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A1 Urzeit bis 1170 - Mardorf

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am Steinhuder Meer<br />

Geschichte<br />

eines Dorfes und<br />

seiner Bewohner<br />

Friedrich Dankenbring (Dorfgemeinschaft)<br />

1


Die Entstehung der digitalen Chronik<br />

Alles begann schon im Kindesalter mit dem Motto: „Höör ys’n bitjen toe un srief up!“. So habe ich den Erzählungen<br />

und Erinnerungen vieler älterer <strong>Mardorf</strong>er gelauscht und über Jahre alles notiert.<br />

Nach dem Erscheinen der ersten kleinen „<strong>Mardorf</strong>er Chronik“ vom ehemaligen Hauptlehrer Helmut Dannenberg<br />

(Nr. 22) zur 800-Jahr-Feier im Jahre 1973 und unserer Bilderchronik „<strong>Mardorf</strong> in alten Photographien“ im<br />

Rahmen der Dorferneuerung im Jahre 1984 (Original-Titelbild oben) sowie der von mir verfassten neuen<br />

umfassenden „<strong>Mardorf</strong>er Chronik“ im Jahre 1997 (unterstützt von Brigitte Kohlmann) regte sich im Laufe der<br />

folgenden Jahre der Wunsch das neue Medium Internet für eine aktualisierte, erweiterte und digitale Fassung zu<br />

nutzen. Denn dadurch dass nun erstmals eine große Dokumentation über <strong>Mardorf</strong> vorlag, ergaben sich viele<br />

Ergänzungen, Änderungen und Berichtigungen. Was lag da näher, als sich der Möglichkeiten des digitalen<br />

Zeitalters zu bedienen. Nun kann jederzeit geändert und ergänzt werden und dazu noch aktuell allen<br />

Interessierten (und weltweit) zugänglich gemacht werden.<br />

Das Kapitel A (<strong>A1</strong>-<strong>A1</strong>4) ist historisch gegliedert und in einen geschichtlich wichtigen Hintergrund eingebettet<br />

worden. So erkennt man plötzlich örtliches in weltweiten Zusammenhängen. Das <strong>bis</strong>herige Konzept und die<br />

Gliederung der bestehenden Chronik in Buchform habe ich weitestgehend<br />

beibehalten. Hinzu gekommen sind aber viele <strong>bis</strong>her unveröffentlichte Bilder,<br />

Karten und Skizzen. Darüber hinaus gibt es verschiedene hilfreiche<br />

Suchsysteme und ein umfangreiches Erklärungs- und Datenwerk im<br />

wesentlich erweiterten Kapitel B (B1-B11). Das <strong>bis</strong>herige Kapitel C (Höfe und<br />

Familien) ist nunmehr separat im Kapitel D zusammengefasst. Umfangreiche<br />

Familienchroniken (Stammbäume, die laufend aktualisiert werden) können<br />

dort als Excel-Tabellen (.xls) eingesehen werden. Ergänzend sind Personen<br />

und Höfe aber auch in der Zeitchronik entsprechend erwähnt. Das <strong>bis</strong>herige<br />

Kapitel E – das <strong>Mardorf</strong>er Platt – wird in einem eigenen gedruckten<br />

Wörterbuch (seit dem Jahre 2003) ausführlich behandelt und ist jetzt Kapitel C.<br />

Insgesamt umfasst das Werk jetzt weit über 700 Seiten (ca. 48 MB als .pdf)!<br />

Viel Spaß mit der aktuellen digitalen <strong>Mardorf</strong>er Chronik.<br />

Das <strong>Mardorf</strong>er Wappen<br />

Mardrup, 2. fevervoor 2014 Friedrich Dankenbring<br />

Das <strong>Mardorf</strong>er Wappen ist eines des ältesten in der Umgebung. Seit dem 20.04.1972 führt die damals noch<br />

selbständige Gemeinde und jetzige Dorfschaft <strong>Mardorf</strong> förmlich ein Wappen. Erste Vorschläge wurden schon am<br />

17.01.1969 vorgestellt. Bis zur Genehmigung durch das Niedersächsische Staatsarchiv musste noch hart um die<br />

„Anzahl und Länge der Schilfblattspitzen“ gerungen werden. Das abgebildete Wappen ist die rechtlich<br />

abgesicherte Endfassung von 1972. Zur 880-Jahrfeier 1973 wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Das Wappen zeigt:<br />

„von Silber und rot schräg geteilt, oben aus blauen Wellen wachsend drei schwarze Lampenputzer –<br />

Schilfstengel mit grünem Blattwerk, unten ein linksgerichtetes silbernes Jagdhorn“.<br />

Die Wellen stellen die Lage <strong>Mardorf</strong>s am Meer dar und das Schilf<br />

seine besondere Bedeutung für den Naturschutz. Das Jagdhorn<br />

nimmt Bezug auf die <strong>bis</strong> 1943 besonders wichtige Funktion des<br />

Nachtwächters mit seinem Signalhorn und die Leidenschaft der<br />

<strong>Mardorf</strong>er für die Jagd.<br />

Die Farben der Gemeinde sind (nur zufällig identisch mit Schaumburg):<br />

„Silber, rot und blau“ – sowie „schwarz und grün“.<br />

2


Inhaltsübersicht<br />

jetzt mit insgesamt über 700 Seiten<br />

Vorwort des Verfassers (das <strong>Mardorf</strong>er Wappen und die Flagge) und großer Inhaltsübersicht 2<br />

Quellenverzeichnis 4<br />

A Chronik von <strong>Mardorf</strong> (mit Bildern, Zeichnungen und Karten)<br />

1 <strong>Urzeit</strong> <strong>bis</strong> <strong>1170</strong> n. Chr. (Dünen, Meer und Besiedlung) 5<br />

2 Die Zeit 1171 – 1720 (Urkundl. Erwähnung und Neugründung) 35<br />

3 Die Zeit 1721 – 1839 (Kapelle und großer Brand) 60<br />

4 Die Zeit 1840 – 1874 (Amerika und Mühle) 85<br />

5 Die Zeit 1875 – 1890 (Ehevertrag und Theilung) 110<br />

6 Die Zeit 1891 – 1917 (Verköppelung und vor dem Krieg) 130<br />

7 Die Zeit 1918 – 1932 (Zwischen den großen Kriegen) 155<br />

8 Die Zeit 1933 – 1949 (Der II. Weltkrieg und Folgen) 190<br />

9 Die Zeit 1950 – 1960 (Aufbau und Entwicklung) 235<br />

10 Die Zeit 1961 – 1973 (Landwirtschaft und Wochenendgebiet) 270<br />

11 Die Zeit 1974 – 1987 (Erholungsort und Dorferneuerung) 305<br />

12 Die Zeit 1988 – 2007 (Vor und nach dem Jahr 2000) 345<br />

13 Die Zeit 2008 – 2011 (Steinhuder Meer Tourismus) 390<br />

14 Die Zeit 2012 – heute (Die Gegenwart) 420<br />

B Ortsdaten, Namen, Listen, Erklärungen (mit Bildern, Zeichnungen und Karten)<br />

1 <strong>Mardorf</strong> und das Steinhuder Meer (Daten, Zahlen, Statistik, Karten) 1<br />

2 Flurnamen (A – Z / Karte mit Suchsystem) 11<br />

3 Straßen im Dorf und am Nordufer (A – Z / Karte mit Suchsystem) 13<br />

4 Alte Hausnummern (Nr.1-662 / Hofnamen u. neue Adressen) 16<br />

5 Neue Adressen (A – Z / alte Hausnummern und Nutzer) 30<br />

6 Namensliste (A. – Z / nur für <strong>Mardorf</strong>) 54<br />

7 Ämter und Wahlen (chronologisch 1580 <strong>bis</strong> heute) 70<br />

8 Kalender, Währungen, Maße und Gewichte (historisch) 76<br />

9 Betriebe, Tourismus und Stege N (A – Z / nur für <strong>Mardorf</strong>) 80<br />

10 Begriffe und Erklärungen (A – Z / schell herausgefunden) 90<br />

11 Gemeinschaften, Vereine, Institutionen (A – Z / <strong>Mardorf</strong> und wichtige Behörden) 125<br />

C Das <strong>Mardorf</strong>er Platt (auf Grundlage des Wörterbuchs von 2003 wesentlich ergänzt)<br />

1 a Inhalt 2<br />

1 b Aussprache (Vokale und Konsonanten) 3<br />

1 c Die Niederdeutsche Sprache (Geschichtliche Entwicklung, Karten) 5<br />

1 d Kurzgrammatik 9<br />

1 e Verben 12<br />

1 f Sprachliche Vergleiche (mit verwandten Sprachen) 14<br />

2 Wörterbuch Plat – Deutsch (A – Z) 22<br />

3 Wörterbuch Deutsch – Plat (A – Z) 83<br />

4 <strong>Mardorf</strong>er Geschichten und Sagen (döönken un saagen) 145<br />

D <strong>Mardorf</strong>er Familien Hier und in der Welt (oft mehrere Stammbäume zusammengefasst)<br />

3


Quellenverzeichnis<br />

Adressbücher<br />

Archive<br />

Beckedorf, Hermann<br />

Gemeinde <strong>Mardorf</strong> und Stadt Neustadt am Rübenberge<br />

Bahlsen Hannover<br />

Evangelisch – lutherisches Pfarramt in Schneeren<br />

Historiae Westfalicae<br />

Familie Hübotter Hannover<br />

Imperial War Museum London<br />

Landwirtschaftliche Brandkasse Hannover<br />

Stadt Neustadt am Rübenberge<br />

Steinhude<br />

Burchard, Max Bevölkerung Fstm. Calenberg – Göttingen (1686/1689)<br />

Carl – <strong>Mardorf</strong>, Wilhelm<br />

Auszüge aus vielen seiner Heimatbücher<br />

Chroniken in <strong>Mardorf</strong> Schützenverein <strong>Mardorf</strong> (1977, 1987, 2002) / TSV <strong>Mardorf</strong> (1986)<br />

Dankenbring, Friedrich <strong>Mardorf</strong>er Chronik (1997), Familienchroniken (nach 1960), Wörterbuch –<br />

<strong>Mardorf</strong>er Platt (2003), persönliche Unterlagen und Digitalchronik (ab 2000).<br />

Dannenberg, Helmut <strong>Mardorf</strong> Chronik (1973)<br />

Dorfgemeinschaft <strong>Mardorf</strong><br />

Familie<br />

Heimatverein<br />

Hodenberg, W., Frhr. von<br />

Verschiedene Veröffentlichungen und Unterstützung<br />

Unterstützung durch persönliche Hilfe und Geduld<br />

Rehburg<br />

Calenberger Urkundenbuch<br />

Hübner, Werner, Dr. Rehburg – Geschichte einer kleinen Stadt (1966)<br />

Hueg, Adolf Dorf- und Bauerntum (1939)<br />

Keull, Susanne<br />

Entwicklung Agrarraum Steinhuder Meer<br />

Kohlmann, Brigitte <strong>Mardorf</strong> – Schriftliche Umsetzung der Chronik (1997)<br />

Lunde, Friedrich<br />

<strong>Mardorf</strong>er Mitbürger<br />

Pastor – Kirchengemeinde Schneeren – <strong>Mardorf</strong><br />

Unterstützung durch ihren Erinnerungen und Familienaufzeichnungen<br />

Meyer, L. Philipp Pastoren der Landeskirche seit der Reformation (1942)<br />

Munk, Heinrich<br />

Nortmeier, Wilhelm<br />

Niedersächsisches<br />

Niedersächsisches<br />

Niedersächsische<br />

Niedersächsisches<br />

Stadthagen (persönliche Aufzeichnungen)<br />

<strong>Mardorf</strong> Nr.90 (persönliche Aufzeichnungen)<br />

Freilichtmuseum Cloppenburg<br />

Hauptstaatsarchiv Hannover<br />

Landesbibliothek Hannover<br />

Ochwadt, Curd Steinhuder Meer (1967)<br />

Ortschroniken<br />

Ortsrat <strong>Mardorf</strong><br />

Landesverwaltungsamt / Landesamt für Bezüge und Versorgung Hannover<br />

Schneeren, Stöckse / Wenden, Hagen, Rehburg<br />

Unterstützung<br />

Peters / Schlupp Dorferneuerung <strong>Mardorf</strong> (1984)<br />

Realgemeinde <strong>Mardorf</strong><br />

Reumann, Karsten<br />

Stadtbibliotheken<br />

Steinhuder Meer Tourismus<br />

Westfälisches<br />

Zeitungs-Notizen<br />

<strong>Mardorf</strong> in alten Photographien (1984)<br />

Unterstützung<br />

<strong>Mardorf</strong><br />

Hannover und Neustadt a.Rbge.<br />

Die SMT GmbH als Begleiter von www.mardorf.de<br />

Freilichtmuseum Detmold<br />

Leinezeitung Neustadt a.Rbge. und Neustädter Zeitung<br />

Stadtanzeiger Wunstorf<br />

4


<strong>A1</strong><br />

<strong>Urzeit</strong> <strong>bis</strong> <strong>1170</strong> nach Christi Geburt<br />

Vor 13,7 Mrd. Jahren Urknall mit Ausdehnung und Bildung unseres Sonnensystems u. a. der Urerde.<br />

Vor 4,5 Mrd. Jahren entsteht bei Kollision (Abbildung rechts) der Protoerde „Gaia“ mit dem Protoplaneten „Theia“<br />

der Urmond.<br />

Vor 4 Mrd. Jahren (Hadaikum) entsteht der Urozean, eine erste feste Erdkruste<br />

(Gneis) und erstes Leben (das vermutlich mit Gesteinsbrocken<br />

vom Mars zu uns gelangt).<br />

Vor 3,6 Mrd. Jahren (Archaikum) entstehen Einzeller u. a. Blaualgen<br />

(Cyanobakterien). Photosynthese bildet ersten Sauerstoff. Erste<br />

Festlandskerne (Kratone) bewegen sich aufeinander zu.<br />

Vor 3,5 Mrd. Jahren formt sich der erste (?) Kontinent „Ur“ am Äquator.<br />

Vor 2,7 Mrd. Jahren entsteht der (?) erste Superkontinent „Kenorland“ (mit Ur-Europa) auf der Südhälfte der<br />

Erdkugel, nahe des heutigen Südpols. Es ist der Beginn der Plattentektonik.<br />

Vor 2,4 Mrd. Jahren (Proterozoikum – Erdfrühzeit) entstehen Vielzeller und Pilze. Die Erde kühlt sich ab und es<br />

gibt die erste weltweite Vereisung (Huronische Kaltzeit – 2,1 Mrd.). An dessen Ende bildet sich<br />

auf der Südhalbkugel der neue (?) Superkontinent „Columbia“ (= „Nuna“ mit Teilen aller heutigen<br />

Kontinente), ist aber vor 1,3 Mrd. Jahren wieder zerfallen. So kann sich vor 1,8 Mrd. Jahren „Nena“<br />

aus „Arctica“ und „Baltica“ bilden (– 1,26 Mrd.).<br />

Vor 1,4 Mrd. Jahren sind Rotalgen und Einzeller mit Zellkern vorherrschend.<br />

Vor 1,1 Mrd. Jahren bildet sich der neue Superkontinent „Rodinia“ (– 800 Mio.) mit „Laurasia“ (u. a. mit „Nena“)<br />

nördlich des Äquators und auf der Südhalbkugel „Gondwana“ (– 150 Mio.), dessen nördlicher Teil<br />

„Avalonia“ (u. a. mit Norddeutschland und dem heutigen <strong>Mardorf</strong>) ist. Alles wird umgeben vom<br />

Superozean „Mirovia“.<br />

Vor 735 Mio. Jahren beginnt eine erneute weltweite Vereisung in 2-3 großen Schüben (Sturtische-/,<br />

Marinoische- und Gaskiers-Kaltzeit / – 580 Mio.).<br />

Vor 600 Mio. Jahren (Warmzeit mit vorherrschenden Blaualgen) entsteht der Superkontinent „Pannotia“ (aus<br />

„Laurasia“ und „Gondwana“) am südlichen Polarkreis. Vor<br />

540 Mio. Jahren ist er wieder zerfallen u. a. in „Gondwana“<br />

und Laurasia“. Vielzeller (später Trilobiten) beherrschen die<br />

Welt.<br />

Vor 542 Mio. Jahren (Kambrium / Globus rechts) beginnt das Erdaltertum<br />

(Paläozoikum) mit allmählichem Temperaturanstieg (über<br />

dem Boden schon 21°C). Der Sauerstoffgehalt pendelt bei<br />

12 %, der Kohlendioxidwert liegt aber noch 16x höher als heute bei 4.500 ppm. So existiert kein<br />

Leben auf dem Land („Laurasia, Gondwana“) aber es sind schon Fische im riesigen „Thetys“-<br />

Meer.<br />

Vor 480 Mio. Jahren bricht „Avalonia“ (mit heutigem <strong>Mardorf</strong>) von „Gondwana“ ab und kollidiert nördlich des<br />

Äquators mit „Baltica“. Das Klima ist vor 470 Mio. Jahren tropisch feucht und sehr heiß. 20 Mio.<br />

Jahre später gibt es eine neue Vereisungsphase („Anden-Sahara“).<br />

Vor 443 Mio. Jahren (Silur) kommt es zur Vereinigung zum Großkontinent „Laurentia“. Die Südhalbkugel ist<br />

total vereist und es folgt ein globales Massenaussterben.<br />

Vor 400 Mio. Jahren (Devon/Karbon) setzt sich wieder schwül-warmes Klima durch und Amphibien erobern<br />

das Land. Die Norddeutsche Tiefebene (mit heutigem <strong>Mardorf</strong>) ist Vorland-Senkungsgebiet<br />

(„Saumtiefe“ vor den Mittelgebirgen) unter einem tropischen Flachwasser-Korallenmeer. Vor 360<br />

Mio. Jahren ist die Karoo-Kaltzeit (-260 Mio.) auf der südl. Erdhälfte.<br />

Vor 350 Mio. Jahren entsteht der Harz. Im davor gelegenen Norddeutschen Flachmeer gibt es maritime<br />

Ablagerungen (Kalk, Sandstein, Tonschiefer). Statt Kohle bildet sich hier vorwiegend Erdgas und<br />

Erdöl. Der Sauerstoffgehalt der Luft erreicht den Rekordwert von 32,5 %.<br />

Vor 300 Mio. Jahren entsteht der letzte Superkontinent „Pangea“ mit Eurasien (mit heutigem <strong>Mardorf</strong>) auf der<br />

Nordhalbkugel.<br />

5


Vor 280 Mio. Jahren (Perm) ist Norddeutschland (mit heutigem <strong>Mardorf</strong>) ein salzhaltiges tropisches (Zechstein-)<br />

Flachmeer. Im folgenden „Wüstenklima“ führt Verdunstung zur Entstehung von über 1.000 m<br />

mächtigen Kalisalz- und Zechsteinschichten; 150 – 1.500 m tief unter dem Gebiet des heutigen<br />

Bokeloh und <strong>Mardorf</strong> <strong>bis</strong> Husum. Unter dem Steinhuder Meer liegt diese Schicht aber <strong>bis</strong> zu 3.000<br />

m tiefer.<br />

Vor 251 Mio. Jahren im Erdmittelalter (Trias / Mesozoikum / Globus rechts)<br />

gibt es in Westsibirien („Trapp“) einen verheerenden<br />

Vulkanausbruch und Gase führen zu einem weltweiten<br />

Temperaturanstieg von +10°C, der im größten<br />

Massenaussterben (fast 90 %) aller Zeiten endet.<br />

Bis vor 230 Mio. bilden sich im norddeutschen Flachmeer Bundsandsteinund<br />

Muschelkalkschichten. Es werden dabei auch Ton und Mergel abgelagert (in <strong>Mardorf</strong> heute<br />

besonders im nordöstlichen Dorfgebiet am Mergelgrund, in der Lehmkuhle und an der Alten<br />

Lehmkuhle zu finden).<br />

Bis vor 210 Mio. Jahren fällt das Flachmeer immer öfter trocken und es bleibt „sandwüstenartiges“ Flachland<br />

zurück (heute u. a. Lüneburger Heide und Teile nördlich von <strong>Mardorf</strong>). Die Senkung<br />

Norddeutschlands hält an.<br />

Vor 199,6 Mio. Jahren (Jura) steht das subtropische Europa wieder unter Wasser. Es entsteht die heutige<br />

Ölschiefer-Schicht und erste Säugetiere (u. a. Cynodonten), Dino- und Flugsaurier („Tawa<br />

Hallae“) sowie Vögel haben sich entwickelt.<br />

Vor 161 Mio. Jahren im Malm (heller Kalk/Mergel) reicht die norddeutsche Küste noch <strong>bis</strong> zum Nordharz.<br />

Vor 160 Mio. Jahren kollidiert ein Asteroid mit dem „Baptistina“-Asteroiden. Bruchstücke treffen später die Erde.<br />

Vor 150 Mio. Jahren beginnt der Zerfall von „Pangea“ in die heutigen Kontinente (u. a. Europa mit heutigem<br />

<strong>Mardorf</strong>).<br />

Vor 145,5 Mio. Jahren (Kreide) trennt der neu entstehende Atlantik allmählich Nordamerika von Europa und es<br />

entsteht Steinkohle (u. a. im heutigen Beckedorf <strong>bis</strong> zum Deister) und witterungsbeständiger<br />

„Wealden“-Sandstein. Darin hinterlassen Riesensaurier Spuren beim heutigen Münchehagen<br />

(Steinbruch und Dinopark). Das durch Aufwölbung von Malm-Salzen nach oben gedrückte<br />

Festgestein der Rehburger Berge (eigentlich ein „Sattel“) hält der späteren Verwitterung stand<br />

und umgibt heute die „kesselartige“ Sinke („Reliefumkehr“) bei Wiedenbrügge-Schmalenbruch.<br />

Norddeutschland hebt sich und Festland dehnt sich aus. Zurück bleibt ein großer zentraler<br />

Brackwassersee – das „Niedersächsische Becken“. An dessen Südrand ist das Gebiet mit dem<br />

späteren <strong>Mardorf</strong>.<br />

Vor 120 – 80 Mio. Jahren ist extremer Vulkanismus im Pazifik. Es kommt zur Weltklimaänderung mit erneutem<br />

Anstieg des Meeresspiegels (+300 m) mit Überflutung Norddeutschlands und Bildung von<br />

Kalkstein und Feuersteinknollen (u. a. „Externsteine“ bei Detmold).<br />

Vor 65,5 Mio. Jahren (Beginn der Erdneuzeit – Känozoikum / früher auch Beginn des Tertiär) schlägt ein<br />

Trümmerteil (vom Asteroiden „Baptistina“ – 10 km groß) in Yucatan (Mexico) ein. Die Katastrophe<br />

(200 km Krater, Erdbeben, Tsunamis, Schwefelsäurewolken, Kälte) führt zum massenhaften<br />

Aussterben von 2/3 der Tier- und Pflanzenarten (u. a. aller Großsaurier). Die kleinen (haarigen)<br />

Säugetiere bekommen ihre Chance, vor allem in Walgebieten.<br />

Um 58,7 Mio. Jahren kommt es zu einem dramatischen Temperaturanstieg in nur 1.000 Jahren.<br />

Vor 55,8 Mio. Jahren beginnen Säuger die Bäume zu besiedeln. Weltweit wird es<br />

wärmer und feucht (Beginn der Bernstein-Bildung). Island entsteht!<br />

Vor 50 Mio. Jahren gilt die gesamte Erdoberfläche als eisfrei und der<br />

Meeresspiegel ist daher 70 m höher. Purgatorius (Zeichnung rechts)<br />

gelten als früheste (?) Primaten.<br />

Vor 47 Mio. Jahren gibt es erste Primaten (Trockennasenaffen als Vorläufer der<br />

Affen und Hominiden). Der Leinegraben (Tal der oberen Leine als Teil einer norddeutschen<br />

Bruchlinie der Erdkruste – „Westeuropäisches Riftsystem“) entsteht an der Grenze zwischen den<br />

Ost- und Westschollen Europas.<br />

Vor 40,4 Mio. Jahren beginnt sich das Himalaya-Gebirge allmählich aufzufalten (Indien trifft auf das südliche<br />

Asien).<br />

6


Vor 37,2 Mio. Jahren beherrscht der Riesenlaufvogel „Diatryma“ große Gebiete der Erde. Urpferde entwickeln<br />

sich.<br />

Vor 33,9 Mio. Jahren reicht die Nordsee mit einzelnen Buchten noch <strong>bis</strong> zum Harz und die jungen Alpen bilden<br />

sich (Italien trifft auf das südliche Europa).<br />

Vor 33,5 Mio. Jahren beginnt die aktuelle „Känozoische Kaltzeit“ (beide Pole vereisen völlig).<br />

Vor 33 Mio. Jahren erscheinen unter den Altweltaffen erste menschenartige Menschenaffen (noch als<br />

gemeinsame Vorfahren).<br />

Vor 27,8 Mio. Jahren ist der größte Vulkanausbruch aller Zeiten: „LaGarita-Caldera“ (Colorado, USA).<br />

Vor 23,03 Mio. Jahren gibt es in Europa große trockene Steppen- und Savannengebiete mit vielen Großsäugern<br />

und vor etwa 20 Mio. Jahren erste Wölfe und kleine Pferde.<br />

Vor 14,4 Mio. Jahren trifft ein Meteorit das Nördlinger Ries (Süddeutschland).<br />

Vor 10 Mio.<br />

Vor 6 Mio.<br />

Jahren entwickelt sich der Vormensch (Trennung vom Gorilla). Weltweit ist es warm und einige<br />

Menschenaffen lernen den aufrechten Gang (in Afrika vor 7-6 Mio. Sahelanthropus und vor 6,2-<br />

5,65 Mio. Orrorin).<br />

Jahren trocknet das Mittelmeer für 10.000 Jahre aus!<br />

Vor 5,3 Mio. Jahren breiten sich in den Steppen erste Gräser aus. Endgültige Trennung von Mensch und Affe<br />

(Schimpanse).<br />

Vor 4,4 Mio. Jahren gibt es in Ostafrika (Äthiopien) erste aufrecht gehende Hominiden (Ardipithecus / Größe<br />

über 1 m und Gewicht um 50 kg).<br />

(Zeichnung rechts AKG: der aufrechte Gang)<br />

Vor 4,2 Mio. Jahren (-2,4 Mio.) bildet sich die inneramerikanische<br />

Landbrücke und der Golfstrom entsteht.<br />

Vor 4,0Mio. Jahren (-2,9 Mio.) gibt es den Australopithecus<br />

Afarensis in Ostafrika.<br />

Vor 3,6 Mio. Jahren gibt es eine weltweite Abkühlung (seit 2,7<br />

Mio. aber stetiger Rückgang des Arktis-Eises um<br />

den Nordpol <strong>bis</strong> heute).<br />

Vor 2,588 Mio. Jahren am Beginn des Eiszeitalters (Pleistozän / Quartär) und der Ältesten Altsteinzeit<br />

(Altpaläolithikum in Afrika <strong>bis</strong> 250.000 / Beginn in Mitteleuropa später) erscheint in Afrika der Homo<br />

Rudolfensis (-2,3 Mio. / noch mit einfachen Schlaggeräten und Steinwerkzeugen).<br />

Vor 2,4 Mio. Jahren ist im nördlichen Europa die Brüggen-Kaltzeit und vor 2,3 Mio. Jahren die Prätegelen-<br />

Kaltzeit; entstanden durch die Festlandgletscher.<br />

Vor 2,1 Mio. Jahren ist die Tegelen-Warmzeit im nördlichen Europa (-1,6 Mio.).<br />

Vor 2 Mio. Jahren gibt es im heutigen Yellowstone Nationalpark (WY, USA) einen 1. Supervulkan-Ausbruch mit<br />

weltweiten Klimaverschlechterungen.<br />

In Afrika existieren erste Frühmenschen (-1,8 Mio. Australopithecus Sediba / Größe um 1,30 m).<br />

Vor 1,9-1,4 Mio. tritt dort der Homo Ergaster auf und vor 1,8-1,44 Mio. der Homo Habilis. Vor 1,8<br />

Mio. <strong>bis</strong> vor 40.000 Jahren baut der Homo Erectus zunächst noch in Afrika, später dann auch in<br />

Asien und Europa z. T. schon einfache Hütten, nutzt das Feuer und gebraucht Werkzeuge.<br />

Vor 1,6 Mio. Jahren kommt die Eburon-Kaltzeit über<br />

Nordeuropa (<strong>bis</strong> um 1,3 Mio.). Zu der Zeit<br />

gibt es im Yellowstone (WY, USA) einen<br />

2. Supervulkan-Ausbruch mit weltweiten<br />

Klimaveränderungen und den Beginn der<br />

Waal-Warmzeit (<strong>bis</strong> 900.000).<br />

Seit 1,2 Mio. Jahren siedelt der Homo Erectus auch in<br />

Mitteleuropa (<strong>bis</strong> 800.000 z. B. schon<br />

zwischen Main und Thüringen).<br />

Vor 1 Mio. Jahren beginnt der Bavel-Warmzeit-Komplex<br />

(-700.000).<br />

(Zeichnung J.Sibbicki – Mitteleuropa vor 900.000 Jahren)<br />

7


Vor 900.000 Jahren (-800.000) ist die Menap-Kaltzeit im nördlichen Europa.<br />

Vor 850.000 Jahren beginnt der Cromer-Warmzeit-Komplex mit 3 Kalt- und 4 Warmzeiten in Mitteleuropa.<br />

Vor 790.000 Jahren kommt es zum Hüttenbau und zur Sprachentwicklung des Homo Erectus.<br />

Vor 630.000 Jahren ist im Yellowstone (NP, Wyoming, USA) der 3.Supervulkan-Ausbruch mit weltweiten<br />

Klimaverschlechterungen.<br />

Vor 700.000 Jahren (– 350.000) hat sich der Homo Sapiens in Ostafrika entwickelt. Er jagt, lebt in Hütten und<br />

gebraucht ab 300.000 zielgerichtet das Feuer (Pyrit, Feuerstein, Holzstäbe). Er kommt vor<br />

150.000 Jahren über Kleinasien <strong>bis</strong> nach Südost-Europa. Dort und vor allem in Mitteleuropa trotzt<br />

aber bereits seit 600.000 Jahren der Homo Heidelbergensis (– 200.000 / später Homo<br />

Neandertalensis) den schwierigen Witterungsverhältnissen am jeweiligen Rand der Eismassen.<br />

Vor 500.000 Jahren beginnt in Mitteleuropa die Altsteinzeit (in Südeuropa schon vor 1,2 Mio. Jahren) mit der<br />

Achaleen-Kultur (<strong>bis</strong> vor 100.000 Jahren „Faustkeile“).<br />

Vor über 400.000 Jahren reicht die Elster-Kaltzeit (-320.000) mit 2 Vorstößen (– 340.000) <strong>bis</strong> ans<br />

Weserbergland (Karte oben: grüne Linie 1.). Große und viele kleine (<strong>bis</strong> zu 1 Mio. Jahre alte) Granit-<br />

Findlinge aus Skandinavien (viele Mittel-Schweden und auch Norwegen / Fotos weiter unten)<br />

verbleiben um <strong>Mardorf</strong>. Die Gletscherränder haben eine Höhe von 500-2.000 m und <strong>Mardorf</strong> liegt<br />

darunter.<br />

Das Gebiet zwischen den großen norddeutschen Urstromtälern (mit Fließrichtung von SO nach<br />

NW) nördlich des späteren Steinhuder Meeres bleibt auch bei zurückweichenden Eis unwirtlich<br />

und karg. Es gibt hier kaum Vegetation und schützende Höhlen, trotzdem aber schon Jäger mit<br />

ersten „Wurfspeeren“ (Schöningen).<br />

Bis vor 340.000 Jahren kommen weitere große Findlinge in <strong>Mardorf</strong>: Woldstedtstein im Hochmoor<br />

(Schlammpolder), Brasestein beim bergen zerbrochen und jetzt bei Nr.3 und Nr.211). Die Weser<br />

fließt noch vor Hameln Richtung Deister-Pforte nach Norden in das Leine-Urstromtal.<br />

Vor 370.000 Jahren beginnt die Holstein-Warmzeit (-250.000). Wasserbüffel, Löwen und Leoparden leben<br />

neben Auerochsen, Waldnashörnern.<br />

8


Der Davidstein an der Weißen Düne/Badestrand (Foto 1986) Der Goliathstein am Nethelnberg (Foto 2010)<br />

Vor 300.000 Jahren ist der Beginn des Saale-Kaltzeit-Komplexes (-130.000 / Karte weiter oben: rote Linie 2.) mit<br />

4 Kalt- und 3 Warmzeiten.<br />

Vor 230.000 Jahren beginnt die größte Ausdehnung des Gletschereises.<br />

Vor 210.000 Jahren erreicht die Saale-Kaltzeit mit der „Hamelner und Rehburger Phase“ von Nordosten unser<br />

Gebiet mit unzähligen Granit-Findlingen. <strong>Mardorf</strong> liegt zeitweise unter einer 250 Meter dicken<br />

Eisschicht. Die Leine muss für längere Zeit ca. 50 km weit nach Südwesten ausweichen, durch<br />

das spätere Steinhuder-Meer-Gebiet und mündet ungefähr bei Nienburg in das Weser-Urstromtal.,<br />

das damals ebenfalls viel weiter westlich über die Hunte und erst hinter Bremen seine Mündung<br />

(östlich der Ems) in einen riesigen Gletscherstausee hat.<br />

Vor 200.000 Jahren zum Ende der Saale-Kaltzeit (in deren letzten Warmzeit) sind Rentierjäger auch in der<br />

Gegend am Steinhuder Meer unterwegs (Alt-Steinzeit-Lager-Fund: Hohes Holz bei<br />

Großenheidorn). Menschlicher „Werkplatz“ am „Giebichenstein“ (ca. 330 to. – benannt nach dem<br />

„Zwergenkönig Geweke/Giebich“) bei Stöckse. Alle norddeutschen Flüsse werden durch die<br />

Gletscherbarriere nach Nordwesten abgelenkt. Es entsteht das Becken des späteren Steinhuder<br />

Meeres in einer Ebene des „pleistozänen“ Flachlandes zwischen den großen Urstromtälern von<br />

Leine/Aller und Weser/Hunte. Diese Sinke hat über den Ur-Meerbach bei Nienburg Anschluss an<br />

die großen Urströme.<br />

Später soll nach einer (nicht nachweisbaren) Theorie an der Stelle des heutigen scharfen Knicks<br />

nach Westen im Süden Nienburgs (kurz vor der Wesermündung) der Meerbach weiter nach<br />

Nordosten geflossen und bei Rethem in die Aller gemündet sein. Diesem evtl. früheren Verlauf<br />

folgt heute der „Schipsegraben“.<br />

(Darstellung von Hans Heinrich<br />

Meyer zeigt links den<br />

Gletscherrand am Urstrom und<br />

rechts die Geest)<br />

Vor 128.000 Jahren in der folgenden Eem-<br />

Warmzeit (-115.000) kommt<br />

es zur Sedimentbildung<br />

(Mudde) in den Vorgänger-<br />

Seen des heutigen<br />

Steinhuder Meeres (noch<br />

heute sind Reste im Boden).<br />

Vor 127.000 Jahren Mittlere Altsteinzeit<br />

(Mittelpaläolithikum <strong>bis</strong><br />

37.000) mit einfacher Stein-<br />

„Abschlagkultur“. Micoquien und Mousterien-Kulturen (-40.000). Familien verbinden sich zu<br />

(weiterhin) nomadisierenden Horden.<br />

Vor 115.000 Jahren bringt der Weichsel-Kaltzeit-Komplex (-10.700 / Karte weiter oben: gelbe Linie 3.)<br />

vorübergehend Stillstand in die hiesige menschliche Entwicklung. Die Nordsee ist <strong>bis</strong> 125 m Tiefe<br />

ausgetrocknet („Doggerland“). Die Eisränder enden aber schon östlich der Elbe.<br />

9


Aller-Weser-Urstromtal nach den Eiszeiten (mit <strong>Mardorf</strong> am Steinhuder Meer)!<br />

(Karten-Grundlage: Stadt-Land-Oldenburg)<br />

Vor 100.000 Jahren verlassen erste kleine Gruppen von „Homo Sapiens“ Ostafrika nach Norden durch die zu<br />

der Zeit „grüne Sahara“ (wasser- und vegetationsreich) <strong>bis</strong> in den Nahen Osten. Vor 75.000<br />

nehmen wegen der inzwischen wieder unüberwindlichen Wüste weitere, kleine Familienverbände<br />

des „moderne Menschen“ den Weg nach Osten („out of Africa“) über die damals fruchtbare<br />

südliche ara<strong>bis</strong>che Halbinsel. Nördlich des persischen Golfes trennen sie sich in verschiedene<br />

Gruppen.<br />

Vor 74.000 Jahren explodiert der Supervulkan „Toba“ auf Sumatra. Die „Caldera“ ist 100x30 km groß. Infolge<br />

des globalen „Vulkanischen Winters“ kommt es zur Abkühlung um <strong>bis</strong> zu 10° über 5-10 Jahre.<br />

Die weltweiten Klimaverschlechterungen (u. a. verstärkt sich die mittlere Weichsel-Kaltzeit 66.500-<br />

24.000 im nördlichen Europa). Der Homo Sapiens stirbt fast aus, setzt aber seine weltweite<br />

Ausbreitung weiter fort. Es ist aber auch der Beginn der Kleidungsherstellung! Kulturell sind in<br />

Europa die Blattspitzen-Gruppen (50.000-35.000) bestimmend.<br />

10


Vor 45.000 Jahren trifft der Homo Sapiens (<strong>bis</strong> 35.000 / später „Cro Magnon“ genannt) auf seinem Weg nach<br />

Mitteleuropa in Vorderasien auf dort lebende „Neandertaler“ (<strong>bis</strong> 2,4 % Vermischung). Das Klima<br />

ist feucht und der Meeresspiegel weltweit viel niedriger und so gelangt er schließlich <strong>bis</strong> an die<br />

mitteleuropäischen Eisgrenzen. Er ist leichtfüßig, Nomade, hat soziale Netzwerke, künstlerische<br />

Fähigkeiten (Flöte) und zählt zum „Handspitzen-Schaberkreis“.<br />

Der Homo Sapiens begegnet dem bereits seit 200.000 Jahren ansässigen (aber isolierten) Homo<br />

Neandertalensis. Dieser ist robust, bestens an seine harte Umgebung angepasst, <strong>bis</strong> 1,70 m groß<br />

und ernährt sich als Jäger fast nur von Fleisch. Der „Neandertaler“ ist überwiegend sesshaft (in<br />

Höhlen und oft an unzugänglichen Felswänden), glaubt an einen Gott und beerdigt seine<br />

Verstorbenen in aufwendigen Grabstätten. Dennoch stirbt seine Art <strong>bis</strong> vor 20.000 endgültig aus<br />

und der „moderne Mensch“ nimmt seine Siedlungsgebiete ein.<br />

Vor ca. 40.000 Jahren beginnt die Domestizierung des Wolfes. Als Hund wird er Begleiter des Menschen.<br />

Vor 37.000 Jahren Beginn der Jüngere Altsteinzeit (Jungpaläolithikum -10.000) und die Aurignacien-Kultur<br />

(35.000-28.000 / Höhlenmalereien) kommt aus dem südwestlichen Europa. Vor 28.000 Jahren<br />

blüht die Gravettien-Kultur (-21.000) <strong>bis</strong> ins mittlere Europa. Vor 21.000 (-18.000) Jahren ist<br />

„Glaziales Maximum“ in der Weichsel-Kaltzeit.<br />

Die Haut der Mitteleuropäer wird heller. Die Tierwelt südlich der zurückweichenden Gletscher wird<br />

bestimmt vom Mammut. Aber auch Wisente, Wildpferde, Eisfüchse, Wölfe, Elche sind zahlreich<br />

vorhanden. Sogar Moschusochsen, Kaltsteppen- und Wollhaar-Nashörner kommen hier vor.<br />

Aber einige (heute exotische) Pflanzen schaffen es nach der jeweiligen Eiszeit nicht wieder zurück<br />

in unsere Vegetation: Ölweide, Magnolie, Mammutbaum und Esskastanie bleiben südlich der<br />

Alpen.<br />

Vor 20.000 Jahren (in der oberen Weichsel-Kaltzeit) erstreckt sich eine eiszeitliche (nicht vergletscherte) inselund<br />

tundrenartige Moräne (mit Permafrost) von der (späteren) Düsselburg-Rehburg, über <strong>Mardorf</strong><br />

und Schneeren (auch Grundmoränen) nach Norden, endet am Aller-Urstromtal bei Steimbke<br />

und reicht als Höhenzug nach Westen <strong>bis</strong> ins Emsland. Die Endmoränen der "Rehburger Phase“<br />

(vor 210.000 Jahren) sind beim Abschmelzen des Gletschereises am südlichen Gletscherrand als<br />

vorher aufgeschobene End- oder Stauchmoränen zurückgeblieben. Später werden diese<br />

Hügelketten mit Sand überweht. Die damals vorherrschende Windrichtung ist Ost-Südost.<br />

Vorübergehende Besiedlung ist klimatisch möglich gewesen.<br />

Vor ca. 19.000 Jahren wird der „Speerwerfer“ (Hilfe) „Atlatl“ entwickelt – infolge dessen auch Bogen und Pfeil.<br />

Vor 16.000 Jahren erlebt Norddeutschland im „Hochglazial der Weichsel-Kaltzeit“ einen neuen Kälte-Tiefpunkt.<br />

Vor 15.000 Jahren wird die Kultur in dieser noch fast baumlosen Steppenlandschaft bestimmt von der aus<br />

Nordwesten kommenden „Hamburger-Gruppe“(-14.000) und der Magdalenien-Kultur (-11.500), die<br />

aus Südwesten vorrückt.<br />

Es entstehen an der nördlich des (Ur-) Steinhuder Meeres<br />

gelegenen Endmoräne die (Binnen-) Sanddünen (bei<br />

<strong>Mardorf</strong> u. a.: die Weißen Berge, der Poggendieksberg,<br />

der Weiße Berg, Diepholzberge und die Schwarzen<br />

Berge). Die Niederung ist damals noch ein großes Wasseru.<br />

Sumpfgebiet. Die Dünen sind vorwiegend<br />

Wanderdünen mit Nord-Richtung und z. T. noch <strong>bis</strong><br />

unsere Zeit in Bewegung. Das Verteilungsgebiet besteht<br />

aus 3 Hauptbereichen (siehe Übersichtskarte „Dünen“ weiter<br />

unten).<br />

Selbst die relativ kleine Düne des „Poggen“ hat noch nach<br />

der Bildung des Niedermoores „Torfbergswiesen“<br />

(Entstehung <strong>bis</strong> vor 7.000 Jahren) am östlichen heutigen<br />

Dorfrand Sand darüber geweht (auf dem Foto oben 2012<br />

beim Aushub des Regenrückhalteraums „Kaarbuschweg wieder<br />

als helle Schicht sichtbar / die verbliebene Torfschicht darunter<br />

fast schwarz – Blickrichtung zum „Poggen“).<br />

An der Uferlinie des sich bildenden Meeres werden erste kleine Sandstrände hinterlassen. Statt<br />

gutem Lößboden bleibt aber um <strong>Mardorf</strong> am Ende der Eiszeiten nur Sand, Kies und Geröll zurück.<br />

11


Dünen um <strong>Mardorf</strong>:<br />

Das Steinhuder Meer:<br />

Eine Legende besagt, dass es vor langer Zeit noch Riesen auf den Bergen im Grinder Wald gab. Unter Kiefernwurzeln lebten<br />

aber auch Zwerge. Sie spielten den Hünen oft einen Schabernack. Dabei geriet einer der Riesen einmal in große Wut und die<br />

Zwerge mussten fliehen. Doch kaum hatten sie den Wald hinter sich gelassen, wurden sie auch schon entdeckt. Ärgerlich<br />

stampfte der Riese sie mit seinem Stiefelabsatz tief in den Boden. Dadurch entstand ein großes Loch, das sich mit den Tränen<br />

der Zwerge füllte. Es wurde später das Steinhuder Meer genannt. Der Riese hatte auch Sand in den Stiefel bekommen. Er<br />

schüttete ihn vor sich aus und so entstand der Weiße Berg.<br />

Foto: Der Weiße Berg ist noch nach 1975 als Wanderdüne erkennbar<br />

Ein anderer Riese mit Namen „Goliath“ wollte der Stärkste und<br />

Mächtigste sein im ganzen Lande. Eines Tages stand er auf dem<br />

„Brunnenberg“ in den Rehburger Bergen und hatte einen großen Stein in<br />

der Hand. Als er ihn gerade fortwerfen wollte, stand plötzlich ein kleiner<br />

Junge vor ihm mit dem Namen „David“. Er fragte: „Darf ich mit<br />

werfen?“ Höhnisch lachte der Riese und dachte: „Na, dich werde ich<br />

schon kriegen.“ David suchte schnell einen Stein und es konnte<br />

losgehen. Ein Schwung und die Steine flogen durch die Luft. Doch<br />

Goliaths Stein flog nur <strong>bis</strong> zum „Nethelnberg“ (Lüttjen <strong>Mardorf</strong>),<br />

während der von David es <strong>bis</strong> zur Weißen Düne schaffte. Über diesen misslungenen Wurf war der Riese sehr ärgerlich. Er<br />

nahm sein Schwert und schlug den großen Stein mitten durch. So wurde der viel größere Goliathstein das erste Mal geteilt<br />

(nach 1900 wurde er durch Sprengungen noch kleiner).<br />

1952 aufgeschrieben von Magda Kliemek <strong>Mardorf</strong> Nr.194<br />

12


Eine andere Legende von Anwohnern um das Meer vermutet die Entstehung des Steinhuder<br />

Meeres durch einen Erdfall, bei dem eine ganze Ortschaft mit Kirche und Glocken versank.<br />

Tatsächlich lebten vor über 140 Mio. Jahren Riesenechsen („Dinosaurier“) im<br />

Gebiet der heutigen Rehburger Berge. Viele Fußspuren sind bei Münchehagen<br />

(Foto „Dinopark“) im Sandstein erhalten geblieben.<br />

Die Forschung über die Entstehung des Meeres lässt mehrere Möglichkeiten zu:<br />

Das Becken des „(Ur-) Steinhuder Meeres“ wird in der späten Weichsel-Kaltzeit (Dryas-Tundrenzeit - <strong>bis</strong> vor<br />

13.800 Jahren) mit Flusskies und -sanden vollkommen verfüllt (u. a. durch die eiszeitliche „Leine“ aus Thüringen<br />

kommend). Darunter im Dauerfrostboden verbleiben (z. T. durch kapillaren Aufstieg) Reste von Eismassen und<br />

bilden Eislinsen (sogen. „Toteisblöcke“), die dann langsam im Laufe der Klimaerwärmung abschmelzen. Die<br />

Oberflächensande sacken in die bestehende Mulde (oder Mulden) nach. Ein oder mehrere kleine Flachseen (z.<br />

T. mit "Vermoorung" z. B. Hagenburger Moor) sind entstanden.<br />

Diese Mulde ist schon früher im Erdzeitalter des Perm (vor 280 Mio. Jahren) entstanden, als sich Kali-<br />

Salzstöcke im Untergrund (bei 150 - 1500 m Tiefe) bildeten, die später (wahrscheinlich erst vor einigen Tausend<br />

Jahren) tektonisch (oberflächennahe Bewegungsvorgänge) umgelagert und verformt werden. Bei Kontakt des<br />

Steinsalzes mit Grundwasser kommt es zu "Ablaugungserscheinungen"; dabei wird Salz im Wasser gelöst und<br />

abtransportiert. Dies hat zur Folge, dass sich große Hohlräume bilden, die schließlich das darüber anstehende<br />

Deckgebirge unterirdisch zum Einsturz ("Erdfall") bringen. Der Einbruch im Salz reicht von nahe der Oberfläche<br />

(<strong>bis</strong> 1.000 m Tiefe) in Erdschichten und Gesteinsverwerfungen darunter z. T. in komprimierter Form noch <strong>bis</strong> ca.<br />

3.000 m tiefer. Kalisalz ist deshalb nur südlich und nördlich des Meeres abbaubar.<br />

Das Steinhuder Meer (hell- <strong>bis</strong> dunkelblau zeigt die Ostverschiebung, überwiegend an der 40 m Höhenlinie/Geestkante).<br />

Seit fast 14.000 Jahren geht die allmähliche Verlandung und Verlagerung des Meeres von Westen (Rehburg)<br />

nach Osten: Mit Verlandung im Westenmeer und Verschlammung besonders vor dem Meerbachtrichter, aber nur<br />

geringfügige Ausdehnung im Ostenmeer, die zudem durch die Sandbarrieren vor dem Toten Moor begrenzt wird.<br />

Das Steinhuder Meer ist ein Binnensee. In den ältesten Urkunden lateinisch „mare“ (Meer) genannt, wird im<br />

17.Jhd. in Norddeutschland das mittelalterliche niederdeutsche Wort „meri“ (für Teich oder See) durch das<br />

Hochdeutsche „mari“ (für Meer oder See) abgelöst. Beides steht im Sprachraum von Flandern <strong>bis</strong> Niedersachsen<br />

<strong>bis</strong> heute für ein Binnengewässer. In den Niederlanden wurde z. B. die „Zuiderzee“ als Teil der offenen Nordsee<br />

(das Hochdeutsch eigentlich „Nordmeer“ heißen müsste) durch den Abschlussdeich zum „Ysselmeer“.<br />

13


Vor 14.400 (<strong>bis</strong> 9.000) Jahren gedeihen in dieser Gegend schon erste Weiden, Birken und Kiefern.<br />

Vor 14.300 Jahren gelangen aus Ostsibirien, über Alaska und an der pazifischen Seite Nordamerikas, entlang<br />

der Gletschermassen (auf damaligem Festland), die ersten „Indianer“ <strong>bis</strong> nach Feuerland.<br />

Vor 13.800 Jahren endet die älteste Tundrenzeit (Dryaszeit) mit der Alleröd-Warmzeit, die vor 13.590 Jahren in<br />

die ältere Tundrenzeit (-13.400) übergeht. In der jüngeren Tundrenzeit (12.730-11.700) erfolgt ein<br />

erneuter globaler „Kälterückfall“. Hervorgerufen evtl. durch die „Clovis-Kometen/Meteoriten-<br />

Explosion“ über Südost-Canada (Laurent. Eisschild / 12.900 Flächenbrände, Staubstürme,<br />

weltweite Erwärmung und dann wieder Abkühlung). Viele eiszeitliche „Mega-Säugetierarten“<br />

sterben aus und menschliche Kulturen in den eisnahen „verwüsteten“ Gebieten verschwinden. Die<br />

zurückweichenden Gletscher lassen die Ostsee entstehen. Vor 12.000 Jahren üben hier die<br />

Federmesser-Gruppen (-10.700) kulturellen Einfluss aus. In China werden Tontöpfe hergestellt<br />

und Reis kultiviert.<br />

Vor 12.000 Jahren endet die Alt-Steinzeit (Paläolithikum) mit dem ausgehenden Pleistozän.<br />

Vor 11.700 Jahren beginnt die Nacheiszeit („heutige Warmzeit“ in der noch andauernden Kaltzeit – das<br />

Holozän). Aus Nordosten hat die Bromme-Kultur (11.700-11.000) und die Spätpaläolith-Kultur<br />

(11.500-10.000) Einfluss. Menschen im Flachland bauen schon einfache Hütten, oft in Ufernähe<br />

eines Flusses oder Sees. Im nördlichen Bereich des Steinhuder Meeres kommt es jedoch vorerst<br />

immer nur zu einer zeitlich begrenzten Besiedlung.<br />

In <strong>Mardorf</strong> gefundene Gegenstände aus der Zeit des ausgehenden Spät-Paläolithikums <strong>bis</strong> vor<br />

ca. 10.000 Jahren). Diese Gegenstände waren im Original viele Jahre in der neuen Schule an der<br />

Eichendorffstraße in Vitrinen ausgestellt – sind aber leider nach und nach abhanden gekommen.<br />

Fotos sind <strong>bis</strong>her keine bekannt. Renate Schmidt <strong>Mardorf</strong> Nr.33 hat aber am 1.10.1967 eine<br />

umfassende Arbeit über die Relikte erstellt und dazu diese Zeichnungen gefertigt:<br />

Flintwerkzeuge (Feuerstein), Steinbeile (Zeichnungen oben) nachweisbar an drei Stellen in<br />

<strong>Mardorf</strong>: a) Westlich: Wester-<strong>Mardorf</strong> / In den Weißen Bergen / Unterm Lindenberg. b) Nördlich:<br />

Um den Bannsee. c) Östlich: Bei Lütjen Mardrup / Am Weißen Berg / In den Schwarzen Bergen.<br />

Mit dem Einbaum kann man damals vom Bannsee, über den Kolkdobben zum Meer und weiter <strong>bis</strong><br />

nach Rehburg fischen und transportieren. Uferrandbesiedelung am nordöstlichen Meer mit 1-2<br />

Höfen und unter 30 Einwohnern – für die Zeit aber eine relativ dichte Besiedlung.<br />

14


Weitere Funde am Steinhuder Meer (Nordufer <strong>Mardorf</strong> / Lehrer Heinrich Dannenberg und A.Meier-Böke):<br />

Bodenschichten der<br />

Sanderflächen im<br />

Geestgebiet (Auch große<br />

Teile nördlich des<br />

Steinhuder Meeres sind<br />

Geest. Eine Boden-<br />

Verbesserung ist nur<br />

durch aufbrechen und<br />

düngen möglich)<br />

Vor 11.000 Jahren (-7.000) entstehen unabhängig vom<br />

Steinhuder Meer erste kleine Niedermoore<br />

vorwiegend im Westen und Nordwesten von<br />

<strong>Mardorf</strong>, aber auch am östlichen heutigen<br />

Dorfrand (Torfbergswiesen, Bultgärten). Die<br />

Hochmoore bilden sich erst vor 3.700 Jahren. (2 Zeichnungen aus NWReisemagazin): 1. Faulschlamm<br />

setzt sich in Schmelzwasserseen ab. 2. Versumpfungsgebiete verlanden. 3. Abgestorbene Pflanzen vertorfen –<br />

Niedermoor entsteht. 4. Es bilden sich Erlen- und<br />

Birkenbruchwälder. 5. Bruchwaldtorf entsteht (ca.<br />

7.000 v. Chr.). 6. Torfpolster ersticken die<br />

Bruchwälder, und abgestorbene Torfmoose<br />

vertorfen (ab 5.500 v. Chr.). Untere Schichten mit<br />

stark zersetztem Schwarztorf – obere Schichten mit<br />

schwach zersetztem Weißtorf.<br />

Sagen zum Moor finden sich im Kapitel C4 („Kiepenfrau – Hohokerl“, „Huckupp“, „Moorgeister“).<br />

15


Vor 10.700 Jahren (um 8700 <strong>bis</strong> 8000 vor Christi Geburt) kommt die Ahrensburger-Gruppe von Nordwesten auch<br />

<strong>bis</strong> in diese Gegend.<br />

Um 8500<br />

Bis 8200<br />

Um 8000<br />

v. Chr. also vor 10.500 Jahren entsteht die erste feste Besiedlung westlich des heutigen<br />

<strong>Mardorf</strong> in den Weißen Bergen in der Nähe der damaligen Uferlinie des Steinhuder Meeres. Das<br />

hat zu der Zeit eine nördliche Bucht <strong>bis</strong> etwa zur Moorhütte und einen südlichen Meeresarm <strong>bis</strong><br />

Steinhude. Die westliche Ur-Ausdehnung des Meeres hinter Rehburg ist schon größtenteils<br />

verlandet. Ebenso ist der südliche Bereich beim Hagenburger Moor nicht mehr als reines<br />

Gewässer zu betrachten. Gleichzeitig geht aber die östliche Erweiterung weiter.<br />

v. Chr. (vor 10.200 Jahren) ist die Weichsel-Kaltzeit vorbei.<br />

v. Chr. (vor ca. 10.000 Jahren) beginnt die Mittelsteinzeit (Mesolithikum <strong>bis</strong> 5000 v. Chr.). Die<br />

Hasel (Busch) breitet sich aus. Die Mikrolithen-Kultur mit „Feingeräten“ hat ihre Blütezeit. Die<br />

Maglemosekultur (8000-6000) und Beuronien-Kultur (7700-5800) wirken aus Nordosten <strong>bis</strong><br />

hierher. Nach dem katastrophalen Bruch des kanadischen (Laurentischen) Eisschildes folgt in<br />

wenigen Hundert Jahren eine weltweite Überflutung und der Golfstrom kommt vorübergehend zum<br />

erliegen (biblische „Sintflut“ ?). Eine erneute Kaltzeit und die folgende mittlere Warmzeit<br />

(Atlantikum <strong>bis</strong> vor 4000 v. Chr.) führen zum endgültigen Aussterben eiszeitlicher Tierarten (z. B.<br />

Wollhaarmammut) und Menschen werden wieder kleiner (Größe ca. 1,55 m).<br />

Weitere Funde am Steinhuder Meer (Nordufer <strong>Mardorf</strong> / Lehrer Heinrich Dannenberg und A.Meier-Böke):<br />

16


Um 7500<br />

Um 7000<br />

v. Chr. werden die Sommer wieder wärmer und feuchter. Die Steppe wird zur Tundra. Eichen-<br />

Mischwälder mit Ulmen und Linden verdrängen (<strong>bis</strong> 6200<br />

v. Chr.) Birken und Kiefern auf die Sand- und Moorflächen.<br />

Jäger und Sammler müssen sich umstellen, es beginnt erste<br />

Landwirtschaft mit Getreideanbau (veredelte Grassamen)<br />

und der Zucht von Ziegen und Schafen.<br />

v. Chr. ist England noch mit dem europäischen Festland<br />

verbunden.<br />

Um 6000<br />

v. Chr. reicht die Fläche des späteren Steinhuder Meeres<br />

noch von Rehburg <strong>bis</strong> vor den Weißen Berg und am sumpfigen Nordufer stehen möglicherweise<br />

Pfahlbauten am oder im Wasser (Modell rechts ähnlich)?<br />

5500 v. Chr. Mitteleuropäische Jungsteinzeit (Spätsteinzeit/Neolithikum <strong>bis</strong> 1600 v. Chr.). Von Süden<br />

kommt die Linearbandkeramik (-4900) <strong>bis</strong> an die Lössgrenze der Leine. Der Durchschnittsmann ist<br />

1,65 m groß und Jäger und Sammler.<br />

Um 5000<br />

Es gibt erste feste aber kleine Siedlungen im Bereich <strong>Mardorf</strong>. Vereinzelt entstehen Einbäume<br />

(Funde: 1928 am Ufer vor der DJH, im <strong>Mardorf</strong>er Hoch-Moor ?, 1936 im Bannsee und 1935 im<br />

Meer vor Lüttjen <strong>Mardorf</strong>). Lt.C14 Analyse v.1982 ca. 5.900 Jahre alt und damit ältestes Boot<br />

Norddeutschlands in der Bauart der Frühkulturen.<br />

v. Chr. kommt es im Klimaoptimum (Europa ist völlig eisfrei. Höhepunkt der heutigen Warmzeit<br />

vor ~6000 Jahren) zur Erfindung des Rades. Aus Südosten<br />

kommt die Stichbandkeramik-Kultur (4900-4500), aus Osten<br />

die Rössener-Kultur (4600-4300) und Gaterslebener Gruppe<br />

(4400-4200).<br />

4300 v. Chr. Die Trichterbecher-Kultur (Foto rechts) (-3000 / in<br />

Verbindung mit der nordeuropäischen Megalith-Kultur<br />

„großer Stein“ / 3500-2000 v. Chr. Niederlande,<br />

Norddeutschland, Polen <strong>bis</strong> Schweden) leitet in Niedersachsen die Jungsteinzeit (-2300), teilweise<br />

auch die frühe Kupfersteinzeit ein. Es herrscht ein tiefer „Jenseitsglaube“ bei den Menschen der<br />

Zeit. Laubgehölze (Ahorn, Esche, Erle).<br />

4000 v. Chr. Die Besiedlung findet verstärkt entlang der gesamten <strong>Mardorf</strong>er Geestkante (nördlich des<br />

damaligen Meeres – etwa an der 40 m Höhenlinie) statt. Von Westen kurz vor Rehburg <strong>bis</strong> nach<br />

Osten zum Toten Moor. Im <strong>Mardorf</strong>er Buchholz (nördl. des Wilden Moores) werden 1903 bei Land-<br />

Vermessungen 2-3 Hügelgräber (Bronzezeit) und 1939 südlich der Häfern (<strong>Mardorf</strong>er Riethe) 16<br />

Hügelgräber (meist aus der Jungsteinzeit) entdeckt.<br />

Diese Gräber haben nur einen zentralen Holzhohlraum; sind einfach und ohne Eichensärge oder<br />

Steineinfassungen. Die<br />

vorbereiteten Körper<br />

werden in einem Tuch<br />

oder Eingeäscherte mit<br />

einer Urne bestattet.<br />

Das Kreuzholz(-moor) ist<br />

einer der häufigsten<br />

späteren Fundorte für<br />

solche Gräber (Foto). In<br />

anderen Gegenden wird<br />

vorwiegend mittels<br />

großer Findlinge eine<br />

zentrale begehbare<br />

Grabkammer mit<br />

angrenzenden<br />

Nebengräbern auf und in<br />

den trockenen sandigen Moränenboden gebaut. Darin befinden sich hölzerne oder steinerne<br />

Behältnisse zur Bestattung der vorher „entfleischten“ Knochen („Exkarnation“) mit allerlei<br />

Beigaben. Die Hügel werden durch mehrfache „Überbauung“ zwischen 1 und 13 m hoch.<br />

17


(4000 v. Chr.) Mehrere Generationen nutzen dieselbe Grabstelle,<br />

bevor sie verschlossen und mit Erde bedeckt wird.<br />

Gleichzeitige oder spätere Kulturen leeren die<br />

vorgefunden Grabstellen wieder und nehmen sie für<br />

ihre Bestattungen.<br />

(Schematische Darstellung des Aufbaus eines Hügelgrabs)<br />

Die Tierwelt in den Moor-, Sumpf- und Wassergebieten ist sehr Artenreich. Es gibt Biber, Otter,<br />

Wolf, Luchs, Wisent, Auerochs (Urrind), Wildschweine und<br />

vereinzelt auch mal Bären.<br />

Die Menschen der damaligen Zeit sind Jäger (Wild als Frischund<br />

Dörrfleisch – u. a. Rehwild und Wildschweine) und<br />

Sammler (Honig, Beeren und Früchte – frisch und getrocknet).<br />

Fischer (in den Bächen, Teichen, vielen kleinen Seen und am<br />

Uferrand des Meeres – u. a. Aal, Karpfen, Hecht, Wels,<br />

Steinbeißer / Zeichnung rechts und alle Arten von Weißfischen)<br />

und Vogelfänger (Wildvögel) sorgen für ein reichhaltiges<br />

Nahrungsangebot. Ihre<br />

kleinen Hütten haben<br />

Reetdach,<br />

Weidengeflecht-Wände<br />

mit Lehmputz (Abdichtung<br />

mit Birkenrindenteer).<br />

Foto rechts (Wiegand HV Schneeren) zeigt<br />

ein vermutetes ehemaliges Seeufer am Rand<br />

des Häfern, die Karte unten die frühe<br />

Besiedlung um <strong>Mardorf</strong>. Die beige Fläche verdeutlicht den vermuteten nacheiszeitlichen See. Das frühe Steinhuder Meer<br />

und die noch zahlreichen kleineren Seen sind hellblau dargestellt (nach 1937 Hübotter-Hamster).<br />

18


Um 3900 v. Chr. (lt. C14 Analyse / Neolithikum) wird das älteste Wasserfahrzeug Niedersachsens datiert -<br />

ein Einbaum gefunden im Steinhuder Meer und ausgestellt auf dem Wilhelmstein (Aufbau-Skizzen<br />

davon und eines weiteren Fundes vor <strong>Mardorf</strong> unten).<br />

Ab 3500<br />

v. Chr. entwickelt sich erst<br />

allmählich eine bäuerliche<br />

Lebensweise in den<br />

Geestgebieten (schlechte<br />

Bodenergiebigkeit). Im Bereich<br />

<strong>Mardorf</strong> gibt es noch heute<br />

Äcker mit den geringsten<br />

Bodenpunkten. Die Viehzucht<br />

beginnt mit dem Haus-Schaf,<br />

Ziegen, (schon seit längerem)<br />

domestizierten Wildschweinen<br />

und ersten Hausrindern.<br />

Vereinzelt wird auch schon<br />

Geflügel gehalten. Pferde<br />

spielen zu dieser Zeit hier noch<br />

keine Rolle. Daneben gibt es<br />

erste Versuche im<br />

Getreideanbau (Einkorn,<br />

Dinkel, Emmer, Zwerg- und<br />

Saatweizen, Gerste, Hirse) und<br />

Anbau von Ackerbohne, Erbse,<br />

Linse, Schlafmohn sowie Leindotter (Flachs). Die Kenntnis darüber gelangt in einem langen<br />

Zeitraum aus dem nahen Osten<br />

über den Balkan schließlich auch<br />

ans Steinhuder Meer.<br />

<strong>Mardorf</strong>er Bauernhof in der<br />

Jungsteinzeit in Ufernähe (Zeichn.<br />

Volksschule 1958)<br />

Wichtige frühe Handelswege führen<br />

an der Weser und Leine von Süden<br />

nach Norden (in der Nähe des<br />

Meeres) entlang. Die Verbindung<br />

der einzelnen kleinen Siedlungen<br />

erfolgt noch über lange bekannte<br />

Pfade durch die dichten Wälder,<br />

großflächigen Moor- und<br />

Sumpfgebiete. Erst der Gebrauch<br />

von Kuh- oder Ochsen-Gespannen<br />

macht besonders befestigte breitere<br />

Wege notwendig, denn seit kurzem<br />

ist auch in Norddeutschland das<br />

Rad für Transport-Wagen im<br />

Einsatz (aber noch mit einteiligen<br />

Holz-Scheibenrädern und starren<br />

Achsen). So entstehen die ersten „Bohlenwege“ nach Rehburg (noch immer unter der<br />

Asphaltdecke der heutigen L360 kurz vor den ersten dortigen Häusern – bei Nebel ist die moorige<br />

Stelle gut zu erkennen) und im nördlichen damaligen Seengebiet nach Husum und Brokeloh. Man<br />

verlegt Längshölzer aus Erle in den feuchten Boden. Darauf werden die Eichen-Querbohlen<br />

seitlich mit Holzzapfen befestigt. Darüber eine Lage Sand und ein gut zu befahrener Überweg ist<br />

fertig. Für 100 m Bohlenweg werden ca. 230 mittlere Eichen benötigt.<br />

3100 v. Chr. Zeit der Kugelamphoren (-2700). Weitere Laubbäume besiedeln vereinzelt unser<br />

Geestrandgebiet: Erste Rotbuchen und besonders Hainbuchen wachsen in wenigen Wäldern.<br />

Die Hütten werden allmählich größer (manche Häuser sind schon <strong>bis</strong> zu 13 m lang und 5 m breit),<br />

bleiben aber vom Baustil her fast unverändert (Zeichnung eines gemeinschaftlichen Baus weiter unten<br />

rechts).<br />

19


Noch vor 3000 v. Chr. gibt es entwickelte Kulturen mit Ackerbau,<br />

Bewässerung und Schrift in Mesopotamien (Babylon),<br />

im Nahen Osten (Palästina, Phönizien), in der Ägäis<br />

entsteht ab 3100 das Minoische Reich und zw.3032-<br />

2707 herrscht in Ägypten die 1.u.2.Dynastie des Alten<br />

Reiches. In China beginnt ab 2200 die Xia-Dynastie am<br />

Hwangho. Um 2000 beginnt in Indien der Hinduismus.<br />

3000 v. Chr. entsteht das Großsteingrab „Krähe“ bei Stöckse.<br />

Zw.2800-2400 v. Chr. kommt von Südwesten die Glockenbecher-<br />

Kultur und von Osten die Schnurkeramik-Kultur (mit<br />

Streitaxt und Pferden). Es kommt zur „Vermischung<br />

der Völker“. Sie bestatten („Niederlegung“) schon die<br />

ganzen Körper ihrer verstorbenen Angehörigen. Es<br />

schließt sich die Dolchzeit (2300-1600) an.<br />

Zw.2800-2300 v. Chr. entstehen viele Einzelgräber (Hünengräber, Großsteingräber, Steinhäuser) unter<br />

Erdhügeln (Grabhügeln, auch „Grablege“ genannt).<br />

Bis 2300<br />

Karte zur Ausdehnung der Megalith-Kulturen (-2000 v. Chr. /<br />

braun / <strong>Mardorf</strong> am südl. Rand)<br />

Steinhäuser mit Körperbestattung (wie damals in ganz<br />

Norddeutschland üblich) werden auch im Nordosten von<br />

<strong>Mardorf</strong> (2 davon Nähe Bannsee) gefunden. Die Findlinge<br />

werden aber <strong>bis</strong> 1826 für den Chausseebau nach<br />

Schneeren verwendet und die Gräber <strong>bis</strong> 1910 gänzlich<br />

abgetragen. Sie sind ursprünglich 55 Fuß (16 m) lang, 10 Fuß<br />

(2,9 m) breit und in 5 Abteilungen (Ost-West Richtung)<br />

gegliedert.<br />

v. Chr. Die Fotos unten links und Mitte zeigen ähnliche<br />

Steinhäuser in Norddeutschland. Die Zeichnung unten<br />

rechts (nach J.H.F.Bloemers, NL) zeigt den mühsamen Bau einer solchen Anlage: a) Mit<br />

Ochsengespannen und Rollen werden die großen reichlich vorhandenen eiszeitlichen Findlinge<br />

herangeschafft. b) Die Steine werden über Rampen an einem provisorischen Bodenhügel<br />

aufgerichtet. Die Zwischenräume der Steine werden mit Trockenmauerwerk verschlossen. c) Die<br />

Deckensteine werden über Sand-Rampen hochgezogen.<br />

d) Eine zusätzliche Findlings-Einfassung bildet den Rand des<br />

späteren Erdhügels aus Sand. Die eigentliche Grabkammer<br />

wird wieder freigelegt.<br />

2204 v. Chr. Komet „Hale-Bopp“ fast ein Jahr am Tage sichtbar.<br />

2200 v. Chr. beginnt im nördl. Europa die Frühe Bronzezeit (-1600).<br />

Bei <strong>Mardorf</strong> wird 1893 eine Bronzenadel mit einfachem Kopf aus einem Hügelgrab geborgen.<br />

2100 v. Chr. sind Transport-Wagen lenkbar und haben mehrteilige Scheibenräder.<br />

Noch vor 2000<br />

v. Chr. soll Abraham als Stammvater der Juden, Christen und Moslems gelebt haben.<br />

1700 v. Chr. entstehen Hochmoore (östlich von <strong>Mardorf</strong> besonders um das Große oder Tote Moor)<br />

möglicherweise in den Resten eines großen nacheiszeitlichen Sees (Aufbau siehe vor 11.000<br />

Jahren).<br />

20


Zw.1630-1625 v. Chr. Vulkanausbruch „Santorin“<br />

(Ägäis) mit schweren Folgen besonders<br />

für Südeuropa.<br />

1600 v. Chr. Mittlere Bronzezeit (-1300 /<br />

„Himmelsscheibe“ Nebra /<br />

Hügelgräberkultur). Bäuerliche<br />

Besiedlung (Rechteckhäuser) erfasst<br />

jetzt den südwestlichen Teil des<br />

heutigen <strong>Mardorf</strong>s, entlang der<br />

Geestkante nach Westen („Wester-<br />

<strong>Mardorf</strong>“) und auch am Nordufer („Lüttjen <strong>Mardorf</strong>“). Im Buchholz (nördl. Wildes Moor) werden<br />

1903 2-3 Hügelgräber entdeckt. 1940 drei Hügelgräber am Bannsee und Fund einer Bronzeaxt<br />

ohne Schaft (5-7cm / Zeichn. Renate Schmidt, Nr.33) im Torf am „Neuen Damme“ (Bieförth).<br />

1500 v. Chr. entstehen erste schriftliche Aufzeichnungen der alten chinesischen Kultur.<br />

Vor über 1400<br />

v. Chr. soll Moses als einer der wichtigen Verfasser des „Alten Testaments“ gelebt haben.<br />

1300 v. Chr. Späte Bronzezeit (-800 / Urnenfelder-Kultur). Es werden um 1833 bei Grabungen und<br />

später beim Abbau in Kies- und Sandgruben viele Urnengräber (Urnenscherben/Leichenbrand)<br />

entdeckt – stellenweise sind es richtige „Friedhöfe. Die Reste nach der Totenverbrennung werden<br />

zuerst auch ohne Urne bestattet. Die Urnen haben sehr unterschiedliche Formen. Die<br />

Norddeutsche Bronze-Kultur reicht <strong>bis</strong> zur Porta Westfalica.<br />

An der Leine (Empede als nächster Punkte zum nördlichen Steinhuder Meer) führt einer der<br />

wichtigen Handelswege von Süd nach Nord für Kupfer und Bernstein.<br />

1240 v. Chr. entsteht ein Sequoia im gleichnamigen Park (USA) und wächst noch im Jahre 2013!<br />

Um 1000<br />

v. Chr. verdrängen erste Buchen (besonders Hainbuchen) die noch vorherrschenden Eichen.<br />

Bildet sich die „Eiform“ des Steinhuder Meeres endgültig heraus. Das Ufer ist immer noch sehr<br />

uneinheitlich und hat nur wenige offene Abschnitte oder zugängliche Strände (z. B. vor der<br />

Wanderdüne am Weißen Berg).<br />

800 v. Chr. Frühe Eisenzeit (-450 / Hallstadt-Kultur). Germanische Stämme drängen nach Südwesten<br />

und Keltische Stämme dringen nach Nordosten vor –<br />

Schnittpunkt ist der Weser-Leineraum (mit dem Steinhuder<br />

Meer). Während der gesamten Eisenzeit findet überall im<br />

Gebiet <strong>Mardorf</strong> Besiedlung (Harpstedt-Nienburger-Gruppe)<br />

statt. Neben anderen Bereichen auch „Auf der Höhe“<br />

(Flachgrab „Hinter dem Kirchhofe“ mit 8 Urnen) und „Lütjen<br />

Mardrup“ (am Ufer).<br />

Auf dem Foto rechts (Wiegand HV Schneeren / Nachbau Dr Kass)<br />

ist besonders gut im Eisenschmelzofen ("Rennofen" wegen der<br />

flüssigen Schlacke) die Glut zu erkennen. Darunter verbirgt sich<br />

nach dem Brennvorgang die "Luppe aus gesintertem Eisen".<br />

DasRohmaterial "Raseneisenerz" findet man in den umliegenden<br />

Mooren sowie Torf und Holzkohle zum Befeuern der<br />

"Verhüttung".<br />

753 v. Chr. Gründung Roms (Beginn des Römischen Reichs / 180 n. Chr. größte Ausdehnung / Ende<br />

476/480).<br />

Um 700<br />

6.-2.Jhd.<br />

v. Chr. entwickelt sich aus dem Griechischem die lateinische Schrift mit den noch heute<br />

bestehenden Buchstaben. Die Körperbestattung verdrängt wieder die Feuer-/ Urnenbestattung.<br />

v. Chr. siedeln Kelten <strong>bis</strong> an die Weser und westlich des Steinhuder Meeres. Seitdem sind hier<br />

fast die Hälfte unserer Gene immer noch keltischer Herkunft und nur ca. 1/4 germanischen und<br />

zum anderen slawischen Ursprungs.<br />

Westlich von <strong>Mardorf</strong> wird ein eisenzeitliches Grab mit mehreren Urnen entdeckt (Heinrich<br />

Dannenberg Nr.22, Lehrer) - „Auf der Höhe“ eine Urne mit 30 cm Höhe.<br />

21


Um 563 v. Chr. soll „Gautama“ (Buddha) der Begründer des Buddhismus geboren sein (+zw.483 u.368?).<br />

551 v. Chr. wird „Konfuzius“ (Kung Fuzi) als späterer großer asiatischer Philosoph geboren (+479).<br />

550-330 v. Chr. Perserreiche (<strong>bis</strong> Alexander).<br />

500-100 v. Chr. Erste Germanische Lautverschiebung.<br />

Im 5.Jhd. v. Chr. beginnt der Bau der „Chinesischen Mauer“ (mit über 2.400 km Mauer).<br />

450 v. Chr. Späte Eisenzeit ( <strong>bis</strong> um Christi Geburt / Latene-Kultur von Süden).<br />

Ab 336 v. Chr. Makedonischer König Alexander der Große III (+323 / um 300 größte Ausdehnung).<br />

3.Jhd.<br />

Um 120<br />

Um 100<br />

v. Chr. Zeit der ersten kleineren Völkerwanderungen. Nördlich des Steinhuder Meeres (lateinisch<br />

Palus = sumpfiger See) siedeln nur wenige Angrivarier (Germanische Küstengruppe<br />

„Wiesenleute“). <strong>Mardorf</strong> ist wegen der Randlage im Einflussgebiet der germanischen und auch<br />

keltischen Kultur und Sprache.<br />

v. Chr. beginnt der große Zug der Kimbern und Teutonen <strong>bis</strong> zur Donau und nach Frankreich.<br />

v. Chr. steigt der Holzbedarf für Feuerung, Hausbau und Holzkohle (Köhlerei) stetig an.<br />

24.8.79 v. Chr. Vulkanausbruch „Vesuv“ (Süditalien) mit Klimaauswirkungen in ganz Europa.<br />

59 v. Chr. wird G.Julius Caesar<br />

Konsul der Römischen Republik<br />

(46 Diktator, 44 ermordet).<br />

(Foto: <strong>Mardorf</strong>er Einbaum in der<br />

Ausstellung auf der Insel Wilhelmstein).<br />

Um 2 v. Chr. (lt. C14 Analyse um 115<br />

n. Chr.) Bau eines Einbaums am<br />

Steinhuder Meer. Fundort ist<br />

1948 bei <strong>Mardorf</strong>. Die Form<br />

ähnelt dem späteren frühen<br />

Steinhuder Torfkahn, der <strong>bis</strong> ins 18.Jhd. genutzt wird.<br />

Im Jahr 0<br />

um Christi Geburt: Jesus Christus (tatsächlich aber um 4 v. Chr. in Nazareth geboren) ist<br />

Religionsstifter des Christentums und stirbt zwischen 31-33 n. Chr. in Jerusalem am Kreuz.<br />

Beginn der heutigen weltweiten (christlichen) Zeitrechnung!<br />

Beginn der Römischen Eisenzeit (<strong>bis</strong> 4.Jhd. n. Chr. / auch „Römische Kaiserzeit“).<br />

Im 1.Jhd.<br />

n. Chr. besteht die Vegetation nördlich des Steinhuder Meeres vorwiegend aus Wald und Heide.<br />

Auf Sandböden wachsen Birken,<br />

Stieleichen und Kiefern, auf<br />

Geschiebedecksanden und<br />

Lehmböden Buchen und Eichen.<br />

Erste kleine Rodungen. und<br />

„Waldhude“ (Buchen und Eichen<br />

zur Schweinemast).<br />

(Modell einer Cheruskischen Küche im 1.Jhd. n. Chr.)<br />

Die geringe Bevölkerung (1-2 Höfe<br />

mit fast 45 Einwohnern) verteilt<br />

sich in einem weiten Gebiet am<br />

Nordufer. Durchschnittlich leben<br />

hier 2 Menschen pro km² - südlich<br />

des Meeres aber schon <strong>bis</strong> zu 30<br />

pro km².<br />

22


Um 9<br />

n. Chr. „Varus Schlacht“ (=Tiberius, seit 4 n. Chr. von Westen her unterwegs) am Teutoburger<br />

Wald mit dem germanischen Sieger Arminius (Herrmann d. Cherusker).<br />

Es entsteht der „Angrivarier Wall“ (Karte weiter unten) gegen die germanischen Cherusker<br />

(Germanische Westgruppe – südlich des Meeres im „Buki Gau“ – später Schaumburg). Er reicht<br />

von der Weser beim heutigen Leese, entlang des Meerbachs über das Hüttenmoor <strong>bis</strong> zur<br />

Düsselburg. Weiter an Rehburg vorbei am Südbach <strong>bis</strong> nach Hagenburg-Altenhagen).<br />

Die alten Gaue und der Angrivarier Wall (um 9 n. Chr. / Karte aus Calenberger Urkundenb.III)<br />

Frühjahr 15<br />

n. Chr. sind Römer mit Germanicus in der Gegend. An der Mittelweser (Weser = Visurgis) bei<br />

Bückeburg/Minden werden 2-3 Römerlager („Idistaviso“ und „Wallburg“) angelegt.<br />

16 n. Chr. Schlacht am Angrivarierwall (?) und Abzug der Römer aus diesem Gebiet.<br />

64 n. Chr. lässt der römische Kaiser Nero (54-68 n. Chr.) Rom niederbrennen.<br />

79 n. Chr. bricht der Vulkan Vesuv in Süditalien aus und hat große klimatische Auswirkungen.<br />

Ab 3.Jhd.<br />

n. Chr. kommen Sachsen von nördlich der Elbe (durch Sturmfluten zerstörte Nordseeküste und<br />

Klimaverschlechterung) auch <strong>bis</strong> in unsere Gegend. Werden vorübergehend sesshaft und ziehen<br />

schließlich im 5.Jhd. in großen Teilen von hier weiter über die Niederlande <strong>bis</strong> nach Süd-England<br />

(449). Noch heute gibt es deshalb sprachlich viele Ähnlichkeiten des <strong>Mardorf</strong>er Platt (siehe<br />

Wörterbuch mit Grammatik) mit der englischen aber auch niederländischen Sprache.<br />

Verbliebene Sachsen, Engern (an der Weser) und Ostfalen ("Ostmänner" östlich der Weser <strong>bis</strong> zur<br />

Elbe) siedeln in Gebieten nördlich des Steinhuder Meeres.<br />

275-550 n. Chr. „Gupta“-Reiche in Indien.<br />

23


Ab 4.Jhd. n. Chr. Nachrömische Eisenzeit (-6.Jhd. / auch Völkerwanderungszeit genannt).<br />

300 n. Chr. wird das christliche Weihnachtsfest auf den 25.Dezember jeden Jahres festgelegt.<br />

312 n. Chr. gilt Komet als Zeichen für Röm. Kaiser Konstantin in Italien das Christentum einzuführen.<br />

21.7.365 n. Chr. hat ein schweres Erdbeben im Mittelmeerraum Auswirkungen <strong>bis</strong> nach Mitteleuropa.<br />

375 n. Chr. ist der eigentliche Beginn der Völkerwanderungen (<strong>bis</strong> ins 9.Jhd.). Ausgelöst durch<br />

Klimaverschlechterungen (kleine Kaltzeit) und den Ansturm der aus der Mongolei heranrückenden<br />

Hunnen (<strong>bis</strong> zum Tod ihres Anführers Attila 451). Mit und nach ihnen erreichen aus Südwesten die<br />

Thüringer (480) unser Gebiet auf ihren Kriegszügen nach Westen (Gallien). Andere Völker<br />

(Burgunder) auf der Suche nach neuem Lebensraum in Mittel-, West- und Südeuropa streifen uns<br />

dagegen nur. Es kommt zu Kontakten mit nordeuropäischen Völkern (insbesondere Langobarden<br />

nach 400) auf ihrem Weg nach Süden (damit erklärt sich wohl auch die sprachliche<br />

Verwandtschaft des <strong>Mardorf</strong>er Platt z. B. zur schwedischen Sprache).<br />

395 n. Chr. wird das Römische Reich als Folge der Völkerwanderungen geteilt.<br />

Seit 4./5.Jhd. Die zweite (rein Hochdeutsche) Lautverschiebung in Süddeutschland<br />

Im 5.Jhd.<br />

Bis 450<br />

n. Chr. Maya-Hochkultur in Mittelamerika.<br />

n. Chr. wandern die etwas weiter östlich lebenden Langobarden nach Südeuropa weiter.<br />

Verstreut am nördlichen Steinhuder Meer leben zu dieser Zeit <strong>bis</strong> zu 50 Einwohner in <strong>Mardorf</strong>.<br />

486 Chlodwig (Merowinger) ist Herrscher des Frankenreiches.<br />

498 Chlodwig (und damit alle Bewohner des Reichs) nimmt den christlichen Glauben an.<br />

499 ? Der chinesische buddhistische Missionar Hui Shen segelt <strong>bis</strong> nach Amerika (Kalifornien).<br />

Im 5.-8.Jhd. Entsteht das alte Dorf <strong>Mardorf</strong> (später „Lütjen Mardrup“) mit 2-3 landwirtschaftlichen „Freyen“<br />

Höfen und weiteren einzeln verstreut liegenden Hütten von Jägern, Fischern, Vogelfängern.<br />

Anfang 6.Jhd. Weitere Rodungen im Bereich zwischen Rehburg, <strong>Mardorf</strong> und Schneeren, weil die Äcker<br />

ausgelaugt sind.<br />

531 Schlacht bei Ronnenberg (Franken und Sachsen erobern das Thüringerreich).<br />

535/36 Eine (Klima-) Katastrophe (Komet, Meteorit oder Vulkan?) lässt im Sommer Schnee fallen und<br />

verdunkelt für 1 Jahr den Himmel. Es kommt zu Missernten und die Bevölkerung leidet große Not.<br />

Bis 568<br />

Um 570<br />

ist die Hauptwanderungsbewegung der Völker vorbei. Die verbliebenen Sachsen sind jetzt in<br />

unserem Gebiet dominierend (Einführung der „Gemeinteilung“).<br />

wird der Religionsstifter des Islam „Muhammad“ in Mekka (Haschemitischer Händler auf der<br />

ara<strong>bis</strong>chen Halbinsel) geboren. Er stirbt am 8.6.632 in Medina. Ab 622 (im islamischen Jahr 0)<br />

erfolgt die Ausbreitung des Islam <strong>bis</strong> nach Spanien (732 größte Ausdehnung).<br />

24


Bis Ende 6.Jhd. wird (vermutlich) eine kleine Burg-Wallanlage<br />

beim „Hespenberg“ (abgelegener Hügel, 51 m über<br />

NN, nordwestlich. von <strong>Mardorf</strong>) errichtet. Das heißt,<br />

dass ein leichter ringförmiger Erdwall entsteht, worauf<br />

senkrechte Holzstämme die eigentliche „Burg“<br />

darstellen. Hinter dem massiven Tor („Hespe“ bedeutet<br />

schmiedeeiserner Türbeschlag) finden die damaligen<br />

Bewohner ein wenig Schutz.<br />

Im 7.Jhd.<br />

Um 600<br />

(Abb. rechts: Rekonstruktion des vermuteten Palisadenzauns<br />

am Hespenberg)<br />

gibt es getrennte Entwicklungen des Altenglischen,<br />

Altfriesischen und Altsäschsischen (mit <strong>Mardorf</strong>).<br />

Stammesherzogtum Sachsen (-1180) mit Grafschaft<br />

Wölpe („Welipe“ im Raum Nienburg /<br />

rechts: Wappen Wölpe)<br />

rücken erste Slawen aus dem Osten <strong>bis</strong><br />

an die Elbe-Saale heran.<br />

690 „Ütrechter Mission“ (<strong>bis</strong> 750): Iren und Angelsachsen (Wilibrord 700 / Ewald und Lepuin <strong>bis</strong> vor<br />

Nienburg / Bonifatius ab 716) versuchen vergeblich die Gegend um das Steinhuder Meer zu<br />

missionieren. Zwischen 800 und 820 erfolgt ein erneuter Versuch (Wilehad kommt <strong>bis</strong> Bremen).<br />

Im 8.Jhd.<br />

Die Beulenpest tritt in Norddeutschland auf (verschwindet aber <strong>bis</strong> 1347 wieder aus Europa)!<br />

Slawen dringen <strong>bis</strong> zur Leine vor. Das Volk der Wenden wird evtl. schon Ende 7.Jhd. bei Loccum<br />

sesshaft.<br />

Die Luccaburg wird am Ende des 8.Jhd. durch das Adelsgeschlecht „von Lucca“ (im 9.Jhd.<br />

erstmals erwähnt / slawisch lucca = feuchte Wiese) in der sumpfigen Fulde-Niederung errichtet. Im<br />

Waldgebiet „Sundern“ bei Loccum wird ein inselartiger kreisrunder (ca. 40 m Durchmesser) und<br />

<strong>bis</strong> zu 4 m hoher Erdhügel aufgeschüttet und mit dort vorkommenden Sandsteinen verstärkt.<br />

(links: Luccaburg Wallschnitt im 9.Jhd. / rechts: die heutigen Mauerreste)<br />

762/763 Erster aufgezeichneter „härtester Winter aller Zeiten“ mit einem halben Jahr bei unter -25° C!<br />

772 Sachsenkriege („32jähriger Krieg“ -804).<br />

Ab 772<br />

fallen die Franken unter Karl „dem Großen“ (Frankenreich der „Karolinger“) in Sachsen ein – <strong>bis</strong><br />

zum Loingau mit der Grafschaft Wölpe – werden aber wieder hinter die Weser nach Südwesten<br />

abgedrängt. Sie hinterlassen uns die Minuskel-Schrift, die <strong>bis</strong> ins 12.Jhd. Bestand hat.<br />

775 Karl der Große bezwingt die Engern (im Mittelweserraum) und Ostfalen (Heide <strong>bis</strong> südliche Oker).<br />

776 wird deren Gebiet zur Mark Sachsen.<br />

777 „Widukind“ (Wittekind) – erster Herzog der Sachsen.<br />

779 kommt es zum 1.Aufstand gegen Karl.<br />

782 Schlacht am Süntel und Franken-Rachefeldzug westlich der Weser.<br />

Widukind leistet Widerstand gegen die Franken und den christlichen Glauben <strong>bis</strong> er 785 getauft<br />

wird. Seine Nachfolger werden Sohn Wikbert, Enkel Waltbert und Urenkel Wikbert.<br />

25


798 entsteht das Bistum Minden (Minda) im Erz<strong>bis</strong>tum Köln.<br />

Ab 789<br />

Ab 794<br />

beginnt die katholische Christianisierung durch die Karolinger (von Kloster Corbie in Frankreich<br />

zum Bistum Fulda entlang der Weser nach Norden <strong>bis</strong> zum Steinhuder Meer!<br />

weitere Sachsenfeldzüge (-797 östlich der Weser). Karl kommt auf dem Feldzug nach Holstein bei<br />

Rehburg vorbei und macht die Engern endgültig untertan.<br />

799/800 Erste urkundlich erwähnte Sturmflut an der noch weitestgehend ungeschützten natürlichen<br />

Nordseeküste.<br />

(Rekonstruktion und Grundriss der Düsselburg nach der Ausgrabung von 1904)<br />

8.-10.Jhd.<br />

8.-14.Jhd.<br />

Die Düsselburg wird als frühmittelalterlicher Ringwall (Fliehburg „Dusleborg“ über 120 m<br />

Durchmesser) westlich von Rehburg, auf der nördlich der Meerbachniederung gelegenen<br />

Geestkante angelegt. In dieser Zeit entstehen auch die Burganlagen bei Husum (?) und Neustadt<br />

("Loghingaburg" = Lüningsburg).<br />

Holzgericht im Goh Linsburg.<br />

Parochie (Kirchspiel) „Monnekehusen“. Münchhausen ist ein schon 1350 untergegangener<br />

(wüster) Ort mit Kirche am Haarberg bei Winzlar / später auch “Olenkerken“ genannt.<br />

„Mittelalterliche Warmzeit“ (<strong>1170</strong>-1310 besonders warm).<br />

Die mittlere Temperatur steigt auf +4° über heute, erhöhter Niederschlag, die Landwirtschaft<br />

wächst und die Bevölkerung steigt stark an.<br />

Auch deshalb sind auch Wikinger im Nordatlantik auf dem Weg nach Westen. Unter Erik dem<br />

Roten besiedeln sie ab 870 (Island) die unwirtlichen Küsten. 985 <strong>bis</strong> um 1500 leben sie auf<br />

Grönland (Weinbau). Um 1000 erreichen sie unter Leif Eriksson auch Nord-Amerika (Neufundland<br />

/ „Vinland“).<br />

Im Pazifik sind die Meister der damaligen Seefahrt die Polynesier auf der Suche nach neuem<br />

Land. Sie erreichen Amerika (erst den südlichen Kontinent und <strong>bis</strong> 1400 auch Kalifornien).<br />

Die höheren Temperaturen begünstigen aber auch katastrophale Sturmfluten an der<br />

Nordseeküste.<br />

804 Friedensschluss Karls des Großen mit den Sachsen. Alte Gaueinteilungen (als untere<br />

Verwaltungseinheit mit einem Gaugrafen) werden beibehalten.<br />

Das Archidiakonat St.Osdag in Mandelsloh entsteht als Verwaltungseinheit im Bistum Minden<br />

(mit dem Gebiet nordwestlich des Steinhuder Meeres).<br />

814 Neuer König im Frankenreich wird Ludwig „der Fromme“. Östlich der Weser verläuft eine wichtige<br />

Handelsroute von Süd nach Nord.<br />

822/823 Sehr strenger Winter!<br />

838 Schwere Sturmflut an der Küste! Dänische Wikinger bedrängen ab 840 Norddeutschland.<br />

843 Frankenreich wird endgültig geteilt (Verdun). Ostfränkisches Reich schon ab 840 unter König<br />

Ludwig I. “dem Deutschen“. 844 Liudolf Herzog von Sachsen.<br />

860/861 Sehr strenger Winter – die Nordseeküste ist zu großen Teilen zugefroren.<br />

866 Nachfolger als Herzog von Sachsen wird Brun.<br />

26


Ab 870<br />

2.Teilung des Frankenreichs (Mersen).<br />

871 Stiftung des Nonnenklosters Wunstorf (erste urk.<br />

Erwähnung).<br />

872 Dürresommer!<br />

876 Ostfränkischer König Karl III. „der Dicke“; 887 gefolgt von<br />

Arnulf von Kärnten.<br />

880 3.Teilung des Frankenreiches (Ribemont). Otto I. der<br />

Erlauchte wird Herzog von Sachsen (-912).<br />

20.8.889 (urk. Erwähnung) Bordenau.<br />

9.11.892 Schwere Sturmflut an der Nordseeküste (Novemberflut)!<br />

899 – 955 Madyaren aus Ungarn kommen (<strong>bis</strong> 955) als Reitervolk<br />

(Zeichnung rechts oben) mehrfach auch <strong>bis</strong> nach Norddeutschland. 906-915 <strong>bis</strong> nach Ostwestfalen<br />

(Obernkirchen, Herford). 919 dringen sie auf einer nördlichen Route <strong>bis</strong> an den Niederrhein und<br />

dabei auch in die Nähe des Steinhuder Meeres vor. Vermutlich entsteht nach dieser Zeit in den<br />

Nachbarorten <strong>Mardorf</strong>s die „Zigeunerlegende“. Da oft auch heute noch in einer <strong>Mardorf</strong>er Familie<br />

gleichzeitig "dunkle und helle" Hauttypen sowie Augen- und Haarfarben vorkommen, obwohl beide<br />

Elternteile nur einer Richtung zuzuordnen wären. Man vermutet also Nachfahren aus dieser Zeit.<br />

„Zigeuner“ ist eine seit dem frühen 15. Jahrhundert im deutschen Sprachraum belegte<br />

Fremdbezeichnung für Bevölkerungsgruppen, denen von der Mehrheitsbevölkerung abweichende<br />

Eigenschaften zugeordnet werden.<br />

Altsächsischer Sprachraum im 9.Jhd. (-1200 / <strong>Mardorf</strong>=rot)<br />

Im 10.Jhd.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat jetzt 2-3 „Freye Höfe“, einige<br />

weitere Hütten und <strong>bis</strong> zu 50 Einwohnern.<br />

900 Ludwig IV. „das Kind“ wird Ostfränkischer<br />

König (+911 = Ende der Karolinger).<br />

911 Konrad I. König der Ostfranken.<br />

919 Heinrich I. „der Vogeler“ wird<br />

Ostfränkischer König, er ist schon ab 912<br />

auch Herzog von Sachsen (ein „Ottone“).<br />

927/928 Äußerst strenger Winter!<br />

936 Riesige aktive Lavaspalte auf Island führt<br />

zu weltweiter Klimaverschlechterung.<br />

Otto II. Herzog von Sachsen wird als Otto I. „der Große“ (+973) Ostfränkischer König und 962<br />

erster Kaiser des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“.<br />

965 Langer Dürresommer!<br />

973 Bernhard I. (ein „Billunger“) wird Herzog von Sachsen (mit Westfalen, Engern, Ostfalen – Karte<br />

weiter unten). Otto II. wird Römischer König und Kaiser. Ihm folgt 996 Otto III. als Kaiser.<br />

975 Langer strenger Winter <strong>bis</strong> Mai!<br />

984/985 Sehr kalter Winter <strong>bis</strong> in den Mai!<br />

Anfang 987<br />

Starkes Weserhochwasser!<br />

988 Dürresommer!<br />

Anfang 989<br />

Anfang 992<br />

gibt es eine „Große Sturmflut“ an der Nordseeküste. Allmählich wird die alte Küstenlinie<br />

aufgebrochen und mit vielen neuen Buchten nach Süden verlagert.<br />

Langer Winter <strong>bis</strong> Pfingsten!<br />

993/994 Kalter, sehr rauer und trockener Winter, der <strong>bis</strong> in den April reicht. Als Folge gerät die<br />

Landwirtschaft in Not.<br />

994 kommt noch ein Dürresommer hinzu. Im Okt. 994 beginnt der Winter früh, wird hart und kalt und<br />

reicht <strong>bis</strong> weit ins nächste Jahr.<br />

Ab Juli 995<br />

führt der anhaltende Frost zur Hungersnot.<br />

999 Ein Dürresommer mit „unerhörter Hitze und Trockenheit“! Viele Flüsse fallen trocken.<br />

27


Karte Mitteleuropa um 1000: Flüsse und alte Nordseeküste mit Meredorpe zwischen West- und Ostfalen<br />

1000 (-1300 ist „Hochmittelalter“). Erneuter Hitzesommer und alle Flüsse in Mitteleuropa trocknen aus.<br />

1006 Beginn der Kreuzzüge (<strong>bis</strong> 1291). Im Gefolge der Ritter sind auch Männer aus dieser Gegend,<br />

aber kaum einer kehrt zurück.<br />

Erste Judenverfolgungen in Europa!<br />

1010/1011 „Unvorstellbar“ kalter Winter!<br />

1011 wird Bernhard II. Herzog von Sachsen.<br />

1012 Sturmflut an der Nordseeküste!<br />

1014 Heinrich II. „der Heilige“ („Ottone“) Römischer Kaiser.<br />

1019/1020 Strenger Winter mit Kälte und Schnee!<br />

1020 Kloster Esbeke („Asbeke“)<br />

(Zeichnung rechts 1519)<br />

entsteht am Nordhang der<br />

Loccumer<br />

Berge<br />

(freigelegte Fundamentreste<br />

noch heute im Südwesten<br />

von Rehburg am Heerweg<br />

sichtbar).<br />

Juli 1020<br />

Schweres<br />

Weserhochwasser!<br />

1027 Der „Salier“ Konrad II. wird<br />

Römischer Kaiser.<br />

11.1.1041 Starke Sturmflut an der<br />

Nordseeküste!<br />

1046 Heinrich III. wird Römischer<br />

Kaiser.<br />

28


Im 11.Jhd.<br />

Die Dünen südlich der Geest in und um <strong>Mardorf</strong> und besonders am östlichen Nordufer des<br />

Steinhuder Meeres (seit 15.000 Jahren in Bewegung) verfestigen sich und kommen (jenseits der<br />

40 m Höhenlinie) allmählich zur Ruhe (Schaubild unten).<br />

Der seit langem bewährte Einbaum wird zum neuzeitlichen „Fischerboot“ und „Torfkahn“: Auf<br />

der linken Abbildung unten (um 1285 gebaut) sind schon mehrere "Segmenten" erkennbar. Ein<br />

1890 gefundener Einbaum (rechte Abb. unten) hat einen spitzen Kiel, ein Fischabteil und kann auf<br />

dem Steinhuder Meer mit 2 Segeln betrieben werden. Es werden insgesamt nie mehr als 30 Stück<br />

sein und sie werden fast nur von den Steinhuder Fischern betrieben. Sie dienen natürlich auch<br />

dem Brenntorf-Transport, der in Nachbarorten rund um das Meer gelegenen Steinhuder Torfstiche.<br />

1059 Ordulf Herzog von Sachsen.<br />

Anfang 1066 „Ungeheure“ Sturmflut an der Nordseeküste!<br />

14.10.1066 Wilhelm der Eroberer (Französischer Normanne) besiegt die Angelsachsen bei Hastings.<br />

1072 Magnus Herzog von Sachsen (letzter „Billunger“).<br />

1073 Aufstand der Sachsen unter Otto von Northeim gegen Heinrich IV.<br />

Okt.1076 Äußerst strenger „Canossa-Winter“ mit Dauerfrost <strong>bis</strong> April 1077!<br />

1084 Heinrich IV. wird Römischer Kaiser.<br />

1085 Komet „Ikeya-Seki“ ist auch am Tage zu sehen.<br />

Nach 1100<br />

Die getrennte Weiterentwicklung der Niederländischen und Niederdeutschen Sprache (mit<br />

<strong>Mardorf</strong>) ist bereits vollzogen, aber die große Nähe bleibt bestehen.<br />

29


Karte mit der sprachlichen Grenze zwischen Niederdeutsch und Hochdeutsch (seit der 2.Lautverschiebung im 4./5.Jhd. /<br />

Zeichnung oben nach Moser, Krogmann, Niekerken)<br />

Ab 1100<br />

Zeit der großen Rodungen, vor allem für die seit Jahrzehnten zunehmende „Dreifelderwirtschaft“<br />

(um den Boden zu regenerieren und wieder fruchtbarer zu machen, Unterteilung in Brachland,<br />

Herbst- und Frühlingssaatflächen, "Allmenden") und Entwässerungen für neue Wiesen und<br />

Weiden. Der Waldbestand geht immer weiter zurück. Da schon viele Waldflächen (vor allem auf<br />

den sandigen unfruchtbaren Geestböden) überweidet sind, bildet sich dort Heide (in <strong>Mardorf</strong><br />

besonders im nordöstlichen Bereich der Diepholzberge und am Bannsee) und in der Folge<br />

wachsen dann Wachholder. Mehr Bauern werden sesshaft. Haufendörfer wie Schneeren<br />

entstehen. Pferde statt Ochsen ziehen verbesserte Pflüge, Sensen und Dreschflegel sind in<br />

Gebrauch.<br />

Die Gemeinschaft der freien Bauern trifft sich zum „Ding“ (Gemeindeversammlung) unter einer<br />

(heiligen) Linde, um die Nutzung der „Allmende“ (Gemeinschaftseigentum der freien Bauern in<br />

<strong>Mardorf</strong> an Wald, Acker, Wiesen) zu bereden und ihren „Vorsteher“ zu wählen.<br />

1106 Lothar III. von Supplingenburg Herzog von Sachsen und 1130 Römischer Kaiser.<br />

1110 Der „Edle Mann Adolf von der Schaumburg“ wird vom Kaiser mit den Grafschaften Holstein und<br />

Stormarn belehnt – die „Schaumburger Landschaft“ entsteht.<br />

1111 Heinrich V. wird Römischer Kaiser.<br />

1123/1124 Harter Winter!<br />

Bis 1124<br />

Die Grafen von Schwalenberg (Widekind I.) sind Lehensherren über den benachbarten<br />

„Marstemgau“ (Gebiet südwestlich von Hannover) und das Kloster Marienmünster mit Gutshof in<br />

Kolenfeld.<br />

1125 Sehr harter Winter hält <strong>bis</strong> nach Pfingsten in den Juni!<br />

1130 Burchard I. von Loccum-Hallermund (Freund von Lothar III.) stirbt.<br />

1135 Hitzesommer!<br />

1137 Heinrich II.„der Stolze“ („Welfe“) wird Herzog von Sachsen.<br />

1138 Albrecht „der Bär“ („Askanier“) ist Herzog von Sachsen.<br />

1142 Heinrich III.„der Löwe“ („Welfe“ = Fränkischer Adel) Herzog von Sachsen (-1180).<br />

30


Mitte 12.Jhd. Aufstieg der „Hanse“ zur größten Kaufleutevereinigung der damaligen Zeit. Bis Mitte des 17.Jhd.<br />

bestimmen Niederdeutsche Kaufleute den Wirtschaftsraum Nord- und Ostsee. Verkehrssprache ist<br />

damals Niederdeutsch (Platt), das von Nordfrankreich/England <strong>bis</strong> St. Petersburg/Nowgorod in<br />

Russland gesprochen oder zumindest verstanden wird (siehe auch Karte weiter oben).<br />

1155 Friedrich I. „Barbarossa“ („Staufer“) wird Römischer Kaiser (-1190). Er zerschlägt das Herzogtum<br />

Sachsen. Das westliche Gebiet mit Westfalen kommt unter die Herrschaft des Erz<strong>bis</strong>chofs von<br />

Köln. Das östliche (vorwiegend „welfische“) Territorium zerfällt in mehrere Fürstentümer. Wobei<br />

jeder dieser Fürsten zusätzlich <strong>bis</strong> 1692 den Titel „Herzog zu Braunschweig-Lüneburg“ trägt.<br />

1157 Hitzesommer!<br />

21.3.1163 12 Mönche (und 1 Abt) des<br />

Zisterzienserordens vom südlich gelegenen<br />

Mutter-Kloster Volkenroda (Thüringen)<br />

gründen das Kloster Loccum („Beten und<br />

Arbeiten“) und errichten erste Gebäude auf<br />

einem geschenkten (Graf von Hallermund)<br />

Gelände um die alte Burg „Lucca“. Der 300<br />

km lange Pilgerweg entlang der Leine und<br />

Weser wird noch heute bewandert.<br />

(Foto rechts: der alte im gotischen Stil erbaute<br />

Kreuzgang heute)<br />

(unten links: Lageplan Kloster Loccum / rechts: Zeichnung in einer späteren Ansicht von 1840)<br />

17.2.1164 „Julianensturmflut“ als schlimmste Flut im 12.Jhd. mit 20.000 Toten. Der „Jadebusen“ entsteht.<br />

1167 stirbt der Stifter des Loccumer Klostergrunds Graf Wulbrand I. von Lucca als letzter Graf von<br />

Hallermund. Die Luccaburg wird aufgegeben und verfällt.<br />

1169 Vulkanausbruch Ätna (Italien).<br />

(Wappen von Braunschweig-Lüneburg 1168)<br />

31


Im 12.Jhd.<br />

<strong>Mardorf</strong> hat immer noch um 50 Einwohner.<br />

(urkl. Kloster Loccum) Reheburgk wird erstmals erwähnt und kommt 1153 zur Grafschaft Wölpe<br />

(ab 1120 / 1151 urk. Burg „Welipe“). Erst danach kommt Meredorpe und später auch Wiedensahl<br />

zum späteren Amt Rehburg. Das nach 1277 von welfischen Herzog Otto dem Strengen auf einer<br />

sandigen Anhöhe („Horst“) in einem riesigen Sumpfgelände (im verlandeten z. T. moorigen<br />

ehemaligen Westenmeer) als Schutzburg (Grenzbefestigung) gegen die Herrscher von<br />

Schaumburg und Hoya ausgebaut wird. Die Verteidigungsstellung ist am schmalsten Übergang<br />

über die Meerbachniederung mit vorgelagerten Sandinseln (Rehhorst, Heerhorst, Katthagen). Die<br />

Zuwegung erfolgt über Knüppeldämme. Auch ein Teil des alten Verbindungsweges nach <strong>Mardorf</strong><br />

(heutige L360, kurz hinter dem Ortsausgang Rehburg an der dortigen „<strong>Mardorf</strong>er<br />

Straße“) bestand lange nur aus einen solchen Knüppel- oder Bohlendamm.<br />

Es gibt schon "größere" Bauernhöfe, die aber meistens abhängig sind von<br />

Lehnsherren. Die nächsten Ritterhöfe sind in Tiesenhausen (bei Wölpe-<br />

Nienburg / Familie später nach Livland ausgewandert) und Münchhausen<br />

(Familienname 1183 urkl. erwähnt und Ort bei Winzlar, 1335 letztmalig erwähnt;<br />

1350 aufgegeben). Zisterzienser Pater „Gyselheri de Monechusen“ gilt als<br />

Begründer des Adels aus „Monckhusen“ (rechts das Wappen der Familie<br />

Münchhausen).<br />

Die Romanik (Rundbogen) endet und die Gotik (Spitzbogen) wird <strong>bis</strong> 1500 (Renaissance)<br />

bestimmend für den Bau- und Kunststil in Europa.<br />

Erste Familiennamen entstehen auch in Norddeutschland!<br />

Die Karolingische-Minuskel-Schrift wird von der Rotunda-Schrift (Abbildung rechts unten) abgelöst.<br />

Aber schon im 13.Jhd. setzt sich die Textur-Schrift allgemein durch. Im 15. und 16.Jhd. können<br />

sich Einflüsse aus der Schwabacher-Schrift nicht durchsetzen. Erst die Fraktur-Schrift ab dem<br />

16.Jhd. wird zur allgemeinen Umgangsschrift.<br />

32


Im 12.Jhd. Alltagsleben im Hochmittelalter Basierend auf einem Aufsatz von Stefan Jacob 1998<br />

Das Leben der einfachen Menschen auf dem Lande (95 % der Gesamtbevölkerung und fast alle<br />

Bauern) war kurz und beschwerlich. Die Kindersterblichkeitsrate lag extrem hoch. So blieb nur<br />

etwa jedes zweite Kind nach der Geburt am Leben, die Chance in einem bäuerlichen Haushalt das<br />

Erwachsenenalter zu erreichen, war äußerst niedrig. Nur zwei <strong>bis</strong> drei von acht Säuglingen starben<br />

nicht als Kleinkind. Die Lebenserwartung lag durchschnittlich kaum über 30 Jahren, und gearbeitet<br />

wurde von Sonnenaufgang <strong>bis</strong> Sonnenuntergang. Es wurde früh geheiratet, oft schon im<br />

Kindesalter und selten aus Liebe, wobei die arbeitsfreie Kindheit schon mit fünf Jahren endete.<br />

Analphabetentum auf dem Lande war der Regelfall. Die Ehe brauchte noch nicht von einem<br />

Priester geschlossen zu werden, und entsprechend dem inoffiziellen Charakter gab es viele<br />

Trennungen und außereheliche Verbindungen, die moralisch nicht weiter beanstandet wurden. Der<br />

Mann hatte das selbstverständliche, auch von der Kirche abgesegnete Recht, seine Frau zu<br />

schlagen, allerdings „nur mit Maß und Ziel“. Man wohnte in einfachen Häusern aus Holz, Stroh<br />

(Reet) und Lehm. In den Fenstern war noch kein Glas; die Kälte wurde mit hölzernen Fensterläden<br />

oder Vorhängen aus Tuch oder Tierhaut abgehalten. Weil künstliche Beleuchtung teuer war, ging<br />

man „mit den Hühnern“ schlafen, und ohnehin konnte noch fast niemand außer gebildeten<br />

Geistlichen ein Buch lesen — sich erst recht keines kaufen, denn Bücher waren der teuerste<br />

Luxus. Es war üblich, in den zum Liegen zu kurzen Bettkästen halb sitzend auf Kissen aus Stroh<br />

zu schlafen, und man saß auf Schemeln oder Holzbänken. Man aß mit den Fingern, manchmal<br />

auch mit dem Löffel aus tönernen Näpfen; Teller waren noch nicht weit verbreitet, und Gabeln<br />

wurden <strong>bis</strong> ins 15. Jahrhundert als „Hexenwerkzeuge“ abgelehnt. Ein Messer, das die Männer<br />

sowieso als Waffe stets bei sich trugen, war zum Schneiden und Aufspießen des Essens immer<br />

dabei. Auf dem Speiseplan standen dieselben Haustiere wie heute, aber auch Krähen, Störche,<br />

Igel und Eichhörnchen. Zu jeder Mahlzeit wurde Brot gereicht,<br />

doch Gemüse gab es außer Rüben und Kohl kaum.<br />

Wer es sich leisten konnte, trank Bier zum Essen und auf<br />

Festen. Den Ärmeren blieben nur Wasser und Milch. Da<br />

Vorratshaltung ohne Kühlung und Konservierung noch kaum<br />

möglich war, lebte man „von der Hand in den Mund“. Daß es<br />

trotz eines Bevölkerungswachstums, relativ selten zu großen<br />

Hungersnöten kam, ist bei den immer noch primitiven<br />

Anbaumethoden auf den zunehmenden Einsatz von Ochsen<br />

und Pferden als Zugtiere und vor allem auf die verstärkte<br />

Waldrodung zurückzuführen, durch die sich die<br />

landwirtschaftlichen Nutzflächen immer mehr vergrößerten. Es<br />

gab noch keine öffentliche Verwaltung, keine Polizei und kein<br />

stehendes Heer. Es teilte sich die Gesellschaft in unfreie<br />

Menschen, die man auch „Hörige“ oder „Leibeigene“ nannte,<br />

und Freie, zu denen die Ritter, die Geistlichen und der Adel<br />

gehörten. Die Unfreien unterstanden einem Grundherrn, für<br />

den sie an 3 <strong>bis</strong> 5 Tagen in der Woche arbeiten mussten<br />

(Frondienst; ahd./mhd. „frô“ = Herr), dem sie außerdem aus<br />

ihrer privaten Produktion Naturalien abzugeben hatten. Sie durften das Land, auf dem sie lebten,<br />

nicht ohne Erlaubnis ihres Herrn verlassen und unterlagen im rechtlichen Streitfall seiner<br />

Gerichtsbarkeit. Sie konnten von ihrem Herrn totgeschlagen, verschenkt oder verkauft, aber auch<br />

freigelassen werden.<br />

Auszug aus dem Sachsenspiegel „Tierhaltung im Hochmittelalter“<br />

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