Teamsport Cheerleading - Lehrer.uni-karlsruhe.de
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AUS DEN SCHULEN<br />
<strong>Teamsport</strong> <strong>Cheerleading</strong> – ein Unterrichtsversuch<br />
unter <strong>de</strong>n Aspekten Kooperationsfähigkeit und<br />
Gruppendynamik<br />
Tanja Gentz, Johann-Philipp-Reiss-Schule Weinheim<br />
In <strong>de</strong>n USA längst populärer Breitensport,<br />
entspricht <strong>Cheerleading</strong> in<br />
Deutschland eher einer „neuen“ Sportart<br />
1 . Wettkampforientiertes <strong>Cheerleading</strong><br />
umfasst Elemente <strong>de</strong>s Tanzens,<br />
<strong>de</strong>s Turnens sowie <strong>de</strong>r Akrobatik und<br />
kombiniert diese mit Showelementen<br />
(vgl. Dzikus, Brand; Wagner). Damit<br />
fällt es unter <strong>de</strong>n Trendsportarten in die<br />
Rubrik „Trendvarianten traditioneller<br />
Sportarten“<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wird ein Unterrichtsversuch<br />
vorgestellt, <strong>de</strong>r die vielfältigen<br />
Einsatzmöglichkeiten <strong>de</strong>s <strong>Cheerleading</strong>s<br />
im Schulsport erprobte und diese<br />
Sportart unter einer übergeordneten<br />
pädagogischen Akzentuierung betrachtete.<br />
Diese Akzentuierung rückt das<br />
soziale Lernen in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund, wobei<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Aspekte Gruppendynamik<br />
und Kooperation als<br />
Schwerpunkt gewählt wur<strong>de</strong>n, wodurch<br />
<strong>de</strong>r <strong>Teamsport</strong>-Charakter beson<strong>de</strong>rs<br />
hervorgehoben wird.<br />
<strong>Cheerleading</strong> als Wettkampfsport wird<br />
paarweise, zu fünft o<strong>de</strong>r in Gruppen<br />
mit ca. 8 bis 25 Cheerlea<strong>de</strong>rn durchgeführt.<br />
Grun<strong>de</strong>lemente beim <strong>Cheerleading</strong><br />
bil<strong>de</strong>n die so genannten Motions.<br />
Damit sind vor allem <strong>de</strong>finierte Armbewegungen<br />
gemeint, die eine charakteristische<br />
Härte und abrupte Ausführung<br />
verlangen und sich durch die verschie<strong>de</strong>nen<br />
Teilbereiche <strong>de</strong>s <strong>Cheerleading</strong>s<br />
ziehen (vgl. Lopez Hernan<strong>de</strong>z <strong>de</strong><br />
Alba).<br />
Um <strong>de</strong>m Charakter dieser Sportart gerecht<br />
zu wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n möglichst<br />
viele Teilbereiche <strong>de</strong>s <strong>Cheerleading</strong>s<br />
thematisiert.<br />
Im Bereich Dance sind grundsätzlich<br />
Tanzstile wie Jazz, Hip-Hop und Funk<br />
möglich. In dieser Einheit wur<strong>de</strong>n einfache<br />
Grundschritte aus <strong>de</strong>r Aerobic<br />
wie Si<strong>de</strong>step, V-Step, Grapevine, Pivot<br />
Turn und Jumping Jack mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Motions kombiniert. Zu<strong>de</strong>m kamen<br />
verschie<strong>de</strong>ne Raumaufteilungen<br />
und rhythmische Gestaltungsmöglichkeiten<br />
zum Einsatz. Jumps (turnerische<br />
Sprünge) wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Tanz<br />
eingebaut.<br />
Im Bereich Tumbling (Bo<strong>de</strong>nturnen)<br />
Gruppendynamik und Kooperation als übergeordnete pädagogische Akzentuierung (eigene<br />
Darstellung)<br />
wur<strong>de</strong>n gemäß <strong>de</strong>m Könnensniveau<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen die Elemente Handstand,<br />
Rad, Rondat und Partnerbo<strong>de</strong>ngang<br />
verwen<strong>de</strong>t. Beson<strong>de</strong>rs eindrucksvoll<br />
ließen sich generell Flick-Flack und<br />
Salto bei entsprechen<strong>de</strong>m Könnensniveau<br />
<strong>de</strong>r Schüler integrieren.<br />
Der Bereich Stunts erwies sich als beson<strong>de</strong>rs<br />
reizvoll für die Schülerinnen.<br />
Stunts sind akrobatische Elemente, die<br />
zu zweit (Doublestunt), zu dritt, zu<br />
viert o<strong>de</strong>r zu fünft (Partnerstunt) ausgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Eine Zusammenstellung<br />
von mehreren Doublestunts<br />
und Partnerstunts nennt man<br />
Pyrami<strong>de</strong>. Bei <strong>de</strong>n Stunts kommt die<br />
pädagogische Perspektive „Helfen –<br />
Sichern – Kooperieren“ beson<strong>de</strong>rs zum<br />
Ausdruck, da damit das Gelingen <strong>de</strong>r<br />
Stunts und das Verletzungsrisiko steht<br />
und fällt. In dieser Einheit kamen die<br />
Doublestunts Shoul<strong>de</strong>r Sit, Rear Tigh<br />
14 INFO-Fachbereich Sport 2/2010
Stand sowie die Partnerstunts Low<br />
Stand, Russian Split und Double Base<br />
Elevator zur Anwendung. Diese sind<br />
aufgrund ihres Schwierigkeitsniveaus<br />
relativ schnell erlernbar. Leistungsbestimmen<strong>de</strong><br />
Merkmale sind insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei <strong>de</strong>n Stunts Körperbaumerkmale<br />
wie die Körpergröße o<strong>de</strong>r das<br />
Körpergewicht. Beson<strong>de</strong>rs günstig für<br />
eine <strong>Cheerleading</strong>gruppe ist die Heterogenität<br />
<strong>de</strong>r Körperbaummerkmale,<br />
weshalb das <strong>Cheerleading</strong> gut für <strong>de</strong>n<br />
Schulsport geeignet ist, in <strong>de</strong>m man in<br />
<strong>de</strong>r Regel sehr heterogene Gruppen vorfin<strong>de</strong>t.<br />
Cheers und Chants, sogenannte Anfeuerungsrufe,<br />
auf die eine bestimmte<br />
Bewegungsfolge zugeschnitten ist<br />
(vgl. Lopez Hernan<strong>de</strong>z <strong>de</strong> Alba), wur<strong>de</strong>n<br />
nicht behan<strong>de</strong>lt, da Anfeuerungsrufe<br />
leer wirken, wenn es kein Football-<br />
Team gibt, welches angefeuert wer<strong>de</strong>n<br />
kann (vgl. Wagner).<br />
Die Teilbereiche wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Lehrperson<br />
in eine Gesamtchoreografie<br />
eingebettet, die wie folgt geglie<strong>de</strong>rt ist<br />
Teilbereiche <strong>de</strong>s <strong>Cheerleading</strong>s (eigene Darstellung)<br />
und ein Schlussbild. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n<br />
nun alle Teile zur Gesamtchoreografie<br />
zusammengefügt, auf Vi<strong>de</strong>o aufgenommen<br />
und gemeinsam angeschaut.<br />
Die Unterrichtseinheit wur<strong>de</strong> mittels<br />
Durch das differenzierte Angebot konnte<br />
eine große Zahl an Schülerinnen erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies zeigt sich auch dadurch,<br />
dass keine <strong>de</strong>r Schülerinnen bei<br />
<strong>de</strong>r Befragung angab, dass sie keine<br />
Lust hätte, an <strong>de</strong>r Choreografie weiter<br />
zu arbeiten.<br />
AUS DEN SCHULEN<br />
Teil Zählzeiten Aktionsformen Interpret, Musiktitel<br />
1 4x8 Vorbereitung/Einlaufen Hannah Montana,<br />
4x8 Dance mit Jumps „Nobody’s perfect“<br />
2 4x8 Double- und Partnerstunts/Tumbling<br />
Bodyrockers, “I like the<br />
way you move”<br />
3 8x8 Dance mit Jumps Laura Hunter, “Work me<br />
down”<br />
4 4x8 Pyrami<strong>de</strong> Hannah Montana,<br />
2x8 Schlusspose<br />
„Nobody’s perfect“<br />
Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Gesamtchoreografie<br />
Die Gesamtchoreografie wur<strong>de</strong> in 4<br />
Doppelstun<strong>de</strong>n erarbeitet. In <strong>de</strong>r ersten<br />
Doppelstun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n die Tanz-Teile –<br />
Teil 1 und 3 – im Klassenverband erarbeitet.<br />
Diese wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n weiteren<br />
Doppelstun<strong>de</strong>n geübt.<br />
In <strong>de</strong>r zweiten Doppelstun<strong>de</strong> erarbeiteten<br />
die Schülerinnen eigenständig in<br />
Gruppen von 4-6 Personen Double-<br />
Partnerstunts und Tumbling-Elemente<br />
an verschie<strong>de</strong>nen Lernstationen und<br />
fügten diese schließlich zu einer Kleingruppenchoreografie<br />
zusammen, welche<br />
in <strong>de</strong>n weiteren Doppelstun<strong>de</strong>n in<br />
die Gesamtchoreografie eingebaut<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Die dritte Doppelstun<strong>de</strong> diente <strong>de</strong>r Vertiefung<br />
<strong>de</strong>r Stunts. Unter Anleitung <strong>de</strong>r<br />
Lehrperson wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Double Base<br />
Elevator, ein etwas schwierigerer Partner-Stunt,<br />
in zwei Gruppen erarbeitet.<br />
In <strong>de</strong>r vierten und letzten Doppelstun<strong>de</strong><br />
erarbeiteten die Schülerinnen mit<br />
<strong>de</strong>r gesamten Gruppe eine Pyrami<strong>de</strong><br />
Fragebogen evaluiert. Deren Auswertung<br />
ergab, dass die Schülerinnen das<br />
Wesen dieser Sportart erfasst haben.<br />
Sie haben sich innerhalb kurzer Zeit eine<br />
Choreografie zu Eigen gemacht und<br />
konnten das Ergebnis ihrer Leistung<br />
auf Vi<strong>de</strong>o betrachten. Beson<strong>de</strong>res Augenmerk<br />
möchte ich an dieser Stelle<br />
auf <strong>de</strong>n Faktor „Motivation“ lenken: so<br />
stellte sich bereits vor Beginn <strong>de</strong>r Unterrichtseinheit<br />
heraus, dass die Schülerinnen<br />
durch das Thema selbst, die<br />
Trendsportart <strong>Cheerleading</strong>, hoch motiviert<br />
waren. Im Sinne einer positiven<br />
Gruppendynamik konnte während <strong>de</strong>r<br />
Unterrichtseinheit neben <strong>de</strong>r Aufgabenorientierung<br />
<strong>de</strong>r Gruppe zunehmend<br />
eine sozial-emotionale Orientierung<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen beobachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies zeigte sich im verantwortungsvollen<br />
Umgang <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />
miteinan<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Schülerinnen<br />
im Fragebogen beschriebenen<br />
positiven Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Zusammenhalt<br />
in <strong>de</strong>r Gruppe.<br />
Vertrauensför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Übung: Fall vom Kasten<br />
Schülerinnen helfen sich beim Handstand<br />
2/2010 INFO-Fachbereich Sport 15
AUS DEN SCHULEN<br />
Step In zum Double Base Elevator<br />
Double Base Elevator<br />
Schülerinnen helfen sich gegenseitig beim<br />
Low Stand<br />
Rear Tigh Stand (vorne) und Shoul<strong>de</strong>r Sit<br />
(hinten)<br />
Ausgelassene Stimmung beim „Dance“<br />
Literatur:<br />
Dzikus, Lars; Brandt, Torsten (2006).<br />
Turnen, Tanz und Akrobatik neu verpackt.<br />
<strong>Cheerleading</strong> im Sportunterricht.<br />
In Sportpädagogik 2/2006, American<br />
Sports. Seelze: Friedrich Verlag.<br />
Lopez Hernan<strong>de</strong>z <strong>de</strong> Alba, Miriam<br />
(2004).<br />
<strong>Cheerleading</strong>. Technik, Training, Show.<br />
Aachen: Meyer & Meyer Verlag.<br />
Wagner, Maili-Susanne (2008).<br />
<strong>Cheerleading</strong>.<br />
In Sport Praxis 8/2008. Wiebelsheim:<br />
Limpert Verlag.<br />
1<br />
siehe hierzu auch Lopez Hernan<strong>de</strong>z <strong>de</strong> Alba (2004), S. 13f.<br />
2<br />
„Oft wird <strong>Cheerleading</strong> in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit und damit auch in <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler nicht als eigenständige Sportart betrachtet,<br />
son<strong>de</strong>rn eher als visuelle Auflockerung einer Sportveranstaltung empfun<strong>de</strong>n (Schöne Mädchen und Frauen mit Puscheln )“ (Dzikus, Brandt<br />
2006, S.38). Wettkampforientiertes <strong>Cheerleading</strong> rückt <strong>de</strong>n sportlichen Charakter in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund und entspricht dieser Vorstellung nicht.<br />
16 INFO-Fachbereich Sport 2/2010