Bericht (pdf) - Liechtenstein-Institut, Bendern
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dungszwängen erlösen, da für alle Lebensbereiche verbindliche Verhaltensvorgaben gemacht<br />
werden.<br />
Einheit vor Vielfalt<br />
Heterogenität und Pluralität in den eigenen Reihen kennen die Freikirchen nicht. Sie führen<br />
Menschen zusammen, die einander ähnlich sind. Man trifft sich, weil man sich gleicht. Ähnliche<br />
Alltagserfahrungen, Erlebnisse, Persönlichkeitsprofile, gleiche Interessen und Bedürfnisse,<br />
miteinander geteiltes religiöses Selbst- und Lebensbewusstsein schaffen Gemeinsamkeiten.<br />
Der Zwang zur Selbstfindung, um angesichts der Fülle von Möglichkeiten überhaupt Orientierung<br />
zu gewinnen, erzeugt starke Motive zur Abstützung des eigenen Lebensentwurfes<br />
durch Gleichgesinnte. Freikirchen zeichnen sich durch Einmütigkeit in der Lebensgestaltung<br />
und im Glauben aus.<br />
Der Freiraum für Patchwork-Religiosität ist in der Volkskirche gross, in Freikirchen mit ihren<br />
ganzheitlichen und eindeutigen Lebensentwürfen ist dieser Freiraum nicht vorhanden.<br />
Freikirchen bilden Kristallisationspunkte religiösen Lebens, Intensivformen christlichen Lebens,<br />
in denen sich in gegenseitiger Begegnung christliche Identität entwickelt und entfaltet.<br />
Dies setzt wechselseitige Zuwendung, Wir-Beziehungen, voraus. In der Identifikation mit<br />
anderen gewinnt der Einzelne seine religiöse Identität. Authentische, lebensbestimmende religiöse<br />
Identität wird in der Zugehörigkeit zu einer Freikirche gesucht, die dem persönlich bevorzugten<br />
religiösen Stil entspricht, in deren Zentrum das Bemühen um biographisch alltagsbezogene,<br />
gemeinsam gelebte Religiosität steht.<br />
Freikirchen zeichnet eine ganzheitliche Praxis gelebten Glaubens aus, zwischenmenschliche<br />
Abstützung im Glauben und insbesondere die Erfahrung von christlicher Gemeinschaft.<br />
6.4 Konstitutive Besonderheiten des freikirchlichen Christentums<br />
Im Unterschied zu den grossen Landeskirchen, der protestantischen und katholischen Kirche,<br />
zeichnen sich die Freikirchen in Bezug auf ihr Selbstverständnis durch folgende vier Besonderheiten<br />
aus:<br />
1. Individuelle Bekehrung. Die Bekehrung ist die individuelle Aneignung des Heils, welches<br />
durch den Erlösungstod Jesu geschaffen wurde. Freikirchliche gehen davon aus, dass Christen<br />
sich zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder in einem Zeitraum) zu einem Leben als Christ entscheiden,<br />
d.h. bekehren müssen. In diesem Zeitpunkt nimmt das Individuum die Sündenerlösung<br />
durch den Kreuzestod Jesu Christi für sich selbst an, wendet sich von seinem bisherigen<br />
sündigen Leben ab und führt von nun an ein neues, geistliches Leben. Anstelle von Bekehrung<br />
spricht man in den Freikirchen auch von Wiedergeburt. Freikirchliche Kreise sind überzeugt,<br />
dass es einer solchen individuellen Wandlung bedürfe, bevor man sich taufen lässt. Sie<br />
treten daher normalerweise für die Erwachsenentaufe ein.<br />
2. Betonung der Erlösungstat Jesu Christi. Für Angehörige von Freikirchen sind der Kreuzestod<br />
Jesu Christi und die nachfolgende Auferstehung der wichtigste Moment der Geschichte<br />
wie auch in ihrem persönlichen Leben. Es ist dieser Vorgang, welcher ihrer Ansicht nach das<br />
Heil für die Menschheit und für den Einzelnen verspricht.<br />
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