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Stadtfeld, Tobias (2013) - Sprachwissenschaftliches Institut - Ruhr ...

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18 Kapitel 2: Was ist Zählbarkeit?<br />

die einen nicht zu verachtenden Anteil im Wortschatz einer Sprache ausmachen,<br />

werden in der Literatur leider häufig (gerade wegen dieser Probleme) vollständig bei<br />

Analysen zur Zählbarkeit ausgeschlossen. Jedoch ist eine Klassifikation dieser<br />

Substantive nicht prinzipiell unmöglich, wie wir bei der noch folgenden Darstellung<br />

der konzeptuellen Sichtweise sehen werden. Allerdings gestaltet es sich schwierig<br />

einen abstrakten Begriff wie Ehrfurcht oder aber Gewissen auf die ontologischen<br />

Kriterien der Kumulativität, Distributivität und Homogenität zu testen, da diese<br />

Abstrakta bzw. ihre Eigenschaften nicht problemlos aus unserer Umwelt abgeleitet<br />

werden können.<br />

In diesem Zusammenhang erweisen sich auch Kollektiva als höchst problematisch,<br />

die per (zunächst hier in vereinfachter) 12 Definition auf einen Verbund mehrerer<br />

Entitäten referieren. Obst existiert nicht als ein klar abzugrenzendes Objekt, sondern<br />

verweist lediglich auf eine Summe mehrerer Früchte, wie Äpfel, Birnen oder<br />

Bananen. Nichtsdestotrotz sind sprachliche Äußerungen wie esst mehr Obst häufig<br />

im Sprachgebrauch anzutreffen. Hier spricht die Verwendung des Quantors mehr, in<br />

Verbindung mit der vorliegenden Singularform des Substantivs Obst, für eine nichtzählbare<br />

Interpretation (zumindest den Regeln der grammatikalischen/syntaktischen<br />

Sichtweise folgend). Ob dies auch den Kriterien der ontologischen Sichtweise<br />

folgend der Fall ist, bleibt zunächst offen.<br />

Eine weitere Problematik der ontologischen Sichtweise ist, dass Sprecher einer<br />

Sprache durchaus mehrere Möglichkeiten haben, ein Objekt oder eine Situation zu<br />

konzeptualisieren und somit auch mehrere Arten existieren können, auf diese zu<br />

referieren. Quirk et al. (1985) vermerken dazu die folgenden, in ihrer Aussage nahezu<br />

identischen Sätze: 13<br />

(42) He used bricks to build the house. (zählbare Lesart)<br />

(43) The house is built of brick. (nicht-zählbare Lesart)<br />

Wenig überraschend ist hierbei, dass die Möglichkeit zur Konzeptualisierung und<br />

dem damit verbundenen Wechsel in der Zählbarkeit auch im Deutschen besteht:<br />

(44) Das Haus ist aus Steinen gebaut. (zählbare Lesart)<br />

(45) Das Haus ist aus Stein gebaut. (nicht-zählbare Lesart)<br />

Bei derartigen Substantiven ist der Unterschied zwischen der zählbaren und nichtzählbaren<br />

Lesart ontologisch weiterhin nachzuvollziehen. In (44) ist eindeutig von<br />

einzelnen klar abgrenzbaren Objekten die Rede, während in (45) auf das Material,<br />

aus dem diese Objekte bestehen, referiert wird. Demzufolge ließen sich zwei<br />

Lexikoneinträge für beide Bedeutungsvarianten definieren, um diesen Unterschied in<br />

12 Siehe 4.2.1 für eine ausführlichere Definition und Beschreibung dieses Terms.<br />

13 Bei diesen Sätzen ist es unerheblich, dass die erbauten Häuser wahrscheinlich auch aus anderen weiteren Materialien<br />

(Fensterglas, Dachziegeln etc.) bestehen. Der Fokus liegt sowohl bei der zählbaren, als auch bei der nicht-zählbaren<br />

Interpretation auf dem primär verwendeten Baustoff.

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