2012-3 - Lehrstuhl Metallische Werkstoffe, Universität Bayreuth
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Die Wärmebehandlung<br />
metallischer <strong>Werkstoffe</strong><br />
Sommersemester <strong>2012</strong><br />
Dr. Dieter Müller<br />
RENK AG, Augsburg<br />
18. Juni 2011<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 1<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Block 3<br />
Glühverfahren<br />
Spannungsarmglühen<br />
Rekristallisationsglühen<br />
Weichglühen<br />
Normalglühen<br />
Martensitisches Härten<br />
Prozessparameter<br />
Härtbarkeit<br />
Anlassen<br />
Prozessparameter beim martensitischen Härten<br />
Bainitisches Härten / Zwischenstufenvergüten<br />
ZTA- und ZTU-Diagramme<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 2<br />
Dr. Dieter Müller<br />
1
Dr. Dieter Müller<br />
Übersicht Wärmebehandlungsverfahren<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 4<br />
Dr. Dieter Müller<br />
2
Temperaturbereiche Wärmebehandlung<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 5<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Temperaturbereiche Wärmebehandlung<br />
von Stahl<br />
Temperatur °C<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
1<br />
2<br />
1: Grobkornglühen<br />
2: Normalglühen<br />
3: Weichglühen<br />
4: Spannungsarmglühen<br />
700<br />
3<br />
600<br />
4<br />
500<br />
400<br />
300<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
Kohlenstoffgehalt Gew.%<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 6<br />
Dr. Dieter Müller<br />
3
Dr. Dieter Müller<br />
Spannungsarmglühen<br />
Spannungsarmglühen (DIN EN 10052:1993)<br />
Wärmebehandlung bestehend aus Erwärmen und Halten bei ausreichend hoher Temperatur<br />
und anschließendem zweckentsprechenden Abkühlen, um innere Spannungen ohne<br />
wesentliche Änderung des Gefüges weitgehend abzubauen.<br />
• Ziel:<br />
Reduzierung von Eigenspannungen<br />
Verbesserung der Maßhaltigkeit während der weiteren Verarbeitung / Wärmebehandlung<br />
• Ablauf<br />
- Erwärmen auf eine entsprechende Temperatur<br />
unlegierte Stähle: 550 - 650°C<br />
hochlegierte Stähle: ca. 850°C<br />
- Halten auf Temperatur<br />
- Abkühlung entsprechend Querschnitt<br />
• Anlagen:<br />
Luftumwälzofen (Oxidation!), Schutzgasöfen<br />
• Fehlermöglichkeiten:<br />
Temperatur zu niedrig (unzureichender Spannungsabbau)<br />
Haltezeit zu lang (starke Oxidation)<br />
Abkühlung zu schnell (Bildung thermischer Eigenspannungen)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 8<br />
Dr. Dieter Müller<br />
4
Spannungsarmglühen<br />
Ursachen von Eigenspannungen<br />
Thermische Eigenspannungen<br />
aufgrund Ausdehnungskoeffizient und unterschiedlicher<br />
Abkühlung Rand-Kern (z.B. Abkühlung nach<br />
Warmumformung, lokale Erwärmung, Schweißen)<br />
Metallurgische Eigenspannungen<br />
aufgrund Phasenumwandlung (z.B. Martensitbildung)<br />
Mechanische Eigenspannung<br />
aufgrund Kaltumformung, Zerspanung<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 9<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Spannungsarmglühen<br />
1200<br />
°C<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Spannungsarmglühen<br />
Austenitisieren<br />
Abschrecken<br />
Abkühlen<br />
Anlassen<br />
Zeit<br />
Grobzerspanung<br />
Feinzerspanung bis<br />
Schleifaufmaß<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 10<br />
Dr. Dieter Müller<br />
5
Spannungsarmglühen<br />
Tangentiale Resteigenspannungen<br />
(MPa)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
Mittlere Abkühlgeschwindigkeit bis 400°C (°C/h)<br />
Tangentiale Resteigenspannungen in Abhängigkeit von Durchmesser und Abkühlungsgeschwindigkeit<br />
(CrMoNiV-Stähle)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 11<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Dr. Dieter Müller<br />
6
Rekristallisationsglühen<br />
Rekristallisationsglühen (DIN EN 10052:1993)<br />
Wärmebehandlung mit dem Ziel, durch Keimbildung und Wachstum ohne<br />
Phasenänderung eine Kornneubildung in einem kaltumgeformten Werkstück zu erreichen.<br />
• Ziel:<br />
Gefügeneubildung zur Verbesserung der Umformbarkeit<br />
• Ablauf:<br />
- Erwärmen auf Rekristallisationstemperatur (ca. 0,4 T S )<br />
- Halten auf Temperatur<br />
- Abkühlung<br />
• Anlagen:<br />
Schutzgasöfen, Vakuumöfen<br />
• Fehlermöglichkeiten:<br />
Temperatur zu niedrig (unzureichender Gefügeneubildung)<br />
Haltezeit zu kurz (dto.)<br />
Umwandlungstemperatur überschritten<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 13<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Rekristallisationsglühen<br />
Kaltverformung<br />
Rekristallisation<br />
Zugfestigkeit<br />
Zähigkeit<br />
Zugfestigkeit<br />
Zähigkeit<br />
Verformbarkeit<br />
Verformungsgrad<br />
Zugfestigkeit<br />
Zähigkeit<br />
Verformbarkeit<br />
Glühtemperatur<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 14<br />
Dr. Dieter Müller<br />
7
Rekristallisationsglühen<br />
Rekristallisation durch Keimbildung und Keimwachstum<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 15<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Rekristallisationstemperatur<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 16<br />
Dr. Dieter Müller<br />
8
Rekristallisationsdiagramm<br />
Zusammenhang Verformungsgrad Korngröße<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 17<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Dr. Dieter Müller<br />
9
Weichglühen<br />
Weichglühen (DIN EN 10052:1993)<br />
Wärmebehandlung zum Vermindern der Härte eines <strong>Werkstoffe</strong>s auf einen vorgegebenen Wert.<br />
Glühen auf kugelige Carbide (Zementit) / GKZ-Glühen (DIN EN 10052:1993)<br />
Glühen mit dem Ziel einer Einformung der Carbide. Es umfaßt im allgemeinen ein längeres<br />
Halten auf einer Temperatur bei Ac1, ggf. ein Pendeln um diese Temperatur.<br />
• Ziel:<br />
Karbideinformung zur Verbesserung der Zerspanbarkeit bzw. Kaltumformbarkeit<br />
• Ablauf:<br />
- Erwärmen unter Ac1<br />
- längeres Halten auf Temperatur bzw. Pendeln um Ac1<br />
- Abkühlung<br />
• Anlagen:<br />
Schutzgasöfen, Vakuumöfen<br />
• Fehlermöglichkeiten:<br />
Temperatur zu niedrig (unzureichende Carbideinformung)<br />
Haltezeit zu kurz (dto.)<br />
Umwandlungstemperatur überschritten und Abkühlung zu schnell - Perlitbildung<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 19<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Weichglühen<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 20<br />
Dr. Dieter Müller<br />
10
Weichglühen<br />
C10 C45 C100 Gefügezustand<br />
N<br />
GKZ-N<br />
GKZ-H<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 21<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Weichglühen<br />
Richtreihe 1 (0%)<br />
Richtreihe 3 (20%)<br />
Richtreihe 5 (60%)<br />
Richtreihe 2 (8%)<br />
Richtreihe 4 (35%)<br />
Richtreihe 6 (80%)<br />
Werksinterne (Buderus Edelstahl) Richtreihe für das GKZ-Glühen von 100Cr6;<br />
Prozentangaben für Anteil an lamellaren Perlit<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 22<br />
Dr. Dieter Müller<br />
11
Weichglühen - Carbideinformung<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 23<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Temperaturzyklus GKZ-GlühenGlühen<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 24<br />
Dr. Dieter Müller<br />
12
Normalglühen<br />
Normalglühen (DIN EN 10052:1993)<br />
Wärmebehandlung, bestehend aus Austenitisieren und anschließendem Abkühlen an<br />
ruhender Luft<br />
• Ziel:<br />
Verbesserung der mechanischen Eigenschaften durch Gefügeneubildung und<br />
Kornfeinung<br />
• Ablauf:<br />
- Erwärmen über Umwandlungstemperatur<br />
(über Ac 3 für untereutektoide, über Ac 1 für übereutektoide Stähle)<br />
- Halten auf Temperatur<br />
- Abkühlung<br />
• Anlagen:<br />
Schutzgasöfen, Vakuumöfen<br />
• Fehlermöglichkeiten:<br />
Temperatur zu niedrig (unzureichender Gefügeneubildung)<br />
Haltezeit zu kurz (dto.)<br />
Abkühlung zu schroff (Zwischenstufengefüge)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 25<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Normalglühen<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 26<br />
Dr. Dieter Müller<br />
13
Normalglühen<br />
Gefüge eines Baustahls vor und nach dem Normalglühen<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 27<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Normalglühen - Kornfeinung<br />
Gefüge eines Vergütungsstahls – Normalgeglüht nach DB-Vorschrift<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 28<br />
Dr. Dieter Müller<br />
14
Glühen - Sonderverfahren<br />
- BG-Glühen (Besonderes Gefüge):<br />
auch FP-Glühen (Ferrit-Perlit)<br />
Normalglühen bei 900-1000°C mit anschließender geregelter Abkühlung;<br />
Wärmebehandlung nach Warmumformung<br />
- BF-Glühen (Besondere Festigkeit):<br />
Wärmebehandlung bei 850-950°C mit anschließendem Abkühlen und folgendem<br />
Anlassen bei 500-550°C (Vergüten)<br />
- BY-Glühen:<br />
Kontrolliertes Abkühlen aus der Schmiedehitze<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 29<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Normalglühen - Sonderverfahren<br />
Sonderverfahren: magnetisches Schlussglühen<br />
- Kaltumformung führt zu Erhöhung der Koerzitivfeldstärke<br />
- Gefügeneubildung führt zu „definierter“ Koerzitivfeldstärke<br />
- Elektronische Bauteile/Gehäuse<br />
Hysteresekurven:<br />
kaltumgeformt<br />
geglüht<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 30<br />
Dr. Dieter Müller<br />
15
Dr. Dieter Müller<br />
Historische Härteanweisung<br />
n.n., 1532 bei Peter Jordan in Mainz gedruckt:<br />
Von Stahel und Eysen<br />
Erstlich wie man Eysen härten und wieder weich machen<br />
soll.<br />
Nimm Eisenkraut, sowohl die Stengel als auch die Blätter<br />
Zerstampfe es und presse den Saft durch ein Tuch, tue den Saft<br />
in ein Glas und hebe es auf<br />
Wenn Du dann Härten willst, so tue auch soviel Harn eines<br />
Mannes dazu als Saft vorhanden ist<br />
Tue ferner Saft von den Würmern dazu, die man Egerlinge nennt<br />
Lass dann das Eisen nicht gar zu heiß werden<br />
Sondern nur bis es eine ausreichende Hitze hat …<br />
Die Härte des Eisens zu beseitigen<br />
Lasse Menschenblut abstehen, bis Wasser darauf steht<br />
Dieses Wasser wird abgesiebt und aufbewahrt<br />
Danach halte die gehärteten Waffen ins Feuer<br />
Bis dass sie heiß werde<br />
Dann streiche das Blutwasser mit einer Feder auf<br />
Wenn das Wasser verdampft ist, so werden sie weich…<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 32<br />
Dr. Dieter Müller<br />
16
Begriffe der Wärmebehandlung (EN 10052)<br />
Härten<br />
• Härten<br />
Wärmebehandlung bestehend aus Austenitisieren und Abkühlen unter solchen<br />
Bedingungen, dass eine Härtezunahme durch mehr oder weniger vollständige Umwandlung<br />
des Austenits in Martensit und ggf. Bainit erfolgt.<br />
• Austenitisieren<br />
Wärmebehandlungsschritt, in dessen Verlauf das Werkstück auf eine Temperatur gebracht<br />
wird, bei der die Matrix austenitisch wird.<br />
• Abschrecken<br />
Wärmebehandlungsschritt, bei dem Werkstück mit größerer Geschwindigkeit als an ruhender<br />
Luft abgekühlt wird.<br />
• Abkühlungsgeschwindigkeit<br />
Sie gibt die Temperatur in Abhängigkeit von der Zeit während des Abkühlens an. Man<br />
unterscheidet:<br />
- die momentane Abkühlgeschwindigkeit bei einer bestimmten Temperatur<br />
- die mittlere Abkühlungsgeschwindigkeit in einem bestimmten Temperaturintervall<br />
• kritischer Abkühlverlauf<br />
Abkühlverlauf, bei dem eine vollständige Umwandlung (bei Vermeidung ungewünschten<br />
Gefüges) unter den vergleichsweise mildesten Abkühlbedingungen erreicht werden.<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 33<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Begriffe der Wärmebehandlung (EN 10052)<br />
Härten<br />
• Bainitisieren; isothermes Umwandeln in der Bainitstufe;<br />
Zwischenstufenvergüten<br />
Wärmebehandlung, bestehend aus Austenitisieren und anschließendem gestuften<br />
Abschrecken auf eine Temperatur oberhalb M S mit solcher Geschwindigkeit, dass jegliche<br />
Bildung von Ferrit oder Perlit vermieden wird, und Halten auf dieser Temperatur, um den<br />
Austenit teilweise oder vollständig in Bainit umzuwandeln.<br />
• Anlassen<br />
Wärmebehandlung, die im allgemeinen nach einem Härten oder einer anderen<br />
Wärmebehandlung durchgeführt wird, um gewünschte Werte für bestimmte Eigenschaften<br />
zu erreichen.<br />
Sie besteht aus ein- oder mehrmaligem Erwärmen auf eine vorgegebene Temperatur (
Dr. Dieter Müller<br />
Härte von Martensit<br />
1000<br />
30<br />
Härte HV10<br />
800<br />
600<br />
400<br />
Härte HV10<br />
mit Resaustenit<br />
Bruchdehnung A5<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Bruchdehnung A5 (%)<br />
200<br />
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4<br />
Massengehalt C (%)<br />
0<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 36<br />
Dr. Dieter Müller<br />
18
Bedingungen für die Martensitbildung<br />
Abkühlgeschwindigkeit schneller als kritischer Abkühlverlauf (v krit. )<br />
Temperatur kleiner als Martensitstarttemperatur (M S ).<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
Kritische<br />
Abkühlgeschwindigkeit<br />
500<br />
400<br />
300<br />
Ms / Mf Temperatur<br />
(K/s)<br />
Ms<br />
800<br />
200<br />
600<br />
≈<br />
100<br />
400<br />
Mf<br />
≈<br />
0<br />
200<br />
0 0,4 0,8 1,2<br />
-100<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8<br />
C- Gehalt (Gew. %)<br />
-200<br />
C- Gehalt (Gew. %)<br />
(°C)<br />
Empirische Formel zur Abschätzung der Martensitstarttemperatur:<br />
MS (1%) = 561 - 474 (%C) - 33 (%Mn) - 17 (%Cr) - 17 (%Ni) - 21 (%Mo) [°C]<br />
Mf (50%) = MS - 63°C<br />
Mf (95%) = MS - 272°C<br />
Mf (99%) = MS - 424°C<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 37<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Temperaturzyklus beim Härten<br />
1. Erwärmen (gestuft)<br />
2. Austenitisieren<br />
(spez. Härtetemperatur)<br />
3. Abschrecken<br />
so mild wie möglich, so schroff wie nötig<br />
4. Anlassen<br />
Quelle: Stahl-Informationszentrum<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 38<br />
Dr. Dieter Müller<br />
19
Das Austenitisieren<br />
Parameter<br />
Austenitisierungstemperatur:<br />
Ist werkstoffabhängig und kann entsprechenden Datenblättern entnommen<br />
werden. Prinzipiell steigt die Austenitisierungstemperatur mit<br />
zunehmenden Gehalt an Sonderkarbidbildnern, da die Karbide im Gefüge<br />
in Lösung gebracht werden müssen.<br />
Darf nicht zu hoch sein, da es sonst zu unerwünschter Kornvergröberung<br />
kommt (Überhitzung)<br />
Austenitisierungszeit:<br />
Muss lang genug sein, um homogenen Austenit zu bilden<br />
Darf insbesondere bei hohen Härtetemperaturen nicht zu lang sein, da es<br />
sonst zu einer unerwünschten Kornvergröberung kommt (Überzeitung)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 39<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Austenitisierungstemperaturen<br />
1600<br />
1: Unlegierte Stähle<br />
C45, C60, C100<br />
1400<br />
2: Niedrig legierte Vergütungsstähle<br />
42CrMo4, 50 CrV4, 30MnB4<br />
Temperatur in C<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
7<br />
4,5 6<br />
2<br />
3<br />
1<br />
3: Niedriglegierte Wälzlagerstähle<br />
100Cr6, 100CrMo6-7<br />
4: Hochlegierte Warmarbeitsstähle<br />
X38CrMoV5-1, X32CrMoV3-3<br />
5: Härtbare korrosionsbeständige Stähle<br />
X40Cr13, X39CrMo17-1, X105CrMo17<br />
6: Ledeburitische Kaltarbeitsstähle<br />
X210Cr12, X155CrVMo12-1<br />
600<br />
0 1 2 3<br />
Gew.% C<br />
7: Schnellarbeitsstähle, PM-Stähle<br />
HS6-5-2, HS6-5-2-5<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 40<br />
Dr. Dieter Müller<br />
20
Abschrecken - Abschreckmedien<br />
Abschreckmittel<br />
Gasförmige<br />
(bis 20 bar)<br />
• Luft<br />
• N 2<br />
• He<br />
• H 2<br />
Flüssige<br />
• Härteöle<br />
(Mineralöle,<br />
synthetische<br />
Öle)<br />
• Wässerige<br />
Lösungen<br />
(Polymerbäder)<br />
Bei RT feste<br />
• Metallschmelzen<br />
(Blei, Zinn)<br />
• Salzschmelzen<br />
(Nitritbasis)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 41<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Abschrecken - Dampfhautbildung<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 42<br />
Dr. Dieter Müller<br />
21
Abschrecken - Abschreckmedien<br />
3000<br />
Abschreckgeschwindigkeit (K/s)<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
10%ige<br />
Cyanidsalzlösung<br />
Leitungswasser<br />
legiertes Öl<br />
unlegiertes Öl<br />
Salzschmelze<br />
(Warmbad 210°C)<br />
0<br />
0 200 400 600 800<br />
Temperatur (°C)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 43<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Restaustenit<br />
Liegt die Martensitfinishtemperatur unterhalb Raumtemperatur, so bleibt<br />
im Gefüge nicht umgewandelter Austenit erhalten, welcher als Restaustenit<br />
bezeichnet wird.<br />
Dieser ist jedoch nicht stabil und kann im Laufe der Zeit in Martensit<br />
umwandeln, weswegen er in der Regel unerwünscht ist.<br />
Abhilfemaßnahmen:<br />
- Anlassen<br />
- Tiefkühlen unter M f<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 44<br />
Dr. Dieter Müller<br />
22
Erscheinungsformen des Martensit<br />
Lanzettenmartensit (LM)<br />
(Massiv-Martensit)<br />
gemischt<br />
Plattenmartensit (PM)<br />
(Nadel-Martensit)<br />
Restaustenit (RA)<br />
Habitusebene<br />
Ck15<br />
Ck45<br />
C70<br />
C160<br />
REM<br />
Temperatur in °C<br />
M s<br />
M f<br />
Volumenanteil in %<br />
LM<br />
PM<br />
RA<br />
Kohlenstoffgehalt in Ma.-%<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 45<br />
Kohlenstoffgehalt in Ma.-%<br />
STH/03-<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Gefügeausbildung von Martensit<br />
Nach dem Umklappen ins Martensitgitter hat der Kohlenstoff eine wesentlich höhere<br />
Diffusionsgeschwindigkeit als im Austenit. Aus diesem Grund scheiden sich noch während der<br />
Abkühlung bei den zuerst (bei hohen Temperaturen) gebildeten Martensitplatten feinste<br />
Karbidausscheidungen aus. Dadurch ätzen sie sich im Schliff dunkel an.<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 46<br />
Dr. Dieter Müller<br />
23
Dr. Dieter Müller<br />
Stirnabschreckversuch nach Jominy<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 48<br />
Dr. Dieter Müller<br />
24
Härteverlauf Jominy-Probe<br />
800<br />
A C3<br />
A C1<br />
A<br />
F<br />
600<br />
P<br />
Temperatur (°C)<br />
400<br />
M S<br />
M<br />
B<br />
200<br />
0<br />
800<br />
2 10 20 30 50<br />
Stirnabstand (mm)<br />
600<br />
Härte HV10<br />
400<br />
200<br />
0<br />
0,1 1 10 10 2 10 3 10 4 10 5<br />
Abkühldauer t 8/5 (s)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 49<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Stirnabschreckkurven<br />
70<br />
60<br />
C45E+H<br />
C45R+H<br />
70<br />
60<br />
42CrMo4+H<br />
42CrMo4+HH<br />
42CrMo4+HL<br />
42CrMoS4+H<br />
42CrMoS4+HH<br />
42CrMoS4+HL<br />
Härte (HRC)<br />
50<br />
40<br />
Härte (HRC)<br />
50<br />
40<br />
HH<br />
H<br />
30<br />
30<br />
HL<br />
20<br />
0 10 20 30<br />
Abstand von der Stirnfläche (mm)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 50<br />
H<br />
20<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Abstand von der Stirnfläche (mm)<br />
Dr. Dieter Müller<br />
DIN 10083 - Vergütungsstähle<br />
25
Härtbarkeit<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 51<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Durchhärtbarkeit<br />
70<br />
70<br />
60<br />
60<br />
50<br />
50<br />
40<br />
40<br />
30<br />
30<br />
20<br />
20<br />
10<br />
Durchmesser<br />
40 mm 200 mm 1000 mm<br />
10<br />
Werkstoff<br />
50 CrMo 4 41 Cr 4 Ck 45<br />
0<br />
100 75 50 25 0 25 50 75 100<br />
0<br />
20 15 10 5 0 5 10 15 20<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 52<br />
Dr. Dieter Müller<br />
26
Härtbarkeitsdiagramm<br />
0<br />
20<br />
40<br />
60<br />
64 HRC<br />
62 HRC<br />
60 HRC<br />
Salzbadabschreckung<br />
80<br />
100<br />
54 HRC<br />
Werkstückdurchmesser (mm)<br />
120<br />
140<br />
160<br />
180<br />
200<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Einhärtungstiefe (mm)<br />
1.2842<br />
90MnCrV8<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 53<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Härtbarkeitsdiagramme<br />
0<br />
0<br />
20<br />
40<br />
60<br />
64 HRC<br />
62 HRC<br />
60 HRC<br />
Salzbadabschreckung<br />
20<br />
40<br />
60<br />
Salzbadabschreckung<br />
80<br />
54 HRC<br />
80<br />
Werkstückdurchmesser (mm)<br />
100<br />
120<br />
140<br />
160<br />
180<br />
1.2842<br />
90MnCrV8<br />
200<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Einhärtungstiefe (mm)<br />
Werkstückdurchmesser (mm)<br />
100<br />
120<br />
140<br />
160<br />
180<br />
1.2436<br />
X210C12<br />
62 HRC<br />
60 HRC<br />
200<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Einhärtungstiefe (mm)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 54<br />
Dr. Dieter Müller<br />
27
Dr. Dieter Müller<br />
Anlassen<br />
C45<br />
Anlassen:<br />
• Mit steigender Temperatur sinkt Härte und<br />
Festigkeit<br />
• Bruchdehnung und Zähigkeit steigen<br />
• Die einzustellenden Werte richten sich nach<br />
den konstruktiven Anforderungen<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 56<br />
Dr. Dieter Müller<br />
28
Anlassversprödung<br />
2000<br />
70<br />
70<br />
R m<br />
40NiCrMo6<br />
1800<br />
60<br />
60<br />
Z<br />
0,2%-Dehngrenze R p0,2 und Zugfestigkeit Rm (MPa)<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
R p0,2<br />
Bereich der 300°C-Versprödung<br />
„Blauversprödung“ / Fe 3C-Bildung<br />
Bereich der Anlassversprödung<br />
erhöhter Gehalt an z.B. P, Sn,, As<br />
K<br />
A<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Bruchdehnung A und Brucheinschnürung Z (%)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Kerbschlagarbeit K / DVM-Probe (J)<br />
800<br />
10<br />
10<br />
600<br />
0<br />
0<br />
100 200 300 400 500 600 700<br />
Anlasstemperatur (°C)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 57<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Anlaßstufen gehärteten Stahls<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0 100 200 300 400 500 600<br />
Anlaßstufen:<br />
1. tetragonaler Martensit ➨ kubischer Martensit<br />
Ausscheidung von ε-Karbiden (Fe2C)<br />
> Volumenverringerung<br />
2. Ausscheidung von ε-Karbiden<br />
Restaustenit ➨ kubischer Martensit<br />
ε-Karbide ➨ Fe3C<br />
> Volumenverringerung<br />
3. kubischer Martensit ➨ Ferrit + Fe3C<br />
> Volumenverringerung<br />
4. Vergröberung der Karbide<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 58<br />
Dr. Dieter Müller<br />
29
Anlassdiagramme<br />
1.1730 – C45<br />
1.2311 – 40CrMnMo7<br />
1.2343 – X38CrMoV5-1<br />
1.3343 – HS-6-5-2<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 59<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Sekundärhärtemaximum<br />
Auswirkung der<br />
Austenitumwandlung<br />
Auswirkung von Karbidausscheidungen<br />
Karbidausscheidungen<br />
Härte<br />
Beobachtete Anlasskurve<br />
M 3 C<br />
↓<br />
M 7 C 3<br />
↓<br />
Auswirkung des Martensitzerfalls<br />
M 23 C 6<br />
Anlasstemperatur<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 60<br />
Dr. Dieter Müller<br />
30
Sekundärhärtemaximum<br />
60<br />
50<br />
Cr-Gehalt<br />
60<br />
50<br />
Mo-<br />
Gehalt<br />
Härte(HRC)<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Sekundärhärtemaximum<br />
12%<br />
4%<br />
2%<br />
0,5%<br />
0%<br />
Härte(HRC)<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Sekundärhärtemaximum<br />
5%<br />
2%<br />
0,5%<br />
0%<br />
0<br />
100 200 300 400 500 600 700 800<br />
Anlasstemperatur (°C)<br />
0<br />
100 200 300 400 500 600 700 800<br />
Anlasstemperatur (°C)<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 61<br />
Dr. Dieter Müller<br />
Ausscheidungen in Stählen<br />
Ausscheidung Struktur Matrix<br />
krz<br />
kfz<br />
Ausscheidung Struktur Matrix<br />
krz<br />
kfz<br />
Eisenverbindung mit interstitiellen Begleitern<br />
Intermetallische Verbindungen<br />
Fe-X >150°C >250°C<br />
Fe 2 C hex ε-Karbid +<br />
Fe 3 C orh Zementit + -<br />
Fe 16 N 2 trz α‘‘-Nitrid ++<br />
Fe 4 N kfz γ'-Nitrid + ++<br />
Metallverbindung mit interstitiellen Begleitern<br />
M-X >450°C >600°C<br />
MC kfz V, Nb, Ti + -<br />
M 2 C hex Mo, V +<br />
M-M >450°C >700°C<br />
NiAl krz B2-Phase ++<br />
Ni 3 Al kfz γ‘-Phase ++<br />
Ni 3 Ti hex η-Phase - -<br />
Fe 7 (Mo,W) 6 rh µ-Phase -<br />
Fe 2 (Mo,W) hex Laves-Phase - +<br />
FeCr tetr σ-Phase - -<br />
Fe 36 Cr 12 Mo 10 kKrz χ-Phase - -<br />
(Fe,Ni) 16 Ti 6 Si 7 kfz G-Phase +<br />
M 7 C 3 hex Cr - -<br />
M 23 C6 kfz Cr - +<br />
M 6 C kfz Mo, W - -<br />
- inkohärent<br />
+ teilkohärent<br />
++ kohärent<br />
MN kfz Cr +<br />
MN hex Al - -<br />
M 2 N hex Cr -<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 62<br />
Dr. Dieter Müller<br />
31
Dr. Dieter Müller<br />
Isothermes ZTU-Diagramm von 100Cr6<br />
Oberer Bainit<br />
Unterer Bainit<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 64<br />
Dr. Dieter Müller<br />
32
Eigenschaften – Zusammenfassung<br />
Vergleich zur Martensitbildung<br />
• Geringere Maß- und Formänderung<br />
• Keine Zugeigenspannungen in der Oberfläche<br />
• Bessere dynamische Eigenschaften<br />
• Höhere Zähigkeit bei gleicher Festigkeit<br />
• Geringere Rißempfindlichkeit<br />
Die Wärmebehandlung metallischer <strong>Werkstoffe</strong> Folie 65<br />
Dr. Dieter Müller<br />
33