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(Microsoft PowerPoint - Dialyse ja oder Nein Fr\374hling 2013 bis ...

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Interdisziplinärer Weiter- und Fortbildungskurs Departement Medizin<br />

6. FRÜHLINGSZYKLUS<br />

13. – 15. März <strong>2013</strong> LUKS Luzern<br />

<strong>Dialyse</strong><br />

Ja <strong>oder</strong> <strong>Nein</strong> ?<br />

<strong>Dialyse</strong>: Ja <strong>oder</strong> <strong>Nein</strong> ?<br />

• Ressourcenknappheit<br />

• <strong>Dialyse</strong>: Zahlen und Fakten<br />

• <strong>Dialyse</strong>indikation: 2 Fallbeispiele<br />

• Entscheidungsfindung<br />

• das neue Erwachsenenschutzgesetz<br />

• Zusammenfassung und Diskussion<br />

Andreas Fischer<br />

Nephrologie<br />

Knappe Ressourcen<br />

Meilensteine der <strong>Dialyse</strong><br />

Medizinische<br />

Innovation<br />

NACHFRAGE <br />

Demographischer<br />

Wandel<br />

Mittelknappheit im<br />

Gesundheitswesen<br />

ANGEBOT<br />

Begrenzte<br />

Einnahmen<br />

• 1943 Erste Hämodialyse (Kolff)<br />

• 1960 Scribner-Shunt <br />

Langzeit <strong>Dialyse</strong><br />

• Restriktive <strong>Dialyse</strong>indikation<br />

bei fehlender Infrastruktur<br />

• 1972 Medicare <strong>Dialyse</strong><br />

Erhöhung der<br />

Mittel<br />

Effizienzsteigerung<br />

(Rationalisierung)<br />

Leistungsbegrenzung<br />

(Rationierung)<br />

• In Europa restriktive <strong>Dialyse</strong>indikation <strong>bis</strong> Mitte der 80er Jahre<br />

• <strong>2013</strong> werden weltweit ca 3 Mio Patienten dialysiert<br />

• <strong>Dialyse</strong> immer noch Referenz für akzeptable Kosten pro QALY…<br />

Nach Marckmann 2007<br />

Ethik und <strong>Dialyse</strong>-Allokation<br />

Nierenersatztherapien in der CH<br />

PIONIERZEIT<br />

MED. FORTSCHRITT<br />

PATERNALISMUS<br />

AUFBAU DER<br />

INFRASTRUKTUR<br />

AUTONOMIE<br />

FUTILITY-DEBATTE<br />

RESSOURCEN-<br />

VERTEILUNG<br />

PATIENTEN-VERFÜGUNG<br />

STV-VOLLMACHT<br />

GEMEINSAME<br />

ENTSCHEIDUNGS-<br />

FINDUNG<br />

• Inzidenz ca 100 Patienten pro Mio Einwohner<br />

• Prävalenz (Schätzung 2012) ca 1 %0<br />

– ca. 3800 <strong>Dialyse</strong>-Patienten (davon > 90% Hämodialyse)<br />

– ca. 3900 transplantierte Patienten<br />

• Medizinische Kosten<br />

– Hämodialyse 80’000 sFr/Jahr<br />

– Peritonealdialyse 45-60’000 sFr/Jahr<br />

– 0.1 % der Bevölkerung = 3% der Gesundheitskosten<br />

• Soziale Kosten<br />

– <strong>Dialyse</strong>-Patienten sind ≥ 50% arbeitsunfähig<br />

1960 1970 1980 1990 2000<br />

2010<br />

1


Nierenersatztherapien<br />

Inzidenz / Prävalenz pro Million Pers.<br />

Inzidenz und Prävalenz ESRD<br />

Inzidenz ESRD<br />

2000<br />

Prävalenz <strong>Dialyse</strong><br />

1800<br />

Prävalenz Transplantation<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

USA JPN DE SP NDL NOR<br />

USRDS 2011 - CH Schätzung nach SVK/Opelz Daten<br />

Mögliche Gründe für<br />

internationale und regionale Unterschiede<br />

• Patientengut<br />

• Überleben an der <strong>Dialyse</strong><br />

• Transplantation<br />

– Spenderrate<br />

– Lebenspende Transplantation<br />

• <strong>Dialyse</strong>indikation<br />

– Anforderungen der Patienten<br />

– Zuweisung durch HA<br />

– Bereitschaft des Nephrologen<br />

– Infrastruktur<br />

Der <strong>Dialyse</strong>patient in der CH<br />

Hämodialyse vs Peritonealdialyse<br />

• durchschnittliches Alter > 65<br />

• ausgeprägte Polymorbidität<br />

• reduzierte Lebenserwartung<br />

– <strong>Dialyse</strong> > 65 ≅ Kolon-Ca<br />

– Typ 2 DM und <strong>Dialyse</strong>: 3-4 Jahre<br />

– Mortalität ca 10% pro Jahr<br />

Reinigungs<br />

verfahren<br />

Wo?<br />

Wie?<br />

Kosten<br />

pro Jahr<br />

HÄMODIALYSE<br />

Extrakorporal<br />

intermittierend<br />

<strong>Dialyse</strong>zentrum<br />

3 x 4 Stunden/Wo<br />

Personal/Infrastruktur<br />

80‘000.-<br />

CAPD<br />

intrakorporal<br />

kontinuierlich<br />

zu Hause<br />

4 x 20-30 Min./Tag<br />

Material<br />

45-60‘000.-<br />

• 30% auf Warteliste für Transplantation<br />

CH<br />

90%<br />

10%<br />

<strong>Dialyse</strong>: Kosten pro QALY<br />

(qualitätkorrigiertes Lebens<strong>ja</strong>hr)<br />

• QALY = Lebensdauer x Lebensqualität<br />

– Faktor Lebensqualität von 0 (Tod) <strong>bis</strong> 1 (gesund)<br />

• QALY UND HÄMODIALYSE<br />

– gute Lebensqualität<br />

z.B Zystennieren, keine Comorbiditäten: Faktor 0.8<br />

100‘000 Frs pro QALY<br />

– stark reduzierte Lebensqualität<br />

z.B Demenz, Pflegeheim, Gangrän: Faktor 0.2<br />

400‘000 Frs pro QALY<br />

Herr B. 1930<br />

• Pensionierter Buschauffeur, verheiratet, 3 Söhne<br />

• langjährige arterielle Hypertonie<br />

• Zuweisung 2004: Kreatinin 189 umol/l<br />

Chronische Niereninsuffizienz unklarer Genese<br />

• 2010 Kreatinin 440 umol/l Information über <strong>Dialyse</strong>therapien:<br />

Patient will keine <strong>Dialyse</strong><br />

• Behandlung der arteriellen Hypertonie, des sekundären<br />

Hyperparathyroidismus, der metabolischen Azidose und EPO-<br />

Substitution<br />

• <strong>2013</strong> <strong>bis</strong> auf proximale Muskelschwäche keine urämischen<br />

Symptome<br />

2


Krea-Clearance<br />

ml/min/1.73 m² (geschätzt)<br />

Herr B. 1930<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

R² = 0.9044<br />

10<br />

5<br />

0<br />

97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13<br />

<strong>Dialyse</strong>bedürftig ab: 11.01.2010 (Schätzung n. Cockroft [Gewicht])<br />

Jahre<br />

Herr B. 1938<br />

• Apotheker, verheiratet<br />

• Koronare, hypertensive und valvuläre Kardiopathie<br />

– Status nach 3 Myokardinfarkten<br />

– LVEF 20%, CRT/ICD 2010, Mitralklappenclipping 2011<br />

• Chronische Niereninsuffizienz Stadium 5<br />

– vaskuläre/diabetische Nephropathie, kardiorenale Komponente<br />

• Typ 2 Diabetes mit Spätkomplikationen +++<br />

• PAVK Stadium IV<br />

• OSAS schweren Grades: BIPAP-Therapie<br />

• Morbus Sudeck Hand li > re<br />

Herr B. 1938<br />

• Januar <strong>2013</strong>: Indikation zur Nierenersatztherapie ?<br />

– Schmerzen PAVK und M. Sudeck +++<br />

– intermittierend Verwirrtheit unter Opiaten<br />

– ausgeprägte Inappetenz<br />

• Information über zwei Optionen<br />

– Hämodialyse über tunnelierten <strong>Dialyse</strong>katheter<br />

Mögliche Besserung des AZ, Einschränkung der Lebensqualität,<br />

Verlängerung der Lebenserwartung whs eher marginal<br />

– Konservative Therapie mit palliativen Massnahmen<br />

• Nach längeren Gesprächen Entscheid für <strong>Dialyse</strong>versuch<br />

– grosser pflegerischer Aufwand für Ehefrau<br />

– Langsame Wundheilung, wenig Schmerzen, ordentliche Lebensqualität<br />

Shared decision-making in the appropriate initiation of and withdrawal from Dialysis<br />

9 Empfehlungen RPA/ASN<br />

• gemeinsame Entscheidungsfindung<br />

basierend auf einer vertrauensvollen Patient-Arzt Beziehung<br />

• verständlich Informieren über alle Behandlungsoptionen<br />

Abklärung der Urteilsfähigkeit<br />

• Prognose einschätzen und kommunizieren<br />

• Vorstellungen über zukünftige medizinische Betreuung<br />

frühzeitig erfassen<br />

Patientenverfügung, Stellvertretungs-Vollmacht<br />

Galla J. J Am Soc Nephrol 2000;11:1340 / 2nd Edition Rockville (MD): RPA 2010:39-92<br />

Gemeinsame Entscheidungsfindung<br />

Gemeinsame Entscheidungsfindung<br />

Paternalism<br />

Enhanced<br />

autonomy<br />

Independent<br />

choice<br />

• braucht Zeit<br />

• vertrauensvolle Arzt-Patient Beziehung<br />

• Einbezug der Angehörigen und des Hausarztes<br />

• offener Dialog zwischen<br />

• Patient = Experte für eigene Biographie und Werte<br />

• Arzt = Experte für Krankheit und Therapie<br />

• Autonomie des Patienten im Vordergrund<br />

Respekt für den Patienten als Person<br />

• Arzt darf und soll eine Empfehlung abgeben<br />

Physician recommandation and patient autonomy: finding a balance between physician power and patient autonomy<br />

Quill TE, Brody H. Ann Int Med 1996;125:763-769<br />

3


Informieren über alle Behandlungsoptionen<br />

• Abklärung der Urteilsfähigkeit<br />

• verständliche Sprache anwenden<br />

• Informationshilfsmittel einsetzen<br />

• bei älteren <strong>oder</strong> sehr comorbiden Patienten<br />

konservative Therapie auf „Augenhöhe“ mit<br />

den Nierenersatztherapien besprechen<br />

• Feedback: Hat der Patienten wirklich<br />

verstanden, um was es geht?<br />

Prognose von betagten <strong>Dialyse</strong>patienten<br />

• Frankreich: 80+ leben länger mit als ohne <strong>Dialyse</strong><br />

(29 vs 9 Mo) aber Selektionsbias...<br />

Joly D et al. Am Soc Nephrol 2003;14:1012-1021<br />

• USA: Register-Studie<br />

80+ und 90+: 46% Mortalität nach 1 Jahr<br />

Kurella M et al. Ann Int Med 2007;146:177-183<br />

• UK: 70+ leben länger mit als ohne<br />

<strong>Dialyse</strong> aber kaum Unterschied<br />

bez. „spitalfreie“ Tage<br />

Carson RC et al Clin Am J Nephrol 2009;4:1611-1619<br />

Prognose und Lebensqualität<br />

von Pflegeheim-Patienten an der <strong>Dialyse</strong><br />

• USA Register Studie<br />

Kurella Tamura M et al. N Engl J Med 2009;361:1539-47<br />

• 3702 Patienten, mittleres Alter 73.4 Jahren<br />

• Mortalität 58% nach einem Jahr<br />

• Erhaltung des funktionellen Status wie vor <strong>Dialyse</strong> 13%<br />

Kann die Prognose vorausgesagt werden ?<br />

• Risikofaktoren für Mortalität<br />

• Alter<br />

• Demenz<br />

• PAVK<br />

• tiefes Albumin<br />

• tiefer funktioneller Status (Karnovsky score < 40)<br />

• Polymorbidität (Charlston Comorbidity Index > 8)<br />

• „Surprise question“<br />

Barrett BJ et al Am J Kidney Dis 1997;29:214-22<br />

Cohen L et al. Clin J Am Soc Nephrol 2010;5:72-79<br />

• Prädiktiver Wert einer Stratifikation in Risiko-Gruppen<br />

ungenügend für den individuellen Entscheid…<br />

• …aber wichtige Hilfe zur Abschätzung der Prognose<br />

Shared decision-making in the appropriate initiation of and withdrawal from Dialysis<br />

9 Empfehlungen RPA/ASN Neues Kinder- und Erwachsenenschutzrecht<br />

• <strong>Dialyse</strong> nicht beginnen<br />

– entscheidungsfähiger und informierter Patient lehnt <strong>Dialyse</strong> ab<br />

– entscheidungunfähiger Patient der sich früher gegen eine <strong>Dialyse</strong> geäussert<br />

hat <strong>oder</strong> bei welchem die Angehörigen stellvertretend eine <strong>Dialyse</strong><br />

ablehnen<br />

– Patient mit schwerem irreversiblem neurologischen Schaden<br />

• <strong>Dialyse</strong>verzicht erwägen<br />

– terminale Erkrankung mit kurzer Lebenserwartung und/<strong>oder</strong> schlechter<br />

Lebensqualität<br />

– medizinische Probleme die eine <strong>Dialyse</strong> mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />

verunmöglichen<br />

• Konflikte identifizieren / systematisch nach Lösung suchen<br />

• im Zweifelsfall zeitlich begrenzter <strong>Dialyse</strong>versuch<br />

• Falls Verzicht auf <strong>Dialyse</strong> palliative Behandlung sicherstellen<br />

• Bei Urteilsfähigkeit absolutes Verweigerungsrecht<br />

(Primat der Autonomie <strong>bis</strong> zur Selbstschädigung)<br />

jedoch kein absolutes Einforderungsrecht<br />

• Bei Urteilsunfähigkeit muss der mutmassliche Wille<br />

des Patienten eruiert werden<br />

• Patientenverfügung<br />

• Stellvertretung-Vollmacht<br />

• Meinung der Angehörigen<br />

• Nur im Notfall wird dem Behandlungsteam zugestanden<br />

„im besten Interesse des Patienten“ zu handeln.<br />

Galla J. J Am Soc Nephrol 2000;11:1340 /2nd Edition Rockville (MD): RPA 2010:39-92<br />

4


Medizinische<br />

Innovation<br />

Erhöhung der<br />

Mittel<br />

Knappe Ressourcen<br />

NACHFRAGE <br />

Demographischer<br />

Wandel<br />

Mittelknappheit im<br />

Gesundheitswesen<br />

Effizienzsteigerung<br />

(Rationalisierung)<br />

ANGEBOT<br />

Begrenzte<br />

Einnahmen<br />

Verzicht auf<br />

unangemessene<br />

Leistungen<br />

Leistungsbegrenzung<br />

(Rationierung)<br />

<strong>Dialyse</strong>: Ja <strong>oder</strong> <strong>Nein</strong> ?<br />

• nicht alle Patienten wollen die maximale Therapievariante<br />

• die Option „Verzicht auf <strong>Dialyse</strong>“ zu erwägen, braucht Zeit<br />

und eine vertrauensvolle Arzt-Patient Beziehung<br />

• eine Rationierung findet nur statt, wenn die <strong>Dialyse</strong> gegen den<br />

Willen des Patienten vorenthalten wird<br />

• eine konservative Therapie der terminalen Niereninsuffizienz<br />

kann unter Umständen eine würdevolle Option sein<br />

• REFERENZEN<br />

– Less is more<br />

Grady D, Redberg RF. Arch Int Med (JAMA Int Med) 2010;170:749-50<br />

– From an ethics of rationing to an ethics of waste avoidance<br />

Brody H. N Engl J Med 2012;366:1949-51<br />

Nach Marckmann 2007<br />

5

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