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Einführung: Eine Theorie der Rationalität für die Sozialwissenschaften<br />

setzt wurden, haben sie eine Konzeption entstehen lassen, die die Bürger als<br />

manipulierbar betrachtet – durch verschiedene, von den „Kommunikationswissenschaften“<br />

erdachte Verfahren – und sie als unfähig ansieht, das ihnen vorliegende<br />

politische Angebot mit Hilfe ihres gesunden Menschenverstandes zu<br />

beurteilen. Dadurch haben sie einem Relativismus Nahrung gegeben, der das<br />

politische Handeln in Demokratien untergräbt. Der Relativismus seinerseits hat<br />

wiederum die sogenannte „pensée unique“ (Einheitsdenken) entstehen lassen:<br />

der Glaube an etablierte Meinungen, die Dogmencharakter erhalten und die<br />

den Tocquevilleschen Begriff der „Meinungstyrannei“ illustrieren. Allerdings<br />

sollte präzisiert werden, dass die „pensée unique“ gerade in modernen Demokratien<br />

das Werk umtriebiger Minderheiten ist und dass sie sich oft unter dem<br />

Einfluss von Mechanismen, die ich im letzten Kapitel des Buches skizzieren<br />

werde, gegen den gesunden Menschenverstand der Öffentlichkeit durchsetzt.<br />

Jedenfalls haben dieser Relativismus und der damit einhergehende Pessimismus<br />

in keiner Weise etwas Zwangsläufiges.<br />

Eine letzte Bemerkung. Die Theorie der Rationalität ist für die Sozialwissenschaften<br />

ein unerlässliches Thema. Sie gestattet es, die zentrale Frage nach der<br />

Beziehung zwischen der Logik individuellen Handelns und den dadurch hervorgerufenen<br />

Makroeffekten in aller Klarheit anzugehen. Sie ist für die Analyse<br />

sozialer Phänomene das, was die Grammatik für die Beherrschung der Sprache<br />

ist, die Quellenkritik für das Erlernen des Historikerberufs oder die Mathematik<br />

für die Physik. Sie gibt dem Denken ein Gerüst. Sie ist das Latein der Sozialwissenschaften.<br />

Literatur<br />

Becker, Gary S. 1996: Accounting for Tastes, Cambridge: Harvard University Press.<br />

Coleman, James S. 1990: Foundations of Social Theory, Cambridge: Harvard University<br />

Press. Deutsche Ausgabe 1991–1994: Grundlagen der Sozialtheorie, 3 Bände, München:<br />

Oldenbourg.<br />

Durkheim, Emile [1912] 1984: Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt<br />

am Main: Suhrkamp.<br />

Durkheim, Emile [1893] 1992: Über soziale Arbeitsteilung. Studie über die Organisation<br />

höherer Gesellschaften, Frankfurt am Main: Suhrkamp.<br />

Hardin, Russel 1995: One for All: The Logic of Group Conflict, Princeton: Princeton<br />

University Press.<br />

von Hayek, Friedrich A. 1973–1979: Law, Legislation and Liberty, 3 Bände, London:<br />

Routledge. Deutsche Ausgabe <strong>200</strong>3: Recht, Gesetz und Freiheit: eine Neufassung der<br />

liberalen Grundsätze der Gerechtigkeit und der politischen Ökonomie, Tübingen:<br />

<strong>Mohr</strong> <strong>Siebeck</strong>.<br />

Hirschman, Albert Otto 1987: Leidenschaften und Interessen. Politische Begründungen<br />

des Kapitalismus vor seinem Sieg, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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