Holz atmet Großstadtluft - Mikado
Holz atmet Großstadtluft - Mikado
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P 1<br />
Thema des Monats Wohnungsbau<br />
Kritischer Kommentar<br />
Mehr offene Fragen als Antworten<br />
Kann etwas schiefgehen, wenn das Bundesbauministerium einen international<br />
renommierten Stararchitekten und Nachhaltigkeitsexperten damit beauftragt,<br />
ein Gebäude zu errichten, das den Weg in die Zukunft weisen soll? Ja, ziemlich viel.<br />
Dass ein international tätiger und<br />
bekannter Hightecharchitekt<br />
wie Werner Sobek ein solches bundesweit<br />
publiziertes Vorzeigeprojekt<br />
mit Signalwirkung in <strong>Holz</strong>rahmenbauweise<br />
realisiert, ist eine kleine<br />
Sensation und beste Werbung für den<br />
modernen <strong>Holz</strong>bau. Etwas inkonsequent<br />
und schade ist allerdings, dass<br />
das <strong>Holz</strong> nicht zu sehen ist. Seine<br />
natürliche Anmutung widerspricht<br />
offensichtlich zu sehr der kühl-technoiden<br />
Perfektion, die Sobek in all<br />
seinen Bauwerken anstrebt, und wurde<br />
deshalb komplett versteckt. Das ist<br />
aber nicht das Einzige, was an diesem<br />
Projekt fragwürdig scheint.<br />
Photovoltaik macht<br />
Energiekonzept ineffizient<br />
Die totale Fokussierung auf die<br />
Stromerzeugung und der Verzicht auf<br />
Sonnenkollektoren machen das Energiekonzept<br />
des „Effizienzhauses“ ineffizient.<br />
Effizienter wäre es, Wärme<br />
für Wärmeanwendungen und Strom<br />
für Stromanwendungen zu nutzen.<br />
Hier wird Wärme jedoch mit Strom<br />
erzeugt, was zwangsläufig dazu<br />
führt, dass der Strombedarf relativ<br />
hoch ist: Er liegt zwischen 9000 und<br />
10 000 kWh/a und ist damit vier- bis<br />
fünfmal so hoch wie der vergleichbarer<br />
Projekte, die die Sonnenenergie<br />
▴▴„Hier ist<br />
die Zukunft des<br />
Bauens!“<br />
signalisiert die<br />
Schauseite.<br />
Bei nüchterner<br />
Betrachtung<br />
ist das eine fragwürdige<br />
Behauptung<br />
Ulrich Schwarz / BMVBS<br />
direkt für das Warmwasser nutzen –<br />
ohne den Umweg Strom.<br />
Da der Strombedarf so ungewöhnlich<br />
hoch ist, reicht die in den Batterien<br />
gespeicherte Strommenge nur<br />
für zwei Tage. Das ist recht kurz –<br />
vor allem angesichts der Stromabhängigkeit<br />
des Gebäudes. Zwar ist<br />
die Speicherkapazität ein einfaches<br />
technisches Problem, das sich durch<br />
eine Vervielfachung der eingesetzten<br />
Batterien lösen ließe, doch das wäre<br />
zum einen teuer und zum anderen ist<br />
der prognostizierte Stromüberschuss<br />
des Gebäudes eher gering.<br />
Dass der Stromüberschuss relativ<br />
klein ist, liegt zum einen am hohen<br />
Verbrauch durch die ausschließlich<br />
auf Strom setzende Haustechnik und<br />
zwei Elektroautos, zum anderen an<br />
der für die Solarenergienutzung eher<br />
ungünstigen Gebäudeform. Um die<br />
Sonne optimal nutzen zu können,<br />
sollten Photovoltaikanlagen nach<br />
Süden orientiert und geneigt sein –<br />
wobei die ideale Neigung in Berlin<br />
bei 35 Grad liegt. Das ist bei einem<br />
Steildach kein Problem, beim „Effizienzhaus<br />
Plus“ aber schon, denn es<br />
besitzt ein Flachdach.<br />
Futuristisch auszusehen und tatsächlich<br />
zukunftsfähig zu sein sind<br />
eben zwei völlig verschiedene Dinge –<br />
und in diesem Konflikt hat sich der<br />
Ästhet Sobek gegenüber dem Bauingenieur<br />
Sobek durchgesetzt. So ist<br />
das Gebäude paradox: Es setzt beim<br />
Ziel „Energieeffizienz“ voll auf moderne<br />
Technik, da es die Technik aber<br />
auch zum ästhetischen Leitmotiv erhebt<br />
– auf Neudeutsch: „spacig aussehen<br />
möchte“ –, verliert die Technik<br />
selbst an Effizienz.<br />
Es bleibt weitgehend unklar, was<br />
das Bundesbauministerium mit dem<br />
18 mikado 3.2013