Fasziitis plantaris – mehr als ein Fersensporn - LUKS
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Faszii&s <strong>plantaris</strong> <strong>–</strong> <strong>mehr</strong> <strong>als</strong> <br />
<strong>ein</strong> <strong>Fersensporn</strong> <br />
Behandlungskonzept 2010 <br />
Dr. Carmen Camenzind
FALL <strong>–</strong> w, 52 J. <br />
Anamnese: <br />
• Seit 8 Monaten progrediente plantare <br />
Fersenschmerzen links <br />
• Anlaufschmerzen, v.a. morgentlich <br />
• Schmerzverstärkung nach langem Stehen und <br />
Gehen
Fall <strong>–</strong> w, 52 J. <br />
Klinik: <br />
Druckdolenz am <br />
Calcaneus plantar, <br />
medial <br />
Plantarfaszien‐ <br />
ansatz
Röntgen: <br />
Fall <strong>–</strong> w, 52 J.
Fall <strong>–</strong> w, 52 J. <br />
Ultraschall: <br />
Diagnose: Faszii9s <strong>plantaris</strong> links
Plantarfaszie <br />
• Starkes plantares Band mit <br />
longitudinalem Faserverlauf <br />
• Vom Prozessus medialis des <br />
Tuber calcanei zu den Zehen <br />
• Stützt das Fuss‐<br />
Längsgewölbe
<strong>Fersensporn</strong> <br />
• K<strong>ein</strong> diagnos&scher Wert! <br />
5‐15% der Normalbevölkerung hat <strong>Fersensporn</strong> <br />
>50% der Pa&enten mit Faszii&s <strong>plantaris</strong> haben <br />
k<strong>ein</strong>en <strong>Fersensporn</strong>
Faszii&s <strong>plantaris</strong> ‐ Ursachen <br />
Mechanisch: <br />
• Mechanische Überlastung <br />
• Übergewicht <br />
• Fussfehlstellungen (Hohl‐ od. Knicksenkfuss) <br />
• Eingeschränkte Dorsalflexion im OSG <br />
Meist mul&faktoriell und k<strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>deu&ge <br />
Ursache erkennbar. Mul&ple Mikrotraumen. <br />
Entzündlich im Rahmen von Spondylarthropathien!
Spondylarthropathie <br />
• Junge Pa&enten, evtl. bilaterale Schmerzen <br />
• Ruhe‐/Nachtschmerzen <br />
• Therapierefraktär <br />
• Zusätzliche Beschwerden des <br />
Bewegungsapparats (lumbale Schmerzen, <br />
Gelenke)? Familienanamnese? Entzündliche <br />
Darmerkrankung? Psoriasis?
Differen&aldiagnose <strong>–</strong> Faszii&s <br />
<strong>plantaris</strong> <br />
• Ruptur der Plantarfaszie <br />
• Stressfraktur des Calcaneus <br />
• Tumor <br />
• Morbus Paget <br />
• Apophysi&s calcanei <br />
• Radikulopathie der Nervenwurzel S1 <br />
• Tarsaltunnel‐Syndrom <br />
• Nerven‐Entrapment des Ramus medialis des Nevus <br />
&bialis <br />
• Tendini&s <br />
• Bursi&s <br />
• Enthesi&s im Rahmen <strong>ein</strong>er Spondylarthropathie
Therapie
Therapie <br />
• Limi&erte Datenlage! Es mangelt an guten, <br />
randosmierten, prospek&ven Studien. <br />
• Die Faszii&s <strong>plantaris</strong> verläuh in der Regel <br />
selbstlimi&erend und klingt im Miiel nach 6‐18 <br />
Monaten ab. 80% heilen innerhalb von 12 Monaten. <br />
• Je früher die Therapie, umso kürzer der <br />
Krankheitsverlauf. <br />
Ruhe: Schmerz‐aggravierende Ak&vitäten meiden <br />
Weich besohlte Schuhe, Barfussgehen auf harter <br />
Unterlagen vermeiden
Therapie <strong>–</strong> Dehnen <br />
• Basis der konserva&ven Therapie, aber <br />
limi&erte Evidenz <br />
• K<strong>ein</strong> signifikantes Ansprechen nach <br />
2 Wochen gegenüber „nichts tun“ <br />
Landford, KB, et al. Effec&veness of calf muscle stretching for the short‐term treatment of plantar heel pain: a <br />
radomised trial. BMC Musculoskelet Disord 2007; 8:36 <br />
• Langzeitstudien fehlen! <br />
• Dehnung der Plantaraponeurose zeigt besseres <br />
Ansprechen <strong>als</strong> Dehnen der Achillessehne/M. <br />
triceps surae <br />
Di Giovanni BF, et al. Tissue‐specific plantar fascia stretching exercise enhances outcomes in pa&ents with <br />
chronic heel pain: a prospec&ve, radomized study. J Bone Joint Surg. 2003;85A(7): 1270‐1277
Therapie ‐ Dehnen <br />
Empfehlung der amerikanischen orthopädischen <br />
Gesellschah für Fuss‐ und Sprunggelenke: <br />
3‐6x/Tag über <strong>mehr</strong>ere Wochen und Monate <br />
Zusätzlich zur Dehnung der <br />
Plantarfaszie
Therapie ‐ Krähigen <br />
• Krähigung der intrinsischen Fussmuskulatur <br />
Unterstützung des Fussgewölbes
Therapie ‐ Einlagen <br />
K<strong>ein</strong> signifikanter Unterschied zwischen <br />
individuell angepassten Einlagen und <br />
Silikon<strong>ein</strong>lagen. <br />
Individuell angepasste Einlagen sch<strong>ein</strong>en bei <br />
Pa&enten mit zusätzlicher Fussfehlstellung <br />
überlegen. <br />
K<strong>ein</strong> Benefit funk&onelle‐dynamischer oder <br />
magne&scher Einlagen!
• K<strong>ein</strong>e Daten! <br />
Therapie ‐ Taping
Therapie ‐ Schienen <br />
• Nachtschienen halten das Sprunggelenk in <br />
Neutralposi&on und führen zu <strong>ein</strong>er passiven <br />
Dehnung der Plantarfaszie <br />
• Kontroverse Studienresultate <br />
• Compliance über längere Zeit <br />
schlecht
Therapie ‐ medikamentös <br />
• NSAID <br />
Nicht signifikanter Trend zur Verbesserung von <br />
Schmerz und Behinderung gegenüber Placebo <br />
Donley et al. The efficacy of oral nonsteroidal an&‐inflammatory medica&on (NSAID) in the treatment <br />
of plantar fascii&s: a radomized, prospec&ve, placebo‐controlled study. Foot Ankle Int 2007; 28:20 <br />
Temporäres Ansprechen, nicht kura&v. <br />
K<strong>ein</strong>e Evidenz für Anwendung länger <strong>als</strong> 2‐3 <br />
Wochen!
Therapie ‐ Steroidinfiltra&on <br />
• Signifikanter Kurzzeitbenefit bez. Schmerz nach 1 <br />
Monat <br />
• K<strong>ein</strong> Langzeitbenefit nach 3 oder 6 Monaten <br />
Crawford,F,et al. Steroid injec&on for heel pain: evidence of short‐term effec&veness. A <br />
randomized controlled trial. Rheumatology (Oxford) 1999; 38:974 <br />
• Empfehlung: <br />
<strong>–</strong> Zurückhaltender Einsatz <br />
<strong>–</strong> K<strong>ein</strong>e wiederholten Infiltra&onen, da Gefahr der <br />
Plantarfaszien‐Ruptur und Atrophie des subkutanen <br />
Feipolsters (max 2 Infiltra&onen) <br />
<strong>–</strong> Falls möglich Ultraschall‐gesteuert
Therapie ‐ Botulinumtoxin <br />
• 2 Studien mit 27 resp. 50 Pa&enten <br />
• Injek&on von 40 resp. 50 U an die Plantarfaszie, <br />
ultraschallgesteuert <br />
Signifikant weniger Schmerzen gegenüber <br />
Placebo nach 3 und 8 resp. 12 Wochen <br />
Babcock, MS, et al. Treatment of pain aiributed to plantar fascii&s with botulinum toxin: a short‐term, <br />
randomized, placebo‐controlled, doubleblind study. Am J Phys Med Rehabil 2005; 84:649 <br />
Huang VC, et al. Ultrasonographic guided botulinum toxin type A treatment for plantar fascii&s: an outcomebased inves&ga&on for trea&ng pain and gait changes. J Rehabil Med. 2010 Feb;42(2):136‐40
Therapie ‐ ESWT <br />
• Wirksamkeit für Faszii&s <strong>plantaris</strong> gilt <strong>als</strong> gesichert <br />
• Studienlagen aber kontrovers und Behandlungsprotokolle in Bezug auf Stosswellenenergie, Anzahl <br />
Stössen und Anzahl Behandlungen unterschiedlich <br />
• K<strong>ein</strong> Konsens hinsichtlich op&maler <br />
Behandlungsparametern (hoch‐ vs niederenerge&sch) <br />
• Als Alterna&ve zur Opera&on nach Ausschöpfen der <br />
klassischen konserva&ven Therapiemöglichkeiten <br />
• K<strong>ein</strong>e Pflichtleistung der Krankenkasse!
ESWT ‐ Wirkmechanismus <br />
• Wirkprinzip nicht gesichert! <br />
• An&entzündlicher Effekt dch COX II‐Hemmung <br />
• Ausschüiung vasoak&ver Substanzen <br />
(Substanz P, NO) <br />
• Modulierender Effekt auf Nozizep&on (Gate‐<br />
Control‐Theorie)
Therapie ‐ Radiotherapie <br />
• Niedrig dosierte Entzündungsbestrahlung, <br />
Gesamtdosis von 6 Gy (Frak&onen à 1 Gy) <br />
• Wirkmechanismus unklar: Durchblutung↑, <br />
Zytokin‐Ausschüiung, Einfluss auf das vegeta&ve <br />
Nervensystem, Änderung des ph‐Wert im Gewebe <br />
• In retrospek&ven Studien 65‐90% mit <br />
Schmerzreduk&on über mind. 3 Monate. 15% <br />
ohne Ansprechen. <br />
• k<strong>ein</strong>e lokale Toxizität, k<strong>ein</strong>e Tumorinduk&on in <br />
dieser niedrigen Dosis bekannt <br />
• Prospek&ve Studie in Deutschland am Laufen
Chirurgische Therapie <br />
• Plantare Fasziotomie mit/ohne <br />
‐ Dekompression des Ramus medialis des N. &bialis <br />
‐ Osteotomie <br />
Equivalenz des offenen vs. endoskopischen Eingriffs <br />
Erfolgsrate 70‐90% <br />
Rehabilita&on über <strong>ein</strong>ige Monate (3‐7 Monate) <br />
Komplika&onen: Faszienruptur, Senkfuss, <br />
Nervenläsion, Calcaneusfraktur
Therapie‐Empfehlung <br />
• Gute Prognose bei selbstlimi&erendem Verlauf <br />
• Behandlungen wenig validiert! <br />
• Frühe Therapie <br />
• Therapiestufenschema: <br />
<strong>–</strong> Schonung, weich besohlte Schuhe, Barfussgehen auf <br />
harter Unterlage vermeiden, Einlagen, Dehnübungen <br />
<strong>–</strong> Steroidinfiltra&on <br />
<strong>–</strong> ESWT oder Radiotherapie <br />
<strong>–</strong> Opera&ves Vorgehen bei fehlendem Ansprechen auf die <br />
konserva&ve Therapie über 12 Monate <br />
• Bei jungen Pa&enten mit therapierefraktärem Verlauf <br />
an <strong>ein</strong>e mögliche Spondylarthropathie denken!