Handreichung Sprachbildung Sek I (pdf, 1.2 MB) - LIS - Bremen

Handreichung Sprachbildung Sek I (pdf, 1.2 MB) - LIS - Bremen Handreichung Sprachbildung Sek I (pdf, 1.2 MB) - LIS - Bremen

27.04.2014 Aufrufe

Handreichung zum Sprachbildungskonzept – Sekundarstufe I 2.2 Aufbau einer Lesekultur 2.2.1 Förderung der Lesekompetenz als Aufgabe aller Fächer Auch Förderung von Lesekompetenz ist als Aufgabe aller Fächer zu begreifen. In der Schule findet Lernen mit und aus Texten statt. Ohne eine entsprechend ausgeprägte Lesekompetenz ist Lernern der Zugang zu den Inhalten und damit zum Bildungserfolg ganz oder teilweise verschlossen. Im Deutschunterricht wird ein eigener Fokus auf die Lesekompetenz geworfen. In anderen Fächern setzen Lehrer die Fähigkeit Texte zu verstehen jedoch weitgehend voraus und nehmen sie nicht als übergeordnetes Lernprinzip wahr. Methoden und Techniken, wie Texte erschlossen, sprachliche Aufgabenanforderungen verstanden und Schlussfolgerungen auf Basis von Texten gezogen werden, sind in der Regel im fachlichen Selbstverständnis anderer Unterrichtsfächer nicht so stark verankert und damit in diesen Fächern häufig auch kein expliziter Unterrichtsgegenstand.“ 28 „Eine systematische Förderung der Lesekompetenz muss deshalb – will sie erfolgreich sein – in allen Fächern mit Hilfe der jeweils den Fachrichtungen eigenen Textsorten und -inhalten auf unterschiedlichen Aufgabenniveaus erfolgen.“ 29 M. Philipp 30 charakterisiert in seinem Buch „Besser lesen und schreiben“ schwach lesende Kinder und Jugendliche 31 . Sie weisen vor allem Defizite im Spektrum der Lesestrategien und den positiven Urteilen über das eigene Leistungsvermögen auf. Dies bedingt sich gegenseitig: Weil auf das Werkzeug für das Textverstehen nicht zugegriffen werden kann, sammeln die Schüler Misserfolgserfahrungen. Negative motivationale Überzeugungen verhindern ihrerseits eine verstärkte Lesepraxis und damit den Ausbau der Lesestrategien und Erfolge bei der Texterschließung. Was hilft schwachen Lesern? In seinem Buch „Selbstreguliertes Lesen“ 32 , das M. Philipp zusammen mit A. Schilcher herausgegeben hat, wird ausgewertet, was die aktuelle Forschung aufzeigt: 1. Schwachen Lesern hilft wiederholtes Lautlesen und das gezielte Training von Basisfertigkeiten. 2. Textanreicherungen (Bilder, Lesehilfen wie Tonträger etc.) erleichtern das Verständnis von Texten. 3. Die stärksten Effekte haben Maßnahmen, in denen Lesestrategien und die Fähigkeit zur Selbstregulation vermittelt werden. Was sind Lesestrategien? Lesestrategien werden den Lernstrategien zugeordnet. Sie sind (meta-)kognitive und regulierende Prozesse, die „neben und über jenen Prozessen ablaufen, die die eigentliche Lösung einer Aufgabe erfordern; sie können einzelne bis mehrere, in einer Sequenz miteinander vernetzte Prozesse umfassen. Strategien beziehen sich auf kognitive Absichten wie das Verstehen oder Einprägen, sie sind potenziell bewusste und kontrollierbare Aktivitäten“ 33. 28 ProLesen, herausgegeben vom Bayrischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, 2010, S. 34. 29 KMK-Projekt „ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule“, http://www.schulportal-thueringen.de/lesefoerderung/prolesen, zuletzt abgerufen am 19.02.2013. 30 Dr. Maik Philipp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum Lesen – Institut Forschung und Entwicklung, Fachhochschule Nordwestschweiz, Aarau. 31 Philipp, Maik: Besser lesen und schreiben. Kohlhammer, 2012. 32 Philipp, Maik; Schilcher, Anita: Selbstreguliertes Lesen. Kallmeyer in Verbindung mit Klett, 2012. 33 Pressley, Michael; Forrest-Pressley, Donna-Lynn; Elliott-Faust, Darlene J.; Miller, Gloria E. 1985: Children’s Use of Cognitive Strategies. How to Teach Strategies and What to Do If They Can’t Be Taught. In: Michael Pressley/Charles J. Brainerd (Hg.): Cognitive Learning and Memory in Children. Progress in Cognitive Development Research. New York, S. 4. 30

Handreichung zum Sprachbildungskonzept – Sekundarstufe I Wie werden Lesestrategien klassifiziert 34 ? Kognitive Lesestrategien (Informationen verarbeiten) Metakognitive Lesestrategien (Leseprozesse steuern und regulieren) Stützstrategien (Lesen indirekt unterstützen) Wiederholen (Zweck: Inhalte behalten) Organisieren (Zweck: Inhalte und Textstruktur erkennen) Elaborieren (Zweck: Textverstehen und Übernahme ins Gedächtnis) Planen (Zweck: Strategieeinsatz vorgängig planen) Überwachen (Zweck: Leseprozess und -erfolg bewusst kontrollieren) Regulieren (Zweck: Leseprozess und Strategieeinsatz adaptiv anpassen) intern (Zweck: Lesemotivation und -verhalten regulieren) extern (Zweck: Leseumgebung günstig gestalten und nutzen) mehrmaliges Lesen von Texten Strategien mehrfach anwenden unterstreichen Notizen schreiben Text gliedern Textstruktur darstellen Schaubild erstellen eigenes Wissen vor dem Lesen aktivieren unbekannte Wörter klären Fragen an den Text stellen weiteren Textinhalt prognostizieren Text bzw. Aufgabe analysieren Plan für das Lesen erstellen angemessen wirkende Strategie auswählen Verständnisfragen stellen eigene Aufmerksamkeit beim Lesen gezielt überwachen Auswahl einer anderen Strategie, falls die bisherige(n) nicht wirksam war(en) Anstrengung überwachen und anpassen Belohnungen planen Selbstbekräftigung Zeitmanagement Leseort optimal einrichten auf institutionelle Ressourcen (Bibliotheken) zurückgreifen Lerngruppen nutzen andere um Hilfe bitten 34 Nach einer Grafik aus Philipp, M.; Schilcher, A.: Selbstreguliertes Lesen, Kallmeyer in Verbindung mit Klett, 2012, S. 45. 31

<strong>Handreichung</strong> zum <strong>Sprachbildung</strong>skonzept – <strong>Sek</strong>undarstufe I<br />

2.2 Aufbau einer Lesekultur<br />

2.2.1 Förderung der Lesekompetenz als Aufgabe aller Fächer<br />

Auch Förderung von Lesekompetenz ist als Aufgabe aller Fächer zu begreifen. In der Schule findet<br />

Lernen mit und aus Texten statt. Ohne eine entsprechend ausgeprägte Lesekompetenz ist Lernern<br />

der Zugang zu den Inhalten und damit zum Bildungserfolg ganz oder teilweise verschlossen.<br />

Im Deutschunterricht wird ein eigener Fokus auf die Lesekompetenz geworfen. In anderen Fächern<br />

setzen Lehrer die Fähigkeit Texte zu verstehen jedoch weitgehend voraus und nehmen sie<br />

nicht als übergeordnetes Lernprinzip wahr. Methoden und Techniken, wie Texte erschlossen,<br />

sprachliche Aufgabenanforderungen verstanden und Schlussfolgerungen auf Basis von Texten gezogen<br />

werden, sind in der Regel im fachlichen Selbstverständnis anderer Unterrichtsfächer nicht<br />

so stark verankert und damit in diesen Fächern häufig auch kein expliziter Unterrichtsgegenstand.“<br />

28 „Eine systematische Förderung der Lesekompetenz muss deshalb – will sie erfolgreich<br />

sein – in allen Fächern mit Hilfe der jeweils den Fachrichtungen eigenen Textsorten und -inhalten<br />

auf unterschiedlichen Aufgabenniveaus erfolgen.“ 29<br />

M. Philipp 30 charakterisiert in seinem Buch „Besser lesen und schreiben“ schwach lesende Kinder<br />

und Jugendliche 31 . Sie weisen vor allem Defizite im Spektrum der Lesestrategien und den positiven<br />

Urteilen über das eigene Leistungsvermögen auf. Dies bedingt sich gegenseitig: Weil auf das<br />

Werkzeug für das Textverstehen nicht zugegriffen werden kann, sammeln die Schüler Misserfolgserfahrungen.<br />

Negative motivationale Überzeugungen verhindern ihrerseits eine verstärkte Lesepraxis<br />

und damit den Ausbau der Lesestrategien und Erfolge bei der Texterschließung.<br />

Was hilft schwachen Lesern?<br />

In seinem Buch „Selbstreguliertes Lesen“ 32 , das M. Philipp zusammen mit A. Schilcher herausgegeben<br />

hat, wird ausgewertet, was die aktuelle Forschung aufzeigt:<br />

1. Schwachen Lesern hilft wiederholtes Lautlesen und das gezielte Training von Basisfertigkeiten.<br />

2. Textanreicherungen (Bilder, Lesehilfen wie Tonträger etc.) erleichtern das Verständnis<br />

von Texten.<br />

3. Die stärksten Effekte haben Maßnahmen, in denen Lesestrategien und die Fähigkeit zur<br />

Selbstregulation vermittelt werden.<br />

Was sind Lesestrategien?<br />

Lesestrategien werden den Lernstrategien zugeordnet. Sie sind (meta-)kognitive und regulierende<br />

Prozesse, die „neben und über jenen Prozessen ablaufen, die die eigentliche Lösung einer Aufgabe<br />

erfordern; sie können einzelne bis mehrere, in einer Sequenz miteinander vernetzte Prozesse<br />

umfassen. Strategien beziehen sich auf kognitive Absichten wie das Verstehen oder Einprägen, sie<br />

sind potenziell bewusste und kontrollierbare Aktivitäten“ 33.<br />

28<br />

ProLesen, herausgegeben vom Bayrischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Staatsinstitut für Schulqualität<br />

und Bildungsforschung, 2010, S. 34.<br />

29<br />

KMK-Projekt „ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule“, http://www.schulportal-thueringen.de/lesefoerderung/prolesen,<br />

zuletzt abgerufen am 19.02.2013.<br />

30<br />

Dr. Maik Philipp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum Lesen – Institut Forschung und Entwicklung, Fachhochschule<br />

Nordwestschweiz, Aarau.<br />

31<br />

Philipp, Maik: Besser lesen und schreiben. Kohlhammer, 2012.<br />

32<br />

Philipp, Maik; Schilcher, Anita: Selbstreguliertes Lesen. Kallmeyer in Verbindung mit Klett, 2012.<br />

33<br />

Pressley, Michael; Forrest-Pressley, Donna-Lynn; Elliott-Faust, Darlene J.; Miller, Gloria E. 1985: Children’s Use of Cognitive<br />

Strategies. How to Teach Strategies and What to Do If They Can’t Be Taught. In: Michael Pressley/Charles J. Brainerd<br />

(Hg.): Cognitive Learning and Memory in Children. Progress in Cognitive Development Research. New York, S. 4.<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!