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Epidemiologie 6 (Prävention & Screening)

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<strong>Prävention</strong> & Früherkennung<br />

Lösungen<br />

Manuela Marron<br />

1


Pyramide der Gesundheitszustände<br />

Verlauf<br />

ZUSTAND<br />

Maßnahme<br />

Mortalität<br />

Morbidität<br />

Krankheitsanfälligkeit<br />

Manifestation<br />

Letalität<br />

TOD<br />

KLINISCH<br />

KRANK<br />

LATENT KRANK<br />

EXPONIERT<br />

Palliative Care<br />

Tertiäre <strong>Prävention</strong><br />

(Therapie & Rehabilitation)<br />

Sekundäre <strong>Prävention</strong><br />

(Früherkennung & <strong>Screening</strong>)<br />

GESUND<br />

Primäre <strong>Prävention</strong><br />

(Verhaltens- & Verhältnisprävention)<br />

2


<strong>Screening</strong> & Früherkennung & Testen<br />

• <strong>Screening</strong> = Massenuntersuchung / Reihenuntersuchung<br />

• Früherkennung = was <strong>Screening</strong> bewirken soll<br />

• Guter Test = was fürs <strong>Screening</strong> benötigt wird<br />

3


<strong>Screening</strong> Bedingungen<br />

Geeignete Krankheit<br />

• Großes Krankheitsproblem (weit verbreitet)<br />

• Krankheit durchläuft präklinische & klinische Phase bis zum Tod<br />

• Präklinische Phase ausreichend lang<br />

• Erfolgreiche Behandlungsmethode vorhanden<br />

• Prognose fortgeschrittener Fälle schlechter => Gewinn groß<br />

Geeigneter Test<br />

• Valide (sensitiv, spezifisch, hohe positive & negative Vorhersage)<br />

• Reliabel (verlässlich, wiederholbar, geringe Beobachter-Variation)<br />

• Akzeptabel (günstig, praktisch, einfach, schmerzlos, risikoarm)<br />

4


Validität (Gültigkeit) und<br />

Reliabilität (Reproduzierbarkeit)<br />

Valide & nicht reliabel<br />

Reliabel & nicht valide<br />

Valide & reliabel<br />

Weder valide noch reliabel<br />

5


Test Beispiel: 100 Personen<br />

Grün : Gesunden Rot : Kranken : Test negativ : Test positiv<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

echt positive<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

4<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

echt negative<br />

falsch positive<br />

15<br />

falsch<br />

positive<br />

80<br />

echt<br />

negative<br />

falsch negative<br />

19<br />

81<br />

5 95 100<br />

6


Maßzahen zur Validität von Tests<br />

Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

a<br />

echt<br />

positive<br />

c<br />

falsch<br />

negative<br />

a+c<br />

b<br />

falsch<br />

positive<br />

d<br />

echt<br />

negative<br />

b+d<br />

a+b<br />

c+d<br />

N<br />

Positiver Vorhersagewert: PV T+<br />

= echt positive / Test positive = a / (a+b)<br />

Wie wahrscheinlich ist es, dass bei positivem<br />

Test tatsächlich eine Krankheit vorliegt?<br />

Negativer Vorhersagewert: NV T-<br />

= echt negative / Test negative = d / (c+d)<br />

Wie wahrscheinlich ist es, dass bei negativem<br />

Test tatsächlich KEINE Krankheit vorliegt?<br />

Sensitivität : Se E+ = echt positive / Kranken<br />

= a / (a+c)<br />

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Test unter den Kranken die Krankheit entdeckt?<br />

Spezifität:<br />

Sp E- = echt negative / Gesunden = d / (b+d)<br />

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Test unter den Gesunden die Gesundheit entdeckt?<br />

7


Receiver Operating Characteristic<br />

(ROC)-Kurve<br />

8


Übung Prävalenzeinfluss beim Meniskusschaden<br />

MRT Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

Arthroskopie<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

3<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

1<br />

falsch<br />

positive<br />

4<br />

echt<br />

negative<br />

4<br />

5<br />

MRT Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

Arthroskopie<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

3<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

10<br />

falsch<br />

positive<br />

40<br />

echt<br />

negative<br />

13<br />

41<br />

4 5 9<br />

4 50 54<br />

Sensitivität :<br />

Se E+ = Wie wahrscheinlich ist es, dass das MRT<br />

den Meniskusschaden entdeckt?<br />

Spezifität:<br />

Sp E- = Wie wahrscheinlich ist es, dass das MRT<br />

den Gesunden eine Arthroskopie erspart?<br />

Positiver Vorhersagewert: PV T+ = Wie wahrscheinlich ist es, dass bei positiven MRT-<br />

Befund tatsächlich ein Meniskusschaden vorliegt?<br />

Negativre Vorhersagewert: NV T- = Wie wahrscheinlich ist es, dass bei negativen MRT-<br />

Befund tatsächlich KEIN Meniskusschaden vorliegt?<br />

9


Lösung Prävalenzeinfluss beim Meniskusschaden<br />

MRT Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

Arthroskopie<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

3<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

1<br />

falsch<br />

positive<br />

4<br />

echt<br />

negative<br />

4<br />

5<br />

MRT Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

Arthroskopie<br />

Erkrankung<br />

ja nein<br />

3<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

10<br />

falsch<br />

positive<br />

40<br />

echt<br />

negative<br />

13<br />

41<br />

4 5 9<br />

4 50 54<br />

Sensitivität : Se E+ = 3 / 4 = 75 % = Se E+ = 3 / 4 = 75 %<br />

Spezifität: Sp E- = 4 / 5 = 80 % = Se E+ = 4 / 5 = 80 %<br />

Positiver Vorhersagewert: PV T+ = 3 / 4 = 75 % ≠ PV T+ = 3 / 13 = 23 %<br />

Negativer Vorhersagewert: NV T- = 4 / 5 = 80 % ≠ PV T+ = 40 / 41 = 98 %<br />

10


Eigenschaften von Se, Sp, PV & NV<br />

• Se & Sp unabhängig von der Prävalenz<br />

• PV & NV abhängig von der Prävalenz<br />

• PV mit abnehmender Prävalenz immer kleiner<br />

• Gegeben die Prävalenz & 2 der 4 Maßzahlen<br />

lassen sich die beiden Anderen errechnen<br />

11


HIV-Pflichttest bei Eheschließungen<br />

• HIV Prävalenz der Nicht-Risiko-Gruppe = 0,1 %<br />

• Anzahl Eheschließungen / Jahr = 400000 Paare<br />

= 800000 Personen<br />

• Se = 0,999 Sp = 0,999 NV = 0,999<br />

ja<br />

HIV<br />

nein<br />

Test<br />

positiv<br />

negativ<br />

799<br />

echt<br />

positive<br />

1<br />

falsch<br />

negative<br />

799<br />

falsch<br />

positive<br />

798401<br />

echt<br />

negative<br />

1598<br />

798402<br />

800 788200 800000<br />

Aber wie wahrscheinlich ist es, dass bei positiven Test tatsächlich HIV vorliegt?<br />

PV nur = 0,5 = 50% !<br />

12


Notwendige <strong>Screening</strong> Bedingungen<br />

• Hohe Prävalenz in der Zielpopulation<br />

• Zielpopulation identifizierbar & (individuell) ansprechbar<br />

• Hohe Teilnahmerate möglich<br />

• Logistische Voraussetzungen für <strong>Screening</strong>, diagnostische<br />

Abklärung, Qualitätskontrolle & Informationsweitergabe<br />

• Für alle Fälle adäquate & standardisierte<br />

Behandlungsmöglichkeit<br />

• Organisierte Bewertung & Überwachung der Maßnahme<br />

und ihres Nutzen (durch Register)<br />

13


Bias beim <strong>Screening</strong><br />

• Lead-Time Bias<br />

• Length Bias<br />

• Bias durch Überdiagnose<br />

• Bias durch Selbstselektion<br />

14


Lead-Time Bias<br />

• Nur scheinbare verlängerte Überlebenszeit<br />

(Survival) bei vorverlegtem Diagnosezeitpunkt<br />

Krankheitsbeginn<br />

Beginn<br />

Entdeckbarkeit<br />

Symptome &<br />

klinische Diagnose<br />

„Sojourn time“<br />

Survival<br />

Tod<br />

Falsch negative<br />

Früherkennung<br />

<strong>Screening</strong><br />

„Lead -Time“<br />

Survival<br />

„Benefit“<br />

Nutzen<br />

Späterer<br />

Tod<br />

15


Length Bias<br />

Eine Art Selektionsbias:<br />

• Beim <strong>Screening</strong> häufige Diagnose von langsam fortschreitenden<br />

Krankheiten mit langer präklinischer Phase, mit besserer<br />

Prognose und so wie so schon längerem Survival<br />

16


Bias durch Überdiagnose<br />

Extremer Length Bias:<br />

• Langsam fortscheitende Krankheit &<br />

konkurrierende Todesursachen<br />

• Grenzfälle zur Gutartigkeit, nicht<br />

fortschreitende Krankheit<br />

• Von selbst zurückentwickelnde Krankheiten<br />

Behandlung nicht angezeigt, kein Nutzen, aber<br />

Schaden möglich<br />

17


Bias durch Selbstselektion<br />

• Wenn Teilnahmebereitschaft am <strong>Screening</strong><br />

mit der Prognose korreliert<br />

Beispiel Mammographiescreening:<br />

• Frauen mit anderen Brustkrebsfällen in der<br />

Familie nehmen eher am <strong>Screening</strong> teil<br />

• Aber familiäre Brustkrebserkrankungen<br />

haben eher eine schlechtere Prognose<br />

18


WHO-Kriterien zum <strong>Screening</strong><br />

1. Krankheit ein wichtiges Gesundheitsproblem<br />

2. Natürlicher Verlauf gut verstanden<br />

3. Detektierbare präklinische Phase<br />

4. Vorteil bei frühem Behandlungsbeginn<br />

5. Geeigneter <strong>Screening</strong>-Test vorhanden<br />

6. Test ist akzeptabel<br />

7. Konsens über Abstände zwischen <strong>Screening</strong>s<br />

8. Behandlungsmöglichkeiten vorhanden<br />

9. Nutzen / Risiken in angemessenem Verhältnis<br />

10.Nutzen / Kosten in angemessenem Verhältnis<br />

Wilson & Jungner 1968<br />

19


Zusammenfassung <strong>Prävention</strong> & <strong>Screening</strong><br />

Pyramide der Gesundheitszustände (gesund, exponiert, latent krank,<br />

klinisch krank, tot):<br />

• Natürliche Verläufe: Mortalität, Morbidität, Krankheitsanfälligkeit,<br />

Manifestation, Letalität<br />

• Gegenmaßnahmen: Primäre <strong>Prävention</strong> (Verhaltensprävention, Verhältnisprävention),<br />

Sekundäre <strong>Prävention</strong> (Früherkennung, <strong>Screening</strong>),<br />

Tertiäre <strong>Prävention</strong> (Therapie, Rehabilitation), Palliative Care<br />

Maßzahlen zur Validität von Tests:<br />

• Se, Sp, PV, NV & ROC-Kurve<br />

<strong>Screening</strong> Bias:<br />

• Lead-Time, Length, Überdiagnose- & Selbstselektions-Bias<br />

<strong>Screening</strong> Bedingungen:<br />

• Geeignete Krankheit, geeigneter Test & weitere notwendige Bedingungen<br />

WHO-Kriterien <strong>Screening</strong>:<br />

• Wichtiges Gesundheitsproblem, gut verstanden, präklinische Phase,<br />

früher Behandlungsvorteil, geeigneter & akzeptabler Test, Konsens<br />

zum <strong>Screening</strong>abstand, Behandlungsmöglichkeit, angemessenem<br />

Verhältnis zischen Nutzen, Risiken & Kosten<br />

20

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