Mär. 2001 - Landeselternrat Sachsen
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Seite<br />
Informationen für Elternvertreter<br />
Nr. 36 / März <strong>2001</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2 Bedürfnisse der Kinder: Halt geben ... und Halt sagen!<br />
3 Die Qual mit der Wahl zum Elternvertreter?<br />
4-5 Mittelschulen und die Zukunft <strong>Sachsen</strong>s gehen alle an!<br />
6-8 Übergang von Klasse 4 zum Gymnastium<br />
9-11 Zukunft der MS in <strong>Sachsen</strong><br />
12 Eltern besser in Prozentrechnung als CDU! Differenz war 70<br />
000 Kinder!<br />
12-13 8.-14. Juni Aktionswoche: Thema - "<strong>Sachsen</strong> macht Schule<br />
- ABER WIE?"<br />
14 CDU-hat sich auf Biedenkopf-Linie einschwören lassen? +<br />
Zorniger Aufschrei! Kurs Zukunft - nicht Sansbank!<br />
15 Elternweiterbildung<br />
16 Elternweiterbildung<br />
17 Angebote des Hygiene-Museums in Dresden /<br />
Suchtprävention Klassen 1-4/5-8/9-12/Eltern<br />
18-20 WIN-FUTURE ... jedes dritte Kind hat Verhaltens- und<br />
Lernstörungen, Wissenschaftler schlagen Alarm. Politik<br />
interessiert?<br />
21-23 SMK: Verordnungen, Rechtsvorschriften .... -<br />
unentbehrlicher Helfer<br />
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Halt geben ... und Halt sagen<br />
Wie Erwachsene haben auch Kinder Bedürfnisse!<br />
§ Liebe, Zuneigung und Wärme sind bedeutende Grundbedürfnisse.<br />
Wenn Eltern und andere Bezugspersonen diese Bedürfnisse nicht<br />
befriedigen können, versuchen die meisten Kinder sie einzufordern<br />
oder auf andere Weise Ersatzbefriedigungen zu erlangen (z.B.<br />
auffälliges Verhalten, Aggressivität, süchtige Verhaltensweisen).<br />
§ Kinder brauchen das Gefühl, mit ihren Bedürfnissen und<br />
Sehnsüchten ernst genommen zu werden. Ersatzbefriedigungen wie<br />
Süßigkeiten, Geld, Geschenke usw. sind zwar bequem, überdecken<br />
aber die tatsächlichen Bedürfnisse oder lenken von ihnen ab.<br />
§ Persönliche Erfolge sind ebenso wie Misserfolge erforderlich, um<br />
eigene Fähigkeiten und Grenzen erkennen und einschätzen zu<br />
können. Ängstliche, unsichere Kinder sind leichter negativ<br />
beeinflussbar und möglicherweise eher bereit, sich durch die<br />
Einnahme von Drogen vermeintlich sicherer und erfolgreicher zu<br />
fühlen.<br />
§ Sicherhalt und Halt in der Familie sind Grundvoraussetzungen für<br />
erfolgreiches Lernen. Fehlende Zuversicht und Zweifel an der<br />
eigenen Leistungsfähigkeit fördern die Flucht in Scheinwelten.<br />
§ Bestärken Sie Ihr Kind, seine Interessen und Gefühle zu erkennen<br />
und auszudrücken.<br />
§ Ermutigen Sie Ihr Kind, auch einmal NEIN zu sagen. Wenn es<br />
gelernt hat, in der Familie eigene Interessen zu vertreten, kann es<br />
dies auch außerhalb tun; gegenüber der Clique, die eine Mutprobe<br />
fordert oder dem "Freund", der seine Zuneigung vom Zug am Joint<br />
abhängig macht.<br />
§ Setzen Sie Ihrem Kind angemessene und notwendige Grenzen für<br />
erwünschtes Verhalten. Sie sind jedoch nur sinnvoll, wenn sie dem<br />
Kind auch bekannt sind.<br />
§ Nehmen Sie Ihrem Kind nicht alle Verantwortung ab. Die<br />
Bereitschaft zur Verantwortungswahrnahme ist auch für die weitere<br />
Persönlichkeitsentwicklung von Bedeutung.<br />
§ Gestatten Sie Ihrem Kind Freiräume. Es wird sich darin<br />
ausprobieren, Erfahrungen sammeln und eigene Fähigkeiten und<br />
Grenzen leichter erkennen. Diese Erfahrungen sind die besten<br />
Voraussetzungen für ein gesundes Selbstbewusstsein Ihres Kindes.<br />
Seite 2<br />
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Die Qual mit der Wahl zum Elternvertreter!<br />
Sehr geehrte Leser,<br />
in den letzten Wochen des vergangenen Jahres fanden wieder die Wahlen<br />
zu den Mitwirkungsgremien der Schule statt. Eine Zeit, in der so mancher<br />
über Sinn und Erfolgsmöglichkeiten der Elternmitwirkung nachdenkt. Was<br />
wollen und können wir Eltern durch unser Engagement in der Schule<br />
eigentlich erreichen?<br />
Ein erfolgreicher Bildungsweg des jungen Menschen braucht die Begleitung<br />
der Eltern. Engagement der Eltern in der Schule darf sich allerdings nicht<br />
darin erschöpfen, an Klassenfesten und Schulfesten mitzuwirken oder Geld<br />
zu sammeln und zu spenden. Auch dann nicht, wenn noch manche Schulen<br />
Elternmitarbeit so sehen. Eltern-Engagement heißt nach der Auffassung<br />
des <strong>Landeselternrat</strong>es: "Einfluss nehmen auf das Schulleben und auf das,<br />
was Unterricht ausmacht." Um sich in diesem Sinne sachkundig einbringen<br />
zu können, müssen Eltern nicht nur engagiert, sondern auch informiert<br />
sein, denn nur informierte Eltern sind in der Lage, sich mit den<br />
Mitarbeitern der Schule, der Regionalschulämter und des Ministeriums<br />
kompetent auseinander zu setzen. Hilfe erhalten Eltern durch die<br />
Schulleiter, aber auch durch die vom LER neu heraus gegebene Broschüre<br />
"Elternsprecher einer Klasse und nun?" und die alt bewährten grünen<br />
Hefte: "Eltern-Konkret". Jeder Schulelternsprecher sollte außerdem den<br />
Ordner "Arbeitsmaterial für Elternvertreter" haben.<br />
Besondere Anforderungen an die Eltern stellen beispielsweise das Anstoßen<br />
und Voranbringen schulinterner Entwicklungsprozesse, die aktive<br />
Begleitung der Selbstevaluation einer Schule, die Bemühungen um eine<br />
interne Schulentwicklung und die immer noch oftmals nicht<br />
nachzuvollziehenden Schulnetzplanungen. Schulische Bildungsarbeit<br />
bedarf zukunftsorientierter Veränderungen und nachhaltiger<br />
Qualitätssicherung, was jedoch sicherlich nicht allein durch den<br />
Vergleich von Abschlussnoten und Bestehensquoten der einzelnen Schulen<br />
erreicht werden kann. Qualitätssicherung fängt mit der Sicherstellung der<br />
Unterrichtskontinuität an, mit dem Abbau des Unterrichtsausfalls, denn<br />
Unterricht, der nicht stattfindet, kann nicht verbessert werden. Es werden<br />
konkrete Unterrichts-Vertretungsmöglichkeiten gebraucht, die<br />
unbürokratisch zur Verfügung stehen müssen. Zur Qualitätssicherung<br />
gehören ausreichend qualifizierte Lehrer - die Besten dürfen nicht in<br />
andere Bundesländer abwandern! -, die gemeinsam Konzepte für ihre<br />
Schule erarbeiten, mit Hilfe derer sie das Erreichen des Unterrichtszieles<br />
garantieren: Am Lernen interessierte, kreativ und geistig entwickelte,<br />
kommunikative, selbstbewusste und deshalb gesunde junge Menschen sind<br />
das Ziel. "Die Schulen müssen den Schülern Vertrauen entgegen bringen<br />
und ihnen Verantwortung übertragen, sie dürfen den Kindern das Kindliche<br />
nicht austreiben und müssen ihnen Mut zum Leben machen." So<br />
formulierte es Johannes Rau im Juli 2000 beim Kongress des Forum<br />
Bildung in Berlin. Gute Schulen arbeiten mit den Nachbarschulen, den<br />
Einrichtungen und Betrieben der Umgebung zusammen, sie nutzen<br />
regionale Möglichkeiten, beispielsweise beim Spracherwerb. Eltern können<br />
dabei helfen, dass sich Schulen öffnen und Schüler regional eingebunden<br />
und gefordert werden.<br />
Aktive Mitarbeit ist auch auf Kreis- und Landesebene gefragt. Es ist sehr<br />
bedauerlich, dass 5 Mandate im <strong>Landeselternrat</strong> nicht besetzt werden<br />
konnten, so fehlen im RSA-Bereich Chemnitz die Vertreter für Grund- und<br />
Berufsschulen, im Bereich Leipzig für Grund- und Förderschulen und im<br />
Bereich Zwickau für Berufsschulen. Ich rufe alle Elternratsvorsitzenden<br />
dieser Schularten in den genannten RSA-Bereichen auf sich für die<br />
Mitarbeit im <strong>Landeselternrat</strong> zur Verfügung zu stellen. Bitte melden<br />
Sie sich in unserer Geschäftsstelle!<br />
Elternvertretung in der Schule heißt nicht einfach formale Übernahme<br />
eines Amtes, sondern sollte zur echten Partizipation führen. Dass dies
manchmal nicht so ist, liegt teilweise an den Schulen, aber auch an Eltern,<br />
die ihre Aufgabe so nicht einschätzen oder nicht wahrnehmen.<br />
Elternvertretung bedeutet Einstehen für die Schule als soziale und<br />
gesellschaftliche Einheit, für die Gesamtheit der Schüler und Schülerinnen,<br />
sie ist keine Vertretung von Einzelinteressen. Wer dieses Amt übernimmt,<br />
sollte sich darüber im Klaren sein.<br />
Ich wünsche allen Elternvertretern viel Erfolg in der Ausübung ihres Amtes.<br />
Wenn Sie Hilfe benötigen, steht Ihnen auch unsere Geschäftsstelle im<br />
Rahmen vorhandener Möglichkeiten zur Verfügung.<br />
Unsere Elternarbeit gelingt nur in dem Maße, wie sich jeder überhaupt und<br />
wie geschickt er sich einbringt. Das gilt auch für die Arbeit im<br />
Kreiselternrat oder im <strong>Landeselternrat</strong>. Wenn unsere Landeselternarbeit<br />
vielleicht an einigen Stellen nicht Ihren Vorstellungen entspricht, so sind<br />
wir Ihnen auch für Ihre konstruktive Kritik dankbar.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Wolfram Sembdner<br />
Vorsitzender des LER<br />
Seite 3<br />
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Der LER <strong>Sachsen</strong> wendet sich in Sorge an die Politik,<br />
die Wissenschaft und Wirtschaft in <strong>Sachsen</strong>, sowie an alle Bürger:<br />
Das ist unsere Vision:<br />
In <strong>Sachsen</strong> sollen sich junge Leute wohlfühlen. Sie sollen hier<br />
sesshaft werden und bleiben. Darum müssen sie Ausbildungs- und<br />
Arbeitsplätze finden - in traditionellen und auch neuen Berufen. Die<br />
sozialen und Umfeldbedingungen müssen ansprechend und<br />
kinderfreundlich sein. Es sollen vielfältige, interessante<br />
Möglichkeiten für Kultur und Sport bestehen. Merkmale und Werte<br />
sächsischer Bürgerinnen und Bürger sollen besonders sein:<br />
Ehrfurcht vor allem Lebendigen, Nächstenliebe, Erhaltung des<br />
Friedens und der Umwelt, Heimatliebe, sittliches und politisches<br />
Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeit, Achtung der<br />
Überzeugung des Anderen, berufliches Können, soziales Handeln,<br />
freiheitliche demokratische Haltung.<br />
Auf seiner Beratung am 03. Februar <strong>2001</strong> beschäftigte sich der<br />
<strong>Landeselternrat</strong> wiederholt mit der Mittelschulproblematik.<br />
1. Der <strong>Landeselternrat</strong> stellt fest, dass Verordnungen zum<br />
Schulgesetz und das praktische Handeln der<br />
Schulaufsichtsbehörden inzwischen dem Willen der Sächsischen<br />
Verfassung entgegenwirken. Wir sehen besonders die Artikel 7,<br />
22, 29, 101 sowie 82(1), 84(2), 92(1), 102(4) verletzt. Einziges<br />
Entscheidungskriterium am Beispiel der Mittelschulen sind Geld<br />
und Schülerzahlen.<br />
2. Die Staatsregierung hat bisher versäumt, festzustellen, dass sich<br />
die Situation in <strong>Sachsen</strong> wirtschaftlich, beschäftigungspolitisch,<br />
ausbildungsplatzmäßig, sozial, sowie pädagogisch und<br />
psychologisch stark verändert hat. Es wird nicht zur Kenntnis<br />
genommen, dass sich die Rolle der Familie verändert hat, die<br />
psychischen und sozialen Bedingungen für die Kinder gänzlich<br />
andere sind und Schule - so wie sie ist und von der Politik<br />
weitergedacht wurde - die Defizite nicht begleichen kann.<br />
3. Der <strong>Landeselternrat</strong> stellt fest, dass aus <strong>Sachsen</strong> immer mehr<br />
junge Leute weggehen, zum Teil in anderen Bundesländern<br />
ausgebildet werden und dort auch sesshaft werden. Ein<br />
entsprechender Zuzug von jungen Leuten aus anderen<br />
Bundesländern ist nicht feststellbar. Damit wird die natürliche<br />
Reproduktion ganzer Regionen in Frage gestellt.<br />
4. Damit verliert <strong>Sachsen</strong> auch gleichzeitig motivierte gut<br />
ausgebildete Arbeitskräfte, die eine unverzichtbare Voraussetzung<br />
für die Ansiedlung von moderner Industrie und Entwicklung der<br />
Wirtschaft aber auch von Bildung, Kultur und Sport sind. Beispiel<br />
dafür ist das Fehlen junger Lehrer in unserem Land.<br />
5. Die Kommunen und damit die Wege sind durch die<br />
Gemeindereform größer, aber die Möglichkeiten der<br />
Kommunikation und Kultur sind geringer geworden. Für die<br />
Entwicklung von Heimatliebe und Tradition sind Mittelschulen in<br />
den Kommunen notwendig. Brauchtum, Heimatverbundenheit und<br />
Glaube sind unverzichtbar für die Entwicklung von<br />
Lernatmosphäre und Werteerziehung. Weitere Entfernungen<br />
bedeutet für die Kinder "Zeitklau": mehr Zeit auf dem Bus,<br />
weniger für Lernen, Spiel und Sport. Für viele Kinder ist die Zeit
an der Bushaltestelle und im Bus auch psychisch eine hohe<br />
Belastung. Die notwendige Verbindung zwischen Eltern und Schule<br />
wird durch größere Entfernungen erschwert. Zusätzlich entstehen<br />
für Eltern und Kommunen immer höhere finanzielle Belastungen<br />
für Beförderung.<br />
6. Im Landkreis Bautzen ist das Modell "Schulverbund Mittelschule"<br />
entwickelt worden, das von der Schulaufsicht weder fachlich<br />
unterstützt, noch gründlich begutachtet wurde. In dieser Region<br />
sind sich alle Parteien und politischen Kräfte, Vereine und<br />
tausende Bürger einig, den Vorschlag der Arbeitsgruppe des<br />
Landrates zur Bildung von Mittelschul-Verbünden in die Praxis<br />
umzusetzen. Die Arbeitsgruppe hat Politik, Finanzen,<br />
Verkehrsplanung, Rechtsaufsicht, Eltern und Schule einbezogen<br />
und weitgehend Konsens mit den Vorstellungen des<br />
Regionalschulamtes z.B. hinsichtlich Anzahl der Züge und<br />
Betrachtung von Planungsregionen erzielt. Diese Zusammenarbeit<br />
ist beispielhaft für ganz <strong>Sachsen</strong>. Der <strong>Landeselternrat</strong> fordert das<br />
Kultusministerium und alle Beteiligten dazu auf, diese und<br />
ähnliche Modelle in ganz <strong>Sachsen</strong> umzusetzen.<br />
7. Es entspricht nicht unserem Demokratieverständnis, Schulleitern<br />
und Lehrern einen "Maulkorb" zu verpassen. Die Schulaufsicht ist<br />
als Dienstleister nicht nur der Politik sondern vor allem gegenüber<br />
der sächsischen Bevölkerung in der Verantwortung.<br />
8. Die Wissenschaft und die sächsische Wirtschaft sehen die<br />
Situation ebenfalls kritisch und fordern neue Herangehensweisen.<br />
Die Wirtschaft braucht junge gut ausgebildete, motivierte<br />
Fachkräfte. Schule und Wirtschaft müssen stärker<br />
zusammenarbeiten. Das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) in<br />
Berlin weist in seiner Prognose für <strong>2001</strong> darauf hin, dass eine<br />
Umschichtung der finanziellen Mittel zugunsten von Bildung und<br />
Erziehung besonders in den neuen Ländern unbedingt erfolgen<br />
muss. Dabei müsse die vorhandene Infrastruktur zumindest<br />
erhalten, besser noch ausgebaut werden. Und Schule gehört zur<br />
Infrastruktur.<br />
9. Kinder stehen heute vor neuen und sich rasant verändernden<br />
Bedingungen. Die Situation in den Familien hat sich verändert.<br />
Medien bestimmen zunehmend Denken und Handeln. Ärzte weisen<br />
auf negative Veränderungen bei den Kindern hin. Jedes dritte Kind<br />
im Grundschulalter weist Verhaltensstörungen auf. Ein allgemeiner<br />
Werteverlust ist zu beklagen. Immer mehr Eltern können aus<br />
unterschiedlichen Gründen (wie z.B. Zeit, räumliche Trennung,<br />
Kraft und Motivation aber auch Erfahrung im Umgang mit Neuem<br />
fehlt) Erziehung nicht mehr allein und intensiv realisieren.<br />
Angesichts alarmierender sichtbarer Erscheinungen wie z.B.<br />
Zunahme von Drogenkonsum, Gewalt und Rechtsextremismus<br />
muss auf der Grundlage einer aktuellen Analyse der<br />
gesellschaftlichen Situation auch Schule in <strong>Sachsen</strong> neu überdacht<br />
werden. Die Anonymität in größeren Schulen begünstigt die<br />
negativen Entwicklungen. Dem muss sich die Gemeinschaft<br />
insgesamt stellen. Politik hat dabei eine besondere Verantwortung.
PS<br />
Wir erhoffen uns Unterstützung für unsere Positionen. Helfen Sie<br />
mit, das Gedankengut zu verbreiten und die Vorstellungen<br />
umzusetzen. Vielfältige Ideen sind gefordert. Gefragt ist MITTUN<br />
und nicht Bremsen! Bitte lassen Sie nicht zu, dass Politik das<br />
einfach wieder zum Bildungsausschuss und zu Kultus schiebt.<br />
Bildungsreform geht alle Bereiche an. Die Ideen und Forderungen<br />
unseres Bundespräsidenten zur Bildungsreform bestätigen uns.<br />
(Vgl. Rede auf dem Ersten Kongress des Forum Bildung am 14.07.2000 in<br />
Berlin Kostenlose Broschüren mit dieser Rede, u.ä. bestellbar: Arbeitsstab<br />
Forum Bildung Tel. [02 28] 54 02-1 26 und siehe auch: www.forumbildung.<br />
de)<br />
Seite 4 - 5<br />
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Probleme des Übergangs nach Klasse 4 aufs Gymnasium<br />
1. Anforderungen, die von Wirtschaft und Hochschulen als<br />
Voraussetzungen erwartet werden:<br />
Kreativität, Innovationsfähigkeit,<br />
Phantasie, Flexibilität, Individualität,<br />
Durchsetzungsvermögen, Fähigkeiten<br />
zur Analyse, Finden komplexer<br />
Lösungsansätze und -wege, ausgeprägte<br />
Persönlichkeit, Fachwissen, manuelle<br />
Fertigkeiten<br />
Ziel: Entwicklung von Fähigkeiten<br />
zur komplexen Wissensaneignung<br />
sowie deren Umsetzung und<br />
praktische Anwendung, um daraus<br />
evtl. neues Wissen hervorzubringen<br />
(Prinzip der Spirale),<br />
Lehrplan GY bietet zum großen Teil nur<br />
Schubladenwissen; einfache<br />
Reproduktion von umfangreichen<br />
Fakten; Zeit fehlt,<br />
Verknüpfungsmechanismen zu<br />
entwickeln; Schüler erfährt<br />
Wissensvermittlung nur über Vortrag,<br />
bei relativ häufigen Ausfällen nur über<br />
"Stillbeschäftigung", ohne<br />
Berücksichtigung der oben genannte<br />
Anforderungen; (Widerspruch auch<br />
zwischen Anforderungen in<br />
Klassenarbeiten und Unterrichtsinhalten<br />
z.B. Lehrbuchinhalte; Ergo: oben<br />
aufgeführte Anforderungen werden im<br />
Zuge gymnasialer Ausbildung nur<br />
ungenügend ausgeprägt.)<br />
2. Delegierte Anforderungen des Gymnasiums an die<br />
Grundschule:<br />
ausgeprägtes Lang- u.<br />
Kurzzeitgedächtnis (Noten 1 und 2 sollen<br />
an der GS ohne besondere Fleißarbeit<br />
erreicht werden) Kreativität,<br />
Selbständigkeit und Phantasie (Nachweis<br />
durch verbale Einschätzung/<br />
Bildungsempfehlung), è Anforderungen<br />
werden überwiegend nicht erfüllt.<br />
Eigenschaften, Begabungen,<br />
Fähigkeiten, die in jedem Kind stecken,<br />
werden ungenügend erkannt und<br />
gefördert; Kinder besitzen in ersten<br />
Lebensjahren eine ausgeprägte<br />
Phantasie und Kreativität. Durch stupide<br />
Wissensaneignung verkümmern diese<br />
Eigenschaften. Anstatt Mathe<br />
überzubetonen, sollten Fähigkeiten auf<br />
musischem, sowie mutter- und<br />
fremdsprachlichem Gebiet deutlicher
gefördert werden. Ergebnisse Berliner<br />
Studie: Kinder, die sich intensiv mit<br />
einem Musikinstrument befassen, sind in<br />
der Schule i.d.R. leistungsstärker.<br />
Obwohl sie noch keine Noten lesen<br />
können, beherrschen sie musikalische<br />
Phrasen. Sie können diese reproduzieren<br />
und in Klang umsetzen: Dabei nutzen<br />
die Kinder ihre natürlichen Fähigkeiten z.<br />
B. über das Gehör, das Auge, den<br />
Bewegungsdrang(z.B. Rhythmus), die<br />
Empfindungen, die Phantasie (z.B.<br />
Melodien mit eigenem Text). Diese<br />
natürlichen Fähigkeiten werden an der<br />
Grundschule meist nicht mehr genutzt<br />
und weiterentwickelt. Ursachen dafür<br />
sind vielfältig. Hohe Klassenstärken<br />
machen individuelle Förderung und<br />
Forderung schwer. Hemmend sind auch<br />
enorme Leistungsunterschiede in den<br />
Klassen und z.T. die Angst der Kinder<br />
sich zu äußern. Wichtig sind die<br />
Bedingungen an den Schulen, das Klima<br />
und die Fähigkeiten der Pädagogen.<br />
Dazu gehört selbstverständlich auch das<br />
Motivationsgefüge der Lehrerinnen und<br />
Lehrer, welches wesentlich durch deren<br />
"Berufsbedingungen" (Anerkennung,<br />
Weiterbildung, Bezahlung,<br />
Zukunftssicherheit ...) beeinflusst wird.<br />
Die aufgeführten Unzulänglichkeiten<br />
führen unweigerlich zu Problemen beim<br />
Übergang zum Gymnasium. Dazu<br />
kommen verschiedene<br />
Anforderungsmodelle an der<br />
Grundschule: Kindgerechte<br />
Grundschule / Kindgerechte Grundschule<br />
mit fach- und klassenübergreifendem<br />
Unterricht/ Kindgerechte Grundschule<br />
mit hohem Level im<br />
Bewertungsmaßstab ... . Das schafft<br />
unterschiedliche Bildungsniveaus am<br />
Ende des 4. Schuljahres und damit<br />
verschiedene Ausgangspositionen für<br />
das Gymnasium.<br />
3. Forderungen an die Grundschulen:<br />
Förderung der natürlichen Fähigkeiten<br />
der Kinder durch verstärkte<br />
Sprachausbildung und musische<br />
Erziehung. Logisches und analytisches<br />
Denken kann nur vorbereitet werden.<br />
Zwischen dem 10. und dem 12.<br />
Lebensjahr entwickeln Kinder diese<br />
Fähigkeit von selbst. Dann sollten<br />
verstärkt mathematische und<br />
naturwissenschaftliche Lerninhalte<br />
einbezogen werden. Abbau<br />
unterschiedlicher Unterrichts- und<br />
Bewertungsniveaus und des<br />
Leistungsdrucks (und damit der<br />
Versagensangst); Verstärkung der<br />
individuellen Förderung von<br />
Begabungen, Fähigkeiten, sowie deren<br />
Nutzung für den Lernprozess; Erhöhung<br />
Lernmotivation;
4. Forderungen an uns Eltern:<br />
Die Schule hat zwar einen<br />
gesetzmäßigen Auftrag zu Bildung und<br />
Erziehung. Aber zuerst sind die Eltern<br />
für die Entwicklung ihrer Kinder<br />
verantwortlich. Deshalb sollen Eltern die<br />
schulische Entwicklung aktiv<br />
mitgestalten. Das ist auch ein ständiger<br />
Lernprozess für uns Eltern. Es geht nicht<br />
darum, Schuldzuweisungen an Schule zu<br />
machen. Wichtig ist, Gestaltungsräume<br />
zu erkennen und sie nutzen zu lernen.<br />
Weitere Anregungen:<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Die Bedingungen, die beim Übergang GS=> GY herrschen,<br />
müssen kritisch untersucht werden.<br />
Es muss gemeinsam neu überlegt werden, welche Fähigkeiten<br />
wirklich am GYM gebraucht werden. Was muss die GS dafür<br />
leisten? Reif für das GYM ist, wer in der GS ohne große<br />
Anstrengung lernt!<br />
Die verbale Einschätzung sollte für die aufnehmende Schule zur<br />
Beurteilung der GYM-Reife wichtiger sein als die Noten.<br />
Welche Voraussetzungen brauchen Kinder, die auf das GYM gehen wollen?<br />
●<br />
●<br />
Weniger gelernte Fakten als ein trainiertes Kurz- und<br />
Langzeitgedächtnis<br />
Sie müssen komplex denken können, viele Ideen und Phantasien<br />
haben<br />
Fähigkeiten werden durch Wiederholung trainiert, nicht durch<br />
stupides Auswendiglernen - "Wiederholung ist die Mutter der<br />
Weisheit". Durch Wiederholung wird ins Langzeitgedächtnis<br />
gelernt.<br />
●<br />
●<br />
Wenn Lehrer sich nicht voll für die Kinder engagieren, weil sie<br />
verkürzt (x % der Vollzeit) arbeiten müssen, dann ist das ganz<br />
schlimm. "Unsere Kinder bekommen sie doch zu 100%."<br />
Wir haben genug künstlerische und spezielle Begabungen, die wir<br />
fördern sollten, anstatt später dann Spezialisten aus dem Ausland<br />
holen zu müssen.<br />
Die schulische Ausbildung muss den Entwicklungsphasen der<br />
Kinder entsprechend ansetzen: Da Kinder in den ersten<br />
Schuljahren ausgesprochene Fähigkeiten der Phantasie und der<br />
Kreativität, aber weniger analytische Fähigkeiten besitzen, sollte<br />
der Lehrplan daran anknüpfen und dies nutzen. Heute werden<br />
Kinder jedoch gezwungen, sich Wissen anzueignen und zu büffeln<br />
auf Kosten ihrer natürlichen Kreativität. Natürlich brauchen sie<br />
Wissensvermittlung, aber das hat Zeit. Später wollen sie von allein<br />
analytisch arbeiten. Warum wird in den ersten Jahren nicht<br />
Sprachenlernen mehr gefördert? Dort haben Kinder in den ersten<br />
Schuljahren - nicht in den späteren - ausgezeichnete<br />
Voraussetzungen.
Aus der Diskussion<br />
Kinder, die in die Montessori-Schule gegangen sind, in der sie individuell<br />
gefördert wurden, haben z.T. große Schwierigkeiten, sich in den<br />
weiterführenden Schulen einzuleben. Die Lehrer dieser Schulen wollen gar<br />
nicht, dass Kinder eigene Gedanken haben und individuelle Lösungen<br />
suchen, denn dann sind sie nicht mehr so pflegeleicht (Schubladendenken?)<br />
Die Kinder müssen sich durchsetzen und Eltern sollten ihnen dabei helfen.<br />
Dieser Prozess braucht Zeit. Das GYM ist zu spezialisiert; individuelle,<br />
kreative Bausteine müssen eingebaut werden. Dafür werden jedoch mehr<br />
Pädagogen gebraucht.<br />
Das sächs. Schulsystem setzt zu enge Grenzen für das, was<br />
wünschenswert wäre. Hinzu kommt, dass Lehrer über die Jahre<br />
verschlissen worden sind. Schülerpersönlichkeiten fallen im GYM manchmal<br />
"in ein Loch". Nach 4 Jahren Freude am Lernen beginnen sie in der 5.<br />
Klasse zu resignieren.<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Problem: Ist in allen 5. Klassen die Rechtschreibung. Die<br />
Vorleistungen an den GS stimmen nicht mit den Lehrmethoden am<br />
GYM überein. An dieser Nahtstelle wird zu wenig reagiert.<br />
Problem: Kinder können nicht in Hierarchien denken.<br />
Problem: Kinder sind nicht ausreichend selbstständig, wenn sie<br />
aufs GYM kommen. Sie müssen allein Hausaufgaben machen<br />
können, Unterrichtsmaterial zusammen halten können und die<br />
Zeiteinteilung in den Griff bekommen. Hier müssen Klassenlehrer /<br />
Fachlehrer und Eltern eine Strategie entwickeln. Vorschlag, Eltern<br />
am Elternabend "das Lernen zu lehren", denn Schule und<br />
Elternhaus sind gemeinsam für die Kinder verantwortlich.<br />
Probleme durch fehlenden qualifizierten Musiklehrer, Wegbrechen Fach<br />
Werken, Ausfall Sportunterricht . In <strong>Sachsen</strong> wird im Gegensatz zu<br />
anderen Bundesländern schon in der 1. Klasse mit einem Sprachunterricht<br />
angefangen (Begegnungssprache).<br />
Ist die Art und Weise des Übergangs von der GS zum GYM noch<br />
zeitgerecht? Besser ist doch eine Aufnahmeprüfung statt<br />
Bildungsempfehlung! Sind Noten als Maßstab der Zertifizierung geeignet?<br />
Auch die Universitäten u.a. machen eine Aufnahmeprüfung.<br />
Der Zeitpunkt des Übergangs ist zu früh! (Vgl. Einsetzen analytisches<br />
Denken, also ab Klasse 7 oder 9?) Wie viel % der Kinder lernen am GYM<br />
nur durch den Ehrgeiz der Eltern und müssten eigentlich auf der MS sein?<br />
Für den gymnasialen Einstieg ist der Zeitpunkt nicht so wichtig, dafür aber<br />
die inhaltlichen Gestaltung. Die Kinder brauchen anfangs wesentlich mehr<br />
Aufmerksamkeit und Förderung, damit sie spätestens bis zur 8. Klasse<br />
ihren Arbeitsstil gefunden haben.<br />
Die Lehrplankommission im Comenius-Institut muss schnellstens durch<br />
Fachleute aus der Praxis ergänzt werden, wie z. B. unterrichtende Lehrer,<br />
Personen aus der Industrie, den Hochschulen.<br />
In ländlichen Gebieten wechseln 27%, in städtischen 43% der Kinder von<br />
der GS aufs GYM. So viele begabte Kinder gibt es vor allem in den Städten<br />
nicht. Die Bildungsempfehlung ist gut. Der frühe Übergang in der 5. Klasse<br />
ermöglicht auch einen frühen Zugriff auf die Kinder. Am B.-B.-GYM wird es<br />
ab nächster Woche eine wöchentliche Kontaktstunde geben, die es den<br />
Lehrern ermöglichen soll, eine bessere Beziehung zu den Kindern zu<br />
entwickeln. Der Charakter der Orientierungsstufe muss aber verändert<br />
werden, sie soll der Orientierung dienen. Auch Eltern sollten offen sein und<br />
schauen, ob ihr Kind im GYM mithalten kann. In manchen GYM werden<br />
auch in der Orientierungsstufe Bildungsempfehlungen geschrieben, die in<br />
die Schülerakten genommen werden. Es werden Beratungsgespräche<br />
angeboten. Für eine wirkliche Wahlmöglichkeit der Eltern ist es natürlich<br />
wichtig, dass die Mittelschulen gute Angebote machen, sonst bestehen die<br />
Ängste der Eltern vor allem bezüglich des Klimas an MS zu Recht. Kinder,<br />
die auf die MS gehören, aber im GYM bleiben, verhindern, dass Lehrer sich<br />
ausreichend den GYM-Begabten widmen können. Wobei hier das größte
Problem die "Störer" sind, die ständig auf sich aufmerksam machen. 15 -<br />
20 % Schüler sollten aufs Gymnasium kommen, um die Gesellschaft am<br />
Laufen zu halten.<br />
Es ist falsch, dass bei Lehrermangel am GYM die vorhandenen Lehrer<br />
wegen des anstehenden Abiturs in die 11./12. Klasse beordert werden. Sie<br />
sind für die Ausprägung der Grundlagen in den 5./6./7. Klassen wichtiger.<br />
Kinder müssen in den GS eine musische Grundausbildung erhalten - nur<br />
besonders Begabte gehören in die Musikschulen, gleiches gilt für Zeichnen,<br />
Gestalten, Darstellendem Spiel. Auch ein GS-Lehrer braucht eine<br />
Fachausbildung und kann nicht alle Fächer unterrichten.<br />
Gute Elternarbeit heißt nicht: Dem Schulleiter zu dienen, sondern<br />
Erziehung und Bildung an der Schule mitzugestalten, auch wenn<br />
Lehrer und Mit-Eltern das oft nicht wollen.<br />
Zur Lehrplangestaltung liegen Vorschläge von praktisch tätigen Lehrern auf<br />
freiwilliger Basis vor. Sie sollen Anfang Januar auf dem Bildungsserver<br />
abrufbar sein, denn über Bildung muss breit diskutiert werden.<br />
Es ist wichtig, dabei immer "am Ball" zu bleiben. Schulische Ausbildung ist<br />
ein großes Thema dieser Zeit, in der sich ständig alles bewegt. Hier<br />
müssen immer wieder neue Entscheidungen getroffen werden. Die<br />
Lehrpläne müssen auf die Entwicklungsabschnitte der Kinder Rücksicht<br />
nehmen! Also müssen Strukturen so geändert werden, dass es funktioniert<br />
- nicht umgekehrt. Neben der leistungsgerechten Bezahlung von Lehrern<br />
sind Wettbewerbe Instrumente für Qualitätsverbesserung. Fachleute<br />
müssen sofort hinzugezogen werden! Der LER sollte fordern, dass Schulen<br />
mehr Entscheidungsfreiheit erhalten. Ein Punkt fehlt bisher: Was ist das<br />
Ziel aller Bildung? Kinder müssen mit einem Selbstwertgefühl ausgestattet<br />
sein, wenn sie aus der Schule kommen. Wie sieht es aber aus?! Kinder<br />
gehen mit Freude in die Schule und kommen mit Frust heraus.<br />
Wie gut oder schlecht GS sind, sollte vor allem daran gemessen werden,<br />
wie es gelingt, Spaß am Lernen entwickeln und fördern. Kinder brauchen<br />
gerechte individuelle Rückmeldung für ihre Leistungen und Anstrengungen.<br />
Klassen mit 32 Schülern sind untragbar! Eine gute Grundlagenbildung ist<br />
das Wichtigste. Kinder sind nicht immer Spitze. Wir Erwachsenen auch<br />
nicht. Individueller Erfolg muss gewürdigt werden.<br />
Was ist mit dem wohl größeren Teil Schüler, die nicht in der Musikschule<br />
sind oder in AG`s. Wohin entwickelt sich die Gesellschaft? Werden nicht<br />
mehr alle junge Menschen gebraucht- wollen wir das so? Junge Leute<br />
arbeitslos - aber Fachkräfte fehlen? Für Erziehung und Bildung ist nicht<br />
allein das SMK zuständig, sondern die Gemeinschaft insgesamt. Nach der<br />
Informationen des Kongresses "Im Teufelskreis der Selbstbezogenheit -<br />
Kinder ohne Entwicklungschancen" des wissenschaftlichen Netzwerkes zur<br />
Erforschung der psychobiologischen Grundlagen zukunftsorientierter<br />
Lebensgestaltung e. V. am 24./25.11.2000 in Göttingen hat jedes 3. Kind<br />
im GS-Alter Verhaltensauffälligkeiten/Lernstörungen. (Siehe: www.winfuture.de<br />
oder hier Seiten 14-16) Wissen und Erfahrungen müssen<br />
vernetzt werden und Fachleute( Psychologen, Mediziner, Pädagogen, Eltern<br />
und natürlich Politiker) müssen zusammen arbeiten. Auch Eltern müssen<br />
sich qualifizieren. Die Beziehung Schule-Eltern spielt eine große Rolle.<br />
Wichtig ist z.B.:
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Die Entwicklung der Gesellschaft demokratisch zu gestalten und<br />
zunehmend vernetzt arbeiten zu lernen.<br />
Sinkende Schülerzahlen - wie versprochen - für Verbesserung der<br />
Qualität von Schule zu nutzen.<br />
Deutlicher machen: Eltern haben eine größere Verantwortung,<br />
"Die Schule muss ..." zählt nicht.<br />
Lehrer müssen nicht mehr alles besser wissen und können. Sie<br />
haben mehr eine Koordinations-/Orientierungs-/Motivierungs-/<br />
Trainerfunktion. Daher muss auch die Anerkennung der Autorität<br />
kommen.<br />
Der Wegzug junger Leute ist ein Problem. Im Interesse der<br />
Zukunft <strong>Sachsen</strong>s muss gegengelenkt werden.<br />
Es muss erkannt werden, dass aber ein großer (wachsender?) Teil<br />
Eltern ihrer Erziehungsverantwortung aus den unterschiedlichsten<br />
Gründen nicht genügend nachkommt.<br />
Kinder und Jugendliche brauchen das Gefühl, dass sie gewollt<br />
sind, dass sie gebraucht werden. Sie müssen Chancen bekommen,<br />
zu zeigen was in ihnen steckt und Anerkennung bekommen !<br />
GS sind besser, als es hier anklang. Es gibt keine Schulart, die sich so wie<br />
die GS bemüht und ein völlig neues Konzept erarbeitet hat. Die<br />
Lernmethode darf nicht überschätzt werden, es kommt doch darauf an,<br />
dass "etwas rüber gebracht wird".<br />
Die Lethargie der Eltern ist das Problem. Es waren Elternvertreterwahlen:<br />
Eltern müssen gebettelt werden, damit sie aktiv werden. Es gibt zu<br />
wenige, die erkennen, wie wichtig die Eltern-Mitwirkung ist. Hier muss der<br />
LER zielgerichtet arbeiten.<br />
Hervorhebung des Vorschlages von Frau Dr. Kühnel, dass Eltern in der<br />
Schule "das Lernen lernen" sollten. Es ist wichtig, sich gemeinsam<br />
auseinander zu setzen und die Meinung zu sagen. Die meisten Lehrer<br />
warten auch darauf, dass Eltern konstruktiv mitarbeiten. Alle Beteiligten<br />
müssen an einem Strang ziehen. Wir müssen anderen Eltern helfen ihre<br />
Verantwortung wahrzunehmen. Eltern sind in der Pflicht und können sich<br />
nicht allein auf Kindergarten und Schule verlassen. Wir haben<br />
Erziehungsarbeit zu leisten! Bestätigung der Erfahrung von Eltern aus den<br />
alten Bundesländern, die hierher gezogen sind: Eltern gehen viel zu<br />
zaghaft mit Lehrern um und zu wenig auf sie zu.<br />
Frau Triquart (SMK, Ref. 36, Tel. [03 51] 5 64 27 79) bietet an, dass sich<br />
Eltern, die Probleme mit abweisenden Lehrern haben, zwecks Hilfe an sie<br />
wenden können. Ausdrücklich ermutigte sie alle Eltern, die Schule<br />
mitzugestalten. Sollten Lehrer Schüler auf Grund des Engagements ihrer<br />
Eltern benachteiligen oder auf sie Druck ausüben, bittet sie darum, sich da<br />
ans RSA zu wenden oder an sie selbst. "Wir wollen Demokratie an der<br />
Schule haben!"<br />
Seite 6-8<br />
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Zukunft der Mittelschulen in <strong>Sachsen</strong><br />
Frau Dr. Dittrich<br />
Sie hob einleitend hervor, dass mit der Entscheidung für die Schulart<br />
"Mittelschule" in <strong>Sachsen</strong> ein eigenständiger Weg gegangen wurde, der<br />
von den anderen Bundesländern kritisch beobachtet wurde. Deshalb wurde<br />
die Mittelschule auch mit verschiedenen Modellversuchen schulfachlich<br />
begleitet und unterstützt. Im Abschlussbericht zum Modellversuch zur<br />
Mittelschule wird sie als eine zeitgemäße, zukunfts- und ausbaufähige<br />
Schulart bezeichnet. Gerade aus den sich verändernden Anforderungen der<br />
Arbeits- und Lebenswelt leitet sich auch bereits weiterer<br />
Entwicklungsbedarf für die Mittelschule ab.<br />
Worum muss es bei der Ausbildung in Mittelschulen gehen?<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Auf lebenslanges Lernen vorbereiten, denn künftige Berufs- und<br />
Lebenswege werden eine viel höhere Veränderungsbereitschaft<br />
und Mobilität voraussetzen. Darauf müssen Schüler fachlich und<br />
mental vorbereitet werden. Das muss auch vor dem Hintergrund<br />
einer größeren Konkurrenz - wie sie sich mit der europäischen<br />
Union und der Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt ergeben wird -<br />
gesehen werden.<br />
Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen sind eine der<br />
wichtigsten Voraussetzungen.<br />
Schlüsselkompetenzen wie z.B. Selbstständigkeit, Kooperations-,<br />
Team- und Konfliktfähigkeit herausbilden, dem dient die<br />
Einführung von Kopfnoten,<br />
Die Qualität der Abschlüsse sichern, d.h., die Abschlussnoten<br />
müssen durch entsprechende Leistungen gedeckt sein.<br />
Welche Fragen stehen aus Sicht des SMK im Mittelpunkt?<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Was müssen die MS leisten um den Schülern optimale Chancen<br />
auf einem sich schnell verändernden Arbeitsmarkt zu ermöglichen<br />
und ihre Ausbildungsfähigkeit sicher zu stellen?<br />
Welche Konsequenzen ergeben sich angesichts steigender<br />
künftiger Qualifikationsanforderungen für Lerninhalte und<br />
Anforderungsniveau? Und was muss getan werden, um die<br />
Qualität der Abschlüsse zu garantieren?<br />
Wie werden dabei auch Werte und Einstellungen entwickelt, die<br />
sowohl Selbstständigkeit, aber auch die Verantwortung des<br />
Einzelnen für andere einschließt?<br />
Es müssen Konzepte bezogen auf diese drei Kernfragen entwickelt werden<br />
und mit Eltern, Schülern und allen an Schule Beteiligten diskutiert werden,<br />
damit so eine langfristige Grundlage für die Arbeit an Mittelschulen<br />
geschaffen wird.<br />
Was sind die Ziele zur Entwicklung der Mittelschule?<br />
1. Qualitätssicherung im Unterricht und beim Abschluss<br />
2. Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit<br />
3. Stärkung der Selbstverantwortung der Schule
Zu 1. Qualitätssicherung im Unterricht und beim Abschluss<br />
Ein ganzes Maßnahmebündel ist hierzu erforderlich, so u.a.:<br />
- Verminderung von fachfremdem Unterricht und Qualitätsförderung durch<br />
Fachberater,<br />
- Differenzierte Analyse und Diskussion der Ergebnisse der zentralen<br />
Abschlussprüfungen mit Blick auf Schwerpunkte für die Verbesserung des<br />
Unterrichts durch Lehrerfortbildung und unterstützende Maßnahmen durch<br />
Fachberater und Schulaufsicht. Dazu gehören u. a. auch Analysen von<br />
anonymisierten Prüfungsarbeiten. Hier wurden Defizite, wie z. B.<br />
mangelnde Strukturierung des Textes und Argumentationsfähigkeit,<br />
Formulierungsschwächen und erhebliche Unsicherheiten in Orthografie und<br />
Grammatik bei einer Reihe von Schülern festgestellt. Sicher spielt hierbei<br />
auch der Einfluss der E-Mail-Kultur eine Rolle, aber eine entscheidende<br />
Ursache ist auch, dass zu wenig gelesen wird. "Zum Lesen anzuregen,<br />
würden wir uns auch von den Eltern wünschen." Festgestellt wurde auch,<br />
dass es erhebliche Unterschiede zwischen Schulen und Klassen gibt, z. B.<br />
auch im Bewertungsverhalten und in den Begründungen dazu.<br />
- Die Schulen werden aufgefordert, ihre Prüfungsergebnisse gründlich<br />
auszuwerten, zu diskutieren, schuleigene Langzeitanalysen vorzunehmen<br />
und Ansatzpunkte für die Verbesserung der Gestaltung des Unterrichts<br />
daraus abzuleiten. Die alphabetische Auflistung der Mittelschulen mit<br />
Angaben zu ausgewählten Schülerleistungen bei den Abschlussprüfungen<br />
ermöglicht dabei auch einzelnen Schulen ihre Ergebnisse mit denen<br />
anderer Mittelschulen zu vergleichen. Für die Mittelschulen hat das SMK<br />
zunächst einmal die Bestehensquote beim Realschulabschluss und die<br />
Durchschnittsnoten in Mathematik sowie in Deutsch heran gezogen. Diese<br />
gibt auch dem SMK eine Rückkopplung z. B. über den Schwierigkeitsgrad<br />
der Prüfungsarbeiten. In diesem Jahr gab es z. B. in den<br />
Mathematikprüfungen extreme Unterschiede zwischen den Schulen, die<br />
von 1,9 bis 4,9 als Durchschnittswert der Schule schwankten. Darüber<br />
muss diskutiert werden. Natürlich bestehen zwischen den einzelnen<br />
Mittelschulen auch erhebliche Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen<br />
Ausgangsbedingungen. Gerade deshalb soll die Auswertungspraxis an<br />
jeder einzelnen Mittelschule durch die Erarbeitung eines schulinternen<br />
Auswertungsverfahrens qualifiziert werden. Außerdem wird der "Qualitätsund<br />
Leistungsvergleich sächsischer Schulen" durch weitere Kriterien<br />
ergänzt werden. Dazu gehören auch solche Faktoren wie schulische und<br />
außerschulische Projekte, Kooperationen mit ausländischen Schulen oder<br />
mit Unternehmen in der Region, Integrationsmaßnahmen,<br />
Hausaufgabenhilfe u.v.a.m.. Herr Staatsminister Rößler hat hierzu auch<br />
alle Eltern um Hinweise und Anregungen (s. Elternbrief 15. Dezember<br />
2000) gebeten.<br />
- Weiterentwicklung der Abschlussprüfung, um so mittelfristig auf<br />
Unterrichtsentwicklung und Verbesserung der Schülerleistung Einfluss zu<br />
nehmen. Qualifizierung des Erarbeitungsverfahrens von Prüfungsaufgaben<br />
und stärkere Einbeziehung von Vorschlägen aus der Schulpraxis. Wir<br />
brauchen einen neuen Typ von Aufgaben, die in Richtung stärkerer<br />
Anwendungsorientierung und Problemlösungsfähigkeit gehen. Durch<br />
"Musteraufgaben" - die derzeit für Englisch und Mathematik entwickelt<br />
werden - soll an die neue Qualität der Aufgaben herangeführt, bevor sie in<br />
die Prüfung eingeführt werden. Eine Konzentration auf die Prüfung, um die<br />
Unterrichtsqualität von Schulen zu steigern, ist deshalb sinnvoll, da<br />
Prüfungen für Lehrer eine stärkere Orientierungsfunktion als Lehrpläne<br />
haben. Von dort her kann die Qualität des Unterrichts am ehesten<br />
gesteuert werden. Qualität sowie Art und Weise des Unterrichtens stellen<br />
aber gerade entscheidende Faktoren für bessere Ergebnisse bei Schülern<br />
dar. Dabei geht es nicht darum, den Frontalunterricht generell als veraltete<br />
Methode hinzustellen, sondern darum, dass Lehrer verschiedene<br />
Unterrichtsformen souverän zur Erreichung unterschiedlicher<br />
pädagogischer Ziele einsetzen können.<br />
Zu 2. Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Verbesserung der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit durch<br />
fächerübergreifende Förderung und entsprechende<br />
Schwerpunktsetzung in der Lehrerfortbildung,<br />
Verbesserung des Mathematikunterrichtes u. a. durch eine<br />
stärkere Herausarbeitung von Basiswissen,<br />
Verbesserung des Fremdsprachenlernens, Hier muss Englisch für<br />
Mittelschulen greifen, nicht als abgespeckte Variante des Englisch-<br />
Unterrichts am Gymnasium, sondern in Richtung lebenspraktischer<br />
Verwertbarkeit. Zusätzlich könnte eine Englisch-Stunde für<br />
Schüler im wirtschaftlichen Profil wie z.B. "Englisch zur<br />
Berufsorientierung" eingeführt werden. Für Schüler, die nicht das<br />
sprachlichen Profil gewählt haben, Einführung einer 2.<br />
Fremdsprache (personelle Ressourcen sind vorhanden), Die<br />
Einführung eines Sprachpasses könnte als zusätzliche Information<br />
zum Zeugnis für Unternehmen dienen. Er könnte den<br />
Kenntnisstand, Auslandspraktika und alles, was relevant ist,<br />
enthalten.<br />
Verbesserung der Gestaltung der Differenzierung an der<br />
Mittelschule, Ausgestaltung der Bildungsgänge,<br />
Weiterentwicklung des gesamten Profilbereiches, Jeder Schüler<br />
soll etwas von Technik, Hauswirtschaft Musik und Wirtschaft<br />
verstehen. Arbeitgeber in Deutschland fordern die Einführung des<br />
Faches "Wirtschaft". Das ist für das SMK nicht das Thema, dafür<br />
soll eine Art Basisfach kommen mit dem Schwerpunkt einer<br />
ökonomischen Grundbildung. Im Internet sind die ersten Entwürfe<br />
dazu veröffentlicht. Hier sind Meinungsäußerungen ausdrücklich<br />
erwünscht, denn die Entscheidungsfindung dazu ist noch nicht<br />
abgeschlossen. Die Kooperation Schule-Wirtschaft soll verbessert<br />
werden. Die Landesarbeitsgemeinsachsft (LAG) Schule und<br />
Wirtschaft ist die Plattform für alle Diskussionen. Dort können<br />
Eltern eine entscheidende Kraft sein. Allerdings müssen die<br />
Probleme dort auch ankommen. Frau Dr. Dittrich forderte uns auf,<br />
auch vor Ort mit den entsprechenden Gremien (Arbeitskreise<br />
Schule-Wirtschaft) zu diskutieren, Gespräche mit einzelnen<br />
Handwerksmeistern beispielsweise helfen selten weiter.<br />
Das Selbstwertgefühl der Schüler zu stärken ist ungeheuer<br />
wichtig! Es darf nie hingenommen werden, zu sagen, dass<br />
Hauptschüler ja sowieso nichts begreifen.<br />
Es wird zweifelsohne immer schwieriger, Schüler täglich für das Lernen zu<br />
motivieren. Bei der Konkurrenz der vielfältigen und für Jugendliche<br />
attraktiven Medienangebote bedarf es für Lehrer oft eines hohen<br />
Begründungsaufwandes - warum was in der Schule gelernt werden soll.<br />
Auch deshalb ist eine konkrete und sachbezogene Zusammenarbeit mit<br />
Elternvertretungen nicht nur wünschenswert, sondern eine wichtige<br />
Voraussetzung für die Verbesserung schulischen Lernens.<br />
Aus der Diskussion - Auf Anfragen und Stellungnahmen von<br />
<strong>Landeselternrat</strong> Mitgliedern antwortete Frau Dr. Dittrich u.a.:
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Der LER kann sich an der Diskussion zu WTH nicht nur im Internet<br />
beteiligen, sondern auch an der Profilentwicklungsgruppe<br />
teilnehmen. Dafür will sich Frau Dr. Dittrich einsetzen.<br />
Das SMK, die RSÄ (Regionalschulämter), die SL (Schulleiter), alle<br />
sind an das SchulG und die Mittelschule-Ordnung gebunden, hier<br />
hat keiner die Interpretationshoheit. Vorhandene Spielräume<br />
müssen genutzt und Eigenverantwortung übernommen werden.<br />
Welche Aufgaben könnten noch an die Schulen delegiert werden?<br />
Auch hier ist die Meinung der Eltern gefragt.<br />
Lehrerfortbildungen bringen mehr, wenn sie vor Ort im Kollegium<br />
angesiedelt werden.<br />
Eine Vermittlung von Hauptschulabgängern ist in <strong>Sachsen</strong><br />
schwierig. Der Anteil von Hauptsschülern in den MS ist sehr<br />
gering, es sind die, denen es am schwersten fällt zu lernen. Es<br />
gibt Differenzierungsfächer mit der entsprechenden Methodik<br />
dazu. Lehrer aber nutzen Fortbildungen zur<br />
Hauptschulproblematik zu wenig. Auch hier wäre die schulinterne<br />
Fortbildung zusätzlich zur regionalen eine Lösung.<br />
Der Sprachenpass weist Sprachqualifikationen nach und ist damit<br />
ein zusätzlicher Hinweis. Nur 8 % der Schüler lernen derzeit an<br />
Schulen mit abschlussorientiertem zweitem Sprachabschluss. Hier<br />
muss unbedingt mehr für das Erlernen einer zweite Fremdsprache<br />
geworben werden.<br />
Bisher wird nicht systematisch erfasst, wie es mit Absolventen der<br />
MS weiter geht. Auch diese langfristig gesehen gute Idee sollte in<br />
die LAG Schule-Wirtschaft eingebracht werden. Aber Schulleiter<br />
können und sollten sich an den Berufsschulen nach ihren<br />
Schulabgängern erkundigen. So erhalten sie gleichzeitig hilfreiche<br />
Rückmeldungen für Verbesserungen ihres Unterrichtes.<br />
Lehrer sollten sich auch von Schülern in puncto PC helfen lassen,<br />
das wird an einzelnen Schulen schon praktiziert! Was die<br />
Kulturtechnik Sprache betrifft: Auch Zeitschriften verändern ihr<br />
Bild und versuchen dem Zeitgeist zu entsprechen. Um so mehr ist<br />
Schule in der Pflicht - muss sie nicht auch deshalb aus der<br />
Differenz zur Alltagskultur leben?<br />
Die wichtigste Aufgabe des SMK ist es, für die Qualitätssicherung<br />
von Unterricht und Abschlüssen Sorge zu tragen. Dabei stößt man<br />
natürlicherweise auch auf Zielkonflikte und eine große Bandbreite<br />
von Interessengruppen und man kann es nicht jedem recht<br />
machen. Aber sich fair auseinander setzen ist wichtig, getreu dem<br />
Motto: hart in der Sache aber freundlich den Personen begegnen.<br />
Positionen von <strong>Landeselternrat</strong> <strong>Sachsen</strong>-Mitgliedern, die keine<br />
befriedigende Antwort fanden:<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
In der Umsetzung des Schulgesetzes mit Verordnungen gibt es<br />
Differenzen zur Verfassung <strong>Sachsen</strong>s;<br />
Das SMK postuliert, Schule darf nicht nur "von oben" gestaltet<br />
werden - Verweis auf Geschichte - sondern auch von "unten", SMK<br />
hält sich aber bisher nicht daran;Das SMK drückt sich vor einer<br />
genauen Analyse der gegenwärtigen und sich abzeichnender<br />
Bedingungen, unter denen Bildung und Erziehung stattfindet. (Z.<br />
B., dass ein Teil Eltern ihre Erziehungsaufgaben aus den<br />
unterschiedlichsten Gründen nicht so erfüllt, wie erwartet...)<br />
Qualität kann man auch an kleinen MS-Standorten gewährleisten,<br />
nicht die Größe, sondern das Konzept ist entscheidend;<br />
Inhalt und Form bilden eine Einheit: Das SMK koppelt inhaltliche<br />
Gestaltung der Mittelschule von sozialen, psychologischen und<br />
medizinischen Bedingungen sowie von der damit im<br />
Zusammenhang stehenden Schulnetzplanung ab, dadurch kommt<br />
das SMK zu falschen Schlussfolgerungen und Zielstellungen;<br />
Die "Rankingliste" wird so wie sie erstellt wurde abgelehnt.<br />
Fachlehrergremien können sehr gut selbst Vereinbarungen treffen,<br />
wir brauchen mehr Selbständigkeit und Verantwortlichkeit der<br />
Schulen und nicht mehr Bevormundung,<br />
Schulsystem und Schulgesetz gehören auf den Prüfstand, neue<br />
Erkenntnisse verlangen Gesetzesinitiativen.
Kooperationsprojekt der Chemnitzer Körperbehindertenschule und<br />
der Mittelschule Borna<br />
Frau Uhlig ( Schulleiterin MS Borna), Frau Ermischer (Elternrat der MS<br />
Borna)<br />
Anliegen des Kooperationsprojektes:<br />
● Verbesserung der sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und<br />
Schüler im Umgang miteinander;<br />
● Erlernen und Entwickeln von gegenseitiger Rücksichtnahme,<br />
Hilfsbereitschaft und Toleranz;<br />
● Geringere Isolation behinderter Kinder;<br />
● Entwicklung vielfältiger sozialer und sprachlicher Kontakte;<br />
● Abbau von Berührungsängsten zwischen den Kindern,<br />
Jugendlichen, Eltern, Lehrern;<br />
● Entwicklung der Mittelschule zum "humanen Lernort".<br />
Schwerpunkte waren zunächst:<br />
● Kooperation im Profilbereich: Gemeinsames Erlernen einer zweiten<br />
Fremdsprache ab 7.Klasse<br />
● gemeinsamer Technikunterricht Klasse 7<br />
● Neigungskurse<br />
● Zusammenarbeit im Außerunterrichtlichen Bereich<br />
Die Ergebnisse bestätigen das Anliegen in eindeutiger Weise.<br />
Vorstellung des Konzeptes des neuen Landesgymnasiums St. Afra<br />
(Hochbegabtenförderung)<br />
Dr. Esser, Gründungsschulleiter (Tel. [03521] 40 19 88)<br />
Das St. Afra-Gymnasium will einem generalistischen Anspruch gerecht<br />
werden und sich an mehrfach begabte Schüler richten. Dabei ist es offen<br />
für Schüler aus ganz Deutschland. Der Betrieb wird im Schuljahr <strong>2001</strong>/02<br />
aufgenommen.<br />
St. Afra ist konzipiert als Gymnasium mit Internatsbetrieb. In drei<br />
Bauabschnitten werden je 100 Plätze fertig gestellt, sodass 2004 der volle<br />
Betrieb erreicht sein wird. Das Internat ist bewusst gewollt, denn heute<br />
sind Lebens- und Lernformen weniger denn je getrennt. Familie und Schule<br />
können dabei ohne weiteres zusammen gebracht werden.<br />
Ziele der schulischen Ausbildung:<br />
1. Einführung in die Wissenschaftlichkeit<br />
2. Demokratische, offene Lebensform<br />
3. Selbstständigkeit muss das Ende der Ausbildung sein, als gelebte<br />
Reaktion auf die Gesellschaft<br />
4. Akademische Exzellenz<br />
Die Schüler werden in Lebenseinheiten untergebracht, indem jeweils 4<br />
Doppelzimmer mit Sanitär-, Aufenthalts- und Trockenraum zusammen<br />
gehören. Ein Mentor, der für 16 Schüler zuständig ist, soll auf die<br />
individuelle Fortentwicklung der Schüler achten.<br />
St. Afra hat ein doppeltes Sicherungssystem integriert. Während die<br />
Schüler einen Mentor für die gymnasiale Ausbildung erhalten, wählen sie<br />
sich einen für das Internatsleben aus. Beide Mentorensysteme sind nicht<br />
identisch.<br />
Seite 9-11<br />
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Eltern besser in Prozentrechnung als CDU!<br />
Differenz war 70.000 Kinder!<br />
Geburtenzahlen in <strong>Sachsen</strong> (Quelle: Statistisches Landesamt in Kamenz)<br />
1989 55.952<br />
1990 49.774<br />
1991 31.341<br />
1992 25.423<br />
1993 23.423<br />
1994 22.734<br />
1995 24.004<br />
1996 27.006<br />
1997 29.008<br />
1998 30.190<br />
1999 31.383<br />
Rechenfehler durch aufmerksame Eltern entdeckt!<br />
Im Auftrag der sächs. CDU-Spitze wurde eine Konzeption zur<br />
bildungspolitischen Qualitätssicherung erarbeitet und vom<br />
Ministerpräsidenten abgesegnet. Diese Eckpunkte sind Grundlage für den<br />
Staatshaushaltsentwurf. Es fehlt wiederum an einer genauen Analyse der<br />
Situation. So sind Fehler vorprogrammiert. Beispielsweise haben sich<br />
schon bei den einfachen Zahlen Rechenfehler mit unübersehbaren<br />
Auswirkungen eingeschlichen. Im Papier wird von fast halbierenden<br />
Schülerzahlen ausgegangen. Von 736.000 im Schuljahr 1998/99 auf etwa<br />
438.000 im Schuljahr 2010/2011. 438.000 sind 70.000 Kinder über 50%,<br />
also sinkt die Schülerzahl nur auf fast 60 %. Dann ist doch logisch, dass<br />
nur eine 60%ige Absenkung der Lehrer mit einem pädagogischen Zuschlag<br />
von 20%, also 80%, - und nicht nur 70% - belassen werden muss. Damit<br />
kann dann evtl. eine Reduzierung des Unterrichtsausfalles bewirkt werden,<br />
wie es weiter heißt. Hoffentlich benutzen sie auch die korrigierten Daten.<br />
Dadurch können vielleicht mehr Schulen erhalten werden?<br />
Leider gibt es noch einen Wermutstropfen: Durch die<br />
Richtlinienentscheidung des Ministerpräsidenten traut sich keiner<br />
mehr sachlich die wahre Situation zu beschreiben. Neue<br />
Möglichkeiten und Vorschläge werden schon im Ansatz abgewürgt.<br />
Auszug aus : DIW-Wochenbericht 1/01 Grundlinien der<br />
Wirtschaftsentwicklung <strong>2001</strong>/2002<br />
4. Wirtschaftspolitik bleibt unter ihren Möglichkeiten<br />
"... zu berücksichtigen, dass in zentralen staatlichen Bereichen wie Bildung<br />
und Wissenschaft als konsumtiv klassifizierte Ausgaben in hohem Maße<br />
investiven Charakter besitzen. Diese Ausgaben sind in der Vergangenheit<br />
ebenfalls von Kürzungen nicht verschont gebieben. Langfristig werden<br />
dadurch die Wachstumsperspek-tiven eingeschränkt, denn die<br />
Humankapitalintensivierung der Produktion erhöht auch die Anforderungen<br />
an das Bildungssystem. Selbst wenn die Leistungsfähigkeit des<br />
Bildungssystems nicht zwangsläufig durch die bloße Bereitstellung<br />
finanzieller Ressourcen gesteigert würde" ... " so wären hohe<br />
Bildungsausgaben geleichwohl eine notwendige Voraussetzung dafür, den<br />
Bestand an Humankapital im weltweiten Wettbewerb zu sichern und hohe<br />
Einkommen zu erzielen." Und zur Infrastruktur, zu der Schule nunmal<br />
gehört wird hingewiesen: " dass eine wettbewerbsfähige<br />
Infrastrukturausstattung zwar keine hinreichende, wohl aber eine<br />
notwendige Voraussetzung dafür ist, dass der wirtschaftliche<br />
Anpassungsprozess in Ostdeutschland endlich weiter vorankommt."
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Der <strong>Landeselternrat</strong> ruft gemeinsam mit Schülern<br />
und Lehrern alle Schulen in <strong>Sachsen</strong> auf zur<br />
Aktionswoche vom 08. bis 14. Juni <strong>2001</strong><br />
Der <strong>Landeselternrat</strong> ist wieder an Schüler- und Lehrervertretungen<br />
herangetreten, um an die vorjährigen Erfahrungen anzuknüpfen. Die<br />
Aktionswoche soll dazu dienen, <strong>Sachsen</strong>s Schulwesen mehr auf echten<br />
Zukunftskurs zu bringen, die Arbeit der Mitwirkungsvertretungen bekannt<br />
zu machen und mehr Eltern, Schüler und Lehrer aufzurütteln, Schule von<br />
unten mitzugestalten. Es soll auch Mut gemacht werden, die wenigen<br />
demokratischen Spielräume, die <strong>Sachsen</strong>s "Königtum" bietet, trotzdem und<br />
möglichst gemeinsam zu nutzen.<br />
Der Aufruf geht durchaus auch an die Wirtschaft. Bei Beratungen von<br />
sächsischen Unternehmern z.B. in Ebersbach und Görlitz wurde immer<br />
auch der Ruf nach jungen motivierten, gut ausgebildeten Fachkräften laut.<br />
Die Zukunft <strong>Sachsen</strong>s hängt von der wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Entwicklung ab. Und dazu brauchen wir unsere jungen Leute. Also ist<br />
Investition in Bildung und Erziehung Zukunftsinvestition und kein<br />
Kostenfaktor!<br />
Genauere Informationen sowie Hinweise an die Elternvertreter vor Ort<br />
werden in den nächsten Wochen an die Schulen gesandt werden. Es sollen<br />
möglichst viele Veranstaltungen an einzelnen Schulen statt finden, die<br />
nach örtlichen Gegebenheiten gestaltet werden können. Zentral soll es in<br />
jedem Regionalschulamtsbereich eine größere Veranstaltung geben, zu der<br />
dann Vertreter der an Schule Beteiligten eingeladen werden.<br />
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CDU-Landtagsfraktion hat sich auf die Linie einschwören lassen<br />
Oder gibt es eine Alternative zum Chiemsee?<br />
Folgende Linie in Argumentation und bei Beeinflussung der<br />
Entscheidungsträger ist erkennbar:<br />
1. Es wird von einer Straffung des vorhandenen Schulnetzes<br />
gesprochen. Eine objektive Notwendigkeit wird mit den stark<br />
rückläufigen Schülerzahlen begründet. Der Prozess der Straffung<br />
soll "offensiv" geführt werden. Als Ergebnis soll eine<br />
Qualitätsverbesserung der schulischen Ausbildung erreicht<br />
werden. Dabei wird unterstellt, dass Wohnortnähe gegen Qualität<br />
steht. Und Qualität habe grundsätzlich eine höhere Bedeutung als<br />
Wohnortnähe. Unsere Kritik daran: Wohnortnähe und Qualität<br />
sehen wir im Zusammenhang. Durch das SMK gibt es keine<br />
ernsthafte wissenschaftlich fundierte Untersuchung! Ärzte,<br />
Psychologen und Pädagogen warnen zunehmend vor Problemen,<br />
die sich besonders in Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwäche und<br />
Lernunlust niederschlagen. Das muss gründlich analysiert werden.<br />
Daraus müssen auch gesetzliche Konsequenzen gezogen werden.<br />
2. Es wird zeitlich Druck gemacht . Die "Messen" zur<br />
Schulnetzplanung und -anpassung sollen möglichst bis Beginn des<br />
nächsten Schuljahres "gesungen" sein. Die politische<br />
Auseinandersetzung soll offensiv geführt werden. Aber bitte doch<br />
so sensibel, dass die Bürgermeister- und Landratswahlen nicht<br />
gefährdet werden. Unsere Kritik: Der zeitliche Druck muss<br />
herausgenommen werden. Erst muss gemeinsam gründlich<br />
überlegt, dann kann beschlossen werden, was auch breite Teile<br />
der sächsischen Bevölkerung mittragen. Wir wollen miteinander<br />
sprechen - nicht uns politisch profilieren oder bekämpfen. Es geht<br />
um nichts Geringeres als um unsere Jugend, um die Zukunft<br />
<strong>Sachsen</strong>s.<br />
3. Mit der Zuweisung von Fördermitteln und Mitteln für die<br />
Informations- und Kommunikations-Ausstattung sollen zeitnah die<br />
standortsicheren (treuen?) Schulen belohnt werden. Es soll<br />
Signalwirkung haben (vgl. Pawlowscher Reflex). Das kommt einer<br />
politischen Erpressung gleich: Wer sich Gedanken macht, soziale<br />
und demokratische Verantwortungswahrnehmung vorlebt - der<br />
wird bestraft. In welchem Jahrhundert sind wir?<br />
4. Für Mittelschulstandorte wird mindestens Zweizügigkeit und<br />
Mindestklassenstärke von 25 vorausgesetzt. (Nicht mehr<br />
Richtzahl, sondern Mindestklassenstärke!) In dünn besiedelten<br />
ländlichen Regionen kann die Mindestschülerzahl auf 20 absinken.<br />
(Zum Vergleich: Bisher war Mindestschülerzahl 16!) In<br />
Abhängigkeit der Aufnahmefähigkeit des Hauptstandortes können<br />
zeitweilig Außenstellen zugelassen werden. Praktiziert wird zur<br />
Zeit Folgendes: Schulaufsicht an Bürgermeister (der evtl.<br />
wiedergewählt werden will): Du kannst wählen: Jetzt noch mal<br />
eine 5. Klasse aufmachen, für den Preis, dass das Auslaufen<br />
verbindlich beschlossen wird. Oder es gibt gleich keine 5. Klasse<br />
mehr! So ist zumindest unser Eindruck. Und einige praktischen<br />
Beispiele bestätigen das.
Zusammenfassend:<br />
Engagierte, zunehmend sachkundigere Eltern bieten ihre Mitarbeit<br />
bei der Gestaltung des sächsischen Schulsystems und zur<br />
Qualitätssicherung wiederholt an. Die Politik postuliert selbst, dass<br />
im Gegensatz zu allen früheren politischen Systemen in <strong>Sachsen</strong><br />
Schule von oben und von unten gestaltet wird. Sonst geht es<br />
wieder daneben. Die Wirtschaft und alle Bereiche müssen mit<br />
einbezogen werden. Wir wollen doch hier in <strong>Sachsen</strong> was auf die<br />
Beine stellen. Oder sollen wir alle an den Chiemsee auswandern?<br />
Zorniger Aufschrei !<br />
Kapitän, befehlen Sie Kurs Zukunft und nicht Sandbank!<br />
Wie wir gerade noch rechtzeitig vor dem Druck der "Eltern konkret 36"<br />
erfuhren, haben soeben einige Schulen die Einrichtung einer fünften Klasse<br />
untersagt bekommen. Und das, obwohl z.B. Burkau und Hochkirch einen<br />
Mittelschulverbund mit anderen Schulen anstreben, welcher von einer<br />
Arbeitsgruppe des Landrates des Landkreises Bautzen - unter breiter<br />
Zustimmung aller Parteien im Kreistag, tausender Bürger sowie von<br />
Vereinen und der Wirtschaft - initiiert und kritisch begleitet wurde. Kann es<br />
denn sein, dass nur einer bestimmt in <strong>Sachsen</strong> und Abgeordnete,<br />
Spezialisten im SMK und den RSA - alle machen diesen Unsinn gegen die<br />
Mehrheit der <strong>Sachsen</strong> mit? Ist das Demokratie? Bis jetzt war ich ein<br />
Vertreter, der Sachlichkeit vor Emotionen angemahnt hatte. Ist die<br />
ehrenamtliche Arbeit von Eltern, Lehrern und Schülern in <strong>Sachsen</strong> denn<br />
überhaupt nichts wert? Ich fordere Herrn Professor Biedenkopf, seine<br />
Minister und die Abgeordneten auf: Korrigieren Sie den Kurs unseres<br />
Schiffes "<strong>Sachsen</strong>" auf Zukunft und nicht auf Sandbank! (B. Bretschneider/<br />
BZ )<br />
Seite 14<br />
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Thema: Legale und illegale Drogen<br />
Warum sollten sich Eltern mit diesem Thema beschäftigen?<br />
Jedes Kind, jeder Jugendliche kann - wenn er es denn will - Zugang zu<br />
legalen und auch illegalen Drogen erlangen. Drogen werden meist durch<br />
Freunde/Bekannte empfohlen und auch "verteilt" bzw. gedealt. Bei Kindern<br />
soll der Konsum meist Stärke und "Erwachsensein" ausdrücken. Neugier,<br />
Überredung und "Nicht-Abseits-Stehen-Wollen" begünstigen das/die erste<br />
(n) Mal(e). Bei Jugendlichen ist zusätzlich eine äußerste Kritiklosigkeit<br />
untereinander festzustellen. (Jeder muss für sich entscheiden.) Da das<br />
auch für normal funktionierende Gruppen gilt, ist Hilfe zwischen<br />
Gleichaltrigen bezüglich Überzeugung/Argumentation zur Unterlassung<br />
kaum zu erwarten. In <strong>Sachsen</strong> kann jede Art von illegalen Drogen<br />
kurzfristig beschafft werden. Zum Einstieg werden auch kulante Preise<br />
gemacht. Große Discotheken sind ein beliebter Umschlagplatz. Noch ist<br />
"BRD-Niveau" nicht erreicht. Aber die Statistik der Polizei weist eine<br />
jährliche "Steigerungsrate" zwischen 45 und 100 Prozent aus. Und das sind<br />
nur die erkannten Vorgänge!<br />
Bekannte Fälle beweisen, dass Konsum illegaler Drogen unabhängig ist von<br />
Herkunft, Position, Weltanschauung und finanzieller Lage der Eltern. Es ist<br />
auch ziemlich unabhängig davon, ob die Kinder aktiv in<br />
Freizeitgemeinschaften tätig sind oder ob sie nur "rumhängen". Es betrifft<br />
sowohl laute als auch eher stille Jugendliche. Begünstigend wirkt auf jeden<br />
Fall die reale Umfeldsituation. Verschiedene Bedingungen und Faktoren (z.<br />
B. fehlende Zukunftsperspektive, mangelnde Zuwendung, Geborgenheit,<br />
Ausweglosigkeit, Stress, Immer-gut-drauf-sein-müssen...) begünstigen<br />
Einstieg und Konsum.<br />
Über Werbung sowie Film/Fernsehen/Video wird der Drogenkonsum<br />
insgesamt mit erstrebenswerten Zielen und Identifikationsvorbildern/<br />
Idolen als normal oder notwendig dargestellt. Eine Auseinandersetzung<br />
findet höchstens in fachspezifischen Sendungen außerhalb der<br />
Hauptsendezeiten statt.<br />
Die "Einzige", die dem gedankenlosen Drogenkonsum entgegentritt, ist zur<br />
Zeit die Schule. Im Unterricht werden in verschiedenen Fächern Bezüge<br />
hergestellt, Wissen vermittelt und es wird versucht bei den Schülern<br />
Haltungen anzuerziehen.<br />
Die Eltern klinken sich aus diesem Prozess meist noch aus. In ihrer Jugend<br />
gab es keine Erfahrungen mit illegalen Drogen. Einfachste Grundkenntnisse<br />
sind nicht vorhanden. In vielen Elternhäusern werden legale Drogen<br />
konsumiert. Es findet im elterlichen Heim kaum eine Auseinandersetzung<br />
dazu statt. Verschiedene Themen des Sachgebietes werden tabuisiert: Man<br />
spricht nicht darüber: "Uns betrifft das ja nicht." Und wen es betrifft, der<br />
ist abgestempelt.<br />
Uns Eltern fehlt es an fachlichem Wissen, an Erfahrungen im<br />
Umgang mit den Problemen, an der Zivilcourage Kritik zu äußern,<br />
an Kenntnissen über Ansprechpartner und Hilfsangeboten. Wir<br />
müssen es aber schnellstens lernen, vorbehaltlos darüber<br />
miteinander zu sprechen. Das sind wir unseren Kindern schuldig!<br />
Seite 15<br />
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Was kann man in der Elternarbeit tun?<br />
1. Weiterbildungsveranstaltungen<br />
Ziel: Vermittlung von Fachwissen und Erfahrungen, Kennenlernen von<br />
Ansprechpartnern<br />
Teilfragen:<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
Woran kann ich eventuellen Drogenkonsum meines Kindes<br />
erkennen?<br />
Wer kann mir bei Problemen helfen?<br />
Was für Drogen gibt es? Wie wirken sie?<br />
Wie reagiert man richtig, wenn man Drogenkonsum feststellt?<br />
Unterstützung können Sie erhalten: z.B. durch Polizei, Jugendämter,<br />
Beratungsstellen (Referenten, Videos, Anschauungsmaterial) und - nicht zu<br />
vergessen - durch die Beratungslehrer an den Schulen!<br />
2. Methodik-Veranstaltungen<br />
Ziel: Beurteilungs- und Handlungssicherheit herausbilden helfen<br />
Teilfragen:<br />
Das ist das Allerwichtigste: NEIN-sagen lernen und zu akzeptieren, wenn<br />
andere "NEIN" sagen. Wie kann ich das im Kindergarten- und<br />
Grundschulalter gestalten? Vorbildwirkung im Elternhaus ist ein wichtiger<br />
Präventionsbeitrag Zeit für die Kinder.<br />
3. Gesprächsabende<br />
Gemeinsam mit den Kindern oder für interessierte Eltern einer Klassenstufe<br />
Ziel: Lernen miteinander zu sprechen, auch kritische Fragen sollten kein<br />
Tabu sein<br />
Wie:<br />
Einbeziehung der konkreten Situation (Region, Schule, Klasse) Kinder<br />
bereiten im Rahmen eines Projektes den Abend mit vor, dabei sollte jeder<br />
einbezogen werden. Jede Leistung soll auch anerkannt werden. (Kleines<br />
Programm mit selbstgemachten Episoden, Gedichten, Texten... ) Den<br />
Raum ausgestalten (Poster usw.) Beginn mit Programm oder auch<br />
geeignetem Video (Medienstellen) Dann Diskussion (Schwerpunkt: Nicht<br />
schulmeistern! Tolerant sein! Sachlich streiten, nie persönlich!)
Ihre Präventionsarbeit beginnt mit der Geburt des Kindes. Diese schöne<br />
aber anstrengende Arbeit kann niemand abnehmen. In der frühkindlichen<br />
Entwicklung werden die wichtigsten Vernetzungen im Gehirn geschaffen.<br />
Damit leisten Eltern nach wie vor den wichtigsten Beitrag! Die klassische<br />
Präventionsarbeit wird etwa ab 4.Klasse geleistet. Schwerpunkte dabei<br />
sind die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit, sowie sozialer und<br />
persönlicher Kompetenz durch eine Stärkung des Argumentations- und<br />
Beurteilungsvermögens. In Klasse 5 bis 7 stehen Konfliktsituationen und<br />
deren Bewältigungen im Mittelpunkt. Ab Klasse 8 bzw. 9 ist damit zu<br />
rechnen, dass schon Erfahrungen im Umgang mit Drogen bestehen.<br />
Deshalb spricht man hier mehr von Beratungsarbeit. Entsprechend sind<br />
auch die Unterstützungen durch die Ansprechpartner angelegt. Emotional<br />
zutiefst ergreifend sind Darstellungen von betroffenen mutigen Eltern.<br />
Solche Erfahrungen sind sehr wichtig für Andere.<br />
Der Erfolg solcher Veranstaltungen -gleich welcher Form - hängt ab von<br />
einer gründlichen Vorbereitung. Rechtzeitige Publizierung, persönliches<br />
Ansprechen zur Teilnahme und die Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft<br />
sind unverzichtbar. Vereinbaren sie auch auf einem Elternabend im<br />
Vorfeld, wie die Veranstaltung durchgeführt werden soll. So gibt es keine<br />
unangenehmen Überraschungen.<br />
Seite 16<br />
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Museumspädagogische Angebote zur Suchtprävention<br />
Neuere Untersuchungen zur Sucht - und Drogenprävention zeigen, dass<br />
die reine Aufklärung nicht im Mittelpunkt pädagogischer Angebote stehen<br />
darf. Schwerpunkt muss der Mensch in seiner Umwelt sein. Drogen - und<br />
Suchtprävention, die nur mit Mitteln der Information und Abschreckung<br />
arbeitet, bleibt so weitgehend wirkungslos. Daher werden nun<br />
Veranstaltungen zur Primärprävention nur in Verbindung mit<br />
pädagogischer Beratung durchgeführt. Das Thema Sucht & Drogen ist nicht<br />
nur für die Klassen 4 - 7 relevant (Thema laut Lehrplan), sondern die<br />
Angebote erstrecken sich nun von der 1. - 12. Klasse. Die Veranstaltungen<br />
sind dem Alter, aber auch den Interessen und Bedürfnissen der Kinder und<br />
Jugendlichen angepasst. Bereits im Grundschulalter werden<br />
Verhaltensweisen beobachtet, denen Eltern und Lehrer hilflos<br />
gegenüberstehen, z.B. stundenlanges Fernsehen, unstillbares Verlangen<br />
nach Süßem, übersteigertes Konsumbedürfnis usw.. Mit einer gezielten<br />
Führung durch den "Raum der Sinne" wird gegen den Zeitgeist gearbeitet:<br />
nicht die Reize sollen verstärkt , sondern die Sinne sensibilisiert werden.<br />
Ein kognitives Wissen ist nicht gefragt, sondern Erlebnisse und<br />
Assoziationen. Die Kinder sollen spielerisch entdecken, wie die Sinne des<br />
Menschen zusammenwirken, welche Wichtigkeit den Sinnen bei einem<br />
sensiblen Umgang mit sich und der Umwelt zukommt. Dadurch wird<br />
versucht die Lebenskompetenz durch eine Stärkung der Erlebnisfähigkeit<br />
zu festigen.<br />
In den Veranstaltungen ab der 5. Klasse wird eine Klärung des Begriffes<br />
"Sucht" bzw. "süchtiges Verhalten" vorgenommen. Als erstes muss eine<br />
Identifikation seitens der Jugendlichen mit dem Thema erreicht werden.<br />
Das Thema Sucht ist losgelöst von einer reinen pharmakologischen<br />
Akzentuierung. Sucht wird als eine Verflechtung von<br />
Abhängigkeitsverhältnissen gesehen, bestehend aus sozialen<br />
Abhängigkeiten von Konsumgewohnheiten, bestimmten Personen,<br />
Situationen oder Tätigkeiten. In den Veranstaltungen werden daher nicht<br />
nur Suchtmittel oder Droge angesprochen, sondern auch beteiligte<br />
Personen und ihre Umwelt.<br />
Die Veranstaltungen für Jugendliche bis 19 Jahren orientieren sich an<br />
deren Alltag. Einerseits werden Informationen zu den neuesten "Trends" in<br />
der Drogenszene gegeben, aber ebenso besteht die Möglichkeit persönliche<br />
Fragen in einer angstfreien Umgebung los zu werden. Durch diese<br />
museumspädagogische Angebote versucht das Museum die Arbeit der<br />
Suchtberatungsstellen zu unterstützen, Adressen sowie Kontakte für<br />
weitere Hilfestellung zu vermitteln und erste Denkanstösse für ein<br />
wichtiges Thema zu liefern. Folgende Themen können gewählt werden:<br />
● Sinnvolles (Er-) Leben - Ein Parcours der Sinne (Klassen 1 - 4)<br />
● Allgemeine Einführung in Sucht und Suchtverhalten , sowie die<br />
Wirkung von Alkohol und Nikotin (Kl. 5 - 8)<br />
● Cannabis: Droge, Nutzpflanze und Medikament ,Was ist dran an<br />
der Pflanze mit Kultstatus ?<br />
(Kl. 9 - 12)<br />
● Ecstasy - eine Szenedroge ? Ihre Wirkung und der<br />
Zusammenhang zur Jugendkultur (Klassen 9 - 12)<br />
● Neurophysiologische Auswirkungen von Drogen (ab Klasse 11)<br />
Speziell für das Fach Biologie, (Leistungskurse und interessierte<br />
Biologielehrer)<br />
Dauer der Veranstaltungen : 60 - 90 Minuten Zu allen oben genannten<br />
Themen sind auch Projekttage möglich. Auch werden<br />
Informationsveranstaltungen sowie Elternabende zum Thema Sucht &<br />
Drogen angeboten.<br />
Anmeldungen und weitere Informationen beim Besucherservice Telefon<br />
0351/ 4846-670.
Materialien zur Drogenprävention<br />
Mein Kind nimmt Drogen, Broschüre A5, Bundesverband der Eltern und<br />
Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit e.V., Herr Heimchen,<br />
Steinbeck 16, 42119 Wuppertal,<br />
Umgang mit Suchtmittelkonsum in der Schule, Broschüre A5,<br />
Handreichung für Lehrer, Bestellung über RSA oder SMK (Best.Nr. 97/<br />
H499008)<br />
Sehn-Sucht (So schützen Sie Ihr Kind vor Drogen), Broschüre A5,<br />
Herausgeber und Bezug über Polizei<br />
Videos (über Polizei oder Kreismedienstellen)<br />
Gegen Drogen Hand in Hand, 23 Min, Herausgeber: Polizei, Inhalt:<br />
Information über Entstehung von Drogenabhängigkeit, über Erscheinungsund<br />
Konsumformen von Drogen, Folgen der Sucht und Hilfs-/<br />
Beratungsmöglichkeiten Tipp: gut geeignet zur Eröffnung eines<br />
Elternabends als Erstveranstaltung zum Thema<br />
Seite 17<br />
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Was ist Win-Future?<br />
Im Informationsnetzwerk WIN-future haben sich Wissenschaftler aus<br />
unterschiedlichen Bereichen der Natur- und Geisteswissenschaften<br />
zusammengeschlossen, die ein besonderes Interesse daran haben<br />
●<br />
●<br />
●<br />
●<br />
zukunftsweisende, über die engen Grenzen ihrer jeweiligen<br />
Fachgebiete hinausreichende Erkenntnisse auszutauschen,<br />
aus diesen Erkenntnissen allgemeingültige Organisations- und<br />
Entwicklungsprinzipien abzuleiten,<br />
komplexe Zusammenhänge in Natur und Gesellschaft deutlich zu<br />
machen,<br />
auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und gemeinsam nach<br />
tragfähigen Lösungen zu suchen.<br />
Informationen zum 1. Kongress des wissenschaftlichen Netzwerkes zur<br />
Förderung und Verbreitung fachübergreifender zukunftsorientierter<br />
Erkenntnisse aus Natur- und Geisteswissenschaften (24./25.11. 2000<br />
Göttingen) Thema:<br />
Im Teufelskreis der Selbstbezogenheit - Kinder ohne<br />
Entwicklungschancen?<br />
Schirmherrschaft: Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft<br />
Viele Kinder haben schon in einem sehr frühen Alter Lern- und<br />
Verhaltensprobleme. Bei aller Verschiedenartigkeit der Symptome<br />
verweisen neuere Untersuchungen und Interpretationen auf eine<br />
emotionale Verunsicherung, die ihre Ursache in einer<br />
Beziehungsunsicherheit hat. Diese wiederum speist sich aus<br />
unterschiedlichen gesellschaftspolitischen und sozialen<br />
Veränderungsprozessen.<br />
Viele Kinder haben bereits während ihrer frühen Kindheit keine<br />
ausreichende Zuwendung und zu geringe Anregungen durch nahe<br />
Personen erfahren. Bei ihnen ist die emotionale Bindung an primäre<br />
Bezugspersonen nur unzureichend entwickelt. Sie sind gezwungen, den<br />
daraus resultierenden Mangel an emotionaler Sicherheit durch verstärkte<br />
Selbstbezogenheit zu kompensieren. So schaffen sie sich eine eigene, von<br />
ihnen selbst bestimmte Lebenswelt und schirmen sich gegenüber fremden<br />
Einflüssen und Anregungen ab, die nicht mit ihren Vorstellungen<br />
übereinstimmen.<br />
In dieser Welt gibt es keine wirklichen Herausforderungen mehr. Es<br />
können keine vielfältigen neuen Erfahrungen gemacht und im sich<br />
entwickelnden Gehirn verankert werden. Wichtige Entwicklungsprozesse im<br />
kindlichen Gehirn finden nicht mehr oder nur eingeschränkt statt. Für das<br />
Lernverhalten der Kinder bedeutet dies ein Rückgang an Motivation,<br />
Verstehen, Behalten, Erinnern, Erkennen von Zusammenhängen und eine<br />
eingeschränkte Fähigkeit beim Erkennen und Lösen von Konflikten. Ihr<br />
Sozialverhalten wird bestimmt von zunehmendem Rückzug in<br />
selbstgeschaffene Welten, Ablehnung fremder Vorstellungen, aggressiver<br />
Verteidigung der einmal eingeschlagenen Bewältigungsstrategien,<br />
mangelndem Einfühlungsvermögen, Rigidität und Problemen bei der<br />
Aneignung psychosozialer Kompetenzen.<br />
Diese Notsignale aus der Welt der Kinder und ihre gesellschaftlichen Folgen<br />
werden von den bildungspolitisch verantwortlichen Personen und<br />
Institutionen nicht erkannt, nicht ernst genommen oder verdrängt.<br />
Im Rahmen dieses Kongresses wurde auf dieses außerordentlich brisante<br />
und bisher kaum beachtete gesellschafts- und bildungspolitische Problem
aufmerksam gemacht und nach Lösungswegen gesucht.<br />
....für alle, denen die Zukunft unserer Kinder am Herzen liegt:<br />
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...Eltern<br />
...Erziehungswissenschaftler<br />
...Pädagogen<br />
...Erzieher und Erziehungsberater<br />
...Kinder- und Jugendpsychiater<br />
...Entwicklungspsychologen<br />
...Kinderärzte und Therapeuten<br />
...Bildungs- und Familienpolitiker<br />
...Jugendbeauftragte und Sozialarbeiter<br />
...Familienberater und Publizisten<br />
... für alle, die nach Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für die<br />
Probleme von Kindern suchen, deren weitere Entwicklung<br />
gefährdet ist durch:<br />
● ...mangelnde Bindungsfähigkeit<br />
● ...Rückzug in selbstgeschaffene Welten<br />
● ...Ablehnung und Abwehr fremder Vorstellungen<br />
● ...selbstbezogenes, egoistisches Verhalten<br />
● ...aggressive Verteidigung eigener Bewältigungsstrategien<br />
● ...Mangel an Einfühlungsvermögen (Empathie)<br />
● ...mangelnde Motivierbarkeit<br />
● ...Lern und Verhaltensprobleme<br />
Kinder auf der Suche nach Geborgenheit in einer Welt brüchiger<br />
Beziehungen<br />
Kinder finden in der heutigen Zeit wenig Verständnis für ihre elementaren<br />
Bedürfnisse. Oft mangelt es an den erforderlichen Rahmenbedingungen, an<br />
emotionaler Zuwendung, an vielfältigen Anregungen und an einer<br />
angemessenen Grenzsetzung.<br />
Da sich viele Kinder von den Erwachsenen nicht verstanden fühlen,<br />
müssen sie zu immer stärkeren Mitteln der Darstellung ihrer emotionalen<br />
Unsicherheit greifen. Auf der Bühne des häuslichen Wohnzimmers, der<br />
Straße, im Kindergarten oder im Klassenzimmer agieren sie ihr Bedürfnis<br />
nach emotionaler Sicherheit immer stärker aus. Oft geraten diese Kinder<br />
bei Ihrer Suche nach Zuwendung in einen immer stärker werdenden Sog<br />
der Ablehnung. Sie geraten schon in einem sehr jungen Alter in Stress,<br />
resignieren oder werden aggressiv. Die Lebenssituation vieler Kinder<br />
scheint durch das Phänomen Angst gekennzeichnet zu sein.<br />
Zu deren Überwindung greifen sie zu fast allen Mitteln der<br />
Selbstabsicherung. Auf diese Weise vermehren sie das Angstpotenzial<br />
einer Schulklasse, das so weit ansteigen kann, dass Lernen nur noch<br />
begrenzt möglich ist.<br />
Die dramatisch zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten von Kindern in<br />
einem schon sehr jungen Alter machen deutlich, dass wird uns in einer<br />
Erziehungskrise befinden. Damit diese nicht in eine Erziehungskatastrophe<br />
mündet, ist eine umfassende Diskussion über Fragen der Erziehung in der<br />
Gegenwart dringend geboten. (Karl Gebauer)<br />
Die Bedeutung emotionaler Sicherheit für die Entwicklung des<br />
kindlichen Gehirns
Jedes Kind ist einzigartig und verfügt über einzigartige Potenzen zur<br />
Ausbildung eines komplexen, vielfach vernetzten und zeitlebens<br />
lernfähigen Gehirns. Ob und wie es ihm gelingt, diese Anlagen zu<br />
entfalten, hängt ganz wesentlich von den Entwicklungsbedingungen ab, die<br />
es vorfindet und von den Erfahrungen, die es während der Phase seiner<br />
Hirnreifung machen kann. Jedes Kind braucht ein möglichst breites<br />
Spektrum unterschiedlichster Herausforderungen, um die in seinem Gehirn<br />
angelegten Verschaltungen auszubauen, weiterzuentwickeln und zu<br />
festigen, und jedes Kind braucht das Gefühl von Sicherheit und<br />
Geborgenheit, um neue Situationen und Erlebnisse nicht als Bedrohungen,<br />
sondern als Herausforderungen bewerten zu können.<br />
Beides gibt es nur in der intensiven Beziehung zu anderen Menschen und<br />
es sind die frühen, in diesen Beziehungen gemachten und im kindlichen<br />
Hirn verankerten psychosozialen Erfahrungen, die seine weitere<br />
Entwicklung bestimmen und sein Fühlen, Denken und Handeln fortan<br />
lenken.<br />
Kinder, die keine Gelegenheit haben, sichere emotionale Bindungen mit<br />
ihren primären Bezugspersonen einzugehen, bleiben emotional labil und<br />
unsicher. Sie sind gezwungen, sich bereits sehr früh auf sich selbst zu<br />
verlassen und entsprechende, ich-bezogene Strategien zur<br />
Aufrechterhaltung ihres emotionalen Gleichgewichtes, zur Überwindung<br />
von Unsicherheit und Angst zu entwickeln.<br />
Die diesen Strategien zugrundeliegenden neuronalen Verschaltungen<br />
werden durch die Ausschüttung bestimmter Stresshormone und<br />
Botenstoffe im Gehirn als Folge wiederholter kontrollierbarer<br />
Stressbelastungen gebahnt.<br />
Meist handelt es sich hierbei um sehr rigide, einseitige und<br />
pseudoautonome Strategien der Angstbewältigung, die auf Grund dieser<br />
Bahnungsprozesse immer deutlicher das Fühlen, Denken und Handeln<br />
dieser Kinder bestimmen. Sie grenzen sich mit Hilfe dieser Strategien von<br />
anderen, vor allem von Erwachsenen ab und haben große Schwierigkeiten,<br />
sich das anzueignen, was sie mehr als alles andere in ihrem Leben später<br />
brauchen werden: Psychosoziale Kompetenz als Grundvoraussetzung, um<br />
gemeinsam mit anderen Menschen nach tragfähigen Lösungen suchen und<br />
Verantwortung für sich und andere übernehmen zu können. (Gerald<br />
Hüther, Prof. Dr. rer. nat. Dr. habil. med.)<br />
Das eingeschränkte Leben - Auswirkungen mangelnder<br />
Bindungserfahrungen<br />
Der Mensch ist ein höchst differenziertes Kulturwesen. Sein Gehirn ist zwar<br />
physiologisch auf Gemeinschaft und Kultur vorbereitet, bedarf aber<br />
vielschichtiger Gestaltungshilfe von außen. In den ersten Lebensjahren<br />
wird diese Hilfe durch eine tiefe, gefühlsbetonte Verbundenheit mit<br />
besonderen, fürsorglichen, reifen Erwachsenen gegeben. Dies nennt man<br />
Bindung. Ohne persönliche Bindungen entwickeln sich Säuglinge nicht zu<br />
sozial sympathischen Mitmenschen.<br />
Die Natur hat den Säugling mit differenzierten Möglichkeiten zum Ausdruck<br />
seiner emotionalen Bedürfnisse ausgestattet. Aufmerksame Erwachsene<br />
können seine Mitteilungen richtig interpretieren und ihn deshalb verstehen.<br />
Sie versetzen sich in seine Lage, indem sie die zum Ausdruck gehörenden<br />
Gefühle mitempfinden - Empathie - und prompt und angemessen - mit<br />
Sympathie - beantworten. Dies geschieht nicht nur bei Hunger, Durst, und<br />
körperlichen Nöten, sondern vor allem bei dem Wunsch nach persönlicher<br />
Nähe - Trösten und Schmusen - und feinfühligen spielerischen<br />
Zusammenspiels. Daraus entsteht psychische Sicherheit und Wohlbefinden<br />
als emotionale Grundlage der weiteren Entwicklung. Die späteren<br />
Entwicklungen von Motiven, Zielen, persönlichen Lebensinhalten, von<br />
Lebensfreude, Engagement und mitmenschlicher Empathie hängen eng mit<br />
der Orchestrierung der Gefühle in Bindungsbeziehungen im ersten<br />
Lebensjahr zusammen.<br />
Dem Säugling weniger zugewandte Bindungspersonen riskieren eine<br />
unsichere Bindungsentwicklung. (Prof. Dr. phil. Klaus E. Grossmann, Uni
Regensburg)<br />
Was sollen unsere Kinder wie lernen? Erfahrungen und Vorschläge<br />
eines Schulreformers<br />
Schließlich werden insgesamt sieben Vorschläge unterbreitet, die unseren<br />
Kindern wieder Entwicklungschancen eröffnen - und zwar jenseits einer<br />
von Veitstänzen um die eigene Egoität geprägten narzißtischen Spaß- und<br />
Launekultur, aber auch jenseits eines kognitivistischen Belehrens inmitten<br />
einer Paper- und Folienschule. Die Stichworte lauten:<br />
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Erfahrungen vermitteln statt Fächer unterrichten<br />
Sinnbezüge aufbauen statt tote Curricula pauken<br />
Ästhetische Umwelten schaffen statt verkommene Klassenzimmer<br />
hinnehmen<br />
Personale Bezüge herstellen statt verbeamtete Lehrer einstellen<br />
Lernberichte schreiben statt bloße Zensuren erteilen<br />
Innere Differenzierungsformen wagen statt äußere Kern- und<br />
Kurssysteme durchsetzen und Brücken zu den Stadtteilen bauen<br />
statt hinter Schulmauern sich verschanzen<br />
(Prof. Dr. Rainer Winkel, M. A.,)<br />
Was wir unseren Kindern schuldig sind Anregungen für eine<br />
zukunftsorientierte Bildungspolitik<br />
..., dass es für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu<br />
eigenständigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeiten förderlich ist,<br />
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●<br />
●<br />
wenn sie sich selbst entdecken und sich selbst verwirklichen<br />
können;<br />
wenn sie Verantwortung übernehmen und den Nutzen von<br />
Disziplin erfahren können;<br />
wenn sie Selbstbewusstsein entwickeln und Einsatzbereitschaft<br />
zeigen können;<br />
wenn sie aufrichtig leben, sich bescheiden erweisen und sich in<br />
harter Arbeit erproben können;<br />
wenn sie eigenen Initiativen folgen, die natürlichen<br />
Lebensgrundlagen schützen und sich zugehörig fühlen können;<br />
wenn sie zu Entschlusskraft herausgefordert werden, wenn sie die<br />
notwendige Anpassungsfähigkeit beweisen und wenn sie<br />
schwierigen Aufgaben Aufmerksamkeit widmen können;<br />
wenn sie sich begeistern und mit kreativem Weitblick überraschen<br />
können;<br />
wenn sie scharfsinnig denken, Zeit bewusst einteilen und<br />
Rechenschaft ablegen können;<br />
wenn sie den Sinn in ihrer Arbeit erkennen und wenn sie<br />
Entschlüsse fassen können;<br />
wenn sie Werte achten und den ‚common sense' verstehen<br />
können;wenn sie ein Gespür für Sprache, Mathematik,<br />
Naturwissenschaften, Geografie und Geschichte entfalten können;<br />
wenn sie sich in ihrer Körperkraft messen und ihre geistige<br />
Wachheit trainieren können;<br />
wenn sie ihrer Lust nach Abenteuern nachgeben und nachgehen<br />
können, wenn sie sich in Zusammenarbeit üben und wenn sie sich<br />
auf ihr Selbst verlassen können;<br />
wenn sie die eigene Nation verstehen und wenn sie internationales<br />
Bewusstsein ausbilden können.
Wenn wir - cum grano salis - es (auch) unseren Kindern und Jugendlichen<br />
schuldig sind, ihnen solche Erfahrungen als Grundlage und Ziel ihres<br />
Wachsens zu erschließen, was sind dann unsere Aufgaben zuvörderst in<br />
Pädagogik und Politik, in den Familien, in den Bildungseinrichtungen, im<br />
Gemeinwesen - gleich, ob in der Nähe oder auf dem Globus?<br />
Kinder brauchen verlässliche Erwachsene. Verlässliche Erwachsene von<br />
klein auf: in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Schule.<br />
Die Erwachsenen werden nur verlässlich sein können, wenn sie<br />
sich Zeit für Kinder leisten können und wollen<br />
und wenn notwendigste materielle Sicherheiten gewährleistet sind. Eine<br />
ständige Arbeitsüberlastung für einen Teil der Erwachsenen ist der<br />
Verlässlichkeit für Kinder genauso abträglich wie die Verweigerung<br />
sinnvoller Arbeit für einen anderen Teil der Erwachsenen.<br />
Kinder brauchen andere Kinder.<br />
Der Kindergarten für alle und die verlässliche (Ganztags-)Schule ist nicht<br />
der arbeitenden Eltern wegen da. Dazu ist beides auch nützlich. Der<br />
wichtigere Sinn speist sich aber aus den Begegnungsmöglichkeiten mit der<br />
Vielfalt anderer Kinder, großen und kleinen, Kindern aus vielen Kulturen,<br />
aus unterschiedlichen sozialen Herkünften.<br />
Kinder brauchen anregungsreiche, gestaltbare Orte.<br />
Der Entfaltungsdrang von Kindern und Jugendlichen wird gehemmt,<br />
behindert, er verkümmert, wird abgetötet, wenn alles immer schon<br />
vorentschieden ist, wenn es nicht möglich ist, eigene Spuren zu<br />
hinterlassen, oder wenn die Lebenswelt einfach nur öde ist. Apathische<br />
Reaktionen sind dann genauso wahrscheinlich wie der Apathie andere<br />
Seite, die Aggression.<br />
Kinder brauchen ernsthafte Aufgaben.<br />
Nur wer die Erfahrung macht, dass sie und er gebraucht werden, wird sich<br />
und will sich einbringen, wird Verantwortung übernehmen. Die richtig<br />
dosierte ZuMUTung von SINN-VOLLEM ist die förderlichste Art der<br />
Zuwendung, aus der auch die Zuwendung zu anderen dann wieder<br />
erwächst. Ernsthafte Aufgaben müssen keine Qual sein. Ernsthafte<br />
Aufgaben lassen sich auch heiter anpacken. Wer das Lob der Anstrengung<br />
singt, der wisse - mit Erich Fromm: "Wenn aber das Leben keine Vision<br />
hat, kein Motiv, wofür man leben möchte, dann gibt es auch keinen Grund<br />
sich anzustrengen." Mit anderen Worten: Das Beste, wozu wir Kindern<br />
verhelfen können, ist, dass sie sowohl Wurzeln wie Flügel ausbilden.<br />
(Otto Herz, Pädagoge und Diplom-Psychologe)<br />
zurück<br />
Seite 18-20