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Festschrift für Jan Schröder - Mohr Siebeck Verlag

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12 Christian Baldus<br />

IV. Deutung<br />

1. Tendenzen und Werte im responsum<br />

Das responsum ist sorgfältig komponiert. Am Anfang steht, was in der Prüfung<br />

erst am Ende Bedeutung erlangen kann: die Bewertung der Bedingung.<br />

Diese Bewertung ist durch das durchaus untypische, 35 römischer Prozessrechtsdogmatik<br />

freilich nicht ganz fremde 36 Werturteil magis laudandus est betont,<br />

umso mehr, als Modestin ausdrücklich die sachlich mindestens ebenso<br />

untypische 37 Aussage anschließt, es sei gegen den Willen des Verstorbenen zu<br />

werten. Die Prüfung der Geisteskrankheit ist dem logisch vorgeordnet und<br />

wird durch die Regieanweisung prius inspiciendum est betont. 38 Zentral ist<br />

dann die Frage, ob die Bedingung wirksam sei; Modestin spricht nicht ausdrücklich<br />

von Nichtigkeit, spricht aber mit der condicio humana in auffälliger<br />

Weise 39 ein wertendes Element an. Die Verknüpfung beider Fragen schließlich<br />

erfolgt wiederum unter doppelter und gegenläufiger Betonung: perspicuis rationibus<br />

(diese Erhöhung der Schwelle begünstigt den gesetzlichen Erben) –<br />

nullo modo (diese den eingesetzten). Wir finden also eine Struktur, die nach<br />

der textlichen Reihenfolge der Wendungen etwa so aussieht:<br />

1 pro herede scripto (weil der Wegfall der Bedingung ihm nützte)<br />

2 pro herede legitimo (weil der Wegfall des ganzen Testaments diesem<br />

nützte)<br />

3a pro herede legitimo (weil perspicuae rationes <strong>für</strong> die Annahme geistiger Gesundheit<br />

des Erblassers verlangt werden)<br />

3b pro herede scripto (weil in Anwesenheit solcher perspicuae rationes alle<br />

denkbaren Klagen des gesetzlichen Erben abzuweisen sind).<br />

35 Ebenso wie der Gebrauch von accusare in diesem Zusammenhang. – Trisciuoglio (wie<br />

Fn.*), S. 12–16 ventiliert die Möglichkeit einer accusatio expilatae hereditatis.<br />

36 Vgl. (mit ausdrücklicher Parallelisierung zu unserer Quelle) Éva Jakab, Vinum effundere,<br />

SZ 116 (1999), S. 71–111, hier: S. 102, 108 f., zu D. 18,6,1,3 (Ulp. 28. Sab.): Hier schätzt Ulpian<br />

die Erfolgsaussichten eines Beklagten ab; es geht dabei nicht etwa um eine Bewertung nach der<br />

bona fides.<br />

37 Freilich ist der Gedanke, unangemessene Bestattungsanordnungen dürften missachtet<br />

werden, bereits vor Modestin auch verallgemeinert worden: D. 30,113,5 (Marci. 7. inst. unter<br />

Berufung auf Pap. 3. resp.). Weitere Quellen bei Pietro De Francisci, La misura delle spese ripetibili<br />

coll’actio funeraria, in: Rendiconti Ist. Lombardo, serie II, 48 (1915), S. 295–307, hier:<br />

S. 300 ff., 301 mit pauschaler Interpolationsbehauptung zu D. 28,7,27pr.<br />

38 Bisweilen deutet diese Wendung auf eine Ausdehnung der zu prüfenden Fragen hin: Roberto<br />

Scevola, ,Negotium mixtum cum donatione‘. Origini terminologiche e concettuali, Padova<br />

2008, S. 166, Fn. 8.<br />

39 Die Wendung ist in den Digesten selten; s. sogleich im Sachtext. Diverse Quellen enthalten<br />

die beiden Elemente getrennt. – Trisciuoglio (wie Fn.*), S. 21–27 arbeitet nunmehr die Verbindung<br />

von memoria und condicio humana heraus (auch in Abgrenzung zur pietas). Sollte dies<br />

zutreffen, enthielte die Quelle möglicherweise auch ein Wortspiel mit memoria; zu demjenigen<br />

mit condicio vgl. u. bei Fn. 46.

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