MALEKI_Geometrische_Muster (pdf, 20.4 MB) - LIS
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Lernfortschritte<br />
Für die Lernumgebung Folgen von geometrischen <strong>Muster</strong>n lassen sich die Indikatoren für<br />
Lernfortschritte wie folgt konkretisieren:<br />
• Lösung neuer komplexerer Aufgaben<br />
• Elaborierung bisheriger Bearbeitungswege<br />
• Erweiterung des Strategierepertoires<br />
• Transferleistungen<br />
• Entwicklung von Begründungen<br />
• Ausdifferenzierung bisheriger Begründungen<br />
Zur Heterogenität der Lernfortschritte:<br />
Kindern mit einfachen Lösungen...<br />
- wendet verstärkt die Bildungsregel-<br />
Verschiebung an<br />
- Fortsetzung unter Berücksichtigung<br />
von Teilaspekten des <strong>Muster</strong>s<br />
(ein erkanntes Merkmal wird<br />
fortgesetzt)<br />
- wendet bevorzugt eine Strategie<br />
zur Fortsetzung des <strong>Muster</strong>s an<br />
- Beschreibung der Folge nur mit<br />
Teilaspekten des <strong>Muster</strong>s (bevorzugt<br />
die Elemente: Form, Farbe)<br />
- wendet bevorzugt exemplarische<br />
Beschreibungen an<br />
- erfindet einfache <strong>Muster</strong> (z.B. mit<br />
WHL 2)<br />
Kinder mit anspruchsvollen Lösungen...<br />
- setzt die Folgen nach dem vorgebenen<br />
<strong>Muster</strong> fort<br />
- wendet effektivere Bearbeitungswege<br />
an,<br />
- erkennt komplexe (verschachtelte)<br />
<strong>Muster</strong><br />
- wendet flexibel Strategien bei der<br />
Fortsetzung der <strong>Muster</strong> an<br />
- beschreibt das <strong>Muster</strong> unter Berücksichtigung<br />
mehrerer / aller<br />
Aspekte (Bildungsregeln, WHL<br />
und der Elemente in Form, Farbe<br />
und Anordnung)<br />
(Verbesserung der Verbalisierungskompetenz<br />
(vgl. auch Sapiaz<br />
2008, S.58))<br />
- verwendet generalisierende Beschreibungen<br />
- erkennt strukturelle Gemeinsamkeiten<br />
zwischen den <strong>Muster</strong>n<br />
- nutzt strukturelle Gemeinsamkeiten<br />
für die Lösung<br />
- erfindet komplexe <strong>Muster</strong><br />
Was würden wir ändern?<br />
Während der Durchführung der Lernumgebung hatte sich herausgestellt, dass die Begriffe<br />
Grundmuster, Grundelement und Bezug zu den Bildungsregeln für die Kinder nicht klar definiert<br />
waren und unterschiedlich angewendet wurden. Der schnelle Wechsel von den gelb -<br />
schwarzen Quadraten zu den geometrischen Figuren (Dreieck, Kreis, Quadrat) verwirrte die<br />
Kinder. Deshalb haben wir eine geänderte Konzeption entwickelt, die im Folgenden erläutert<br />
wird.<br />
21
Klärung der Begriffe:<br />
Ein Grundmuster besteht aus mehreren Elementen. Ein Element kann z.B. ein schwarzgelbes<br />
Quadrat sein oder eine beliebige geometrische Form. Das Grundmuster wird daraufhin<br />
untersucht, welche Beziehung die Elemente zueinander haben. Entscheidend sind<br />
die Reihenfolge der Elemente und die Bildungsregeln zur Erzeugung des Grundmusters<br />
(Verschiebung, Spiegelung, Drehung). Die Bildungsregeln beziehen sich nur auf die Elemente<br />
innerhalb des Grundmusters. Die Wiederholungslänge eines <strong>Muster</strong>s wird dann<br />
durch die Länge des Grundmusters bestimmt, das sich immer wieder wiederholt und so ein<br />
Bandornament bildet.<br />
Beispiel<br />
1<br />
Grundmuster Elemente Bildungsregel WHL<br />
Quadrat<br />
Drehung<br />
evtl. vertikale Spiegelung<br />
2<br />
2. Quadrat mit einspringender<br />
Ecke<br />
Drehung 3<br />
3. Dreieck, Kreis Spiegelung 4<br />
4. Quadrat mit einspringender<br />
Ecke<br />
5. Quadrat mit einspringender<br />
Ecke<br />
Spiegelung oder<br />
Drehung<br />
evtl. vertikale Spiegelung<br />
Verschiebung + Spiegelung<br />
evtl. vertikale Spiegelung<br />
2<br />
4<br />
Veränderte Lernumgebung<br />
1. Doppelstunde bleibt unverändert<br />
2.Stunde<br />
Nach der Thematisierung der Hausaufgaben mit dem Fokus auf die Wiederholungslänge<br />
werden in der Arbeitsphase weitere <strong>Muster</strong> mit geometrischen Formen gelegt und gezeichnet.<br />
In der Besprechung werden die Schülerdokumente nach der Wiederholungslänge untersucht<br />
und die Verbindung zwischen Grundmuster, Wiederholungslänge und Verschiebung<br />
erarbeitet.<br />
22
3. Stunde<br />
Der Einstieg in die Stunde erfolgt über das Spiel „Wie kann es weitergehen?“ mit den zwei<br />
Elementen Quadrat und Kreis. Die Ideen der Kinder zu der Frage, welche Möglichkeiten es<br />
gibt diese Elemente fortzusetzen, werden gesammelt. Herausgearbeitet werden sollen die<br />
Bildungsregeln Spiegelung, Verschiebung und evtl. Drehung. Die so gebildeten <strong>Muster</strong><br />
werden beschrieben, indem die Anzahl der Elemente, die Bildungsregeln und dann die<br />
Wiederholungslänge genannt werden. Mit den Elementen Dreieck, Kreis und Quadrat wird<br />
genauso verfahren.<br />
In der Arbeitsphase sollen die Kinder mit einer beliebigen Anzahl an Elementen aus geometrischen<br />
Formen entsprechend den Bildungsregeln eigene <strong>Muster</strong> erfinden. Auf dem Arbeitsblatt<br />
wird das Grundmuster eingekreist, Bildungsregeln, Wiederholungslänge und Anzahl<br />
der Elemente notiert.<br />
In der Reflexionsphase werden eigene erfundene <strong>Muster</strong> und ihre Beschreibung vorgestellt.<br />
Alle weiteren Stunden erfolgen wie in dem Verlaufplan der Lernumgebung (s.o.) vorgesehen.<br />
23
Lernumgebung „Figurierte Zahlen“<br />
Thema:<br />
Stufe:<br />
Dauer:<br />
Material:<br />
<strong>Geometrische</strong> und arithmetische Folgen entwickeln und beschreiben<br />
2. und 3. Klasse<br />
6 Unterrichtsstunden<br />
Holzwürfel, Karopapier<br />
Aufgabenstellung<br />
1. Setze das <strong>Muster</strong> entsprechend der Regel fort.<br />
2. Bestimme die Anzahl der Punkte in dem jeweiligen <strong>Muster</strong><br />
3. Finde zwei verschiedene Aufgaben, die zu dem <strong>Muster</strong> passen<br />
4. Trage die Anzahl der Punkte in die Tabelle ein und setzte diese fort<br />
5. Beschreibe, was du entdeckt hast.<br />
Abb. FZ. 1<br />
24
Worum geht es?<br />
Mathematik wird häufig als Wissenschaft von den <strong>Muster</strong>n bezeichnet (vgl. z.B. Steinweg<br />
2004, S. 233), denn „Mathematik wird [...] von <strong>Muster</strong>n gestaltet und durch <strong>Muster</strong> erschließbar“<br />
(Steinweg 2004, S. 233). Deshalb sollten möglichst viele Arten von <strong>Muster</strong>n im<br />
Mathematikunterricht thematisiert werden. Folgen figurierter Zahlen sind eine Kategorie von<br />
<strong>Muster</strong>n.<br />
Figurierte Zahlen sind Zahlen, die sich aus Einheiten (Punkte, Steine) in Form von Polygonen<br />
oder Polyedern darstellen lassen. Legt man eine Ausgangsfigur aus ein oder zwei<br />
Plättchen, kann man durch Anlegen eines Winkels aus Plättchen an die Ausgangsfigur bestimmte<br />
Polygonalzahlen erzeugen (vgl. Steinweg 2001, S. 41). Das Stück, welches man<br />
zu einer Figur hinzufügen muss, um eine größere Figur der gleichen Form zu erhalten, bezeichnet<br />
man als Gnomon (vgl. Conway/Guy 1997, S. 41). Beginnt man mit einer Ausgangsfigur<br />
aus einem Plättchen und legt Gnomone aus dem jeweils folgenden Glied der<br />
Folge der natürlichen Zahlen in zeilenweiser Anordnung an, erhält man eine Folge von Figuren<br />
der Form.<br />
Figurierte Zahlen sind Klassen von Zahlen, die sich auf geometrische Figuren beziehen.<br />
Legt man regelmäßige Figuren aus Spielsteinen und zählt die Steine, erhält man figurierte<br />
Zahlen. Alle Folgen der figurierten Zahlen sind Reihen, da die Folgeglieder immer Summen<br />
von Zahlen einer bestimmten Folge sind. Die Folgen von figurierten Zahlen bilden so genannte<br />
arithmetischen Folgen. Zur Bestimmung der expliziten Formel untersucht man die<br />
Differenzen zwischen benachbarten Folgegliedern, die selber wiederum eine Folge, die<br />
Differenzenfolge, bilden. Ist keine andere Möglichkeit ersichtlich, so lässt sich die explizite<br />
Gesetzmäßigkeit jeder arithmetischen Folge mit dem so genannten Polynomansatz algebraisch<br />
bestimmen. (www.wikipedia.org/wiki/Figurierte_Zahl)<br />
Figurierte Zahlen wurden nach der Anordnung dieser Punkte benannt (vgl. Conway/Guy<br />
1997, S. 49). Zahlen, die in der Punktedarstellung die Form von Quadraten annehmen können,<br />
erhielten zum Beispiel den Namen Quadratzahlen.<br />
Wir haben uns in der Lernumgebung auf die zweidimensionalen figurierten Zahlen beschränkt<br />
und folgende Folgen von figurierten Zahlen in die Lernumgebung eingebaut.<br />
- Quadratzahlen<br />
n<br />
Q n = ∑ (2i - 1) = 1 + 3 + 5 + … (2n - 1) = n 2<br />
i=1<br />
- Dreieckzahl<br />
n<br />
D n = ∑ i = 1 + 2 + 3 + … n =<br />
i=1<br />
n . (n - 1)<br />
2<br />
- Treppe (wie Quadratzahlen, unterscheiden sich in der Anordnung)<br />
- Quadratrand<br />
n<br />
A n =8 + ∑ 4 = 8 + 4 + + 4 + 4 = (n + 2) 2 – n 2<br />
i=2 ( n-1) mal<br />
- Blumenmuster<br />
(es gilt für alle .)<br />
n<br />
B n = ∑ (2i + 3) = 5 + 7 + 9 + … (2n + 3) = (n + 2) 2 - 4<br />
i=1<br />
25
Figurierte Zahlen haben den Vorteil, dass sie sich sowohl konkret als auch zeichnerisch<br />
darstellen lassen und reflexiv handelnd erschlossen werden können (vgl. Steinweg 2002, S.<br />
129). Durch die geordnete Darstellung der Zahlen mithilfe von Würfeln oder Plättchen werden<br />
sowohl der kardinale Aspekt als auch die Eigenschaften der Zahl verdeutlicht (vgl.<br />
Steinweg 2001, S. 35). Je nach Vorliebe können die Kinder sich den figurierten Zahlen zunächst<br />
auf arithmetischer oder auf geometrischer Ebene nähern. So lässt sich mit Hilfe von<br />
figurierten Zahlen sehr gut Zusammenhänge zwischen der Arithmetik und der Geometrie<br />
herstellen und verdeutlichen.<br />
Zur Analyse und Klassifizierung von Schülerarbeiten haben wir uns an den Stufen des Zahlenverständnisses<br />
nach Steinweg (2001) orientiert (s. Lernumgebung „Folgen geometrischer<br />
Figuren“. Tabat sieht die von ihr beschriebenen mathematischen Aktivitäten, Erkennen,<br />
Fortsetzen, Beschreiben und Erfinden als Basis der drei Stufen und hält sie deshalb<br />
für übertragbar (vgl. Tabat 2006 S. 12). Aus diesem Grund haben wir diese Kategorisierung<br />
bei der Analyse der Schülerdokumente übernommen.<br />
Wie kann man vorgehen?<br />
Den Einstieg in die Lernumgebung haben wir über eine einfache geometrische Darstellung<br />
einer Folge von figurierten Zahlen gewählt, damit allen Schülern die Aufgabenstellung und<br />
das Vorgehen in dieser Lernumgebung verständlich werden.<br />
Um den Aufbau der Arbeitsblätter zu erklären wählten wir für das Einstiegsgespräch die<br />
gleiche Abfolge auch als Darstellung an der Tafel. Die ersten drei <strong>Muster</strong> der Folge figurierter<br />
Zahlen wurden angemalt.<br />
Dabei sollten die Schüler versuchen das <strong>Muster</strong> zu deuten, Regemäßigkeiten zu finden und<br />
ihre Endeckungen zu verbalisieren. Dann sollten sie entsprechend der gefundenen Regelmäßigkeit<br />
die nächste Form des <strong>Muster</strong>s an die Tafel malen, d.h. das <strong>Muster</strong> fortsetzen. Als<br />
zweiter Schritt folgte die Anzahlbestimmung der Punkte einer <strong>Muster</strong>form. Dabei sollte diese<br />
über eine passende Rechenaufgabe stattfinden, die sich auf eine bestimmte Sichtweise<br />
auf das <strong>Muster</strong> (Struktur des <strong>Muster</strong>s) bezieht und diese verdeutlicht.<br />
Dadurch wird die Sicht sowohl auf das einzelne <strong>Muster</strong> einer Folge gerichtet als auch auf<br />
das <strong>Muster</strong> der Reihung (vgl.Böttinger 2007, S.31). Dabei ist besonders bei den <strong>Muster</strong>n<br />
höherer Ordnung (z.B.10.<strong>Muster</strong>) eine Verallgemeinerung der <strong>Muster</strong>bildung bzw. des Rechenverfahrens<br />
notwendig um von einer zählenden Herangehensweise auf eine algebraische,<br />
strukturorientierte Sicht zu kommen. Eine farbliche Markierung in der geometrischen<br />
Darstellung, entsprechend der Rechenaufgabe, macht diese Sichtweise deutlich und somit<br />
die Verbindung zwischen der geometrischen und arithmetischen Struktur.<br />
Die Übertragung der ermittelten Punktmengen in die Tabelle richtet den Blick auf die arithmetische<br />
Ebene der geometrischen Folge und die hier zu entdeckenden Gesetzmäßigkeiten<br />
(Zahlenfolgenstruktur).<br />
Nach dem ausführlichen Unterrichtsgespräch bearbeitete jeder Schüler das erste Arbeitsblatt.<br />
Die Arbeitsblätter sind alle nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Dabei haben wir uns<br />
an den Arbeitsblättern von Böttinger (vgl.Böttinger 2007, S.36). und Hengartner (vgl. Hengartner,<br />
Hirt, Wälti 2007, S. 117, S.127) orientiert.<br />
Mathekonferenz<br />
Jede Unterrichtstunde endet mit einer Mathekonferenz, in der die Schüler ihrer Ergebnisse<br />
vorstellen. Hier können die S. ihre Lösungsstrategien enaktiv, ikonisch oder symbolisch beschreiben<br />
und begründen, mit Hilfe ihrer Darstellungsform erklären, aber auch Lösungen<br />
anderer Kinder kennen lernen und nachvollziehen. Mathekonferenzen eignen sich auch gut<br />
26
um den Einstieg in eine nächste Unterrichtstunde zu gestalten. So können die hier gemachten<br />
Erfahrungen oder Kenntnisse gleich an einer neuen Aufgabe ausprobiert und auf sie<br />
übertragen werden.<br />
Impulse für die Mathekonferenz:<br />
In der Konferenz können folgenden Fragen helfen, die Lösungen eines Kindes genauer zu<br />
beleuchten. Der Blick richtet sich auf:<br />
1. geometrische Struktur<br />
• Versuche das 1., 2. und 3. <strong>Muster</strong> zu beschreiben.<br />
• Was ist dir dabei aufgefallen?<br />
• Haben die <strong>Muster</strong> etwas gemeinsam? Was ist es?<br />
• Wodurch unterscheiden sie sich?<br />
• Kannst du aus dem vorigen <strong>Muster</strong> das nächste <strong>Muster</strong> herstellen?<br />
• Wie sieht das 4., 5. <strong>Muster</strong> deiner Meinung nach aus? Warum?<br />
• Wie hast du das 10. <strong>Muster</strong> herausgefunden?<br />
2. Rechenaufgabe – Verbindung zwischen geometrischer und arithmetischer Struktur<br />
• Warum passt deine Aufgabe zu dem <strong>Muster</strong>?<br />
• Wo kann man deine Aufgabe in dem <strong>Muster</strong> sehen? Zeichne sie farblich ein.<br />
• Ähneln sich die Rechenaufgaben aus allen <strong>Muster</strong>n? Wie?<br />
• Wie sieht die Rechenaufgabe für das 7. und 8 <strong>Muster</strong> aus? Woher weiß du das?<br />
• Kannst du den Unterschied zwischen den <strong>Muster</strong>n auch in den Rechenaufgaben sehen?<br />
• Kannst du die Anzahl der Punkte aus dem vorigen <strong>Muster</strong> auch in der jetzigen Punkteanzahl<br />
sehen? Wie?<br />
3.Tabelle – arithmetische Struktur<br />
• Wie hast du die Anzahl der Punkte auf für das 6., 7., 8., 9.,… <strong>Muster</strong> bestimmt? Begründe<br />
wie?<br />
• Kannst du eine Regel zwischen den Zahlen entdecken? Welche? Warum gilt sie?<br />
•<br />
4.Begründung<br />
• Worauf bezieht sich deine Begründung? Eher auf die Zeichnung oder auf die Tabelle?<br />
• Was ist dir einfacher gefallen? Warum?<br />
• Was bedeutet z.B.: „immer + 1“?<br />
Eine Alternative für ein Konferenzgespräch bieten zwei Schülerdokumente, die miteinander<br />
verglichen werden. Dabei sollte man den Blick auf nur einen Teil der Lösung richten, um<br />
diesen gut und intensiv zu durchdringen. Dabei sollen sich die Schüler in die Lösungen hineindenken,<br />
versuchen diese zu verstehen und zu interpretieren.<br />
Dabei können folgende Fragen, Impulse helfen<br />
• Was hat … gemacht? Beschreibe den Lösungsweg<br />
• Was hat … gemacht? Beschreibe den Lösungsweg.<br />
• Was haben die Lösungswege gemeinsam?<br />
• Wo gibt es Unterschiede?<br />
• Welchen Weg kannst du besser verstehen?<br />
• Welchen dieser beiden Wege würdest du wählen? Warum?<br />
Alle weiteren Stunden haben nach dem gleichen Unterrichtsaufbau stattgefunden.<br />
27
Dokumente aus der Erprobung<br />
Dokumente aus der Erprobung zum <strong>Muster</strong> „Quadratrand“ (Blick auf die geometrische und<br />
arithmetische Struktur)<br />
Einfache Lösung<br />
Ru. gelingt es das 4. und<br />
das 5. <strong>Muster</strong> intuitiv richtig<br />
fortzusetzen. Das 10. <strong>Muster</strong><br />
hat die Form eines<br />
„fast“ Quadrates (10x11),<br />
hier orientiert sich Ru.<br />
hauptsächlich nach der<br />
Form des <strong>Muster</strong>s ohne<br />
genaue Analyse der Seitenlänge.<br />
Bei offenen Quadratkästchen<br />
entsteht beim Zeichnen<br />
oft das Problem, dass<br />
eine Seite richtig bestimmt<br />
wird, jedoch beim Anlegen<br />
der nächsten Seite die Ecke<br />
nicht doppelt gezählt wird.<br />
So entstehen die „fast“-<br />
Quadrate.<br />
Die Anzahl der Punkte bis einschließlich 5. <strong>Muster</strong> bestimmt sie zählend richtig. Beim<br />
10. <strong>Muster</strong> stimmt die Anzahl in der Zeichnung nicht mit der gezählten Menge überein.<br />
Nach Steinweg befindet sich Ru. auf der Stufe I.<br />
Abb. FZ. 2<br />
Mittlere Lösung<br />
Ra. erkennt die geometrische<br />
Struktur des <strong>Muster</strong>s und setzt<br />
dieses entsprechend der Regelmäßigkeit<br />
fort. Er markiert<br />
einige Quadrate gelb. Jedoch<br />
ist hier keine Struktur zu erkennen.<br />
Ra. versucht teilweise zwei<br />
verschiedene Rechenaufgaben<br />
für ein <strong>Muster</strong> zu finden. Zu<br />
dem 1. <strong>Muster</strong> wählt er in der<br />
ersten Zeile, zur Punkteanzahl<br />
eine beliebige Aufgabe ohne<br />
Bezug zur Darstellung. Zu dem<br />
<strong>Muster</strong> 2, und 4 findet er eine<br />
passende Rechenaufgabe mit<br />
gleicher arithmetischen und<br />
geometrischen Struktur. Er<br />
zählt die Hälfe des Randes und<br />
multipliziert mit 2.<br />
28
Im zweiten Schritt wählt er für alle <strong>Muster</strong> die gleiche arithmetische Struktur mit Bezuge<br />
auf die gleiche geometrische Struktur. Er verdoppelt den oberen und den unteren<br />
Rand und addiert die Verdopplung aus dem linken und rechten Rand.<br />
Nach Steinweg befindet sich Ra auf der Stufe IIb.<br />
Abb. FZ. 3<br />
Anspruchsvolle Lösung<br />
Abb. FZ. 4<br />
In. erkennt die Regelmäßigkeit<br />
des <strong>Muster</strong>s und setzt<br />
diese fort. Sie erkennt sowohl<br />
die geometrische als auch die<br />
arithmetische Struktur und<br />
kann diese in Verbindung<br />
bringen. Sie erkennt die<br />
Regmäßigkeit der Reihung<br />
und macht dies in der Darstellung<br />
ihres Vorgehens deutlich.<br />
Sie erkennt, dass die<br />
Ordnungszahl (<strong>Muster</strong>nr.)<br />
viermal in der Anzahl der Seitenränder<br />
enthalten ist und<br />
zählt nun noch die 4 Eckpunkte<br />
dazu.<br />
Diese Darstellung macht die<br />
Verbindung zwischen der<br />
geometrischen und arithmetischen<br />
Struktur sichtbar und<br />
die in der Tabelle zu entdeckende<br />
Regelmäßigkeit (immer<br />
+4) deutlich<br />
Nach Steinweg befindet sich<br />
In. auf der Stufe IIb.<br />
29
Anspruchsvolle Lösung<br />
Abb. FZ. 5<br />
Sa. erkennt, die geometrische<br />
und arithmetische<br />
Struktur des <strong>Muster</strong>s und<br />
kann diese in Verbindung<br />
bringen.<br />
Sa. wählt drei verschiedene<br />
Rechenaufgaben um<br />
die Gesetzmäßigkeit der<br />
Reihung der <strong>Muster</strong> zu<br />
zeigen.<br />
Erste Zeile Anzahl der<br />
Punkte am äußeren Rand<br />
zum Quadrat minus Anzahl<br />
der Punkte am innerer<br />
Rand zum Quadrat.<br />
Zweite Zeile<br />
obere plus rechte plus untere<br />
plus linke Seitenlänge<br />
(ähnlich wie Ra.)<br />
Dritte Zeile<br />
Halber Umfang mit 2 multipliziert<br />
Dadurch zeigt Sarah, dass<br />
sie über eine Vielfalt an<br />
Strategien verfügt um diese<br />
Aufgabe zu lösen.<br />
Nach Steinweg befindet<br />
sich Sa auf der Stufe IIb.<br />
Dokumente aus der Erprobung zum <strong>Muster</strong> „Blumenmuster“ (Blick auf die arithmetische<br />
Struktur in der Tabelle)<br />
Einfache Lösung<br />
An. nutzt die Tabelle lediglich für den Eintrag der Punktemengen. Die Anzahl der<br />
Punkte hat sie rechnerisch bestimmt. Für die <strong>Muster</strong> 6. und 7. benötigte sie eine<br />
Zeichnung. Beim 6. <strong>Muster</strong> hat sie sich um 1 verzählt.<br />
Nach Steinweg befindet sich An. auf der Stufe I.<br />
Abb. FZ. 6<br />
Mittlere Lösung<br />
Ch. bestimmt die Anzahl der Punkte für alle <strong>Muster</strong> richtig. Ihre arithmetische Strategie<br />
hilft ihr die Anzahl auch für die <strong>Muster</strong> über 10 zu bestimmen. Leider hat Ch. ihre<br />
Rechnungen wegradiert, so dass ihre Strategie nicht mehr erkennbar geblieben ist.<br />
Nach Steinweg befindet sich Ch. auf der Stufe I.<br />
Abb. FZ. 7<br />
30
Mittlere Lösung<br />
Sh. bestimmt für die ersten acht <strong>Muster</strong> die Anzahl der Punkte richtig, jedoch verrechnet<br />
er sich beim Übergang zum neunten <strong>Muster</strong> um 10.Dieser Fehler wirkt sich<br />
auch auf die Anzahlbestimmung des 10. <strong>Muster</strong>s aus. Er macht seine Entdeckungen<br />
bezüglich der Differenz zwischen der Anzahl der benachbarten Punktemengen beispielhaft<br />
an drei <strong>Muster</strong>n deutlich. Dieses kennzeichnet er mit Hilfe der Pfeile. Darüber<br />
hinaus fällt ihm die Regemäßigkeit(+2) in der Differenzfolge auf.<br />
Nach Steinweg befindet sich Sh. auf der Stufe IIa.<br />
Abb. FZ. 8<br />
Anspruchsvolle Lösung<br />
Ja. bestimmt die Anzahl der Punkt für alle <strong>Muster</strong> richtig. Er setzt die Tabelle auch für<br />
die <strong>Muster</strong> über 10 richtig fort. Jan schreibt seine auf der arithmetischen Eben gemachten<br />
Entdeckungen unterhalb der Tabelle auf. Er notiert die Differenz zwischen<br />
der Anzahl der Punkte benachbarter <strong>Muster</strong> und stellt noch einmal die fest, dass die<br />
Differenz immer um zwei anwächst.<br />
Nach Steinweg befindet sich Ja. auf der Stufe IIb.<br />
Abb. FZ 9<br />
Dokumente aus der Erprobung zum <strong>Muster</strong> „Blumenmuster“ (Blick auf die Begründung)<br />
Einfache Lösung<br />
Be. Begründung bezieht sich auf die arithmetische Struktur des <strong>Muster</strong>s. Er erkennt<br />
in der Differenz zwischen den Folgen immer einen Zuwachs um 2 (immer +2). Seine<br />
Beschreibung ist kurz, einfach, noch unpräzise und noch nicht vollständig. Zunächst<br />
versucht er eine generalisierende Beschreibung zu verschriftlichen, anschließend<br />
beginnt er seinen ersten Schritt zu beschreiben.<br />
Nach Steinweg befindet sich Be. auf der Stufe IIa.<br />
Abb. FZ. 10<br />
31
Einfache Lösung<br />
Le. Beschreibung bezieht sich auf die geometrische Struktur des <strong>Muster</strong>s. Ihre Formulierungen<br />
sind noch ungenau, so dass ihre elegante Strategie noch schwer zu<br />
erkennen ist (4 Ecken im Blumenmuster dazuzählen, die Anzahl des entstanden<br />
Quadrates bestimmen, 4 Ecken wieder abziehen).<br />
Einerseits verwendet sie generalisierende Beschreibungen („immer 4 ecken da zu“)<br />
und benötigt dennoch exemplarische Beispiele (49 - 4) um ihre Entdeckungen zu<br />
verdeutlichen. Die wesentliche Beziehung zwischen <strong>Muster</strong> und Seitenlänge des<br />
Quadrates wird nicht erwähnt.<br />
Nach Steinweg befindet sich Le. auf der Stufe IIa.<br />
Abb. FZ. 11<br />
Mittlere Lösung<br />
Sa. Beschreibung bezieht sich auf die geometrische Struktur des <strong>Muster</strong>s. Ihre Lösungsstrategie<br />
verdeutlicht sie im <strong>Muster</strong> durch farbliche Kennzeichnungen und versucht<br />
diese exemplarisch an dem 5. <strong>Muster</strong> zu erklären. Dabei beschreibt sie zwei<br />
Lösungsstrategien.<br />
Nach Steinweg befindet sich Sa. auf der Stufe IIa.<br />
Abb. FZ. 12<br />
Anspruchsvolle Lösung<br />
(„man muss immer die Zahl der aufgabe x (mit sich selber mal-) nehmen und noch<br />
mal 4 mal das <strong>Muster</strong> und dan hat man das Ergebnis“)<br />
Ch. wählt eine generalisierende Beschreibung ihrer Entdeckungen und bezieht sich<br />
dabei auf die geometrische Struktur des <strong>Muster</strong>s.<br />
Nach Steinweg befindet sich Ch. auf der Stufe IIb.<br />
Abb. FZ. 13<br />
32
Zur Heterogenität<br />
Kinder mit einfachen Lösungen<br />
• wählen vorrangig ein Vorgehen<br />
auf der enaktiven oder ikonischen<br />
Ebene<br />
• wenden sich vorrangig den geometrischen<br />
Strukturen zu<br />
• brauchen für Anzahlbestimmung<br />
der Punkte noch die enaktive oder<br />
ikonische Ebene<br />
• intuitives Vorgehen<br />
• bestimmen die Anzahl der Punkte<br />
zählend<br />
• finden zu den Folgen eines <strong>Muster</strong>s<br />
eine beliebige Aufgaben<br />
Kinder mit anspruchsvollen Lösungen<br />
• können das 10. Folgeglied ermitteln<br />
ohne das 6.;7.; 8.; und 9. zu<br />
kennen<br />
• berücksichtigen den figuralen und<br />
kardinalen Aspekt<br />
• finden eine exemplarische oder<br />
generalisierende Beschreibung<br />
• bestimmen Anzahl der Punkte<br />
rechnerisch<br />
• finden zur Struktur des <strong>Muster</strong>s<br />
eine passende Aufgage<br />
• ermitteln zunächst die Folgeglieder<br />
aus dem direkten Vorgänger,<br />
später aufgrund der gefundenen<br />
Struktur<br />
• entwickeln mehrere Lösungsstrategien<br />
für eine Aufgabe<br />
• erkennen Verbindungen zwischen<br />
den Aufgaben (Transferleistungen)<br />
• finden ausführliche Beschreibung<br />
für ihrer Strategie<br />
• finden generalisierende Beschreibung<br />
ihrer Strategie<br />
Schlussfolgerung<br />
Der Fokus der Beobachtung in der Lernumgebung sollte hauptsächlich auf die Vielfalt der<br />
Lösungsstrategie, auf die Herangehensweise bei der Lösungsfindung gerichtet sein, da wir<br />
in der kurzen Zeitdauer der Lernumgebung kaum mit einem größeren Lernzuwachs der<br />
Schüler rechnen konnten.<br />
Jedoch sind Lernfortschritte bei fast allen Kindern zu beobachten. So ist bei einigen Kindern<br />
eine Steigerung der Leistung nach kurzer Zeit sichtbar, bei anderen nur punktuell in<br />
einzelnen Bereichen.<br />
Den kleinsten Lernfortschritt (bzw. kein Lernfortschritt) sind besonders bei den Kindern zu<br />
beobachten, die auf einem hohen Leistungsniveau schon am Anfang der Lernumgebung<br />
waren (vgl. Kollmann, S.52: Heinken, S. 54 ).<br />
Den meisten Kindern ist die Bearbeitung auf der geometrischen Eben einfacher gefallen,<br />
als auf der arithmetischen. Viele haben von Anfang an auf der zeichnerischen Ebene nach<br />
dem intendierten <strong>Muster</strong> fortgesetzt. Aus diesem Grund war das Potenzial der Strukturerkennung<br />
auf der arithmetischen Ebene höher und damit auch der Lernzuwachs.<br />
Einige Kinder haben erst mit der Bearbeitung der Tabelle begonnen und Gesetzmäßigkeiten<br />
auf der arithmetischen Ebene entdeckt. Diese Kinder wählten zu der Punktmenge beliebige<br />
Rechenaufgaben ohne einen Bezug zu einer geometrischen Darstellung. Die Verbindung<br />
zwischen arithmetischer und geometrischer Struktur ist ihnen nicht gelungen.<br />
Da immer mehr Kinder die Strukturen der <strong>Muster</strong> erkannt haben ist auch das Repertoire der<br />
Strategien bei der Bearbeitung gestiegen. Unterschiede sind bei den Kindern besonders in<br />
33
der Strategievielfalt bei komplexen <strong>Muster</strong>n zu verzeichnen. Beschreibungen ihres Vorgehens<br />
bzw. Begründungen ihrer Entdeckungen sind besonders leistungsstärkeren Kindern<br />
gelungen.<br />
Was könnte man ändern?<br />
- Arbeitsblatt – Notation (statt 1. <strong>Muster</strong>, 2.<strong>Muster</strong>, … - 1. Form, 2. Form…)/ statt Höhe<br />
– Form Nr.<br />
- genügend Zeit zur Bearbeitung einräumen<br />
- mehrere einfache Aufgaben für die schwächeren Schüler bereitstellen<br />
- komplexere Aufgaben für die leistungsstarken Schüler bereitstellen<br />
z.B. verschachtelte Zahlenfolgen (Kombinationen aus Quadrat- und Dreieckszahlen)<br />
- Zahlenraumerweiterung- z.B.: Welche Anzahl hat die 100. Lösung<br />
34
Lernumgebung „Kombinatorik“<br />
Worum geht es?<br />
In der Kombinatorik wird zwischen den zwei Grundtypen Variation und Kombination unterschieden.<br />
Bei Variationen ist die Reihenfolge der Elemente von Bedeutung, bei Kombinationen<br />
hingegen nicht (vgl. Selter; Spiegel 2007, S. 291). Die Permutation, ein Spezialfall<br />
der Variation, stellt einen dritten Typ in der Kombinatorik dar, bei dem jede Anordnung aus<br />
allen n Elementen einer Menge besteht (vgl. Kütting 1994, S. 113). Bei allen drei Typen<br />
wird zwischen Anordnungen mit oder ohne Wiederholung der Elemente unterschieden.<br />
Die drei Aufgabentypen werden in der Reihenfolge Permutation, Variation, Kombination<br />
eingeführt. Die Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass Kinder es so besonders<br />
gut schaffen mit den unterschiedlichen Typen umzugehen. Da Kinder bei der Kombination<br />
eher Probleme haben die Struktur zu erkennen (vgl. Fast, Maria 2008, S. 12), ist es sinnvoll<br />
diesen Aufgabentyp als letzten der drei zu thematisieren.<br />
Kinder sollten sich bereits in der Grundschule mit Kombinatorik auseinandersetzen um später<br />
ein besseres inhaltliches Verständnis zu erzielen (vgl. Neubert 2001, S. 52).<br />
Kombinatorische Aufgaben sind besonders gut für heterogene Kindergruppen geeignet,<br />
weil:<br />
- für ihre Lösung kein Vorwissen nötig ist<br />
- sie handlungsorientiert gelöst werden können<br />
- sie in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gestellt werden können<br />
- sie es ermöglichen die Lösung auf unterschiedlichen Wegen zu ermitteln<br />
(vgl. Hoffmann 2004, S. 3)<br />
Mit ihrer 2003 veröffentlichten Dissertation „Elementare Bausteine der kombinatorischen<br />
Problemlösefähigkeit“ hat Antje Hoffmann in standardisierten Interviews die Handlungsmuster<br />
aufgezeigt, mit denen Grund- und Sekundarstufenschüler/innen Kombinatorikaufgaben<br />
kindgerecht (mit Material) lösen können. Sie rekonstruierte dazu verschiedene sogenannte<br />
Mikro- und Makrostrategien. Mikrostrategien sind Handlungsmuster, mit denen man die folgende<br />
oder die folgenden Kombinationen oder zumindest Teile von ihnen erzeugen kann.<br />
Makrostrategien dagegen sind Vorgehensweisen, die das Finden aller Lösungen ermöglichen.<br />
Beispiele für Strategien von Kindern:<br />
Die Mikrostrategie Treppenbildung:<br />
Drei oder vier Kombinationen bilden zusammen eine<br />
Treppe. Dabei ist sowohl eine Einertreppe als auch<br />
vollständige Treppe möglich.<br />
eine<br />
Die Mikrostrategie Gegenpaarbildung:<br />
Auf allen Ebenen wird die Farbe/das Element getauscht.<br />
35
Die Makrostrategie Vollständige Gegenpaarbildung:<br />
Alle Kombinationen werden mit<br />
Gegenpaaren ermittelt. Dabei muss eine<br />
Verbindung zwischen allen Gegenpaaren<br />
hergestellt werden, um sicherstellen zu<br />
können, dass alle Möglichkeiten gefunden<br />
wurden.<br />
Vollständige Gegenpaarbildung verbunden<br />
mit Positionsprinzip<br />
Vorgehensweise:<br />
Zu jedem der drei Aufgabentypen gibt es eine Lernumgebung mit einem Umfang von ca.<br />
acht Stunden.<br />
Die Stunden finden im ein- oder zweiwöchigen Rhythmus statt. Um den Kindern eine<br />
selbstständige Auseinandersetzung zu ermöglichen, wird nur eine Aufgabe pro Unterrichtsstunde<br />
gestellt (vgl. Rasch 2001). Die Kinder können selbst entscheiden ob sie die Aufgabe<br />
mit oder ohne Material, auf der zeichnerischen oder symbolischen Ebene lösen. Dabei stellte<br />
es sich heraus, dass gerade in der ersten Lernumgebung das Material sehr wichtige<br />
Funktionen hatte. Es diente dem spielerischen Finden erster Lösungen, der Sortierung der<br />
Lösungen und damit dem Erkennen von <strong>Muster</strong>n und der Entwicklung von Strategien zur<br />
Lösungsfindung.<br />
Die Kinder dokumentieren ihre Lösungen in einem Blanko-Heft. Dieses „Kombinatorik-<br />
Heft“ ermöglicht es den Kindern eigene Lösungswege und eigene Dokumentationsformen<br />
zu finden. Sie werden außerdem dazu angeregt in diesem Heft Begründungen zu ihren Lösungen<br />
aufzuschreiben. Bei den so genannten „Mathekonferenzen“ sollen die Kinder sich<br />
ihre Lösungswege gegenseitig vorstellen und diese begründen.<br />
Aspekte für Mathekonferenzen:<br />
- Kinder mit einfachen Lösungen stellen ihre Ergebnisse zuerst vor, damit alle die Möglichkeit<br />
haben etwas beizutragen<br />
- Erklären und Verstehen von unterschiedlichen Lösungen<br />
- Thematisierung von Mikrostrategien, die sich zu Makrostrategien ausbauen lassen<br />
- Ordnen von Lösungsmöglichkeiten<br />
- Begründungen sammeln (warum bist du dir sicher, dass das alle Möglichkeiten sind?)<br />
36
Lernumgebung „Kombinatorik I: Permutation“<br />
Thema: Permutationsaufgaben mit drei und vier Elementen<br />
Stufe: Klasse 1 (bzw. 2)<br />
Dauer: ca. 8 Unterrichtsstunden<br />
Aufgabentyp: Permutation ohne Wiederholung<br />
Aufgabe 1 – Zahlen (3)<br />
Ein Zahlenschloss mit den Ziffern 1, 3 und 5 soll geknackt werden.<br />
Welche Möglichkeiten der Anordnung gibt es?<br />
Aufgabe 2 – Häuser (3)<br />
Baue aus einem Dreieck, einem großen und einem kleinen Quadrat<br />
ein Haus mit einer Tür. Die Dreiecke und die Quadrate sind<br />
rot, blau und gelb. Eine Farbe kommt am Haus nur einmal vor.<br />
Wie viele unterschiedliche Häuser kannst du bauen?<br />
Aufgabe 3 – Schaukel (3) und (4)<br />
a) Die Kinder Ali, Uli und Isa schaukeln auf dem Waldspielplatz.<br />
Zwischendurch tauschen sie die Plätze. Auf wie viele verschiedene<br />
Weisen können sie tauschen?<br />
b) Else kommt hinzu. Wie viele Möglichkeiten gibt es jetzt bei<br />
vier Schaukeln?<br />
Aufgabe 4 – Süßigkeiten (3) und (4)<br />
a) Lena hat drei Süßigkeiten geschenkt bekommen. In welcher<br />
Reihenfolge könnte sie die Süßigkeiten essen? Wie viele<br />
verschiedene Möglichkeiten gibt es?<br />
b) Lena bekommt noch eine vierte Süßigkeit dazu. Wie viele<br />
Möglichkeiten hat sie nun?<br />
Aufgabe 5 –Türme (3) und (4)<br />
a) Baue einen Turm aus drei Steinen. Die Farben sind rot, blau,<br />
gelb. In einem Turm darf eine Farbe nur einmal vorkommen.<br />
Wie viele verschiedene Türme kannst du bauen?<br />
b) Baue einen Turm aus vier Steinen. Die Farben sind rot, blau,<br />
gelb und grün (bzw. schwarz). In einem Turm darf eine Farbe<br />
nur einmal vorkommen. Wie viele verschiedene Türme<br />
kannst du jetzt bauen?<br />
Aufgabe 6 – Zahlen (4)<br />
Das Zahlenschloss eines Koffers wird mit den Zahlen 1, 2, 4 und<br />
8 verschlossen. Welche Zahlenkombinationen sind mit diesen<br />
Zahlen möglich?<br />
Aufgabe 7<br />
Erfinde eine (zu den bisher bearbeiteten Aufgaben) ähnliche<br />
Aufgabe.<br />
Material<br />
Kinder<br />
evtl. Ziffernkarten<br />
Dreiecke<br />
und Vierecke<br />
in den<br />
entsprechenden<br />
Farben<br />
Kärtchen mit<br />
Kindernamen<br />
evtl. Kärtchen<br />
mit<br />
Abbildungen<br />
der Süßigkeiten<br />
Legosteine<br />
oder Steckwürfel<br />
in<br />
den entsprechenden<br />
Farben<br />
Besprechung<br />
Ziffernkarten<br />
Dreiecke und<br />
Vierecke in<br />
den entsprechenden<br />
Farben<br />
Kärtchen mit<br />
Kindernamen<br />
Kärtchen mit<br />
Abbildungen<br />
der Süßigkeiten<br />
Legosteine<br />
oder Steckwürfel<br />
in den<br />
entsprechenden<br />
Farben<br />
Tafel oder<br />
leeres Blatt<br />
37
Worum geht es?<br />
Als Permutation ohne Wiederholung bezeichnet man jede Anordnung aller n Elemente einer<br />
Menge in einer beliebigen Reihenfolge (vgl. Kütting 1994, S. 113). Dabei gibt es P n<br />
Möglichkeiten die n unterscheidbaren Elemente in einer Reihe anzuordnen. An der ersten<br />
Stelle der Reihe stehen n Elemente zur Auswahl, an der zweiten Stelle n-1 Elemente und<br />
so weiter fort, bis an der letzten Stelle nur noch eine Möglichkeit zur Verfügung steht. Nach<br />
der Produktregel kann man die Anzahl aller Möglichkeiten wie folgt berechnen: Pn = n! = n•<br />
(n-1) • (n-2) •… •3•2•1.<br />
Beispiel: Es gibt 3! = 3•2•1 = 6 Möglichkeiten drei verschiedenfarbige Legosteine unterschiedlich<br />
anzuordnen<br />
Schülerdokumente aus der Erprobung:<br />
Einfache Lösungen:<br />
Dieses Kind findet drei<br />
Lösungen, wobei jedes<br />
Element einmal an erster<br />
Stelle steht. Gefunden<br />
hat es die zweite Möglichkeit<br />
indem es das<br />
hinterste Element nach<br />
vorne geholt hat (Rotation<br />
3 ).<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14<br />
Bei den Kombinationen 1/2, 3/4, 5/6, 9/10, 11/12 und 13/14 hält dieses Kind zwei<br />
Farben konstant und tauscht die anderen zwei miteinander (2-Konstantenprinzip).<br />
Bei den Möglichkeiten 7/8 werden alle vier Farben jeweils mit einem Partner getauscht<br />
(Gegenpaarbildung). Doppelte Möglichkeiten tauchen auf.<br />
Die Farben „wandern“<br />
gleichmäßig durch<br />
die Ebenen (Treppenbildung).<br />
Doppelte Möglichkeiten<br />
tauchen auf.<br />
3 Alle kursiv gedruckten Begriffe dieser Tabelle bezeichnen einen Strategietyp<br />
38
Anspruchsvollere Lösungen:<br />
Die Farben werden so lange auf den Ebenen festgehalten (hier weiß) bis auf den<br />
anderen Ebenen alle Farbmöglichkeiten durchgespielt wurden (Tachometerzählprinzip).<br />
Das Kind ist noch nicht in der Lage eine Erklärung abzugeben.<br />
Das Element wird so lange auf der ersten und zweiten Ebene festgehalten, bis alle<br />
Möglichkeiten auf den anderen Ebenen gefunden wurden (Tachometerzählprinzip).<br />
Das Kind beschreibt die Ordnung in seiner Lösung.<br />
Das Element wird so lange auf der ersten und zweiten Ebene festgehalten, bis alle<br />
Möglichkeiten auf den anderen Ebenen gefunden wurden (Tachometerzählprinzip).<br />
Das Kind begründet seine Lösung.<br />
39
Was hat sich bewährt? Was könnte man ändern?<br />
Es hat sich bewährt mit dem Typ Permutation in die Kombinatorik einzusteigen. Die Kinder<br />
konnten sich gut mit den Aufgaben auseinandersetzen und schon Erstklässler waren in der<br />
Lage alle möglichen Anordnungen zu finden.<br />
Die Schaukelaufgabe sollte eventuell durch eine andere Aufgabe ersetzt werden, da einige<br />
Kinder hier zu sehr auf den Kontext fixiert waren und so die mathematische Struktur schwerer<br />
erkennen konnten.<br />
40
Lernumgebung „Kombinatorik II: Variation“<br />
Thema: Variationsaufgaben mit zwei Elementen und drei oder vier Ebenen<br />
Stufe: Klasse 2 (bzw. 3)<br />
Dauer: ca. 8 Unterrichtsstunden<br />
Aufgabentyp: Variation mit Wiederholung<br />
Aufgabe 1 – Türme (3) und (4))<br />
a) Baue mit blauen und roten Legosteinen Türme mit drei Etagen.<br />
Wie viele unterschiedliche Türme kannst du finden?<br />
b) Wie viele Türme kannst du finden, wenn sie vier Etagen haben?<br />
Aufgabe 2 – Münze (2), (3) und (4)<br />
a) Lege ein Quadrat oder einen Kreis auf verschiedene Weisen<br />
auf zwei benachbarte Felder. Wie viele verschiedene Möglichkeiten<br />
gibt es?<br />
b) Wie viele Möglichkeiten gibt es bei drei benachbarten Feldern?<br />
c) Wie viele Möglichkeiten gibt es bei vier benachbarten Feldern?<br />
Aufgabe 4 – Kreis (4)<br />
Die vier Viertel eine Kreises können schwarz und weiß gefärbt<br />
sein. Wie viele Möglichkeiten gibt es den Kreis anzumalen?<br />
Material<br />
Kinder<br />
farbige Legosteine<br />
oder<br />
Steckwürfel<br />
a) Auf zwei benachbarte Felder werden gleiche Münzen gelegt.<br />
Auf wie viele verschiedende Weisen kannst du die Münzen<br />
legen?<br />
b) Auf wie viele unterschiedliche Weisen kannst du die Münzen<br />
auf drei benachbarte Felder legen?<br />
c) Wie viele Möglichkeiten gibt es bei vier benachbarten Feldern?<br />
Aufgabe 3 – Formen (2), (3) und (4)<br />
Centstücke<br />
(Vorderund<br />
Rückseite<br />
einer<br />
Münze)<br />
Quadrate<br />
und Kreise<br />
Besprechung<br />
farbige Legosteine<br />
oder Steckwürfel<br />
kopierte,<br />
vergrößerte<br />
Centstücke<br />
(Vorder- und<br />
Rückseite)<br />
Quadrate<br />
und Kreise<br />
Kreise und<br />
Kreisviertel<br />
(schwarz/weiß<br />
)<br />
Worum geht es?<br />
Bei einer Variation werden aus einer Menge mit n Elementen k Elemente ausgewählt, wobei<br />
die Reihenfolge der Elemente beachtet wird. Eine Variation mit Wiederholung kann als<br />
k-stufiger Entscheidungsprozess bezeichnet werden, bei dem auf jeder Stufe die Auswahl<br />
aller n Elemente möglich ist (vgl. Selter; Spiegel 2007, S. 293). So gibt es, nach dem fundamentalen<br />
Zählprinzip insgesamt n k Möglichkeiten k Elemente anzuordnen:<br />
n • n • n • ... • n<br />
k Faktoren<br />
41<br />
= n k<br />
k
Beispiel: Es gibt 2 3 = 2•2•2 = 8 Möglichkeiten zwei verschiedenfarbige Legosteine an drei<br />
Stellen unterschiedlich anzuordnen<br />
Schülerdokumente aus der Erprobung:<br />
Einfache Lösungen:<br />
Zwischen den Kombinationen<br />
1/2, 3/4, 5/6 und 7/8<br />
wurden die beiden Farben<br />
in den Ebenen gegeneinander<br />
getauscht (Gegenpaarbildung<br />
1 ).<br />
1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Die Farben der Ebenen<br />
wurden gegeneinander<br />
getauscht (Gegenpaarbildung).<br />
Zusammengehörige<br />
Gegenpaare wurden<br />
markiert. Die Erklärung ist<br />
nicht aussagekräftig.<br />
Anspruchsvollere Lösungen:<br />
Mit Hilfe der Gegenpaarbildung<br />
und unter Beachtung<br />
der Anzahl der farbigen Steine<br />
und ihrer Position (Positionsprinzip)<br />
konnte dieses<br />
Kind alle möglichen Lösungen<br />
finden (vollständige Gegenpaarbildung).<br />
42
Mit Gegenpaaren (Kombination 1/2)<br />
und Treppenbildung (Kombinationen<br />
3-5 und 6-8) konnten alle Möglichkeiten<br />
ermittelt werden. In mehreren<br />
Phasen konnten alle Möglichkeiten<br />
ermittelt werden (Lösungssuche in<br />
Phasen). Das Vorgehen wird von dem<br />
Kind beschrieben.<br />
Die Gruppen stellen mehrere Phasen<br />
da, in denen hauptsächlich durch<br />
Treppenbildung alle Lösungen ermittelt<br />
werden konnten (Lösungssuche in<br />
Phasen). Die Begründung erklärt, warum<br />
nicht mehr Möglichkeiten in die<br />
unterschiedlichen Gruppen passen.<br />
Was hat sich bewährt? Was könnte man ändern?<br />
Da bei der Kreisaufgabe von den Kindern die Strategie der Treppenbildung besonders häufig<br />
angewendet wurde, bei den übrigen Aufgaben hingegen sehr selten, würde es Sinn machen<br />
diese Aufgabe schon früher zu stellen, um das Strategierepertoire der Kinder zu erweitern<br />
und ihnen die Möglichkeit zu geben diese Strategie auch bei anderen Aufgabenstellungen<br />
auszuprobieren. Die Münzaufgabe hingegen war für die Kinder recht schwierig zu<br />
erfassen, weshalb in Betracht gezogen werden sollte diese Aufgabe erst zu einem späteren<br />
Zeitpunkt zu stellen.<br />
43
Lernumgebung „Kombinatorik III: Kombinationen ohne / mit Wiederholung“<br />
Thema: Kombinationsaufgaben<br />
Stufe: Klasse 3 (bzw. 4)<br />
Dauer: ca. 8 Unterrichtsstunden<br />
Material<br />
Aufgabe 1 – Gummibärchen<br />
Von den fünf verschieden farbigen Gummibärchen darfst du dir je<br />
eins nehmen. Tue immer zwei Gummibärchen zu einem Paar<br />
zusammen. Wie viele Möglichkeiten gibt es?<br />
Aufgabentyp: Kombination ohne / mit Wiederholung Kinder Besprechung<br />
Gummibärchen<br />
in fünf<br />
verschiedenen<br />
Farben<br />
Aufgabe 2 – Würfel<br />
a) Wenn du mit zwei Würfeln würfelst, wie viele unterschiedliche<br />
Würfelpaare kann es geben?<br />
b) Wie viele Möglichkeiten gibt es, wenn du mehr Würfel<br />
nimmst?<br />
Aufgabe 3 – Händeschütteln<br />
a) Drei Personen treffen sich. Jede schüttelt mit den zwei anderen<br />
die Hand. Wie oft werden bei diesem Treffen die Hände<br />
geschüttelt?<br />
b) Wie oft werden Hände geschüttelt, wenn sich 5, 10 oder 100<br />
Personen begrüßen?<br />
Aufgabe 4 – Diagonalen in einem Vieleck<br />
a) Wie viele Diagonalen hat ein Dreieck, Viereck, Fünfeck, ... ?<br />
b) Wie viele Diagonalen hat ein Hunderteck<br />
(Diese Aufgabe erfordert mehrere Unterrichtsstunden, zuvor<br />
müssen die verschiedenen Vielecke erarbeitet werden.)<br />
Aufgabe 5 –Glücksrad<br />
a) Ein Glücksrad soll mit zwei Farben angemalt werden. Dafür<br />
stehen sechs Farben zur Auswahl: rot, blau, grün, gelb, lila<br />
und schwarz. Wie viele Möglichkeiten gibt es das Glücksrad<br />
unterschiedlich anzumalen?<br />
b) Wie viele Möglichkeiten gibt es das Glücksrad in drei oder<br />
vier Farben anzumalen?<br />
Aufgabe 6<br />
Denk dir eine eigene Kombinatorikaufgabe aus.<br />
Kopierte,<br />
vergrößerte<br />
Gummibärchenbilder<br />
Würfelbilder<br />
oder Quadrate<br />
zum<br />
Einzeichnen<br />
Tafel oder<br />
weißes Blatt<br />
Würfel<br />
Schablonen<br />
der Vielecke<br />
(bis<br />
Achteck)<br />
Schablonen<br />
der Vielecke<br />
(bis Achteck),<br />
Tafel<br />
Kreise und<br />
farbige Halbkreise<br />
44
Worum geht es?<br />
Bei der Kombination werden aus einer Menge mit n Elementen k Elemente ausgewählt,<br />
wobei die Reihenfolge der Elemente nicht beachtet wird. Das bedeutet, dass Zusammenstellungen<br />
als gleich angesehen werden, die dieselben Elemente in verschiedener Anordnung<br />
enthalten (vgl. Kütting 1994, S. 115). Bei der Kombination ohne Wiederholung gibt es<br />
n!<br />
k! • (n-k)!<br />
mögliche Anordnungen.<br />
Beispiel: Es gibt<br />
5!<br />
2! • (5-2)!<br />
Gummibärchen zwei auszuwählen.<br />
= 10 Möglichkeiten aus fünf verschiedenfarbigen<br />
Bei einer Kombination mit Wiederholung der Elemente gibt es<br />
Elemente anzuordnen.<br />
(n+k-1)!<br />
k! • (n-1)!<br />
Möglichkeiten die k<br />
Beispiel: Es gibt<br />
(6+2-1)!<br />
2! • (6-1)!<br />
Ergebnisse zu würfeln.<br />
= 21 Möglichkeiten mit zwei Würfeln unterschiedliche<br />
Schülerdokumente aus der Erprobung:<br />
Einfache Lösungen:<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />
Durch das Konstanthalten einer Ebene (Kombinationen 1/2 und 7/8/9) aber auch durch probieren<br />
kann dieses Kind schon viele Lösungen finden.<br />
Anspruchsvollere Lösungen:<br />
Jede Farbe wird so lange<br />
konstant gehalten, bis sie<br />
mit jeder anderen Farbe<br />
kombiniert wurde (Tachometerzählprinzip<br />
1 ).<br />
Dieses Kind beachtet<br />
dabei die Reihenfolge.<br />
45
Jede Farbe wird mit allen<br />
anderen Farben kombiniert.<br />
Die Reihenfolge<br />
wird nicht beachtet (Tachometerzählprinzip<br />
unter<br />
Aussortierung der<br />
Doppelten). Das Kind<br />
erklärt, dass eine Farbe,<br />
wenn sie mit allen kombiniert<br />
wurde, nicht mehr<br />
gebraucht wird.<br />
Jede Farbe wird mit allen anderen Farben kombiniert. Die Reihenfolge wird nicht beachtet<br />
(Tachometerzählprinzip unter Aussortierung der Doppelten). Das Kind erklärt, warum die<br />
Reihenfolge bei dieser Aufgabe nicht von Bedeutung ist und stellt eine Rechnung auf um die<br />
Anzahl der Möglichkeiten zu ermitteln.<br />
Aspekte für Mathekonferenzen:<br />
Besonderheit der Aufgaben, die „nicht Beachtung der Reihenfolge“ thematisieren<br />
Was hat sich bewährt? Was könnte man ändern?<br />
Die Gummibärchen-Aufgabe hat sich bewährt um die Beachtung der Reihenfolge mit den<br />
Kindern zu thematisieren, da ein Teil der Kinder die Reihenfolge für relevant hielt.<br />
Die Aufgabe mit dem Glücksrad sollte vor den Aufgaben „Händeschütteln“ und „Diagonalen<br />
in einem Vieleck“ gestellt werden, da die Struktur dieser Ausgabe den ersten beiden Aufgaben<br />
mehr ähnelt und ein Zusammenhang für die Kinder leichter zu erschließen ist.<br />
46
Lernfortschritte:<br />
Für die Lernumgebung zur Kombinatorik lassen sich die Indikatoren für Lernfortschritte wie<br />
folgt konkretisieren:<br />
- Zunahme richtiger Lösungen<br />
- Elaborierung bisheriger Bearbeitungswege (systematischeres Vorgehen)<br />
- Erweiterung des Strategierepertoires<br />
- Transferleistungen (Erkennen struktureller Gemeinsamkeiten, Nutzen struktureller<br />
Gemeinsamkeiten)<br />
- Entwickeln von Begründungen<br />
- Ausdifferenzierung bisheriger Begründungen<br />
Zur Heterogenität der Lernfortschritte:<br />
Kindern mit einfachen Lösungen...<br />
- finden zunehmend mehr richtige<br />
Lösungen<br />
- lernen es immer systematischer<br />
vorzugehen<br />
- lernen unterschiedliche Herangehensweisen<br />
kennen und erweitern<br />
ihr Strategierepertoire<br />
- erbringen teilweise Transferleistungen<br />
- beginnen ihre Lösungen zu verbalisieren,<br />
beschreiben eher als zu<br />
begründen<br />
- entwickeln eigene Aufgaben mit<br />
Lösungen zu einem der drei Aufgabentypen<br />
Kinder mit anspruchsvollen Lösungen...<br />
- finden schnell alle Lösungen<br />
- Lösen sich schnell vom Material<br />
- lernen es ihr Vorgehen immer weiter<br />
zu systematisieren<br />
- festigen den Umgang mit einer für<br />
sie erfolgreichen Strategie und /<br />
oder probieren verschiedene Strategien<br />
aus<br />
- erbringen schnell eindeutige<br />
Transferleistungen (erkennen<br />
strukturelle Gemeinsamkeiten innerhalb<br />
von Aufgaben und zwischen<br />
unterschiedlichen Aufgaben)<br />
- entwickeln ihre Begründungen<br />
weiter und können zum Teil gute<br />
Erklärungen zum Finden aller<br />
Möglichkeiten abgeben<br />
- entwickeln gezielt eigene Aufgaben<br />
mit Lösungen zu den unterschiedlichen<br />
Aufgabentypen<br />
Zusammenfassung / Ausblick<br />
Es hat sich gezeigt, dass bei den Kombinatorikaufgaben alle Kinder die Möglichkeit haben<br />
Lösungen zu finden. Beim Lösen der Aufgaben entwickeln sich alle weiter. Das Ausmaß<br />
der Fortschritte ist allerdings sehr unterschiedlich. Schwächere Kinder finden vor allem immer<br />
mehr Lösungen mit Hilfe des Materials und gehen langsam strategischer vor, während<br />
stärkere Kinder, die schon schnell alle Möglichkeiten finden, Strategien effizienter nutzen,<br />
sich dabei schnell vom Material lösen und Begründungen ausformulieren.<br />
Es hat sich gezeigt, dass neue Aufgabentypen eine Herausforderung darstellen, da andere<br />
Strategien naheliegend und sinnvoll sind als bei anderen Typen. Auch deshalb war es für<br />
alle Kinder förderlich mehrere strukturgleiche Aufgaben zu stellen. Schwächere Kinder ha-<br />
47
en insbesondere davon profitiert, da sie nur so sinnvolle Strategien entdecken und festigen<br />
konnten. Stärkere Kinder hatten hingegen die Möglichkeit die Struktur der Aufgaben<br />
genauer zu erkunden, Entdeckungen daran zu machen und Begründungen zu entwickeln.<br />
Die Kombinatorik-Lernumgebung wurde in drei Klassen mit unterschiedlichem Einzugsgebiet<br />
innerhalb von drei Jahren durchgeführt. Zwei Klassen begannen als zweite Klasse und<br />
eine als erste. Bei allen Kindern ließen sich Lernfortschritte beobachten. Das bedeutet,<br />
dass das Einzugsgebiet oder die Klassenstufe nicht entscheidend für den Erfolg der Kinder<br />
ist. Die Unterschiede zwischen den Kindern einer Klasse waren gemeinhin größer als die<br />
zwischen den Klassen der unterschiedlichen Schulen.<br />
Mit gemischten Aufgabentypen könnte die Kombinatorik wieder aufgegriffen werden, um<br />
festzustellen wie sehr sich der Umgang mit den Aufgaben gefestigt hat. Die Lösung durch<br />
ein Baumdiagramm könnte den Kindern aufgrund ihrer umfangreichen Vorerfahrung eventuell<br />
besser vermittelt werden.<br />
48
Lernumgebung „Würfel und Würfelnetze“<br />
Thema:<br />
Klasse:<br />
Dauer:<br />
Material:<br />
Würfel und Würfelnetze (Raumvorstellung)<br />
3. bis 4. Schuljahr<br />
je 8 Unterrichtsstunden<br />
Behrens (2008); bunte Plastikquadrate zum Zusammenstecken<br />
Worum geht es?<br />
Um das räumliche Vorstellungsvermögen der Schüler gezielt zu fördern, haben wir den<br />
Würfel als Repräsentanten für die geometrischen Körper aus folgenden Gründen gewählt:<br />
Der Bremer Rahmenplan (vgl. 2004, S. 29) fordert im Themenbereich Form und Veränderung<br />
für die Klassenstufen 3 und 4 den handelnden Umgang mit dem Würfel als einem Repräsentanten<br />
der geometrischen Körper. Der Körper und sein Netz sollen begrifflich und<br />
inhaltlich erschlossen werden.<br />
Der Würfel ist den Kindern in ihrer Umwelt als Spielwürfel schon häufig begegnet, so dass<br />
sie schon einige Vorerfahrungen sammeln konnten, an denen sich anknüpfen lässt. Räumliche<br />
Veränderungen, die zum räumlichen Vorstellungsvermögen gehören, lassen sich an<br />
einem regelmäßigen Körper leichter durchführen als an einem unregelmäßigen.<br />
Wechselbezüge zwischen Zwei- und Dreidimensionalität lassen sich am Würfel und am<br />
Würfelnetz sehr gut herstellen. Dadurch „eignet sich die Thematik [...] in besonderem Maße<br />
zur Schulung des räumlichen Vorstellungsvermögens“ (Behrens 1993, S. 31).<br />
Unter einem geometrischen Körper wird die Menge aller Punkte, Geraden und Ebenen des<br />
dreidimensionalen Raumes verstanden, die innerhalb eines vollständig abgeschlossenen<br />
Teils dieses Raumes liegen (vgl. Gellert 1972, S. 218).<br />
Der Würfel gehört zu den regelmäßigen Polyedern und ist eine Sonderform des Quaders 4 .<br />
Der Würfel hat sechs kongruente quadratische Seitenflächen und zwölf gleich lange Kanten,<br />
von denen immer 4 parallel zueinander verlaufen. An jeder der acht Ecken stoßen drei Kanten<br />
und drei Flächen zusammen. Jede der Seitenflächen wird von 4 Kanten und 4 Ecken<br />
begrenzt und steht senkrecht zu jeder ihrer vier Nachbarflächen (vgl. Franke 2000, S. 135).<br />
Für die Herstellung von Würfeln gibt es im Wesentlichen drei verschiedene Varianten: Das<br />
Vollkörpermodell, das Kantenmodell und das Flächenmodell. Die Modelle bieten unterschiedliche<br />
Möglichkeiten die Merkmale eines Würfels kennenzulernen. So lässt sich am<br />
Vollkörpermodell die Kongruenz der sechs Seitenflächen und die jeweils rechten Winkel der<br />
Kanten thematisieren. Am Kantenmodell können gut die Anzahl der Ecken, die Anzahl der<br />
Kanten und die Länge der Kanten entdeckt werden. Dadurch wird dem Betrachter bewusster,<br />
dass jeweils drei Kanten eine Ecke bilden, dies ist hilfreich für den Umgang mit Würfelnetzen.<br />
Das Flächenmodell veranschaulicht das Würfelnetz und kann durch Auseinander-<br />
4 Ein Quader, bei dem alle Begrenzungsflächen kongruent sind, ist ein Würfel.<br />
49
klappen oder Abrollen eines Würfels oder durch Zusammensetzen und Falten von kongruenten<br />
Quadraten hergestellt werden (vgl. ebd., S. 153 ff).<br />
Werden die Flächen des Würfels an ihren Kanten getrennt, sodass jedes Quadrat mit mindestens<br />
einem weiteren Quadrat verbunden bleibt, erhält man eine Abwicklung des Würfels.<br />
Diese ebene Fläche wird als Würfelnetz bezeichnet und besteht aus einem einzigen zusammenhängenden<br />
Stück (vgl. Radatz/ Schipper 1999, S. 162).<br />
Würfelnetze (im Weiteren auch WN) können auch durch Zusammensetzen und Falten von<br />
kongruenten Quadraten gefunden werden. Es gibt 35 verschiedene Arten, die 6 kongruenten<br />
Quadrate korrekt zu Hexaminos („Sechslinge“) zu verbinden. Lediglich 11 von ihnen<br />
ergeben aber durch Falten einen Würfel und lassen sich nicht durch Drehungen und/ oder<br />
Spiegelungen aufeinander abbilden. Die Würfelnetze können nach der Anzahl der Quadrate<br />
in einer Reihe unterschieden werden. Es gibt sechs Würfelnetze mit vier Quadraten in<br />
einer Reihe (Nr. 1-6), vier Würfelnetze mit drei Quadraten in einer Reihe (Nr. 7-10) und ein<br />
Würfelnetz mit zwei Quadraten in einer Reihe (Nr. 11) (vgl. ebd.).<br />
Die 11 Würfelnetze:<br />
1 2 3 4 5 6<br />
7 8 9 10 11<br />
Einige der Würfelnetze haben in der Literatur, aber auch durch die Verwendung im Unterricht<br />
„Namen“ zur eindeutigen Identifikation erhalten. So wird Würfelnetz 4 als „Z“ oder „Z-<br />
Form“, Würfelnetz 1 als „T“ oder „T-Form“, Würfelnetz 5 als „Kreuz“, Würfelnetz 8 als „Ente“<br />
oder Würfelnetz 11 als „Treppe“ benannt.<br />
Räumliches Vorstellungsvermögen als Teil der Raumvorstellung<br />
Räumliches Vorstellungsvermögen ist ein entscheidender Bestandteil der Raumvorstellung<br />
und hat als solcher lebenspraktische Bedeutung (vgl. Maier 1999a, S. 4ff.). Die Raumvorstellung<br />
ist nach Thurstone zudem ein wichtiger Faktor der menschlichen Intelligenz (vgl.<br />
Franke 2000, S. 29). Die von Thurstone entwickelte Drei-Faktoren-Hypothese strukturiert<br />
die komplexe Raumvorstellung durch die Einteilung in die drei Teilfaktoren räumliche Beziehung,<br />
räumliches Vorstellungsvermögen und räumliche Orientierung (vgl. Maier 1999b,<br />
S. 38-41).<br />
Von zentraler Bedeutung für die Lernumgebung ist das räumliche Vorstellungsvermögen.<br />
Es umfasst die Fähigkeit sich räumliche Bewegungen von Objekten oder Teilen von ihnen<br />
gedanklich vorstellen zu können, ohne dabei anschauliche Hilfen zu verwenden. Als Bewegungen<br />
werden Rotationen um eine Horizontal-, Vertikal- oder Schrägachse, räumliche<br />
Verschiebungen und Faltungen und Kombinationen davon angesehen. Diese Bewegungen<br />
können am Würfel, am Würfelnetz oder Teilen von ihm handelnd durchgeführt werden (vgl.<br />
50
Franke 2000, S. 134 – 149). Gerade bei Würfelnetzen muss man sich meist das Zusammenfalten,<br />
also die Veränderung der zu sehenden Figur zu einem Würfel vorstellen und auf<br />
bestimmte Eigenschaften wie etwa die gegenüberliegenden Flächen untersuchen. Auch der<br />
Wechsel zwischen zwei-und dreidimensionalen Abbildungen oder Vorstellungsbildern ist<br />
bei dieser Komponente ein wichtiger Aspekt und findet auch seine Bedeutung bei den Würfelnetzen,<br />
etwa beim Übertragen eines dreidimensionalen Würfelmusters in ein zweidimensionales<br />
Würfelnetz. Zusätzlich müssen bei den Würfelnetzen einzelne Flächen, also Teile<br />
des Objektes, mit Hilfe von Bewegungen wie Drehungen oder Faltungen in ihrer Position<br />
verändert werden.<br />
Das räumliche Vorstellungsvermögen kann bei jedem Menschen durch geeignete Anregungen<br />
und Hilfen gefördert werden (vgl. Besuden 1984, S. 56, Maier 1999a S.9). Dies trifft<br />
besonders auf Kinder im Alter zwischen 7 und 13 Jahren zu, da die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zu diesem Zeitpunkt besonders günstig sind (vgl. Maier 1999b, S. 116). Das bedeutet,<br />
dass eine Anregung und gezielte Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens in<br />
diesem Zeitraum am notwendigsten und in der Regel am erfolgreichsten ist. Genau dieser<br />
Forderung wollen wir mit der Unterrichtseinheit „Würfel und Würfelnetze“ nachkommen.<br />
Die Lernumgebung stellt unter anderem folgende Herausforderungen:<br />
• grundlegende Eigenschaften des Würfels kennen<br />
• das Würfelnetz als erstes Körpernetz kennen lernen<br />
• WN erkennen<br />
• deckungsgleiche WN erkennen<br />
• gegenüberliegende Flächen am Würfel und WN erkennen<br />
• zusammentreffende Kanten und Ecken im WN erkennen<br />
• Rückschlüsse von der Ebene auf den Raum ziehen (Netz Körper) und umgekehrt<br />
• Raumvorstellungsvermögen entwickeln<br />
• räumliche Beziehungen erkennen<br />
Strategien der Kinder für die Würfelnetzaufgaben<br />
In ihren Studien zum Bereich der Raumvorstellung haben Merschweyer- Brüwer (2001) und<br />
vor allem Grüßing (2002) Strategien herausgearbeitet, die wir für unsere Strategien als grobe<br />
Orientierung sehen. Die dort vorgestellten Strategien sind allerdings sehr generell gehalten,<br />
umfassen im Wesentlichen alle Komponenten der Raumvorstellung und wurden zur<br />
Analyse anderer Aufgabentypen als denen der Würfelnetze angewandt. Die folgenden für<br />
unsere Arbeit verwendeten Strategien beziehen sich in erster Linie auf die Beobachtung<br />
der Vorgehensweisen der Kinder im Bearbeitungsprozess von Würfelnetzaufgaben, welche<br />
von uns Lehrerinnen und Sandra Langendorf (2009) in ihrer Masterarbeit erfasst werden<br />
konnten:<br />
1) Voll-geometrische-Strategie: Bezieht sich auf das vollständige mentale Zusammenfalten<br />
des Würfelnetzes zum ganzen Würfel.<br />
2) Teil-geometrische-Strategie: Bezieht sich auf das mentale Zusammenfalten einzelner<br />
Teile des Würfelnetzes.<br />
3) Transfer-Strategie: Hiermit ist die Transferleistung gemeint, bei der eigene Erfahrungen,<br />
Erkenntnisse oder auch Wissen aus dem Unterricht korrekt auf die zu bearbeitende<br />
Aufgabenstellung übertragen und angewandt werden.<br />
51
4) Ausschluss-Strategie: Damit ist eine Art Ausschlussverfahren gemeint, bei dem das<br />
Kind einzelne Teile des Würfelnetzes z.B. Flächen, Kanten oder Ecken als Lösungsmöglichkeit<br />
ausschließt, dadurch die Möglichkeiten eingrenzt und so zu einer<br />
Lösung kommt.<br />
5) Analytische Strategie: Diese Strategie beschreibt ein rein analytisches Vorgehen, bei<br />
dem logisch schlussfolgernd die Lösung ausschließlich verbal artikuliert wird und ohne<br />
jegliche Raumvorstellung auskommt.<br />
Strategien, die Kinder zu bestimmten Inhalten der Lernumgebung entwickelt haben sind in<br />
folgender Auflistung zu finden:<br />
Zum Bestimmen einander gegenüberliegender Flächen:<br />
• Die einander gegenüberliegenden Flächen können weder eine gemeinsame Kante<br />
noch eine gemeinsame Ecke haben (Ausschlussverfahren).<br />
• Zwei Flächen liegen sich gegenüber, wenn zwischen diesen Flächen ein Quadrat<br />
oder eine Reihe von Quadraten senkrecht dazu liegt.<br />
Zum Bestimmen zusammengehöriger Kanten:<br />
• wenn sie Außenseiten des WN sind, an einer Ecke zusammenstoßen und senkrecht<br />
zueinander sind.<br />
• wenn sie die äußeren Endkanten einer Viererreihe sind.<br />
• wenn sie am Würfel parallel zueinander liegen (parallele Kanten liegen im Würfelnetz<br />
an der Außenkante im 90° - Winkel oder in einer Reihe parallel zueinander).<br />
• wenn sie nicht zu einer Fläche gehören (Ausschlussverfahren)<br />
• wenn die eine Kante nicht auf derselben Geraden liegen (Ausschlussverfahren)<br />
• wenn sie als einzige übrig bleiben.<br />
Zum Bestimmen der drei zusammentreffenden Ecken:<br />
• wenn sie zusammen liegen.<br />
• wenn sie äußere Ecken sind und ihre zugehörigen Außenkanten einen rechten Winkel<br />
bilden.<br />
• wenn sie keine gemeinsame Kante haben (Ausschlussverfahren).<br />
• wenn sie nicht an gegenüberliegenden Flächen liegen (Ausschlussverfahren).<br />
Wie kann man vorgehen?<br />
Teilaspekt der Einheit<br />
Würfel und WN kennen lernen<br />
1.<br />
2.<br />
Sequenz<br />
Würfelmodelle herstellen<br />
Vollkörpermodell, Flächenmodell,<br />
Kantenmodell<br />
Würfelnetze<br />
verschiedene WN mit Plastikquadraten<br />
herstellen<br />
Vertiefung im Spiel und durch<br />
Forscheraufgaben<br />
wichtigste Teilziele<br />
Eigenschaften des Würfels und Begriffe<br />
(Kante, Ecke, Fläche) anhand<br />
der Modelle kennen lernen<br />
Würfelnetz (WN) - als erstes Körpernetz<br />
kennen lernen<br />
deckungsgleiche WN (gedrehte<br />
und/oder gespiegelte) erkennen<br />
Anzahl<br />
Stunden<br />
2<br />
3 bis 4<br />
52
3.<br />
4.<br />
Gegenüberliegende Flächen<br />
Kanten und Ecken<br />
am Würfel und im Würfelnetz<br />
einfärben<br />
die gegenüberliegenden Flächen am<br />
Würfel und im WN suchen;<br />
erste Regel zur Erkennung finden<br />
die zusammentreffenden Kanten und<br />
Ecken am Modell und im WN suchen;<br />
erste Regel zur Erkennung finden<br />
1<br />
2<br />
Räumliches Vorstellungsvermögen fördern<br />
5. Spiele zur Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögen 2<br />
6.<br />
Angebote zur Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens in<br />
Form eines Stationenlernens<br />
5 bis 6<br />
Die Unterrichtseinheit ist so konzipiert, dass den Schülern für alle neuen Arbeitsaufträge<br />
zunächst konkretes Material zur Verfügung steht. So werden im ersten Teil die Eigenschaften<br />
des Würfels anhand zuvor selbst hergestellter Flächen-, Kanten-und Vollkörpermodelle<br />
des Würfels thematisiert, was schließlich zu dem Hauptgegenstand der Lernumgebung,<br />
den Würfelnetzen, überleitet. Die konkreten Handlungen des Erstellens von Würfelnetzen<br />
wurden in der Sequenz 2 von allen Schülern ausgeführt. Bei der Suche nach allen möglichen<br />
Würfelnetzen werden Regeln zur Eindeutigkeit der gefundenen Netze erarbeitet, wie<br />
beispielsweise die Übereinstimmung bei Spiegelungen oder Drehungen. Um die Ablösung<br />
vom Material zu fördern, wurden darauf aufbauend gezielt Forscheraufträge (z.B. „Nicht-<br />
Würfelnetze“ finden) gegeben, die auf Zeichnungen aufbauen (ikonische Darstellungsweise)<br />
und schriftliche und sprachliche Vermutungen (symbolische Darstellungsweise) erfordern.<br />
Des Weiteren wurden in dritter Sequenz gegenüberliegende und benachbarte Flächen,<br />
später zusammentreffende Kanten und Ecken am Würfel und im Würfelnetz auf der enaktiven<br />
Ebene eingeführt. Damit waren die Grundlagen für das Verständnis der Arbeitsanweisungen<br />
im zweiten Teil der Lernumgebung (Spielen und Stationen) gelegt.<br />
Im zweiten Teil kommen die Kinder zum gedanklichen Operieren mit den Würfelnetzen,<br />
welches durch die Bereitstellung von Material begleitet wird. So gibt es verschiedene Spiele<br />
und mehrere Stationen, die jeweils bestimmte Aspekte der Arbeit mit den Würfelnetzen vertiefen.<br />
Bei den Spielen geht es beispielsweise um das<br />
• schnelle Identifizierung von Würfelnetzen oder „Nicht-Würfelnetzen“,<br />
• Erkennen von gleichen Würfelnetzen beim Memory oder „Blitzsehen“<br />
• Bestimmen von gegenüberliegenden Flächen mit Hilfe von Farben oder Augenzahlen<br />
des Spielwürfels.<br />
• Bestimmen von zusammentreffenden Kanten und Ecken<br />
Die Stationsarbeit bildet den letzten Teil der Einheit und besteht aus insgesamt acht verschiedenen<br />
Stationen. Die Stationen beinhalten folgende Aspekte (s. Tab. W1).<br />
Die einzelnen Aufgaben an den Stationen sind mindestens in zwei bis drei Schwierigkeitsstufen<br />
konzipiert, so dass jedes Kind an jeder Station zumindest die Anfangsaufgabe schaffen<br />
könnte. Die weiteren Aufgaben an der Station stellen immer größere Ansprüche an das<br />
räumliche Vorstellungsvermögen.<br />
An den einzelnen Stationen befinden sich Arbeitsanweisungen bzw. Arbeitsblätter, die<br />
möglichst kurz und verständlich formuliert sind, um selbstständiges Arbeiten zu ermöglichen.<br />
Die Kinder dürfen selbstständig entscheiden mit welcher Station sie arbeiten oder in<br />
welcher Reihenfolge sie die Stationen aussuchen. Zusätzlich zu den Arbeitsaufträgen werden<br />
Spiele zu den Würfelnetzen angeboten, die von zwei bis vier Schülern sowohl mit als<br />
auch ohne Material gespielt werden können. Hier werden die Schüler verstärkt zu sprachli-<br />
53
chen Begründungen angeregt, wenn sie unterschiedlicher Ansicht sind. Dadurch verbalisieren<br />
sie ihre Vorstellung (symbolische Ebene) oder nutzen das Material (enaktive Ebene)<br />
zur Begründung. Weil die Schüler gerne schneller sein wollen als ihre Partner, werden sie<br />
motiviert auch ohne Material zum Ziel zu kommen. In der gesamten Lernumgebung können<br />
die Kinder die Sozialform frei wählen.<br />
Auf einem Übersichtsplan sind alle Aufträge und Namen der Kinder tabellarisch aufgelistet.<br />
Hier kreuzen die Kinder erledigte Aufträge an, damit sie eine Übersicht über ihre Arbeit haben<br />
und die Lehrperson eine Kontrolle über den Arbeitsverlauf der Kinder.<br />
Da sich räumliches Vorstellungsvermögen nur langsam und schrittweise von den konkreten<br />
Handlungen aus entwickeln kann, wird an jeder Station Material als Hilfe bzw. als Selbstkontrolle<br />
angeboten. Das soll den Kindern Sicherheit geben. Gleichzeitig werden die Kinder<br />
durch die Aufgabenstellungen und durch individuelle Fragen immer dazu angehalten, vorab<br />
ihre Vermutungen bezüglich des Ergebnisses (oder eines Teilergebnisses) zu äußern, diese<br />
zu begründen und selbstständig zu überprüfen. Außerdem sollen die Kinder lernen, ihre<br />
Handlungen gezielt zu beobachten. Diese Überlegungen sind in der Strukturierung der Aufgabenstellungen<br />
bei den Arbeitsblättern und in die Spiele integriert.<br />
Neben dem Material begleiteten die Kinder mathematische Gespräche, sogenannte Konferenzen,<br />
in denen mit einer Gruppe von Kindern oder der ganzen Klasse meist zu Beginn<br />
oder zum Ende einer Stunde neue Aspekte eingeführt, Ergebnisse vorgestellt oder Strategien<br />
ausgetauscht und diskutiert wurden.<br />
Beispiel für eine Mathekonferenz:<br />
Ein mögliches Thema für eine Konferenz ist die Strategiebesprechung zur Förderung des<br />
Erkennens von gegenüberliegenden und benachbarten Flächen in den Würfelnetzen 5 . Ziel<br />
dieser Übung ist es, die Erkenntnisse der Kinder zu Strategien zusammenzutragen, zu verbalisieren<br />
und schwächeren Kindern durch Anschauung verfügbar zu machen. Diese Strategien<br />
bzw. Regeln sollen den Kindern helfen gegenüberliegende Flächen in allen WN systematisch<br />
zu finden. Dafür wird ein schwieriges WN (Nummer 8, s. S. 2) aus großen blauen<br />
Quadraten in der Mitte des Kreises gelegt. Die folgende Frage wird diskutiert: Welche<br />
Flächen dieses WN sollen ausgetauscht werden, so dass man aus dem Würfelnetz einen<br />
dreifarbigen Würfel bauen kann, bei dem alle einander gegenüberliegenden Flächen gleiche<br />
Farben haben. Es gibt zwei zusätzliche Quadrate in Grün und zwei in Rot. Zur Visualisierung<br />
zeige ich einen kleinen Würfel aus Plastikquadraten („Lokons“) mit entsprechend<br />
gefärbten Flächen. Diese Übung ist je nach dem gewählten Würfelnetz einfacher oder<br />
schwieriger. Diese Übung soll dazu führen, die Strategien, die schon vorhanden sind, zusammenzutragen.<br />
Ein komplexes Netz wird dabei eher dazu führen, dass mehr unterschiedliche<br />
Strategien thematisiert werden.<br />
Als Impulse während der Bearbeitung können folgende Fragen gestellt werden: Wo würdet<br />
ihr anfangen? Welche zwei Flächen sind leichter zu erkennen? Welche Fläche können wir<br />
ausschließen? Warum können wir diese Fläche ausschließen? Haben die einander gegenüberliegenden<br />
Flächen gemeinsame Ecken oder Kanten? Auch den kleinen farbigen Würfel<br />
kann man als Hilfe immer wieder anwenden. Dabei werden die Begriffe wie Fläche, Kante,<br />
Ecke wiederholt. Außerdem können die Schüler ihre Herangehensweisen bei der Lösung<br />
ähnlicher Aufgaben beschreiben und später evtl. auf andere Aspekte der UE übertragen,<br />
da die Bereiche aufeinander aufbauen. So können z.B. nur benachbarte Flächen zusammenstoßende<br />
Kanten und Ecken haben 2 .<br />
5 Auflistung der Strategien s. Kap. „Worum geht es?“<br />
54
Als Erweiterungsaufgabe bei schnellerem Erkennen und Begründen einander gegenüber<br />
liegenden Flächen im WN, kann die Veränderung des WNes durch Umlegen einer Fläche<br />
zu einem anderen WN sein. Die einander gegenüberliegenden Flächen sollen dabei stets<br />
die gleiche Farbe haben. Die besprochenen Strategien werden zur Überprüfung der Zuordnung<br />
der Flächen in diesem neuen WN angewendet werden (Transfer).<br />
Schülerdokumente aus der Erprobung:<br />
Verdeutlichung der verwendeten Strategien<br />
Für das Färben der aneinanderstoßenden Ecken wählt Sven erneut ein Würfelnetz aus,<br />
das er zuvor noch nicht hatte und begründet dies auch damit. Durch Betrachten des Modells<br />
kann er acht Ecken, vier oben und vier unten, am Würfel bestimmen und benennt jeweils<br />
drei als zusammenstoßend, wodurch er eine gute mentale Strukturierung des Würfels<br />
beweist.<br />
Beim Färben beginnt er durch Transferleistung mit den für ihn einfachen Ecken. Danach<br />
wendet er die Teil-geometrische-Strategie für die gelben Ecken, die Transfer-Strategie für<br />
die rosa Ecken, die Voll-geometrische-Strategie für die roten und erneut die Transfer-<br />
Strategie für die schwarzen Ecken an. Für die Färbung der grünen Ecken wendet er die<br />
Ausschluss-Strategie in Bezug auf orange und gelbe Ecken an und die letzten schwarzen<br />
Ecken bestimmt er erneut durch Transferleistung durch die grünen Ecken. Siehe dazu die<br />
unten stehende Abbildung:<br />
Sven beginnt sofort mit dem Färben der<br />
orangenen Ecken und meint: „beim Knicken<br />
sind die schon automatisch zusammen“.<br />
Er meint: „es gibt noch weitere Einfache“<br />
und färbt türkise Ecken. Danach färbt er sofort<br />
gelbe Ecken und erklärt wie einfach das<br />
Klappen dazu ging. Dann färbt er rosa Ecken<br />
und meint, es sei genau wie eben.<br />
Nach kurzer Überlegung und Betonung der<br />
nun schwereren Ecken färbt er rote Ecken<br />
und erklärt mit Handbewegungen, welche<br />
Fläche dabei welche Lage im Würfel hat. Er<br />
färbt schwarze Ecken und erklärt, dass es<br />
das Gleiche wie eben ist.<br />
Sven guckt das WN an, färbt dann grüne<br />
Ecken und erklärt, dass wenn orange und<br />
gelbe Ecken sich berühren, sich dann auch<br />
grüne Ecken berühren.<br />
Sven färbt die letzten Ecken blau und meint<br />
nicht mehr überlegen zu müssen, da er<br />
schon grüne überprüft hat und sie das Gleiche<br />
seien.<br />
55
Heterogene Leistungsfähigkeit<br />
Einfache Lösung<br />
Bei der Aufgabe zu der fehlenden Fläche scheint Jan das gefaltete Würfelnetz im Kopf kurz<br />
vor sich zu haben (Voll-geometrische-Strategie) und findet dadurch teilweise auch richtige<br />
Möglichkeiten. Beim Zusammenklappen im Kopf scheint er sich selbst zu verwirren beziehungsweise<br />
fällt ihm das Klappen der letzten Flächen offenbar schwer, weshalb er dann<br />
beim Angucken richtige Möglichkeiten auch als falsch bezeichnet. Im Folgenden ist ein<br />
Ausschnitt seiner Bearbeitung der Aufgabe dargestellt:<br />
Jan dreht das Blatt zurück, überlegt, zeichnet Möglichkeit<br />
(3) ein und dreht das Blatt erneut. Er guckt<br />
das WN wieder an, schüttelt dann den Kopf und<br />
streicht Möglichkeit (3) durch. Auf Nachfrage erklärt<br />
er, dass die beiden einzelnen Flächen aufeinander<br />
treffen (auch bei der Erklärung des Klappvorgangs<br />
mit Fingern bestätigt er dies).<br />
Jan dreht das Blatt zurück und zeichnet Möglichkeit<br />
(4) ein. Jan dreht das Blatt erneut, guckt WN<br />
(und auch noch mal Möglichkeit (3)) an und dreht<br />
das Blatt dann wieder zurück. Jan bejaht, dass<br />
diese Lösung geht.<br />
An dieser Bearbeitung ist ein räumlich-visueller<br />
Lösungsansatz zu sehen, welcher aber noch<br />
schwer fällt. Durch die Drehung des Blattes versucht<br />
er sich offenbar eine geeignetere Ansicht für<br />
den mentalen Klappvorgang zu schaffen, da er in<br />
der Raumvorstellung noch nicht so weit ist, dass er<br />
dies aus jeder Perspektive kann.<br />
Eine starke Fixierung auf das Material zeigt Clara:<br />
Auf Nachfrage, ob es weitere Möglichkeiten gibt,<br />
zuckt sie mit den Schultern. Sie sagt, sie glaube<br />
nicht. Clara probiert durch Bauen weiter, da sie<br />
meint es auf dem Papier wegen der Striche nicht so<br />
gut zu sehen.<br />
Sie probiert nacheinander Möglichkeiten (2), (3) und<br />
(4) aus. Bei den ersten beiden stellt sie fest, dass es<br />
nicht geht und zeigt am Material warum. Bei Möglichkeit<br />
(4) stellt sie fest es geht und zeichnet diese<br />
ein.<br />
Durch Bauen probiert sie weiter und stellt fest, dass<br />
auch Möglichkeit (5) nicht geht.<br />
Sie baut dann mit Quadraten weiter (ohne Bezug zur<br />
Aufgabe).Die Frage, ob es nur diese beiden Möglichkeiten<br />
gibt, bejaht sie.<br />
56
Mittlere Lösung<br />
Sven zeichnet sofort alle vier richtigen Lösungen und begründet diese:<br />
Sven erklärt mit Zeigen des Fingers, dass<br />
bei Möglichkeiten (5) und (6) ja nichts auf<br />
der (oberen) Seite ist und bei Möglichkeit (7)<br />
zwei auf der einen Seite sind (und auf der<br />
anderen Seite keiner). Bei Möglichkeit (8)<br />
wäre es ein Viereck und ein Viereck kann<br />
man nicht zu einem Würfel klappen.<br />
Auf Nachfrage warum es nur vier Möglichkeiten<br />
gibt, erklärt er, dass hier (zeigt auf Reihe<br />
oberhalb der Viererreihe) nichts ist und dort<br />
etwas hin muss.<br />
Anspruchsvolle Lösung<br />
Die fehlenden Flächen bei dem ersten Würfelnetz zeichnet Inga sofort alle vier richtig ein<br />
und begründet dies wie folgt:<br />
Als Erläuterung für ihre vier Möglichkeiten<br />
erklärt sie, dass das Fünfer-Netz zusammen<br />
geklappt ein Loch lässt und es vier Seiten<br />
neben dem Loch gibt und man dann auf vier<br />
verschiedenen Seiten klappen kann.<br />
Weiter erklärt Inga, dass diese Aufgabe ähnlich<br />
sei zum Finden aller WNe aus dem Unterricht.<br />
Dort wurde im Unterrichtsgespräch<br />
geklärt, wo bei einem solchen Fünfling eine<br />
weitere Seite angefügt werden kann. Inga<br />
konnte dieses Wissen auf diese Aufgabe<br />
übertragen (Transfer).<br />
Beim Demonstrieren ihres Lösungsweges an der Aufgabe stellt sie jedoch fest, dass beim<br />
Verschieben der einen Fläche auch gleiche Würfelnetze entstehen, die sie bereits hat. Diese<br />
Fähigkeit der schnellen Überprüfung setzt ein extrem gutes räumliches Vorstellungsvermögen<br />
voraus, da zum Überprüfen die mental entstandenen Würfelnetze nicht nur verglichen,<br />
sondern vorher dazu noch gedreht oder gespiegelt werden müssen.<br />
Individuelle Lernentwicklungsindikatoren<br />
Die individuelle Lernentwicklung lässt sich über den gesamten Zeitraum der Lernumgebung sehen,<br />
wobei verschiedene Aspekte herangezogen wurden an denen Lernfortschritte festmacht wurden,<br />
wie die folgende Auflistung zeigt:<br />
57
Individuelle Lernfortschritte bezogen auf<br />
(1) die Anzahl richtiger Lösungen,<br />
(2) die Art der Lösungen bzw. die Verwendung verschiedener Strategien (z.B. raumgeometrisch<br />
oder analytisch)<br />
(3) die Fähigkeit zur Vorstellung im Kopf bzw. die Fähigkeit zur Ablösung vom Material<br />
(4) die Bearbeitungsgeschwindigkeit der Aufgabenstellungen<br />
(5) die Transferleistung und<br />
(6) die Entwicklung und Ausdifferenzierung der Erklärungs- bzw. Verbalisierungskompetenz.<br />
Zur Heterogenität<br />
Kinder mit einfachen Lösungen<br />
- wählen einfache WN<br />
- benötigen zur Lösungsfindung Handlungsmaterial<br />
- brauchen für die Bearbeitung der<br />
Aufgaben mehr Zeit<br />
- lernen Fachvokabular bei ihren Erklärungen<br />
zu gebrauchen. Häufig<br />
findet die Erklärung durch Demonstration<br />
am Material statt und wird<br />
durch Handbewegungen unterstützt.<br />
- lernen unterschiedliche Herangehensweisen<br />
kennen und erweitern ihr<br />
Strategierepertoire<br />
- erbringen teilweise Transferleistungen<br />
Kinder mit anspruchsvollen Lösungen<br />
- wählen komplizierte WN<br />
- lösen sich schnell vom Material, verwenden<br />
Handlungsmaterial nur teilweise<br />
zur Überprüfung der bereits<br />
gefundenen Lösung<br />
- finden schnell die Lösungen (kurze<br />
Bearbeitungszeit)<br />
- haben keine oder kaum fehlerhafte<br />
Lösungen, welche in Einzelfällen sogar<br />
selbstständig und ohne Hinweis<br />
korrigiert werden<br />
- entwickeln ihre Begründungen weiter<br />
und können zum Teil gut verständliche<br />
Erklärungen liefern<br />
- festigen den Umgang mit einer für sie<br />
erfolgreichen Strategie und / oder<br />
probieren verschiedene Strategien<br />
aus<br />
- erbringen schnell eindeutige Transferleistungen<br />
(erkennen strukturelle<br />
Gemeinsamkeiten innerhalb von Aufgaben<br />
und zwischen unterschiedlichen<br />
Aufgaben)<br />
Es hat sich gezeigt, dass alle Kinder sich beim Lösen der Aufgaben weiterentwickeln. Das<br />
Ausmaß der Fortschritte ist allerdings sehr unterschiedlich. Durch die Auswertung ist zu<br />
sehen, dass die Kinder mit eher schwachem räumlichem Vorstellungsvermögen oft auf das<br />
Handlungsmaterial zurückgreifen. Sie benutzen zur Lösung der Aufgaben größtenteils Vollgeometrische-Strategien<br />
und können durch vermehrten Gebrauch dieser Strategien ihr<br />
Raumvorstellungsvermögen allmählich gut weiterentwickeln. Wir konnten darüber hinaus<br />
feststellen, dass generell die erste Strategie zum Aufbau der Raumvorstellung die Vollgeometrische-Strategie<br />
darstellt, mit der man zunächst alle Teile des Objektes mental faltet<br />
um ein Gesamtbild und ein übergreifendes Verständnis zu bekommen. Kinder mit schwachem<br />
räumlichem Vorstellungsvermögen, die anfangs bereits auf die Teil-geometrische-<br />
Strategie zurückgreifen, haben meist Probleme mit dem Ausführen des kompletten Faltvorgangs<br />
im Kopf und vernachlässigen daher einzelne Teile des Objektes. Dies kann gerade<br />
in der anfänglichen Entwicklungsphase der Raumvorstellung zu fehlerhaften Lösungen führen,<br />
da ihnen der Gesamtüberblick noch fehlt und somit beispielsweise eventuelle Überlappungen<br />
einzelner Flächen nicht gesehen werden können. Anders ist es mit der Teil-<br />
58
geometrischen-Strategie bei Kindern mit bereits gut ausgebildetem räumlichem Vorstellungsvermögen,<br />
da dort bewusst auf die mentale Faltung einzelner Objektteile verzichtet<br />
wird. Dabei fehlt ihnen meist nicht der Gesamtüberblick und einzelne Bereiche werden vernachlässigt,<br />
um schneller und effektiver zur Aufgabenlösung zu kommen.<br />
Kinder des unteren Leistungsniveaus greifen auf räumlich-visuelle Strategien neben dem<br />
Handlungsmaterial zur Bearbeitung von Würfelnetzaufgaben vermehrt zurück. Die analytische<br />
Strategie ist von Kindern des unteren Leistungsniveaus so gut wie gar nicht verwendet<br />
worden, da diese Strategie für die Lösung der Aufgabe eine verinnerlichte Raumvorstellung<br />
voraussetzt, die ein Anwenden voll- oder teilgeometrischer Strategien überflüssig<br />
macht.<br />
Die Kinder mit gutem Raumvorstellungsvermögen zeichnen sich einerseits durch sehr viel<br />
mehr Routine aus, da sie in kürzerer Zeit im Unterricht eine größere Anzahl an Aufgaben<br />
bearbeiten und konnten andererseits durch den bewussten Verzicht auf das Material auch<br />
ihr Raumvorstellungsvermögen besser weiterentwickeln. Sie konnten ihr Wissen meist<br />
recht sicher auch auf veränderte Aufgabentypen übertragen (Transfer-Strategien) und teilweise<br />
eigene Strategien überlegen mit denen sie weiterarbeiten konnten.<br />
Außerdem war bei den eher leistungsstarken Kindern zu beobachten, dass sie im Verlauf<br />
der Würfelnetzeinheit sehr viel kritischer mit ihren eigenen Lösungen umgehen und durch<br />
ein hohes Niveau des räumlichen Vorstellungsvermögens diese sehr schnell und sicher<br />
selber im Kopf überprüfen und korrigieren können.<br />
Was hat sich bewährt? Was könnte man ändern?<br />
Die zwei Teile der Lernumgebung sollten zeitlich getrennt angeboten werden (z.B. Würfeleigenschaften<br />
Ende Klasse 2, Würfelnetze Klasse 3 und Ende Klasse 3 oder Anfang Klasse<br />
4 die Spiele und Stationen dazu).<br />
Für leistungsstarke Kinder empfiehlt sich die Erweiterung der Stationen mit anspruchsvolleren<br />
Aufgaben, z.B. Bänder um einen Würfel (Behrens, 2008: 28ff).<br />
59