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Die physikalischen Begriffe Ruhe und Bewegung haben nur

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11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1. <strong>Die</strong> gleichförmige <strong>Bewegung</strong><br />

1.1 <strong>Die</strong> Bezugssysteme<br />

Bei der Untersuchung der <strong>Bewegung</strong>en zeigt sich, dass die hierüber im Alltag existierenden<br />

Vorstellungen nicht ohne weiteres in die Physik übernommen werden können. So ist jeder Mensch<br />

davon überzeugt, durch unmittelbare Anschauung entscheiden zu können, ob ein Körper sich<br />

bewegt oder nicht. Es wird in der Tat kaum unterschiedliche Auffassungen darüber geben, ob ein<br />

Auto auf einer Landstraße fährt oder still steht. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass die<br />

Beurteilung dieser Sachlage keineswegs so einfach ist wie dies zunächst den Anschein hat. Wenn<br />

man den genannten Vorgang etwa von der Sonne betrachten könnte, so würde sich ergeben, dass<br />

das auf der Landstraße ruhende Auto sich zusammen mit der Erde um die Sonne bewegt, dass es<br />

sich bei dieser Betrachtungsweise also keineswegs in <strong>Ruhe</strong> befindet. Ähnliche Feststellungen muss<br />

man bei vielen anderen Gelegenheiten machen. Es ist dabei keineswegs notwendig, sich auf die<br />

Sonne zu begeben. So stellt ein in einem fahrenden Zuge sitzender Beobachter fest, dass ein neben<br />

ihm im Gang stehender Koffer sich in <strong>Ruhe</strong> befindet, denn er ändert seine Lage in Bezug auf den<br />

Beobachter nicht. Für einen auf dem Bahnsteig stehenden Beobachter ist der Koffer dagegen in<br />

<strong>Bewegung</strong>. Bei der Betrachtung von verschiedenen Standpunkten aus kann der gleiche Körper also<br />

einmal in <strong>Ruhe</strong> <strong>und</strong> das andere Mal in <strong>Bewegung</strong> sein. Wir stellen deshalb fest:<br />

<strong>Die</strong> <strong>physikalischen</strong> <strong>Begriffe</strong> <strong>Ruhe</strong> <strong>und</strong> <strong>Bewegung</strong> <strong>haben</strong> <strong>nur</strong> einen eindeutigen Sinn, wenn<br />

das Bezugssystem angegeben wird, auf das die Aussage bezogen werden soll.<br />

Als Bezugssystem wählt man bei der <strong>physikalischen</strong> Beschreibung von <strong>Bewegung</strong>en ein<br />

Koordinatensystem. Es wird sich später noch zeigen, dass dieses Koordinatensystem gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

willkürlich gewählt werden kann, weil kein ausgezeichnetes, absolutes Koordinatensystem existiert.<br />

<strong>Die</strong> Wahl wird ausschließlich von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bestimmt, indem man ein<br />

Koordinatensystem verwendet, in dem die Beschreibung der <strong>Bewegung</strong> möglichst einfach ist. Zur<br />

vollständigen Beschreibung der <strong>Bewegung</strong> gehört jedoch immer, dass gleichzeitig angegeben wird,<br />

welches Bezugssystem zugr<strong>und</strong>e gelegt wird. Im allgemeinen gilt folgendes:<br />

Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt wird, werden die <strong>Bewegung</strong>en stets auf ein<br />

mit der Erde fest verb<strong>und</strong>enes Bezugssystem bezogen.<br />

Beispiel:<br />

<strong>Bewegung</strong> des Ventil eines Autorades<br />

gesehen:<br />

a) vom Fahrer<br />

b) von einem außen stehenden Beobachter<br />

Kneip R. 1


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

<strong>Die</strong> Bahn <strong>und</strong> Art einer <strong>Bewegung</strong>, die ein Beobachter<br />

feststellt, hängt also von seinem eigenen<br />

<strong>Bewegung</strong>szustand ab. <strong>Ruhe</strong> <strong>und</strong> <strong>Bewegung</strong> sind relativ.<br />

Kennzeichnend für jeden<br />

<strong>Bewegung</strong>svorgang ist, dass ein<br />

Körper seinen Ort verändert <strong>und</strong><br />

dass er dazu eine bestimmte Zeit<br />

benötigt. <strong>Die</strong> in der Natur vorkommenden<br />

<strong>Bewegung</strong>en sind<br />

meistens relativ kompliziert.<br />

1.2 Definition<br />

Um die <strong>Bewegung</strong> genauer zu beschreiben reicht nicht <strong>nur</strong> die Kenntnis der Position eines Körpers<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt sondern auch dessen Geschwindigkeit.<br />

Der Quotient aus Weg ∆s <strong>und</strong> Zeit ∆t wird als Geschwindigkeit v<br />

bezeichnet.<br />

v =<br />

∆ s<br />

∆ t<br />

Einheit der Geschwindigkeit: [ v ] =<br />

[ ∆ s]<br />

m<br />

=<br />

[ ∆ t]<br />

s<br />

Weiterhin gilt: 1 m s = 1<br />

1000 km<br />

=3.6 km 1<br />

3600 h h<br />

Weitere Beispiele:<br />

Der Schall legt bei Raumtemperatur etwa 340 m pro Sek<strong>und</strong>e zurück.<br />

In der gleichen Zeit legt das Licht 300 000 km zurück!<br />

Kneip R. 2


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1.3 Das v-t Diagramm<br />

Im folgenden Versuch soll die Geschwindigkeit eines Schlittens bestimmt werden, der sich über<br />

eine horizontale Luftkissenschiene (Reibung vernachlässigbar) bewegt. Zur Bestimmung der<br />

Geschwindigkeit des Schlittens werden Lichtschranken benutzt. Ein Stift, der am Schlitten befestigt<br />

ist, unterbricht diese Lichtschranken. Aus der bekannten Breite des Stiftes (∆s) <strong>und</strong> der Zeit t, in der<br />

die Lichtschranke unterbrochen ist (Timer 1, 2, ... ), lässt sich die Geschwindigkeit v = ∆s/∆t<br />

bestimmen.<br />

Das Geschwindigkeits-Zeit Diagramm dient zur graphischen Darstellung von<br />

<strong>Bewegung</strong>svorgängen:<br />

14<br />

v-t Diagramm einer gleichförmigen <strong>Bewegung</strong><br />

12<br />

10<br />

v (m/s)<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7<br />

• Ist für einen Körper der Quotient aus Weg <strong>und</strong> Zeit konstant, so befindet er<br />

sich in gleichförmiger <strong>Bewegung</strong><br />

• Bei gleichförmiger <strong>Bewegung</strong> benötigt der Körper für gleiche Strecken<br />

gleiche Zeiten.<br />

t (s)<br />

Kneip R. 3


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

• Eine gleichförmige <strong>Bewegung</strong> lässt sich in einem v-t-Diagramm als eine parallele Gerade zur<br />

t-Achse darstellen.<br />

• Für den Weg s ergibt sich aus<br />

s = v t<br />

im v-t-Diagramm ein Rechteck aus den<br />

Seiten v <strong>und</strong> t.<br />

Der zurückgelegte Weg s lässt sich im v-t-<br />

Diagramm geometrisch als die Fläche<br />

unterhalb der Geschwindigkeitslinie<br />

veranschaulichen.<br />

<strong>Die</strong> Aussage, dass die Fläche im v-t-Diagramm unter der Geschwindigkeitslinie der zurückgelegten<br />

Strecke entspricht ist allgemein gültig!<br />

In der linken Abbildung hat die Geschwindigkeitskurve einen beliebigen Verlauf. Trotzdem<br />

entspricht die Fläche A unter dieser Kurve der zurückgelegten Strecke. Um diese Fläche zu<br />

berechnen gibt es mehrere Möglichkeiten.<br />

In einem Näherungsverfahren kann man Rechtecke gleicher Breite Δt unter die Geschwindigkeitskurve<br />

legen. <strong>Die</strong> Summe der Flächen all dieser Rechtecke entspricht in etwa der Fläche A. Je<br />

schmaler die Rechtecke gewählt werden (d.h.: Δt→0), um so besser fällt die Näherung aus. Durch<br />

die hohe Rechengeschwindigkeit von Computern kann man sehr gute Näherungen erreichen.<br />

Ein mathematisch exakter Ergebnis ist allerdings auch erreichbar, wenn die Geschwindigkeitskurve<br />

analytisch bekannt ist. Unter Verwendung der Integralrechnung kann man die Fläche exakt<br />

berechnen.<br />

A=lim t 0<br />

v i<br />

tt=∫v t dt<br />

Kneip R. 4


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1.4 Das s-t Diagramm<br />

Neben der Geschwindigkeit kann auch die Wegstrecke s in Abhängigkeit von der Zeit t, im<br />

sogenannten s-t Diagramm, aufgetragen werden.<br />

Beispiel: Auf den beiden folgenden Achsen sind die zurückgelegte Strecken <strong>und</strong> die dafür<br />

benötigten Zeiten angegeben.<br />

Trage das s-t Diagramm auf.<br />

• Das s-t Diagramm einer gleichförmigen<br />

<strong>Bewegung</strong> ist eine ansteigende Gerade<br />

(die durch den Nullpunkt verläuft, falls<br />

zur Zeit t = 0 s = 0 ist.)<br />

• Bei einer gleichförmigen <strong>Bewegung</strong> ist<br />

die Geschwindigkeit um so größer, je<br />

steiler die zur <strong>Bewegung</strong> gehörenden<br />

Gerade ist.<br />

• <strong>Die</strong> Steigung der Geraden (‚pente’)<br />

entspricht der Geschwindigkeit v:<br />

v= s<br />

t = s 2 −s 1<br />

t 2 −t 1<br />

Kneip R. 5


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1.5 <strong>Die</strong> <strong>Bewegung</strong>sgleichung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bewegung</strong>sgleichung ordnet der <strong>Bewegung</strong> für jeden Zeitpunkt t einen Ort s zu. In den<br />

bisherigen Fällen <strong>haben</strong> wir immer dem Zeitpunkt t 0 = 0 s den Ort s 0 = 0 m (Anfangsbedingungen)<br />

zugeordnet. <strong>Die</strong>s entspricht allerdings nicht dem allgemeinen Fall.<br />

Durch Umformen der Gleichung:<br />

v= s<br />

t = s 1 −s 0<br />

t 1 −t 0<br />

erhält man (durch Gleichsetzen von s 1 = s(t) <strong>und</strong> t 1 = t):<br />

Beispiel<br />

st=v t−t 0<br />

s 0<br />

40<br />

s-t-Diagramm einer gleichförmigen <strong>Bewegung</strong><br />

35<br />

30<br />

25<br />

s (m)<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

t (s)<br />

Lege zunächst eine Ausgleichsgerade durch die Punkte. <strong>Die</strong>se Gerade soll im Mittel so nah wie<br />

möglich an den einzelnen Punkten liegen. <strong>Die</strong> Messpunkte dürfen auf keinen Fall durch einzelne<br />

Segmente verb<strong>und</strong>en werden. Bestimme aus dem Diagramm sowohl die<br />

● Anfangsbedingungen (s zum Zeitpunkt t = 0 s),<br />

● die Geschwindigkeit (hierzu ist die Steigung der Geraden zu bestimmen),<br />

● als auch die <strong>Bewegung</strong>sgleichung des Körpers.<br />

Kneip R. 6


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1.6 Momentangeschwindigkeit – Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

Nur in Sonderfällen ergibt die Darstellung einer <strong>Bewegung</strong> im s-t- oder im v-t-Diagramm eine<br />

Gerade. Bei gekrümmten Kurven sind die Quotienten ∆s/∆t bzw. ∆v/∆t nicht mehr konstant <strong>und</strong> die<br />

bisherigen Definitionen für die Geschwindigkeit v ist nicht mehr anwendbar. In der Mathematik ist<br />

es aber möglich, die Steigung einer Kurve für jeden seiner Punkte zu bestimmen.<br />

<strong>Die</strong> Steigung der Kurve im s-t- Diagramm zum Zeitpunkt t gibt die Momentangeschwindigkeit<br />

v(t) seiner <strong>Bewegung</strong> an.<br />

a) <strong>Die</strong> Kurve der <strong>Bewegung</strong> wird zwischen zwei<br />

Ortskoordinaten s 1 <strong>und</strong> s 2 durch ein Geradenstück<br />

ersetzt. Das heißt, die tatsächliche <strong>Bewegung</strong> wird<br />

durch eine gleichförmige <strong>Bewegung</strong> angenähert. <strong>Die</strong> so<br />

bestimmte Geschwindigkeit heißt Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

v zwischen den Zeitpunkten t 1 <strong>und</strong><br />

t 2 . Es gilt:<br />

v= s<br />

t = s 2 −s 1<br />

t 2 −t 1<br />

b) Werden die Punkte (t 1 ,s 1 ) <strong>und</strong> (t 2 ,s 2 ) einander immer<br />

mehr genähert, so unterscheiden sich Kurvenstück <strong>und</strong><br />

Geradenstück immer weniger. <strong>Die</strong> Näherungsgerade<br />

geht dabei in die Tangente des Graphen im Punkt (t,s)<br />

über. Mathematisch bedeutet dies für die Momentangeschwindigkeit<br />

v(t):<br />

vt = lim t 0 s<br />

t<br />

= d s =s' t<br />

d t<br />

s (t) bedeutet die Ableitung („dérivée“) der Funktion<br />

s(t) nach der Zeit.<br />

Kneip R. 7


11TG MECHANIK PHYSIK<br />

1.6 Aufgaben<br />

a) Ein Personenwagen durchfährt die auf der Autobahn im Abstand von 500 m aufgestellten<br />

Entfernungsmarkierungen in 20 s. Berechne die Geschwindigkeit in m/s <strong>und</strong> km/h. Zeichne das<br />

v-t-Diagramm.<br />

(90 km/h, 25 m/s)<br />

b) Welche Zeit benötigt ein mit 90 km/h fahrender Güterzug, um einen 300 m langen Bahnhof zu<br />

durchfahren? Zeichne das s-t-Diagramm. (12 s)<br />

c) Ein Fahrzeug durchfährt eine Strecke von 4.3 km. In den ersten 2 min durchfährt es eine Strecke<br />

mit einer konstanten Geschwindigkeit v 1 = 60 km/h. Für die restliche Strecke benötigt es 1<br />

Minute <strong>und</strong> 55 Sek<strong>und</strong>en.<br />

c1) Berechne die unbekannten Größen. (s 1 =2 km, s 2 = 2.3 km, v 2 = 72 km/h)<br />

c2) Wie groß ist die Durchschnittsgeschwindigkeit? (v = 18.3 m/s)<br />

d) Man sitzt in einem Triebwagen <strong>und</strong> sieht einen entgegenkommenden Personenzug von 160 m<br />

Länge vorbeifahren. Der Triebwagen hat v 1 = 108 km/h Geschwindigkeit, der Personenzug v 2 =<br />

43.2 km/h. Wie lange sieht der Beobachter im Triebwagenzug vor seinem Fenster den<br />

Personenzug? (t = 3.8 s)<br />

e) In einem Wasserrohr von d = 300 mm lichter Weite soll die Geschwindigkeit des Wassers<br />

v = 1.4 m/s betragen. Wieviel m 3 Wasser fließen in der Minute durch das Rohr?<br />

(V=5.94 m 3 /min)<br />

f) Zwei Rohrleitungen von je 85 mm Innendurchmesser<br />

sollen in 45 min 28 m 3 Wasser liefern. Wie<br />

groß muss die gleichbleibende Strömungsgeschwindigkeit<br />

sein? (v = 0.91 m/s)<br />

g) Der Zeitunterschied zwischen dem Sehen eines<br />

Blitzes <strong>und</strong> dem Hören des Donnerns beträgt 12<br />

Sek<strong>und</strong>en. In welcher Entfernung hat der Blitz<br />

eingeschlagen? Ist die Laufzeit des Lichtes<br />

vernachlässigbar? Begründe.<br />

h) Will der Kojote sieht den Roadrunner 350 m von<br />

seiner Höhle entfernt. Der Roadrunner hat eine<br />

Geschwindigkeit von 35 km/h. Sofort klettert Will<br />

auf seine startbereite Rakete die eine<br />

Geschwindigkeit von 180 km/h erreicht.<br />

h1) Zeichne das s-t-Diagramm für die beiden.<br />

h2) Wann <strong>und</strong> wo erreicht Will seinen ‚Fre<strong>und</strong>’<br />

nach <strong>physikalischen</strong> Überlegungen?<br />

h3) Trifft dies auch zu?<br />

Kneip R. 8

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