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2013-15 - beim LSO

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alv Aargau<br />

Was zählt, ist die gute Lehrerin, der gute Lehrer. Foto: Simon Ziffermayer.<br />

Die unbezahlbare Lehrerin<br />

Schulblatt AG/SO · <strong>15</strong>/<strong>2013</strong><br />

10<br />

Kolumne. Ludwig Hasler über Lehrerlohn,<br />

Unterrichtskunst und Schülerglück.<br />

20 Prozent mehr Lohn in den nächsten<br />

fünf Jahren. Die Forderung der Lehrer regt<br />

auf, Kommentare fielen ruppig aus: Eine<br />

Frechheit! Eh schon Europas Spitzenverdiener!<br />

Und das bei leeren Staatskassen!<br />

Mir gefällt die Forderung. Weil Lehrer<br />

plötzlich etwas wollen und ungeniert<br />

fordern, ausnahmsweise nicht nur dagegen<br />

sind (gegen Sprachenkonzept, integrierte<br />

Schule, Lehrplan 21 usw.). Nicht<br />

dass sie nie recht hätten, wenn sie dagegen<br />

sind, aber es sieht einfach so erbärmlich<br />

aus, stets opfermässig aus der<br />

Defensive zu agieren – statt eines Tages,<br />

wenn keiner was Böses ahnt, vor die<br />

Kamera zu treten: Hallo, Leute, wir sind<br />

Lehrerinnen, wir sind die, die Schule<br />

machen, wir sagen euch jetzt mal, wie<br />

wir uns die Schule von morgen vorstellen.<br />

Die 20 Prozent mehr Lohn sind noch<br />

nicht die Schule von morgen. Das Selbstbewusstsein,<br />

das daraus spricht, sollte<br />

jedoch Schule machen. Schüler brauchen<br />

kräftige Lehrer, souveräne Typen, die<br />

im eigenen Auftrag unterwegs sind. Als<br />

ich in Bildungsräten mitwirkte, fragte<br />

ich Schüler gern nach ihrem idealen Lehrer.<br />

Häufigste Antwort: ein Häuptling.<br />

Einer, auf den man stolz sein kann, einer,<br />

der mitzieht, einer, der führt. Pädagoge<br />

kommt vom griechischen paidagogein,<br />

und das bedeutet «Kinder führen» – und<br />

zwar so, dass die möglichst bald selber<br />

gehen können, täglich ein bisschen mehr<br />

Selbst werden, veritable Ichs, neugierig,<br />

mündig, kräftig, leidenschaftlich, vergnügt,<br />

frei. Dazu brauchen sie ein Vorbild<br />

aus Fleisch und Blut: neugierige,<br />

mündige, kräftige, leidenschaftliche,<br />

vergnügte, freie Lehrerinnen und Lehrer.<br />

Dafür wären die 20 Prozent bestens investiert.<br />

Anders als andere Berufsleute<br />

sind Lehrer jede Minute höchstpersönlich<br />

gefordert. So viel Berufswissen sie<br />

haben und brauchen, sie wirken nur leibhaft,<br />

sie können sich nicht hinter ihren<br />

Kompetenzen verschanzen. Schüler brauchen<br />

den Blick der Lehrerin – und wenn<br />

der leer ist, sind die Schüler weg. Bilden<br />

heisst nicht, möglichst viel in die Kinder<br />

hineinstopfen, es heisst, allerhand aus<br />

ihnen herausholen. Der alte Rabelais<br />

sagte es bildlich: Wer lehren will, muss<br />

Fackeln anzünden, nicht Fässer füllen.<br />

Prima. Bloss muss, wer andere entflammen<br />

will, selber eine Flamme sein. Solch<br />

eine Lehrerin zu finden, ist ein Glück.<br />

Ist der Lehrer, die Lehrerin so schrecklich<br />

wichtig? Ja, das ist mehr als ein Gerücht.<br />

Abgesehen davon, dass wir alle<br />

es bestens wissen, weil wir es als Schüler<br />

am eigenen Leib erfahren haben, gibt es<br />

nun den wissenschaftlich schlagenden<br />

Beleg: John Hattie, Visible Learning. Die<br />

Studie wertet 50 000 Einzelstudien aus,<br />

sie nimmt Erfahrungen von 250 Millionen<br />

Schülern auf – und kommt zu fast verstörend<br />

eindeutigen Ergebnissen: Wir<br />

können das Geschwärme für eigenverantwortliches<br />

Lernen ohne Lehrer einstellen,<br />

dito die Debatte private versus öffentliche<br />

Schule. Die finanziellen Ressourcen einer<br />

Lehren ist die Kunst, jungen Menschen eine Türe<br />

zur Welt zu öffnen, sie neugierig, expeditionslustig<br />

zu machen. Ludwig Hasler

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