Bericht (pdf) - Liechtenstein-Institut, Bendern
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tungsebenen bestehen enge Verbindungen, die in der Regel durch eine Entsendung bzw. Wahl<br />
‚von unten nach oben‘ gewährleistet werden sollen. Jedes Gremium wählt für die Zeit zwischen<br />
seinen Sitzungen ein Leitungsorgan, dessen Entscheidungen später vom gesamten Kollegium<br />
bestätigt (oder aufgehoben) werden müssen. Die Namen dieser Leitungsorgane variieren<br />
von Landeskirche zu Landeskirche.<br />
3.4 Pragmatisierung des Kirchenbezuges<br />
Auf die Herausforderungen der Moderne reagierten die beiden Grosskirchen mit einem verstärkten<br />
Ausbau ihrer Organisationsstruktur und versuchten, durch effizientere Organisation<br />
ihren Einfluss zu wahren. Die Sozialform der Kirchen veränderte sich in Richtung professionell<br />
geführter Grossorganisationen. Das Zentrum bilden gut ausgebildete Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Ein kleiner Teil aktiver Mitglieder unterhält einen regen Austausch mit der<br />
Kernorganisation und verwirklicht gewissermassen exemplarisch den Sinn der Organisation.<br />
Motiv und Sinn der Mitgliedschaft beschränken sich für die Mehrheit der Kirchenmitglieder<br />
auf die Überzeugung der Existenznotwendigkeit der Organisation und dessen, wofür sie steht,<br />
ohne sich mit ihren zentralen Leitvorstellungen zu identifizieren.<br />
Bindung an die Kirche wird in hohem Masse erzeugt über Dienstleistungen. Ein Motiv, die<br />
Kirchenmitgliedschaft nicht aufzukündigen, liegt in den Leistungen, die die Kirchen für die<br />
Gesellschaft erbringen. Wenn nicht für sich selbst, so wird Kirche doch als hilfreich und<br />
wichtig angesehen für andere. Man billigt der Kirche hohe Bedeutung zu, zwar nicht für sich<br />
selbst, doch für die Menschen im Allgemeinen. lm Vordergrund der Wahrnehmung und wohl<br />
auch der Erwartungen sieht dabei die Diakonie am einzelnen, d. h. die Bewältigung von Problemen,<br />
welche in anderen Gesellschaftsbereichen nicht oder nur mangelhaft bewältigt werden<br />
können oder dort produziert werden. Immer noch weit verbreitet scheint der Glaube an die<br />
Orientierungsfunktion der Kirchen zu sein.<br />
Die Kirche interessiert im Blick auf den Nutzen, den sie subjektiv dem einzelnen tatsächlich<br />
oder vermeintlich erbringt. Ein pragmatisches Verhältnis zur <strong>Institut</strong>ion Kirche besagt, dass<br />
der Status der Kirchenmitgliedschaft nicht als innere Verpflichtung der Kirche gegenüber<br />
aufgefasst wird. lm Blickpunkt steht pragmatisches Abwägen persönlicher Vor- und Nachteile.<br />
Das Verhältnis zur Kirche wird in der gleichen Perspektive thematisiert wie die Beziehung<br />
zu anderen Organisationen in unserer Gesellschaft auch. Eine innere Beziehung zur Kirche ist<br />
vorhanden, wo sie für den einzelnen in seine Erlebnis- und Vorstellungswelt integrierbar ist<br />
und zu seiner Selbstthematisierung beiträgt.<br />
Kirchenmitgliedschaft wird von der Mehrheit aus Gründen der Tradition nach wie vor beibehalten,<br />
die Realisierung und Aktualisierung der mit der Kirchenmitgliedschaft verbundenen<br />
Erwartungen ist jedoch abhängig von je situativ und individuell gegebenen Veranlassungsmomenten.<br />
Zu einer Angelegenheit freiwilliger Option werden Leistungen, die sich nicht unmittelbar<br />
aus der Mitgliedschaftsrolle ergeben. Beziehung zur Kirche wird nur aufgenommen,<br />
wenn man das Gefühl hat, dass diese Beziehung einem etwas bringt, zur Bewältigung des<br />
Alltags beiträgt. Kirche interessiert in bezug auf den lebenspraktischen, subjektiven Nutzen,<br />
den sie dem einzelnen zu bieten vermag.<br />
Es sind die religiösen Bedürfnisse im eigenen Leben, welche die Art und Weise der individuellen<br />
Beziehung zur Kirche weitgehend steuern und bestimmen oder doch die Kriterien des<br />
Verhaltens geben. Damit erhält die Beziehung zur Kirche einen stark voluntaristischen, pragmatischen,<br />
persönlich subjektiven Charakter.<br />
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