Franz Kafka - Die Verwandlung - Lernender.ch
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<strong>Franz</strong> <strong>Kafka</strong> - <strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong><br />
Autobiographie<br />
1883 <strong>Franz</strong> <strong>Kafka</strong> wird am 3. Juli als erstes Kind des Kaufmanns Hermann <strong>Kafka</strong> und<br />
seiner Frau Julie in Prag geboren.<br />
1902 erste Begegnung mit Max Brod<br />
1906 Ernennung zum Doktor der Re<strong>ch</strong>te, will heissen Abs<strong>ch</strong>luss seines Jura-Studiums<br />
1907-<br />
08<br />
Anstellung bei einer Versi<strong>ch</strong>erungsgesells<strong>ch</strong>aft in Prag<br />
1909 erste Eintragungen in sein Tagebu<strong>ch</strong><br />
1909-<br />
13<br />
viele Reisen na<strong>ch</strong> u.a. Norditalien, Paris, Weimar und die S<strong>ch</strong>weiz mit Max Brod<br />
1912 erste Begegnung mit der Berlinerin Felice Bauer und darauf hin reger<br />
Briefwe<strong>ch</strong>sel<br />
1914 offizielle Verlobung mit Felice Bauer am 1. Juni, do<strong>ch</strong> bereits am 12. Juli<br />
Entlobung<br />
1915 erste Begegnung mit Felice Bauer na<strong>ch</strong> Entlobung und „<strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong>“<br />
ers<strong>ch</strong>eint<br />
1916 erneute engere Beziehung zu Felice Bauer; „der Landarzt“ wird veröffentli<strong>ch</strong>t<br />
(seinem Vater gewidmet)<br />
1917 zweite Verlobung mit Felice Bauer im Juli; am 4. September Diagnose einer<br />
Lungentuberkulose; im Dezember bereits Lösung der zweiten Verlobung<br />
1919 Verlobung mit Julie Wohryzek; „die Strafkolonie“ wird veröffentli<strong>ch</strong>t (ebenfalls<br />
seinem Vater gewidmet); im November entsteht der „Brief an seinen Vater“, der<br />
er nie abs<strong>ch</strong>ickt<br />
1920 Lösung der Verlobung mit Julie Wohryzek<br />
1922 Pensionierung <strong>Kafka</strong>s<br />
1923 Im Juli erste Begegnung mit Dora Diamant; im September Übersiedlung von Prag<br />
na<strong>ch</strong> Berlin, Lebensgemeins<strong>ch</strong>aft mit Dora Diamant<br />
1924 Vers<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terung seines Gesundheitszustandes; im März Rückkehr na<strong>ch</strong> Prag;<br />
am 3. Juni stirbt <strong>Franz</strong> <strong>Kafka</strong> und wird am 11. Juni auf dem jüdis<strong>ch</strong>en Friedhof in<br />
Prag bestattet.<br />
später Veröffentli<strong>ch</strong>ung seiner Ni<strong>ch</strong>tveröffentli<strong>ch</strong>ten Texte u.a. der „Brief an den Vater“<br />
entgegen seinem letzten Wille dur<strong>ch</strong> Max Brod<br />
Kurze Inhaltsangabe<br />
Gregor ist Reisender, arbeitet für eine Firma und erhält so mit seinem Lohn seine Eltern<br />
und seine S<strong>ch</strong>wester. Der Vater arbeitet ni<strong>ch</strong>t. Eines Tages klopfen seine Eltern an seiner<br />
Tür und wollen si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> ihm erkundigen, do<strong>ch</strong> Gregor bringt nur no<strong>ch</strong> tieris<strong>ch</strong> verzerrte<br />
Laute heraus, was er selber aber no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t merkt. Als Gregors Mutter ihn erblickt wei<strong>ch</strong>t<br />
sie entsetzt in die Kü<strong>ch</strong>e aus und der Vater versu<strong>ch</strong>t Gregor mit einem Stock in sein<br />
Zimmer zu treiben. Der Vater dirigiert Gregors Drehbewegung mit seinem Stock und als<br />
Gregor endli<strong>ch</strong> bei seiner Zimmertür angelangt ist, gibt ihm der Vater einen Tritt, so,<br />
dass er dur<strong>ch</strong> die Tür in sein Zimmer fliegt.<br />
Erste sein Zimmer. Ohne Gregor anzusehen, der fast völlig von dem Kanapee verdeckt<br />
wird, bringt sie ihm vers<strong>ch</strong>iedene Speisen herein. Altes, halbverfaultes Gemüse, Kno<strong>ch</strong>en<br />
vom Na<strong>ch</strong>tmahl her, ein Paar Rosinen und Mandeln, einen Käse, den Gregor vor zwei
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Tagen für ungenießbar erklärt hat und ein paar Brote. Als seine S<strong>ch</strong>wester aus dem<br />
Zimmer ist krabbelt er sofort zu dem Käse und beginnt gierig daran zu saugen. Na<strong>ch</strong><br />
einigen Tagen, das ewige liegen ni<strong>ch</strong>t mehr ertragend, nimmt Gregor zur Zerstreuung die<br />
Gewohnheit an, kreuz und quer über Wände und Plafond zu krie<strong>ch</strong>en. <strong>Die</strong> S<strong>ch</strong>wester<br />
bemerkt sofort die neue Unterhaltung, die Gregor für si<strong>ch</strong> gefunden hat. Sie s<strong>ch</strong>lägt ihrer<br />
Mutter vor, die Möbel aus Gregors Zimmer zu s<strong>ch</strong>affen, damit er mehr Platz zum<br />
Krie<strong>ch</strong>en hat. Gregor liegt wieder unter dem Kanapee und sieht der Umsiedlung seiner<br />
Möbel zu. Do<strong>ch</strong> mehr als einen Kasten will er ni<strong>ch</strong>t aus dem Zimmer haben. Er will ni<strong>ch</strong>t,<br />
dass alles mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e aus seinem Zimmer getragen wird, denn er hat no<strong>ch</strong> immer<br />
Hoffnung si<strong>ch</strong> wieder zurück zu verwandeln. Als seine Mutter und seine S<strong>ch</strong>wester wieder<br />
das Zimmer betreten, sehen sie Gregor an der Wand hängen daraufhin wird die Mutter<br />
ohnmä<strong>ch</strong>tig. Als sein Vater bei der Haustüre herein kommt, beginnt er Gregor dur<strong>ch</strong> das<br />
Wohnzimmer zu jagen und Obst na<strong>ch</strong> Gregor werfen. Einer dringt dagegen förmli<strong>ch</strong> in<br />
Gregors Rücken ein und er verliert sein Bewusstsein. An der Verletzung leidet Gregor<br />
über einen Monat, da ihm niemand den Apfel entfernt und dieser als Andenken im Fleis<strong>ch</strong><br />
sitzen bleibt. Gregor wird immer s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>er. Für seine Familie wird Gregor zu einem<br />
immer größeren Problem, da es dur<strong>ch</strong> ihn ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> ist Untermieter aufzunehmen.<br />
Sie überlegen si<strong>ch</strong> wie sie ihn loswerden können. Eines Morgens findet die Haushälterin<br />
Gregor tot im Zimmer. Mit den Worten "Seht nur, es ist krepiert; da liegt es, ganz und<br />
gar krepiert" teilt sie der Familie Gregors Tot mit. Na<strong>ch</strong>dem sie den Lei<strong>ch</strong>nam aus dem<br />
Haus transportiert haben ma<strong>ch</strong>en sie einen Ausflug ins Grüne und planen ihre Zukunft<br />
neu.<br />
Epo<strong>ch</strong>e<br />
• Literatur um die Jahrhundertwende (S.144 in unserem Literatur Bu<strong>ch</strong> -> 1890-<br />
1925)<br />
• <strong>Die</strong>se Zeit war geprägt dur<strong>ch</strong> Verunsi<strong>ch</strong>erung & Existenzängste -> gut auf <strong>Kafka</strong><br />
übertragbar, der seine Identität verloren hatte und zwar dadur<strong>ch</strong>, dass er si<strong>ch</strong> der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft sklavis<strong>ch</strong> unterworfen hat, leugnet und verdrängt<br />
Ergänzungen/Interpretationen<br />
Zu Teil 1<br />
Belegung der Behauptung „Es war kein Traum“ (S.7):<br />
sein Verhalten ist zu realistis<strong>ch</strong>:<br />
• verhält si<strong>ch</strong> bis ins letzte Detail wie ein Käfer, der es si<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gewohnt ist<br />
ein Käfer zu sein.<br />
• die Reaktion seiner Mutter, dem Vater und der S<strong>ch</strong>wester<br />
• das 2. Aufwa<strong>ch</strong>en ist symbolis<strong>ch</strong> eine Bestätigung der Realität<br />
• das S<strong>ch</strong>merzempfinden zeugt von Realität<br />
• das Zeitgefühl, was in einem Traum ni<strong>ch</strong>t vorhanden ist<br />
• ebenfalls die Logik der Abläufe<br />
• das Verantwortungsgefühl<br />
• ebenfalls die flexible Analyse und die Reflexion der Situation<br />
• zudem nimmt er die Umwelt unverändert wahr<br />
Was spri<strong>ch</strong>t pro/contra für sein Käferdasein?<br />
pro:<br />
• Hin- und Hergerissen zwis<strong>ch</strong>en Akzeptanz und Ablehnung seines allfälligen<br />
Käferdaseins<br />
• seine Spra<strong>ch</strong> ist na<strong>ch</strong> der <strong>Verwandlung</strong> unverständli<strong>ch</strong>
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• seine Selbstbes<strong>ch</strong>reibung<br />
• die Sekrete und andere Körpersäfte<br />
• die Reaktion seiner Umgebung:<br />
- Vater vers<strong>ch</strong>eu<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> mit dem Stock<br />
- Mutter fällt in Ohma<strong>ch</strong>t<br />
- Prokurist: „Das ist eine Tierstimme.“<br />
contra:<br />
• seine Denkvorgänge/Gedankenzüge entspre<strong>ch</strong>en denen eines Mens<strong>ch</strong>en:<br />
- in Bezug auf seine Arbeit<br />
- bezügli<strong>ch</strong> der Reaktion seiner Mitmens<strong>ch</strong>en<br />
• Spra<strong>ch</strong>e zu Beginn der allfälligen <strong>Verwandlung</strong> no<strong>ch</strong> für seine Mitmens<strong>ch</strong>en<br />
verständli<strong>ch</strong><br />
• seine Körpergrösse<br />
• die Reaktion seiner Umgebung:<br />
- Es wird ni<strong>ch</strong>t so reagiert, als wäre es ni<strong>ch</strong>t Gregor<br />
- Er wird ni<strong>ch</strong>t explizit als Käfer bezei<strong>ch</strong>net<br />
Zu Teil 2<br />
Hier spielen vor allem die Erzählformen eine elementare Rolle. Damit ihr no<strong>ch</strong>mals einen<br />
kleinen Überblick über die Erzählformen habt, habe i<strong>ch</strong> eu<strong>ch</strong> hier no<strong>ch</strong> eine kleine Tabelle<br />
mit ihren Eigens<strong>ch</strong>aften und dem Zusammenhang zu <strong>Kafka</strong>s Werk zusammengestellt:<br />
I<strong>ch</strong>-Erzählung<br />
hohes Identifikations-/Einfühlungspotential<br />
weniger glaubwürdig, weil z.T. sehr subjektiv<br />
Auktoriale Erzählung (= Gott)<br />
à wenn <strong>Kafka</strong> den Käfer aus der I<strong>ch</strong>-Perspektive aus<br />
bes<strong>ch</strong>rieben hätte, wäre der Käfer unglaubwürdiger<br />
herübergekommen<br />
distanziert, kritis<strong>ch</strong> und ganz wi<strong>ch</strong>tig allwissend<br />
enthält au<strong>ch</strong> persönli<strong>ch</strong>e Beiträge/Kommentare des<br />
Autors<br />
der auktoriale Erzähler ergreift Partei, d.h. er bewertet<br />
und s<strong>ch</strong>ürt Symphatien<br />
Neutrale Erzählung<br />
à wi<strong>ch</strong>tig in <strong>Kafka</strong>s Werk: der auktoriale Erzähler ist wie<br />
s<strong>ch</strong>on erwähnt allwissend, darf aber ni<strong>ch</strong>t alles was er<br />
weiss sagen, sonst würde er auflösend (Käfer ja o.<br />
nein?) wirken und die Spannung ginge verloren.<br />
der neutrale Erzähler s<strong>ch</strong>aut im Prinzip einfa<strong>ch</strong> hin und<br />
bes<strong>ch</strong>reibt was er sieht<br />
er sieht ni<strong>ch</strong>t in die Personen hinein, d.h. er weiss<br />
ebenso wenig wie der Leser was eine dargestellte Person<br />
fühlt oder denkt.<br />
à hätte <strong>Kafka</strong> sein Werk in dieser Form ges<strong>ch</strong>rieben,<br />
würde man ni<strong>ch</strong>t sehen was Gregor als Käfer denkt und<br />
fühlt.
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à <strong>Kafka</strong> hat in diesem Werk bis<br />
zu Gregors Tod PERSONAL,<br />
dana<strong>ch</strong>, d.h. der S<strong>ch</strong>luss<br />
AUKTORIAL ges<strong>ch</strong>rieben!!<br />
Personal will heissen, aus der Si<strong>ch</strong>t Gregors aber ni<strong>ch</strong>t in<br />
Form einer I<strong>ch</strong>-Erzählung („weiss“ au<strong>ch</strong> mehr als ein<br />
I<strong>ch</strong>-Erzähler, d.h. kommt fast der Allwissenheit eines<br />
auktorialen Erzählers nahe)!<br />
na<strong>ch</strong> dem Tode Gregors ist dies natürli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
mögli<strong>ch</strong>, deshalb s<strong>ch</strong>reib er dann auktorial.<br />
Dass si<strong>ch</strong> der Titel „<strong>Die</strong> <strong>Verwandlung</strong>“ ni<strong>ch</strong>t nur auf Gregor Samsa bezieht, wird<br />
im Teil 2 ebenfalls klar<br />
Veränderungen/<strong>Verwandlung</strong>en:<br />
• Zimmer: Möbel werden ausgeräumt, d.h. seine Behausung wird ni<strong>ch</strong>t von ihm,<br />
sondern von seiner Familie zum „Heim eines Ungeziefers“ gema<strong>ch</strong>t. à „Verhälst du<br />
di<strong>ch</strong> wie ein Tier, dann sollst du au<strong>ch</strong> wie eine Tier leben!“<br />
• Vater: vor der allfälligen <strong>Verwandlung</strong> Gregors krank, ma<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>ts, kann si<strong>ch</strong><br />
kaum bewegen, geht am Stock. Na<strong>ch</strong> der <strong>Verwandlung</strong> arbeitet er wieder. Er ist<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr der s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e, kranke Mann sondern wird mit der zunehmenden<br />
S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>e Gregors immer stärker. à der s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e Vater ist im Endeffekt do<strong>ch</strong> der<br />
Stärkere. Gregor geht wird immer s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>er, geht wie ein Ges<strong>ch</strong>wür innerli<strong>ch</strong><br />
kaputt. à das Ganze wird im Bu<strong>ch</strong> unter anderem dadur<strong>ch</strong> belegt, dass der<br />
Panzer, der eigentli<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>utz und Stärke symbolisiert, von einem Vater<br />
dur<strong>ch</strong>bro<strong>ch</strong>en werden kann.<br />
• Familiensituation: Vor der <strong>Verwandlung</strong> bringt Gregor das Geld na<strong>ch</strong> Hause. <strong>Die</strong><br />
Familie nutzt ihn gnadenlos aus, denn niemand arbeitete und die wie si<strong>ch</strong> im<br />
Verlaufe des Werkes herausstellt sind die viel grössere Ersparnisse vorhanden,<br />
wie zuerst angenommen. Na<strong>ch</strong> der <strong>Verwandlung</strong> geht nun sein Vater und seine<br />
S<strong>ch</strong>wester wieder arbeiten und es findet insofern ein Rollentaus<strong>ch</strong> statt, dass si<strong>ch</strong><br />
nun Gregor von seiner Familie „bedienen“ lässt.<br />
• Essen: <strong>Die</strong> S<strong>ch</strong>wester bring zu Beginn gutes Essen, später bring sie nur no<strong>ch</strong><br />
Essensresten und Abfälle.<br />
• S<strong>ch</strong>wester: Sie gewinn an innerhalb der Familie an Anerkennung. Zu Beginn des<br />
Werkes traut ihr niemand etwas zu. Sie wird als die kleine, s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e, sensible<br />
S<strong>ch</strong>wester bes<strong>ch</strong>rieben. Na<strong>ch</strong> der <strong>Verwandlung</strong> wird sie erwa<strong>ch</strong>sen, beginn zu<br />
arbeiten, wird für die Familie nützli<strong>ch</strong> und wird vor allem als Persönli<strong>ch</strong>keit immer<br />
stärker (ganz zu Beginn weint sie, muss getröstet werden, später ist sie diese, die<br />
tröstet). Aus ihr wird au<strong>ch</strong> später eine neue Familie entstehen. Es liegt sehr nahe,<br />
dass der Mann der mit ihr eine Familie gründen wird, Gregors Stelle einnehmen<br />
wird, denn dann müssen die Eltern wieder weniger arbeiten. à die S<strong>ch</strong>wester wird<br />
in das System der kleinbürgerli<strong>ch</strong>en Familie eingespannt, verdient Geld und ma<strong>ch</strong>t<br />
etwas bodenständiges.<br />
• Entwicklung Gregor-S<strong>ch</strong>wester: Zu Beginn su<strong>ch</strong>t Gregor für seine kleine<br />
S<strong>ch</strong>wester ein „unnützli<strong>ch</strong>es“ Ziel à Konservatorium (für Tö<strong>ch</strong>ter aus gutem<br />
Hause), was ein Zei<strong>ch</strong>en für seine Liebe zu seiner S<strong>ch</strong>wester ist. Anfangs (na<strong>ch</strong><br />
der Gregors <strong>Verwandlung</strong>) kümmert si<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>wester liebevoll um ihn. Man<br />
merkt, dass da ein sehr enges Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en den beiden vorhanden ist, sie<br />
si<strong>ch</strong> liebten und umeinander kümmerten. Do<strong>ch</strong> mit dem Verlauf des Textes<br />
kümmert sie si<strong>ch</strong> immer weniger um Gregor, entfremdet si<strong>ch</strong> Stück für Stück von<br />
ihm und ist s<strong>ch</strong>lussendli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die erste, die sagt, dass er kein Familienmitglied<br />
mehr ist, sondern bloss ein Tier!<br />
Wi<strong>ch</strong>tige Frage: Wie stark ma<strong>ch</strong>te die Familie Gregor zum Käfer? Wie stark war seine<br />
S<strong>ch</strong>uld daran, d.h. wie stark liess er dies au<strong>ch</strong> zu?
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Zu Teil 3<br />
<strong>Die</strong> hier angespro<strong>ch</strong>ene Banalität ist so zu interpretieren, dass Gregor im Prinzip total<br />
innerli<strong>ch</strong> verfressen ist, ein Verdränger ist, der das S<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te/Unangenehme einfa<strong>ch</strong> so<br />
weit von si<strong>ch</strong> wegzus<strong>ch</strong>ieben versu<strong>ch</strong>t und „darüberhinweg“ zu leben versu<strong>ch</strong>t, was zur<br />
Folge hat, dass sein banales Leben weiter geht! (S.71 Mitte: „..lasst s<strong>ch</strong>on endli<strong>ch</strong> die<br />
alten Sa<strong>ch</strong>en.“)<br />
S<strong>ch</strong>lussteil<br />
Es entsteht ein s<strong>ch</strong>einheiliges Bild der Familie, denn als der Störfried Samsa (bzw. im<br />
Realen <strong>Kafka</strong>) tot ist, verhält si<strong>ch</strong> die Familie wieder harmonis<strong>ch</strong>!<br />
Kritik zum S<strong>ch</strong>lussteil: Der S<strong>ch</strong>lussteil verstärkt die Vermutung, dass Gregor do<strong>ch</strong> ein<br />
Käfer ist. Passender wäre ein offener S<strong>ch</strong>luss gewesen.<br />
Allgemeine Fragen<br />
Wieso hat <strong>Kafka</strong> <strong>Verwandlung</strong> in ein Käfer gewählt?<br />
• Käfer ist wie ein Kind (krie<strong>ch</strong>t, krabbelt, ist hilflos und muss keine Verantwortung<br />
übernehmen) -> Parallele zu seinem Kinderkomplex<br />
• ist ein Ausdruck für das dur<strong>ch</strong> die familiäre S<strong>ch</strong>uld deklassierte Selbstbild<br />
• ein ohnmä<strong>ch</strong>tiger Protest gegen die von aussen aufgezwungenen Erwartungen<br />
(Arbeitgeber sowie Familie!)<br />
Der „Brief an seinen Vater“<br />
• der Brief wurde nie abgesandt -> wie Gregor ständig hin- und hergerissen<br />
• <strong>Kafka</strong>s letzter Wille war, dass all seine Ni<strong>ch</strong>tveröffentli<strong>ch</strong>ten Werke, darunter eben<br />
au<strong>ch</strong> der Brief an den Vater verbrannt werden sollten, weil er sie als<br />
„ni<strong>ch</strong>terhaltenswert“ einstufte. Seine bester, langjähriger Freund Max Brod hielt<br />
sein Verspre<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t und publizierte seine Texte -> die Vermutung liegt nahe,<br />
dass <strong>Kafka</strong> absi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> Max Brod ausgewählt hat, in der Hoffnung, dass er si<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t an sein Verspre<strong>ch</strong>en hält.<br />
• Vater-Sohn/To<strong>ch</strong>ter-Verhältnis:<br />
- heute: eher kollegiale Verhältnisse<br />
- vs. früher: Hierar<strong>ch</strong>iedistanz, förmli<strong>ch</strong>, Respekt, Angst, Hass, Kritik -> die<br />
„Gegenspieler“ Angst vs. Kritik haben au<strong>ch</strong> sehr stark <strong>Kafka</strong>s Brief geprägt -><br />
einerseits starke Kritik andererseits unterwürfig, ängstli<strong>ch</strong> gezeigt dur<strong>ch</strong> sein<br />
ständiges „Zurücknehmen“, relativieren seiner Kritik und sogar seinen<br />
Selbstvorwürfen<br />
• Thema: S<strong>ch</strong>uld -> „k/eine Anklage“<br />
- S.1 Abs. 4: „Du bist zwar der Böse, aber kannst ni<strong>ch</strong>ts dafür.“ -> mitverursa<strong>ch</strong>t<br />
(Kritik), aber ohne S<strong>ch</strong>uld<br />
- S.2: ständiges hin und her, s<strong>ch</strong>wanken, doppeldeutig (wie Gregor Käfer oder<br />
ni<strong>ch</strong>t?) -> s<strong>ch</strong>limmste Vorwürfe, aber hat keine S<strong>ch</strong>uld<br />
- S.2 Abs. 3: Vorwürfe relativiert mit Selbstvorwürfen (Kinder haben ni<strong>ch</strong>t die<br />
Geduld auf Güte des Vaters zu warten!)<br />
- S.3 Abs. 3: Samsa hat dur<strong>ch</strong> <strong>Verwandlung</strong> eine Flu<strong>ch</strong>tmögli<strong>ch</strong>keit, die <strong>Kafka</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t hat, si<strong>ch</strong> aber wüns<strong>ch</strong>en würde -> wieder Indiz für Verdränger <strong>Kafka</strong> -><br />
<strong>Verwandlung</strong> in Käfer = Flu<strong>ch</strong>t in eine andere Existenz, die die bestehenden<br />
Verhältnisse z.T. umkehrt -> Wahnsinn) -> dafür hatte <strong>Kafka</strong> eine andere<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit mit seine Probleme, Komplexe zu verstehen und zu verarbeiten,<br />
nämli<strong>ch</strong> das S<strong>ch</strong>reiben, was Gregor ni<strong>ch</strong>t hat!<br />
• Ziel: objektive Wahrheit der Verhältnisse/Konflikt finden:<br />
Erkenntnis dass dieses Ziel für <strong>Kafka</strong> unerrei<strong>ch</strong>bar ist, denn für <strong>Kafka</strong> gibt es die
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Wahrheit ni<strong>ch</strong>t mehr, was si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> sein ständiges hin und her bemerkbar<br />
ma<strong>ch</strong>t. Weil es die Wahrheit ni<strong>ch</strong>t mehr gibt, kann man au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t sagen wer<br />
s<strong>ch</strong>uldig ist oder ni<strong>ch</strong>t -> wiederum ständiges hin und her -> Ursprung seiner<br />
Komplexe<br />
Weshalb s<strong>ch</strong>rieb er den Brief?<br />
• Verlobung mit S<strong>ch</strong>ustersto<strong>ch</strong>ter Julie: <strong>Kafka</strong> stammt aus einer Kaufmannsfamilie.<br />
Seine Vater war mit dieser Verlobung alles andere als Zufrieden, weil eine Heirat<br />
mit einer S<strong>ch</strong>ustersto<strong>ch</strong>ter ein sozialer Abstieg bedeutet hätte.<br />
• <strong>Kafka</strong> hat zwei seiner Werke „der Landarzt“ und später „die Strafkolonie“ seinem<br />
Vater gewidmet. Der Vater zeigte auf diese Widmungen keinerlei Reaktion, was<br />
<strong>Kafka</strong> sehr verletzt hatte. Allerdings ist unklar, ob die Widmung dieser Bü<strong>ch</strong>er<br />
ni<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> den Vater verletzt haben, den „die Strafkolonie“ könnte stark im<br />
Zusammenhang mit dem Verhältnis zu seinem Vater stehen.<br />
Parallelen „Brief an den Vater“ und „die <strong>Verwandlung</strong>“<br />
• s<strong>ch</strong>einbares Verständnis für Misshandlung (Äpfelwürfe mit der starken<br />
s<strong>ch</strong>lussendli<strong>ch</strong>en Verletzungsfolgen) -> starke Vorwürfe, aber immer wieder<br />
relativiert mit Verständnis -> si<strong>ch</strong>tbar auf S.2 langer Abs. die letzten Zeilen<br />
(„hätte mi<strong>ch</strong> plattdrücken können“)<br />
• Familie, eine Familie sein -> das ni<strong>ch</strong>t Heiraten können (siehe <strong>Kafka</strong>s<br />
Autobiographie). <strong>Die</strong>se Angelegenheit wird im Bu<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Samsas Bild in seinem<br />
Zimmer symbolisiert (S.7 Mitte):<br />
- Es zeigt eine mit einem teuren Pelzmantel gekleidete Dame. Sie symbolisiert für<br />
ihn das Bild einer idealen Frau, die aber für ihn unerrei<strong>ch</strong>bar ist, da er s<strong>ch</strong>on eine<br />
Familie versorgen muss und somit keine eigene gründen kann. Das zeigt die<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e, dass der Rahmen des Bildes nur vergoldet ist („ni<strong>ch</strong>t alles was glänzt ist<br />
Gold“) und das Bild nur aus einer Illustrierten herausgerissen ist.<br />
- <strong>Kafka</strong> hat eigentli<strong>ch</strong> ein ma<strong>ch</strong>tloses Verlangen na<strong>ch</strong> einer Ehe, na<strong>ch</strong> Kindern, die<br />
Fru<strong>ch</strong>tbarkeit symbolisieren, do<strong>ch</strong> seine grosse Angst vor der Ehe und Kindern,<br />
vor einer eigenen Familie, lassen seine Verlobungen immer wieder bre<strong>ch</strong>en -> er<br />
hat Angst dass er glei<strong>ch</strong> wie sein Vater wird und seine Kinder glei<strong>ch</strong> wie er!<br />
Allgemeine Bemerkungen zum Brief an den Vater:<br />
• Der „Brief an den Vater“ ist wie in der Autobiographie bereits aufgelistet na<strong>ch</strong><br />
„dem Landarzt“, „der Strafkolonie“ und „der <strong>Verwandlung</strong>“ entstanden.<br />
• Der Brief an den Vater enthält eine Besonderheit. Auf S. 4. grosser Abs. s<strong>ch</strong>reibt<br />
<strong>Kafka</strong> aus der Perspektive des Vaters (fiktiver Vater), d.h. <strong>Kafka</strong> hat si<strong>ch</strong><br />
vorgestellt wie sein Vater auf sein Brief/Fragen antworten würde.<br />
• Man muss immer den ganzen Abs<strong>ch</strong>nitt lesen, bevor man si<strong>ch</strong> eine Meinung bilden<br />
darf und eine Aussage zu <strong>Kafka</strong>s Aussage ma<strong>ch</strong>en darf! -> ständiges hin und her!<br />
wi<strong>ch</strong>tige Beilagen<br />
• Kommentar „Gibs auf!“ -> Notizen zum Film!<br />
• Brief an den Vater<br />
• „Ethis<strong>ch</strong>e Perspektiven“<br />
• „Struktur des Textes“<br />
• „Psy<strong>ch</strong>oanalytis<strong>ch</strong>: Gregor der Verdränger“<br />
• „<strong>Kafka</strong>-Böhmis<strong>ch</strong>e Verhältnisse“<br />
• „<strong>Verwandlung</strong>-Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Ausbeutung“