28.04.2014 Aufrufe

FS_01_2005.pdf - Luftwaffe

FS_01_2005.pdf - Luftwaffe

FS_01_2005.pdf - Luftwaffe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

HEFT 1 · APRIL 2005 · 42. JAHRGANG<br />

Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände<br />

Editorial 1<br />

Mission Rescue 51 2<br />

Titelfoto: Guido Sonnenberg<br />

„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung<br />

für fliegende Verbände der Bundeswehr<br />

Herausgeber:<br />

General Flugsicherheit in der Bundeswehr in<br />

Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium<br />

der Verteidigung - Fü S I 1.<br />

Redaktion:<br />

Hauptmann Klemens Löb,<br />

Tel.: 02203 / 9083124<br />

Major Claus Maneth,<br />

Tel.: 02203 / 9083941<br />

Fliegerhorst WAHN 5<strong>01</strong>/07<br />

Postfach 90 61 10<br />

51127 Köln<br />

Vordringliche Technische Anweisung<br />

und deren Folgen 7<br />

Emotionen gehören nicht in den Flugbetrieb! 10<br />

Freie Bahn! 12<br />

CLIMB FL 320 DUE TO STRANGER 24<br />

Personal 28<br />

Was macht der CALF , Ralf!!! 30<br />

Bravo gut gemacht! 31<br />

redaktionflugsicherheit@bundeswehr.org<br />

klemensloeb@bundeswehr.org<br />

clausmaneth@bundeswehr.org<br />

Gestaltung:<br />

Rolf Miebach, Informations- und<br />

Medienzentrale der Bundeswehr (IMZBw)<br />

Erscheinen:<br />

dreimonatlich<br />

Manuskripteinsendungen<br />

sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom<br />

Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht<br />

unbedingt die Meinung der Schriftleitung oder<br />

des Herausgebers dar. Es werden nur Beiträge<br />

abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren<br />

Veröffentlichung einverstanden sind. Weiterveröffentlichungen<br />

in Flugsicherheitspublikationen<br />

(mit Autoren- und Quellenangaben) sind daher<br />

möglich und erwünscht.<br />

Gesamtherstellung:<br />

SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH<br />

53757 Sankt Augustin<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT


Editorial<br />

Einstein sagte: In dem Maße, in dem der Lichtkreis größer wird, wird auch die ihn umgebende Dunkelheit<br />

größer. Dieses Zitat auf Flugsicherheitsarbeit bezogen bedeutet: Jeder weitere Flugunfall, jede weitere<br />

Entdeckung einer Lücke im Flugsicherheitssystem vergrößert unseren „Lichtkreis“ - und das ist gut so, auch<br />

wenn der Grund für diese Vergrößerung nicht gut ist. Wir identifizieren einen weiteren unvorhergesehenen<br />

Umstand, der zum Flugunfall führte, wir lernen dazu und wissen mehr. Es zeigt aber auch, dass die umgebende<br />

Dunkelheit größer wird, wir also erkennen, dass wir auch weiterhin vieles nicht wissen. Die Darstellung des<br />

Lichtkreises und der ihn umgebenden Dunkelheit gewinnen an Gewicht, wenn man bedenkt, dass sich Unfälle<br />

ereignen, bei denen die Besatzungen alles richtig machten, also aus den gemachten Erfahrungen die richtigen<br />

Konsequenzen gezogen wurden. Anders ausgedrückt, es wird auch in der Zukunft Unfälle geben, obwohl wir<br />

innerhalb des Lichtkreises unseres Wissens z. B. als Luftfahrzeugbesatzung fehlerlos arbeiten. Es gilt, den<br />

Lichtkreis zu beherrschen und die umgebende Dunkelheit in ihrer Größenordnung und Bedeutung zu erkennen,<br />

einzuschätzen, zu respektieren und konsequent präventiv zu handeln.<br />

Ich möchte Ihnen anhand eines Beispiels in dieser Ausgabe der Flugsicherheit zeigen, wie sich Crews des<br />

Einsatzgeschwader TERMEZ in dem oben beschriebenen Lichtkreis verhielten und mit hervorragenden<br />

Situationsanalysen den Einsatz Rescue 51 abwickelten. Mit größter Sorgfalt haben die in dem Bericht erwähnten<br />

Soldaten einen spektakulären Einsatz durchgeführt, der exotisch war, eine grenzwertige Belastung der<br />

Besatzungen und der Ausrüstung beinhaltete und ohne Teamgeist aller vor Ort Anwesenden nicht durchführbar<br />

gewesen wäre. Hier war die umgebende Dunkelheit sehr groß. Sie wurde richtig erkannt, eingeschätzt,<br />

respektiert und präventiv durchgeplant. Respekt und Anerkennung an das Einsatzgeschwader TERMEZ.<br />

In einem weiteren Beitrag wird von den Mitarbeitern berichtet, die ihre Arbeit oftmals in der sinnbildlichen<br />

Dunkelheit erledigen. Unter dem Titel „Freie Bahn“ wird beschrieben, mit welchen Problemen und<br />

Schwierigkeiten die „Schneeräumer“ und „Enteiser“ der Fliegenden Verbände zu kämpfen haben. Von dieser<br />

Stelle aus möchte ich diesen engagierten Mitarbeitern danken, die, häufig von uns unbemerkt, viele Stunden<br />

vor der offiziellen Platzöffnung ihre Arbeit erledigten.<br />

Zwei Berichte aus dem Gebiet der Flugsicherung zeigen auf, wie normale Situationen im täglichen Flugbetrieb<br />

schnell zu Problemen und Missverständnissen führen können, wenn sich die beteiligten Luftfahrzeugführer<br />

nicht an Anweisungen halten bzw. nicht zeitgerecht die Flugsicherungsstellen über Probleme informieren. Diese<br />

Zwischenfälle sind unter dem Gesichtspunkt Crew Resource Management zu beleuchten und sollten zu den entsprechenden<br />

Lehren führen.<br />

Es ist sicher vermessen, dem großen Einstein widersprechen zu wollen. Trotzdem muss unser Ziel bleiben,<br />

irgendwann die umgebende Dunkelheit dahingehend zu beherrschen, dass sie abnimmt. - Anspruchsvoll?<br />

Sicher, erreichbar? ...<br />

In diesem Sinne, fly safe<br />

1


Flugsicherheit<br />

Mission<br />

Rescue 51<br />

Der Einsatz ist unser Auftrag –<br />

Flugsicherheit ist mit dabei!<br />

von Oberstleutnant<br />

Frank Krautscheid,<br />

Staffelkapitän der Einsatzstaffel<br />

(C-160 und CH-53GS) beim<br />

Einsatzgeschwader TERMEZ<br />

Am 19.10. 2004 führte<br />

das Einsatzgeschwader<br />

TERMEZ im Nordosten<br />

Afghanistans einen<br />

ungewöhnlichen<br />

Rettungseinsatz im<br />

Auftrag von ISAF durch.<br />

Gerettet werden sollten<br />

vier AFG-Wahlhelfer,<br />

zwei AFG-Polizisten und<br />

fünf US-Soldaten. So<br />

ergab es sich, dass wir<br />

als deutsche Heeresflieger<br />

zum ersten Mal<br />

bis 40 km an die chinesische<br />

Grenze geflogen<br />

sind und uns längere Zeit<br />

in sehr großen Höhen<br />

aufhalten mussten.<br />

Aber wie kam es dazu?<br />

Am 12.10.2004 musste ein UN-<br />

Hubschrauber (MI-8) wegen eines<br />

Triebwerkfehlers im verschneiten Pamirgebirge<br />

der Provinz Badakhshan in<br />

17.500 Fuß notlanden. Drei Mann<br />

Besatzung, drei Wahlhelfer und zwei<br />

Polizisten (Quelle Washington Times<br />

vom 13.10.2004) hatten die Aufgabe<br />

durch die UNAMA, Wahlurnen im<br />

Norden Afghanistans einzusammeln.<br />

Eine amerikanische C-130 Herkules<br />

setzte am gleichen Tag Versorgungsgüter<br />

wie Schlafsäcke und Nahrungsmittel<br />

ab. Die Gruppe hatte Unterschlupf<br />

in einer verlassenen Hütte<br />

gefunden. Am 13.10.2004 sollte nach<br />

Angaben des US-Militärs ein anderer<br />

Hubschrauber diese Gruppe retten.<br />

Am gleichen Tag wurde das<br />

Einsatzgeschwader TERMEZ<br />

vom HQ ISAF über den<br />

Vorfall informiert<br />

und sollte prüfen,<br />

ob die<br />

MI-8<br />

dort geborgen werden konnte. Dies<br />

war aufgrund der Höhe und des Gewichts<br />

des Hubschraubers unmöglich.<br />

In den folgenden Tagen wurden die<br />

Anfragen zu einer Bergung und zum<br />

Transport des Personals wiederholt.<br />

Da jedoch keine akute Gefahr für das<br />

Personal bestand und dieses sich weiterhin<br />

in für Hubschraubereinsätze kritischen<br />

Einsatzhöhen befand, mussten<br />

die Anfragen abgelehnt werden.<br />

Am 18.10.2004 um 11.00 Uhr lokal<br />

erhielt das HQ ISAF erneut eine Anfrage,<br />

ob es möglich wäre, einen<br />

MedEvac-Flug durchzuführen, da ein<br />

Wahlhelfer an der lebensbedrohlichen<br />

Höhenkrankheit litt und unverzüglich<br />

evakuiert werden müsse.<br />

Da mittlerweile eine neue Position<br />

der Gruppe in geringerer Einsatzhöhe<br />

bekannt war und es um die Rettung<br />

von Menschenleben bzw. der Vermeidung<br />

schwerer gesundheitlicher<br />

Schäden ging, wurden nochmals<br />

alle Möglichkeiten von uns<br />

sorgfältig geprüft<br />

2<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT


Fotos: Major Krautscheid<br />

und der Einsatz vom Kommodore des<br />

Einsatzgeschwaders TERMEZ befohlen.<br />

Nachdem das Wetter gecheckt war,<br />

erarbeiteten wir in der Operationszentrale<br />

innerhalb von anderthalb<br />

Stunden einen Ablaufplan für den<br />

Einsatz. Im weiteren Verlauf wurden<br />

Überfluggenehmigungen (Diplo Clearance)<br />

für Tadschikistan eingeholt,<br />

Flugpläne erstellt und möglichst alle<br />

zuständigen Dienststellen in Tadschikistan,<br />

Afghanistan, Usbekistan und<br />

Pakistan direkt über die geplante<br />

Rescue Mission informiert, denn ein<br />

großer Teil der geplanten Strecke verlief<br />

entlang von Staatsgrenzen. Aber<br />

auch im Falle einer eigenen Notlage<br />

wäre nur ein Ausweichen nach Norden,<br />

sprich Tadschikistan, möglich<br />

gewesen.<br />

Andere Kameraden stellten zeitgleich<br />

zusätzliches Material und Verpflegung<br />

für die Mission zusammen<br />

(Schlafsäcke, EPA, Wolldecken, Notausstattung<br />

(WPH), Trinkwasser, BiV-<br />

Brillen, besondere zusätzliche medizinische<br />

Ausstattung und Medikamente<br />

usw.).<br />

Als die ersten Vorbereitungen und<br />

Planungen abgeschlossen waren, verlegte<br />

ich als taktischer Führer mit ca.<br />

1,5 t zusammengestellten Gütern<br />

gegen 15.30 Uhr lokal mit einer<br />

Transall nach Kunduz.<br />

Dort koppelte ich mit den Besatzungen<br />

der drei CH-53GS, die<br />

gerade nach einem beendeten Einsatz<br />

betankt wurden. Die Besatzungen<br />

waren via Satelitentelefon über mein<br />

Eintreffen informiert worden. Nach<br />

einer kurzen Lageeinweisung und<br />

Umladung des Materials per Hand<br />

und mit vereinten Kräften, ging es mit<br />

den drei CH-53GS weiter nach Faizabad.<br />

Dort landeten wir mit Sonnenuntergang<br />

gegen 18.30 Uhr<br />

lokal.<br />

Das PRT (Provincial Reconstruction<br />

Team)<br />

Faizabad unterstützte<br />

die<br />

Mission trotz ihrer eigenen nur sehr<br />

eng begrenzten Mittel hervorragend.<br />

Sie stellten die Bewachung der<br />

Hubschrauber auf dem Flugfeld sicher<br />

und sorgten für Frischverpflegung, da<br />

die Besatzungen bereits seit dem<br />

frühen Morgen unterwegs waren.<br />

Vorbereitende Maßnahmen waren<br />

nun u. a. das Festlegen der nur absolut<br />

notwendigen Ausrüstung zur<br />

Minimierung der Last, um ein Maximum<br />

an Flugbetriebsstoff (in diesem<br />

Fall für ca. 5 Stunden) mitführen zu<br />

können.<br />

Ich beschloss nach den neuesten<br />

Wetterinformationen eine Stunde vor<br />

Sonnenaufgang um 05.00 Uhr lokal<br />

zu starten. Nach dem letzten Briefing<br />

wurde das Nachtlager in den Hubschraubern<br />

eingerichtet, um eine<br />

möglichst lange qualifizierte Nachtruhe<br />

zu haben, da die Fahrt in das<br />

PRT-Gelände ca. eine Stunde gedauert<br />

hätte, wo ein Zelt mit Feldbetten<br />

für uns errichtet worden war.<br />

Nach letzten Informationen hatten<br />

nun vier afghanische Wahlhelfer und<br />

zwei Polizisten ihre Position verlassen<br />

und waren auf dem Weg nach<br />

Westen, um einen Hubschrauberlandeplatz<br />

(immerhin 50 km entfernt<br />

von der letzten bekannten Position!)<br />

zu erreichen. Ein amerikanisches, speziell<br />

für solche Fälle ausgebildetes<br />

Rettungsteam, bestehend aus vier<br />

Para-Rescue-Soldaten, war nach amerikanischen<br />

Angaben am Nachmittag<br />

des 18.10.2004 zur Erstversorgung<br />

und Unterstützung der Rettung aus<br />

einer C-130 Herkules abgesprungen.<br />

Nach zuerst anders lautenden Meldungen<br />

befanden sie sich offensichtlich<br />

nicht bei den Afghanen.<br />

Am nächsten Morgen wieder in<br />

Kontakt mit OPZ TERMEZ, erfuhr ich<br />

überraschend, dass die Amerikaner<br />

der CJTF 76 BAGRAM ebenso die<br />

Rettung geplant hatten, aber ihre<br />

Rettungsaktion aus Wettergründen,<br />

stark gesunkener Gefrierpunkt (FZL)<br />

und allgemein erwarteter weiterer<br />

Wetterverschlechterung um 24 Stunden<br />

verschieben würden. Mir<br />

wurde nun die Entscheidung<br />

überlassen zu starten.<br />

Flugweg<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

3


Flugsicherheit<br />

Landung bei den Hütten<br />

Aufnahmepunkt der Amerikaner ... in 3.850 m Höhe Lan<br />

So ging es etwas<br />

verzögert vor Sonnenaufgang<br />

mit zwei Hubschraubern, davon<br />

einer als abgespeckter MedEvac-Hubschrauber,<br />

los. Der dritte Hubschrauber<br />

blieb als Reserve in Faizabad und<br />

für den Fall, dass wir Hilfe gebraucht<br />

hätten, wäre eine vierte CH-53GS, bei<br />

der in der Nacht eine Teilphase beendet<br />

worden war, nachgeführt worden.<br />

Flüge in<br />

Afghanistan werden z. B.<br />

aufgrund fehlender Flugüberwachung<br />

grundsätzlich zu zweit geflogen. Die<br />

Ausrüstung, u. a. BiV-Brille und Flow-<br />

Timer zur Sauerstoffversorgung, wurde<br />

angelegt und die letzten Details besprochen.<br />

Die geplante Route verlief überwiegend<br />

durch Täler, deren Grund schon<br />

etwa die Höhe der Zugspitze haben -<br />

und höher sowie an dem höchsten<br />

Berg Afghanistans, Nowshak (7.485 m)<br />

vorbei! Die Distanz betrug 191 NM<br />

und die geplante Flugzeit war eine<br />

Stunde 40 Minuten. Das Wetter ermöglichte<br />

es uns, den ersten Streckenabschnitt<br />

etwas zu kürzen. Dabei kamen<br />

wir schon in Höhen bis 16.000 ft MSL.<br />

Als erstes flogen wir die letzte bekannte<br />

Position des Rettungsteams<br />

an, da dies die einzig gesicherte Information<br />

war. Nach dem Überflug einiger<br />

scheinbar leerer Hütten machte<br />

das Rettungsteam mit einem Rauchkörper<br />

auf sich aufmerksam. Nach Erkundung<br />

des Landeplatzes aus der Luft<br />

landeten wir in der Nähe der Hütten in<br />

einer Höhe von 12.600 ft.<br />

Befehlsausgabe im Hubschrauber<br />

Behandlung der Höhenerkrankten<br />

Einrichten zur Na<br />

4 I/2005 FLUGSICHERHEIT


dung bei den Hütten<br />

Verhandlung mit der Sippe<br />

Verladen der Wahlhelfer und Wahlurnen<br />

Nach Kontaktaufnahme und<br />

Identifizierung wurden fünf Soldaten<br />

und der größte Teil ihrer Ausrüstung<br />

an Bord genommen. Bei ihnen hielt<br />

sich ein Afghane mit einer Kalaschnikov<br />

auf, der zuerst auch mit ins Tal<br />

genommen werden wollte. Als er<br />

aber merkte, dass die Amerikaner,<br />

auch nach meiner Nachfrage bei<br />

ihnen, einen Teil ihrer Ausrüstung zurückließen,<br />

wollte der Afghane nicht<br />

mehr mitfliegen und dort bleiben.<br />

Zwei der amerikanischen Soldaten<br />

hatten bereits nach einem Tag Probleme<br />

mit der Höhenluft und Kälte<br />

und wurden im Hubschrauber versorgt.<br />

Von dem UNAMA-Personal war<br />

hier oben keine Spur, also starteten<br />

wir wieder. Bereits auf dem Hinflug<br />

war mir eine Hüttenund<br />

Zeltansammlung aufgefallen, wo<br />

ein Mann auf einem kleinen Hügel<br />

stand und die afghanische Fahne<br />

hochhielt. Da wir sonst keinen Anhaltspunkt<br />

über den Verbleib der<br />

Männer hatten, entschied ich, dort zu<br />

landen und Erkundigungen einzuholen.<br />

Dieser Punkt war etwa 15 km<br />

vom Aufnahmepunkt der Amerikaner<br />

entfernt, in einer Höhe von ca.<br />

12.500 ft.<br />

Auch bei dieser Landung war, wie<br />

auch bei der Landung zuvor, volle<br />

Konzentration und Teamwork gefordert.<br />

Die Gefahr eines white out bestand<br />

zwar, jedoch war die Pulverschneeschicht<br />

zum Glück sehr dünn.<br />

Nach der Landung wurden mein<br />

Sprachmittler und ich gleich von den<br />

Männern der Sippe empfangen, und<br />

wir stellten schnell fest, dass sich die<br />

sechs Gesuchten samt der vier<br />

Wahlurnen in einer Hütte befanden.<br />

Da die Männer zum Teil nicht mehr<br />

reisefähig waren, war wohl ein Abkommen<br />

mit der Sippe getroffen worden,<br />

sich neun Tragtiere für fünf Tage<br />

auszuleihen. Die Tiere sollten pro<br />

Stück und Tag 20 US-$ kosten. Mit<br />

diesen wollten sie eigentlich an diesem<br />

Tag losgezogen sein. Nun wollte<br />

die Sippe für den entgangenen Verdienst<br />

das Entgelt für wenigstens<br />

einen Tag haben. Da die Hubschrauber<br />

im Hintergrund liefen und ich<br />

keine Zeit durch längeres Feilschen<br />

verlieren wollte, erklärte ich mich bereit,<br />

200 US-$ zu zahlen, nachdem sie<br />

den kranken Afghanen, die Wahlurnen<br />

und die Unterlagen aus der Hütte<br />

geholt hatten. So konnten sie nach 20<br />

Minuten von unserem MedEvac-Team<br />

in Empfang genommen und verarztet<br />

werden. Bei allen waren eine starke<br />

Dehydrierung, Erschöpfung und Unter-<br />

Essenausgabe im Hubschrauber<br />

HFw Hauser in voller<br />

Ausrüstung<br />

OLt Classen mit Flow-Timer<br />

chtruhe<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

5


Flugsicherheit<br />

des geretteten amerikanischen Rettungsteams<br />

flogen dann mit einer C-<br />

130 Herkules nach Bagram weiter.<br />

Die Patienten wurden zur medizinischen<br />

Versorgung in das PRT Kunduz<br />

gebracht und die Wahlurnen ins<br />

Afghanistan Counting Center transportiert.<br />

Damit waren elf Menschen<br />

aus großer Höhe gerettet und durch<br />

die letzten in Afghanistan noch auszuzählenden<br />

Wahlurnen die Wahl<br />

unanfechtbar geworden.<br />

Nach der Ankunft in Termez wurde<br />

uns ein very warm welcome bereitet.<br />

Möglich gemacht hat den Erfolg<br />

dieses Einsatzes der Joint-Gedanke,<br />

der erfahrene Wetterberater der Marineflieger,<br />

die jahrelange Erfahrung<br />

der <strong>Luftwaffe</strong> in Vorbereitung von<br />

Flügen im internationalen Luftraum<br />

sowie der Einsatz einer fliegenden<br />

Relaisstation C-160, die neben der<br />

kalkulierten Risikobereitschaft auch<br />

ein beruhigendes Gefühl gab.<br />

Außerdem sind die bisher vorgenommenen<br />

Produktverbesserungen<br />

an der CH-53GS wie Außenzusatzkühlung<br />

festzustellen. Bei zweien kam<br />

noch die Höhenkrankheit hinzu. Also<br />

wurden Infusionen gelegt und<br />

Sauerstoff verabreicht. Die Rückflugstrecke<br />

war fast identisch mit dem<br />

Hinflug, und es „türmten“ sich die<br />

ersten großen Cumulanten auf, die<br />

uns wenig später wohl den Ausflug<br />

aus den Tälern versperrt hätten. Gott<br />

sei Dank blieb alles so, wie es unser<br />

WX-Berater, ein Kapitänleutnant der<br />

Marine, aus Termez vorhergesagt<br />

hatte.<br />

Wieder in Faizabad angekommen,<br />

koppelten wir mit dem dritten Hubschrauber<br />

und verluden die verbliebene<br />

Ausrüstung. Die angebotene Unterstützung<br />

von amerikanischen C-130<br />

Herkules für den Weitertransport der<br />

Afghanen, Wahlurnen und Soldaten<br />

brauchte nicht in Anspruch genommen<br />

werden. Ohne getankt zu haben,<br />

flogen wir auf direktem Weg weiter<br />

nach Kunduz. Dort angekommen,<br />

wurden die afghanischen Wahlhelfer<br />

und die Unterlagen an Mitarbeiter der<br />

UNO übergeben und die Mitglieder<br />

tanks, T 64-100-Triebwerke, aber auch<br />

die Anschaffung von Flow-Timern zur<br />

Sauerstoffversorgung der Besatzungen<br />

Grundvoraussetzungen für die<br />

Durchführung der Mission gewesen.<br />

Jedoch ist auch deutlich geworden,<br />

dass nur Quantität und bestes Equipment<br />

allein anscheinend nicht immer<br />

ein Erfolgsgarant sind, sondern der<br />

Mensch immer noch eine wesentliche<br />

Rolle spielt.<br />

Dieser Einsatz hat gezeigt, dass ein<br />

besonders hoher Grad an Professionalität<br />

und Einsatzbereitschaft für solche<br />

Missionen ein „Muss“ sind. Jeder einzelne<br />

an diesem Einsatz Beteiligte und<br />

damit jeder Soldat des Einsatzgeschwaders<br />

TERMEZ hat maßgeblich<br />

zum Gelingen beigetragen und verdient<br />

Anerkennung.<br />

<br />

Anmerkung GenFlSichhBw:<br />

Bravo! Sehr gut gemacht!<br />

Die Männer der Rescue Mission 51


Vordringliche<br />

VTA (0866, 866-1, 0867, 8032, 8032-1)<br />

Technische Anweisung<br />

und deren Folgen<br />

von Hauptmann Heiner Schill, Leiter<br />

Einsatzsteuerung LTG 63<br />

VTA (Vordringliche Technische Anweisung)<br />

- derzeit wahrscheinlich<br />

einer der am häufigsten gebrauchten<br />

Begriffe im ganzen Geschwader, der<br />

zu sehr viel Arbeit und Unruhe, bei<br />

dem einen oder anderen auch zu einiger<br />

Verwirrung geführt hat. Um das<br />

Zahlenwirrwar ein wenig zu ordnen,<br />

soll hier eine so kurz wie möglich<br />

gehaltene, aber dennoch verständliche<br />

Auflistung der Ereignisse, die<br />

Beschreibung der technischen Hintergründe<br />

sowie die Darstellung der<br />

Inhalte der verschiedenen VTA für<br />

mehr Klarheit sorgen.<br />

Hintergrund<br />

Am 06. Mai 2004 explodierte in<br />

Martinique der linke A-Tank einer französischen<br />

C-160 Transall aufgrund<br />

einer Scheuerstelle an der Verkabelung<br />

der Tankpumpen. Durch das anschliessende<br />

Feuer wurde das Luftfahrzeug<br />

schwer beschädigt. Nach Abschluss der<br />

Ermittlungen in Frankreich und Feststellen<br />

der Unfallursache wurden Untersuchungen<br />

der Kabelbündel an C-<br />

160 Transall der Bundeswehr eingeleitet.<br />

Bei der Begutachtung mehrerer<br />

Luftfahrzeuge durch die Firma EADS in<br />

Manching wurden dort in den A-Tanks<br />

angescheuerte Kabelbündel innerhalb<br />

der Leitungsführungen (Führungsrohre)<br />

festgestellt. Die stärkste Schädigung<br />

eines Kabels wurde dabei im Radius<br />

einer Leitungsführung gefunden. Am<br />

06. Juli 2004 wurde aufgrund der festgestellten<br />

Schäden an der Verkabelung<br />

durch die Fa. EADS Deutschland, Werk<br />

Manching, eine „Dringende Beanstandungsmeldung“<br />

erstellt.<br />

VTA 0866, 866-1 und 0867<br />

Nach Bewertung dieser Beanstandungsmeldung<br />

wurde am 07. Juli 2004<br />

durch Weisung BMVg, InspL, der Flugbetrieb<br />

mit Luftfahrzeugen C-160<br />

Transall bis auf weiteres aus Sicherheitsgründen<br />

eingestellt. In Ausnahmefällen<br />

konnte der Einsatz der C-160<br />

Transall zur Rettung von Leib und<br />

Leben freigegeben werden. Die Lufttransportverbände<br />

LTG 61, LTG 62 und<br />

LTG 63 wurden angewiesen, je ein<br />

Luftfahrzeug auf Scheuerstellen zu<br />

überprüfen. Der Arbeitsablauf und der<br />

dafür nötige Zeitaufwand waren zu<br />

diesem Zeitpunkt noch völlig unklar.<br />

Die Überprüfungen am 08. Juli 2004<br />

zogen sich bis in den späten Abend hin<br />

und schafften schnell Klarheit: an allen<br />

drei Luftfahrzeugen wurden Scheuerstellen<br />

an den Kabelbündeln der A-<br />

Tanks, im LTG 61 und LTG 63 zusätzlich<br />

auch an den Kabelbündeln der B-<br />

Tanks gefunden. Allmählich wurde<br />

allen Beteiligten klar, dass an<br />

Flugbetrieb vorerst nicht mehr zu denken<br />

war. Zu diesem Zeitpunkt befanden<br />

sich insgesamt elf Transall der drei<br />

Verbände im Ausland. Am Abend des<br />

08. Juli 2004 wurde die VTA 0866<br />

„Überprüfung der Leitungsbündel der<br />

Kraftstoffpumpen auf Scheuerstellen<br />

innerhalb der Leitungsführungen“ ausgegeben.<br />

Darin wurde die Überprüfung<br />

und der Austausch der Kabelbäume<br />

angeordnet, das dazu benötigte<br />

Material sollte durch LwMatKdo<br />

über die Firma EADS zugewiesen werden.<br />

Die noch vorhandene Hoffnung,<br />

die B-Tanks könnten nicht betroffen<br />

und damit für Überführungsflüge nutzbar<br />

sein, wurde schließlich durch die in<br />

den A- und B-Tanks gefundenen<br />

Scheuerstellen wieder zunichte gemacht.<br />

Daher musste die VTA 0866<br />

(die sich noch eine entsprechende<br />

Option offen hielt) bereits kurz darauf<br />

als VTA 0866-1 korrigiert neu ausgegeben<br />

werden. Am 15. Juli 2004<br />

wurde mit der Ausgabe der an die<br />

Ereignisse angepassten VTA 0867<br />

„Austausch der Leitungsbündel der<br />

Kraftstoffpumpen“ die VTA 0866-1<br />

ersetzt. Da die Überprüfung der<br />

Luftfahrzeuge fast immer angescheuerte<br />

Kabel ergeben hatte, wurde nun<br />

One subway laugFountains untangles two slightly irascible trai<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

7


Flugsicherheit<br />

der vollständige Austausch aller<br />

Kabelbäume mit Leitungsführungen<br />

angeordnet.<br />

Flugplatz Termez/UZB<br />

Um den Flugbetrieb in Termez<br />

schnellstmöglich wieder aufnehmen zu<br />

können wurde das erste „Ersatz-<br />

Luftfahrzeug“ bereits am Freitag durch<br />

das LTKdo festgelegt und mit dem<br />

ersten Reparatursatz beliefert, sodass<br />

dieses sich mit Technikern und drei<br />

Reparatursätzen am 12. Juli 2004 von<br />

Penzing (LTG 61) aus auf den Weg<br />

nach Termez machen konnte. Aufgrund<br />

des hohen Einsatzes des technischen<br />

Personals vor Ort, der schnellen<br />

Zuführung von Material und dem<br />

Einsatz von zusätzlichen Luftfahrzeugen<br />

konnte der Flugbetrieb in<br />

Termez etwa zwei Wochen nach<br />

Ausgabe der VTA wieder uneingeschränkt<br />

aufgenommen werden.<br />

LTG 63<br />

Bereits am Sonntag, 11. Juli 2004,<br />

konnte mit dem aus Manching erhaltenen<br />

Material mit der Reparatur des<br />

ersten Luftfahrzeugs begonnen werden,<br />

sodass am Dienstag, 13. Juli<br />

2004, der erste „Flugbetrieb“ im LTG<br />

63 mit einer Transall wieder stattfinden<br />

konnte. Um einen reibungslosen<br />

Ablauf der Arbeiten zu ermöglichen,<br />

wurde um die Halle Ost eine weiträumig<br />

abgesperrte „Taktstraße“ errichtet,<br />

in der alle Arbeiten unter<br />

Einhaltung der nötigen Sicherheitsbestimmungen<br />

verzugslos durchgeführt<br />

werden konnten. Die Bearbeitung<br />

der weiteren Luftfahrzeuge<br />

hing im Wesentlichen vom Zulauf des<br />

Materials ab. Es existierte nahezu keine<br />

Kreislaufreserve, sodass sämtliches ausgebautes<br />

Material schnellstmöglich zur<br />

Firma EADS zurückgeliefert werden<br />

musste, um neue Reparatursätze herstellen<br />

zu können. Dies machte sich vor<br />

allem bei den ersten Reparaturen im<br />

Ausland, die um den 23. Juli 2004<br />

begannen, bemerkbar: Der Rücktransport<br />

verzögerte sich aufgrund des<br />

längeren Rückwegs nach Abschluss der<br />

Reparaturen deutlich, sodass der nächste<br />

Satz erst mit einigen Tagen<br />

Verzögerung geliefert werden konnte.<br />

Als weitere Folge der Auslandsreparaturen<br />

standen für Instandsetzungen<br />

am Heimatplatz keine Reparatursätze<br />

zur Verfügung, sodass hier<br />

fast zwei Wochen „Zwangspause“<br />

gemacht werden musste.<br />

VTA 8032 und 8032-1<br />

Die Reparaturen im Ausland blieben<br />

allerdings nicht ohne Überraschung mit<br />

weiteren arbeitsreichen Folgen: Bei der<br />

Instandsetzung einer Transall auf Island<br />

wurde an der Verkabelung der Kraftstoffvorratsmessanlage<br />

eine Scheuerstelle<br />

an der Isolation am Rohrausgang<br />

des Kabelführungsrohres festgestellt.<br />

Dies führte am 26. Juli 2004 zur<br />

nächsten Vordringlichen Technischen<br />

Anweisung, VTA 8032 „Überprüfung<br />

der Verkabelung der Kraftstoffvorratsmessanlage“,<br />

mit kurz darauf folgender<br />

Berichtigung VTA 8032-1. Zusätzlich<br />

zur VTA 0867 wurde damit die<br />

Überprüfung aller Verkabelungen der<br />

Kraftstoffvorratsmessanlage in den<br />

rechten und linken A- und B-Tanks und<br />

das Aufbringen von Schrumpfschläuchen<br />

an dieser Verkabelung<br />

angeordnet.<br />

Luftfahrzeuge, an denen die VTA<br />

0867 bereits durchgeführt wurde,<br />

konnten weiterhin zum Flugbetrieb<br />

eingesetzt werden, innerhalb von 30<br />

Tagen musste an diesen allerdings eine<br />

zusätzliche Überprüfung der Kraftstoffvorratsmessanlage<br />

durchgeführt<br />

werden. Wurden dabei Fehler festgestellt,<br />

war die VTA 8032-1 sofort in<br />

vollem Umfang durchzuführen. Verlief<br />

die Überprüfung ohne Beanstandung<br />

wurde das Luftfahrzeug bis zur nächsten<br />

planbaren Inspektion freigegeben,<br />

bei der dann die Maßnahmen gemäß<br />

VTA 8032-1 in vollem Umfang durchzuführen<br />

sind.<br />

Technik<br />

Die C-160 Transall hat pro Tragfläche<br />

einen innen liegenden A-Tank und<br />

einen außen liegenden B-Tank. Die<br />

Kraftstoffversorgung wird pro Tank<br />

durch zwei Tankpumpen sichergestellt,<br />

das Signal für die Anzeige der enthaltenen<br />

Kraftstoffmenge erfolgt im A-<br />

Tank durch vier, im B-Tank durch drei<br />

Kraftstoffvorratsgeber. Der Zeitaufwand<br />

für den Austausch der acht<br />

Kabelbündel der Tankpumpen incl.<br />

Führungsrohre im Rahmen der VTA<br />

0867 an einem Luftfahrzeug beträgt -<br />

nach Überwindung der Anfangsschwierigkeiten<br />

– etwa 10 bis 12<br />

Stunden. Durch die Arbeiten an der<br />

Kraftstoffvorratsmessanlage (Verkabelung<br />

von insgesamt 14 Kraftstoffvorratsgebern)<br />

im Rahmen der VTA<br />

8032-1 erhöht sich der Arbeitsaufwand<br />

um einen weiteren halben<br />

Tag. Dies macht die Bearbeitung eines<br />

Luftfahrzeugs in Doppelschicht nötig:<br />

Die Aufenthaltsdauer in den Tanks ist<br />

aus Arbeitsschutzgründen sehr begrenzt,<br />

außerdem muss ein Austrocknen<br />

der Dichtmasse in den Tanks<br />

zur Vermeidung von Undichtigkeiten<br />

unbedingt verhindert werden, d. h. die<br />

8<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT


Pumpenstecker (Pumpenstecker ,<br />

auspinnen für Wiedereinbau beim<br />

LTG am LFZ verwahren.<br />

Aufgebördelter A-Tank<br />

Spiralband abwickeln und für<br />

Wiedereinbau beim LTG<br />

verwahren.<br />

Schellen der Leitungen<br />

mit Befestigungsmaterial<br />

für Wiedereinbau beim<br />

LTG am LFZ verwahren.<br />

Steckdose Vorderholm<br />

(Zum Ausbau Zugentlastung lösen,<br />

Steckereinsatz herausziehen,<br />

Steckdosengehäuse verbleibt im<br />

LFZ eingebau)<br />

Höhenruder<br />

Spiralband abwickeln und für<br />

Wiedereinbau beim LTG<br />

verwahren.<br />

Tanks sollten spätestens nach maximal<br />

drei Tagen wieder geschlossen werden.<br />

Durch großen Einsatz der hauptsächlich<br />

betroffenen Fachgruppen der<br />

Instandsetzungsstaffel (Elektrik, Mechanik,<br />

Klima/Instrumente) und Unterstützung<br />

durch die Wartungsstaffel konntendieReparaturmaßnahmenschnellstmöglich<br />

durchgeführt werden.<br />

Fazit<br />

Durch gemeinsame Anstrengung ist<br />

es gelungen, sämtliche Arbeiten<br />

schnellstmöglich durchzuführen, Verzögerungen<br />

durch Materialengpässe<br />

konnten dabei nicht vollständig verhindert<br />

werden. Die Gesamtdauer bis zum<br />

Abschluss der Arbeiten dürften insgesamt<br />

etwa zwei bis drei Monate betragen.<br />

Bei Erscheinen dieses Artikels sollten<br />

die Arbeiten daher an einem<br />

Großteil der Luftfahrzeuge durchgeführt<br />

und nur noch Luftfahrzeuge in<br />

planbaren Inspektionen von der VTA<br />

0867 betroffen sein. Ausstehend sind<br />

anschließend vor allem Nacharbeiten<br />

im Rahmen der VTA 8032-1 an allen<br />

Luftfahrzeugen, an denen zu Beginn<br />

nur die VTA 0867 durchgeführt wurde<br />

und die eine Freigabe bis zur nächsten<br />

planbaren Inspektion erhalten haben.<br />

Daher ist mit einem Abschluss der<br />

gesamten Maßnahme VTA 0867 und<br />

8032-1 wohl erst im Frühjahr 2005 zu<br />

rechnen.<br />

<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

9


Flugsicherheit<br />

Emotionen gehören nic<br />

von Oberstleutnant Heribert Mennen,<br />

GenFlSichhBw<br />

Wenn ich gelegentlich „Twiggy“<br />

treffe, grüßen wir uns eher etwas<br />

zurückhaltend.<br />

„Twiggy“ flog früher F-104 und Tornado<br />

im selben Verband, dem ich<br />

lange als Flugsicherungsoffizier angehörte.<br />

Heute steuert er ungleich größere<br />

Maschinen einer renommierten Luftfahrtgesellschaft<br />

durch die Lüfte,<br />

wohnt aber wie ich immer noch in der<br />

Nähe unseres früheren Standortes.<br />

Auch nach langer Zeit empfinden<br />

wir offensichtlich beide immer noch<br />

ein gewisses Unbehagen über ein gemeinsames<br />

Happening Anfang der<br />

achtziger Jahre. Damals war ich Flugsicherungseinsatzstabsoffizier<br />

(SATCO)<br />

und arbeitete regelmäßig im Tower.<br />

Obgleich wir Controller durchaus ein<br />

gutes Verhältnis zu den Luftfahrzeugbesatzungen<br />

hatten, ärgerten wir uns<br />

recht häufig über einige Unarten<br />

unserer Jet-Flieger, die aber im rheinischen<br />

Frohsinn-Geschwader offensichtlich<br />

nicht abzustellen waren.<br />

Dazu gehörte vor allem eine gewisse<br />

Unbekümmertheit bei der Durchführung<br />

des Flugbetriebes, die sich<br />

zum Beispiel immer wieder in recht<br />

chaotischem Durcheinander vor den<br />

Starts zeigte. Während die „Eifelbären“<br />

bei den häufigen, wetterbedingten<br />

Besuchen unseres Fliegerhorstes<br />

durch exakte Funk- und Rolldiziplin<br />

angenehm auffielen, traf auf unsere<br />

eigene Klientel genau das Gegenteil<br />

zu. Der Koordinationsaufwand zur<br />

Abwicklung der Flüge war durch kurzfristige<br />

Änderungswünsche manchmal<br />

extrem hoch, und viele Calls hätten<br />

unsere Fliegerkameraden durchaus<br />

früher absetzen oder sich sogar<br />

sparen können. Ganz besonders nervig<br />

war die kurzfristige Anforderung<br />

einer<br />

Abflugpriorität<br />

unmittelbar<br />

vor Erreichen der No 1 position,<br />

was jedes Mal eine Neumischung der<br />

Verkehrsfolge und unnötige Hektik<br />

und Frust beim Kontrollpersonal verursachte.<br />

Einmal war es wieder so weit, dass<br />

der SATCO gefordert war. Die Jungs<br />

aus der ALMA-Staffel hatten es einmal<br />

mehr übertrieben. Es war Zeit,<br />

ihnen in Erinnerung zu rufen, dass der<br />

Fliegerhorst ihnen nicht allein gehört<br />

und dass unsere Rotorflieger, aber<br />

auch die Jets und Transporter aus den<br />

Nachbarverbänden ein Recht darauf<br />

hatten, ihre Flugaufträge ohne große<br />

Verzögerungen und Behinderungen<br />

durchführen zu können. Dies galt<br />

selbstverständlich auch für die koordinierten<br />

Übungsanflüge von Luftfahrzeugen<br />

der NATO-Partner, was der<br />

eine oder andere Graurock aber nicht<br />

einsehen wollte („wir dürfen an deren<br />

Heimatplatz ja auch keine Practice<br />

Approaches fliegen!!!“).<br />

Also begab ich mich in die Staffel,<br />

um die Situation zu erläutern, um<br />

Verständnis zu werben und ein wenig<br />

mehr Disziplin zu erbitten.<br />

„Kein Problem“, wurde mir versichert,<br />

„das kriegen wir schon hin“.<br />

Na<br />

bitte,<br />

klappt<br />

doch.<br />

Aber leider<br />

klappte<br />

es nicht allzu<br />

lange. Schon<br />

am nächsten<br />

Tag begab es<br />

sich, dass einige<br />

ALMA-<br />

Flieger (darunter<br />

auch<br />

„Twiggy“) zum<br />

Start rollten, als<br />

eine holländische F-16<br />

einen vorab koordinierten Instrumentenanflug<br />

unter Führung unserer Radaranflugkontrolle<br />

durchführte. Aus<br />

Sicht ATC kein Problem, da die F-16<br />

schon zum Endanflug eindrehte und<br />

keine unserer eigenen Besatzungen<br />

irgendeine Sonderbehandlung angemeldet<br />

hatte.<br />

Es war uns zwar bekannt, dass der<br />

Last Chance Check wegen einer<br />

Übung bereits vor dem Shelter erfolgt<br />

war, aber noch hatten die Luftfahrzeuge<br />

einiges an Rollstrecke bis zur<br />

Startbahn. Notfalls müssten sie halt<br />

eine geringfügige Verzögerung in<br />

Kauf nehmen.<br />

Es kam, wie es kommen musste.<br />

Die F-16 war etwa vier Nautische<br />

Meilen im Endanflug und hatte bereits<br />

die Freigabe zum Touch and Go<br />

erhalten, als sich „Twiggy“ der No 1<br />

position näherte und urplötzlich<br />

Timed Take Off reklamierte. Den Hinweis<br />

des Platzkontrollleiters auf die<br />

anfliegende F-16 quittierte er mit<br />

einem wenig freundlichen Kommentar.<br />

Alle schauten mich an. War ich<br />

nicht in der Staffel gewesen und hatte<br />

um frühzeitige Information bezüglich<br />

10 I/2005 FLUGSICHERHEIT


ht in den Flugbetrieb!<br />

Abflugprioritäten gebeten? Hatte ich<br />

nicht vom vermeintlichen guten Ergebnis<br />

der Besprechung berichtet?<br />

Und nun das!<br />

Ich war gefordert. Ich wusste es und<br />

griff das Mikrofon. Mit einer kurzen,<br />

knappen Anweisung wies ich „Twiggy“<br />

an zu warten und fügte gleichzeitig<br />

mit ziemlich scharfen Worten hinzu,<br />

dass er Nummer Zwei hinter der<br />

anfliegenden F-16 sei und dass ich für<br />

sein Verhalten angesichts der Besprechung<br />

vom Vortag (der er beiwohnte)<br />

kein Verständnis habe.<br />

Puh, das musste mal raus.<br />

Keine Erwiderung von „Twiggy“.<br />

Auch keine Reaktion bei den anderen<br />

Besatzungen. Wohl aber schauten<br />

mich die Kameraden im Tower verwundert<br />

an. So eine harte Reaktion<br />

hatten sie von mir nicht erwartet.<br />

Ich selbst war auch verwundert ob<br />

meiner Wortwahl und meines Tonfalles.<br />

Lag es daran, dass meine<br />

Autorität als SATCO gefährdet war?<br />

Wie dem auch sei, nach einer Verzögerung<br />

von etwa drei Minuten<br />

(F-16 sind so verdammt langsam im<br />

Endanflug!) bekam „Twiggy“ die Startfreigabe<br />

und verschwand, ohne sich<br />

von der Frequenz abzumelden.<br />

Nach der Landung rief er mich an<br />

und sagte mir, dass ihm mein Anschiss<br />

sehr aufgeregt habe und er sich den<br />

ganzen Flug nicht habe konzentrieren<br />

können.<br />

Das hatte ich nicht erwartet (und<br />

auch nicht bedacht). Zuerst kam es<br />

mir wenig glaubhaft vor. Sollte ein so<br />

erfahrener Flugzeugführer wie er<br />

durch so ein kurzes Wortgefecht derart<br />

beeinflusst und abgelenkt worden<br />

sein, dass es sich sogar auf die sichere<br />

Flugdurchführung auswirkte?<br />

Je mehr ich darüber nachdachte<br />

und auch eigene Erfahrungen reflektierte,<br />

je mehr wurde mir klar, dass es<br />

stimmen könnte. Auch ich hatte<br />

Situationen und verbale Scharmützel<br />

erlebt, die für sich genommen wenig<br />

bedeutend waren, die mich aber so<br />

aufgeregt hatten, dass meine Handlungen<br />

dadurch lange danach noch<br />

negativ beeinflusst worden waren.<br />

Mit meinem emotionalen Ausbruch<br />

auf der Funkfrequenz hatte ich gegen<br />

einen elementaren Grundsatz verstoßen.<br />

Emotionen dieser Art gehören<br />

nicht zu einem professionellen Arbeitsumfeld,<br />

erst recht nicht zur<br />

Fliegerei und zur Flugverkehrskontrolle.<br />

Sie sind der Flugsicherheit abträglich.<br />

Ein Flugverkehrskontrolloffizier<br />

darf auf einen<br />

erkannten Arbeitsfehler<br />

eines<br />

Piloten<br />

nicht<br />

mit<br />

einem<br />

unfreundlichen<br />

Zusammenstauchen<br />

reagieren.<br />

Dadurch verbessert er<br />

die Situation nicht. Ganz<br />

im Gegenteil, er erzeugt<br />

weiteren Stress und Frust,<br />

und die Arbeitsbelastung<br />

steigt an, was schnell den<br />

Nährboden für Folgefehler<br />

legen kann.<br />

Sicher ist es nicht einfach,<br />

ruhig zu bleiben und auch<br />

auf wiederholte Fehler und<br />

Ruppigkeiten der anderen<br />

Seite freundlich zu reagieren.<br />

Wir sollten es aber auf jeden<br />

Fall versuchen!<br />

Wie gesagt, dieser kleine<br />

Vorfall wirkt auch nach<br />

zwanzig Jahren später bei<br />

„Twiggy“ und mir nach.<br />

Eigentlich Beweis genug, dass es doch<br />

nicht so ein kleiner Vorfall war.<br />

Ich glaube, aus meinem Fehler von<br />

damals gelernt zu haben. Zumindest<br />

kann ich mich nicht daran erinnern,<br />

jemals wieder bei der Ausübung der<br />

Flugverkehrskontrolle so emotional<br />

geworden zu sein.<br />

Vermeiden Sie solch einen Fehler,<br />

wie er mir unterlaufen ist! <br />

Illustrationen: Sperling 05<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

11


Flugsicherheit<br />

Bild: Flugbetrieb JG 73 „S“<br />

Freie<br />

Bahn!<br />

von TRAR Joachim Hofferek,<br />

SKUKdo Abt ABCAbw/SchAufg II-2-<br />

Flugbetrieb im Winter, eine echte<br />

Herausforderung für den zuständigen<br />

„Enteiser“, die Start- und Landebahn<br />

inklusive der Bewegungsflächen für<br />

Luftfahrzeuge schnee- und eisfrei zu<br />

halten. Welche Verfahren stehen ihm<br />

zur Verfügung?<br />

Beheizen mittels ortsfester Heizelemente<br />

in der Abschlussdecke,<br />

Aufbringen von Splitt/Sand zum<br />

Abstumpfen vereister Flächen,<br />

Enteisen mit thermisch wirkenden<br />

Geräten,<br />

Abtragen mit mechanisch wirkenden<br />

Geräten,<br />

Aufbringen chemischer Mittel<br />

(präventiv und/oder nachträglich),<br />

Kombination zweier oder mehrerer<br />

der o. a. Verfahren.<br />

Die Methode zum Beheizen von Flächen<br />

mittels ortsfester, in die Abschlussdecke<br />

der Bewegungsflächen<br />

installierter Heizelemente ist unter<br />

dem Begriff „Fußbodenheizung“ bekannt.<br />

Man unterscheidet hier zwischen<br />

elektrischer Beheizung und<br />

Beheizung auf Warmwasserbasis. Das<br />

Verfahren auf Warmwasserbasis wird<br />

z. B. auf dem Flughafen Zürich-Kloten<br />

angewendet. Bereits 1973 hat man<br />

auf ca. 16.000 m 2 Bewegungsflächen<br />

zum Be- und Entladen der Luftfahrzeuge<br />

diese Außenflächenheizung<br />

eingebaut. Bisher konnte diese Fläche<br />

in den vergangenen Winterhalbjahren<br />

stets schnee- und eisfrei gehalten<br />

werden. Die Kosten für die Heizung<br />

tragen die jeweiligen Fluggesellschaften,<br />

die diese Flächen nutzen. Aus<br />

finanziellen Gründen ist nicht an eine<br />

Erweiterung der beheizten Flächen<br />

gedacht. Die Enteisung bzw. der<br />

Vereisungsschutz der Start-/Landebahn,<br />

der Rollflächen usw. geschieht<br />

aber weiterhin auf mechanischem<br />

und chemischem Weg.<br />

Eine andere Möglichkeit bietet das<br />

Auftragen von heißem oder angewärmtem<br />

Sand auf festgewalztem<br />

Schnee zum Abstumpfen dieser Flächen.<br />

Ein großflächiges Aufbringen<br />

hat sich aber grundsätzlich nur in kalten<br />

Klimazonen bewährt, in denen<br />

Schneedecken über Wochen oder<br />

sogar Monate liegen bleiben. Dies<br />

Verfahren ist z. B. gängige Praxis in<br />

Norwegen. Auf den festgewalztem<br />

Schnee bringt man angewärmten<br />

Splitt. Der Splitt dringt aufgrund der<br />

Restwärme teilweise in den Schnee<br />

ein und verursacht auf diese Weise<br />

eine Oberflächenrauhigkeit, die ausreicht,<br />

Luftfahrzeuge gefahrlos landen<br />

und starten zu lassen.<br />

Im Verlauf der Reduzierung der Ausbringmengen<br />

chemischer Vereisungsschutzmittel<br />

(Bewegungsflächenenteiser)<br />

bei der Bundeswehr lief ein<br />

Truppenversuch „Ausbringen von<br />

Sand“ beim LTG 62 in Wunstorf. Der<br />

Versuch ergab, dass zumindest bei<br />

propellergetriebenen Luftfahrzeugen<br />

- bei ausgebrachtem Quarzsand bis zu<br />

4 mm Korngröße - nicht mit nennenswerten<br />

Schäden in den Triebwerken<br />

zu rechnen ist. Ähnliche<br />

Aussagen machten auch die Hersteller<br />

von Triebwerken für Luftfahrzeuge.<br />

Wir haben deshalb auf Plätzen des<br />

unterstellten Bereiches LTKdo das<br />

Ausbringen von Sand auf bestimmten<br />

Flächen zugelassen. Dieses Verfahren<br />

wird aber in der Praxis bei der Bundeswehr<br />

nicht angewandt, weil bei den<br />

oft wechselnden Wettersituationen<br />

der „gemäßigten Klimazone“ hier in<br />

Mitteleuropa das Aufnehmen des<br />

Sandes erheblich mehr Arbeit und Zeit<br />

benötigt als es Nutzen bringt. Auf<br />

Hubschrauberlandeplätzen war der<br />

Einsatz von Sand bis 1996 verboten.<br />

Inzwischen wurde auch dies gestattet,<br />

weil Erfahrungen während des Einsatzes<br />

von Hubschraubern in Wüstengebieten<br />

(z. B. während des Golfkriegs)<br />

gezeigt haben, dass Sand am<br />

Boden für die Triebwerke praktisch<br />

gefahrlos ist.<br />

Zum Enteisen mittels physikalischthermisch<br />

wirkender Geräte ist Folgendes<br />

zu sagen. Der Einsatz dieser<br />

Geräte, wie z. B. Booster oder Brenner,<br />

führt eigentlich regelmäßig zu<br />

Wärmespannungen und Rissen im<br />

Beton, Verlust der Fugenvergussmasse,<br />

Versprödungen bei bituminösen<br />

Decken und Zerstörung von Antirutsch-<br />

oder Rauh-Belägen, weil die<br />

Temperaturen am Düsenaustritt<br />

der entsprechenden<br />

Geräte<br />

etwa bei 300° C<br />

lagen. Ein Einsatz thermisch<br />

wirkender Geräte<br />

kann zudem immer erst dann<br />

erfolgen, wenn Schnee und Eis<br />

12 I/2005 FLUGSICHERHEIT


ereits vorhanden sind, also nachträglich.<br />

Darüber hinaus können bei regelmäßig<br />

hoher Luftfeuchtigkeit im<br />

Winter die während des Enteisungsvorgangs<br />

erzeugten Wasserdampfmengen<br />

nicht mehr von der umgebenden<br />

kalten Luft aufgenommen<br />

werden. Schmelzwasser wird deshalb<br />

nicht vollständig entfernt bzw. schlägt<br />

sich hinter dem Eisabtaugerät am<br />

Boden nieder und gefriert anschließend<br />

erneut auf der Startbahn.<br />

Die Umweltbelastung durch hohen<br />

Kraftstoffverbrauch (Verbrauch ca.1,8<br />

m 3 /h) und Lärm ist sehr groß, außerdem<br />

ist das Verfahren sehr zeitaufwändig.<br />

In die Bundeswehr wurden thermische<br />

Enteisungsgeräte Typ SCHÖR-<br />

LING mit ORENDA-Triebwerken eingeführt.<br />

Der Abgasstrahl der<br />

Triebwerke wurde auf<br />

die zu enteisende Fläche geleitet und<br />

so versucht, bei Geschwindigkeiten<br />

von ca. 5 km/h die vorhandene Eisoder<br />

Schneedecke abzutauen. Diese<br />

Geräte waren bei der Bundeswehr bis<br />

Ende der 70-er Jahre im Einsatz. Bereits<br />

damals führte die Nutzung der thermisch<br />

wirkenden Geräte zu massiven<br />

Beschwerden aus der Bevölkerung. Als<br />

etwa 1975 abzusehen war, dass die<br />

logistische Versorgung der Geräte nicht<br />

mehr sicherzustellen war und die Beschwerden<br />

immer eindringlicher wurden,<br />

entschloss sich die Bundeswehr,<br />

auf dieses Verfahren zunächst zu verzichten.<br />

Kurzzeitig hat uns dann die Vergangenheit<br />

wieder eingeholt. Die<br />

NVA hatte in der ehemaligen DDR<br />

ebenfalls thermisch wirkende Geräte<br />

eingesetzt,<br />

wenn weder die mechanische<br />

Räumung noch die Anwendung chemischer<br />

Mittel eine Vereisung verhindern<br />

konnte. Die neueste Version<br />

mit einem MiG-19-Triebwerk, das so<br />

genannte EAG 086 mit einem TATRA-<br />

Lkw als Schubfahrzeug, wurde bereits<br />

im Winter 1991 beim damaligen<br />

JaboG 35 in Sobernheim erprobt. Die<br />

Angaben des Herstellers, z. B. dass die<br />

Temperaturen auf der Startbahnoberfläche<br />

max. 95°C betragen und die<br />

Lärmbelästigung sich in Grenzen hält,<br />

haben sich so nicht bestätigt. Es wurden<br />

praktisch die gleichen hohen<br />

Temperaturen - also etwa 300°C<br />

gemessen. Die Lärmbelästigung und<br />

der Kraftstoffverbrauch waren eher<br />

höher als bei den alten SCHÖRLING-<br />

Geräten. Eine abschließende Bewertung<br />

durch BMVg – Fü L V 2,<br />

LwFüKdo – A 4 und<br />

LwUKdo – A 3 c<br />

ergab,<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

13


Flugsicherheit<br />

Bild: OStFw Alt, LTG 61<br />

diese Möglichkeit nicht mehr zu verfolgen<br />

und die Geräte auszusondern.<br />

Das Abtragen mittels mechanischer<br />

Geräte erfolgt durch Schneepflüge,<br />

Schnee-/Eisfräsen, Vorbaubesen, Kehrmaschinen<br />

oder Kehrblasgeräte.<br />

Dieses Verfahren ist wirksam und wirtschaftlich<br />

und wird daher allgemein<br />

angewandt. Es bietet jedoch keine<br />

restlos befriedigende Lösung bei festgefrorenem<br />

Schnee oder Eisdecken,<br />

weil Oberflächenbeschädigungen der<br />

Bewegungsflächen beim mechanischen<br />

Räumen kaum zu vermeiden<br />

sind und Eis und/oder festgefahrener<br />

Schnee - insbesondere bei Temperaturen<br />

unter dem Gefrierpunkt - ohne<br />

zusätzliche Mittel in der Regel nicht<br />

restlos entfernt werden können.<br />

diese Weise konnte der Flugbetrieb aufrechterhalten<br />

werden, ohne den Grad<br />

der Einsatzbereitschaft für einen längeren<br />

Zeitraum herabsetzen zu müssen.<br />

Geringer personeller und zeitlicher<br />

Aufwand sowie niedrige Betriebskosten<br />

sind zudem für Einsatz und<br />

Anwendung dieser Mittel nicht zu<br />

unterschätzende Faktoren. Aufgrund<br />

der flugbetriebsspezifischen Anforderungen<br />

(die Mittel dürfen nicht korrosiv<br />

sein und keine FOD-Gefahr hervorrufen)<br />

kamen nach dem damaligen<br />

Stand der Technik lediglich organische<br />

Verbindungen in Frage. Unter Kostenaspekten<br />

boten sich die Massenprodukte<br />

Isoprophylalkohol (IPA), Harnstoff,<br />

technisch und Propylenglykol<br />

an.<br />

So weit zu den Möglichkeiten,<br />

die es außer dem Aufbringen chemischer<br />

Mittel (präventiv und/oder<br />

nachträglich) gibt, mit Wetterproblemen<br />

fertig zu werden. Besten<br />

Schutz bietet natürlich die Kombination<br />

mehrerer Verfahren zur Beseitigung/Verhinderung<br />

von Eis und<br />

Schnee.<br />

Entwicklung des Verfahrens<br />

bei der Bundeswehr<br />

Zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft<br />

der <strong>Luftwaffe</strong> - auch unter winterlichen<br />

Bedingungen - erfolgte auf<br />

den Fliegerhorsten der Bundeswehr<br />

bis Mitte der siebziger Jahre die<br />

Beseitigung von Schnee und Eis von<br />

den Bewegungsflächen durch rein<br />

mechanische Räumung mit den üblichen<br />

Geräten, ggf. zusätzlich durch<br />

Aufsprühen einer alkoholischen Verbindung<br />

(Isopropanol) oder auf thermischem<br />

Weg. Schon während der im<br />

Bereich der Bundeswehr gängigen<br />

Praxis „Mechanisches Räumen und<br />

anschließendes Entfernen von Resteisflächen<br />

durch thermisch wirkende<br />

Geräte“, beobachtete man die Entwicklung<br />

auf den Zivilplätzen<br />

der westlichen Welt.<br />

Das Verfahren „Aufbringen chemischer<br />

Mittel“ setzte sich dort immer<br />

mehr durch. In fester und/oder flüssiger<br />

Form fanden diese Mittel Anwendung<br />

auf den Bewegungsflächen<br />

der zivilen Verkehrsflughäfen. Bei<br />

erwartetem Kälteeinbruch oder vorhergesagtem<br />

Niederschlag - der zur Vereisung<br />

führen könnte - wurden die chemischen<br />

Mittel vorbeugend oder aber<br />

auch nachträglich aufgebracht. Auf<br />

Bei der Bundeswehr wurden ab<br />

1961 Versuche mit IPA begonnen und<br />

später ein IPA-Glykolgemisch verwendet.<br />

IPA hatte wegen der schnellen<br />

Verdunstung des Alkoholanteils keine<br />

lange Depotwirkung. Sie betrug nur<br />

eine, maximal zwei Stunden. Durch<br />

den Zusatz von Glykol konnte man<br />

die Hold-over-time zwar entscheidend<br />

verlängern, ein höherer Glykolanteil<br />

machte aber die Bewegungsflächen<br />

14 I/2005 FLUGSICHERHEIT


glatt. Die Wirkung von IPA ließ außerdem<br />

bereits bei –4°C stark nach, bei<br />

tieferen Temperaturen war es praktisch<br />

unbrauchbar.<br />

Bedingt<br />

durch den recht<br />

hohen<br />

Alkoholanteil<br />

von IPA- Glykolgemisch<br />

be- stand<br />

außerdem die<br />

Gefahr,<br />

dass beim Start<br />

turbinengetriebener<br />

Luftfahrzeuge<br />

dieser<br />

Alkohol schlagartig<br />

verpuffte. Das bedeutete<br />

ein erhebliches Flugsicherheitsrisiko<br />

für das<br />

zweite Luftfahrzeug, wenn in<br />

Rotten gestartet werden sollte.<br />

Den Einsatz eines Enteisungs-/Vereisungsschutzmittels<br />

(Bewegungsflächenenteiser)<br />

in Granulatform, das<br />

unter der Firmenbezeichnung „UREA“<br />

auf dem Markt erhältlich war, erprobte<br />

die <strong>Luftwaffe</strong> erstmals im Winter<br />

1968/69.<br />

Bei flüssigen Mitteln konzentrierte<br />

man sich wegen der Nachteile des<br />

IPA-Glykolgemisches zunächst auf<br />

Frigantin (1-2 Propylenglykol). Die<br />

gesammelten Erfahrungen waren insgesamt<br />

zufriedenstellend. In der<br />

Saison 1975/76 wurden auf den<br />

Flugplätzen Fürstenfeldbruck,<br />

Oldenburg und Pferdsfeld<br />

jeweils Truppenversuche<br />

mit Harnstoff, techno<br />

(UREA) durchgeführt. Im Winter<br />

1976/77 wurde dann auf 17 Plätzen,<br />

im darauffolgenden<br />

Winter auf allen<br />

Flugplätzen der <strong>Luftwaffe</strong><br />

und Marine die<br />

Umstellung von der<br />

bis dahin nachträglichen<br />

Enteisung<br />

auf vorbeugenden<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT


Flugsicherheit<br />

Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />

(prophylaktischen) Vereisungsschutz<br />

mit chemischen Mitteln angeordnet.<br />

Als festes Mittel wurde Harnstoff,<br />

technisch als flüssige Mittel IPA und<br />

FRIGANTIJ genutzt. Unter dem Motto<br />

„Abends kurz vor Feierabend aufgebracht,<br />

morgens alles schon gemacht“<br />

wurden abenteuerliche Mengen<br />

verbraucht. Erste Reaktion auf<br />

den Verbrauch in den ersten Jahren -<br />

bis zum Winter 1978/79 - war die<br />

Änderung des Konzepts. Wesentliches<br />

Prinzip war nun das Aufbringen<br />

der Bewegungsflächenenteiser möglichst<br />

unmittelbar vor erwartetem<br />

Niederschlag, der zur Vereisung führte.<br />

Das Ergebnis war eine Reduzierung<br />

der verbrauchten Mengen um<br />

mehr als 50 % im nächsten Winter.<br />

Trotz vieler positiver Erfahrungen im<br />

Verlauf der Truppenversuchs und<br />

während der ab 1976 angeordneten<br />

allgemeinen Anwendung chemischer<br />

Mittel traten immer wieder Probleme<br />

auf, die gelöst werden mussten.<br />

Aufgrund der Sauerstoffzehrung<br />

beim Abbau ausgebrachter Mittel<br />

kam es wiederholt zum Fischsterben<br />

in Gewässern in der Umgebung der<br />

Flugplätze. Die Presse berichtete ausführlich<br />

über diese Vorfälle. Deshalb<br />

geriet die Verwendung harnstoffhaltiger<br />

Vereisungsschutz-/Enteisungsmittel<br />

für Bewegungsflächen - Bewegungsflächenenteiser<br />

- zunehmend in<br />

den Blickpunkt der Öffentlichkeit und<br />

damit ins Kreuzfeuer der Kritik. Das<br />

BMVg veranlasste zur Beweissicherung<br />

die laufende Überwachung der<br />

Gewässer. Es wurde zunächst angeordnet,<br />

die Verwendung der Mittel<br />

äußerst restriktiv zu handhaben, zumal<br />

nach der Strafrechtsänderung von<br />

1980 Umweltdelikte als Straftatbestände<br />

in das StGB aufgenommen<br />

wurden. Neben den umweltbestimmenden<br />

Auswirkungen waren aber<br />

auch z. B. betontechnologische Faktoren<br />

zu berücksichtigen. Rasches<br />

Unterkühlen des Betons durch das<br />

Aufbringen von Bewegungsflächenenteiser<br />

verursachte Schäden am<br />

Beton, die bei natürlichen Frostbedingungen<br />

nicht auftreten. Diese physikalisch-technischen<br />

Zusammenhänge<br />

wurden bei der Bundeswehr zunächst<br />

nicht erkannt. Man vermutete,<br />

dass der Einsatz des Granulats<br />

Harnstoff, techno (UREA) die Schäden<br />

verursachte und verbot daraufhin den<br />

Einsatz dieses Mittels.<br />

Künftig ausschließen wollte man<br />

diese Schäden durch so genanntes<br />

„Hydrophobieren“. Die Betonoberfläche<br />

wurde versiegelt und dadurch<br />

das Eindringen von Wasser in die Betonhohlräume<br />

verhindert. Das Verfahren<br />

war zwar nicht kostenlos,<br />

dafür aber praktisch umsonst, denn<br />

nun stellte man fest, dass das Aufbringen<br />

von flüssigen Mitteln auf<br />

diese hydrophobierten Flächen zu<br />

einer erstaunlichen Glättebildung<br />

führte, die man ja eigentlich durch<br />

das ganze Prozedere verhindern wollte.<br />

Anschließend musste man dann<br />

auch den Einsatz von flüssigen Mitteln<br />

auf den behandelten Flächen verbieten.<br />

Tatsächliche Ursache der Schäden<br />

- die allerdings erst später nach<br />

Einsatz chemischer Mittel zutage traten<br />

- waren die Temperaturspannungen,<br />

die durch den früheren Einsatz<br />

thermisch wirkender Geräte insbesonders<br />

dann auftraten, wenn die Geräte<br />

aufgrund von Bedienungsfehlern<br />

zu lange auf eine Stelle einwirkten.<br />

Die in den folgenden Jahren auf<br />

diese vorgeschädigten Stellen ausgebrachten<br />

chemischen Mittel, die auf<br />

Wasser - ähnlich wie z. B. Spülmittel -<br />

entspannend wirken, begünstigten<br />

dadurch nur das Eindringen des „entspannten“<br />

Wassers in den durch<br />

Haarrisse bereits vorgeschädigten<br />

Beton und in die Betonporen. Erst das<br />

Aufbringen von Anti-Skid-Belägen<br />

brachte dann entscheidende Verbesserungen.<br />

Zu den Umwelteinflüssen:<br />

Harnstoff, techno ist mit einem<br />

Stickstoffanteil von ca. 47 % ein<br />

gutes Düngemittel für die Landwirt-<br />

schaft. Jede Überkonzentration aber<br />

führt aber zur Schädigung und Vernichtung<br />

der Pflanzenwelt. Solche<br />

beeinträchtigten Bereiche gab es entlang<br />

der Rollwege, im Bereich der<br />

Kurven und Vorfelder unserer Flugplätze.<br />

An diesen Stellen sammelte<br />

sich zum einen das Schmelzwasser,<br />

zum anderen wurde das mit Bewegungsflächenenteiser<br />

angereicherte<br />

Schnee-/Eismatschgemisch bei der<br />

mechanischen Flächenräumung dorthin<br />

abgeschoben. Die Überdüngung<br />

ist eine unangenehme Begleiterscheinung,<br />

aber das wohl größere<br />

und schwierigere Problem ist darin<br />

begründet, dass die Mittel dem<br />

Wasser beim Abbauen Sauerstoff entziehen.<br />

Aus Umweltgründen und<br />

wegen der logistischen Probleme mit<br />

unseren Harnstoffstreugeräten, die<br />

Mitte bis Ende der 70-er Jahre für eine<br />

zunächst maximal 5-jährige Nutzungszeit<br />

(die später auf 10 Jahre und<br />

anschließend noch um weitere 5<br />

Jahre verlängert wurde) beschafft<br />

wurden, hat sich die Bundeswehr entschieden,<br />

generell auf den Harnstoffeinsatz<br />

zu verzichten und die entsprechenden<br />

Geräte auszusondern. Verboten<br />

ist der Einsatz von Harnstoff,<br />

techno bei uns seit 1991. Seitdem<br />

wird nur noch mit flüssigen Bewegungsflächenenteiser<br />

gearbeitet.<br />

Die auf Flughäfen eingesetzten<br />

Bewegungsflächenenteiser bewirken<br />

eine Umweltbeeinflussung dadurch,<br />

dass sie mit Niederschlagswasser von<br />

den befestigten Bewegungsflächen<br />

abgespült werden. Grundsätzlich werden<br />

folgende „Beseitigungsverfahren“<br />

praktiziert:<br />

- Versickerung des ggf. beaufschlagten<br />

Niederschlagswassers im Erdreich<br />

außerhalb der Bewegungsflächen,<br />

also Direkteinleitung.<br />

- Sammlung des - ggf. beaufschlagten<br />

- Niederschlagswassers in seitlichen<br />

Schlitzrinnen und Einleitung in<br />

Oberflächengewässer (Mengenregulierung<br />

zum Teil über Regenrückhaltebecken).<br />

16 I/2005 FLUGSICHERHEIT


- Sammlung des - ggf. beaufschlagten-<br />

Niederschlagswassers in seitlichen<br />

Schlitzrinnen<br />

- Rückhaltung in Becken und Behandlung<br />

oder Ableitung in ein Entwässerungssystem,<br />

das der kommunalen<br />

Abwassersatzung (bei<br />

Nutzung des Schmutz- oder<br />

Mischwasserkanals) oder<br />

- den Auflagen der zuständigen<br />

Wasserbehörde (bei Nutzung des<br />

Regenwasserkanals) entspricht.<br />

Wie bzw. wohin die aufgebrachten<br />

Mittel von Bewegungsflächenenteiser<br />

abfließen, ist von Flugplatz zu Flugplatz<br />

unterschiedlich. Allgemeingültig<br />

ist aber leider immer, dass die aufgebrachten<br />

Bewegungsflächenenteiser<br />

bei Niederschlag spülstoßartig mit den<br />

anfänglichen Abflüssen abgetragen<br />

werden und die Belastung danach<br />

mehr oder weniger schnell gegen Null<br />

zurückgeht. Dies bewirkt eine Stoßbelastung<br />

in Form von Sauerstoffzehrung,<br />

die sich umso stärker auswirkt,<br />

je leichter abbaubar (oxidierbar)<br />

die aufgebrachte Substanz ist und je<br />

höher der spezifische O 2 -Bedarf zur<br />

Mineralisierung ist. Die entsprechenden<br />

Auswirkungen sind in Bächen,<br />

Flüssen und Seen (also in Oberflächengewässern)<br />

wesentlich deutlicher<br />

als im Grundwasser, da beim Versickern<br />

und Passieren einer gewissen<br />

Bodenmächtigkeit ein Produktabbau<br />

unter Sauerstoffzehrung stattfindet.<br />

In welchem Maße der Abbau bis zum<br />

Grundwasser erfolgt, hängt z. B. von<br />

der Höhe des Grundwasserstandes<br />

und von der Bodenart ab.<br />

Das heißt aber auf der anderen<br />

Seite, dass keine „mittleren“ Verschmutzungswerte<br />

des belasteten<br />

Niederschlagwassers angegeben werden<br />

können. Darüber hinaus stimmen<br />

auch die im Abwasserabfluss gemessenen<br />

Schmutzfrachten nicht mit<br />

dem durch Bewegungsflächenenteiser-Einsatz<br />

aufgebrachten<br />

Schmutzfrachten<br />

überein. Messungen haben<br />

hier ergeben, dass auf Flugplätzen,<br />

die mechanisch geräumt und gekehrt<br />

werden, im Abfluss teilweise nur ca.<br />

1/3 der Mengen von belastetem<br />

Niederschlagwasser gefunden wurden.<br />

Der Rest wird auf verschiedenste<br />

Weise (z. B. durch Kehrmaßnahmen,<br />

Verdunstung, Luftfahrzeug-Starts und<br />

-Landungen usw.) in die Umwelt verteilt<br />

(emittiert).<br />

Nach § 7a WHG müssen Menge<br />

und Schädlichkeit des Abwassers so<br />

gering wie möglich gehalten werden,<br />

wie dies bei Anwendung der jeweils<br />

in Betracht kommenden allgemein<br />

anerkannten Regeln der Technik<br />

(aaRdT) möglich ist. Dabei wird davon<br />

ausgegangen, dass durch gezielte<br />

Vermeidungsmaßnahmen bestimmte<br />

Schadstoffe dem Wasser ferngehalten<br />

oder durch geeignete Abwasserbehandlung<br />

aus dem Abwasser entfernt<br />

werden. Da das zeitweise mit Bewegungsflächenenteiser<br />

belastete<br />

Niederschlagwasser aber nach Menge<br />

und Konzentration extrem ungleichmäßig<br />

anfällt, gibt es kein aaRdT.<br />

Es ist auch zunächst nicht damit zu<br />

rechnen, dass für Abwassereinleitungen<br />

von Flugplätzen im Winter<br />

ein Anhang zur Rahmen-Abwasser-<br />

Verwaltungsvorschrift erlassen wird,<br />

weil keine einheitlichen Emissionsbegrenzungen<br />

gemäß § 7 a WHG möglich<br />

sind.<br />

Wasserrechtliche Entscheidungen<br />

können also nur unter sorgsamer<br />

Abwägung im jeweiligen Einzelfall<br />

getroffen werden; dabei sind<br />

die während des Winterhalbjahres<br />

vorliegenden<br />

Gewässerverhält-<br />

nisse bezüglich Abflüssen, Güte- und<br />

Nutzungsanforderungen zu beachten.<br />

Angenommen, es würde eine Verwaltungsvorschrift<br />

für Flugplatzabwässer<br />

mit den Grenzwerten, wie sie in der 1.<br />

Abwasser- Verwaltungsvorschrift für<br />

Kläranlagen enthalten ist, in Kraft<br />

gesetzt, würde dies bedeuten, dass<br />

auch das Niederschlagwasser - ohne<br />

Einsatz von Bewegungsflächenenteiser<br />

- im Sommer einer Vorbehandlung<br />

bedürfte, da eine gesicherte Einhaltung<br />

der in der Abwasser- Verwaltungsvorschrift<br />

geforderten Werte<br />

nicht gegeben ist.<br />

Um dem § 7 a WHG aber weitgehend<br />

zu entsprechen (also: Menge<br />

und Schädlichkeit des Abwasser zu<br />

minimieren) muss also danach gesucht<br />

werden, wie<br />

die Umweltbeeinflussung<br />

durch Be-<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT 17


Flugsicherheit<br />

wegungsflächenenteiser zu vermeiden/zu<br />

vermindern ist.<br />

Hierbei ist die Regelung: - NICHTS -<br />

ausbringen, die einfachste Lösung,<br />

aber nicht anwendbar, weil dann der<br />

Auftrag des betroffenen Verbandes<br />

nicht mehr zu erledigen ist. Also:<br />

Bild: OStFw Krohn, JaboG 33 Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />

1.Beachtung konzeptioneller<br />

Voraussetzungen<br />

Bauliche und betriebliche Maßnahmen<br />

müssen im Interesse des<br />

Gewässerschutzes sorgfaltig aufeinander<br />

abgestimmt werden; die<br />

Optimierung dieser Maßnahmen ist<br />

dem technischen Fortschritt entsprechend<br />

eine Daueraufgabe.<br />

Es muss fachlich qualifiziertes, regelmäßig<br />

zu schulendes Personal, das<br />

verantwortungsbewusst die Flugsicherheit<br />

mit geringst möglichem<br />

Einsatz an Enteisern gewährleistet,<br />

vorhanden sein.<br />

Die technische Ausstattung muss<br />

geeignet sein, die Anforderungen<br />

des Winterdienstes zu erfüllen (leistungsstarke<br />

Geräte, verbesserte<br />

Ausbringtechnik).<br />

Die enge Zusammenarbeit aller<br />

Beteiligten (z. B. Flughafenbetreiber,<br />

Wetterdienste, Flugsicherung, Luftfahrzeug-Betreiber<br />

und Luftfahrzeug-Enteisungsorganisation)<br />

ist<br />

sicherzustellen.<br />

Die Betriebsbereitschaft der Bewegungsflächen<br />

ist vorzugsweise<br />

mechanisch zu räumen; Bewegungsflächenenteiser<br />

sollten nur eingesetzt<br />

werden, wenn die mechanische<br />

Räumung und der Einsatz<br />

abstumpfender Mittel nicht ausreicht,<br />

um die Sicherheit des Flugbetriebes<br />

im notwendigen Umfang<br />

zu gewährleisten.<br />

Die Einsatzgrundsätze sind unter<br />

Beachtung der örtlichen Verhältnisse<br />

im Einzelnen (z. B. Messung der<br />

Bremswirkung, mechanische<br />

Räumung, Ausbringen von abstumpfenden<br />

Mitteln oder Bewegungsflächenenteiser)<br />

schriftlich<br />

festzulegen.<br />

2.Verringerung der Ausbring<br />

menge<br />

Die Ausbringmengen sind pro Einsatz<br />

zu begrenzen, jeder Einsatz von<br />

Bewegungsflächenenteiser ist zur<br />

Beweissicherung zu erfassen/ nachzuweisen.<br />

Die Bewegungsflächen sind in Abhängigkeit<br />

von betrieblichen Erfordernissen<br />

in Bereiche einzuteilen.<br />

Sie sind unterschiedlich zu behandeln,<br />

um Bewegungsflächenenteiser<br />

einzusparen.<br />

Vorbeugender Bewegungsflächenenteiser-Einsatz<br />

auf Bewegungsflächen<br />

des Bereichs mit der höchsten<br />

Priorität - entsprechend der regionalen<br />

Wettervorhersage - führt<br />

bei zu erwartender Eisbildung zu erheblicher<br />

Bewegungsflächenenteiser-Einsparung<br />

gegenüber einer<br />

nachträglichen Enteisung.<br />

Der Zustand der Bewegungsflächen<br />

ist zu überwachen. Geräte zur Messung<br />

des Reibbeiwertes und Glatteiswarnanlagen<br />

unterstützen bei der<br />

Beurteilung der Bewegungsflächen<br />

und helfen, den richtigen Zeitpunkt<br />

des Bewegungsflächenenteiser-<br />

Einsatzes zu bestimmen.<br />

Das Befahren noch nicht geräumter<br />

Bewegungsflächen ist auf Ausnahmefälle<br />

zu beschränken. Festgefahrene<br />

Schneespuren lassen sich<br />

ohne Bewegungsflächenenteiser-<br />

Einsatz nur schwer beseitigen.<br />

Das Aufbringen von Bewegungsflächenenteiser<br />

auf nicht mechanisch<br />

geräumten Schneeflächen ist zu unterlassen.<br />

Um mögliche Vereisungsgefahren zu<br />

reduzieren, sind nasse Bewegungsflächen<br />

abzukehren und abzublasen,<br />

wenn Temperaturen unter dem<br />

Gefrierpunkt erwartet werden.<br />

Muss Schnee verladen und auf festgelegte<br />

Deponien transportiert werden<br />

(z. B. wenn ausreichende Sicherheitsabstände<br />

zwischen Schneewällen<br />

und Rollstraßen nicht mehr<br />

gewährleistet sind), ist zu beachten,<br />

dass Reste von Bewegungsflächenenteiser<br />

im Schnee<br />

enthalten sein können.<br />

Erst wenn durch mechanische<br />

Räumung, bzw. vorbeugenden Einsatz<br />

von Bewegungsflächenenteiser<br />

Glätte nicht wirksam verhindert werden<br />

kann, sind nach Rauhreifbildung,<br />

am Boden festhaftendem<br />

Schnee oder Eisglätte Bewegungsflächen<br />

nachträglich zu enteisen.<br />

Bildet sich nach längerem Regen auf<br />

unterkühltem Boden Glatteis, sind<br />

erst nach Niederschlagsende Bewegungsflächenenteiser<br />

auszubringen.<br />

In diesen Fällen kann der<br />

Einsatz fester Bewegungsflächenenteiser<br />

(Granulat) zu Mengenein-<br />

18 I/2005 FLUGSICHERHEIT


Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />

sparungen führen.<br />

Die meisten der angeführten Punkte<br />

haben in den Verfahren, die in der<br />

BesAnLwUKdo 203/5002 beschrieben<br />

sind, weitgehend Berücksichtigung<br />

gefunden.<br />

Die Entscheidung über Verfahren,<br />

Mittel, Menge, wann und wo erfolgt<br />

in Absprache zwischen dem Flugsicherheitsoffizier,<br />

dem örtlichen Wetterdienst<br />

und dem zuständigen Platzmeister.<br />

3.Verwendung von Mitteln,<br />

die eine niedrige Sauerstoffzehrung<br />

aufweisen<br />

Die Bewegungsflächenenteiser und<br />

FE sind entsprechend ihrer Wirksamkeit<br />

und ökologischen Verträglichkeit<br />

auszuwählen; sie sind dem jeweiligen<br />

Stand der Entwicklung im Einvernehmen<br />

mit den Wasserbehörden anzupassen.<br />

4.Die Reinigung des belasteten<br />

Niederschlagwassers ist<br />

ebenfalls eine mögliche<br />

Maßnahme zur Verringerung<br />

der Schadstofffrachten<br />

Reinigung ist aber - außer bei Versickerung<br />

- nur machbar, wenn das<br />

Wasser gesammelt wird. Nach Sammlung<br />

sind folgende Behandlungen des<br />

Abwassers möglich:<br />

Abwasserstapelung:<br />

Diese Methode ist einfach und<br />

sicher, da der erforderliche Sauerstoffbedarf<br />

über Belüftungsaggregate eingetragen<br />

werden kann. Nachteilig ist<br />

der hohe Platzbedarf für Rückhaltebecken<br />

wegen des großen Abwasseranfalls.<br />

Unterirdisch sehr teuer, oberirdisch<br />

sind ggf. Probleme mit Vogelschlag<br />

zu erwarten.<br />

Abwasserverregnung:<br />

Die organischen Inhaltsstoffe werden<br />

weitgehend abgebaut, Nachteil<br />

ist der hohe Platzbedarf für Rückhaltebecken<br />

wegen des großen Abwasseranfalls<br />

und ein aufwändiges<br />

System von Pumpen, Leitungen, Regnern<br />

usw. wegen des großen Flächenbedarfs.<br />

Bei Frost ist dieses Verfahren<br />

nicht zu nutzen.<br />

Abwassereinigung in biologischen<br />

Kläranlagen:<br />

Dies ist - zumindest theoretisch - die<br />

beste Lösung, obwohl Überlastungsprobleme<br />

aufgrund des stoßweisen<br />

Anfalls (Menge und Schadstoffkonzentration)<br />

auftreten. Für eine<br />

optimale Reinigungsleistung benötigen<br />

Kläranlagen eine kontinuierliche<br />

Beschickung und als Nährstoffquelle<br />

zusätzlich feststoffhaltige (häusliche)<br />

Abwässer. Also ist eine Einleitung von<br />

enteiser-belastetem Abwasser in eine<br />

biologische Anlage immer nur dann<br />

sinnvoll, wenn diese Anlage freie<br />

Kapazitäten und einen (möglichst<br />

konstant) hohen Anteil häuslichen<br />

Abwassers ausweist. Gegebenenfalls<br />

kann über Regenrückhaltebecken<br />

(Abwasserstapelung) der Zulauf an<br />

enteiserhaltigem Abwasser gesteuert<br />

werden. Den separaten Betrieb einer<br />

biologischen Kläranlage nur für einen<br />

Flughafen halte ich zwar für machbar,<br />

in der Praxis aber nicht anwendbar.<br />

Bei Anwendung von nicht schädigenden<br />

Produkten - je höher ein<br />

Enteiser bereits oxidiert ist desto niedriger<br />

ist der Sauerstoffbedarf - erscheint<br />

als günstigste Abwasserreinigung<br />

die Versickerung, wenn<br />

angenommen oder nachgewiesen<br />

werden kann, dass die Enteiser in der<br />

Bodenpassage zu Kohlendioxid und<br />

Wasser oxidiert werden. Ob der wasserlösliche<br />

Wirkstoff eines Enteisers in<br />

das Grundwasser gelangt, hängt im<br />

Wesentlichem von seinem Bindungsverhalten<br />

im Boden und seiner mikrobiellen<br />

Abbaubarkeit ab. Wieviel der<br />

Boden bindet, ist abhängig vom Ton-<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

19


Flugsicherheit<br />

Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />

Folgerungen<br />

Die Menge und Schädlichkeit des<br />

auszubringenden Enteisers ist zu senken,<br />

um damit die Menge und die<br />

Belastung der Schadstoff-Fracht im<br />

Abwasser zu minimieren. Dies geschieht<br />

durch:<br />

1. Priorisierung der mechanischen<br />

Räumung mit leistungsstarken<br />

Geräten, Reduzierung der Flächen<br />

auf denen Bewegungsflächenenteiser<br />

ausgebracht werden dürfen,<br />

durch verbesserte Ausbringtechniken<br />

und durch Einsatz zum richtigen<br />

Zeitpunkt.<br />

2. Vermindern/Vermeiden der Umweltbeeinflussung.<br />

Das heißt:<br />

- Keine weitere Verwendung von<br />

Harnstoff,<br />

- Reduzierung der Verwendung<br />

harnstoffhaltiger Bewegungsflächenenteiser<br />

,<br />

- Einsatz von weitgehend oxidierten<br />

Produkten oder Nachweis,<br />

dass die alkohol- und glykolhaltigen<br />

Bewegungsflächenenteiser<br />

bei der Bodenpassage abgebaut<br />

werden.<br />

Aus theoretischer Sicht ist die als<br />

Bewegungsflächenenteiser brauchbare,<br />

umweltschonenste Verbindung<br />

„NaFormiat“. Bessere chemische<br />

Mittel kann und wird es aus<br />

heutiger Sicht nicht geben.<br />

3. Generelle Abwasserbehandlung bei<br />

Regen-Ereignissen nach Einsatz<br />

chemischer Mittel durch Sammund<br />

Humusgehalt, von der Art des<br />

Wirkstoffes und der Bodenfeuchte.<br />

Aufgrund der guten Wasserlöslichkeit<br />

der Enteiser ist die Bindungsfähigkeit<br />

allerdings gering. Eine echte Wirkstoffbeseitigung<br />

und damit der dauerhafte<br />

Schutz des Grundwassers ist nur<br />

durch mikrobiellen Abbau - über verschiedene<br />

Zwischenstufen - zu Wasser<br />

und Kohlendioxid zu erreichen. Entscheidend<br />

für die Grundwassergefährdung<br />

ist die Abbaugeschwindigkeit.<br />

Je schneller der Abbau geschieht<br />

desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Wirkstoffe in das<br />

Grundwasser gelangen. Die Abbaugeschwindigkeit<br />

wird hauptsächlich<br />

von der mikrobiellen Aktivität des<br />

Bodens, hohen Boden-pH-Werten<br />

(hohe Alkalität) und Wärme gefördert.<br />

Die mikrobiellen Abbauvorgänge<br />

verlaufen im Winter leider etwa 5 bis<br />

10-mal langsamer als im Sommer<br />

(weil es dann nämlich erbärmlich kalt<br />

sein kann). Für eine Intensivierung der<br />

biologischen Aktivität sollte der<br />

humusreiche Oberboden ganzjährig<br />

eine Pflanzendecke tragen. Wird der<br />

Wirkstoff von Enteisern nicht oder<br />

nicht vollständig in der oberen Bodenschicht<br />

abgebaut, gelangt er mit dem<br />

Sickerwasser in tiefere Bodenschichten.<br />

Hier herrscht anderes Abbaumilieu,<br />

man kann grundsätzlich<br />

sagen, dass mit zunehmender Bodentiefe<br />

die Abbaurate abnimmt.<br />

Bei der Versickerung (Verregnung)<br />

muss also darauf geachtet werden,<br />

dass das enteiserhaltige Abwasser<br />

möglichst großflächig ausgebracht<br />

wird, um auch bei niedrigen Temperaturen<br />

eine möglichst große Aufenthaltszeit<br />

im Oberboden zu ermöglichen.<br />

Weitgehend oxidierte Stoffe - z.<br />

B. Azetate und Formiate - benötigen<br />

zur Volloxidation weniger Sauerstoff,<br />

sodass die Chance zur Nichtbeeinflussung<br />

des Grundwassers größer ist<br />

als z. B. bei ein- oder mehrwertigen<br />

Alkoholen.<br />

lung des ersten Schmutzstoßes in<br />

Regenrückhaltebecken. Später ist<br />

das gesammelte Abwasser einer<br />

gleichmäßigen Behandlung in einer<br />

Großkläranlage zuzuführen oder -<br />

ggf. nach Messung z. B. des CSB;<br />

BSBS - weitflächig zu verrieseln.<br />

Hierzu ist allerdings immer die Sammlung<br />

des belasteten Niederschlagwassers<br />

- also die Kanalisierung bestimmter<br />

Flächen notwendig. Das<br />

restliche Niederschlagwasser kann<br />

dann ohne Behandlung - ggf. schubweise<br />

aus Rückhaltebecken - z. B. in<br />

Vorfluter eingeleitet werden.<br />

Für die Bundeswehr ist zu diesen<br />

Folgerungen zu sagen:<br />

Zu 1. Alle Möglichkeiten sind in<br />

den BesAnLwUKdo berücksichtigt.<br />

Zu 2. Der Flughafen Bremen hat<br />

zur Erprobung Na-Formiat eingesetzt.<br />

Die Ergebnisse liegen in Bezug auf die<br />

praktische Eignung von Na-Formiat<br />

und feste Mittel Na-Formiat vor.<br />

Das Wehrwissenschaftliche Institut<br />

in Erding hat die Produktverantwortlichkeit<br />

zu den chemischen Enteisungsmitteln<br />

und gibt diese nach<br />

Erprobung und Prüfung gemäß internationalen<br />

Standards frei zur Beschaffung<br />

– so auch diesmal. Die Freigabe<br />

erfolgte, die neuen Enteisungsmittel<br />

- flüssige Mittel (Kaliumazetat),<br />

feste Mittel Na-Formiat - wurden eingeführt<br />

und eingesetzt.<br />

Zu 3. Wenn die Wasserbehörden<br />

eine Genehmigung der Direkteinleitung<br />

- möglicherweise auch trotz<br />

Anwendung von Azetaten - versagen<br />

würden, muss dann auf bestimmten<br />

Flugplätzen - auf denen wegen des<br />

Auftrags des stationierten Verbands<br />

die Schließung der Bewegungsflächen<br />

nicht hinnehmbar ist - kanalisiert wer-<br />

20 I/2005 FLUGSICHERHEIT


den. Hierfür wären regelmäßig zweistellige<br />

Millionenbeträge erforderlich.<br />

Fassen wir alle Aussagen zusammen,<br />

sind im Wesentlichen folgende<br />

Grundsätze beim Einsatz chemischer<br />

Mittel zu beachten:<br />

- Eine Ableitung von belastetem<br />

Niederschlagwasser (Enteisungsabwasser)<br />

in Gewässer oder die Versickerung<br />

in den Untergrund ohne<br />

Erlaubnis kann strafrechtliche Konsequenzen<br />

für den Verantwortlichen<br />

haben. Aus diesem Grund dürfen<br />

bei fehlender Erlaubnis nach § 7<br />

WHG unter Berücksichtigung der jeweiligen<br />

Länderwassergesetze (Direkteinleiterbescheid)<br />

nur kanalisierte Bewegungsflächen<br />

mit Bewegungsflächenenteiser<br />

beaufschlagt werden,<br />

wenn eine gezielte Sammlung<br />

des Enteisungsabwassers (z. B. in<br />

Rückhaltebecken) und die Ableitung<br />

in ein Entwässerungssystem mit<br />

nachgeschalteter, mechanischer und<br />

biologischer Abwasserbehandlung<br />

möglich ist. Hierbei sind die örtlichen<br />

Abwassersatzungen unbedingt einzuhalten.<br />

Außer im Bereich der<br />

Hallenvorfelder sind kanalisierte Bewegungsflächen,<br />

die diesen Anforderungen<br />

entsprechen, auf den<br />

Flugplätzen der Bundeswehr in der<br />

Regel nicht vorhanden.<br />

Deshalb ist ohne Erlaubnis der Wasserbehörde<br />

(Direkteinleiterbescheid)<br />

bzw. der Kommune/ggf. Betreiber der<br />

Abwasserbehandlungsanlage (Indirekteinleiterbescheid)<br />

die Anwendung<br />

von Bewegungsflächenenteiser grundsätzlich<br />

verboten. Weil zunächst nur<br />

einige Flugplätze eine Einleitungserlaubnis<br />

für Enteisungsabwasser erhielten,<br />

die einen einigermaßen verlässlichen<br />

Flugbetrieb auch im Winter<br />

ermöglichte, hatten wir uns Gedanken<br />

über die weitere Vorgehensweise<br />

zu machen. Wesentlicher Gesichtspunkt<br />

war hier die Erhaltung der<br />

Handlungsfähigkeit unserer Flugplätze<br />

nach Antragstellung vor Entscheidung<br />

der Wasserbehörden.<br />

Deshalb wurden die Verbände angewiesen,<br />

dass sie - auch bei Nichtvorliegen<br />

eines Direkteinleiterbescheides<br />

- bei entsprechenden Witterungsbedingungen<br />

Bewegungsflächenenteiser<br />

in erforderlicher Menge<br />

auch auf nichtkanalisierten Bewegungsflächen<br />

einsetzten dürfen, und<br />

zwar:<br />

- für SAR-Kommandos und<br />

- bei Einsatzaufträgen zur Erfüllung<br />

besonderer Verpflichtungen der<br />

Bundesrepublik Deutschland auf<br />

Weisung/Genehmigung BMVg/-<br />

LwFüKdo in jedem Einzelfall.<br />

Dies sind beispielhaft:<br />

Sicherstellung des Einsatzes der<br />

QRA- Bereitschaft des Verbandes,<br />

Hilfsflüge im Rahmen besonderer<br />

Verpflichtungen,<br />

Unterstützung deutscher Kontingente<br />

oder zusätzlicher <strong>Luftwaffe</strong>n-<br />

Kräfte im Rahmen einer friedlichen<br />

Konfliktregelung im Ausland,<br />

Schutz und Unterstützung schneller<br />

Eingreifverbände im Ausland (Krisenreaktionskräfte),<br />

Unterstützung bei der Abstellung<br />

von Personal und Material für<br />

Vorbereitung, Verlegung und Einsatz<br />

eigener Kontingente als auch von<br />

UN/NATO-Kräften sowie KRK-Übungen,<br />

Unterstützung durch Bereitstellen<br />

von Lufttransportkapazitäten auch<br />

für andere TSK und UN/NATO-<br />

Kräfte.<br />

In jedem Fall dürfen nur die zwingend<br />

benötigten Bewegungsflächen<br />

(Start-/Landebahn/-fläche und die kürzeste<br />

Roll-/Schleppstrecke dorthin)<br />

beaufschlagt werden. Darüber hinaus<br />

dürfen ohne wasserrechtliche Erlaubnis<br />

Bewegungsflächenenteiser nur bei<br />

rechtfertigendem Notstand (§ 34<br />

StOB) eingesetzt werden. Im Bedarfsfall<br />

sind auch dann nur die zwingend<br />

benötigten Bewegungsflächen mit<br />

der jeweils erforderlichen Menge Bewegungsflächenenteiser<br />

zu beaufschlagen.<br />

Hauptgrund für diese Entscheidung<br />

war, dasl der Auftrag der Bundeswehr<br />

bei bestimmten fliegenden Verbänden<br />

bereits im Frieden präsente, umgehend<br />

einsatzbereite und damit verfügbare<br />

Streitkräfte zur Erfüllung<br />

nationaler Sicherheitsinteressen und<br />

zur Wahrnehmung bündnispolitischer<br />

Verpflichtungen beinhaltet. Deshalb<br />

müssen diese Verbände aufgrund<br />

ihres STAN-Auftrags in der Lage sein,<br />

unverzüglich auf besondere Situationen<br />

zu reagieren.<br />

Weil die Fähigkeit zu angemessener,<br />

schneller Reaktion im Winter aber nur<br />

bedingt, unter Umständen auch gar<br />

nicht mehr aufrecht erhalten werden<br />

kann, wenn keine Maßnahmen ergriffen<br />

werden, wurde zugelassen, dass<br />

diese Verbände Vereisungsschutz-/-<br />

Enteisungsmaßnahmen mit chemischen<br />

Mitteln einleiten dürfen. In<br />

bestimmten Fällen darf auch Sand<br />

ausgebracht werden, um z. B. an Beund<br />

Entladestellen und an Steigungen<br />

mögliche Unfallgefahren zu reduzieren.<br />

Auf die Problematik hierbei<br />

wurde schon hingewiesen.<br />

Auf Flugplätzen, die keinen Direkteinleiterbescheid<br />

haben - das Ausbrin-<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

21


Flugsicherheit<br />

Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />

gen chemischer Bewegungsflächenenteiser<br />

also grundsätzlich nicht gestattet<br />

ist - und die erwähnten Ausnahmeregelungen<br />

nicht zutreffen,<br />

muss allerdings konsequenterweise<br />

der Friedensflugbetrieb vorübergehend<br />

eingestellt werden, wenn aufgrund<br />

von Reif-, Schnee- und/oder<br />

Eisresten nach durchgeführter mechanischer<br />

Räumung ein gefahrloser<br />

Flugbetrieb nicht möglich ist. Sich<br />

hieraus ergebende Einsatzeinschränkungen<br />

sind hinzunehmen. Liegt die<br />

Erlaubnis der zuständigen Wasserbehörde<br />

bzw. der Kommune vor, dürfen<br />

bei entsprechenden Witterungsbedingungen<br />

Bewegungsflächenenteiser<br />

gemäß der Auflagen eingesetzt<br />

werden.<br />

Auch bei Erfüllung der wasserrechtlichen<br />

Voraussetzungen ist der Einsatz<br />

von Bewegungsflächenenteiser sorgfältig<br />

zu prüfen. Durch rechtzeitige,<br />

organisatorische Maßnahmen ist in<br />

jedem Fall sicherzustellen, dass die zu<br />

beaufschlagenden Bewegungsflächen<br />

und damit der Enteisungsabwasseranfall<br />

minimiert werden.<br />

In die entsprechenden Überlegungen<br />

sind auch die Wetterbedingungen,<br />

z. B. Rauhreifbildung und erwartete<br />

Sonneneinstrahlung in absehbarer<br />

Zeit einzubeziehen. Das Abwarten<br />

des „natürlichen“ Auftauprozesses<br />

oder „Solarenteisung“ bewirkt zwar<br />

ggf. eine Verschiebung des Start-/Landetermins,<br />

hierdurch kann jedoch<br />

unter Umständen auf einen Enteisungseinsatz<br />

verzichtet werden.<br />

Aufgrund der restriktiven Weisungen<br />

in Bezug auf Vereisungsschutzmaßnahmen<br />

und wegen der Sen-<br />

sibilisierung der Verantwortlichen ist<br />

der Verbrauch in den vergangenen<br />

Jahren erheblich geringer geworden.<br />

Nicht zuletzt aufgrund massiver<br />

Forderungen ziviler Luftfahrtgesellschaften<br />

bzw. Flughafengesellschaften<br />

haben die Chemiker der Hersteller<br />

von Enteisern in diesem Zeitrahmen<br />

Rezepturen entwickelt, die<br />

den Hauptnachteil bisher eingesetzter<br />

chemischer Mittel - nämlich die hohe<br />

Sauerstoffzehrung - bei gleicher oder<br />

sogar theoretisch besserer Auftauwirkung<br />

- entscheidend reduzierten.<br />

Als Ergebnis der Bewertung kann ausgesagt<br />

werden: Enteiser auf Formiat-<br />

Basis (Fest = Natrium-, flüssig =<br />

Kaliumformiat) weisen die geringste<br />

Sauerstoffzehrung auf. Bewegungsflächenenteiser<br />

auf Azetatbasis wirken<br />

zwar etwa dreifach höher belastend<br />

als Formiate, reduzieren die<br />

Sauerstoffzehrung gegenüber Glykolen<br />

jedoch auf weniger als ein Viertel.<br />

Nach Einführung der Mittel auf Kaliumformiat-Basis<br />

werden künftig möglicherweise<br />

neue Probleme durch die<br />

Salzbelastung des Grundwassers entstehen<br />

können.<br />

Inzwischen sind alle Flugplätze der<br />

Bundeswehr mit flüssigen und festen<br />

Mitteln(Granulat) auf Azetat- und<br />

Formiatbasis ausgerüstet. Die alten<br />

Mittel auf Glykolbasis (also überwiegend<br />

Frigantin) wurden ausgesondert<br />

– gibt es bei der Bundeswehr nicht<br />

mehr. Dies ist auch der Grund, warum<br />

bis auf wenige Ausnahmen, inzwischen<br />

Einleitungserlaubnisse (Wasserrechtliche<br />

Erlaubnis) für die Flugplätze<br />

vorliegen.<br />

Inzwischen sind alle vorhandenen<br />

Geräte zum Ausbringen von nur flüssigen<br />

Mittel ersetzt und gegen Großflächenstreuautomaten<br />

mit wegeabhängiger,<br />

synchroner Ausbringmengensteuerung<br />

auf Anhängern zum<br />

wahlweisen Einsatz von festen oder<br />

flüssigen Mitteln sowie für den kombinierten<br />

Einsatz ausgetauscht. Die<br />

ersten Geräte wurden Anfang 2000<br />

ausgeliefert und alle Fliegenden Verbände<br />

der Streitkräfte sind damit ausgestattet.<br />

Noch kurz zu den Ausbringmengen<br />

von Bewegungsflächenenteisern auf<br />

Azetatbasis: Sie sind pro Enteisungs-<br />

Einsatz begrenzt auf maximal 40 ml/m 2<br />

(52 g/m 2 ). Allgemein reicht für den<br />

vorbeugenden Einsatz eine Anwendungsmenge<br />

von insgesamt 10 ml/m 2<br />

(etwa 12 g/m 2 ) bis 30 ml/m 2 (etwa 36<br />

g/m 2 ) (ggf. im kombinierten Einsatz<br />

mit Granulat). In jedem Fall sind<br />

sowohl die Anwendungsmenge als<br />

auch die zu beaufschlagende Fläche<br />

auf das unabdingbar Erforderliche zu<br />

begrenzen.<br />

Für Frigantin betrugen die maximalen<br />

Ausbringmengen 25 ml/m 2 . Frigantin<br />

hat einen Wasseranteil von 20%.<br />

Da das bei der Bundeswehr eingesetzte<br />

Kaliumazetat im Lieferzustand<br />

zu 50 % aus Wasser besteht, wird der<br />

Eintrag von „Schadstoffen“ trotz der<br />

Verdoppelung der gestatteten Ausbringmengen<br />

also nicht erhöht.<br />

Bei Bodentemperaturen um oder<br />

unter dem Gefrierpunkt sind flüssige<br />

Bewegungsflächenenteiser erst dann<br />

als Vereisungsschutz auszubringen,<br />

wenn Niederschlag, der zur Vereisung<br />

führen kann, unmittelbar bevorsteht<br />

bzw. ein Überfrieren gerade begon-<br />

22 I/2005 FLUGSICHERHEIT


nen hat. Inzwischen haben die<br />

Erfahrungen in den vergangenen<br />

Wintern 1995/96 und 1996/97 aber<br />

gezeigt, dass es bestimmte Witterungsbedingungen<br />

gibt, die - insbesondere<br />

wenn man auf vorbeugenden<br />

Einsatz verzichtet, weil kein dringender<br />

Flugauftrag vorliegt und damit<br />

eine Vereisung in Kauf nimmt - den<br />

Einsatz von festen Mitteln erfordern,<br />

wenn nach bereits stattgefundener<br />

Vereisung die Bewegungsflächen<br />

schnell wieder einsatzbereit gemacht<br />

werden sollen. Bei einer bereits vorhandenen<br />

Eisschicht ist die Wirksamkeit<br />

flüssiger Mittel nämlich sehr<br />

gering bzw. das Entfernen von Eis ist<br />

nur mit unverhältnismäßig hohem<br />

Mengeneinsatz möglich. Zumindest<br />

auf bestimmten ausgewählten Flugplätzen<br />

ist deshalb künftig auch der<br />

Einsatz fester Mittel vorgesehen. Als<br />

Mittel kommen für die Bundeswehr<br />

Natriumazetat oder Natriumformiat in<br />

Frage.<br />

Feste Bewegungsflächenenteiser<br />

(Granulat) werden grundsätzlich erst<br />

nach erfolgter Eisbildung eingesetzt.<br />

Bildet sich z. B. nach anhaltendem<br />

Regen auf unterkühltem Boden Glatteis,<br />

ist bei Niederschlagsende Granulat<br />

- ggf. mit flüssigem Bewegungsflächenenteiser<br />

angefeuchtet (kombinierter<br />

Einsatz) - aufzubringen und die<br />

Einwirkzeit (die Eisschicht wird wegen<br />

der „Lochbildung“ und dem „Anlösen“<br />

porös) abzuwarten. Erst anschließend<br />

ist die angelöste/ angetaute<br />

Eisschicht mechanisch zu entfernen.<br />

Es gibt aber weitere<br />

Möglichkeiten, Arbeit zu sparen und<br />

die Umweltbelastung zu reduzieren.<br />

Weil die Installation von Glatteiswarnanlagen<br />

wirtschaftlich nicht zu<br />

vertreten ist, ist die Nutzung von<br />

Reibungsbeiwertmessgeräten eine<br />

gute Möglichkeit, ggf. einen chemischen<br />

oder auch mechanischen Einsatz<br />

einzusparen. Auf allen zivilen<br />

Flugplätzen, auf vielen Militärflugplätzen<br />

und sogar im Bereich der ehemaligen<br />

NVA wurden bei Witterungsveränderungen,<br />

die die Flugsicherheit<br />

beeinträchtigen konnten, zur Messung<br />

der Griffigkeit der Bewegungsflächen<br />

Bremsverzögerungsschreiber<br />

eingesetzt. Aufgrund des damals<br />

praktizierten Verfahrens der thermischen<br />

Enteisung in der BRD hat die<br />

Bundeswehr dummerweise bereits<br />

1976 auf Einführung von Messvorrichtungen<br />

für Reibungskoeffizienten<br />

verzichtet. Eine „Schwarzräumung<br />

der Bewegungsflächen“ war herzustellen.<br />

Seitens SKUKdo ABCAbw/<br />

Schauf-II2 wird jedoch seit Jahren<br />

empfohlen, alle Flugplätze mit zuverlässigen<br />

Geräten zur Reibungsbeiwertmessung<br />

auszustatten. Diese<br />

Problematik wurde in Verbindung mit<br />

der Einführung neuer Bewegungsflächenenteiser<br />

und -mittel wieder<br />

aufgegriffen. Eine Erprobung wird zz.<br />

bei der Truppe durchgeführt und nach<br />

Auswertung der Ergebnisse das geeignete<br />

Gerät zur Beschaffung freigegeben.<br />

Sinn diese Messgerätes ist es,<br />

dass nach einer erfolgten mechanischen<br />

Räumung der Bewegungsflächen,<br />

auch wenn noch vereinzelt<br />

Schnee- und Eisreste auf der Piste vorhanden<br />

sind, objektiv festgestellt werden<br />

kann, ob aufgrund der erfolgten<br />

mechanischen Räumung durch das<br />

Einsatzpersonal eine ausreichende<br />

Griffigkeit der Bewegungsflächen für<br />

einen gefahrlosen Flugbetrieb hergestellt<br />

wurde.<br />

Der „Winterdienst“, den das<br />

Einsatzpersonal bei teilweise widrigstem<br />

Wetter ausübt, geschieht zur<br />

Sicherheit von Leib und Leben der<br />

„Flieger“ und der Umwelt. <br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

23


Flugsicherheit<br />

CLIMB FL 320 DUE<br />

TO STRANGER<br />

Unterschreitung<br />

vereinbarter<br />

Mindestabstände in<br />

Flugbeschränkungsgebieten<br />

ED-R (TRA)<br />

von Hauptmann Jörg-Dieter Lau,<br />

LwFüKdo - A 3 II c<br />

Vorwort:<br />

Dieser Beitrag dient ausschließlich<br />

dazu, die Einflussfaktoren darzustellen,<br />

die zu der Unterschreitung der vereinbarten<br />

Mindestabstände geführt<br />

haben, um ähnliche Vorfälle in der<br />

Zukunft zu verhindern und somit die<br />

Flugsicherheit nachhaltig zu steigern.<br />

Am 13.10.2004 kam es<br />

um 0734 Z zu einer<br />

Unterschreitung der so<br />

genannten „vereinbarten<br />

Mindestabstände“ zwischen<br />

einer F-16 und<br />

einem Regional-Jet der<br />

Luftfahrtgesellschaft SN<br />

Brussels Airlines in dem<br />

Flugbeschränkungsgebiet<br />

ED-R – Temporary<br />

Reserved Airspace (TRA)<br />

302.<br />

dung. DACT beinhaltet offensive und<br />

defensive Flugmanöver mit dem Ziel<br />

der Erlangung eines taktischen Vorteils<br />

gegen manövrierende Luftfahrzeuge<br />

in ständig wechselnden Luftlagen.<br />

Zur Durchführung unkontrollierter<br />

Sichtflüge militärischer Luftfahrzeuge<br />

und zur Übung besonderer Einsatzverfahren<br />

wie z. B. DACT sind zeitweilig<br />

reservierte Lufträume eingerichtet und<br />

in den Nachrichten für Luftfahrer (NfL)<br />

sowie im Luftfahrthandbuch Deutschland<br />

(AIP) bzw. Militärischen Luftfahrthandbuch<br />

(MilAIP) veröffentlicht. Für<br />

das Übungsvorhaben standen die Flugbeschränkungsgebiete<br />

ED-R (TRA)<br />

202 (Flight Level [FL] 080 – FL 245)<br />

und 302 (FL 250 – FL 350) zur Verfügung.<br />

Die Lufträume waren ordnungsgemäß<br />

angemeldet und für die Nutzung<br />

des Übungsvorhabens aktiviert.<br />

Alle im CRC Brockzetel eingesetzten<br />

Systeme, d.h. genutzte Radarsensoren,<br />

Funkgeräte, Kommunikationsmittel<br />

und das Luftlagedarstellungssystem<br />

standen ohne Einschränkungen zur<br />

Verfügung. Das ADMAR (Abgesetzte<br />

Darstellung von Maastricht Automatic<br />

Data Processing Radardaten) –System,<br />

welches die Luftlage der Flugsicherung<br />

in Verbindung mit den Flugplandaten<br />

darstellt, war ebenfalls einsatzbereit.<br />

Im südlichen Teil der ED-R (TRA) 302<br />

befand sich im Höhenband FL 250 -<br />

280 eine aufgelockerte Bewölkung<br />

(3/8 – 4/8), die jedoch gemäß der<br />

Bewertung der beteiligten Luftfahrzeugführer<br />

keine Einschränkung für<br />

das Szenario darstellte.<br />

Das im CRC Brockzetel eingesetzte<br />

Personal war im Besitz aller erforderlichen<br />

Lizenzen und Berechtigungen,<br />

Im Rahmen des Friedensausbildungsflugbetriebs<br />

unterstützte das<br />

Control and Reporting Center (CRC)<br />

Brockzetel eine Dissimilar-Air-Combat-<br />

Tactics (DACT) -Übung, an der zwei F-<br />

4F und zwei F-16 beteiligt waren. Bei<br />

der Durchführung von DACT kommen<br />

Verfahren aus dem gesamten<br />

Spektrum des Luftkampfes (Auffassen<br />

des Gegners bis zum simulierten<br />

Abschuss) unter Beteiligung verschiedener<br />

Luftfahrzeugtypen zur Anwendie<br />

für die Durchführung dieser Übung<br />

erforderlich waren. Der eingesetzte<br />

Aircraft Controller, der sich zum<br />

Zeitpunkt der Unterschreitung der<br />

vereinbarten Mindestabstände in Ausbildung<br />

zu der Zusatzqualifikation<br />

DACT befand, wurde von einem qualifizierten<br />

Ausbilder überwacht.<br />

Um 0730 Z informierte die Flugverkehrskontrollstelle<br />

Maastricht das<br />

CRC Brockzetel über den Durchflug<br />

des Regional Jet (DAT 41G) sowie<br />

eines Luftfahrzeuges der Luftfahrtgesellschaft<br />

Lufthansa (DLH 2HF)<br />

durch die ED-R (TRA) 302. Die Flüge<br />

sollten die TRA auf der Luftstraße UG<br />

10 auf dem Weg von Brüssel nach<br />

Hamburg durchfliegen. Zeitgleich war<br />

die an der Unterschreitung der vereinbarten<br />

Mindestabstände beteiligte F-<br />

16 im Rahmen des Szenarios simuliert<br />

bekämpft worden. Das Szenario war<br />

so angelegt, dass die zwei F-16 ihren<br />

Startpunkt im nördlichen Bereich der<br />

ED-R (TRA) 302 einzunehmen hatten,<br />

die F-4F starteten im südlichen Teil des<br />

Flugbeschränkungsgebietes.<br />

Der verantwortliche Fighter Allocator<br />

des CRC, der die Informationen<br />

über die Durchflüge entgegengenommen<br />

hatte, gab die Daten an den<br />

Aircraft Controller unverzüglich weiter.<br />

Während der militärischen Nutzung<br />

einer TRA werden zivilen Luftfahrzeugen<br />

und militärischen Transportluftfahrzeugen<br />

von den zuständigen<br />

Flugverkehrskontrollstellen (FVK-Stellen)<br />

grundsätzlich keine Freigaben für<br />

den Durchflug erteilt. Aufgrund einer<br />

Vereinbarung zwischen dem Amt für<br />

Flugsicherung der Bundeswehr (A<strong>FS</strong>-<br />

Bw) und der Deutschen Flugsicherung<br />

24 I/2005 FLUGSICHERHEIT


GmbH (D<strong>FS</strong>) sind jedoch folgende<br />

Ausnahmen für Flüge durch eine TRA<br />

vereinbart:<br />

Während der Nutzung einer TRA sind<br />

militärische Instrument Flight Rules<br />

(IFR)-Durchflüge mit Kampfflugzeugen<br />

zulässig. Dabei ist der<br />

Übungsluftverkehr bzw. das Übungsvorhaben<br />

so wenig wie möglich zu<br />

beinträchtigen;<br />

Flüge, bei denen der Luftfahrzeugführer<br />

eine Notlage erklärt oder bei<br />

denen eine Notlage offensichtlich ist,<br />

einschließlich der von einem gesetzwidrigen<br />

Eingriff betroffenen oder<br />

bedrohten Flüge;<br />

Flüge im Such- und Rettungsdienst;<br />

Flüge mit kranken oder verletzten<br />

Personen, die sofortiger ärztlicher<br />

Hilfe bedürfen, einschließlich der<br />

Flüge, die zur lebenserhaltenden ärztlichen<br />

Versorgung von Kranken oder<br />

Verletzten dringend erforderlich sind;<br />

Flüge, bei denen aufgrund gefährlicher<br />

Wettererscheinungen Maßnahmen<br />

zur Abwendung einer unmittelbaren<br />

Gefahrensituation notwendig<br />

sind und<br />

Flüge auf bestimmten Flugverkehrsstrecken<br />

/Streckenführungen gemäß<br />

MilAIP. Die Veröffentlichung von<br />

Beschränkungen für den Zivilluftverkehr<br />

bleibt hiervon unberührt;<br />

- Nach vorheriger Anmeldung sind<br />

Durchflüge ziviler Luftfahrzeuge, die<br />

auf einen Durchflug durch diese<br />

Lufträume nicht verzichten können<br />

(z. B. Flüge im Auftrag des BMVg,<br />

Test- und Erprobungsflüge der Luftfahrtindustrie,<br />

Foto-, Vermessungsoder<br />

Forschungsflüge) auf der<br />

Grundlage besonderer Regelungen<br />

bzw. Absprachen zulässig;<br />

- Außer bei ACT/DACT sind nach Koordination<br />

andere zivile IFR-Durchflüge<br />

sowie Durchflüge von militärischen<br />

Transportluftfahrzeugen durch<br />

eine TRA möglich, sofern eine Beeinträchtigung<br />

des Übungsluftverkehrs<br />

und des Übungsvorhabens ausgeschlossen<br />

ist.<br />

Die Flüge DAT 41G und DLH 2HF<br />

Abbildung 1: Darstellung der Luftlage um 07:32:04 Z<br />

befanden sich auf einer Flugverkehrsstrecke,<br />

die gemäß MilAIP veröffentlicht<br />

ist. Auf der Luftstraße UG 10 sind<br />

Durchflüge in den FL 250 – 280 zulässig.<br />

Alle beteiligten Luftfahrzeuge flogen<br />

im Luftraum der Klasse C. In Lufträumen<br />

der Klasse C ist gemäß Luftverkehrsverordnung<br />

eine Staffelung<br />

zwischen Flügen, die nach IFR fliegen,<br />

zu IFR-Flügen sowie zwischen Flügen,<br />

die nach Visual Flight Rules (VFR) fliegen,<br />

zu Flügen, die nach IFR fliegen,<br />

herzustellen. Die Bestimmungen der<br />

Luftverkehrsordnung sind in der Vereinbarung<br />

zwischen dem A<strong>FS</strong>Bw und<br />

der D<strong>FS</strong> über die Nutzung zeitweilig<br />

reservierter Lufträume umgesetzt.<br />

Demnach hat der TRA–Monitor (TRA-<br />

MON) zu Durchflügen von zivilen<br />

Luftfahrzeugen und von militärischen<br />

Transportluftfahrzeugen einen Sicherheitsabstand<br />

einzuhalten, der mindestens<br />

den vorgeschriebenen IFR-Staffelungswerten<br />

bzw. den vereinbarten<br />

Mindestabständen (5 Nautische Meilen<br />

Horizontalabstand oder 1.000 Fuß<br />

unterhalb FL 290 bzw. 2.000 Fuß in<br />

und oberhalb FL 290 Vertikalabstand)<br />

entspricht. Diese Verpflichtung gilt sowohl<br />

für den TRAMON in den Niederlassungen<br />

der D<strong>FS</strong> als auch für den<br />

TRAMON in den CRC des Einsatzführungsdienstes<br />

der <strong>Luftwaffe</strong>.<br />

Um 0732 Z gab der Aircraft Controller<br />

die zeitgerechte Fremdverkehrswarnung<br />

(vergleiche Abb. 1) für den<br />

Flug DLH 2HF und den unmissverständlichen<br />

Befehl zum Steigflug<br />

(Climb FL 320 due to stranger BRA<br />

[Bearing, Range, Altitude] 290/26<br />

28.000, heading east) an die beteiligte<br />

F-16, die sich zu diesem Zeitpunkt<br />

auf dem Weg zu dem nördlichen<br />

Startpunkt im FL 294 befand. Die<br />

Fremdverkehrswarnung für den Flug<br />

DAT 41G erging nicht.<br />

Da die erteilte Anweisung nicht von<br />

der F-16 bestätigt wurde, wiederholte<br />

der Aircraft Controller die Anweisung<br />

und forderte eine Bestätigung<br />

(Climb FL 320 due to stranger BRA<br />

285/21, 28.000, acknowledge) derselben<br />

ein. Der Luftfahrzeugführer las die<br />

Anweisung (descending 23.000) nicht<br />

korrekt zurück. Wiederum wurde der<br />

Luftfahrzeugführer aufgefordert, den<br />

FL 320 einzunehmen. Diese Anweisung<br />

wurde korrekt zurückgelesen.<br />

Da weder auf dem Luftlagedarstellungssystem<br />

noch auf dem ADMAR–<br />

System eine Höhenänderung erkennbar<br />

war, fragte der Aircraft Controller<br />

um 0733 Z nach, ob die F-16 den<br />

Steigflug eingeleitet hatte. Dies wurde<br />

bestätigt. Bei einer Schrägentfernung<br />

von 9 NM befahl der Aircraft Controller<br />

einen Steigflug mit Nachbrenner<br />

(Gate climb angels 32, stranger BRA<br />

310/9, 27.000. Second stranger BRA<br />

290/14, 28.000). Wiederum zeigten<br />

beide unabhängigen Systeme keine<br />

Änderung der Höhe an. Der Luftfahrzeugführer<br />

wurde angewiesen, die<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

25


Flugsicherheit<br />

cher Richtung fliegen<br />

würde. Da diese Werte<br />

nicht mit den im Luftlagedarstellungssystem<br />

angezeigten übereinstimmten,<br />

forderte der<br />

Aircraft Controller die F-<br />

16 erneut auf, die aktuelle<br />

Höhe zu melden.<br />

Der Luftfahrzeugführer<br />

meldete: „passing<br />

30000 for 320“. Kurz<br />

darauf wurde die F-16<br />

tatsächlich im FL 300<br />

auf dem Luftlagedarstellungssystem<br />

auf südlichem<br />

Kurs dargestellt.<br />

Der verantwortliche Luftfahrzeugführer<br />

wurde vom Aircraft Controller<br />

gebeten, eine telefonische Flugnachbesprechung<br />

durchzuführen. Dieser<br />

Bitte kam er nicht nach, jedoch meldete<br />

sich der Formationsführer der<br />

zwei F-16 am Abend telefonisch im<br />

CRC Brockzetel. Er erklärte, dass die<br />

am Vorfall beteiligte F-16 ein „Energy-<br />

Problem“ gehabt hatte und trotz des<br />

Einschaltens des Nachbrenners lediglich<br />

ein Steigen von 200 Fuß pro<br />

Minute möglich gewesen war. Er<br />

sagte zu, entsprechende Datenaufzeichnungen<br />

im Geschwader sicherzustellen.<br />

Fazit<br />

Die Durchflüge durch die ED-R<br />

(TRA) 302 waren dem Aircraft Controller<br />

rechtzeitig bekannt und erfolgten<br />

in Übereinstimmung mit den relevanten<br />

Vorschriften. Alle Anweisungen<br />

des Aircraft Controllers waren<br />

unmissverständlich und mit dem notwendigen<br />

Nachdruck durchgesetzt<br />

worden. Die erste Fremdverkehrswarnung<br />

für den Flug DAT 41G wurde bei<br />

einer Schrägentfernung von nur 9<br />

Nautische Meilen zu spät erteilt,<br />

jedoch wäre DAT 41G zu vernachlässigen<br />

gewesen, wenn die F-16 den FL<br />

320 eingenommen hätte. Das eingeschränkte<br />

Steigleistungsvermögen der<br />

F-16 war dem Aircraft Controller nicht<br />

Abbildung 2: Darstellung der Luftlage um 07:34:04 Z<br />

Höhe zu melden und erneut aufgefordert,<br />

den Steigflug mit Nachbrenner<br />

durchzuführen. (Report Altitude,<br />

gate climb angels 32, acknowledge).<br />

Der Luftfahrzeugführer meldete darauf:<br />

passing 300 for 32.000, 300 for<br />

32.000.<br />

Diese Meldung deckte sich nicht mit<br />

den Daten des Luftlagedarstellungssystems.<br />

Demnach befand sich die F-<br />

16 im Sinkflug von FL 294 (0732 Z)<br />

auf nunmehr FL 276. Der Flug DAT<br />

41G befand sich derzeit im FL 270,<br />

die DLH im FL 280. Um eine<br />

Gefährdung der beiden Durchflüge<br />

auszuschließen, befahl der Aircraft<br />

Controller eine sofortige harte<br />

Rechtskurve in Richtung Süden (hard<br />

right south, climb angels 32, stranger<br />

BRA 310/4, 27.000).<br />

Der Luftfahrzeugführer bestätigte<br />

um 0734Z den angewiesenen Steigflug<br />

und meldete, dass er bereits über<br />

FL 300 sei. Das Luftlagedarstellungssystem<br />

und das ADMAR–System wiesen<br />

jedoch nur eine Höhe von FL 277<br />

aus. Die geringste Annäherung (2,4<br />

Nautische Meilen / 800 Fuß) zum Flug<br />

DAT 41G fand um 07:34:04 Z (siehe<br />

Abb. 2) statt. Ca. 10 Sekunden später<br />

folgte der Luftfahrzeugführer der DAT<br />

41G einer Ausweichempfehlung, die<br />

durch das bordgestützte Verkehrswarn-<br />

und Kollisionsschutzsystem ausgelöst<br />

wurde. Dieses System erkennt<br />

in der Nähe befindliche Flugzeuge, die<br />

mit einem Transponder ausgerüstet<br />

sind und beurteilt sekündlich auf der<br />

Grundlage präziser Höhen- und Entfernungsdaten<br />

die aktuelle Gefährdungssituation<br />

des eigenen Luftfahrzeuges.<br />

Luftfahrzeugführer haben<br />

den Ausweichempfehlungen im Luftraum<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

aufgrund der Bestimmungen des Luftfahrthandbuches<br />

Deutschland zu folgen.<br />

Kurz zuvor erging die wiederholte<br />

Warnung vor den beiden Durchflügen<br />

(stranger north 2, second stranger<br />

BRA 275/6, 28000, heading east).<br />

Um 0735Z meldete der Luftfahrzeugführer,<br />

dass er in FL 320 in südlibekannt<br />

und nicht zu erwarten. Der<br />

verantwortliche Luftfahrzeugführer<br />

war in der Pflicht, dem TRAMON mitzuteilen,<br />

dass er den Anweisungen<br />

nicht folgen konnte. Hätte der<br />

Aircraft Controller über diese überaus<br />

wichtige Information verfügt, so wäre<br />

diese in seinen Entscheidungsprozess<br />

zur Lösung der Konfliktsituation eingeflossen.<br />

Letztlich handelt es sich in diesem<br />

Fall um eine Luftfahrzeugannäherung,<br />

bei der keine Gefahr eines Zusammenstoßes<br />

bestand, jedoch fand eine<br />

geringfügige Unterschreitung der vereinbarten<br />

Mindestabstände statt.<br />

Dieser Vorfall verdeutlicht, wie außerordentlich<br />

wichtig der Informationsaustausch<br />

und ein gemeinsamer<br />

Zeichenvorrat aller Beteiligten für eine<br />

sichere Durchführung des Friedensausbildungsflugbetriebs<br />

ist. Dieser<br />

Kommunikationsprozess muss bei der<br />

Flugvorbereitung beginnen und darf<br />

erst mit der Flugnachbesprechung<br />

enden.<br />

Hptm Lau ist als Dezernent für Radarleit- und Unterstützungsaufgaben,<br />

Zusammenarbeit mit dem A<strong>FS</strong>Bw und der D<strong>FS</strong> im<br />

Fachdezernat für den Einsatzführungsdienst der <strong>Luftwaffe</strong><br />

(EinsFüDstLw) im <strong>Luftwaffe</strong>nführungskommando (LwFüKdo-A<br />

3 II c) eingesetzt.<br />

26 I/2005 FLUGSICHERHEIT


Illustration: Renate Wachsmann-Kerp/IMZBw<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

27


Verabschieden<br />

Oberst Ulrich Schröder war seit dem Sommer 2002 Stellvertreter<br />

GenFlSichhBw. 39 Jahre war der erfahrene<br />

Luftfahrzeugführer in der Bundeswehr, davon<br />

29 Jahre in einer aktiven fliegerischen<br />

Verwendung auf den verschiedenen Luftfahrzeugmustern<br />

(T-37/38, F-104, F-4F und<br />

PA 200) mit über 4.000 Flugstunden. Seine<br />

Verwendungen gingen durch alle Bereiche<br />

eines ausgefüllten „Fliegerlebens“. Von<br />

den Verbänden der Luftverteidigung über<br />

Offizierschule der <strong>Luftwaffe</strong>, Kommandobehörden,<br />

Nato-Hauptquartiere und<br />

Bundesministerium der Verteidigung bis<br />

hin zum Kommodore JaboG 31 „B“.<br />

Gefolgt von diversen Verwendungen als<br />

DDO ENJJPT in Sheppard AFB, DDO Multinat GE 1, Abteilungsleiter im<br />

<strong>Luftwaffe</strong>nführungskommando und seiner Verwendung als Stellvertreter<br />

General Flugsicherheit in der Bundeswehr. Wir wünschen ihm auf dem<br />

weiteren Lebensweg alles Gute.<br />

Oberstleutnant Günter Pfaff verlässt die Dienststelle nach einer fast<br />

zehnjährigen Tätigkeit als Dezernatsleiter a.<br />

Der Ausbildung zum Transportluftfahrzeugführer<br />

bei der DLH in Bremen folgten<br />

Verwendungen als Einsatzoffizier, Hörsaalleiter<br />

OSLw, S3E FlgGrp, Austauschoffizier<br />

Little Rock (Arkansas), Staffelkapitän, Sachbearbeiter<br />

LTKdo und Kdr FlgGrp. Als langjähriger<br />

Transportflugzeugführer auf Transall<br />

und einer Verwendung als Austauschflugzeugführer<br />

der USAF auf Hercules hat<br />

er nicht nur fast alle Einsatzorte dieser Waffensysteme<br />

zwischen San Francisco und<br />

Islamabad auf Routineflügen selbst angeflogen,<br />

sondern auch Hilfseinsätze (Äthiopien, Somalia) für das Lufttransportkommando<br />

vorbereitet und Versorgungsflüge (z. B. Sarajevo,<br />

Irak, Ruanda) in diese Krisenregionen durchgeführt. Die Herausgabe der<br />

ZDv 19/6 mit den begleitenden BesAnFlSichhBw war ein besonderer<br />

Schwerpunkt in seiner Dienstzeit bei GenFlSichhBw. Für die weitere Zukunft<br />

wünschen wir alles Gute und die Zeit, möglichst viele Geschichtsvorlesungen<br />

an der Uni Münster zu besuchen.<br />

Oberstleutnant Horst Scherer geht ebenfalls in den Ruhestand.<br />

Nach seiner Ausbildung zum Hubschrauberführeroffizier<br />

hatte er in vielfältigen<br />

Truppenverwendungen und in verschiedenen<br />

Führungsebenen Erfahrung sammeln<br />

können. Er kam im April 1994 zur Dienststelle<br />

GenFlSichhBw, zunächst eingesetzt<br />

für Unfall-/Zwischenfalluntersuchungen<br />

und vorbeugende Unfallverhütungsarbeit<br />

mit Hubschraubern. Von 1996 bis 1999<br />

tauschte er seinen Schreibtischstuhl in<br />

einen Lehrstuhl an der Offizierschule der<br />

<strong>Luftwaffe</strong> in Fürstenfeldbruck, um die<br />

Fachlehrgruppe Flugsicherheit in der<br />

Bundeswehr dort zu unterstützen. Im<br />

Anschluss daran kehrte er als Dezernatsleiter c zurück. Seinen letzten<br />

Flug absolvierte er vier Wochen vor seinem Dienstzeitende. Die Dienststelle<br />

wünscht Oberstleutnant Scherer einen guten Start im neuen<br />

Lebensabschnitt.<br />

Oberstleutnant Werner Bonn zählte in diesem Haus mit 23 Flugunfalluntersuchungen<br />

und einer Zugehörigkeit<br />

zur Dienststelle von über 15 Jahren zu<br />

den Top Five der erfahrensten Luftfahrzeugtechnischen<br />

Stabsoffiziere. Nach dem<br />

Studium, Maschinenbau mit Schwerpunkt<br />

Luft- und Raumfahrttechnik, folgten Verwendungen<br />

als Luftfahrzeugtechnischer<br />

Offizier, Sachbearbeiter beim LwMatKdo<br />

und als Staffelkapitän bei Hubschrauberverbänden<br />

des Heeres. Bei seiner letzten<br />

Dienststelle war er überaus geschätzt und<br />

auch ein wenig gefürchtet, da er als Redner<br />

bei Verabschiedungen von Kameraden<br />

aus diesem Hause mit spitzer Feder den Nagel auf den Kopf traf.<br />

In jeder Hinsicht alles Gute und weiterhin viel Erfolg wünschen wir auf<br />

dem weiteren Lebensweg.<br />

Major Wolfgang Paes übernahm im Oktober 1992 den Posten des<br />

Sachbearbeiters für Flugsicherheitsinspizierungen,<br />

Ausbildung und Flugsicherheitsberichte.<br />

Die mehr als zwölfjährige Tätigkeit<br />

führte ihn als „Reiseleiter“ regelmäßig<br />

in alle Fliegenden Verbände/Dienststellen<br />

der Bundeswehr. Major Paes war Pilot auf<br />

Boeing 707 bei der Flugbereitschaft BMVg<br />

in Köln/Wahn, die Reisetasche war auch<br />

hier der ständige Begleiter. Bevor er zu<br />

General Flugsicherheit in der Bundeswehr<br />

wechselte, nahm er ein Jahr lang die Tätigkeit<br />

eines Flugsicherheitsoffiziers beim LTG<br />

65 in Neuhardenberg wahr.<br />

Für den folgenden Lebensabschnitt wünscht die Abteilung Major Paes<br />

Gesundheit und weiterhin Freude an seiner Reiselust.<br />

28 I/2005 FLUGSICHERHEIT


Begrüßen<br />

Oberst Uwe Ahrens ist seit dem 15.11.2004 Stellvertreter Abteilungsleiter<br />

General Flugsicherheit in der<br />

Bundeswehr. Er trat 1971 in die <strong>Luftwaffe</strong><br />

ein, absolvierte die fliegerische Grundausbildung<br />

1976 in Sheppard und danach<br />

die Waffensystemausbildung F-104G in<br />

Luke AFB. Beim JaboG33 in Büchel flog er<br />

F-104G und Tornado. Seine Verwendungen<br />

waren Staffelkapitän beim JaboG33,<br />

Dezernent im Luftflottenkommando, Stellvertreter<br />

und Kommandeur Fliegende<br />

Gruppe beim JaboG 38 „F“, Referent im<br />

BMVg FüL III 3, Stellvertreter Kommodore<br />

JaboG 32, Kommodore EG 1 Piazenza,<br />

Kommodore JaboG „A“, Kommandeur Taktisches Ausbildungs kommando<br />

<strong>Luftwaffe</strong> Italien, Kommodore EG 2 und Com APOD in Kabul.<br />

Mit seiner Erfahrung in Ausbildung und Einsatz ist er auf den neuen<br />

Dienstposten bestens vorbereitet. Herzlich Willkommen.<br />

Oberstleutnant Gerhard Rösk ist seit dem <strong>01</strong>.12.2004 der neue<br />

Dezernatsleiter a. Im Sommer 1973 begann<br />

seine Grundausbildung zum Offizier,<br />

gefolgt von der fliegerischen Ausbildung in<br />

Sheppard AFB/Texas. Ein Jahr später wurde<br />

in einem fliegerischen Musterlehrgang bei<br />

der Lufthansaschule in Bremen der Grundstein<br />

für den Transportluftfahrzeugführer<br />

gelegt. Über Wunstorf kam er 1981 zum<br />

JaboG 32 nach Lechfeld, um die HFB 320<br />

(M) zu fliegen. Drei Jahre später zog es ihn<br />

zur Flugbereitschaft BMVg, zuerst als Kommandant<br />

auf HFB 320 (V), dann auf dem<br />

Luftfahrzeugmuster CL 6<strong>01</strong> (Challenger). Zwischenzeitlich folgten<br />

Stabsverwendungen als Einsatzführer beim LTKdo in Münster, Verbindungskommando<br />

der <strong>Luftwaffe</strong> beim Heeresführungskommando in<br />

Koblenz, S3E, Stv Kommandeur Fliegende Gruppe und FlSichhOffz bei<br />

der FlBschft BMVg. Im Jahr 20<strong>01</strong> schloss sich eine 3 1/2 jährige NATO-<br />

Verwendung zuerst beim Combined Joint Planning Staff und dann<br />

beim Allied Movement Coordination Center SHAPE/Mons (Belgien)<br />

an. Herzlich Willkommen und viel Freude auf dem neuen und vielseitigen<br />

Dienstposten.<br />

Hauptmann Bernd Lachmann ist seit dem Januar 2005 Crew<br />

Resource Management-Beauftragter<br />

GenFlSichhBw. Seit 1986 ist er bei der<br />

Bundeswehr. Zunächst wurde er bei den<br />

Panzerpionieren ausgebildet, er wechselte<br />

dann im Sommer 1989 die Teilstreitkraft<br />

und begann seine Offizierlaufbahn an der<br />

Offizierschule der <strong>Luftwaffe</strong> in Fürstenfeldbruck.<br />

Seine fliegerische Ausbildung zum<br />

Waffensystemoffizier Tornado beendete er<br />

im August 1993. Bis zum Januar 20<strong>01</strong> flog<br />

er in Büchel, wo er als IWSO und in der<br />

Stabsverwendung S3 Navigation eingesetzt<br />

war. Es folgte die Tätigkeit als IWSO und<br />

Verantwortlicher für die Konzeption, Planung und Durchführung von<br />

CRM im FlAusbZLw Hollomann. Nun fand die nicht nur klimatische Umstellung<br />

zur neuen Dienststelle im <strong>Luftwaffe</strong>namt statt. Ebenfalls ein<br />

herzliches Willkommen und Spaß an dieser umfangreichen und kreativen<br />

neuen Tätigkeit.<br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

29


Flugsicherheit<br />

Was macht der CALF ,<br />

Ralf!!!<br />

Von Oberstleutnant Henrichs,<br />

S3StOffz Fliegende Abteilung 361,<br />

Fritzlar<br />

Endlich ist es wieder mal<br />

soweit. Blaue Heftchen<br />

liegen in der Post. Die<br />

Luftfahrzeugführer der<br />

Abteilung warten nur<br />

darauf, dass die Inhalte<br />

dieses Heftchens umgesetzt<br />

werden. Wann<br />

endlich werden auf<br />

großen Karten mit kleinen,<br />

bunten Fähnchen<br />

einzelne Punkte markiert?<br />

Jeder ist gespannt,<br />

wo in Deutschland, insbesondere<br />

in der Local<br />

Area, sich wieder eine<br />

gravierende Änderung<br />

bemerkbar macht.<br />

Wächst ein Turm oder<br />

wechselt ein Hindernis<br />

den Ort? Dieses Heft ist<br />

für uns Luftfahrzeugführer<br />

ein Muss. Eile ist<br />

geboten!!!<br />

führer strahlt beim Briefing über das<br />

ganze Gesicht, als er die frohe Kunde<br />

bekannt macht. Stunden voller Mühe<br />

und Arbeit, aber es hat ja Spaß gemacht<br />

- viel Spaß! Hundertfach schon<br />

sind Anträge anderer Piloten gelaufen,<br />

diese Nebentätigkeit zu übernehmen.<br />

Oft mussten in der Vergangenheit<br />

Führerentscheidungen klären,<br />

wer denn nun diese Aufgabe übernehmen<br />

darf. Da ist es doch von<br />

Vorteil in der Abteilung Old-boildpilots<br />

zu haben - sie stecken freiwillig<br />

zurück und überlassen den jüngeren<br />

den Traumjob. Kameraden, auf die<br />

Tage später. Es ist vollbracht! Die<br />

neuesten Fähnchen haben endlich<br />

ihren Platz auf der Karte gefunden.<br />

Ein junger Offizier und Luftfahrzeugman<br />

sich verlassen kann. Ist das schon<br />

CRM?<br />

„Hoffentlich haben wir diese<br />

Woche Nebel“ oder „EO, bitte keinen<br />

Flugdienst“ schallt es durch das Towergebäude.<br />

Jeder weiß, wo jetzt nur<br />

noch der Schwerpunkt seiner Arbeit<br />

liegen kann. Der Kartenvorbereitungsraum<br />

ist voller Piloten in verschwitzten<br />

Kombis. Er ist infrastrukturell viel zu<br />

eng. Es müssten mehr Tische her.<br />

Immer diese Stoßzeiten!! Alle schauen<br />

mit starrem Blick auf die große<br />

Karte an der Wand. Gott sei Dank<br />

haben wir keine anderen Aufträge.<br />

30 I/2005 FLUGSICHERHEIT


Erste Verzückungen liegen in den<br />

Gesichtern, kein Fluch weit und breit.<br />

Die Luft ist zum Schneiden dick, der<br />

Puls einzelner rast, der Atem ist<br />

schnell, aber kontrolliert. Jetzt nur keinen<br />

pencil-failure!!!<br />

Ein gezielter Blick und dann: Kartenblatt<br />

Essen, Höhenänderung Hindernis,<br />

blauer Stift streiche 449 AGL, setze<br />

450 AGL, Schweißtropfen bedecken<br />

den Boden, roter Stift, streiche<br />

955 MSL, setze 959 MSL. Kurz gestutzt!<br />

Nein, - hoffentlich geht es so<br />

weiter. Fähnchen für Fähnchen wird<br />

übernommen.<br />

Urplötzlich wird diese monatliche<br />

wiederkehrende vertraute Seligkeit<br />

durch eine unbedachte Äußerung<br />

eines jungen Offiziers aufs Äußerste<br />

strapaziert. „ Ich bin mir nicht sicher,<br />

aber ich glaube, dass es mit heutigen<br />

Datenverarbeitungsgeräten möglich<br />

sein könnte, dieses Aktualisieren<br />

effektiver und effizienter zu gestal ...“<br />

Shut up! Nein! Niemals! Dieses Verfahren<br />

hat sich doch bewährt !!! <br />

Bravo gut<br />

gemacht!<br />

Teil 1<br />

Hauptfeldwebel Schülting,<br />

1./LfzTAbt 152 hatte am 17. Januar<br />

2005 im Rahmen einer Nachfluginspektion<br />

am Waffensystem CH-<br />

53G eine ungewöhnliche Gestängeverschraubung<br />

des vorderen Nick-<br />

Haupttandemarbeitszylinders festgestellt.<br />

Er beobachtete, dass ein<br />

Stangenkopf nur mit zwei Gewindegängen<br />

in der Verbindungsmuffe im<br />

Eingriff war.<br />

Mit äußerster Sorgfalt, Akribie im<br />

Vorschriftenstudium und Hartnäckigkeit<br />

in der Problemanalyse deckte<br />

Hauptfeldwebel Schülting einen flottenweiten<br />

Fehler auf, der zu einer<br />

Gefährdung von Leib und Leben der<br />

Besatzungen führen konnte. <br />

I/2005 FLUGSICHERHEIT<br />

31


Flugsicherheit<br />

Bravo gut<br />

gemacht!<br />

Teil 2<br />

Am 24. November 2004 führte Oberstabsfeldwebel<br />

Wolf-Dieter Kampf die routinemäßige Überprüfung der<br />

Bauteile Lastsignalverstellung im Laderaum des Luftfahrzeuges<br />

CH-53G, Taktisches Kennzeichen 84 80, durch. Dabei<br />

stellte er ein ungewöhnliches Spiel der Verstellwelle von 3-4<br />

mm fest. Die genauere Überprüfung offenbarte einen Riss im<br />

Einstellhebel unterhalb der Mischeinheit.<br />

Die äußerst gewissenhafte Durchführung seiner Prüftätigkeit,<br />

seine hartnäckige, akribische Analyse dieses technischen<br />

Problems und seiner kausalen Zusammenhänge<br />

führten dazu, dass flottenweit mehrere schadhafte Einstellhebel<br />

entdeckt wurden. Durch das vorbildliche, umsichtige<br />

Verhalten von OStFw Kampf konnte eine Gefährdung für<br />

Leib und Leben von Besatzungen vermieden werden. <br />

32 I/2005 FLUGSICHERHEIT


I/2005 FLUGSICHERHEIT

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!