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Geschichte und Sagen<br />
Die moderne Mythenforschung geht heute davon<br />
aus, dass der Wilde Jäger Pan Dietrich auf<br />
den Überlieferungen einer bekannten mythologischen<br />
Figur basiert. Dietrich von Bern war<br />
eine beliebte Sagengestalt des Mittelalters. Der<br />
„Dietrichepik“ genannte Sagenzyklus, vereint<br />
eine Vielzahl mittelalterlicher Heldenepen, welche<br />
Dietrich von Bern als Protagonisten haben.<br />
Auch in der skandinavischen „Thidrekssaga“ sowie<br />
dem deutschen Nationalepos „Nibelungenlied“<br />
spielt Dietrich von Bern eine herausragende<br />
Rolle. Die berüchtigte Rabenschlacht der Dietrichepik<br />
leitete sich von einem tatsächlich stattgefundenen<br />
Ereignis ab. Als Rabenschlacht wird<br />
die zweijährige Belagerung der Stadt Ravenna<br />
durch die Ostgoten unter Theoderich dem Großen<br />
bezeichnet. Theoderich handelte im Auftrag<br />
des byzantinischen Königs Flavius Zeno, welcher<br />
den „Barbarenkönig“ Odoaker absetzen wollte,<br />
der sich zum Herrscher des Weströmischen Reiches<br />
ernannt hatte. Die Geschichtswissenschaft<br />
geht heute davon aus, dass große Teile der Dietrichepik<br />
auf historische Ereignisse und Personen<br />
der frühen europäischen Geschichte basieren.<br />
In der Gestalt des Dietrich von Bern vereinigen<br />
sich Züge der ostgotischen Könige Ermanarich<br />
und Theoderich dem Großen. Ermanarich entstammte<br />
den Herrschergeschlecht der Amaler,<br />
was mit den sagenhaften Amelungen der Dietrichepik<br />
gleichzusetzen ist. Zudem sind in die<br />
Figur des Dietrich von Bern auch Züge des skirischen<br />
Königs Odoaker einflossen, welcher sich<br />
476 zum König von Italien ausrufen ließ und am<br />
15. März 493 von Theoderich dem Großen eigenhändig<br />
ermordet wurde.<br />
Die Wandlung vom sagenhaften Dietrich von<br />
Berg zum Wilden Jäger ist in der Geschichte von<br />
„Dietrichs Entrückung“ zu finden. Nach einem<br />
langen, abenteuerlichen und kämpferischen Leben<br />
ahnte Dietrich seinen herannahenden Tod.<br />
Sein Wunsch war es, noch ein letztes Mal seiner<br />
besonderen Leidenschaft, der Jagd, zu frönen. Er<br />
hieß die Knappen sein Pferd zu satteln. Als Dietrich<br />
in den Burghof kam, stand da ein prachtvoller,<br />
rabenschwarzer Hengst. Es war nicht sein<br />
übliches Reitpferd, doch Dietrich dachte sich<br />
nichts dabei und schwang sich in den Sattel. Der<br />
Hengst stürmte unvermindert los, doch die Jagdhunde<br />
wollten dem Pferd nicht folgen. Jenes lief<br />
so schnell, dass es Dietrich bald klar wurde, dass<br />
er kein gewöhnliches Pferd ritt. Er wollte anhalten,<br />
stattdessen wurde das Pferd immer schneller<br />
und erhob sich schließlich in die Lüfte. Da wurde<br />
Dietrich klar, dass sein Ende gekommen war<br />
und er sich auf dem Weg zu den Göttern befand.<br />
Nur einer der Knappen hatte Dietrich auf seinem<br />
Pferd folgen können. Als jener sah, dass sich sein<br />
Herr mit dem unheimlichen Rappen in die Lüfte<br />
erhob, rief er: „Herr, wohin reitest du so schnell?<br />
Und wann willst du wiederkommen?“ Dietrich<br />
winkte seinem Knappen zum Abschied und rief<br />
zurück: „Zu Wotan reite ich und werde wiederkommen,<br />
wann es die Waltenden wollen.“