BILDUNGSBERICHT 2013 - Landkreis Osnabrück
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H non-formale Bildung<br />
cher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen“<br />
(SGB VIII, § 11, Abs. 1). Sie ist damit als drittes Sozialisationsfeld neben der<br />
Familie und den Institutionen der formalen Bildung prägend für das Aufwachsen<br />
in Deutschland (vgl. Deinet & Nörber & Sturzenhecker 2002, S. 694).<br />
Obwohl sie im Verhältnis zu den mit subjektiven Rechtsansprüchen einhergehenden<br />
Erziehungshilfen oft als zusätzliche oder gar freiwillige Leistung<br />
der Jugendhilfe dargestellt wird, ist die Jugendarbeit eine Pflichtaufgabe<br />
des Jugendamtes (vgl. Gernert 2005, S. 316f.). Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip<br />
können die Angebote der Jugendarbeit im partnerschaftlichen<br />
Miteinander von freien und öffentlichen Trägern erbracht werden, sollen<br />
aber insbesondere auch Verbände, Gruppen und Initiativen der Jugend<br />
miteinschließen (vgl. SGB VIII, § 11, Abs. 2).<br />
Der Bildungsauftrag und die Bildungsmöglichkeit der Kinder- und Jugendarbeit<br />
wurden dabei seit der Neukonstitution des pädagogischen Feldes<br />
in der Nachkriegszeit thematisiert. Zu präsent war gerade in den 50er<br />
und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Verführungskraft der<br />
Jugendorganisationen und gleichzeitig die Hoffnung auf die Jugendarbeit<br />
als Baustein der „Reeducation“ 2 . Jugendarbeit ruht dabei immer auf<br />
zwei Säulen: der weltanschaulich geprägten verbandlichen Jugendarbeit<br />
und den offenen Jugendtreffs bzw. der Offenen Kinder- und Jugendarbeit<br />
(OKJA). Die gesellschaftlichen Diskurse und Konflikte haben sich daher<br />
immer auch in der Jugendarbeit gespiegelt, sei es in den autonomen Jugendzentren,<br />
dem Aufbau der Mädchentreffs, der Krise der Jugendarbeit<br />
durch die Hinwendung der nachwachsenden Generation zu den neuen<br />
sozialen Bewegungen der 1980er Jahre. Seit der Wiedervereinigung<br />
rückte die gesellschaftliche Indienstnahme der Jugendarbeit wieder mehr<br />
in den Fokus: als pädagogisches Mittel zur (Re)Integration von links- und<br />
insbesondere rechtsextremistischen Jugendlichen, zur Prävention von<br />
Gewalt und Exklusion generell, und zuletzt in der Zusammenarbeit mit<br />
Schule, um ausgeweitete Betreuungszeiten und eine Pluralisierung des<br />
Bildungsangebotes zu verwirklichen.<br />
Ihrem Selbstverständnis nach bietet Jugendarbeit förderliche Rahmenbedingungen<br />
für den Selbstbildungsprozess von Kindern und Jugendlichen.<br />
Die in der Jugendarbeit Tätigen – Ehrenamtliche wie Professionelle – sind<br />
dabei Begleiter des subjektiven Bildungsprozesses. Sie bieten Anregung,<br />
Unterstützung und Reibungsfläche. Albert Scherr bezeichnet das als „dialogische<br />
Bildungsarbeit“, die „Jugendlichen attraktive Angebote der Artikulation<br />
eigener Empfindungen und Erfahrungen, der Auseinandersetzung<br />
mit Traditionen, Vorurteilen, massenmedialen Lebensstilangeboten,<br />
politischen und religiösen Ideologien, aber auch des Entwerfens von Perspektiven<br />
und Utopien anbietet“ (Scherr 2003, S. 93).<br />
2 Reeducation sammelt als Schlagwort verschiedene Maßnahmen vor allem der US-amerikanischen<br />
Besatzungsmacht in der damaligen Bundesrepublik, mit der eine „Umerziehung zur Demokratie“<br />
der Einwohner des besiegten faschistischen Deutschlands gelingen sollte. Ein umfassendes Jugendprogramm<br />
mit Jugend- und Erziehungsoffizieren, der Lizenzierung von neu zu gründenden<br />
Jugendverbänden, der Etablierung von Jugendsozialarbeit und der Einrichtung offener Jugendtreffs<br />
spielte dabei eine zentrale Rolle (vgl. Hafeneger 2005, S. 510ff.). Bildungsbericht <strong>2013</strong> 143