PDF (1.7 MB) - Mohr Siebeck Verlag
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Vorwort<br />
Juden verstanden sich in der Antike, und darüber hinaus,<br />
als Teil einer kontinuierlichen Tradition. Wichtigster Orientierungspunkt<br />
war dabei der Tanach (Hebräische Bibel, Altes<br />
Testament) bzw. die griechische Septuaginta. Dieses Textcorpus,<br />
das sich erst über längere Zeit und mit Varianten ergab,<br />
wurde nicht nur als Grundlage der jüdischen Gesetzespraxis<br />
verstanden, sondern bot mit seinen vielen Erzählungen auch<br />
immer wieder Anknüpfungsmöglichkeiten für das eigene<br />
Selbstverständnis. Die innerjüdische Rezeption ermöglichte<br />
stets neue Lesungen: Die Texte – insbesondere die Tora<br />
(Fünf Bücher Moses) konnten als Ferment unterschiedlichster<br />
Deutungen der eigenen Lebenswelten dienen.<br />
In der Antike haben Juden in ganz unterschiedlichen<br />
literarischen Gefäßen – in Geschichtsschreibung, Belletristik,<br />
Poesie, philosophischen Traktaten, in Übersetzungen<br />
(Targumim), Midraschim und Kommentaren – die<br />
biblischen Texte mit häufig bemerkenswerter inhaltlicher<br />
Freiheit interpretiert. Wie auf einer Drehbühne konnten<br />
sie immer wieder neu inszeniert werden – ohne, dass die<br />
Vorlage deswegen in Frage gestellt werden musste. Um<br />
solche Neudeutungen und deren Entstehungskontexte soll<br />
es in den folgenden vier Vorlesungen gehen. Dies ist selbstredend<br />
ein großes Thema, das in diesem kleinen Rahmen<br />
nicht umfassend behandelt werden kann: Ich habe für diese<br />
Tria Corda-Vorlesungen, gleichsam auf mein eigenes Herz<br />
hörend, Texte ausgewählt, die mich seit längerem besonders