PDF (1.7 MB) - Mohr Siebeck Verlag
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Joseph und Aseneth als Roman 9<br />
Autor hat im biblischen Motiv des ungleichen Paars Joseph<br />
und Aseneth das literarische Potential für einen Liebesroman<br />
ausgemacht.<br />
Joseph und Aseneth als Roman<br />
Es ist nicht einfach, Joseph und Aseneth einem bestimmten<br />
literarischen Genre zuzuordnen. Am passendsten ist aber<br />
sicher jenes des antiken Romans. Wir sind in Titel und<br />
bisheriger Argumentation von dieser Überzeugung ausgegangen,<br />
müssen sie nun aber noch genauer rechtfertigen.<br />
Die Frage, ob Joseph und Aseneth als Roman verstanden<br />
werden soll, ist umstritten. 20 Der Antike war die Gattung<br />
„Roman“ unbekannt; in der Klassischen Philologie wird sie<br />
in aller Regel auf einige wenige Texte eingeschränkt, die in<br />
etwa folgender Definition von Niklas Holzberg entsprechen:<br />
„Als ‚antiken Roman‘ begreife ich eine frei erfundene längere Prosaerzählung,<br />
in der erotische Motive und eine Serie meist auf Reisen<br />
erlebter Abenteuer, bei denen sich bestimmte Typen unterscheiden<br />
lassen, das Geschehen beherrschen. Die Protagonisten beziehungsweise<br />
der Protagonist agieren in einer als real existierend dargestellten<br />
Welt, die, auch wenn das Geschehen in einer für Autor und Leser vergangenen<br />
Zeit spielt (was in mehreren Texten, aber nicht immer der<br />
Fall ist), im wesentlichen die Erfahrungswelt der frühkaiserzeitlichen<br />
Gesellschaft des Mittelmeerraumes widerspiegelt. Das Menschenbild<br />
entspricht entweder einer idealisierenden oder einer komischrealistischen<br />
Sichtweise.“ 21<br />
Joseph und Aseneth wird in den Altertumswissenschaften in<br />
der Regel freilich nicht zum Corpus der antiken Romane<br />
gezählt; allenfalls wird der Text der wenig ehrenhaften<br />
20<br />
Burchard (1996) xxiii.<br />
21<br />
Holzberg (2006) 39.