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Stadtfeld, Tobias (2013) - Sprachwissenschaftliches Institut - Ruhr ...

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2 Kapitel 1: Einleitung<br />

Betrachtung dieses Phänomens als rein arbiträres Merkmal, über ontologisch<br />

begründete Modelle (die Beschaffenheit des realen Referenten ist hierbei also<br />

entscheidend) hin zu Sichtweisen, die die Zählbarkeit als Resultat des jeweilig<br />

gegebenen Kontextes interpretieren, bis schlussendlich zur Sicht, dass Zählbarkeit ein<br />

konzeptuelles und lexikalisiertes Merkmal des Substantivs selbst ist.<br />

Eine mögliche Erklärung der gegebenen beispielhaften Sätze ist somit die<br />

Annahme, dass in (1) Haare als abzählbar (alle 100.000 Haare sollen geschnitten<br />

werden) und somit zählbar konzeptualisiert wird. In (2) hingegen werden nicht<br />

einzeln abzählbare Haare bezeichnet, sondern es wird stattdessen über die Masse oder<br />

das Volumen von Haaren quantifiziert, was zu einer nicht-zählbaren Interpretation<br />

führt. Dies entspräche einer Sicht auf Zählbarkeit, in der diese ein lexikalisiertes und<br />

primär konzeptuell bedingtes Phänomen ist.<br />

Bedeutet dies, dass Muttersprachler des Englischen ihre Umwelt anders<br />

wahrnehmen als Sprecher des Deutschen? Wenn ja, worin besteht der Unterschied in<br />

der Wahrnehmung des durch den Term Haar Referierten für beide Sprachen genau?<br />

Wenn dem so ist, warum kann ein Sprecher des Deutschen die Bitte, ihm die Haare<br />

zu schneiden auch mit dem Term Haar im Singular äußern?<br />

(6) Könntest du mir bitte das Haar schneiden?<br />

Der Sichtweise einer lexikalisierten Zählbarkeit folgend, müsste Haar im Deutschen<br />

als ein Dual-Life-Substantiv 3 , d. h. als ein Substantiv mit einer dualen<br />

Konzeptualisierung, klassifiziert werden. Einmal als ein zählbares Konzept in dem<br />

jedes Haar einzeln abgezählt werden kann und im zweiten Fall als nur<br />

quantifizierbares nicht-zählbares Konzept. 4 Diese Wahlmöglichkeit besteht für hair<br />

im Englischen nicht und erfordert für eine explizite abzählbare Interpretation<br />

zwingend die Verwendung eines Klassifikators.<br />

(7) Could you please cut my 100.000 strings of hair?<br />

Ohne einen Klassifikator (strings in (7)), der diese Individualisierung gewährleistet,<br />

ist es einem Rezipienten nicht möglich, einzelne Individuen aus der Masse hair zu<br />

isolieren und entsprechend zu zählen.<br />

„The idea that mass terms do not individuate their references explains why they cannot be<br />

combined with numerals: one wouldn`t know what to count, so the numerical information<br />

would make no sense, and neither would quantifiers, like several, many, both, that presuppose<br />

countability.“<br />

(Bunt, 2009, S. 522)<br />

Dem zweiten großen rivalisierenden Erklärungsmodell folgend, ist Zählbarkeit<br />

3 Pelletier (2010b) verwendet den Begriff dual life, Huddleston und Pullum (2002) schreiben hingegen von dual use<br />

Substantiven.<br />

4 Sofern Pragmatik und Weltwissen zunächst vernachlässigt wird, kann (6) durchaus auch als eine Bitte interpretiert werden,<br />

exakt ein einziges Haar zu schneiden.

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