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Praxis und Politik - Michael Oakeshott im Dialog - Mohr Siebeck ...

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4 Martyn P. Thompson<br />

sein berühmtes Buch »The Case for Conservatism« – nur kurz bevor <strong>Oakeshott</strong><br />

»On Being Conservative« schrieb. Hoggs Buch beginnt mit einem<br />

ziemlich großspurigen Kapitel unter dem Titel »The Philosophy of Conservatism«.<br />

Nachdem er sich dort durch ein paar Seiten durchgewurstelt hat,<br />

fühlt sich Hogg allerdings verpflichtet festzuhalten, daß »Konservativismus<br />

weniger eine Philosophie als vielmehr eine Einstellung« sei. 3 Und obwohl<br />

diese Meinung ein <strong>Oakeshott</strong>sches Nicken des Einverständnisses hätte hervorlocken<br />

können, wäre dies mit Blick auf Hoggs weitere Ausführungen<br />

nicht der Fall. Denn Hogg wendet sich sofort den »gr<strong>und</strong>legenden konservativen<br />

Ideen« zu. Sein Ergebnis: Es existieren demnach nicht weniger als<br />

vier<strong>und</strong>zwanzig solcher Ideen, darunter unter anderem die Religion, die<br />

organische Theorie der Gesellschaft, die Autorität, die Beständigkeit <strong>und</strong><br />

das Naturrecht. Aber Hogg zählt dazu ebenso Fortschritt, Unternehmergeist,<br />

Profitstreben sowie zwei Dinge, die er etwas mysteriös die liberale <strong>und</strong><br />

die sozialistische »Häresie« nennt. Anders formuliert: Zwar verspricht Hogg<br />

(wie so viele andere auch) eine grandiose philosophische Analyse des Konservativismus,<br />

bietet aber schließlich wenig mehr als ein Durcheinander diverser<br />

inkompatibler <strong>und</strong> unvereinbarer abstrakter Ideen.<br />

Ich denke, dieses Beispiel illustriert einen der zu häufig übersehenen zentralen<br />

Punkte von <strong>Oakeshott</strong>s »On Being Conservative«. Es ist aus intellektueller<br />

Sicht kaum der Mühe wert, die generellen Prinzipien des politischen<br />

Konservativismus aus der konservativen politischen <strong>Praxis</strong> abzuleiten, denn<br />

dies ist einfach nur die Fortführung der <strong>Praxis</strong> selbst, lediglich auf einem<br />

abstrakteren Level. Wie in Hoggs Fall, aber noch allgemeiner, bedeutet die<br />

Präsentation einer »konservativen« politischen Theorie stets, daß man die<br />

Theorie der <strong>Praxis</strong> opfert. 4 Weiterhin ist intellektuelles Durcheinander garantiert,<br />

wenn wir – wie Hogg – glauben, daß solch generelle Prinzipien<br />

eine best<strong>im</strong>mte politische <strong>Praxis</strong> »verursachten« oder »ihre Gr<strong>und</strong>lage« wären.<br />

<strong>Oakeshott</strong> dagegen bemerkt 1955 in einem Beitrag für The Listener:<br />

»Jede moderne politische Handlung hat als ihre Entsprechung irgendeine<br />

Doktrin«, aber generell »sind politische Ideen nicht die ›Ursache‹ oder die<br />

›Gr<strong>und</strong>lage‹ von Verhalten; sie sind das Verhalten selbst in einem anderen<br />

Idiom«. 5 Und aus Gründen, die ich gleich erklären werde, fand <strong>Oakeshott</strong><br />

die Aussicht, sich mit dieser Art Verhalten zu beschäftigen, kaum vielversprechend.<br />

3<br />

Hogg 1947, S. 13.<br />

4<br />

<strong>Oakeshott</strong> 1991, S. 206 f.<br />

5<br />

<strong>Oakeshott</strong> 1993, S. 117 f.

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