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Dachkonstruktion mit ungewollter Lücke - Mikado

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Details im Griff März 2013<br />

<strong>Dachkonstruktion</strong><br />

„Untermieter“ hinterlassen <strong>Lücke</strong><br />

Als in einer Dachgeschosswohnung an der Decke ein feuchter<br />

Fleck austrat, kam gleich eine Serie handwerklicher Fehler zum<br />

Vorschein. Die eigentliche Ursache war dann jedoch sehr überraschend.<br />

◂◂Das Mehrfamilienhaus<br />

besitzt<br />

eine komplizierte<br />

Dachform und<br />

einen ausgebauten<br />

Dachraum<br />

sammenhang zu Regenzeiten, nicht<br />

aber zu Kälteperioden auf. Die Fleckform<br />

auf dem tapezierten Brett sah<br />

ebenfalls nicht typisch für eine betaute<br />

Kaltstelle aus. Braunfärbung<br />

und ausgeprägter Rand ließen eher<br />

auf reichlichen Flüssigwasserkontakt<br />

schließen. So suchte der Sachverständige<br />

natürlich erst einmal vorrangig<br />

nach undichten Stellen an der Dacheindeckung<br />

und der Attika.<br />

Objekt<br />

Das Mehrfamilienhaus wurde von einem<br />

Bauträger in den 1990er-Jahren<br />

errichtet. Es besitzt eine unkonventionelle<br />

Gestaltung <strong>mit</strong> abgesetzten<br />

Pultdächern, die von Attiken optisch<br />

zu Teiltonnendächern aufgewertet<br />

werden. Das Dachgeschoss war von<br />

Anfang als Wohnung ausgebaut.<br />

Auf einen Blick<br />

Objekt<br />

Schadensbild<br />

Schadensursache<br />

Schadensbehebung<br />

Fazit<br />

Schadensbild<br />

Die Bewohner stellten fest, dass sich<br />

in unregelmäßigen Abständen das<br />

giebelseitige Randbrett der Innenverkleidung<br />

dunkel färbte. Diese Dunkelfärbung<br />

wurde laienhaft – aber<br />

ganz richtig – als Benässung interpretiert.<br />

Die Bewohner schilderten,<br />

die Benässung trete in zeitlichem Zu-<br />

Mehrfamilienhaus <strong>mit</strong> ausgebautem Teiltonnendach<br />

Temporäre Durchnässung eines Randbretts in der<br />

Dachwohnung<br />

Fehlende Wärmedämmung, vermutlich von Wespen<br />

weggefressen<br />

Wärmedämmung vervollständigen und fachgerecht<br />

abdichten<br />

Komplizierte Dachformen müssen an allen Stellen<br />

dicht und insektensicher ausgeführt sein<br />

Schadensursachen<br />

Es stellte sich heraus, dass der gesamte<br />

konstruktive Aufbau wie auch die<br />

Details zu wünschen übrig ließen:<br />

▸▸ Lötnähte in der Zinkblechabdeckung<br />

waren gerissen.<br />

▸▸ Schrauben hatten sich gelöst,<br />

Schraubköpfe standen heraus<br />

und waren nicht abgedeckt.<br />

▸▸ Die Kaminabdeckplatte des Abgasrohrs<br />

war zum Kaminkopf<br />

nicht gedichtet; Kontergefälle<br />

des Kaminkopfes und Eindellung<br />

der Platte ermöglichten Wassereintritt.<br />

▸▸ Anschlüsse (z. B. von der Verschindelung<br />

zur Wand) waren<br />

<strong>mit</strong> Silikon gegen Schlagregen<br />

ausgerüstet; viele Silikonwülste<br />

waren gerissen.<br />

▸▸ Putz war gerissen und abgeplatzt,<br />

teils wegen zu starrer<br />

Verbindung (z. B. zu einer Abschlussschiene).<br />

▸▸ Die Unterspannbahn war geschrumpft,<br />

an einigen Stellen<br />

auch zersetzt.<br />

▸▸ Die Unterspannbahn war firstund<br />

ortgangseitig nicht angeschlossen,<br />

wies sogar offene<br />

Spalten von 5 bis 10 cm auf.<br />

www.mikado-online.de 35


Details im Griff März 2013<br />

◂◂Die Untersicht<br />

der Dachfläche<br />

ist <strong>mit</strong> einer<br />

Holzschalung<br />

verkleidet<br />

▸▸Ein Randbrett<br />

der Verkleidung<br />

war nass<br />

▸▸ Beim Öffnen<br />

des Dachs zeigte<br />

sich: Wespen<br />

hatten hier ein<br />

Nest gebaut<br />

und dabei die<br />

Dämmung<br />

aufgefressen<br />

martin giebeler<br />

▸▸ Eine dampf- und luftdichtende<br />

Schicht unterseitig der Dämmung<br />

war nirgendwo ertastbar,<br />

fehlt vermutlich ganz – sowohl<br />

an der aufgehenden Wand zwischen<br />

den Pultflächen wie auch<br />

in der gesamten Dachfläche.<br />

▸▸ Das aufgehende Mauerwerk aus<br />

Hochlochziegeln war unverputzt<br />

und da<strong>mit</strong> luftführend.<br />

Die Mangel- und Schadstellen waren<br />

über einen größeren Bereich verteilt.<br />

Un<strong>mit</strong>telbar über der Stelle, die<br />

sich innen als durchnässt gezeigt hatte,<br />

fehlte aber etwas Entscheidendes:<br />

die Wärmedämmung. Die EPS-<br />

Dämmplatte fehlte hier, dafür fanden<br />

sich Reste einer Wespenbesiedelung,<br />

deren Bewohner zum Glück schon<br />

ausgezogen waren. Wahrscheinlich<br />

befand sich hier vorher eine Wärmedämmung,<br />

die von ihnen einfach<br />

weggefressen worden war.<br />

Schadensbehebung<br />

Die Wespenbesiedelung war durch<br />

die lückenhafte Unterspannbahn begünstigt<br />

worden. Der ursprünglich<br />

angenommene Schadensmechanismus<br />

musste korrigiert werden: Obwohl<br />

Flüssigwassereintritt angesichts<br />

der Vielzahl kleiner Lecks nicht auszuschließen<br />

ist, war doch der Zusammenhang<br />

der Befeuchtung <strong>mit</strong> dem<br />

fehlenden Dämmstoff an eben dieser<br />

Stelle nicht mehr zu leugnen.<br />

Bei der Behebung musste man sich<br />

entscheiden: den Dachaufbau insgesamt<br />

in einen zeitgemäßen Zustand<br />

versetzen oder nur punktuell reparieren.<br />

Für einen fachgerechten Aufbau<br />

hätte man Luftdichtungsbahn innen<br />

und Unterdeckbahn außen nachrüsten<br />

müssen. Das geht nicht ohne<br />

Rückbau. Da<strong>mit</strong> wären zwar „Heizen<br />

fürs Weltklima“ und Zugluft erledigt<br />

gewesen; faktisch war die Familie<br />

aber zunächst finanziell und<br />

auch mental überfordert.<br />

Die jetzige Unterspannbahn seitlich<br />

und am First anzuschließen verbietet<br />

sich, da die fehlende Luftdichtungsbahn<br />

Wohnungsluft dann direkt<br />

bis zur Unterspannbahn strömen ließe;<br />

Tauwasserausfall an den unterkühlten<br />

Anschlüssen wäre die Folge.<br />

Bleibt also nur, das Wespennest<br />

auszuräumen, Dämmstoff wieder zu<br />

ergänzen, Löcher und Spalte wiederum<br />

<strong>mit</strong> Silikon notdürftig zu dichten,<br />

die Familie auf die Wartungsbedürftigkeit<br />

aufmerksam zu machen und<br />

dann langsam an den Gedanken einer<br />

Dachsanierung heranzuführen.<br />

Der Autor<br />

Martin Giebeler ist Bausachverständiger <strong>mit</strong> eigenem<br />

Ingenieurbüro. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind<br />

die Schadensbeurteilung und die Sanierungsplanung<br />

an Dach, Wand und Abdichtung.<br />

www.giebeler.org ı www.blowerdoor-expert.org<br />

Fazit<br />

Aus dem Vorhaben lassen sich mehrere<br />

Schlüsse ziehen:<br />

▸▸ Komplizierte Dachformen bergen<br />

Risiken und verlangen detaillierte<br />

Planung und Überwachung.<br />

▸▸ Sachen gibt’s, die gibt’s gar<br />

nicht: Immer wieder mal findet<br />

man Bauten, bei denen elementarste<br />

Dinge, z. B. eine Dampfsperre,<br />

fehlen.<br />

▸▸ Einen Steildachaufbau sollte<br />

man außenseitig <strong>mit</strong> einer Unterdeckbahn<br />

oder gar Plattenlage<br />

abschließen – nicht nur wegen<br />

der Winddichtheit, sondern auch<br />

wegen des höheren Schutzes gegen<br />

Insekten.<br />

▸▸ Starke Flecken können durchaus<br />

(im Ausnahmefall) auch von Betauung<br />

herrühren, nämlich dann,<br />

wenn Dämmstoff ganz und gar<br />

fehlt.<br />

▸▸ Schilderungen der Bewohner<br />

sind wichtig, können im Einzelfall<br />

aber in die Irre führen. ▪<br />

36<br />

mikado 3.2013

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