Endbericht - NachhaltigWirtschaften.at
Endbericht - NachhaltigWirtschaften.at Endbericht - NachhaltigWirtschaften.at
9. Stoffflussanalysen Die Methode der Stoffflussanalysen (SFA) nach Baccini und Brunner (1991) und Brunner und Rechberger (2004) ist ein geeignetes Werkzeug zur Beschreibung und Analyse beliebig komplizierter Systeme. Gemäß ÖNORM S 2096 (Anwendung in der Abfallwirtschaft – Teil 1: Begriffe; Teil 2: Methodik) [ÖNORM 2005a, 2005b] dient die SFA zur Identifizierung und Quantifizierung aller relevanten Flüsse von Stoffen in einem zeitlich und räumlich exakt abgegrenzten System und erlaubt eine Bilanzierung der Stoffe innerhalb dieses Systems. Die Grundlage für die SFA bildet das Massenwirkungsgesetz: Über eine einfache Massenbilanz werden alle Input- und Output-Flüsse sowie die Lager und deren Änderungen verglichen und bilanziert. Der Vorteil der SFA ist, dass die Möglichkeit besteht, ein komplexes System auf die für eine Fragestellung relevanten Stoffe/Güter und Prozesse zu reduzieren und auf anschauliche Weise darzustellen. Durch die Kenntnis der Stoffströme können Systeme so gestaltet werden, dass Stoffe optimal verwendet, verwertet, rezykliert oder abgelagert werden können. Auch zielgerichtete Maßnahmen und Szenarien zur Optimierung sind damit ableitbar. Besonders relevant ist, dass die Potenziale sekundärer Rohstoffe in anthropogenen Systemen aufgezeigt werden können – Stichwort „urban mining“. Als System sind z.B. Betriebe, private Haushalte, Städte oder Regionen zu definieren und zu modellieren. Um mit SFAs arbeiten zu können, müssen zunächst die wichtigsten Begriffe definiert werden (Brunner et al. 2012): o Ein Stoff besteht aus identischen Einzelteilen (Atomen oder Molekülen) und ist entweder ein chemisches Element oder eine chemische Verbindung in reiner Form. o Ein Gut besteht aus einem oder mehreren Stoffen und ist handelbar – es kann sowohl positiven als auch negativen Wert haben. o Material ist ein allgemeiner Begriff, der sowohl Güter als auch Stoffe umfassen kann und damit Rohmaterialien (geogene Materien) sowie alle bereits vom Menschen durch physikalische oder chemische Prozesse veränderten Stoffe (anthropogene Materialien) einschließt. o Ein Prozess beschreibt die Umformung, den Transport oder die Lagerung von Gütern und Stoffen. Ein Prozess wird oft als Black Box definiert. Sollen die Vorgänge innerhalb des Prozesses näher untersucht werden, kann der Prozess in Subprozesse gesplittet werden. o Im Rahmen der SFA bezeichnet man die Elemente eines Systems als Prozesse und Flüsse (Güter-, Stoff- bzw. Materialflüsse). Systemgrenzen definieren die zeitliche und räumliche Abgrenzung des zu untersuchenden Systems. Materialflüsse in ein 158
System hinein werden als Importe, solche aus dem System hinaus als Exporte bezeichnet, wobei immer gilt: Input = Output ± Lageränderung. o Als Fluss wird die pro Zeiteinheit zwischen zwei Prozessen bewegte Masse an Gütern bzw. Stoffen bezeichnet (Einheit Masse/Zeit). o Ein Lager wird als der Bestand von Gütern oder Stoffen innerhalb eines Prozesses definiert. o Die allen SFAs gemeinsame, einheitliche Sprache erleichtert es, Systeme sowohl horizontal als auch vertikal miteinander zu verknüpfen. (Eine horizontale Verknüpfung wäre z.B. die Verbindung von Stoffflüssen zwischen zwei Nachbarregionen, eine vertikale Verknüpfung bspw. eine Integration der Stoffflüsse eines Unternehmens in die Gesamtflüsse der das Unternehmen umgebenden Region). SFAs werden nicht linear, sondern vielmehr iterativ erstellt. Der Ablauf der einzelnen aufeinander aufbauenden Arbeitsschritte ist im Regelblatt 514 des Österreichischen Wasserund Abfallwirtschaftsverbandes detailliert beschrieben [ÖWAV 2003] sowie in der bereits erwähnten ÖNORM S 2096, Teil 1 und Teil 2 [ÖNORM 2005a, 2005b] normativ geregelt. Bedingt durch ihr einfaches Prinzip haben SFAs einen breiten Anwendungsbereich vom Ressourcenmanagement bis zur Abfallwirtschaft. Um die SFAs anhand von Daten und Abschätzungen zu quantifizieren, wurden Daten zu den Hauptanwendungen der Stoffe, den jeweiligen Konzentrationen in Produkten und Produktmengen als auch statistische Daten zu Produktionsmengen, Import und Export sowie dem Inlandsverbrauch der Rohstoffe gesammelt. Die Daten stammen aus Literaturquellen, von statistischen bzw. geologischen Diensten und von Firmen in den betroffenen Branchen (durch direkte Anfragen). Die kontinuierliche Verdichtung der vorhandenen Daten bedingt in der Regel auch eine Anpassung des Stoffflusssystems, damit eine Quantifizierung der Flüsse und Lager möglich ist. 9.1 Hintergrund Eine von der Europäischen Kommission im Zuge der Rohstoffinitiative der EU (COM (2008) 699) veröffentlichte Studie [Ad-hoc Working Group 2010] stuft den zukünftigen Zugang der EU zu verschiedenen metallischen, aber auch mineralischen Rohstoffen als potenziell kritisch ein. Insgesamt wurden 35 Rohstoffe als kritisch eingestuft, da sie aufgrund ihrer vielseitigen Einsatzbereiche eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung bei gleichzeitig limitierter Verfügbarkeit im Vergleich zur Nachfrage besitzen. Durch die Konzentration der Produktion in einem oder wenigen (nicht-EU) Land/Ländern, politisch-wirtschaftliche Instabilität des/der wichtigsten Lieferanten, schwierige Substituierbarkeit des Rohstoffes und 159
- Seite 114 und 115: Dabei stellte sich die Frage, ob di
- Seite 116 und 117: Tabelle 33: Vor- und Nachteile des
- Seite 118 und 119: Abbildung 25: Sohlenstoßbau (schem
- Seite 120 und 121: Peer, H., 1980: Die Graphitlagerst
- Seite 122 und 123: Aus aufbereitungstechnischer Sicht
- Seite 124 und 125: Tabelle 37: Einteilung der Elemente
- Seite 126 und 127: Abbildung 28: Prozessablauf der Auf
- Seite 128 und 129: Abbildung 30: Beispiel für eine Ta
- Seite 130 und 131: 6.6.1.1 Erschließung neuer Ressour
- Seite 132 und 133: Als Sortierprozess kommt - wiederum
- Seite 134 und 135: schiedlichen Bestandteile des Rohgu
- Seite 136 und 137: Abbildung 33: Alternative Verschalt
- Seite 138 und 139: 7. Primärmetallurgie Für die derz
- Seite 140 und 141: Titan ebenso in diese Gruppe aufgen
- Seite 142 und 143: letzterem ein Wolframkarbid-Pulver
- Seite 144 und 145: Abbildung 39: Grundsätzliche Verar
- Seite 146 und 147: Abbildung 42: Verwertung von Monazi
- Seite 148 und 149: Trennstufen benötigt wird. Neben d
- Seite 150 und 151: Abbildung 45: Stammbaum eines Verfa
- Seite 152 und 153: 8. Einsatzgebiete von kritischen Ro
- Seite 154 und 155: nicht reines Wolfram, sondern Ferro
- Seite 156 und 157: 8.2 Verwendung von Seltenen Erden D
- Seite 158 und 159: CeO 2 /ZrO 2 , um die große spezif
- Seite 160 und 161: Gruppe ersetzen lassen, ist eine ge
- Seite 162 und 163: Abbildung 54: Inhalt an Kupfer und
- Seite 166 und 167: niedrige Recyclingquoten wird die K
- Seite 168 und 169: dem Versorgungsrisiko SR i , mit de
- Seite 170 und 171: Österreich hinaus Exporte. Die zei
- Seite 172 und 173: und Cer-Mischmetall (enthält bis z
- Seite 174 und 175: Abbildung 58: Subsystem „Private
- Seite 176 und 177: Abbildung 59: Subsystem Abfallwirts
- Seite 178 und 179: Szenarien Elektrofahrzeuge - Fokus:
- Seite 180 und 181: Abbildung 61: Recyclingpotenzial Hy
- Seite 182 und 183: Tabelle 50: Recyclingpotenzial für
- Seite 184 und 185: sammlung übergeben? Was passiert m
- Seite 186 und 187: Mineral Production [Brown et al. 20
- Seite 188 und 189: Stahlindustrie bezeichnet werden. E
- Seite 190 und 191: sind, konnte anhand der vorhandenen
- Seite 192 und 193: handener Recyclingpotenziale ermög
- Seite 194 und 195: Pd soll zukünftig vermehrt in mini
- Seite 196 und 197: Abbildung 70: Subsystem Private Hau
- Seite 198 und 199: meldeten Fahrzeuge betrug 2011 ca.
- Seite 200 und 201: eine stärkere Rückgewinnung des P
- Seite 202 und 203: allem Festplatten interessant, in Z
- Seite 204 und 205: die abfallwirtschaftlichen Systeme
- Seite 206 und 207: zukünftige Rohstoffnachfrage. Frau
- Seite 208 und 209: ÖWAV, 2003: ÖWAV Regelblatt 514 -
- Seite 210 und 211: 31217 Filterstäube, NE-metallhalti
- Seite 212 und 213: unter den Erwartungen geblieben. In
9. Stoffflussanalysen<br />
Die Methode der Stoffflussanalysen (SFA) nach Baccini und Brunner (1991) und Brunner<br />
und Rechberger (2004) ist ein geeignetes Werkzeug zur Beschreibung und Analyse beliebig<br />
komplizierter Systeme. Gemäß ÖNORM S 2096 (Anwendung in der Abfallwirtschaft – Teil 1:<br />
Begriffe; Teil 2: Methodik) [ÖNORM 2005a, 2005b] dient die SFA zur Identifizierung und<br />
Quantifizierung aller relevanten Flüsse von Stoffen in einem zeitlich und räumlich exakt<br />
abgegrenzten System und erlaubt eine Bilanzierung der Stoffe innerhalb dieses Systems.<br />
Die Grundlage für die SFA bildet das Massenwirkungsgesetz: Über eine einfache Massenbilanz<br />
werden alle Input- und Output-Flüsse sowie die Lager und deren Änderungen verglichen<br />
und bilanziert. Der Vorteil der SFA ist, dass die Möglichkeit besteht, ein komplexes<br />
System auf die für eine Fragestellung relevanten Stoffe/Güter und Prozesse zu reduzieren<br />
und auf anschauliche Weise darzustellen. Durch die Kenntnis der Stoffströme können<br />
Systeme so gestaltet werden, dass Stoffe optimal verwendet, verwertet, rezykliert oder<br />
abgelagert werden können. Auch zielgerichtete Maßnahmen und Szenarien zur Optimierung<br />
sind damit ableitbar. Besonders relevant ist, dass die Potenziale sekundärer Rohstoffe in<br />
anthropogenen Systemen aufgezeigt werden können – Stichwort „urban mining“.<br />
Als System sind z.B. Betriebe, priv<strong>at</strong>e Haushalte, Städte oder Regionen zu definieren und zu<br />
modellieren. Um mit SFAs arbeiten zu können, müssen zunächst die wichtigsten Begriffe<br />
definiert werden (Brunner et al. 2012):<br />
o Ein Stoff besteht aus identischen Einzelteilen (Atomen oder Molekülen) und ist<br />
entweder ein chemisches Element oder eine chemische Verbindung in reiner Form.<br />
o Ein Gut besteht aus einem oder mehreren Stoffen und ist handelbar – es kann<br />
sowohl positiven als auch neg<strong>at</strong>iven Wert haben.<br />
o M<strong>at</strong>erial ist ein allgemeiner Begriff, der sowohl Güter als auch Stoffe umfassen kann<br />
und damit Rohm<strong>at</strong>erialien (geogene M<strong>at</strong>erien) sowie alle bereits vom Menschen<br />
durch physikalische oder chemische Prozesse veränderten Stoffe (anthropogene<br />
M<strong>at</strong>erialien) einschließt.<br />
o Ein Prozess beschreibt die Umformung, den Transport oder die Lagerung von Gütern<br />
und Stoffen. Ein Prozess wird oft als Black Box definiert. Sollen die Vorgänge<br />
innerhalb des Prozesses näher untersucht werden, kann der Prozess in Subprozesse<br />
gesplittet werden.<br />
o Im Rahmen der SFA bezeichnet man die Elemente eines Systems als Prozesse und<br />
Flüsse (Güter-, Stoff- bzw. M<strong>at</strong>erialflüsse). Systemgrenzen definieren die zeitliche<br />
und räumliche Abgrenzung des zu untersuchenden Systems. M<strong>at</strong>erialflüsse in ein<br />
158