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Vom Feld zum Bahnhof wie auf dem Fliessband - Liebegg

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Nr. 24/2012 I die grüne<br />

Zusammenarbeit I PFLANZENBAU<br />

Fast ohne Unterbruch~ist die «Bahnratte» während der Zuckerrübekampagne im Einsatz. Transportequipen bringen die Zuckerrüben nach<br />

einem genauen Plan <strong>zum</strong> <strong>Bahnhof</strong>, so dass die Bahnratte fortl<strong>auf</strong>end Rüben <strong>auf</strong> die Bahnwagen verladen kann.<br />

<strong>Vom</strong> <strong>Feld</strong> <strong>zum</strong> <strong>Bahnhof</strong><br />

<strong>wie</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Fliessband</strong><br />

Im Grossraum Aargau verladen die Zuckerrübenpflanzer ,ihre Rüben gemeinsam und<br />

als Genossenschaft organisiert. Damit konnten sie den Bahntransport erhalten und<br />

haben weniger administrativen Aufwand als zuvor. Das Modell hat sich so bewährt,<br />

dass die Zahl der Genossenschafter von anfänglich 62 <strong>auf</strong> 200 angestiegen ist.<br />

Eine ganze Woche ist der<br />

<strong>Bahnhof</strong> Dottikon-Dintikon<br />

in der Nähe von<br />

Lenzburg im Herbst in der<br />

Hand der Zuckerrüben. Von<br />

frühmorgens bis am Abend<br />

fahren Traktoren mit Anhängern<br />

voll mit Zuckerrüben <strong>auf</strong><br />

den Verladeplatz. Dort ist die<br />

so genannte «Bahnratte» im<br />

Dauereinsatz: Sie lädt die angelieferten<br />

Rüben sorgfältig in<br />

die bereitstehenden Bahnwagen.<br />

Sind am Abend alle Wagen<br />

gefüllt, werden sie von<br />

der SBB zur Zuckerfabrik in<br />

Frauenfeld gebracht.<br />

Dass die Aargauer Rüben<br />

per Bahn nach Frauenfeld<br />

transportiert werden können,<br />

ist nicht selbstverständlich.<br />

Denn zehn Jahre zuvor schien<br />

es, als ob künftig keine Rüben<br />

mehr per Bahn transportiert<br />

werden. Der Rübenanbauer<br />

und Lohnunternehmer Jakob<br />

Gebhard erinnert sich: «Damals<br />

schloss die SBB viele<br />

kleine Verladestationen, und<br />

gleichzeitig verlangte die Zuckerfabrik,<br />

dass die Rübentransporte<br />

billiger werden.»<br />

Die aargauischen Rübenproduzenten<br />

standen vor einem<br />

Problem: Der Transport <strong>auf</strong><br />

der Strasse wäre wegen der<br />

grossen Distanz sehr zeit<strong>auf</strong>wendig,<br />

zu<strong>dem</strong> würde der<br />

Weg durch den verkehrsintensiven<br />

Grossraum Zürich führen.<br />

«Für uns war klar, dass<br />

der Transport <strong>auf</strong> der Strasse<br />

keine Alternative <strong>zum</strong> Bahntransport<br />

war», sagt Jakob<br />

Gebhard. Aber Aufgeben wollten<br />

die Landwirte den Zuckerrübenanbau<br />

auch nicht.<br />

Mindestens 15 Wagons sind<br />

mit Zuckerrüben zu füllen<br />

Eine Lösung war nötig, und<br />

Jakob Gebhard, der im Vorstand<br />

der Ostschweizer Vereinigung<br />

der Zuckerrübenpflanzer<br />

(OVZ) ist, hatte auch eine<br />

Idee, <strong>wie</strong> diese aussehen<br />

könnte: Wenn die Zuckerrüben<br />

effizient vom <strong>Feld</strong> an den<br />

<strong>Bahnhof</strong> gebracht und ganze<br />

Güterzüge beladen werden<br />

könnten, wäre ein Bahnverlad<br />

an gewissen Bahnhöfen weiterhin<br />

möglich. Denn die SBB<br />

war grundsätzlich bereit, Rüben<br />

zu transportieren, wenn<br />

an einem <strong>Bahnhof</strong> ein Güterzug<br />

von 15 bis 20 Wagen gefüllt<br />

werden konnte. «Wir benötigten<br />

somit leistungsfähige<br />

Verla<strong>dem</strong>aschinen so<strong>wie</strong> eine<br />

Koordination zwischen den<br />

Landwirten, damit wir gemeinsam<br />

möglichst viele<br />

Bahnwagen in kurzer Zeit beladen<br />

konnten», erklärt Jakob<br />

Gebhard.<br />

Für den effizienten Verlad<br />

der Rüben vom <strong>Feld</strong> in den<br />

Anhänger gab es damals bereits<br />

die Verla<strong>dem</strong>aschine<br />

«<strong>Feld</strong>maus» der deutschen<br />

Firma Ropa. Diese kann pro<br />

Stunde bis 200 Tonnen Zuckerrüben<br />

laden. Doch es<br />

fehlte eine entsprechende<br />

leistungsfähige Maschine am<br />

<strong>Bahnhof</strong>, welche die Rüben<br />

vom Anhänger <strong>auf</strong> den Bahnwagen<br />

umlädt. Jakob Gebhard<br />

hatte deshalb eine weitere<br />

Idee: «Wenn wir eine <strong>Feld</strong>maus<br />

für den Einsatz am<br />

<strong>Bahnhof</strong> umbauen würden,<br />

hätten wir leistungsfähige Ma-


PFLANZENBAU I Zusammena rbeit die grüne I Ne 24/2012<br />

Auf den <strong>Feld</strong>em verlädt die «<strong>Feld</strong>maus» ein es Lo hunte mehmers<br />

die Rüben <strong>auf</strong> die Anhänger.<br />

schinen sow&hl <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Feld</strong><br />

<strong>wie</strong> auch am <strong>Bahnhof</strong>» Doch<br />

leistungsfiihige Maschinen<br />

<strong>auf</strong><strong>dem</strong> Fel il und am <strong>Bahnhof</strong><br />

genügten nicht. Auch der<br />

1Tansport vom <strong>Feld</strong> bis <strong>zum</strong><br />

<strong>Bahnhof</strong> musste effizient organisiert<br />

sein. «Ich stellte mir<br />

deshalb einen Verein vO!; der<br />

den Verlad gemeinsam organisiert<br />

und auch Besitzer<br />

einer Verla<strong>dem</strong>aschine am<br />

<strong>Bahnhof</strong> ist», erklärt Jakob<br />

Gebhard seine Vision.<br />

Rübenumschlag Aargau vor<br />

elf Jahren gegründet<br />

Jakob Gebhard suchte deshalb<br />

zusammen mit Peter Webel~<br />

Pflanzenbaulehrer an der<br />

landwirtschaftlichen Schule<br />

<strong>Liebegg</strong>, nach weiteren Landwirte<br />

n, die sich an einem organisierten<br />

Rübenverlad beteiligen<br />

wollte n. In der Anfangsphase<br />

im Jahr 2001 beschränkte<br />

n sie sich dabei<br />

<strong>auf</strong> die verladestation Wildegg<br />

und Dottikon-Dintikon, da die<br />

SBB diese zwei Verladestation<br />

en auch für die Zukunft zusicherte.<br />

Allerdings waren<br />

nicht all e Landwirte f euer<br />

und Flamme für die geplante<br />

ZUS


Nr. 24/2012 I die grüne<br />

Zusammenarbeit I PFLANZENBAU<br />

fast <strong>wie</strong> <strong>auf</strong> einem <strong>Fliessband</strong>.<br />

Ein weiterer Vorteil der 'Il"ansportequipe<br />

sei, dass ein Landwirt<br />

am Verladetag seiner R(iben<br />

nicht zwingend vor Ort<br />

sein müsse. (( Ist er verhindert,<br />

so springt ein anderer Landwirt<br />

aus <strong>dem</strong> Vere in für ihn<br />

ein», erklärt Thomas Vögeli<br />

das System. Auch wenn ein<br />

Landwirt nicht fahren wolle,<br />

sei das kein Problem, solange<br />

sich andere Fahrer finden.<br />

Für ihre Fahrten erhalten die<br />

Landwirte je nach Kilometeranzahl<br />

eine Vergütung <strong>auf</strong> der<br />

'Il"ansportabrechnpng, <strong>auf</strong> der<br />

die Saldi jeweils 1ns nächste<br />

Jahr mitgenommen werden.<br />

Für den reibungslosen Abl<strong>auf</strong><br />

des Verlads und der<br />

'Il"ansporte ist ein Tageschef<br />

zuständig. Er ist Ansprechperson<br />

bei Problemen vor Ort<br />

und erstellt beispielsweise<br />

für die 'Il"ansportequipe Pläne,<br />

<strong>auf</strong> denen vermerkt ist,<br />

welche <strong>Feld</strong>er in welcher Reihenfolge<br />

und <strong>auf</strong>weichen Wegen<br />

anzufahren sind. Zu<strong>dem</strong><br />

ist er auch dafür verantwortlich,<br />

dass der Ve rladeplatz jeden<br />

Abend gereinigt wird.<br />

Rübenumschlag kümmert<br />

sich ums Administrative<br />

Wenn die Landwirte der<br />

'Il"ansportequipe am <strong>Bahnhof</strong><br />

ankommen, informieren sie<br />

den Fahrer der Bahnratte, von<br />

welchem Landwirt die R(iben<br />

stammen und <strong>wie</strong> viele Kubikm<br />

eter es ungetahr sind. Dann<br />

leeren sie die Rüben direkt in<br />

de n Vorbau der Bahnratte.<br />

Von dort gelangen sie per Förderband<br />

in den Bahnwagen.<br />

Der Fahrer der <strong>Bahnhof</strong>ratte<br />

füllt dann den Lieferschein<br />

des entsprechenden Bahnwagens<br />

aus und notiert dar<strong>auf</strong><br />

sowohl Gewicht <strong>wie</strong> auch Lieferant<br />

dieser Wagenladung.<br />

Der einzelne Landwirt muss<br />

sich somit nicht um Lieferscheine<br />

kümmern.<br />

Wenn die Bahnwagen he i<br />

der Zuckerfabrik f'rauenfeld<br />

ankommen, wird von der Ladung<br />

jedes Bahnwagens eine<br />

Zuckerprobe gezogen. Weil jeder<br />

Bahnwagen einem Landwirt<br />

zugeordnet ist, kann die<br />

Zuckerfabrik die tatsächlich<br />

gelieferte ZLlckermenge bezahlen.<br />

Vo m theoretisch ausbezahlten<br />

Betrag zieht die<br />

ZuckelTübenfabrik pro Thnne<br />

noch einen Betrag ab für die<br />

Leistungen der <strong>Feld</strong>maus, der<br />

Bahnratte so<strong>wie</strong> der administrativen<br />

Arbeit von Thomas<br />

Vögeli. Die abgezogenen Beträge<br />

zahlt sie dann direkt den<br />

Lohnunternehmern der <strong>Feld</strong>maus<br />

so<strong>wie</strong> <strong>dem</strong> Rübenumschlag<br />

Aargau aus. . Dieses<br />

System hat einen riesigen Vortei]",<br />

sagt Thomas Vögeli.<br />

«Lohnunternehmer und der<br />

Rübenumschlag erhalten das<br />

Geld für ihre Leistungen direkt,<br />

und wir müssen die Verladekosten<br />

nicht bei je<strong>dem</strong><br />

Landwirt einzeln in Rechnung<br />

stellen." Für welchen Preis<br />

die Bahnratte arbeitet, richtet<br />

sich nach der Auslastung und<br />

auch nach allf;ll1igen Reparaturkosten.<br />

«Anfangs Kampagne<br />

kommunizieren wird de n<br />

Landwirten den Maximalpreis,<br />

dieser liegt in der Regt;)<br />

hei 2,2 Franken pro 1hnne»,<br />

erklärt Thomas Vögeli. Wenn<br />

sich dann aber zeige, dass die<br />

Bahnratte kostengünstiger gearbeitet<br />

habe, beispielsweise<br />

weil nur wenig Reparaturen<br />

annden, we rde der Preis<br />

nach unten korrigiert und<br />

der tiefere Preis verrechnet.<br />

Im Durchschnitt werden einem<br />

Landwirt zwei Franken<br />

pro Tbnne Zuckerrüben für<br />

die B"hnratte abgezogen, zusätzlich<br />

zu den 2,0 Franken<br />

pro Tbnne für die <strong>Feld</strong>maus.<br />

Weil die Rühen dank den<br />

zwei professionellen Verla<strong>dem</strong>aschinen<br />

meist sehr sauber<br />

angeliefert werden, können<br />

viele Landwirte zu<strong>dem</strong> vom<br />

Bonus für geringen Fremdbesatz<br />

profitieren.<br />

Überregional gewachsen<br />

Der Rühenumschlag Aargau<br />

existiert nun bereits seit elf<br />

Jahren. In dieser Zeit ist er<br />

ständig gewachsen, aktuell<br />

sind 200 Landwirte Mitglied.<br />

Thomas Vögeli und Jakob Gebhard sind zwei der tre ibenden Kräfte<br />

beim Rübenumschlag Aargau.<br />

Vor sechs Jahren wurde der<br />

Verein in eine Genossenschaft<br />

umgewandelt, da diese<br />

Form vom Handelsregisteramt<br />

vorgeschrieben wurde.<br />

Unterdessen verlädt der Rübenumschlag<br />

Aargau <strong>auf</strong> 15<br />

Bahnhöfen und deckt auch einige<br />

Regionen in den Kantonen<br />

Baselland, Luzern, Zug<br />

und Zürich ab. «Es läuft sehr<br />

gut, die Organisation ist stetig<br />

mitgewachsen und funktioniert<br />

bestens", freut sich Jakob<br />

Gebhard über den Erfolg,<br />

der seine Idee hat. Dass der<br />

Ve rein unterdessen <strong>auf</strong> 15<br />

Bahnhöfen verlade, habe sich<br />

im L<strong>auf</strong> der Zeit von selbst so<br />

ergeben. «Andere Rübenproduzente<br />

n sind <strong>auf</strong> uns zugekommen,<br />

als der Druck der<br />

SBB und der Zuckerfabrik zunahm<br />

und sie auch nach Lösungen<br />

tiir kostengünstige<br />

'Il"ansporte suchen mussten",<br />

erklärt er.<br />

Auch Thomas Viigeli ist zufrieden<br />

mit der Entwicklung.<br />

«Unterdessen hat sich alles<br />

eingespielt, und jeder weiss,<br />

was zu tun ist., sagt er. Für beide<br />

ist der Rübenumschlag zu<br />

einem weiteren beruflich en<br />

Standbein geworden. Während<br />

filst allen Verladetagen<br />

sind Thomas Vögeli und die<br />

beiden «Bahnratte-P iloten. Simon<br />

Häfeli und Fabian Märki<br />

a111 Verladebahnhof im Einsatz,<br />

bedienen die Bahnratte<br />

und tiillen die Lieferscheine<br />

aus. Jakob Gebhard ist hauptsächlich<br />

für den Service und<br />

die Reparaturen der Bahnratten<br />

zuständig. Weil die Mitgliederzahl<br />

stetig gewachsen<br />

ist, hat die Genossenschaft in<br />

den letzten Jahren zwei neue<br />

Bahnratten gek<strong>auf</strong>t und umgebaut.<br />

Die vor elf Jahren gek<strong>auf</strong>te<br />

erste Bahnratte dient<br />

als Ersatz, falls eine der neuen<br />

Maschinen plötzlich ausfallen<br />

würde. Die zwei neuen Bahnratten<br />

laden nun während der<br />

Kampagne fast täglich an zwei<br />

Bahnhöfen im Grossraum Aarau<br />

zuverlässig Zuckerrübe um<br />

Zuckerrübe in die Bahnwagen,<br />

jährlich ungefahr 100000 Tbnnen.<br />

I Cla udia Frick<br />

liebegger<br />

Zusammenarbeitstag<br />

Mit einer Zusammenarbeit<br />

können Kosten, Zeit und Ne r­<br />

ven gespa rt werden. Am <strong>Liebegg</strong>er<br />

Zusammena rbeitstag<br />

berichten lohn unternehmer<br />

und landwirte vom erfolgreichen<br />

Zusammenarbeiten. Die<br />

Tagung richtet sich an land ­<br />

wirte und lohnunternehmer,<br />

die ihre Zusammena rbeit im<br />

<strong>Feld</strong>bau optimieren wollen.<br />

Datum/Zeit: Donnerstag,<br />

20. Dezember 2012, 9-16 Uhr<br />

• Kosten: 80 Fra nken, ink i.<br />

Unterlagen und Verpflegung<br />

• Ort: <strong>Liebegg</strong>, Gränichen<br />

• Kursdetails: www.liebegg.ch<br />

> aktuell> <strong>Liebegg</strong>er Zusammenarbe<br />

itstag<br />

• Anmeldung: Bis 10. Dezember<br />

2012 ans Kurssekretariat,<br />

Tei. 062 85586 15

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