Pulverdiffraktometrie an nanokristallinem Cadmiumsulfid
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<strong>Pulverdiffraktometrie</strong> <strong>an</strong><br />
n<strong>an</strong>okristallinem <strong>Cadmiumsulfid</strong><br />
Bachelorarbeit<br />
Isabel Schuldes<br />
06.08.13<br />
Lehrstuhl für Kristallographie und Strukturphysik<br />
Friedrich-Alex<strong>an</strong>der-Universität Erl<strong>an</strong>gen-Nürnberg<br />
Betreuer: Prof. Dr.Andreas Magerl
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung und Motivation ................................................................................... 4<br />
2 Theoretische Grundlagen ................................................................................... 6<br />
2.1 Das Kristallgitter ............................................................................................. 6<br />
2.2 Röntgenstreuung <strong>an</strong> Kristallen ....................................................................... 7<br />
2.3 Der reziproke Raum ....................................................................................... 8<br />
2.4 <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> .....................................................................................10<br />
2.5 Scherrer-Gleichung .......................................................................................12<br />
2.6 Eigenschaften von N<strong>an</strong>opartikel ....................................................................13<br />
2.7 Reynoldszahl ................................................................................................15<br />
2.8 Ostwaldsche Stufenregel ..............................................................................16<br />
3 Material und Methoden ......................................................................................17<br />
3.1 Probenmaterial: <strong>Cadmiumsulfid</strong> ....................................................................17<br />
3.2 Synthese .......................................................................................................18<br />
3.2.1 Aufbau ...................................................................................................18<br />
3.2.2 Geschwindigkeit des Strahls ..................................................................20<br />
3.2.3 Temperaturregulierung ...........................................................................20<br />
3.2.4 PH-Wert-Regulierung .............................................................................22<br />
3.3 Trocknung der Partikel ..................................................................................22<br />
3.4 <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> in Bragg-Brent<strong>an</strong>o-Geometrie ......................................23<br />
3.5 Struktur<strong>an</strong>alyse mit DISCUS .........................................................................24<br />
4 Experiment und Resultate .................................................................................26<br />
4.1 Geschwindigkeitsabhängigkeit der Kristallite .................................................26<br />
4.2 Temperaturabhängigkeit der Kristallite ..........................................................28<br />
4.3 EDTA-Abhängigkeit der Kristallite .................................................................30<br />
4.4 PH-Wert-Abhängigkeit der Kristallite .............................................................34<br />
5 Zusammenfassung und Diskussion .................................................................35<br />
5.1 Parameter .....................................................................................................35<br />
5.1.1 Teilchengröße ........................................................................................35<br />
5.1.2 Stapelfehlerwahrscheinlichkeit ...............................................................36<br />
5.2 Beurteilung des Fits ......................................................................................36<br />
6 Ausblick ..............................................................................................................38<br />
2
Anh<strong>an</strong>g .......................................................................................................................39<br />
Messkurven .............................................................................................................39<br />
Geschwindigkeit ...................................................................................................39<br />
Temperatur ..........................................................................................................41<br />
EDTA ...................................................................................................................44<br />
pH-Wert................................................................................................................48<br />
Parametertabelle .....................................................................................................51<br />
Literatur- und Abbildungsverzeichnis .....................................................................52<br />
Erklärung ...................................................................................................................54<br />
3
1 Einleitung und Motivation<br />
In den letzten Jahrzehnten wurden große Fortschritte in der Erforschung der optischen<br />
und elektrischen Eigenschaften und in der Synthese von n<strong>an</strong>okristallinen Halbleitern<br />
gemacht. Diese so gen<strong>an</strong>nten Qu<strong>an</strong>tenpunkte finden aufgrund dieser Eigenschaften in<br />
der aktuellen Wissenschaft und Technik eine große B<strong>an</strong>dbreite <strong>an</strong> Anwendungen. Ihre<br />
Größe von nur wenigen N<strong>an</strong>ometern, die durch Parametervariation in der Synthese<br />
kontrolliert werden k<strong>an</strong>n, hat direkten Einfluss auf ihre physikalischen und chemischen<br />
Eigenschaften, die sich von denen ihres entsprechenden Festkörpers unterscheiden<br />
können. Da sich Merkmale wie Absorptions- und Emissionsspektren des Materials<br />
beeinflussen lassen, sind Qu<strong>an</strong>tenpunkte unter <strong>an</strong>derem in der Zell- und Tierbiologie<br />
als fluoreszierende Marker in lebenden Zellen von großem Interesse, wo sie sich<br />
wegen ihrer l<strong>an</strong>g <strong>an</strong>haltenden Fluoreszenz, der hohen Photostabilität und ihrem<br />
Emissionsspektrum im nahen Infrarotbereich gegen herkömmliche org<strong>an</strong>ische<br />
Fluorophore durchsetzen können [1].<br />
Zudem sind N<strong>an</strong>opartikel leicht und kostengünstig in guter Qualität herstellbar und<br />
finden auch in der Photovoltaik Anwendung. Dort werden zum Beispiel Silizium-<br />
Solarzellen mit einem dünnen Film aus lumineszierenden Silizium-N<strong>an</strong>opartikeln<br />
überzogen, welche aufgrund ihrer L<strong>an</strong>gzeitstabilität und der Fähigkeit auch UV-<br />
Strahlen gut in Energie umzuw<strong>an</strong>deln, die Leistung der Solarzellen deutlich erhöhen<br />
können [2]. Des Weiteren werden N<strong>an</strong>opartikel wegen ihrer Besonderheiten in<br />
Photodetektoren, lichtemittierenden Dioden, Einzelelektronen- und<br />
Dünnschichttr<strong>an</strong>sistoren verwendet [3, 4].<br />
Ein repräsentatives Beispiel für einen häufig verwendeten n<strong>an</strong>okristallinen Halbleiter ist<br />
<strong>Cadmiumsulfid</strong> (CdS). Diese Arbeit ist Teil eines Projekts, in dem es um die Nukleation<br />
und das Wachstum von CdS und deren Abhängigkeit von verschiedenen<br />
Synthesefaktoren geht. In einem Teil des Projekts wird mit in situ Klein- und<br />
Weitwinkelstreuung die Nukleation von CdS im freien Strahl beobachtet, wobei die<br />
Bedingungen während der Synthese, wie zum Beispiel die Temperatur, die<br />
Mischgeschwindigkeit, die Konzentration und die Stöchiometrie, variiert werden. Um<br />
die Kristallstruktur des Produkts aufzuschlüsseln, beschäftigt sich diese Arbeit mit ex<br />
situ Messungen <strong>an</strong> CdS-N<strong>an</strong>opartikeln. Im Wesentlichen geht es dabei darum, die<br />
Auswirkung der Synthesebedingungen auf die Struktur des Probenmaterials mittels<br />
<strong>Pulverdiffraktometrie</strong> zu untersuchen. Dafür werden während der<br />
N<strong>an</strong>opartikelherstellung die Temperatur, die Flussgeschwindigkeit der Reaktionsedukte<br />
4
in wässriger Lösung und der pH-Wert verändert. Das entstehende gelöste CdS wird<br />
getrocknet, für das Pulverdiffraktometer entsprechend vorbereitet und vermessen.<br />
Anschließend werden die gemessenen Daten mit einem genetischen Algorithmus<br />
gefittet und die relev<strong>an</strong>ten Parameter, wie der Stapelfehler und die Teilchengröße,<br />
interpretiert.<br />
5
2 Theoretische Grundlagen<br />
Zunächst werden einige theoretische Grundlagen der Röntgenbeugung <strong>an</strong> Kristallen<br />
vorgestellt. Da sich diese Arbeit ausschließlich auf Röntgenbeugung <strong>an</strong><br />
n<strong>an</strong>okristallinem Material bezieht, werden <strong>an</strong>schließend relev<strong>an</strong>te Eigenschaften von<br />
N<strong>an</strong>okristallen beh<strong>an</strong>delt.<br />
2.1 Das Kristallgitter<br />
Kristalle sind Festkörper, denen eine dreidimensionale periodische Anordnung von<br />
Atomen, die so gen<strong>an</strong>nten Kristallstruktur, zu Grunde liegt. Eine Kristallstruktur besteht<br />
aus einem Gitter und einem sich regelmäßig wiederholendem Motiv. Eine<br />
Elementarzelle wird durch 6 Gitterkonst<strong>an</strong>ten (| ⃗|,| ⃗| | ⃗| α, β, γ) beschrieben und<br />
enthält die gesamte Information des Gitters. Sie wird von den drei Vektoren ⃗⃗ ⃗⃗ und ⃗<br />
aufgesp<strong>an</strong>nt, die ein rechtshändiges Koordinatensystem mit den kristallographischen<br />
Achsen a, b und c und den Winkeln α, β und γ bilden (Abbildung 2.1).<br />
Abbildung 2.1: Darstellung eines schematischen Kristallgitters aus periodischen<br />
Wiederholungen der tr<strong>an</strong>slatierten Elementarzelle aufgesp<strong>an</strong>nt von den<br />
Vektoren ⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗ und ⃗ sowie den dazugehörigen Winkeln α, β und γ [4].<br />
Die Ebene, die die Achsen in den Koordinaten für a = m00, b = 0n0 und c = 00p<br />
schneidet, wird Netzebene gen<strong>an</strong>nt. Um die Lage einer Netzebene zu beschreiben,<br />
benutzt m<strong>an</strong> die Millerschen Indizes, die mit den Buchstaben hkl indiziert werden und<br />
welche das kleinste g<strong>an</strong>zzahlige Zahlentripel der reziproken Achsenabschnitte ist. So<br />
gilt also h ~ 1/m, k ~ 1/n und l ~ 1/p. Auf die Weise wird eine unendliche Schar von<br />
6
parallelen Netzebenen mit gleicher Elementarzelle und gleichem Abst<strong>an</strong>d dhkl<br />
zuein<strong>an</strong>der lokalisiert [4].<br />
2.2 Röntgenstreuung <strong>an</strong> Kristallen<br />
Röntgenbeugung <strong>an</strong> einem kristallinen Material k<strong>an</strong>n als Streuung der Röntgenstrahlen<br />
<strong>an</strong> den parallelen Netzebenenscharen beschrieben werden [4].<br />
Wir betrachten den Fall von elastischer Streuung der Röntgenstrahlung <strong>an</strong> einer<br />
Netzebene. Wird eine Welle k <strong>an</strong> einem Objekt elastisch gestreut, kommt es zu einer<br />
Richtungs- und Impulsänderung der Welle, wobei die Wellenlänge der ausfallenden<br />
Welle k’ gleich der von k ist (Abbildung 2.2). Um diesen Vorg<strong>an</strong>g zu beschreiben wird<br />
der Streuvektor Q = k’ - k eingeführt, der sich für elastische Streuung mit<br />
wie folgt darstellen lässt:<br />
| | | |<br />
| | | |<br />
(2.1)<br />
Abbildung 2.2: Eine einfallende Welle k wird <strong>an</strong> einem Streuzentrum elastisch gestreut, die<br />
gestreute Welle hat den Winkel 2Θ relativ zur Einfallswelle. Die Differenz der<br />
beiden Wellen bildet den Streuvektor Q = k – k’.<br />
Unter bestimmten Bedingungen findet bei der Streuung von Röntgenstrahlen <strong>an</strong> den<br />
Netzebenen konstruktive Interferenz statt. Dies ist der Fall, wenn der Wegunterschied<br />
∆S einer <strong>an</strong> unterschiedlichen Netzebenen gestreuten Welle genau einem g<strong>an</strong>zzahlig<br />
Vielfachem der Wellenlänge λ entspricht (Abbildung 2.3). Sei also<br />
∆S = m∙λ mit ∆S = 2 ∙sin Θ ∙d hkl , (2.2)<br />
so erhält m<strong>an</strong> das so gen<strong>an</strong>nte Bragg-Gesetz:<br />
7
m∙λ = 2 ∙sin Θ ∙d hkl . (2.3)<br />
Dabei ist m eine g<strong>an</strong>ze Zahl, d hkl der Netzebenenabst<strong>an</strong>d der Netzebenenschar mit<br />
den Koordinaten hkl und Θ der Winkel der einfallenden Welle bezüglich der<br />
Netzebenen [5].<br />
Abbildung 2.3:<br />
Darstellung von Wellenstreuung am Kristallgitter gemäß dem Bragg-<br />
Gesetz. Entspricht der Wegunterschied ∆S der <strong>an</strong> zwei verschiedenen<br />
Streuzentren gestreuten Welle genau einem Vielfachen der<br />
Wellenlänge, so interferieren die Wellen konstruktiv [5].<br />
2.3 Der reziproke Raum<br />
Um Beugungsphänomene <strong>an</strong> Kristallen einfach betrachten und berechnen zu können,<br />
wird der reziproke Raum eingeführt, in welchem sich das reziproke Kristallgitter<br />
befindet. Jeder Netzebenenschar hkl im Realraum wird dabei genau ein Punkt des<br />
reziproken Gitters zugeordnet, mit senkrecht auf der<br />
dazugehörigen Ebenenschar. Der reziproke Gittervektor ⃗⃗ , der vom Ursprung des<br />
reziproken Raums zu diesem Gitterpunkt führt, k<strong>an</strong>n dargestellt werden durch<br />
⃗ ⃗ ⃗ ⃗ (2.4)<br />
und beschreibt das reziproke Gitter, welches von den Basisvektoren g i aufgesp<strong>an</strong>nt<br />
wird. Die Basisvektoren berechnen sich aus den Gitterbasisvektoren des Kristalls, hier<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗, ⃗⃗⃗⃗⃗ gen<strong>an</strong>nt, wie folgt [6]:<br />
8
⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ( ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗)<br />
⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ( ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗)<br />
(2.5)<br />
⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗<br />
⃗⃗⃗⃗⃗ ( ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗)<br />
Mathematisch entsprechen Ereignisse im reziproken Raum einer Fourier-<br />
Tr<strong>an</strong>sformation des Realraums. Demnach entspricht die Fourier-Tr<strong>an</strong>sformation eines<br />
dreidimensionalen Gitters im Realraum dem dazugehörigen dreidimensionalen<br />
reziproken Gitter. Um Streuung <strong>an</strong> einem Kristall mathematisch zu beschreiben, wird<br />
die Fourier-Tr<strong>an</strong>sformation der Elektronendichte verwendet, da diese genau der<br />
Streuamplitude eines Kristalls entspricht.<br />
Der Atomformfaktor f(Q), der die Interferenz der gesamten Elektronen eines Atoms<br />
darstellt, wird repräsentiert durch die Fourier-Tr<strong>an</strong>sformierte der<br />
Elektronendichteverteilung ρ im einzelnen Atom:<br />
( ) ∫ ( )<br />
(2.6)<br />
Der Strukturfaktor F(Q) ist ein Maß für das Streuvermögen des Kristalls. Er entspricht<br />
der Summe der gestreuten Wellen aller Streuzentren und ist somit die Fourier-<br />
Tr<strong>an</strong>sformation der Elektronendichte ρ(r) der Elementarzelle:<br />
( ) ∫ ( )<br />
(2.7)<br />
Der Aufbau eines Kristalls k<strong>an</strong>n mathematisch als Faltung zweier Funktionen<br />
dargestellt werden. Sei C(x) der Kristall, d<strong>an</strong>n ist im eindimensionalen Fall<br />
( ) ∑ ( )<br />
(2.8)<br />
also eine Reihe aus Wiederholungen der Basis B(x) mit Abst<strong>an</strong>d a. Das Gitter L(x)<br />
besteht aus einer Reihe von unendlichen scharfen Punkten<br />
9
( ) ∑ ( )<br />
(2.9)<br />
mit der Dirac-Funktion δ. Die Faltung von L(x) und B(x)<br />
( ) ( ) ∫ ( ) ( ) ∫ ∑ ( ) ( )<br />
(2.10)<br />
∑ ∫ ( ) ( ) ∑ ( ) ( )<br />
entspricht d<strong>an</strong>n wieder genau dem Kristall C(x). Da im realen Raum die Kristallstruktur<br />
als Faltung von Gitter und Basis beschrieben werden k<strong>an</strong>n und die Streuamplituden<br />
der Fourier-Tr<strong>an</strong>sformation des Kristallgitters entsprechen, ist dies nach dem Faltungs-<br />
Theorem, genau das Produkt der Fourier-Tr<strong>an</strong>sformierten von Basis und Gitter [5].<br />
2.4 <strong>Pulverdiffraktometrie</strong><br />
Das Verfahren von Röntgenbeugung <strong>an</strong> einem kristallinen Pulver zur Struktur<strong>an</strong>alyse<br />
wird <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> gen<strong>an</strong>nt. In einem idealen Pulver sind die Netzebenen in<br />
allen Orientierungen vorh<strong>an</strong>den, so dass bei Bestrahlung entsprechend der Bragg-<br />
Formel (2.3) ausreichend oft konstruktive Interferenz stattfindet und alle d hkl bestimmt<br />
werden können.<br />
Das Streumuster besteht aus Ringen, die sich um die Richtung der einfallenden<br />
Strahlung befinden. Die dazugehörige Konstruktion des reziproken Raums entspricht<br />
inein<strong>an</strong>der geschachtelten Kegelm<strong>an</strong>teln, die sich um den Ursprung des reziproken<br />
Raums befinden und den so gen<strong>an</strong>nten Debye-Scherer-Kegel mit dem Öffnungswinkel<br />
4Θ bilden (Abbildung 2.4). Jede dieser Kegelschalen kommt von einem der reziproken<br />
Gitterpunkte G hkl bzw. einer Netzebenenschar hkl, dessen Dichte durch den Betrag<br />
des Strukturfaktors gegeben ist. Jeder Strukturfaktor ungleich Null trägt zum<br />
Streumusters bei. Da allerdings nur die Intensität gemessen wird und die dem<br />
Betragsquadrat des Strukturfaktors entspricht,<br />
I(Q) = │F(Q)│² , ( 2.11)<br />
geht der Vektorcharakter der reziproken Gittervektoren und die Information über seine<br />
Richtung verloren. Daher sind Reflexe mit gleichem Netzebenenabst<strong>an</strong>d nicht<br />
vonein<strong>an</strong>der zu unterscheiden [7].<br />
10
Abbildung 2.4: Debye-Scherrer-Kegel für ein Pulver. Die gebeugten Strahlen eines<br />
Röntgenreflexes hkl bilden um den Primärstrahl einen Beugungskegel mit<br />
einem Öffnungswinkel von 2∙2Θ hkl . [7]<br />
Bei der <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> wird mit Wellenlängen gearbeitet, die ungefähr den<br />
Netzebenenabständen der Kristalle entsprechen, also in etwa 0.1-5 Å. [7] Das<br />
entstehende Pulverdiagramm besteht aus einer Reihe dieser Einzelreflexe, der so<br />
gen<strong>an</strong>nten Bragg-Peaks, die sich über den Untergrund erheben, und stellt die<br />
Intensität des gebeugten Strahls über einen bestimmten 2Θ-Bereich dar [8].<br />
Um trotz einer hohen Auflösung, die notwendig für eine Struktur<strong>an</strong>alyse mittels<br />
<strong>Pulverdiffraktometrie</strong> ist, auch noch eine ausreichende gemessene Intensität zu<br />
erhalten, wurden parafokussierende Geometrien (Abbildung 2.5) entwickelt, die es<br />
erlauben einen Großteil der Strahlendivergenz zu nutzen und damit eine hohe<br />
Intensität zu erhalten. Ein Schlitzsystem nach der Röhre reguliert die Divergenz der<br />
Strahlen, die d<strong>an</strong>n <strong>an</strong> den zufällig orientierten Kristallen der flachen Probe gebeugt<br />
werden und in der Detektorblende wieder zusammentreffen, wo sich die Intensität<br />
konzentriert [6]. Dabei passt sich die Probe, die sich im Mittelpunkt des Messkreises<br />
befindet, nicht der Krümmung des Fokussierungskreises <strong>an</strong>, sondern liegt t<strong>an</strong>gential<br />
<strong>an</strong>. In den Schnittpunkten von Fokussierungskreis und Messkreis befinden sich die<br />
Detektorblende und der Röhrenfokus [8].<br />
M<strong>an</strong> unterscheidet zwei verschiedene parafokussierende Geometrien von<br />
Laborgeräten: Zum einen die Reflektionsgeometrie, bei der die Strahlung <strong>an</strong> der auf<br />
einem flachen Probenträger befindlichen Probe reflektiert wird, wie z.B. bei der Bragg-<br />
Brent<strong>an</strong>o-Geometrie (siehe 3.4), und zum <strong>an</strong>deren die Tr<strong>an</strong>smissionsgeometrie, wie<br />
die Guinier-Geometrie eine ist, bei der das Pulver zum Beispiel auf einer dünnen Folie<br />
aufgetragen und d<strong>an</strong>n durchstrahlt wird [7].<br />
11
Abbildung 2.5: Skizze des Prinzips der Parafokussierung, hier dargestellt in<br />
Reflektionsgeometrie (Bragg-Brent<strong>an</strong>o-Geometrie). Der Fokussierungskreis<br />
wird durch die Detektorblende und den Röhrenfokus auf dem Messkreis sowie<br />
der t<strong>an</strong>gential <strong>an</strong>liegenden, flachen Probe im Mittelpunkt des Messkreises<br />
festgelegt.<br />
2.5 Scherrer-Gleichung<br />
Bei der Betrachtung von Pulverdiagrammen großer Kristalle und der von N<strong>an</strong>okristallen<br />
fällt auf, dass die Peaks mit sinkender Kristallgröße breiter und unschärfer werden.<br />
Das Bragg-Gesetz (2.3) beschreibt die ideale geometrische Bedingung für Streuung<br />
unter Voraussetzung einer, im Vergleich zum Abst<strong>an</strong>d zweier Streuzentren, als<br />
unendlich <strong>an</strong>nehmbaren Kristalldimension. Wenn der Winkel zwischen einfallendem<br />
Strahl und Netzebene nicht der Bragg-Bedingung entspricht, gibt es in großen<br />
Kristallen genügend weitere Streuzentren, so dass es zu jeder gestreuten Welle eine<br />
weitere gibt, dessen Wegunterschied genau λ/2 entspricht, somit destruktive<br />
Interferenz stattfindet und scharfe, schmale Bragg-Peaks entstehen. In einem kleinen<br />
Kristall mit endlicher Größe ist dies nicht der Fall und es entsteht eine<br />
Intensitätsverteilung, dessen Form von der Größe und Form der Kristalle abhängt. Die<br />
Abhängigkeit der Peak-Breite von der Teilchengröße k<strong>an</strong>n durch die Scherrer-<br />
Gleichung beschrieben werden. Sie lautet<br />
12
(2.12)<br />
wobei der mittlere Partikeldurchmesser ist, K die Scherrer-Konst<strong>an</strong>te, λ die<br />
Wellenlänge der Welle, θ der Einfallswinkel der Welle und ω die so gen<strong>an</strong>nte<br />
Halbwertsbreite. Die Halbwertsbreite ist der Winkelbereich, indem die Intensität größer<br />
gleich der Hälfte der Spitzenintensität des Bragg-Peaks ist, auch als „Full Width at Half<br />
Maximum“ (FWHM) bezeichnet. Der Größenparameter wird umso kleiner, je größer<br />
die Halbwertbreite ω ist, d.h. je breiter der Peak.<br />
Mit der Scherrer-Gleichung lässt sich also experimentell die Kristallgröße <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der<br />
Bragg-Peakbreite abschätzen oder bei bek<strong>an</strong>nter Größe die Peakbreite in der<br />
<strong>Pulverdiffraktometrie</strong> vorhersagen [7].<br />
2.6 Eigenschaften von N<strong>an</strong>opartikel<br />
N<strong>an</strong>opartikel sind Teilchen, die aus wenigen bis ein paar tausend Atomen oder<br />
Molekülen bestehen. Ihre Größe von bis zu 100 nm verschafft ihnen besondere<br />
Merkmale, die hauptsächlich auf zwei verschiedenen Effekten beruhen Einerseits den<br />
Oberflächeneffekt, der auf das große Verhältnis von der Anzahl der Atome <strong>an</strong> der<br />
Oberfläche zu deren im Inneren der Teilchen zurück zu führen ist. Diese so gen<strong>an</strong>nte<br />
spezifische Oberfläche wächst mit sinkender Teilchengröße und beeinflusst in erster<br />
Linie mech<strong>an</strong>ische und katalytische Eigenschaften [9]. Andererseits führt die geringe<br />
Anzahl <strong>an</strong> Atomen und somit <strong>an</strong> Elektronen in N<strong>an</strong>opartikeln im Vergleich zu ihrem<br />
Festkörper zu einem Überg<strong>an</strong>g von quasikontinuierlichen Energieniveaus zu<br />
größenabhängigen diskreten Zuständen, dem Größenqu<strong>an</strong>tisierungseffekt („Qu<strong>an</strong>tum<br />
Size Effect“). Dieser Effekt ist unter <strong>an</strong>derem der Grund für vom Festkörper<br />
abweichende optisch-elektronische Eigenschaften der N<strong>an</strong>opartikel und wird im<br />
Folgenden erklärt.<br />
Qu<strong>an</strong>tum Size Effect<br />
Der so gen<strong>an</strong>nte Qu<strong>an</strong>tengrößeneffekt beschreibt das Phänomen, dass sich die<br />
B<strong>an</strong>dlücken der kleinen Teilchen ab einer ausreichend kleinen Größe verändern.<br />
Sobald die räumliche Ausdehnung der Partikel kleiner als der Exzitonradius ist, ändern<br />
sich die Energiezustände und die B<strong>an</strong>dlücken verbreitern sich mit sinkender<br />
13
Teilchengröße um eine Energiedifferenz ∆E qc . Somit ist eine größere Photonenenergie<br />
E photon zur Anregung eines Elektron-Loch-Paars notwendig als bei makroskopischen<br />
Kristallen. Das zeigt Formel 2.13 mit dem Pl<strong>an</strong>kschem Wirkungsqu<strong>an</strong>tum h, der<br />
Lichtgeschwindigkeit c, der maximalen Wellenlänge des Emissionsspektrums λ max und<br />
der B<strong>an</strong>dlückenenergie E bg . Demnach werden die Überg<strong>an</strong>gsenergien größer und es<br />
entsteht eine Verschiebung zu niedrigeren Wellenlängen, die so gen<strong>an</strong>nte<br />
Blauverschiebung („blue shift“).<br />
(2.13)<br />
Das ist damit zu erklären, dass sich mit Verringerung des Teilchenradius, der Abst<strong>an</strong>d<br />
des Elektron-Loch-Paars in N<strong>an</strong>opartikeln im Vergleich zu denen in makroskopischen<br />
Kristallen verkleinert. Dadurch vergrößern sich die Coulomb-Wechselwirkungen<br />
zwischen Elektron und Loch und ihre kinetische Energie steigt <strong>an</strong>, wodurch der<br />
Energiebetrag des ersten elektrischen Überg<strong>an</strong>gs steigt. Eine Abschätzung der so<br />
entstehenden B<strong>an</strong>dlückenverbreiterung in Abhängigkeit der Größe zeigt die Formel<br />
( )<br />
(2.14)<br />
mit dem Teilchenradius R, der effektiven Masse des Elektrons m e * und der des Lochs<br />
m h * [10, 11].<br />
Stapelfehler<br />
Ein weiteres charakteristisches Merkmal von N<strong>an</strong>opartikeln im Vergleich zu großen<br />
Kristallen, ist eine oft auffällig ungeordnete Struktur. Es gibt eine Mindest<strong>an</strong>zahl <strong>an</strong><br />
Stapelebenen, die notwendig ist um eine periodische Ordnung im Kristall herstellen zu<br />
können, da hierfür weitreichende Wechselwirkungen gebraucht werden. Da diese in<br />
N<strong>an</strong>okristallen wegen ihrer geringen Zahl <strong>an</strong> Atomen und Stapelebenen nicht<br />
ausreichend ist, zeichnen sie sich durch eine hohe Dichte <strong>an</strong> Stapelfehlern aus [12].<br />
14
2.7 Reynoldszahl<br />
Bei der Synthese von CdS-N<strong>an</strong>opartikeln in Lösung hat sich gezeigt, dass die<br />
Geschwindigkeit, mit der die Lösungen für die Herstellung zusammengemischt werden,<br />
die Größenverteilung und Anzahl der entstehenden Partikel und somit auch ihre<br />
Eigenschaften beeinflussen [3]. Grund hierfür sind turbulente Strömungen im<br />
Mischobjekt, die durch ausreichend hohe Flussgeschwindigkeit entstehen, wobei es im<br />
Vergleich zu laminaren Strömungen zu Wirbeln im Fluid kommt. Die dimensionslose<br />
Reynoldszahl ist ein Maß für die Turbulenz und ist im Wesentlichen abhängig von der<br />
Geometrie des Objekts und den Eigenschaften der Flüssigkeit. Die Formel für die<br />
Reynoldszahl ergibt sich wie folgt:<br />
Zuerst werden alle Längen auf eine Einheit L, alle Zeiten auf T normiert und die<br />
Geschwindigkeit u entsprechend durch L/T ausgedrückt. Wir setzen<br />
( )<br />
(2.15)<br />
mit den dimensionslosen Größen t’, u’, ( ) und p’ für den Druck.<br />
D<strong>an</strong>n wird die Navier-Stokes Gleichung, die Bewegungsgleichung für viskose,<br />
strömende Flüssigkeiten,<br />
( ) ( )<br />
(2.16)<br />
nach Division durch ρ und Vernachlässigung des Schwerkraft<strong>an</strong>teils zu<br />
( )<br />
(2.17)<br />
Dabei ist Re die dimensionslosen Reynoldszahl,<br />
(2.18)<br />
15
der Dichte ρ und der Viskosität η des Fluids, der Größe U, die die Dimension einer<br />
Geschwindigkeit hat und die über die Länge L gemittelte Strömungsgeschwindigkeit<br />
<strong>an</strong>gibt.<br />
Der kritische Wert der Reynoldszahl Re c ist eine untere Grenze ab der mit Sicherheit<br />
Turbulenzen in der Flüssigkeit auftauchen. Für Rohre mit kreisförmigen Querschnitt<br />
ergibt sich für Wasser eine kritische Reynoldszahl von Re c ~ 2300 [13].<br />
2.8 Ostwaldsche Stufenregel<br />
Ist Ostwaldsche Stufenregel besagt, dass bei einer Verbindung, die in verschiedenen<br />
Formen kristallisieren k<strong>an</strong>n, sich bei spont<strong>an</strong>er Kristallisation zuerst die am wenigsten<br />
stabilste Form ausbildet. D<strong>an</strong>ach bilden sich stufenweise stabilere Formen. Wenn also<br />
ein Zust<strong>an</strong>d verlassen wird, ist der, der sich zunächst bildet nicht der thermodynamisch<br />
Stabilste, sondern der, welcher der Stabilität des Ursprungszust<strong>an</strong>des am nächsten ist<br />
[14].<br />
16
3 Material und Methoden<br />
In diesem Kapitel werden die verwendeten Materialien, Geräte und Programme<br />
vorgestellt und bei jedem Schritt auf die Vorgehensweise eingeg<strong>an</strong>gen, von der<br />
Probenherstellung bis zur Erstellung des Fits <strong>an</strong> die Messdaten.<br />
3.1 Probenmaterial: <strong>Cadmiumsulfid</strong><br />
CdS ist ein direkter Halbleiter aus II-VI-Komponenten mit großer B<strong>an</strong>dlücke (bei<br />
Zimmertemperatur 2.42 eV [10]). Es wird vor allem zu optischen Zwecken, wie z.B. in<br />
Solarzellen, Lasern, als Qu<strong>an</strong>tenpunkte oder biologischer Marker verwendet wird. CdS<br />
fällt optisch durch eine strukturabhängige Farbpalette von gelb bis rot auf. Es kommt<br />
sowohl in kubischer Sphalerit- als auch in hexagonaler Wurtzitstruktur vor, welche<br />
beide dichteste Kugelpackungen bilden. Da ein charakteristisches Merkmal von<br />
N<strong>an</strong>omaterialien eine hohe Wahrscheinlichkeit von Stapelfehlern in der Kristallstruktur<br />
ist, findet m<strong>an</strong> auch bei CdS-N<strong>an</strong>opartikeln aperiodische Anordnungen von Ebenen,<br />
also hexagonale und kubische Stapelung in einem Kristall (Abbildung 3.1) [12].<br />
Abbildung 3.1: Strukturen von CdS: kubisches Sphalerit (a), hexagonales Wurzit (b) und eine<br />
ungeordnete Struktur (c) [12].<br />
Während die vorliegende Struktur keine Auswirkungen auf die Anregungszustände von<br />
makroskopischen Kristallen hat, lassen sich die Halbleitereigenschaften von CdS-<br />
N<strong>an</strong>okristallen über die Partikelgröße kontrollieren. Die B<strong>an</strong>dlücke in CdS<br />
beispielsweise k<strong>an</strong>n zwischen 4.5 und 2.5 eV variiert werden [15].<br />
17
3.2 Synthese<br />
Zunächst wird der Aufbau für die Synthese des Probenmaterials und im Anschluss die<br />
Variation der jeweiligen Syntheseparameter beschrieben.<br />
3.2.1 Aufbau<br />
Die Synthese von CdS erfolgte, indem zwei Lösungen, Natriumsulfid (Na 2 S) und<br />
Cadmiumchlorid (CdCl 2 ), in stöchiometrischer Konzentration aus zwei Spritzen mit<br />
konst<strong>an</strong>ter Flussgeschwindigkeit in einem Mikromischer gemischt wurden. Wegen der<br />
Toxizität des CdS geschah dies unter einem Laborabzug und der Umg<strong>an</strong>g mit CdS<br />
unter Verwendung von H<strong>an</strong>dschuhen. Die zwei Stammlösungen wurden jeweils in<br />
einem Liter Milli-Q-Wasser <strong>an</strong>gesetzt, in dem die entsprechenden Feststoffe gelöst<br />
wurden. Um eine 25 mM Lösung zu erhalten wurden 6.00 g Na 2 S (M mol = 240.18<br />
g/mol) und 5.71 g CdCl 2 (M mol. = 183.32 g/mol) verwendet. Beim Mischen der beiden<br />
Stammlösungen entsteht 12,5 mM CdS. Die Reaktionsgleichung dazu lautet:<br />
Na 2 S + CdCl 2 → CdS + 2NaCl (3.1)<br />
Der Aufbau für die Synthese (Abbildung 3.2) besteht aus zwei Spritzenpumpen<br />
(Chemyx Inc, Nexus 6000) die mit den Ausg<strong>an</strong>gslösungen gefüllt und d<strong>an</strong>n mit einer<br />
einstellbaren Geschwindigkeit entleert werden. Dadurch gel<strong>an</strong>gen die Lösungen über<br />
zwei Schläuche zu einem Mischer (Abbildung 3.3), in dem sie zusammen treffen,<br />
gemischt werden und ihn als stabilen freien Strahl durch eine Düse mit einem<br />
Durchmesser von 400 μm verlassen. In einer Entfernung von 10 cm unter dem Mischer<br />
befindet sich ein Becherglas, das das Produkt auffängt.<br />
18
Abbildung 3.2: Versuchsaufbau bestehend aus zwei Spritzenpumpen, zwei<br />
Schlauchableitungen, einem Mischer und einem Becherglas. Durch die<br />
Spritzenpumpen gel<strong>an</strong>gen die Lösungen über die Schläuche zum Mischer,<br />
werden darin vermischt und in 10 cm Abst<strong>an</strong>d als freier Strahl in einem<br />
Becherglas aufgef<strong>an</strong>gen.<br />
Abbildung 3.3: Skizze des Mischers: Die beiden oberen Ausgänge sind mit<br />
Schläuchen aus den Spritzenpumpen verbunden. Die gelösten<br />
Reaktionsedukte führen über zwei K<strong>an</strong>äle im Inneren des Mischers zusammen<br />
und verlassen als freier, stabiler Strahl den Mischer über eine Düse mit 400 μm<br />
Durchmesser.<br />
Die Synthese wurde stets bei konst<strong>an</strong>ter Konzentration durchgeführt. Während der<br />
verschiedenen Synthesereihen wurden die Parameter Geschwindigkeit, pH-Wert,<br />
Temperatur und Stabilisatorzugabe wie im Folgenden beschrieben variiert:<br />
19
3.2.2 Geschwindigkeit des Strahls<br />
Es wurden verschiedene Mischgeschwindigkeiten benutzt, während die <strong>an</strong>deren<br />
Bedingungen konst<strong>an</strong>t blieben. An den Pumpen lassen sich die Flussraten v’, mit der<br />
die Flüssigkeiten aus den Spritzen gel<strong>an</strong>gen, in Millilitern pro Minute einstellen.<br />
Entsprechend der Formel<br />
(3.2)<br />
mit der Fläche A des Strahlquerschnitts, werden daraus die Geschwindigkeiten v des<br />
freien Strahls in Meter pro Sekunde bestimmt. Die Reynoldszahl wird nach der Formel<br />
(2.18) errechnet (Tabelle 3.1), mit der Dichte ρ von CdS in Wasser (1005.85 kg/m 3 ) bei<br />
Zimmertemperatur und der Viskosität η von Wasser (1 kg/ms):<br />
Tabelle 3.1:<br />
Die errechneten Werte der Flussgeschwindigkeit v und der dazugehörigen<br />
Reynoldszahl Re für die entsprechende Flussrate v’.<br />
Flussrate v’ [ml/min] Geschwindigkeit v [m/s] Reynoldszahl<br />
2∙10 2.7 1086<br />
2∙40 10.6 4265<br />
2∙70 18.6 7484<br />
2∙100 26.5 10662<br />
2∙120 31.8 12794<br />
3.2.3 Temperaturregulierung<br />
Um eine Temperaturvariation während der Synthese zu ermöglichen, mussten die<br />
Spritzen entsprechend präpariert werden (Abbildung 3.4) Dazu wurde ein Wärme<br />
leitender Schlauch, der von einem Temperaturbad (HAAKE, Phoenix II P2-C25P) mit<br />
einer geeigneten Kühlflüssigkeit, bestehend aus einer 2:1 Mischung aus Wasser und<br />
Glycol, durchspült wird, um die beiden Spritzen gewickelt. Die Temperatur der<br />
Flüssigkeit wurde am Gerät variiert und gewartet bis sich ein Wärmegleichgewicht<br />
eingestellt hatte. Um die Temperatur der Lösungen in den Spritzen relativ schnell auf<br />
den gewünschten Wert zu bekommen, dabei die Dicke der Spritze und den eventuellen<br />
Wärmeverlust über schlecht isolierte Stellen der Spritze und die Schläuche zum<br />
20
Mischer berücksichtigend, wurde der eingestellte Sollwert entsprechend etwas höher<br />
oder niedriger als der gewünschte Wert eingestellt (Tabelle 3.2).<br />
Abbildung 3.4: Aufbau der temperaturregulierten Synthese: Wärme leitende Schläuche um die<br />
Spritzen gewickelt und mit einer Kühlflüssigkeit aus einem Temperaturbad, das<br />
die Regulierung der Temperatur zulässt, durchflossen.<br />
Die Synthese wurde bei fünf verschiedenen Temperaturen, ca. 10, 20, 30, 40 und<br />
50°C, und zwei verschiedenen Mischgeschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s,<br />
durchgeführt. Das CdS wurde pro Temperatur-Geschwindigkeits-Kombination einmal in<br />
einem Gefäß mit und einmal ohne Stabilisator aufgef<strong>an</strong>gen. Dafür wurden jeweils 50<br />
ml von 50 mM EDTA (Ethylendiamintetraacid), das bei Zimmertemperatur gelagert<br />
wurde, verwendet. Direkt im Anschluss wurde die jeweilige Temperatur des CdS im<br />
Becherglas mit und ohne EDTA mit einem <strong>an</strong>alogen Thermometer gemessen (Tabelle<br />
3.2).<br />
Tabelle 3.2: Tabelle der Temperaturen: die gewünschte Temperatur, der dafür am Gerät<br />
eingestellte Sollwert und die tatsächlich gemessenen Temperaturen ohne<br />
Stabilisator und im EDTA-Bad.<br />
gewünschter eingestellter Temperatur des Produkts Temperatur des Produkts<br />
Wert [°C] Sollwert [°C] ohne Stabilisator [°C] mit EDTA [°C]<br />
10 5 14 17<br />
20 20 20 20<br />
30 40 27 25<br />
40 50 33 28<br />
50 70 40 36<br />
21
Im Folgenden werden die Proben, die im Rahmen der Temperaturregulierung<br />
entst<strong>an</strong>den sind, mit der tatsächlich im Becherglas gemessenen Temperatur<br />
bezeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass die eigentliche Temperatur während des<br />
Mischens im Mischer wegen dem Wärmeverlust im 10 cm l<strong>an</strong>gen freien Strahl eine<br />
<strong>an</strong>dere ist und zwischen dem gemessenen und dem eingestellten Sollwert liegt. Da es<br />
keine Möglichkeit gab die Temperatur der Reaktionsedukte selbst in den Spritzen zu<br />
messen und bek<strong>an</strong>nt ist, dass im Becherglas weitere Reaktionen stattfinden, scheint es<br />
sinnvoll die im Becherglas gemessenen Temperaturwerte zu verwenden. Bei den<br />
gemessenen Temperaturen der Proben in EDTA muss zudem bedacht werden, dass<br />
das EDTA im Becherglas 20°C hatte und deshalb die Differenz der Misch- und der<br />
Badtemperatur deutlich höher ist als bei den Proben ohne EDTA.<br />
3.2.4 PH-Wert-Regulierung<br />
Für die pH-Wert-Variation des CdS wurde der pH-Wert der CdCl 2 -Lösungen durch<br />
Zugabe von ein paar Tropfen 23%-iger Salzsäure (HCl) verändert und der pH-Wert<br />
des entst<strong>an</strong>denen CdS mit einem zuvor geeichten pH-Meter gemessen. Es ergaben<br />
sich pH-Werte des CdS von ungefähr 3.5, 5.5 und 7.7. Die Synthese wurde bei<br />
Zimmertemperatur und drei unterschiedlichen pH-Werten mit jeweils zwei<br />
verschiedenen Geschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s, durchgeführt:<br />
3.3 Trocknung der Partikel<br />
Nachdem die Lösungen unter den verschiedenen Bedingungen gemischt wurden,<br />
wurde das gelöste CdS mindestens einmal für 5 Minuten mit 3500 Umdrehungen pro<br />
Minute zentrifugiert. Der Überschuss wurde entsorgt und das Zentrifugengefäß mit<br />
dem verdichtetem CdS über mehrere Stunden in einen Exsikkator, in dem mit Hilfe<br />
einer Drehschieberpumpe ein Vakuum erzeugt wurde, getrocknet. Das<br />
Vakuumtrocknen wurde der Ofentrocknung vorgezogen um eventuelle<br />
temperaturbedingte Struktur- oder Größenveränderungen der Teilchen zu vermeiden.<br />
D<strong>an</strong>ach wurden die getrockneten CdS-Klumpen in einem Mörser zerkleinert und zu<br />
einem Pulver gemahlen.<br />
22
3.4 <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> in Bragg-Brent<strong>an</strong>o-Geometrie<br />
Im Rahmen der Arbeit wurden die Messungen mit dem im Lehrstuhl befindlichen Gerät<br />
X’Pert (Philips/PANalytical) (Abbildung 3.5) durchgeführt. Diese Art von<br />
Pulverdiffraktometer ist weit verbreitet und ermöglicht mit seiner parafokussierenden<br />
Reflektionsgeometrie, der Bragg-Brent<strong>an</strong>o-Geometrie (siehe 2.4 und Abbildung 2.5),<br />
eine gute Auflösung bei hoher Intensität. Der Abst<strong>an</strong>d von Probe und Detektor bleibt<br />
bei dieser Methode konst<strong>an</strong>t, der Fokussierungskreis jedoch wird mit steigendem 2Θ<br />
kleiner, deshalb können hier nur Punkt- oder ortsempfindlichen Detektoren und keine<br />
Filmverfahren verwendet werden [8].<br />
Abbildung 3.5: Das Pulverdiffraktometer X’Pert im Lehrstuhl für Kristallographie<br />
und Strukturphysik in Erl<strong>an</strong>gen. Es h<strong>an</strong>delt sich um ein Gerät mit<br />
parafokussierender Bragg-Brent<strong>an</strong>o Geometrie, bei der die Röntgenstrahlen<br />
von der Röhre (links) <strong>an</strong> der flachen Probe (mittig, hier or<strong>an</strong>ges CdS) reflektiert<br />
und im Detektor (rechts) konzentriert werden. Die Divergenz der Strahlen wird<br />
von einem Schlitzsystem nach der Röhre reguliert.<br />
Für die Messungen wird das Pulver der Probe mit einem kleinen Spachtel dünn und<br />
gleichmäßig auf einen Korund-Einkristall aufgebracht, welcher bei korrekter<br />
Orientierung keine Bragg-Reflexe in Detektorrichtung erzeugt (Abbildung 3.6). Die<br />
Blende zwischen Filter und Probe wird entsprechend der Pulverfläche gewählt um<br />
Hintergrundsignale zu minimieren und dabei möglichst viel Intensität zu erhalten. Ein<br />
Justage-Fehler bei der m<strong>an</strong>uellen Höheneinstellung des Probenhalters verursacht eine<br />
Verschiebung der Reflexe entl<strong>an</strong>g der 2Θ-Achse. Wird der Probenhalter zu hoch<br />
gefahren, wird der Strahl früher gestreut und es erfolgt eine Ablenkung in einen<br />
höheren Winkelbereich des Detektors, entsprechend wird das Intensitätsbild nach<br />
rechts verschoben.<br />
23
Das Hoch- und Herunterfahren sowie das Steuern des Generators erfolgt über ein<br />
Computerprogramm. Es wird die CuKα-Strahlung benutzt, die charakteristische<br />
Röntgenstrahlung der verwendeten Kupferröhre mit einer Wellenlänge von 1.54 Å. Für<br />
die Messungen im Rahmen dieser Arbeit wurde der Winkelbereich 2Θ von 10° bis 120°<br />
in 0,1° Schritten mit 200 Sekunden Bestrahlung pro Schritt eingestellt. Während der<br />
Messung verändern Röhre und Detektor entsprechend der gewählten Einstellungen in<br />
bestimmten Gradschritten ihre Position, da der Fokussierungskreis in dieser Geometrie<br />
nicht konst<strong>an</strong>t bleibt, die Abstände von Detektor und Röhre zur Probe allerdings schon.<br />
So wird der gewünschten Winkelbereich 2Θ abgefahren.<br />
Abbildung 3.6: Der Probenhalter, ein Korund-Einkristall, mit flach präpariertem CdS-Pulver. Die<br />
grünen Markierungen dienen der korrekten Orientierung des Korunds.<br />
3.5 Struktur<strong>an</strong>alyse mit DISCUS<br />
Um die Messdaten auszuwerten und eine Struktur<strong>an</strong>alyse durchzuführen, wurde ein<br />
Macro des Programmes DISCUS verwendet. Es h<strong>an</strong>delt sich um einen genetischen<br />
Fitalgorithmus für CdS, der aus den eingegebenen Messdaten die Strukturparameter<br />
errechnet.<br />
Ein genetischer Fitalgorithmus ist eine globale Optimierungstechnik basierend auf<br />
Darwins Evolutionstheorie, bei der eine Population aus vielen Individuen sich durch<br />
natürliche Selektion der am besten Angepassten weiter entwickelt. Hier entsprechen<br />
die am besten Angepassten den Simulationen für die CdS-Teilchen mit den niedrigsten<br />
R-Werten. Der R-Wert ist ein Maß für die Güte des Fits. Folglich sind das jene, dessen<br />
Pulverdiagramme, die mit der Debye-Gleichung berechnet wurden, am wenigsten von<br />
den tatsächlichen Messdaten abweichen und daher die besten, verfeinerten Parameter<br />
besitzen sollten [7].<br />
Für CdS werden folgende sieben Parameter eingeführt: die Gitterkonst<strong>an</strong>ten der<br />
Elementarzelle a und b, der Z- und B-Wert (der Ortsparameter für Cd und der<br />
24
Temperaturfaktor), die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit und die Radien des generierten<br />
Partikels in a-b- und c-Richtung. Die Grenzen für die Parameter liegen für die<br />
Gitterkonst<strong>an</strong>ten nah im Bereich um den Literaturwert von CdS. Der B-Wert, mit<br />
B=8∙π²∙‹u²› [8], ist der so gen<strong>an</strong>nte Temperatur- oder Auslenkungsfaktor und ergibt<br />
sich aus dem mittleren Quadrat der Abweichung u des Atoms aus seiner<br />
Gleichgewichtslage, für ihn gilt B≥0. Die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit liegt im Intervall<br />
[0:1] und beschreibt die Wahrscheinlichkeit mit welcher auf eine bestehende Ebene<br />
eine entsprechend orientierte weitere Ebene folgt. Dabei steht im Fall von CdS eine<br />
Stapelwahrscheinlichkeit von 1 für eine perfekt kubische Struktur und ein Wert von 0<br />
für eine rein hexagonale Struktur. Die Größenparameter und der Z-Wert, der ein<br />
Ortsparameter für das Cadmium ist, werden zu Anf<strong>an</strong>g nicht definiert, sondern durch<br />
einen Algorithmus der kleinsten-Quadrate im Laufe der Generationen verfeinert. Der<br />
Untergrund wird durch ein Polynom dritten Grades beschrieben.<br />
Zu Anf<strong>an</strong>g werden zufällig Individuen mit verschiedensten Parametern generiert. In<br />
jeder Generation werden 20 “Eltern“- und 20 „Kinder“-Individuen in einer Gruppe aus<br />
40 Mitgliedern vereint. Aus dieser Gruppe werden die 20 mit den besten R-Werten als<br />
Eltern für die nächste Generation ausgewählt. Dadurch wird die Populationsgröße<br />
konst<strong>an</strong>t auf 20 Individuen gehalten und die verfeinerten Parameter der vorherigen<br />
Generation dienen als Startwerte für den nächsten Verfeinerungszyklus. Da die<br />
simulierten Partikel aus Ebenen zufälliger Stapelwahrscheinlichkeit aufgebaut werden,<br />
können zwei Partikel mit identischen Parametern trotzdem unterschiedlich aussehen.<br />
Deshalb werden für jedes Individuum der Population mehrere Partikel generiert. Über<br />
die daraus errechneten Pulverdiagramme wird d<strong>an</strong>n gemittelt. Das Ergebnis des<br />
Algorithmus ist d<strong>an</strong>n ein gemitteltes Diagramm und ein dazugehöriges, elliptisches<br />
Teilchen mit den entsprechenden Parametern (Abbildung 3.7) [16].<br />
Abbildung 3.7: Exemplarisches, elliptisches CdS-Partikel, das durch den Fitalgorithmus<br />
<strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der Messdaten generiert wurde.<br />
25
4 Experiment und Resultate<br />
Im Folgenden werden Beobachtungen und Ergebnisse der Messungen und der Fits<br />
dargestellt. Im Anh<strong>an</strong>g befinden sich die Messkurven (S.39) zu den jeweiligen<br />
Synthesereihen, sowie eine Tabelle mit dem R-Wert und den drei relev<strong>an</strong>ten<br />
Parametern des Fits für jede Probe (S.51).<br />
4.1 Geschwindigkeitsabhängigkeit der Kristallite<br />
Bei den Proben der Geschwindigkeitsreihe fallen optisch auf den ersten Blick die<br />
Farbunterschiede auf. Dabei erscheinen die mit höheren Geschwindigkeiten, und somit<br />
größerer Reynoldszahl, synthetisierten Proben gelber, also heller, als die die l<strong>an</strong>gsam<br />
gemischt wurden.<br />
Die Fitparameter für die Messdaten sind trotz dieser feinen, optischen Unterschiede<br />
sehr ähnlich (Abbildung 4.1). Es ergeben sich folgende Mittelwerte und maximale<br />
Abweichungen aus der Geschwindigkeits-Reihe (Tabelle 4.1):<br />
Tabelle 4.1:<br />
Parameter für die Geschwindigkeitsreihe: Mittelwerte der Stapfelfehler und der<br />
Radien mit der jeweiligen maximalen Abweichung.<br />
Stapelfehler a-b-Radius [Å] c- Radius [Å]<br />
Mittelwert 0.51 15.5 23.4<br />
maximale Abweichung 0.01 1.7 1.5<br />
26
Abbildung 4.1: Plot der Strukturparameter in Abhängigkeit der Mischgeschwindigkeit: Der<br />
Stapelfehler (schwarz,▼) auf der rechten Ordinatenachse, der a-b-Radius<br />
(rot,●) und der c-Radius (blau,■) auf der linken Ordinatenachse mit den<br />
dazugehörigen Mittelwerten als gestrichelte Linien eingezeichnet.<br />
Allerdings ist bei der Temperaturreihe, in der pro Temperatur mit jeweils zwei<br />
verschiedenen Geschwindigkeiten gemischt wurde, aufgefallen, dass sich die Teilchen-<br />
Radien der schnell (31.8 m/s) und l<strong>an</strong>gsam (10.6 m/s) gemischten Proben leicht<br />
unterscheiden. Dabei sind die Werte der Radien für die schnell gemischten Proben<br />
immer etwas niedriger, was der theoretischen Erwartung entsprechen würde, dass bei<br />
turbulenterem Mischen kleinere Teilchen entstehen. Aus den Daten der<br />
Temperaturreihe ergeben sich jeweils für die zwei Geschwindigkeiten folgende<br />
Mittelwerte und maximale Abweichungen für die beiden Radien (Tabelle 4.2):<br />
Tabelle 4.2: Mittelwerte der Radien für die Proben der Temperaturreihen für die beiden<br />
Geschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s.<br />
v [m/s] a-b-Radius [Å] max. Abweichung [Å] c-Radius [Å] max. Abweichung [Å]<br />
10.6 14.7 1 22.9 0.1<br />
31.8 12.9 1.8 21.7 0.9<br />
27
4.2 Temperaturabhängigkeit der Kristallite<br />
Die Pulver der Proben der Temperaturreihe ohne EDTA zeigen einen deutlichen<br />
Farbverlauf von gelb zu or<strong>an</strong>ge mit steigender Temperatur (Abbildung 4.2):<br />
Abbildung 4.2: Pulver der Temperaturreihe: Proben nach aufsteigender Temperatur von links<br />
nach rechts, pro Temperatur zwei verschiedene Geschwindigkeiten, 10.6 und<br />
31.8 m/s (auf den Gläschen vermerkt mit den <strong>an</strong>gestrebten Temperaturen und<br />
den Flussraten v’ 40 und 120 ml/min). Vor allem bei der niedrigsten Temperatur<br />
(gelb) ist der Farbunterschied zu den <strong>an</strong>deren (or<strong>an</strong>ge) deutlich zu erkennen.<br />
Eine repräsentative Messkurve mit Fit für diese Proben zeigt Abbildung 4.3. Die Daten<br />
der Proben mit 33°C wurden bewusst vernachlässigt, da sie zum einen optisch auffällig<br />
sind und zum <strong>an</strong>deren das Programm keinen Fit mit relativ niedrigem R-Wert finden<br />
konnte. Somit sind die Parameter mit denen der <strong>an</strong>deren Proben nicht vergleichbar<br />
und hätten das Ergebnis möglicherweise verfälscht.<br />
Abbildung 4.3: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit, hier der Probe mit 14°C die mit<br />
31.8 m/s synthetisiert wurde. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot<br />
dargestellt.<br />
28
Es fällt auf, dass die Werte für die beiden Radien trotz Temperaturveränderungen<br />
relativ konst<strong>an</strong>t bleiben (Abbildung 4.4.). Dabei ergibt sich für den a-b-Radius ein<br />
Mittelwert von 13.8 Å und ein durchschnittlicher c-Radius von 22.3 Å (Tabelle 4.2).<br />
a) b)<br />
Abbildung 4.4: Plots der Radien in Abhängigkeit der Temperatur: der a- b-Radius (a) und der<br />
c-Radius (b) für jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8<br />
m/s (rot, ●) und die dazugehörigen Mittelwerte als gestrichelte Linien<br />
eingezeichnet.<br />
Tabelle 4.3:<br />
Parameter für die Temperaturreihe: Mittelwerte der Radien mit der jeweiligen<br />
maximalen Abweichung.<br />
Temperatur-Reihe a-b-Radius [Å] c- Radius [Å]<br />
Mittelwert 13.8 22.3<br />
maximale Abweichung 1.9 1.1<br />
Die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit hingegen zeigt eine sinkende Tendenz mit<br />
steigender Temperatur (Abbildung 4.5). Für die Flussgeschwindigkeit 31.8 m/s bewegt<br />
sie sich in einem Intervall [0.44:0.51] und für 10.6 m/s in [0.45:0.52], für die l<strong>an</strong>gsamer<br />
synthetisierten Teilchen liegen die Werte also etwas höher. Vergleicht m<strong>an</strong> die<br />
Stapelfehlerwahrscheinlichkeiten bei 14°C mit denen bei 40°C für 31.8 m/s, so erkennt<br />
m<strong>an</strong> eine Abnahme von ca. 13%. Die Probe bei 14°C besitzt demnach eine Struktur,<br />
die mehr kubisch ist, die Proben bei 27 und 40°C eine Stapelung, die mehr hexagonal<br />
ist. Bei einer Temperatur von 20°C liegen die Werte für den Parameter bei genau 0.5,<br />
d.h., dass bei Zimmertemperatur entstehende CdS-N<strong>an</strong>oteilchen rein zufällig<br />
gestapelte Kristallebenen aufweist.<br />
29
Abbildung 4.5: Plot der Stapelfehler der Temperaturreihe: die Stapelfehler für die zwei<br />
verschiedenen Geschwindigkeiten 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) mit<br />
dazugehörigem linearen Fit (gestrichelte Linie) als Hilfslinie.<br />
Die Temperatur hat demnach Auswirkungen auf den Stapelfehler, wenn auch nicht auf<br />
die Teilchengröße. Da höhere Temperaturen mit einer schnelleren Molekularbewegung<br />
und somit Diffusion der Teilchen einhergehen, lagern sich die Atome für die neu zu<br />
bildende Stapelebene möglicherweise <strong>an</strong> <strong>an</strong>deren Stellen <strong>an</strong> als bei tiefen<br />
Temperaturen, was eine veränderte Struktur zur Folge hat. Nachdem in dieser Reihe<br />
die Farbdifferenzen der Pulver zwischen heißen und kalten Temperaturen sehr<br />
signifik<strong>an</strong>t sind, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> davon ausgehen, dass die Stapelfehlerdichte stark mit den<br />
optischen Eigenschaften des <strong>Cadmiumsulfid</strong>s korreliert.<br />
4.3 EDTA-Abhängigkeit der Kristallite<br />
Bei den Proben, die in EDTA aufgef<strong>an</strong>gen wurden, konnte m<strong>an</strong> nach dem<br />
Zentrifugieren erkennen, dass sich über dem verdichtetem CdS eine Lösung aus<br />
stabilem CdS in EDTA gebildet hatte (Abbildung 4.6). Solches stabiles CdS würde sich<br />
zum Beispiel für Messungen mit Kleinwinkelstreuung eignen.<br />
Die Farbe der getrockneten und gemörserten EDTA-Proben war einheitliches, mittleres<br />
Or<strong>an</strong>ge, unabhängig von der jeweiligen Temperatur und Mischgeschwindigkeit<br />
während der Synthese. Demnach verlieren die Teilchen offensichtlich die Sensitivität<br />
30
der optischen Eigenschaften gegenüber der Temperatur sobald sie in EDTA<br />
aufgef<strong>an</strong>gen werden. Sehr deutlich ist dieser optische Effekt in Abbildung 4.7 zu<br />
sehen.<br />
Abbildung 4.6: Stabiles CdS in EDTA: Zwei Zentrifugengläser mit CdS, links mit und rechts<br />
ohne EDTA nach dem Zentrifugieren. Im linken Zentrifugengefäß befindet sich<br />
stabiles CdS in der Flüssigkeit, sichtbar <strong>an</strong> der gelben Verfärbung, wohingegen<br />
sich das CdS im rechten Zentrifugengefäß fast ausschließlich am Boden des<br />
Gefäßes befindet.<br />
Abbildung 4.7: Farbunterschied von Pulver zweier Proben mit 14°C bzw. 17°C die mit 31.8<br />
m/s synthetisiert wurden. Links ohne EDTA (gelb) und rechts das Pulver einer<br />
Probe, die bei der Synthese in EDTA aufgef<strong>an</strong>gen wurde (or<strong>an</strong>ge).<br />
Die Messkurven der EDTA-Proben (Abbildung 4.8) unterscheiden sich im<br />
Beugungsbild deutlich von denen ohne EDTA (Abbildung 4.3). Deutlich erkennbar ist<br />
eine im Vergleich zu <strong>an</strong>deren Kurven höhere gemessene Spitzen-Intensität und<br />
schmalere Peaks, was entsprechend der Scherrer-Gleichung (Formel (2.12) auf<br />
größere Teilchen hinweist.<br />
31
Abbildung 4.8: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit, hier der Probe mit 17 °C die mit<br />
31.8 m/s synthetisiert und in EDTA aufgef<strong>an</strong>gen wurde. Die Messdaten sind<br />
schwarz, der Fit rot dargestellt.<br />
Tatsächlich sind die Fitparameter für die Radien der EDTA-Teilchen (Tabelle 4.4)<br />
deutlich größer als die der Proben ohne EDTA (Tabelle 4.3). Der a-b-Radius von<br />
durchschnittlich 33.5 Å ist ungefähr um den Faktor 2.5 größer und der mittlere c-Radius<br />
mit 39.8 Å ebenfalls fast doppelt so groß. Beide Radien scheinen unabhängig von der<br />
Temperatur und der Mischgeschwindigkeit zu sein (Abbildung 4.9). Dabei fällt jedoch<br />
auf, dass die Werte für den a-b-Radius große Schw<strong>an</strong>kungen aufweisen mit einer<br />
maximalen Abweichung von 4 Å vom Mittelwert, während der c-Radius relativ konst<strong>an</strong>t<br />
bleibt. Da der Größenunterschied zwischen den Radien hier sehr gering ist und somit<br />
das aspect ratio, also das Verhältnis der Teilchenbreite zur Höhe, (hier ungefähr bei<br />
0.84), verhältnismäßig hoch, h<strong>an</strong>delt es sich hierbei um relativ isotrope Teilchen. Im<br />
Vergleich dazu liegt dieses Verhältnis für die Teilchen der Temperaturreihe ohne EDTA<br />
bei ca. 0.62.<br />
Auch die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit wird nicht durch die Temperatur beeinflusst.<br />
Sie bewegt sich im Bereich von 0.51 bis 0.60 und liegt damit etwas höher als die der<br />
Teilchen ohne EDTA und ist daher kubischer (Abbildung 4.9). Zudem fällt auf, dass der<br />
Stapelfehler für die l<strong>an</strong>gsamer gemischten Proben mit v = 10.6 m/s insgesamt etwas<br />
größer (0.56) ist als der derer, die mit 31.8 m/s synthetisiert wurden (0.53) (Tabelle<br />
4.4), was auch schon in der Temperaturreihe ohne EDTA aufgefallen ist.<br />
32
a) b)<br />
c)<br />
Abbildung 4.9: Plots der Parameter der EDTA-Reihe in Abhängigkeit der Temperatur: der a-b-<br />
Radius (a), der c-Radius (b) und der Stapelfehler (c) für jeweils zwei<br />
Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) und die<br />
dazugehörigen Mittelwerte als gestrichelte Linien eingezeichnet.<br />
Insgesamt ergeben sich folgende Mittelwerte und maximalen Abweichungen der<br />
Teilchenradien der EDTA-Proben (Tabelle 4.4).<br />
Tabelle 4.4:<br />
Parameter für die Temperaturreihe mit EDTA: Mittelwerte der Stapelfehler für<br />
beide Mischgeschwindigkeiten und die Mittelwerte für die beiden Radien der<br />
gesamten EDTA-Proben mit der jeweiligen maximalen Abweichung.<br />
Temperatur-Reihe mit<br />
EDTA<br />
Stapelfehler<br />
v = 10.6 m/s<br />
Stapelfehler<br />
v = 31.8 m/s a-b-Radius [Å] c-Radius [Å]<br />
Mittelwert 0.56 0.53 33.5 39.8<br />
maximale Abweichung 0.03 0.02 4 0.3<br />
Der signifik<strong>an</strong>te und überraschende Unterschied vor allem in den Größenparametern<br />
zwischen den Teilchen mit und ohne EDTA in der Synthese, hat die Frage aufgebracht,<br />
in welchem Schritt sich die Strukturen bilden. Um festzustellen, ob die Reaktion in dem<br />
33
10 cm l<strong>an</strong>gen Strahl stattfindet oder erst in dem Auff<strong>an</strong>ggefäß mit EDTA, wurde eine<br />
Synthesereihe durchgeführt, bei der der Mischer in ein Gefäß direkt über die EDTA-<br />
Oberfläche gehalten wurde. Da die Ergebnisse offensichtlich genau denen der mit 10<br />
cm Strahl synthetisierten entsprechen, ist davon auszugehen, dass sich im Strahl<br />
schon kristalline Strukturen bilden, aber dort nicht alle freien Ionen verbraucht werden.<br />
In dem Gefäß finden demnach auf einer größeren Zeitskala weitere Reaktionen statt.<br />
4.4 PH-Wert-Abhängigkeit der Kristallite<br />
Die Ergebnisse der pH-Wert-Reihe zeigen interess<strong>an</strong>te Tendenzen (Abbildung 4.10).<br />
Nach den wenigen Ergebnissen zu urteilen, sind die Teilchen, die bei saurem pH-Wert<br />
entst<strong>an</strong>den sind, größer. Die Teilchen bei dem pH-Wert 3.5 zum Beispiel<br />
unterscheiden sich von denen bei 7.7 in allen drei Parametern: die beiden Radien sind<br />
um 4 Å größer und auch die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit ist höher. Der abfallende<br />
Trend ist vor allem beim a-b-Radius zu erkennen. Folglich, könnten alle drei Parameter<br />
pH-Wert-abhängig sein, da sie mit steigendem pH-Wert zu sinken scheinen.<br />
a) b)<br />
c)<br />
Abbildung 4.10: Plots der Parameter in Abhängigkeit des pH-Werts: der a-b-<br />
Radius (a), der c-Radius (b) und der Stapelfehler (c) für jeweils zwei<br />
Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) und die<br />
dazugehörigen linearen Fits als gestrichelte Linien eingezeichnet.<br />
34
5 Zusammenfassung und Diskussion<br />
5.1 Parameter<br />
Ziel der vorliegenden Arbeit war es die Abhängigkeit von CdS-N<strong>an</strong>opartikeln von<br />
verschiedenen Bedingungen bei der Synthese zu untersuchen. Zu diesem Zweck<br />
wurde CdS unter Regulierung der Flussgeschwindigkeit der Reaktionsedukte, der<br />
Temperatur und des pH-Werts synthetisiert und mittels <strong>Pulverdiffraktometrie</strong> auf<br />
Struktur und Teilchengröße untersucht. Die Ergebnisse, die sich dabei für die<br />
Teilchengröße und die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit in der Struktur ergaben, sind im<br />
Folgenden zusammengefasst.<br />
5.1.1 Teilchengröße<br />
Was die Teilchengröße betrifft, so k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> zusammenfassend sagen, dass sie<br />
weitestgehend unabhängig von den Synthesefaktoren Temperatur und<br />
Geschwindigkeit ist, wobei die l<strong>an</strong>gsam gemischten Teilchen minimal größer scheinen.<br />
Zudem lässt sich der a-b-Radius möglicherweise durch eine Senkung des pH-Werts<br />
vergrößern.<br />
Die Teilchen, die in EDTA aufgef<strong>an</strong>gen wurden sind zwar insgesamt deutlich größer<br />
und runder, allerdings zeigt auch hier eine Variation der Temperatur oder der<br />
Flussgeschwindigkeit keinen Effekt auf die Radien. Die Tatsache, dass die Teilchen so<br />
viel größer sind, deutet allerdings darauf hin, dass ein Großteil der Reaktionen im Bad<br />
nach dem eigentlichen Mischen stattfindet.<br />
Auch wenn die Teilchengrößen trotz verschiedener Bedingungen weitestgehend<br />
konst<strong>an</strong>t bleiben, ist insgesamt zu beobachten, dass der c-Radius in allen<br />
Synthesereihen deutlich stabiler als der Radius in a-b-Richtung ist, was <strong>an</strong> den<br />
geringeren maximalen Abweichungen von den jeweiligen errechneten Mittelwerten zu<br />
erkennen ist. Der a-b-Radius reagiert demnach sensibler auf Änderungen der<br />
Synthesebedingungen.<br />
Nach der klassischen Theorie, ist der Grad der Übersättigung die Triebkraft des<br />
Kristallwachstums. Da die gesamten Proben mit konst<strong>an</strong>ter Konzentration der gelösten<br />
35
Reaktionsedukte synthetisiert wurden, war die Übersättigung stets dieselbe, was ein<br />
Grund für die relativ konst<strong>an</strong>ten Teilchengrößen sein könnte.<br />
5.1.2 Stapelfehlerwahrscheinlichkeit<br />
Den Ergebnissen nach zu urteilen, lassen sich die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit und<br />
somit die Struktur der CdS-Teilchen durch die Temperaturvariation beeinflussen. Bei<br />
den Proben, die nicht in EDTA aufgef<strong>an</strong>gen wurden, sinkt die<br />
Stapelfehlerwahrscheinlichkeit mit steigender Temperatur. Ein möglicher Grund dafür<br />
ist die Tatsache, dass sich die Teilchen mit steigender Temperatur schneller bewegen<br />
und somit die Keime für eine neue Stapelebene einen <strong>an</strong>deren Platz entsprechend<br />
einer bestimmten Struktur einnehmen können.<br />
Zudem sieht m<strong>an</strong> in der Temperaturreihe durch den Farbverlauf in Abhängigkeit der<br />
Temperatur deutlich, dass die Struktur einen großen Einfluss auf die optischen<br />
Eigenschaften des n<strong>an</strong>okristallinen CdS hat. Dagegen verlieren die Proben mit EDTA<br />
die temperaturbedingte und optische Sensitivität auf den Stapelfehler.<br />
Die Strahlgeschwindigkeit bei der Synthese scheint keine relev<strong>an</strong>ten Auswirkungen auf<br />
die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit zu haben.<br />
Insgesamt ist bei den Datensätzen zu beobachten, dass die Stapelfehler in der Struktur<br />
zu Auslöschungen, vor allem der Reflexe 101, 102 und 103 führen. Das fällt auf, wenn<br />
m<strong>an</strong> die Beugungsbilder der Messdaten mit typischen Reflexen von CdS mit reinen<br />
Strukturen vergleicht. Demnach k<strong>an</strong>n davon ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass es sich hier<br />
nicht um eine Koexistenz von hexagonalen und kubischen Strukturen, sondern<br />
tatsächlich um eine Mischform beider Strukturen innerhalb eines Kristalls h<strong>an</strong>delt. Dies<br />
deckt sich auch mit der typischen Eigenschaft von N<strong>an</strong>okristallen, dass diese zu<br />
wenige Kristallebenen besitzen um eine ausreichende Fernordnung für die Bildung<br />
geordneter Strukturen aufzubauen.<br />
5.2 Beurteilung des Fits<br />
Die Messdaten wurden bei kleinen Winkelschritten mit ausreichender<br />
Bestrahlungsdauer aufgenommen und die dazugehörigen Kurven zeigen eine gute<br />
Statistik. Die Bragg-Brent<strong>an</strong>o-Methode scheint daher ein geeignetes Verfahren zur<br />
36
Vermessung von n<strong>an</strong>okristallinem Pulver zu sein. Unter der Annahme, dass das Pulver<br />
kristallin und monodispers ist und die Struktur allein vom Stapelfehler bestimmt wird,<br />
zeigt sich jedoch, dass der Fit <strong>an</strong> die Daten nicht optimal ist. Dies ist <strong>an</strong> einigen<br />
systematischem Abweichungen des Fits von der Messkurve zu erkennen ist, z.B. bei<br />
den 2Θ-Werten von ungefähr 20, 48 und 75 (siehe Messkurven im Anh<strong>an</strong>g). Daher<br />
h<strong>an</strong>delt es sich eventuell nicht um eine perfekte Kristallstruktur. An dieser Stelle wäre<br />
es eine Überlegung wert, den Fitalgorithmus auf Parameter wie die Fehlbesetzung von<br />
Ionen oder Polydispersität zu erweitern und somit eine bessere Anpassung zu<br />
ermöglichen.<br />
Trotz des nicht g<strong>an</strong>z perfekten Fits, ist diese Methode der Struktur<strong>an</strong>alyse für diese<br />
Problemstellung gut und vor Allem viel besser geeignet als ein Rietveld-Verfahren. Das<br />
liegt in erster Linie dar<strong>an</strong>, dass das n<strong>an</strong>okristalline CdS, wie schon erwähnt, eine hohe<br />
Dichte <strong>an</strong> Stapelfehlern aufweist, die zu Auslöschungen von Reflexen führen, während<br />
der prinzipielle Ansatz des Rietveld-Verfahrens eine periodische Struktur voraussetzt.<br />
37
6 Ausblick<br />
In Zukunft wäre es sinnvoll weitgreifendere Experimente mit einer größeren Anzahl <strong>an</strong><br />
Proben durch zu führen und dabei die gesamte, mögliche Parametersp<strong>an</strong>ne zu nutzen.<br />
Interess<strong>an</strong>t wäre in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g zum einen die pH-Wert-Abhängigkeit der<br />
N<strong>an</strong>okristalle genauer zu untersuchen und zum <strong>an</strong>deren zu versuchen die bisherigen<br />
Ergebnisse und Tendenzen, vor allem im Bereich der Temperaturabhängigkeit, zu<br />
reproduzieren. Als letzten wichtigen Punkt bietet es sich <strong>an</strong>, Ergebnisse und<br />
Erkenntnisse aus in situ Klein- und Weitwinkelmessungen <strong>an</strong> CdS unter <strong>an</strong>alogen<br />
Synthesebedingungen in die Auswertung mit einzubeziehen.<br />
38
Anh<strong>an</strong>g<br />
Messkurven<br />
Geschwindigkeit<br />
Kurven von Messdaten und Fits der Proben der Geschwindigkeitsreihe, die mit 2.7 m/s<br />
(a), 10.6 m/s (b), 18.6 m/s (c), 26.5 m/s (d) und 31.8 m/s (e) bei Zimmertemperatur<br />
synthetisiert wurden. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt.<br />
a)<br />
b)<br />
39
c)<br />
d)<br />
e)<br />
40
Temperatur<br />
Kurven von Messdaten und Fits der Proben der Temperaturreihe mit den gemessenen<br />
Temperaturen 14°C (a, b), 20°C (c, d), 27°C (e, f) und 40°C (g, h) mit jeweils zwei<br />
Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert. Die Messdaten sind schwarz,<br />
der Fit rot dargestellt. Die Probe zur Messkurve h) wurde im Vergleich zu den <strong>an</strong>deren<br />
in einem Winkelbereich von 20°-110° mit einer längeren Bestrahlungsdauer pro Schritt<br />
vermessen.<br />
a)<br />
b)<br />
41
c)<br />
d)<br />
e)<br />
42
f)<br />
g)<br />
h)<br />
43
EDTA<br />
Kurven von Messdaten und Fits der Proben der temperaturregulierten EDTA-Reihe mit<br />
den gemessenen Temperaturen 17°C (a, b), 20°C (c, d), 25°C (e, f), 28°C (g, h) und<br />
36°C (i, j), mit jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert.<br />
Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt.<br />
a)<br />
b)<br />
44
c)<br />
d)<br />
e)<br />
45
f)<br />
g)<br />
h)<br />
46
i)<br />
j)<br />
47
PH-Wert<br />
Kurven von Messdaten und Fits der Proben der pH-Wert-Reihe, bei Zimmertemperatur<br />
mit jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert und mit den<br />
pH-Werten 3.5 (a, b), 5.5 (c, d) und 7.7 (e, f). Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot<br />
dargestellt.<br />
a)<br />
b)<br />
48
c)<br />
d)<br />
e)<br />
49
f)<br />
50
Parametertabelle<br />
Probe R-Wert Stapelfehler a-b-Radius [Å] c-Radius [Å]<br />
Geschwindigkeit<br />
2.7 m/s 3,46E-002 0,5190301538 16,0 22,7<br />
10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9<br />
18.6 m/s 3,37E-002 0,4988013804 16,2 24,9<br />
26.5 m/s 3,32E-002 0,5182070732 16,6 23,6<br />
31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6<br />
Temperatur<br />
14°C 10.6 m/s 3,35E-002 0,5210792422 15 23,0<br />
14°C 31.8 m/s 2,94E-002 0,4812598228 12,0 21,3<br />
20°C 10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9<br />
20°C 31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6<br />
27°C 10.6 m/s 3,49E-002 0,4840717316 14,7 2,3,0<br />
27°C 31.8 m/s 3,19E-002 0,4818818569 12,5 21,7<br />
40°C 10.6 m/s 3,80E-002 0,4521252513 14,8 22,8<br />
40°C 31.8 m/s 3,33E-002 0,4359479845 12,3 21,2<br />
EDTA<br />
17°C 10.6 m/s 4,36E-002 0,596616447 31,7 39,7<br />
17°C 31.8 m/s 4,26E-002 0,5515194535 30,9 39,9<br />
20°C 10.6 m/s 4,41E-002 0,5856463909 37,1 39,5<br />
20°C 31.8 m/s 4,90E-002 0,5062966943 33,7 39,9<br />
25°C 10.6 m/s 4,60E-002 0,5559150577 34,5 39,9<br />
25°C 31.8 m/s 4,98E-002 0,530870378 33,5 39,9<br />
28°C 10.6 m/s 4,37E-002 0,531427145 34,1 39,8<br />
28°C 31.8 m/s 5,90E-002 0,531645 37,4 39,9<br />
36°C 10.6 m/s 3,64E-002 0,5527058244 29,5 39,9<br />
36°C 31.8 m/s 4,61E-002 0,5242571831 32,2 39,9<br />
pH-Wert<br />
3.5 pH 10.6 m/s 4,65E-002 0,5161945224 17,1 26,4<br />
3.5 pH 31.8 m/s 3,51E-002 0,5306138992 16,6 24,8<br />
5.5 pH 10.6 m/s 4,03E-001 0,5463528037 16,2 24,8<br />
5.5 pH 31.8 m/s 4,32E-002 0,5152324438 16,5 26,5<br />
7.7 pH 10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9<br />
7.7 pH 31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6<br />
51
Literatur- und Abbildungsverzeichnis<br />
Literatur<br />
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[3] F. Shayeg<strong>an</strong>far, L. Javidpour, N. Taghavinia, M.R. Rahimi Tabar, M. Sahimi, F.<br />
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[5] J. Als-Nielsen, D. McMorrow, Elements of Modern X-ray Physics, John Wiley 2011,<br />
2nd edition.<br />
[6] J. Falta, T. Möller, Forschung mit Synchrotronstrahlung, Vieweg + Teubner 2010,<br />
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[13] W. Demtröder, Experimentalphysik 1, Springer 2013, 6th edition.<br />
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[15] A. Alivisatos, Semiconductor Clusters, N<strong>an</strong>ocrystals, <strong>an</strong>d Qu<strong>an</strong>tum Dots, Science,<br />
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[16] R.B. Neder, T. Proffen, Diffuse scattering <strong>an</strong>d defect structure simulations, Oxford<br />
University Press 2008.<br />
52
Abbildungen<br />
Abbildung 2.1: Darstellung eines schematischen Kristallgitters .................................... 6<br />
Abbildung 2.2: Der Streuvektor Q ................................................................................. 7<br />
Abbildung 2.3: Darstellung von Wellenstreuung am Kristallgitter .................................. 8<br />
Abbildung 2.4: Debye-Scherrer-Kegel für ein Pulver ...................................................11<br />
Abbildung 2.5: Skizze des Prinzips der Parafokussierung ...........................................12<br />
Abbildung 3.1: Strukturen von CdS .............................................................................17<br />
Abbildung 3.2: Versuchsaufbau ...................................................................................19<br />
Abbildung 3.3: Skizze des Mischers ............................................................................19<br />
Abbildung 3.4: Aufbau der temperaturregulierten Synthese .........................................21<br />
Abbildung 3.5: Das Pulverdiffraktometer X-Pert ..........................................................23<br />
Abbildung 3.6: Der Probenhalter .................................................................................24<br />
Abbildung 3.7: Exemplarisches, elliptisches CdS-Partikel von DISCUS ......................25<br />
Abbildung 4.1: Plot der Strukturparameter in Abhängigkeit der Mischgeschwindigkeit 27<br />
Abbildung 4.2: Pulver der Temperaturreihe .................................................................28<br />
Abbildung 4.3: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit ......................................28<br />
Abbildung 4.4: Plots der Radien in Abhängigkeit der Temperatur ................................29<br />
Abbildung 4.5: Plot der Stapelfehler der Temperaturreihe ...........................................30<br />
Abbildung 4.6: Stabiles CdS in EDTA ..........................................................................31<br />
Abbildung 4.7: Farbunterschied von Pulver zweier Proben ..........................................31<br />
Abbildung 4.8: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit ......................................32<br />
Abbildung 4.9: Plots der Parameter der EDTA-Reihe in Abhängigkeit der Temperatur 33<br />
Abbildung 4.10: Plots der Parameter in Abhängigkeit des pH-Werts ...........................34<br />
53
Erklärung<br />
Hiermit erkläre ich, die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und nur unter<br />
Verwendung der <strong>an</strong>gegebenen Hilfsmittel und Quellen <strong>an</strong>gefertigt zu haben.<br />
Erl<strong>an</strong>gen, den<br />
__________________________________<br />
Isabel Schuldes<br />
54