Praxis und Politik - Michael Oakeshott im Dialog - Mohr Siebeck ...
Praxis und Politik - Michael Oakeshott im Dialog - Mohr Siebeck ...
Praxis und Politik - Michael Oakeshott im Dialog - Mohr Siebeck ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Einleitung der Herausgeber<br />
Als der englische Philosoph <strong>Michael</strong> <strong>Oakeshott</strong> nach einem langen Gelehrtenleben<br />
1990 starb, waren <strong>im</strong> englischen Sprachraum, in Osteuropa <strong>und</strong><br />
anderen Ländern des europäischen Kontinents erste Ansätze einer eingehenden<br />
wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit seinem Werk erkennbar. 1<br />
Diese Diskussion konnte in den folgenden Jahren rasch an Breite <strong>und</strong> Tiefe<br />
gewinnen <strong>und</strong> hat mittlerweile die Forschungsliteratur beträchtlich anschwellen<br />
lassen. 2 Angesichts des Umstandes, daß <strong>Oakeshott</strong>s Arbeit vor<br />
allem in den beiden Jahrzehnten nach seinem Ausscheiden aus dem Universitätsbetrieb,<br />
also in den 1970er <strong>und</strong> 80er Jahren, kaum Beachtung gef<strong>und</strong>en<br />
hatte, stellt sich die Frage nach den Gründen hinter dem neuerwachten Interesse.<br />
Eine Erklärung dürfte in den mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Verfassungsdiskussionen<br />
der 1990er Jahre liegen, in denen sich die (bürgerlichen)<br />
Freiheitsbewegungen <strong>im</strong> Zuge der nationalen Selbstverständigung nach<br />
Ende des Ost-West-Konflikts westlichen Freiheitsdenkern wie Friedrich<br />
August von Hayek, Milton Friedman, Hannah Arendt oder auch <strong>Oakeshott</strong><br />
zuwandten – Gelehrten also, die den Totalitarismus <strong>und</strong> seine ideologischen<br />
Doktrinen bekämpft <strong>und</strong> sich die Verteidigung der Gr<strong>und</strong>lagen einer freien<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> ihrer Verfassung der Freiheit zur Aufgabe gemacht hatten.<br />
Die Auswirkungen des welthistorischen Umbruchs blieben indes nicht auf<br />
Osteuropa beschränkt; angesichts neuer Herausforderungen kreisen auch<br />
die philosophischen <strong>und</strong> politiktheoretischen Debatten Westeuropas <strong>und</strong><br />
der USA um eine neuerliche Suche nach Orientierungspunkten ihrer politisch-kulturellen<br />
Identität. 3 In solchen Diskussionszusammenhängen erlangt<br />
das Werk <strong>Oakeshott</strong>s seinen Stellenwert für die Gegenwart der praktischen<br />
Philosophie wie der <strong>Politik</strong>wissenschaft, indem es über den Kontext des<br />
1<br />
Charakteristisch ist in diesem Zusammenhang die Gründung der international tätigen,<br />
in den USA registrierten <strong>Michael</strong> <strong>Oakeshott</strong> Association <strong>im</strong> Jahre 1999.<br />
2<br />
Siehe aus der angelsächsischen Literatur exemplarisch Abel 2010; Abel/Fuller 2005;<br />
McIntyre 2004; Perret 2004; Marsh 2001 sowie jüngst die Edition eines <strong>Oakeshott</strong>-Readers<br />
(Podoksik 2012). Zum mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Diskurs etwa Tibor 2002 <strong>und</strong><br />
Fulop 2000, 2004. Eine ungarische Übersetzung von <strong>Oakeshott</strong>s »Rationalism in Politics«<br />
erschien in Budapest <strong>im</strong> Jahre 2001; zur Rezeption in Spanien etwa Lopez Atanes<br />
2010, für Portugal Cardoso 2004.<br />
3<br />
Exemplarisch mag für die USA auf Huntington 2004, für Deutschland auf Lammert<br />
2006 hingewiesen werden.