Handreichung Sprachbildung P (pdf, 2.7 MB) - LIS - Bremen

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27.04.2014 Aufrufe

Eine Kultur des Fragens Die Idee der Inklusion bedeutet insbesondere im hier besprochenen Kontext soviel gemeinsamer Unterricht aller Kinder wie möglich, egal welche Voraussetzungen, Fähigkeiten und Eigenheiten sie als Einzelne mitbringen. Im Bereich der Sprachbildung – und deshalb in jedem Unterricht – braucht dies im erweiterten Sinn eine Kultur der Unterschiedlichkeit. Das meint hier vor allem auch eine Kultur des Fragens – fragen, befragen, hinterfragen, nachfragen. Und ebenso eine Kultur des Fehlers. In vielen sprachlichen Konstrukten von mehrsprachigen Kindern, die von uns vordergründig zunächst nur als defizitär und fehlerbehaftet wahrgenommen werden, verbergen sich Lernleistungen. Sprachentwicklung ist immer Denkentwicklung. Das bedeutet auch, dass es üblich, ja positiv belegt sein sollte, nachzufragen, wenn etwas nicht verstanden wurde – ohne dafür Häme befürchten zu müssen („Das weißt du nicht?“). Eine Kollegin 50 hat dafür als Sinnbild „den großen Fang“ eingeführt, jedes Wort, dessen Bedeutung unklar ist, jede sprachliche Wendung, die nicht verstanden wurde, stellt einen großen Fang dar und landet deshalb im Fischernetz zu klärender Wörter. Ein Wörterfischer zu sein, ist also etwas Bedeutsames. Dies gilt auch mehrdimensional. Denn ‐ wie viel zusätzliche Sprachkompetenz bringen mehrsprachig aufwachsende Kinder mit! Ihre Sprachen im Unterricht und im Schulalltag sichtbar zu machen, weiterzuentwickeln und zu nutzen, ist eine der wichtigen Aufgaben auch im Kontext von Sprachbildung: „Stark in zwei Sprachen“ (vgl. auch ► Einbeziehen der Familiensprache, S. 59). 50 Petra Kemena, Lehrerin an der Grundschule an der Melanchton-Straße, Bremen 84

Literaturhinweise Abraham, Ulf u. a. (Hrsg.): Deutschdidaktik und Deutschunterricht nach PISA. Freiburg: Fillibach 2003 Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Voraussetzungen und Konzepte für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Freiburg im Breisgau: Fillibach 2008 Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Fachunterricht und Deutsch als Zweitsprache. Tübingen: Narr 2010 Ahrenholz, Bernt; Oomen-Welke, Ingelore (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 2010 Ahrens-Draht, Regine: Lesenlernen unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit 2007; Internet: www.kultusministerium.hessen.de (Stand 23.04.2013) Allemann-Ghionda, Cristina u. a. (Hrsg.): Migration, Identität, Sprache und Bildungserfolg. Weinheim, Basel: Beltz 2010 Allemann-Ghionda, Cristina; Pfeiffer, Saskia (Hrsg.): Bildungserfolg, Migration und Zweisprachigkeit: Perspektiven für Forschung und Entwicklung. Berlin: Frank & Timme 2008 Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien (Hrsg.): Literarisches Lernen in der Grundschule. München: kopaed [kjl&m 3/2007] Arbeitskreis für Jugendliteratur e. V.: Kinder brauchen mehrsprachige Bücher! Bücher für alle! Integrative Leseförderung. JULIT. Informationen 2/07 Arslan, Barbara Strauli: Leseknick, Lesekick. Leseförderung in vielsprachigen Schulen. Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich 2007 Artelt, Cordula u. a.: Förderung von Lesekompetenz. Expertise. Bonn, Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung 2005; Internet: http://www.bmbf.de /pub/bildungsreform_band_siebzehn.pdf (Stand 24.05.2013) Artelt, Cordula, Schlagmüller, Mathias: Was versteht PISA unter Lesekompetenz? In: Schie- 85

Eine Kultur des Fragens<br />

Die Idee der Inklusion bedeutet insbesondere im hier besprochenen Kontext soviel<br />

gemeinsamer Unterricht aller Kinder wie möglich, egal welche Voraussetzungen,<br />

Fähigkeiten und Eigenheiten sie als Einzelne mitbringen.<br />

Im Bereich der <strong>Sprachbildung</strong> – und deshalb in jedem Unterricht – braucht dies im<br />

erweiterten Sinn eine Kultur der Unterschiedlichkeit. Das meint hier vor allem auch<br />

eine Kultur des Fragens – fragen, befragen, hinterfragen, nachfragen. Und ebenso<br />

eine Kultur des Fehlers. In vielen sprachlichen Konstrukten von mehrsprachigen Kindern,<br />

die von uns vordergründig zunächst nur als defizitär und fehlerbehaftet wahrgenommen<br />

werden, verbergen sich Lernleistungen. Sprachentwicklung ist immer<br />

Denkentwicklung. Das bedeutet auch, dass es üblich, ja positiv belegt sein sollte,<br />

nachzufragen, wenn etwas nicht verstanden wurde – ohne dafür Häme befürchten<br />

zu müssen („Das weißt du nicht?“). Eine Kollegin 50 hat dafür als Sinnbild „den großen<br />

Fang“ eingeführt, jedes Wort, dessen Bedeutung unklar ist, jede sprachliche<br />

Wendung, die nicht verstanden wurde, stellt einen großen Fang dar und landet deshalb<br />

im Fischernetz zu klärender Wörter. Ein Wörterfischer zu sein, ist also etwas<br />

Bedeutsames.<br />

Dies gilt auch mehrdimensional. Denn ‐ wie viel zusätzliche Sprachkompetenz bringen<br />

mehrsprachig aufwachsende Kinder mit! Ihre Sprachen im Unterricht und im<br />

Schulalltag sichtbar zu machen, weiterzuentwickeln und zu nutzen, ist eine der wichtigen<br />

Aufgaben auch im Kontext von <strong>Sprachbildung</strong>: „Stark in zwei Sprachen“ (vgl.<br />

auch ► Einbeziehen der Familiensprache, S. 59).<br />

50 Petra Kemena, Lehrerin an der Grundschule an der Melanchton-Straße, <strong>Bremen</strong><br />

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