Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) - Anwaltskanzlei Merz ...
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<strong>Das</strong> <strong>Arbeitnehmerüberlassungsgesetz</strong> (<strong>AÜG</strong>)<br />
Zur Person: Dieter <strong>Merz</strong><br />
Geboren wurde Dieter <strong>Merz</strong> 1957 in Ludwigsburg. Nach<br />
dem Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg<br />
und Mainz absolvierte er sein Referendariat im OLG<br />
Bezirk Koblenz. Von 1985 war er als Rechtsanwalt und<br />
späterer Partner einer großen Sozietät im Rhein-Main-<br />
Gebiet und später als verantwortlicher Partner in<br />
Dresden tätig.<br />
2002 fusionierte seine Kanzlei mit mehreren Dresdener<br />
Kanzleien. Im Jahr 2009 erfolgte seine Ausgliederung zur<br />
Kanzlei <strong>Merz</strong> in einer Bürogemeinschaft mit Herrn<br />
Rechtsanwalt Hans H.Abtmeyer.<br />
Dieter <strong>Merz</strong> ist Gründer von zahlreichen Organisationen, Verbänden und Vereinen und besitzt<br />
langjährige Erfahrung als Aufsichtsratsvorsitzender und Gemeinderat.<br />
1
Inhalt<br />
I. Einführung ....................................................................................................................................... 4<br />
II. Gründe einer Arbeitnehmerüberlassung ........................................................................................ 4<br />
III. Anwendbarkeit des <strong>AÜG</strong> .................................................................................................................. 5<br />
1. Begriff und Abgrenzung ........................................................................................................... 5<br />
a) Überlassung von Arbeitnehmern ......................................................................................... 5<br />
b) Gewerbsmäßigkeit ................................................................................................................ 5<br />
aa) selbständige Tätigkeit ......................................................................................................... 6<br />
bb) dauerhafte Tätigkeit ........................................................................................................... 6<br />
cc) Gewinnerzielungsabsicht .................................................................................................... 6<br />
2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich .................................................................................... 7<br />
a) Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft ........................................................................... 7<br />
b) Abordnung zu Arbeitsgemeinschaften mit grenzüberschreitendem Charakter ................ 7<br />
c) Konzernleihe, Vermeidung von Kurzarbeit und Joint-Venture-Fälle ................................ 8<br />
3. Einschränkungen im Baugewerbe ........................................................................................... 8<br />
IV. Die Beteiligten und ihre Rechtsbeziehungen zueinan-der ............................................................. 9<br />
1. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher ...................................... 9<br />
2. Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Verleiher ............................................................. 10<br />
3. <strong>Das</strong> Verhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ...................................................... 11<br />
V. Voraussetzungen legaler Arbeitnehmerüberlassung ................................................................... 111<br />
1. Erlaubnispflicht und Erlaubniserteilung .................................................................................... 11<br />
a) Zuständige Erlaubnisbehörde ................................................................................................ 12<br />
b) Antrag auf Erlaubniserteilung................................................................................................ 12<br />
c) Versagungsgründe .................................................................................................................. 12<br />
aa) Zuverlässigkeit des Antragstellers ......................................................................................... 13<br />
bb) Verbot der Schlechterstellung ................................................................................................ 13<br />
d) Rechtsschutz ........................................................................................................................... 13<br />
2
2. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht ....................................................................................... 13<br />
VI. Verstöße gegen das <strong>AÜG</strong> und Rechtsfolgen .................................................................................. 14<br />
1. Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis............................................................................ 14<br />
a) Ordnungswidrigkeiten und Straftaten............................................................................... 14<br />
b) Unwirksamkeit des Überlassungsvertrages .......................................................................15<br />
2. Schutz des Arbeitnehmers durch das Gebot der Gleichstellung („Equal-Pay“ .......................<br />
und „Equal-Treatment“)......................................................................................................... 16<br />
a) Arbeitsentgelt – Equal Pay ................................................................................................. 16<br />
b) sonstige wesentliche Arbeitsbedingungen – Equal Treatment ........................................ 16<br />
c) Vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers. .................................................................... 16<br />
d) Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit ....................................................................................... 16<br />
e) Ausnahmen .......................................................................................................................... 17<br />
aa) Tarifvertrag ........................................................................................................................ 17<br />
bb) Arbeitslose ......................................................................................................................... 17<br />
Wichtiger Hinweis:<br />
Der Inhalt ist nach besten Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel<br />
der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.<br />
3
I. EINFÜHRUNG<br />
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Anspruch auf die Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers nicht<br />
auf einen anderen übertragen (§ 613 S. 2 BGB). Verpflichtet sich aber ein Arbeitnehmer, auch nach der<br />
Weisung eines anderen Arbeitgebers zu arbeiten und wird zu diesem Zweck einem<br />
Fremdunternehmen gewerbsmäßig überlassen, statuiert das Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen<br />
Arbeitnehmerüberlassung (<strong>AÜG</strong>) Voraussetzungen und Grenzen einer derartigen „Leiharbeit“<br />
(geläufig sind auch die Bezeichnungen „Zeitarbeit“ und „Personalleasing“).<br />
Die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern war in Deutschland zunächst grundsätzlich<br />
untersagt. Hierin sah das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1967 einen Verstoß gegen die<br />
grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit. Hieran anknüpfend trat schließlich im Jahr 1972 das <strong>AÜG</strong><br />
in Kraft.<br />
Die Regelungen über die Arbeitnehmerüberlassung wurden auch unter dem Einfluss<br />
europarechtlicher Vorgaben bis dato fortschreitend dereguliert. So erlaubte das <strong>AÜG</strong> bis zum Jahr<br />
2003 eine Überlassung von höchstens 3 Monaten. Heute sind demgegenüber auch zeitlich<br />
unbegrenzte Überlassungen legalisiert. Gleichwohl ist gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung<br />
erlaubnispflichtig. Dazu kommen verschiedene arbeitsrechtliche und gewerbliche Vorschriften, die<br />
dem sozialen Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer Rechnung tragen. Die Leiharbeitnehmer sollen vor<br />
Ausbeutung geschützt werden, was insbesondere das Gebot der Gleichbezahlung nach § 9 Nr. 2 <strong>AÜG</strong><br />
(„equal-pay“) verdeutlicht.<br />
II. GRÜNDE EINER ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG<br />
Es gibt unterschiedliche Gründe, anstelle von Arbeitnehmern sog. „Leiharbeiter“ in seinem<br />
Unternehmen zu beschäftigen. Vor allem ist dies als Mittel der Organisations- und<br />
Personalkostensenkung interessant. So kann bei marktbedingten Personalengpässen, bei urlaubsoder<br />
krankheitsbedingten Ausfall von Stammarbeitern auf Leiharbeiter zurückgegriffen werden, ohne<br />
eigenes „Reservepersonal“ bereithalten zu müssen. Lässt sich eine derartige Aufstockung der<br />
Stammbelegschaft doch aufgrund der Kündigungsvorschriften (nach dem KSchG) und der<br />
Befristungsregelungen (TzBfG) nur ungleich schwer wieder abbauen, ist Leiharbeit eine echte<br />
Alternative. Zudem können sich die Arbeitnehmer im entleihenden Unternehmen bewähren, so dass<br />
die Dauer der Überlassung als Probezeit ohne entsprechenden Arbeitsvertrag nutzbar gemacht werden<br />
kann (Vermittlungsfunktion der Arbeitnehmerüberlassung) 1 . Folgerichtig erklärt das <strong>AÜG</strong> eine<br />
Vereinbarung für unwirksam, in welcher der entleihende Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer oder<br />
gegenüber dem Entleiher verbietet, dass die beiden letzteren nach der Zeit der Überlassung einen<br />
Arbeitsvertrag schließen.<br />
Schließlich erhält der überlassende Arbeitgeber eine entsprechende Überlassungsvergütung oder<br />
andere wirtschaftliche Vorteile.<br />
1 Hamann, JURA 2003, S. 361<br />
4
III. ANWENDBARKEIT DES <strong>AÜG</strong><br />
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 <strong>AÜG</strong> liegt eine Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn ein Arbeitgeber als Verleiher<br />
Ditten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen<br />
will.<br />
1. Begriff und Abgrenzung<br />
a) Überlassung von Arbeitnehmern<br />
Der Begriff des „Überlassens von Arbeitnehmern“ ist gesetzlich nicht definiert. Es ist erforderlich, dass<br />
der Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten eingegliedert ist und dessen arbeitsbezogenem<br />
Weisungs- bzw. Direktionsrecht unterliegt 2 .<br />
Es muss folglich eine Vereinbarung zwischen Ver- und Entleiher vorliegen, wonach der Arbeitnehmer<br />
im Betrieb des Entleihers nach dessen Weisungen tätig werden soll 3 . Diese Übertragung des<br />
personenbezogenen Weisungsrechts bewerkstelligt sodann die Abgrenzung zu anderen Formen<br />
fremdbestimmten Personaleinsatzes. So stellt es beispielsweise keine Überlassung dar, wenn<br />
Arbeitnehmer aufgrund einer werk- oder dienstvertraglichen Verpflichtung ihres Arbeitgebers im<br />
Betrieb eines Dritten tätig werden (BT-Drucks. VI/2303, S. 10).<br />
Entscheidend ist hier, dass das arbeitsbezogene Weisung- oder Direktionsrecht gegenüber dem<br />
Arbeitnehmer vollständig beim vertraglich verpflichteten Arbeitgeber verbleibt. Der Fremdbetrieb hat<br />
nur das objektbezogene Weisungsrecht hinsichtlich des geschuldeten Werkerfolgs bzw. des zu<br />
leistenden Dienstes. Der Arbeitnehmer wird hier als Erfüllungsgehilfe seines Arbeitgebers tätig.<br />
Ebenso liegt es bei der Tätigkeit von Subunternehmen, deren Arbeitnehmer weiterhin unter das<br />
Weisungsrecht des Subunternehmers fallen. Auch hier ist das <strong>AÜG</strong> nicht anwendbar.<br />
Zu beachten ist folgendes:<br />
Die rechtliche Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung vor dem Hintergrund des <strong>AÜG</strong> wird nicht<br />
durch die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung entscheiden. Allein der<br />
tatsächliche Geschäftsinhalt entscheidet darüber, ob eine erlaubnispflichtige<br />
Arbeitnehmerüberlassung und damit ein Überlassungsvertrag vorliegt. Die Vertragsschließenden<br />
können also das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des <strong>Arbeitnehmerüberlassungsgesetz</strong>es<br />
nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen, etwa<br />
indem sie den Vertrag als Werkvertrag deklarieren.<br />
b) Gewerbsmäßigkeit<br />
Nur die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung fällt unter das <strong>AÜG</strong>. Maßgeblich ist dabei der<br />
2 BAG, NZA 2005, 1199; Heikel in Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, Teil 6 D Rz. 1.<br />
3 Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 56.<br />
5
gewerberechtliche Begriff der Gewerbsmäßigkeit 4 . Darunter fällt jede nicht nur gelegentliche, sondern<br />
auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher<br />
Vorteile gerichtete selbständige Tätigkeit.<br />
aa) selbständige Tätigkeit<br />
<strong>Das</strong> Überlassen von Arbeitnehmern muss als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Dies tut, wer im<br />
eigenen Namen und in der Regel auf eigene Rechnung bei Übernahme des Unternehmensrisikos<br />
persönlich und sachlich unabhängig tätig wird. Ein Arbeitskräfteverleih aus abhängiger Stellung ist<br />
nach dem Wortlaut daher nicht ausreichend.<br />
Allerdings ist hier an Umgehungen und Rechtsformmissbräuche zu denken, insbesondere an das<br />
Problem der Scheinselbständigkeit.<br />
bb) dauerhafte Tätigkeit<br />
Da die Arbeitnehmerüberlassung dauerhaft ausgestaltet sein muss, fällt eine einmalige Überlassung<br />
nicht unter das <strong>AÜG</strong>. Allerdings – und das ist zu beachten – ist es für die Bejahung des Merkmals<br />
dauerhafter Tätigkeit ausreichend, wenn die erstmalige Arbeitnehmerüberlassung in<br />
Wiederholungsabsicht erfolgt 5 .<br />
cc) Gewinnerzielungsabsicht<br />
Der Entleiher muss mit einer Gewinnerzielungsabsicht handeln. Hierfür ist jeder unmittelbare oder<br />
gar mittelbare wirtschaftliche Vorteil ausreichend. So führt die kostendeckende Bezahlung der<br />
Überlassung oder gar die Absicht, die Geschäftsbeziehungen zum Entleiher zu pflegen, bereits zu einer<br />
entsprechenden Gewinnerzielungsabsicht 6 . Lediglich wenn die Tätigkeit gemeinnützigen oder<br />
karitativen Zwecken dient, fehlt die Gewinnerzielungsabsicht. Zudem vertritt das Bundesarbeitsgericht<br />
den Standpunkt, dass es nicht ausreichend ist, wenn Arbeitnehmer nur zum Ausgleich oder gar zur<br />
Minderung eigener fixer Personalkosten überlassen werden 7 .<br />
Im Ergebnis ist der Begriff der Gewerbsmäßigkeit sehr umfassend, so dass Arbeitnehmerüberlassung<br />
in Deutschland praktisch stets gewerbsmäßig ist 8 . Betroffen sind also nicht lediglich die als solche<br />
bekannten „Zeitarbeitsunternehmen“. Auch der einzelne Arbeitgeber muss die Vorgaben des <strong>AÜG</strong><br />
beachten, wenn er nur einmalig aber mit Wiederholungsabsicht einen seiner Arbeitnehmer einem<br />
Dritten überlässt und das auch nur zur Pflege seiner Geschäftsbeziehungen tut. Von der<br />
Anwendbarkeit des <strong>AÜG</strong> ist die Frage zu trennen, ob der Arbeitgeber im Verhältnis zu seinem<br />
Arbeitnehmer überhaupt berechtigt ist, diesen einem Dritten zu überlassen. Dazu später.<br />
4 Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 95.<br />
5 Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 98; Schüren in RdA 2007, 231, 233.<br />
6 Wass in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn.<br />
7 BAG v. 22.3.2000.<br />
8 So die Einschätzung von Schüren in RdA 2007, 231,233.<br />
6
2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich<br />
Mit einigen Ausnahmen findet das <strong>AÜG</strong> für begrifflich gegebene Fälle der Arbeitnehmerüberlassung<br />
keine Anwendung. Diese sind in § 1 <strong>AÜG</strong> niedergelegt.<br />
a) Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>Das</strong> <strong>AÜG</strong> findet nach § 1 Abs. 1 Satz 2 <strong>AÜG</strong> keine Anwendung, wenn Arbeitnehmer zu einer<br />
Arbeitsgemeinschaft (ARGE) abgeordnet werden. Diese Privilegierung geht auf Forderungen der<br />
Bauwirtschaft zurück 9 . Die wirtschaftlich sinnvolle Form der Zusammenarbeit in einer ARGE soll<br />
nicht erschwert werden. Denn grundsätzlich bedeutet die vorübergehende Abordnung von<br />
Arbeitnehmern zu einer Arbeitsgemeinschaft, dass das Weisungsrecht für diese Zeit vom Arbeitgeber<br />
auf die Arbeitsgemeinschaft als solche übergeht und damit im obigen Sinne eine Überlassung<br />
vorliegen würde.<br />
Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber Mitglied in der auf rechtsgeschäftlicher Grundlage<br />
beruhenden Arbeitsgemeinschaft ist. Da diese meist in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />
betrieben werden, muss der Arbeitgeber Gesellschafter dieser sein, so dass die Privilegierung nicht für<br />
reine Verleihunternehmen gilt. Zusätzlich müssen für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft<br />
Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges bestehen. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft müssen<br />
zudem zur selbstständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sein.<br />
b) Abordnung zu Arbeitsgemeinschaften mit grenzüberschreitendem Charakter<br />
Zunächst existiert in § 1 Abs. 1 Satz 3 <strong>AÜG</strong> eine Privilegierung für Arbeitgeber aus einem anderen<br />
Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums. Sind sie Mitglied einer in Deutschland tätigen<br />
Arbeitsgemeinschaft im obigen Sinne, gilt für sie nicht das Erfordernis tarifvertraglicher Bindung.<br />
Diese Privilegierung geht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2001 zurück, das<br />
die Vorgängerregelung mit der Europäischen Dienstleistungsfreiheit als unvereinbar ansah.<br />
<strong>Das</strong> <strong>AÜG</strong> folgt also dem Territorialprinzip und gilt damit nur für das Gebiet Bundesrepublik<br />
Deutschland. Erfasst wird demnach der Verleih in Deutschland, nach Deutschland hinein und aus<br />
Deutschland heraus.<br />
c) Konzernleihe, Vermeidung von Kurzarbeit und Joint-Venture-Fälle<br />
§ 1 Abs. 3 <strong>AÜG</strong> enthält drei weitere Fälle, in denen das <strong>AÜG</strong> nicht zur Anwendung kommt, obwohl<br />
begrifflich eine Überlassung gegeben ist. Von besonderer Bedeutung in der Praxis ist dabei die<br />
konzerninterne Überlassung von Arbeitnehmern nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 <strong>AÜG</strong>. Die Anwendbarkeit des<br />
<strong>AÜG</strong> wäre hier bloße „bürokratische Förmlichkeit“ 10 . Dies gilt allerdings dann nicht, wenn eigens<br />
gegründete konzerninterne Personalführungsgesellschaftern zum „Arbeitnehmerverleih“ gegründet<br />
werden.<br />
9 Vgl. Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 111.<br />
10 BT-Drucks. 10/3206, S. 33.<br />
7
§ 1 Abs. 3 Nr. 1 <strong>AÜG</strong> legalisiert die Überlassung zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges<br />
zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen. Allerdings muss ein Tarifvertrag dies<br />
entsprechend vorsehen. Die Regelung geht auf die insbesondere in der norddeutschen Werftindustrie<br />
weit verbreitete Praxis der sog. „Nachbarschaftshilfe“ zurück 11 .<br />
Schließlich soll in § 1 Abs. 3 Nr. 3 <strong>AÜG</strong> internationale Joint-Ventures erleichtern. Bei Bestehen einer<br />
zwischenstaatlichen Vereinbarung unterliegt der Verleih ins Ausland an deutsch-ausländische<br />
Unternehmen, an welchem der Verleiher beteiligt ist, nicht dem <strong>AÜG</strong>.<br />
Als Beispiel für eine bestehende zwischenstaatliche Vereinbarung sei hier der deutsch-chinesische<br />
Investitionsförderungs- und Investitionsschutzvertrag vom 07.10.1983 genannt.<br />
3. Einschränkungen im Baugewerbe<br />
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes ist nach § 1b <strong>AÜG</strong><br />
grundsätzlich unzulässig. Es handelt sich um ein gesetzliches Verbot. Gleichwohl abgeschlossene<br />
Verträge zur Überlassung sind unheilbar nichtig, Zuwiderhandlungen werden mit einer Geldbuße bis<br />
zu 25.000,00 € geahndet.<br />
Ein Betrieb des Baugewerbes ist ein Betrieb, der gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringt also<br />
solche Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung<br />
von Bauwerken dienen (§211 Abs. 1 SGB III).<br />
Zudem wird der Kreis der Betriebe des Baugewerbes durch die Baubetriebe-Verordnung festgelegt 12 .<br />
Der entleihende Betrieb muss ein solcher des Baugewerbes sein.<br />
<strong>Das</strong> Verbot verfolgt arbeitsmarktpolitische Ziele. Es sollen ein Abbau der Normalbeschäftigung auf<br />
dem „Bau“ verhindert und soziale Missstände im Baugewerbe unterbunden werden 13 . <strong>Das</strong> Verbot<br />
greift nur im Falle gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung. Andere Fremdpersonaleinsätze sind<br />
zulässig (Subunternehmen, Erfüllung von Werk- und Dienstverträgen, dazu bereits oben).<br />
Zudem gilt das Verbot nur hinsichtlich solcher Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern ausgeführt<br />
werden. Nicht prinzipiell untersagt ist daher beispielsweise die Überlassung von Büroangestellten.<br />
Auch die Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft (siehe oben) bleibt zulässig. Ausnahmen bestehen<br />
zudem, wenn entsprechende Tarifverträge dies bestimmen und für Baubetriebe aus einem anderen<br />
Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes.<br />
Für die grenzüberschreitende Erbringung von Bauleistungen ist zudem das Arbeitnehmer-<br />
Entsendegesetz (AEntG) zu beachten, welches dem in der Baubranche verbreiteten Lohn-Dumping<br />
vorbeugen soll.<br />
11 Vgl. Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 157<br />
12 Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1b Rn. 17.<br />
13 Vgl. Waas in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 1b Rn. 6.<br />
8
IV. DIE BETEILIGTEN UND IHRE RECHTSBEZIEHUNGEN ZUEINANDER<br />
Arbeitnehmerüberlassung führt zu einem Dreiecksverhältnis zwischen dem überlassenden<br />
Arbeitgeber, dem Leiharbeiternehmer und dem entleihenden Dritten. Versetzungen zwischen<br />
verschiedenen Betriebsstätten eines Arbeitgebers fallen demnach nicht unter das <strong>AÜG</strong>.<br />
Arbeitgeber<br />
(Verleiher)<br />
Arbeitsvertrag<br />
Überlassungsvertrag<br />
Arbeitnehmer<br />
(Leiharbeitnehmer)<br />
Überlassung – kein vertragliches<br />
Verhältnis<br />
Entleiher<br />
(Arbeitgeber)<br />
1. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher<br />
Verleiher und Entleiher sind Arbeitgeber. Beide vereinbaren die Überlassung eines Arbeitnehmers aus<br />
dem Betrieb des Verleihers. Geschuldet wird also die Überlassung eines Arbeitnehmers, dessen<br />
Auswahl dem Verleiher obliegt. Der Verleiher wird verpflichtet, für die bestimmte Dauer einen für die<br />
zu leistende Arbeit befähigten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.<br />
Nicht geschuldet wird die Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers, so dass der verleihende Arbeitgeber<br />
nicht für die Schlechtleistung seines Leiharbeitnehmers haftet 14 . Dieser ist weder Erfüllung- noch<br />
Verrichtungsgehilfe des verleihenden Arbeitgebers. Wohl aber haftet der überlassende Arbeitgeber für<br />
sein Verschulden bei der Auswahl des zu überlassenden Arbeitnehmers, wenn dieser beispielsweise<br />
einen Schaden beim Entleiher anrichtet. Der Entleiher schuldet die vereinbarte<br />
Überlassungsvergütung. Meist handelt es sich um einen Stundenvergütungssatz.<br />
Dieser Arbeitnehmerüberlassungsvertrag kennt keine eigenständige Regelung. Es handelt sich um ein<br />
Vertragsverhältnis eigener Art in Form eines Dienstverschaffungsvertrages. Nach § 12 <strong>AÜG</strong> ist bei<br />
gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung die Schriftform erforderlich. Andernfalls tritt die<br />
Formnichtigkeit nach § 125 BGB ein. Zudem muss im Überlassungsvertrag erklärt werden, dass der<br />
Verleiher die erforderliche Erlaubnis besitzt. Wird diese entzogen, hat der Verleiher den Entleiher<br />
14 BAG NZA 1992, 1044<br />
9
hierüber unverzüglich zu unterrichten. Des Weiteren sind in der Urkunde die besonderen Merkmale<br />
der Tätigkeit für den Leiharbeitnehmer anzugeben und welche berufliche Qualifikation hierfür<br />
erforderlich ist.<br />
2. Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Verleiher<br />
Zwischen dem verleihenden Arbeitgeber und dem (Leih-) Arbeitnehmer besteht ein herkömmlicher<br />
Arbeitsvertrag. Leiharbeitnehmer kann also jedermann sein, der auf Grund eines privatrechtlichen<br />
Vertrages gegenüber einem anderen zur Leistung unselbständiger Dienste gegen Zahlung einer<br />
Vergütung verpflichtet ist. Entscheidend für den Begriff des Arbeitnehmers ist also dessen<br />
Weisungsgebundenheit bzw. persönliche Abhängigkeit.<br />
Die Leiharbeiternehmer bleiben Angehörige des entsendenden Betriebes (§ 14 Abs. 1 <strong>AÜG</strong>). Dieser<br />
Arbeitsvertrag kann verschiedenartig ausgestaltet sein. So kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer<br />
von vornherein als Leiharbeitnehmer einstellen (so bei Zeitarbeitsunternehmen). Hier verpflichtet sich<br />
der Arbeitnehmer gegen Vergütung zu seiner Arbeitsleistung im Betrieb eines Dritten.<br />
Der ursprüngliche Arbeitsvertrag kann auch nachträglich geändert werden bzw. mit entsprechenden<br />
Versetzungsklauseln versehen sein. Hier gilt es, die Zulässigkeit solcher Klauseln oder derartiger<br />
Versetzungen gesondert zu untersuchen. Die Bestimmung, ein Arbeitnehmer solle in einem<br />
Fremdunternehmen tätig werden, fällt regelmäßig nicht mehr unter das Direktionsrecht des<br />
Arbeitgebers 15 .<br />
Hat sich aber der Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag verpflichtet, auch Fremdfirmeneinsätze<br />
wahrzunehmen, kann der Arbeitgeber sein Direktionsrecht nach billigem Ermessen ausüben (§ 106<br />
Satz 3 GewO).<br />
Fehlt die Zustimmung im Arbeitsvertrag oder eine wirksame Versetzungsklausel (etwa eine<br />
Konzernversetzungsklausel), bedarf es einer zulässigen Änderungskündigung nach<br />
§ 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Ob sich diese als sinnvoll erweist, ist einzelfallabhängig.<br />
Angesichts einer begrenzten Überlassungszeit ist zu bedenken, dass die Kündigungsfrist einzuhalten<br />
ist und der Arbeitnehmer sich mit der Änderungskündigungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG zur<br />
Wehr setzen kann.<br />
Bei einer geplanten Tätigkeit im Ausland – etwa im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft oder eines<br />
Joint-Ventures – muss der Arbeitnehmer aber im Einzelfall zustimmen 16 . Auch Tarifverträge können<br />
eine Arbeitnehmerüberlassung regeln 17 .<br />
Zudem stellt § 11 <strong>AÜG</strong> weitere besondere Regeln bei legaler gewerbsmäßiger<br />
Arbeitnehmerüberlassung auf. So hat der Leiharbeitnehmer bestimmte Informationsrechte. Er kann<br />
ein Merkblatt der Erlaubnisbehörde zu den wesentlichen Inhalten des <strong>AÜG</strong> verlangen. Den<br />
15 Vgl. hierzu Hamann in Schüren/Hamann, <strong>AÜG</strong>; § 1 Rn. 582.<br />
16 Vgl. Hamann in Schüren/Hamann, <strong>AÜG</strong>, § 1 Rn. 582.<br />
17 Etwa im Baugewerbe: § 19 BRTV-Bau oder § 9 RTV-Poliere.<br />
10
verleihenden Arbeitgeber treffen besondere Nachweispflichten und auch Meldepflichten gegenüber<br />
der Erlaubnisbehörde.<br />
Es ist also wichtig, zwischen einerseits der Anwendbarkeit und den Voraussetzungen des <strong>AÜG</strong> und<br />
andererseits der arbeitsvertraglichen Zulässigkeit einer Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden.<br />
3. <strong>Das</strong> Verhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer<br />
Zwischen dem entliehenen Arbeitnehmer und dem entleihenden Arbeitgeber besteht hingegen keine<br />
vertragliche Rechtsbeziehung. Aus dem Überlassungsvertrag aber hat der entleihende Arbeitgeber<br />
gegenüber dem Leiharbeitnehmer einen eigenen Anspruch auf die zu erbringende Arbeitsleistung.<br />
Insofern spricht man von einem Vertrag zugunsten Dritter 18 . Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
zwischen den beiden Arbeitgebern vermittelt dem entleihenden Arbeitgeber unmittelbar das Recht,<br />
vom Leiharbeitnehmer die Arbeitsleistung zu verlangen.<br />
Mit dieser Hauptpflicht sind für den Leiharbeitnehmer auch Nebenpflichten gegenüber dem<br />
entleihenden Arbeitgeber verbunden. Der Leiharbeitnehmer hat sich also auch dem Entleiher<br />
gegenüber so zu verhalten, als stünde er in einem „herkömmlichen“ Arbeitsverhältnis. Anderenfalls<br />
kann er sich schadensersatzpflichtig machen.<br />
Zudem unterliegt der Leiharbeitnehmer dem arbeitsbezogenen Weisungsrecht des Entleihers. Der<br />
Umfang und die Ausübung des Weisungs- und Direktionsrechts unterliegen aber den Bindungen im<br />
Überlassungsvertrag. Zudem darf der Entleiher – wie herkömmlich – dieses Direktionsrecht nur nach<br />
billigem Ermessen ausüben.<br />
Der Entleiher hat keine Befugnis zur Kündigung des Leiharbeitnehmers. Er kann nur die<br />
Überlassung eines anderen Arbeiters vom Verleiher verlangen.<br />
V. VORAUSSETZUNGEN LEGALER ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG<br />
Eine ordnungsgemäße Arbeitnehmerüberlassung wird vom Gesetzgeber an verschiedenartige<br />
Voraussetzungen geknüpft. Bei diesbezüglichen Verstößen kennt das <strong>AÜG</strong> für die Beteiligten daher<br />
unterschiedlichste Rechtsfolgen und Sanktionen.<br />
1. Erlaubnispflicht und Erlaubniserteilung<br />
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ist nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich<br />
verboten, darf jedoch mit einer entsprechenden Erlaubnis ausgeübt werden. Man bezeichnet eine<br />
derartige Regelung als „präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Vor Erlaubniserteilung ist die<br />
Arbeitnehmerüberlassung – sofern keine Ausnahme besteht - nicht zulässig. Der Arbeitgeber, der<br />
seinen Arbeitnehmer verleiht, benötigt diese Erlaubnis.<br />
Die Erlaubnis kann befristet oder auch unbefristet erteilt werden. Zunächst wird die Erlaubnis auf 1<br />
18 <strong>Das</strong> ist zwar streitig, wohl aber dogmatisch am saubersten und einfachsten.<br />
11
Jahr befristet (§ 2 Abs. 4 <strong>AÜG</strong>). Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens 3 Monate vor Ablauf<br />
des Jahres zu stellen.<br />
Eine unbefristete Erlaubnis kommt erst dann in Betracht, wenn der verleihende Arbeitgeber 3 Jahre<br />
erlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt, also insbesondere 3 Jahre lange Inhaber einer befristeten<br />
Erlaubnis war.<br />
Zudem kann die Erlaubnis mit Auflagen und Bedingungen als auch mit einem Widerrufsvorbehalt<br />
verbunden werden.<br />
a) Zuständige Erlaubnisbehörde<br />
Zuständig für die Erteilung der Erlaubnis ist nach § 17 <strong>AÜG</strong> die Bundesagentur für Arbeit. Die<br />
Erlaubnis wird von der Regionaldirektion (Dienststellen der Bundesagentur) erteilt, in deren Bezirk<br />
der Antragsteller seinen Firmensitz hat, bzw. bei Antragstellern mit Sitz im Ausland von speziell<br />
zugeordneten Regionaldirektionen. Arbeitgeber mit Firmensitz in Sachsen (sowie aus Tschechien<br />
und der Slowakei) wenden sich an die<br />
Regionaldirektion Chemnitz,<br />
Paracelsusstraße 12<br />
09114 Chemnitz<br />
spezielle Email: Sachsen.ANUE@arbeitsagentur.de<br />
Telefon: 0371 / 9118 -331 oder - 334<br />
Telefax: 0371 / 9118 - 695<br />
b) Antrag auf Erlaubniserteilung<br />
Die Erlaubniserteilung richtet sich nach den §§ 2, 2a, 3 <strong>AÜG</strong>. Es besteht ein Anspruch des<br />
verleihenden Arbeitgebers auf die Erlaubnis (§ 2 Abs. 1 <strong>AÜG</strong>), soweit keine Versagungsgründe<br />
bestehen (§ 3 <strong>AÜG</strong>). Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Antragsformulare sind über die Internetseite<br />
der Bundesagentur für Arbeit [www. Bundesagentur/internetseite/Arbeitnehmerueberlassung-<br />
Nav.html] abrufbar.<br />
Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung und Verlängerung der Erlaubnis werden nach § 2a<br />
<strong>AÜG</strong> und der AÜKostV Kosten erhoben. Diese fallen dem Antragsteller zur Last. Derzeit betragen die<br />
Kosten<br />
» für die Erteilung oder Verlängerung einer befristeten Erlaubnis...................750 €<br />
» für die Erteilung einer unbefristeten Erlaubnis.........................................2.000 €.<br />
c) Versagungsgründe<br />
Ein Anspruch auf die Verleiherlaubnis besteht nicht, wenn Versagungsgründe nach § 3 <strong>AÜG</strong> vorliegen.<br />
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aa) Zuverlässigkeit des Antragstellers<br />
Der Antragsteller muss die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Dies ist nicht der Fall, wenn ihm<br />
nachgewiesen wird, dass er beispielsweise die Vorschriften über die Einbehaltung und Abführung der<br />
Lohnsteuer oder arbeitsschutzrechtliche Vorschriften nicht einhält.<br />
Zeigt sich in derartigen Fragen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, kann die Erlaubnis versagt<br />
werden.<br />
bb) Verbot der Schlechterstellung<br />
Äußerst wichtig ist die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern mit<br />
vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers. Ein Verstoß hiergegen führt neben der<br />
Erlaubnisversagung zu diversen Rechtsfolgen. Die Problematik soll daher später behandelt werden.<br />
d) Rechtsschutz<br />
Die Erlaubnis ist ein Verwaltungsakt. Wird sie nicht bzw. nicht im beantragten Umfang erteilt, kann<br />
der Antragsteller hiergegen Widerspruch bei der zuständigen Regionaldirektion der Bundesagentur<br />
einlegen (§§ 83, 84 Sozialgerichtsgesetz). Bleibt der Widerspruch erfolglos muss Klage vor dem<br />
Sozialgericht erhoben werden. Grundsätzlich haben Widerspruch und Klage aber keine aufschiebende<br />
Wirkung. Sie berechtigen den Antragsteller also nicht, Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis zu<br />
betreiben. Es besteht jedoch die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen.<br />
2. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht<br />
Es wurden bereits Konstellationen aufgezeigt, in denen die Arbeitnehmerüberlassung erlaubnisfrei ist,<br />
da das <strong>AÜG</strong> nicht zur Anwendung gelangt.<br />
Zudem benötigt nach § 1a <strong>AÜG</strong> ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten keine Erlaubnis,<br />
wenn er:<br />
» einen Arbeitnehmer bis zur Dauer von 12 Monaten überlässt und<br />
» diese Überlassung zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen dient.<br />
Es handelt sich hier um einen Fall der erlaubnisfreien Kollegenhilfe, der insbesondere für<br />
Kleinarbeitgeber interessant ist. Die Überlassung ist der Bundesagentur für Arbeit aber anzuzeigen.<br />
Unterbleibt die (ordnungsgemäße) Anzeige, droht ein Bußgeld bis zu 2.500,00 Euro.<br />
Entsprechende Vordrucke sind im Internet abrufbar. Zusammenfassend unterliegen folgende wichtige<br />
Sachverhalte also nicht der Erlaubnispflicht:<br />
» Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werks gebildeten<br />
Arbeitsgemeinschaft unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 <strong>AÜG</strong><br />
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» Überlassung von Arbeitnehmern im selben Wirtschaftszweig zur Vermeidung von Kurzarbeit<br />
oder Entlassungen aufgrund tarifvertraglicher Regelung unter den Voraussetzungen des § 1<br />
Abs. 3 Nr. 1 <strong>AÜG</strong><br />
» Vorübergehende konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung unter den Voraussetzungen des § 1<br />
Abs. 3 Nr. 2 <strong>AÜG</strong><br />
» Auslandsüberlassung an ein deutsch-ausländischen Gemeinschaftsunternehmen aufgrund<br />
zwischenstaatlicher Vereinbarungen unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 <strong>AÜG</strong> („<br />
internationales Joint-Venture“)<br />
» Kollegenhilfe unter Kleinarbeitgebern unter den Voraussetzungen nach § 1a <strong>AÜG</strong> (aber<br />
Anzeigepflicht!)<br />
Zudem sieht die Bundesagentur in ihrer Durchführungsanweisung für das <strong>AÜG</strong> (DA-<strong>AÜG</strong>) weitere<br />
Fälle vor, in denen eine anderweitige spezialgesetzliche Genehmigung die Erlaubnis nach dem <strong>AÜG</strong><br />
entbehrlich macht. Hier die wichtigsten:<br />
» Der Inhaber einer Genehmigung für den Güterverkehr bzw. einer Erlaubnis für den<br />
Güternahverkehr nach dem GüKG bedarf für die Beförderung von Gütern mit einem<br />
Kraftfahrzeug für andere keiner Erlaubnis nach dem <strong>AÜG</strong>, auch wenn diese Beförderung<br />
durch seine Arbeitnehmer vorgenommen wird und seine Arbeitnehmer bei der Beförderung<br />
Weisungen der anderen unterliegen.<br />
» Mietwagenunternehmen mit einer Genehmigung nach § 9 I Nr. 5 PBefG benötigen nach dem<br />
Personenbeförderungsgesetz für ihre Tätigkeit keine Erlaubnis nach dem <strong>AÜG</strong>, wenn sie<br />
Kraftwagen mit Fahrern vermieten.<br />
VI. VERSTÖßE GEGEN DAS <strong>AÜG</strong> UND RECHTSFOLGEN<br />
Bei Verstößen gegen die Vorschriften des <strong>AÜG</strong> hat sich die Bezeichnung „illegale<br />
Arbeitnehmerüberlassung“ eingebürgert. Dabei kann es zu erheblichen Rechtsfolgen kommen.<br />
Die illegale Arbeitnehmerüberlassung lässt sich schwerpunktmäßig kategorisieren in<br />
1. Überlassung ohne Erlaubnis,<br />
2. Verstoß gegen das Gebot der Gleichstellung von Leiharbeitnehmern mit sonstigen<br />
Arbeitnehmern des Entleihers.<br />
1. Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis<br />
a) Ordnungswidrigkeiten und Straftaten<br />
Überlässt ein Arbeitgeber einen seiner Arbeitnehmer ohne die erforderliche Verleiherlaubnis, droht<br />
ihm ein Bußgeld bis zu einem Betrag von 25.000 Euro. Gleiches gilt für den Verleiher, wenn er einen<br />
Leiharbeitnehmer bei sich tätig werden lässt, obwohl der Verleiher keine Erlaubnis besitzt. Dem<br />
Entleiher droht sogar eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro, wenn er einem ihn überlassenen<br />
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Ausländer ohne erforderlichen Aufenthaltstitel tätig werden lässt.<br />
Wird im letzteren Fall der ausländische Leiharbeitnehmer zudem auffällig ungleich behandelt, macht<br />
sich der Entleiher strafbar. Strafbar ist auch der Verleiher, wenn er einen „illegalen Ausländer“ einem<br />
Entleiher überlässt. Insbesondere die Bußgeldtatbestände haben in der Praxis eine große Bedeutung<br />
b) Unwirksamkeit des Überlassungsvertrages<br />
Hat der Verleiher nicht aktuell die erforderliche Erlaubnis, ist nach § 9 Nr. 1 <strong>AÜG</strong> der<br />
Überlassungsvertrag zwischen Ver- und Entleiher unwirksam. Alle Leistungspflichten entfallen mit<br />
sofortiger Wirkung.<br />
Bereits ausgetauschte Leistungen sind rückabzuwickeln. Ist der illegale Verleiher bösgläubig, kann er<br />
keinen Wertersatz für die Dienste seines Leiharbeitnehmers verlangen. Der Entleiher erhält seine<br />
gezahlte Überlassungsvergütung grundsätzlich zurück. Im Einzelfall ist der illegale Verleiher dem<br />
Entleiher auch schadenersatzpflichtig. Der nichtige Überlassungsvertrag wird nicht durch die spätere<br />
Erteilung der Erlaubnis geheilt, da die Genehmigung keine rückwirkende Kraft besitzt.<br />
Es muss ein neuer Vertrag geschlossen werden.c) Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen<br />
Verleiher und Leiharbeitnehmer<br />
Wird ohne Erlaubnis ein Arbeitnehmer verliehen, sieht das <strong>AÜG</strong> in § 9 Abs. 1 zudem die<br />
Unwirksamkeit des Vertrages zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer voraus.<br />
<strong>Das</strong> bedeutet, dass der „herkömmliche“ Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem<br />
Arbeitgeber, der ihn illegal überlässt, unheilbar nichtig ist 19 .<br />
Es stellt sich die Frage, was nun mit dem Arbeitnehmer „passiert“. <strong>Das</strong> <strong>AÜG</strong> verknüpft die<br />
Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags mit einer erheblichen Rechtsfolge. So entsteht nach § 10 Abs. 1 S. 1<br />
<strong>AÜG</strong> in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. Es wird also ein<br />
Arbeitsverhältnis unabhängig von der Kenntnis der Beteiligten fingiert.<br />
Fehlt die Erlaubnis von Anfang an, wird auch ab diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis fingiert.<br />
Entfällt die Erlaubnis später – etwas bei Befristung oder Aufhebung – besteht ab diesem jeweiligen<br />
Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis zum Entleiher. Dieses ist grundsätzlich unbefristet außer wenn eine<br />
sachlich gerechtfertigte Befristung auch schon zwischen entleihendem Arbeitgeber und<br />
Leiharbeitnehmer verabredet war.<br />
Der Arbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf den – mit dem Verleiher -<br />
vereinbarten Lohn und gegen seinen illegal verleihenden Arbeitgeber im Einzelfall Anspruch auf<br />
Schadenersatz.<br />
19 Umstritten ist, ob es für die Zukunft automatisch beendet ist oder in Form eines fehlerhaften oder faktischen Arbeitsverhältnisses fortbesteht. Hierzu<br />
Hamann, JURA 2003, 367.<br />
15
2. Schutz des Arbeitnehmers durch das Gebot der Gleichstellung („Equal-Pay“<br />
und „Equal-Treatment“)<br />
Nach § 9 Nr. 2 <strong>AÜG</strong> sind Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer vorsehen, dass er<br />
für die Zeit beim Entleiher schlechtere wesentliche Arbeitsbedingungen („Equal Treatment“)<br />
einschließlich Arbeitsentgelt („Equal Pay“) erhält als vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers. Es<br />
handelt sich hierbei um ein Gebot der Gleichstellung zum Schutze der Arbeitnehmer.<br />
Im Ergebnis sollen Leiharbeitnehmer und die Stammarbeitnehmer des entleihenden Arbeitgebers<br />
gleichgestellt werden.<br />
Verpflichtet wird der Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers, der diesem die gleichen wesentlichen<br />
Konditionen gewähren muss, wie es der Entleiher gegenüber seinen Arbeitnehmern tut. Dies gilt ab<br />
dem ersten Einsatztag im Fremdunternehmen.<br />
Damit der Leiharbeitnehmer seinen Gleichstellungsanspruch durchsetzen kann, gewährt ihm § 13<br />
<strong>AÜG</strong> eine Auskunftsanspruch gegen den Entleiher. So kann er die im Betriebe des Entleihers<br />
geltenden Arbeitsbedingungen in Erfahrung bringen.<br />
a) Arbeitsentgelt – Equal Pay<br />
Unter den Begriff des (gleichen) Arbeitsentgelts gehören die Grundvergütung als auch freiwillige<br />
Leistungen und Zulagen des Entleihers. Auch Sachleistungen fallen hierunter, wenn sie Gegenleistung<br />
der geschuldeten Arbeitsleistung sind (Bsp.: Firmenwagen). Letzter sind vom Verleiher aber<br />
regelmäßig in Geld zu gewähren. Unter den Begriff des Entgelts fallen auch Sozialleistungen.<br />
b) sonstige wesentliche Arbeitsbedingungen – Equal Treatment<br />
Neben dem Arbeitsentgelt muss der Leiharbeitnehmer von seinem verleihenden Arbeitgeber auch<br />
hinsichtlich weiterer wesentlicher Arbeitsbedingungen mit den Stammkräften des Entleihers<br />
gleichgestellt werden. Hierunter fallen insbesondere die regelmäßige Arbeitszeit vergleichbarer<br />
Arbeitnehmer des Entleihers und die Dauer des jährlich zu gewährenden Urlaubs. Unwesentlich sind<br />
solche Bedingungen, über die sich regelmäßig im Arbeitsvertrag kein Wort findet, wie etwa ein<br />
Parkplatz auf dem Firmengelände.<br />
c) Vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers.<br />
Der Leiharbeitnehmer ist mit einem Stammarbeitnehmer des Entleihers dann vergleichbar, wenn er<br />
eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit ausübt. Zudem kommt es auf die Ausbildung, besondere<br />
Fachkenntnisse, eine eventuelle langjährige Berufserfahrung oder die Dauer der Betriebszugehörigkeit<br />
an, wenn daran die Gewährung bestimmter Arbeitsbedingungen geknüpft wird 20 .<br />
d) Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit<br />
Ist eine Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wegen Verstoßes gegen das Gebot der<br />
20 Vgl. Pelzner in Thüsing, <strong>AÜG</strong>, § 3 Rn. 68, 69.<br />
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Gleichstellung unwirksam, hat der Leiharbeitnehmer gegen seinen (verleihenden) Arbeitgeber einen<br />
Anspruch auf Gewährung des Arbeitsentgelts und/oder der wesentlichen Arbeitsbedingungen, die im<br />
Betrieb des Entleihers gelten (§ 10 Abs. 4 <strong>AÜG</strong>).<br />
e) Ausnahmen<br />
Es gibt jedoch zwei Ausnahmen vom Gebot der Gleichstellung.<br />
aa) Tarifvertrag<br />
Die wichtigste Ausnahme und höchst praxisrelevante Ausnahme ist eine abweichende Regelung durch<br />
Tarifvertrag, die das <strong>AÜG</strong> ausdrücklich für Tarifverträge, die nach dem 15.11.2002 geschlossen worden<br />
sind, zulässt. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer sind daher „tarifdispositiv“.<br />
Aufgrund der Vertragsfreiheit der Tarifparteien und der Bedeutung der Tarifautonomie, sind im Falle<br />
tarifvertraglicher Regelung Schlechterstellungen von Leiharbeitnehmern nur noch dann unwirksam,<br />
wenn sie gegen – im Vergleich zum Tarifvertrag - höherrangiges Recht verstoßen. Zudem gestattet der<br />
Gesetzgeber den nicht tarifgebundenen Parteien individuell auf einen Tarifvertrag Bezug zu nehmen,<br />
welcher insofern vom Gleichstellungsgebot des <strong>AÜG</strong> abweicht. Mittlerweile existieren zahlreiche<br />
(Flächen- ) Tarifverträge, die diesbezügliche Regelungen enthalten, insbesondere in Bezug auf die<br />
Zeitarbeitsbranche.<br />
bb) Arbeitslose<br />
War der Leiharbeitnehmer zuvor arbeitslos und verleiht der Arbeitgeber diesen Arbeitnehmer für<br />
höchstens 6 Wochen, ist es ausreichend, wenn die Netto-Vergütung des Leiharbeitnehmers dem<br />
Betrag entspricht, den er zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat. Dies gilt dann nicht, wenn mit<br />
demselben Verleiher bereits ein Leihverhältnis bestanden hat.<br />
Dieter <strong>Merz</strong><br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Tipp<br />
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Veröffentlichungen<br />
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