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Praxis und Politik - Michael Oakeshott im Dialog - Mohr Siebeck ...

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12 Martyn P. Thompson<br />

durch die Bezugnahme auf die einschlägige Literatur. 25 Daher müssen auch<br />

Studenten so frei wie möglich von den Störungen durch praktische Belange<br />

sein. Das Studium an der Universität bietet Studenten ein »Inter<strong>im</strong>« zwischen<br />

dem Ende der Schule <strong>und</strong> der Aufnahme der ernsten Lasten des praktischen<br />

Lebens. 26 Und während dieser Inter<strong>im</strong>szeit haben sie die seltensten<br />

<strong>und</strong> wertvollsten aller Möglichkeiten, die Möglichkeit, sich selbst <strong>im</strong> Sinne<br />

der Zivilisation verstehen zu lernen, von der sie unvermeidlich einen Teil<br />

darstellen.<br />

Nun sind diese Unterscheidungen verschiedener Arten der Bildung bis zu<br />

einem gewissen Grade bekannt. Und offensichtlich klingen sie altmodisch,<br />

vielleicht sogar von romantischer Nostalgie gefärbt. Aber solche Bewertungen<br />

verfehlen <strong>Oakeshott</strong>s Argument. Er war sich völlig darüber <strong>im</strong> klaren,<br />

daß Kinder-Genies bisweilen erkannt werden, daß ihre Erziehung vom<br />

Kindergarten an diszipliniert verläuft <strong>und</strong> auf ihre Begabungen <strong>und</strong> Neigungen<br />

hin ausgerichtet wird. Es war ihm auch selbstverständlich, daß Spezialisierung,<br />

Berufsausbildung <strong>und</strong> eine Reihe anderer erfahrungsgegründeter<br />

Tätigkeiten Eingang in die Gr<strong>und</strong>schul- <strong>und</strong> in die weitere Ausbildung<br />

gef<strong>und</strong>en haben. Und er wußte natürlich, daß der wachsende Bedarf<br />

an multikultureller Bildung in den westlichen Gesellschaften <strong>und</strong> anderswo<br />

zu parallelem Schulunterricht in verschiedenen Muttersprachen geführt hat.<br />

Er war mit dem Umstand vertraut, daß die Berufsausbildung in Form von<br />

business schools, law schools, schools of social work, Abschlüsse in »Rechnungswesen«,<br />

business studies usw. feste Größen in den meisten Universitäten geworden<br />

sind. Er hätte sich sicher gegen die derzeitige Mode des service-learning an<br />

amerikanischen Universitäten ausgesprochen. Aber sein Anliegen bestand<br />

nicht darin, die Bildungspraxis, die er beobachtete, zu beschreiben oder sie<br />

zu verallgemeinern. Es ging ihm mehr darum, die von ihm beobachtete<br />

<strong>Praxis</strong> zu analysieren, um die charakteristischen Prinzipien zu best<strong>im</strong>men,<br />

die in jeder von ihr wirksam waren. Das Ergebnis bestand in einer Konstruktion<br />

von Idealtypen moderner Bildung. <strong>Oakeshott</strong>s Anspruch besteht<br />

also darin, die unterschiedlichen Prinzipien der Bildung best<strong>im</strong>mt zu haben,<br />

die <strong>im</strong> Kindergarten, in der Schule, der Berufsausbildung <strong>und</strong> in der universitären<br />

Ausbildung wirken.<br />

25<br />

<strong>Oakeshott</strong> 1991, S. 196–199.<br />

26<br />

<strong>Oakeshott</strong> 2001, S. 102, 128.

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