2013-22 - beim LSO
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Ph FhNW<br />
Szenenbild «Begegnung», fotografiert von Jan (5 Jahre) und Ewan (6 Jahre).<br />
bilder hören und Klänge sehen<br />
Schulblatt AG/SO · <strong>22</strong>/<strong>2013</strong><br />
36<br />
Projekt. Kinder erzählen Geschichten<br />
mit eigenen Fotografien und selbst<br />
komponierter und gespielter Musik. Das<br />
Projekt «Ohren-Blicke – audiovisuelle<br />
Narration auf der Vorschulstufe» ging<br />
der Frage nach, welche Rolle Fachlichkeit<br />
und fächerübergreifender unterricht<br />
auf der Vorschulstufe spielen.<br />
Eggenwil an einem Mittwoch kurz vor<br />
den Sommerferien. Im untersten Stock<br />
des Schulhauses schauen die Sechstklässler<br />
gebannt auf eine Fotografie an der<br />
Wand. Darauf sind zwei Figuren zu erkennen,<br />
die miteinander zu sprechen<br />
scheinen. Das Bild wurde von Jan und<br />
Ewan gemacht (Namen geändert), die<br />
heute ihren älteren Mitschülerinnen und<br />
Mitschülern die Geschichte vom Biber<br />
henry und dem hund in fünf Szenen erzählen.<br />
Zu deren Überraschung sprechen<br />
die beiden Kindergärtler aber nicht, sondern<br />
zu jedem Szenenbild erklingt selbst<br />
komponierte und gespielte Musik. und<br />
obwohl die Geschichte ohne Worte erzählt<br />
wird, versteht man doch, dass sich<br />
die beiden Figuren treffen und miteinander<br />
ins Gespräch kommen, es zum Streit<br />
kommt und sie in Gefahr geraten. Die darauf<br />
folgende Einsamkeit erkennt man in<br />
der Musik ebenso deutlich wie auf dem<br />
Bild. und auch die Versöhnung am Ende<br />
der Geschichte wurde von den beiden<br />
Jungen mit einer beeindruckenden Qualität<br />
in Klang- und Bildsprache übersetzt.<br />
transdisziplinäres Projektteam<br />
Das von den Kindern angewendete Wissen<br />
und Können im Bereich der Fotografie und<br />
Musik hat die Kindergärtnerin in einer<br />
mehrwöchigen unterrichtseinheit erarbeitet.<br />
Das Projekt Ohren-Blicke wurde zusammen<br />
mit der Professur für Bildungstheorien<br />
und interdisziplinären unterricht<br />
des Instituts Vorschul- und unterstufe der<br />
Pädagogischen hochschule FhNW durchgeführt.<br />
Neben der Kindergärtnerin und<br />
der Projektleiterin der Ph FhNW waren<br />
eine Fotografin, ein Musiker sowie Fachdidaktikerinnen<br />
und -didaktiker an der<br />
Entwicklung der unterrichtseinheit beteiligt.<br />
Dabei stand die Frage im Zentrum,<br />
welche Rolle Fachlichkeit und fächerübergreifender<br />
unterricht auf der Vorschulstufe<br />
spielen und welche Bildungsprozesse<br />
damit angeregt werden können.<br />
Fotografie und Musik<br />
als Ausdrucksform<br />
Zum Inhalt des Projekts sagt Kindergärtnerin<br />
Andrea Wettstein: «Mir ging es darum,<br />
den Kindern Fotografie und Musik<br />
als Ausdrucksweisen zu zeigen. Einerseits<br />
um ihnen fachliches Werkzeug für<br />
ihren eigenen Ausdruck in die hand zu<br />
geben, andererseits um den Ausdruck<br />
anderer Kinder verstehen zu können. Es<br />
hat mich beeindruckt, mit welcher Ernsthaftigkeit<br />
die Kinder ihre Geschichten<br />
erarbeitet haben und wie genau sie wussten,<br />
was sie sagen und mit ihrer Musik<br />
und ihren Bildern bewirken wollten.»<br />
Der Einbezug mehrerer fachlicher Erzählmittel<br />
hat die Kinder auf unterschiedlichen<br />
Ebenen der Wahrnehmung abgeholt und<br />
es wurden verschiedene Sinne angesprochen.<br />
In Gesprächen zu ihren Projektarbeiten<br />
haben sich die Kinder Gedanken<br />
zu Musik und Fotografie als Ausdrucksweisen<br />
gemacht. So sagt Jan: «Auf den<br />
Bildern sieht man nicht, was die Figuren<br />
miteinander sprechen. Dazu braucht es<br />
die Musik. Da hört man, ob sie streiten<br />
oder nicht und wie lange der Streit<br />
dauert. Die Musik sagt mir, wie lange<br />
ich <strong>beim</strong> Bild bleiben muss.»<br />
Das Potenzial von fachlichem Arbeiten<br />
im Kindergarten wird hier deutlich. Dazu<br />
Andrea Wettstein: «Es hat mich beeindruckt,<br />
wie fachlich anspruchsvoll und<br />
vertieft man mit Kindern in diesem Alter<br />
arbeiten kann, ohne auf die traditionellen<br />
Strukturen des ganzheitlichen unterrichtens<br />
im Kindergarten zu verzichten.»<br />
Dagmar Widorski, Institut Vorschulund<br />
unterstufe<br />
Mehr Informationen oder für eigene Projektdurchführungen:<br />
dagmar.widorski@fhnw.ch