmal auftreten k<strong>an</strong>n <strong>und</strong> das durch<br />

Eingriffe <strong>des</strong> Menschen weder verhindert noch gesteuert wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n. Eine existentielle<br />

Gefährdung intakter Populationen ist nicht zu erwarten. Dies haben ähnliche<br />

Seuchenzüge bei unterschiedlichen Arten in der Verg<strong>an</strong>genheit immer wieder<br />

gezeigt (Tabelle 3). Das L<strong>an</strong>d hatte lediglich die Möglichkeit, eine <strong>an</strong>gemessene<br />

Bergungs- <strong>und</strong> Entsorgungslogistik aufzubauen <strong>und</strong> die Zuständigkeiten klar zu<br />

regeln (Aktionspl<strong>an</strong> Seeh<strong>und</strong>staupe).<br />

Zusammenfassend k<strong>an</strong>n festgestellt wer<strong>den</strong>, dass die Probleme <strong>und</strong> Folgen der<br />

Seuche durch Information, Zusammenarbeit <strong>und</strong> Koordinierung seitens <strong>des</strong> Ministeriums<br />

<strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>, <strong>Natur</strong> <strong>und</strong> <strong>Forsten</strong> mit <strong>den</strong> Kreisen <strong>und</strong> <strong>an</strong>deren Betroffenen<br />

(betreuende Verbände, Kurverwaltungen etc.) gut bewältigt wer<strong>den</strong> konnten.

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