Bericht (pdf) - Liechtenstein-Institut, Bendern
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insbesondere das Steuerbezugsrecht, der erleichterte Zugang zu öffentlichen Einrichtungen<br />
(Schulen, Spitäler, Gefängnisse etc.), die Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen<br />
Schulen.<br />
Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft enthält nur zwei religionsrechtliche<br />
Bestimmungen:<br />
Art. 15 gewährleistet die Glaubens- und Gewissensfreiheit.<br />
Art. 72 hält fest, dass die Kantone für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche<br />
und Staat zuständig sind, und verpflichtet zur Wahrung des Religionsfriedens.<br />
Dass die Kantone für die Regelung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat zuständig<br />
sind, hat historische Gründe: Die römisch-katholischen, die evangelisch-reformierten und die<br />
paritätischen Kantone entwickelten je eigene Modelle. Das friedliche Mit- und Nebeneinander<br />
unterschiedlicher Konfessionen konnte in der Entstehungszeit des schweizerischen Bundesstaates<br />
im 19. Jahrhundert nur gewährleistet werden, indem man das Thema Religion auf eidgenössischer<br />
Ebene ausklammerte.<br />
Die Regelungen des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind von Kanton zu Kanton<br />
verschieden. Entsprechend unterschiedlich sind die staatskirchenrechtlichen Rahmenbedingungen<br />
für die katholische Kirche und die Modelle der Kirchenfinanzierung.<br />
Als öffentlich-rechtliche Körperschaften werden vom Kanton St. Gallen (Art. 109 der Kantonsverfassung)<br />
die folgenden Religionsgemeinschaften anerkannt:<br />
a) der Katholische Konfessionsteil und seine Kirchgemeinden;<br />
b) die Evangelische Kirche und ihre Kirchgemeinden;<br />
c) die Christkatholische Kirchgemeinde;<br />
d) die Jüdische Gemeinde.<br />
Die Religionsgemeinschaften sind autonom (Art. 110). Das Gesetz kann ihnen laut Kantonsverfassung<br />
Steuerhoheit gewähren und den Steuerbezug durch den Staat vorsehen. Beides ist<br />
heute der Fall. Die öffentlich-rechtliche Anerkennung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft,<br />
die mit den drei Stichworten Rechtsstaatlichkeit, demokratische Organisationsform<br />
und finanzielle Transparenz umrissen werden können.<br />
Dies hat zur Folge, dass die römisch-katholische Kirche im Kanton St. Gallen eine rechtliche<br />
Doppelstruktur aufweist: eine kirchen-rechtliche und eine staatskirchenrechtliche Form. Kirchenrechtlich<br />
gesehen ist die römisch-katholische Kirche der Schweiz aufgrund ihrer eigenen<br />
Verfassung (CIC) wie überall auf der Welt eine hierarchisch strukturierte Glaubensgemeinschaft.<br />
Parallel dazu besitzt sie als öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaft eine<br />
vom staatlichen Recht geformte, nach demokratischen Grundsätzen geordnete staatskirchenrechtliche<br />
Organisationsstruktur in Form von Kirchgemeinden und der Kantonalkirche. Diese<br />
sind dem öffentlichen Recht unterstellt und verfügen über die administrativ-finanzielle Kompetenz<br />
und das Recht, eine Kirchensteuer zu erheben. Der Name dieser staatskirchenrechtlichen<br />
Körperschaft: Katholischer Konfessionsteil des Kanton St. Gallen.<br />
Daraus ergibt sich als Besonderheit eine duale Leitungsstruktur: Die inner-kirchliche Leitungs-<br />
und Ämterstruktur, wie sie durch das Kirchenrecht definiert ist, und die staatskirchenrechtliche<br />
Struktur, die sich an der jeweiligen demokratischen Situation und Struktur des Kantons<br />
orientiert.<br />
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