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Neulich 1 - of materialserver.filmwerk.de - Katholisches Filmwerk

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<strong>Neulich</strong> 1<br />

Mit <strong>de</strong>n Fragen nach <strong>de</strong>m „Warum“ und „Wozu“ meines Han<strong>de</strong>lns steht je<strong>de</strong>r einzelne Mensch vor <strong>de</strong>r Aufgabe,<br />

<strong>de</strong>r sich aufdrängen<strong>de</strong>n Sinnlosigkeit <strong>de</strong>s Lebens eine Antwort entgegenzustellen.<br />

Der Erzähler wird durch <strong>de</strong>n Schluss <strong>de</strong>s Films aus seiner sinnieren<strong>de</strong>n Beobachterhaltung zurückgerufen in<br />

sein eigenes Leben, das sich <strong>of</strong>fensichtlich nicht wesentlich vom Leben <strong>de</strong>r beobachteten Menschen unterschei<strong>de</strong>t.<br />

Ob diese Erkenntnis als Traurigkeit o<strong>de</strong>r Trost zu <strong>de</strong>uten ist, lässt das Filmen<strong>de</strong> <strong>of</strong>fen. Gera<strong>de</strong> die<br />

Mischung von bei<strong>de</strong>m unterstreicht jedoch <strong>de</strong>n melancholischen Gesamtcharakter <strong>de</strong>s Films.<br />

Einsatzmöglichkeiten im Unterricht<br />

Die Symbolsprache und Lakonie <strong>de</strong>s Films eröffnen neben einer intensiven Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>r<br />

Ästhetik <strong>de</strong>s Films – beispielsweise durch einen Vergleich mit <strong>de</strong>n Arbeiten von William Kentridge – verschie<strong>de</strong>ne<br />

philosophische, psychologische und theologische Anknüpfungspunkte und Perspektiven.<br />

In einer Welt, in <strong>de</strong>r die Sinnhaftigkeit <strong>de</strong>s Lebens nicht durch materielle Güter gewährleistet wer<strong>de</strong>n kann,<br />

können die „Bruchlinien <strong>de</strong>r Erfahrung“ 2 zum Ausgangspunkt einer neuen Wahrnehmung und Beschreibung<br />

<strong>de</strong>s Lebens wer<strong>de</strong>n. Was sich zeigt, muss sich nicht zwangsläufig <strong>de</strong>r „Absurdität <strong>de</strong>s Lebens“, wie sie<br />

beispielsweise Albert Camus mit seiner Interpretation <strong>de</strong>s Sisyphos-Mythos beschrieben hat, beugen, auch<br />

wenn gera<strong>de</strong> in diesem Mythos das Lastenbild einen beson<strong>de</strong>rs starken Ausdruck gefun<strong>de</strong>n hat. Das Streben<br />

nach Zielen im Leben ist von vielen Bedingungen und Umstän<strong>de</strong>n abhängig. Glück und Lebenslust<br />

sind darin mehr als ein subjektives Gefühl. Sie wohnen, so schon Aristoteles, <strong>de</strong>m Leben selbst bei. Ob die<br />

Erfahrung dieses Wissens <strong>de</strong>m Trott und <strong>de</strong>r Eintönigkeit gegenteiliger Erfahrungen vermittelt wer<strong>de</strong>n<br />

kann, lässt sich an <strong>de</strong>r Sinn- und Wahrheitsfrage mit Schüler(inne)n diskutieren.<br />

Der nach<strong>de</strong>nklich-melancholische Grundcharakter <strong>de</strong>s Films lässt nach <strong>de</strong>r psychologischen Be<strong>de</strong>utung<br />

von Traurigkeit, Tristesse und Melancholie im Leben fragen. Nicht nur im Krankheitsbild <strong>de</strong>r Depression ist<br />

sie – spätestens seit <strong>de</strong>m Suizid von Robert Enke – auch jungen Menschen bekannt. Als Grun<strong>de</strong>rfahrung<br />

menschlicher Befindlichkeit hat sie Albrecht Dürer eindruckvoll in einem Holzschnitt ins Bild gesetzt. 3 Was<br />

Menschen seelisch belasten kann, unterliegt heute in <strong>de</strong>r Regel einem Krankheitsbild, <strong>de</strong>ssen mögliche<br />

Ursachen jedoch <strong>of</strong>t nicht o<strong>de</strong>r nur unzureichend wahrgenommen und beschrieben wer<strong>de</strong>n. Melancholie<br />

ist nicht vorschnell mit Depression gleichzusetzen. Ähnlich wie nicht je<strong>de</strong> Art von Narzissmus als Selbstliebe<br />

und Egozentrik kritisiert wer<strong>de</strong>n darf, son<strong>de</strong>rn wichtige Elemente z. B. von Selbstfindung und Ich-Stärke<br />

beinhalten kann, so spiegelt auch die Melancholie eine eigene vertiefte Wahrnehmung wi<strong>de</strong>r beispielsweise<br />

von Zeit o<strong>de</strong>r Gefühlen. An<strong>de</strong>rs als die Depression, die in Wahrheit nichts mehr fühlt, nimmt <strong>de</strong>r<br />

melancholische Charakter Gefühle und Regungen äußerst intensiv wahr. 4<br />

Melancholie kann beispielsweise Langmut und Besonnenheit beför<strong>de</strong>rn. Zu<strong>de</strong>m spielt <strong>de</strong>r melancholische<br />

Charakter im künstlerischen Bereich eine große Rolle, ohne dass damit eine beson<strong>de</strong>re Affinität von Kunst<br />

und Melancholie behauptet wer<strong>de</strong>n muss.<br />

Aus theologischer Perspektive legt <strong>de</strong>r Film zwei Schwerpunkte nahe. Die Beschreibung <strong>de</strong>s Menschen als<br />

vergängliches, von Mühsal und Arbeit gezeichnetes Wesen kann als ein biblischer Charakterzug menschlicher<br />

Existenz benannt wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit <strong>de</strong>r Vertreibung aus <strong>de</strong>m Paradies ist die Gebrochenheit <strong>de</strong>s Lebens symbolisch anschaulich gewor<strong>de</strong>n.<br />

Wenn auch nicht alle biblischen Traditionslinien in einer solchen Beschreibung en<strong>de</strong>n, so leisten doch Textstellen<br />

wie Gen 3,19, Ps 90,10 o<strong>de</strong>r Pred 3,9f einen wesentlichen Beitrag zur biblischen Anthropologie.<br />

2 Siehe Bernhard Wal<strong>de</strong>nfels: Bruchlinien <strong>de</strong>r Erfahrung, Frankfurt a. M. 2002.<br />

3 http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Melencolia_I<br />

4 Siehe Ulrich Horstmann: Die Untröstlichen. Ein Melancholie-Lesebuch, Darmstadt 2011.<br />

4 © kfw GmbH 2013

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