Holz atmet Großstadtluft - Mikado
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kurz & bündig<br />
mikado-Interview<br />
300 Jahre Nachhaltigkeit in der Forst- und <strong>Holz</strong>wirtschaft<br />
Die Nachhaltigkeit feiert 2013 ihren 300. Geburtstag. Erfunden hat<br />
sie ein Deutscher: Hans-Carl von Carlowitz. mikado unterhielt sich<br />
darüber mit Philipp Freiherr von und zu Guttenberg, Präsident der<br />
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW).<br />
Umweltschützer blenden den<br />
Nutzen der <strong>Holz</strong>verwendung für<br />
den Klimaschutz aus.<br />
Ja, hier herrscht oft eine sehr<br />
eindimensionale Sichtweise.<br />
Man will aus Gründen der Besitzstandswahrung<br />
nicht wahrhaben,<br />
dass unser Wald eine<br />
Nutz-, Erholungs-, Naturschutzund<br />
Klimaschutzfunktion gleichzeitig<br />
erfüllen kann – und seit<br />
Jahrhunderten hervorragend erfüllt.<br />
Unser Wald ist multifunktiomikado:<br />
Herr von und zu Guttenberg,<br />
Nachhaltigkeit ist heute ein<br />
etabliertes Prinzip. Wird der Begriff<br />
aber nicht schon zu inflationär<br />
gebraucht?<br />
Philipp Freiherr von und zu Guttenberg:<br />
Nachhaltigkeit wird sich<br />
wohl bald den Preis des meistmissbrauchten<br />
Unwortes einhandeln.<br />
Das ist sehr bedauerlich,<br />
liegt aber wahrscheinlich<br />
daran, dass die meisten Menschen<br />
den Inhalt nicht begreifen.<br />
Nachhaltigkeit ist ein bewährtes<br />
und erfolgreiches Bewirtschaftungsprinzip<br />
mit Modellcharakter.<br />
Um es auf den Punkt zu bringen:<br />
Nicht mehr ausgeben, als<br />
man einnimmt! Von den Zinsen<br />
leben und nicht vom Vermögen!<br />
Ist das in der Waldwirtschaft<br />
noch der Fall?<br />
Ja, zumindest in Deutschland.<br />
Hier wächst der Wald bestän-<br />
dig in Qualität wie Quantität. Seit<br />
dem Zweiten Weltkrieg hat unsere<br />
Waldfläche stetig zugenommen<br />
– seit 1970 um rund 1 Mio.<br />
Hektar. Insgesamt haben wir in<br />
Deutschland heute 11 Mio. Hektar,<br />
also ein Drittel der Landesfläche.<br />
Jährlich wachsen rund<br />
120 Mio. Festmeter <strong>Holz</strong> zu, wovon<br />
aber nur 60 bis 80 Mio. genutzt<br />
werden.<br />
Also alles bestens?<br />
Nein! Nachhaltigkeit ist nichts<br />
Statisches, sondern immer ein<br />
dynamischer Kompromiss, damit<br />
man die drei tragenden Säulen<br />
– Ökonomie, Ökologie, Soziales<br />
– nach den berechtigten<br />
Interessen des Eigentümers und<br />
den standortlichen Vorgaben<br />
entsprechend austarieren kann.<br />
Dafür gibt es keine Standardrezepte.<br />
Wenn es nun durch externe<br />
Partikularinteressen zu einer<br />
Verschiebung dieses Gleichgewichtes<br />
kommt, kann das Dach<br />
sehr leicht einstürzen. Wir merken<br />
das in vielen Bereichen: sei<br />
es durch eine übereifrige Naturschutzindustrie<br />
oder durch unrealistische<br />
Forderungen unaufgeklärter<br />
Bevölkerungsgruppen.<br />
Das Ergebnis wird allerdings allen<br />
zum Schaden gereichen!<br />
Wie sieht denn die Baumartenverteilung<br />
momentan aus?<br />
Als Reaktion auf die früher teils<br />
staatlich angeordneten Fichtenmonokulturen<br />
wurden die letzten<br />
Jahrzehnte – Gott sei Dank – wieder<br />
viele Laubbäume gepflanzt.<br />
Allerdings nach deutscher Manie<br />
erneut im Übermaß. Heute<br />
haben wir einen Laubholzanteil<br />
von 43 Prozent, bei der Jungbestockung<br />
von 71 Prozent. Der<br />
<strong>Holz</strong>bau wie auch die gesamte<br />
<strong>Holz</strong>industrie ist jedoch zu über<br />
90 Prozent auf Nadelholz ausgerichtet.<br />
Deshalb brauchen wir<br />
einen ausreichenden Bestand<br />
an Nadelbäumen, sonst herrscht<br />
bald ein gravierender Engpass.<br />
Eine Verlagerung der Produktion<br />
ins Ausland wäre alles andere<br />
als verantwortungsvoll – geschweige<br />
denn nachhaltig.<br />
„Die Stahl-, Beton- und Ölbranche lachen sich tot,<br />
wenn sie sehen, wie kleinkariert wir agieren.“<br />
Marketingkampagne<br />
Stahl bläst zum Gegenangriff<br />
Wer Anfang des Jahres in München die „BAU 2013“ besuchte,<br />
den begleiteten auf dem Fußmarsch zum Messeeingang<br />
auffällige Plakate mit Slogans wie „Klimaschutz beginnt<br />
mit Stahl“. Die Stahlbranche überlässt dem <strong>Holz</strong>bau also<br />
nicht kampflos Märkte, sondern bläst zum Gegenangriff und<br />
nimmt mangels ausreichender Großprojekte nun auch kleinere<br />
Bauaufgaben ins Visier. Die Plakate sind Teil einer aufwendigen<br />
Kampagne, die die „Wirtschaftsvereinigung Stahl“ Ende 2011 ins<br />
Leben rief. Auch wenn die vorgebrachten Argumente wohl fast<br />
alle einer kritischen Betrachtung nicht standhalten, wird die<br />
Kampagne Wirkung entfalten. Eine verstärkte Aufklärungsarbeit<br />
der <strong>Holz</strong>baubranche ist notwendiger denn je.<br />
<br />
www.zukunft-beginnt-mit-stahl.de<br />
6<br />
mikado 3.2013